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Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
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ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr. 68 — Februar 2001
Im Göhltal
ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG
FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr. 68
Februar 2001
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender: Herbert Lennertz, Stadionstraße 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat: Maxstraße 9, 4721 Neu-Moresnet, Tel. 087/65.75.04.
Lektor: Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
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Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten
Entwurf des Titelblattes: (+) Alfred Jansen, Moresnet-Kapelle.
Druck.: Aldenhoff, Gemmenich.
3
Inhaltsverzeichnis
Alfred Jansen,(+) Zum Umschlagbild: 5
Moresnet-Kapelle Schloss Broich in Montzen
M. Th. Weinert Sturmtag 10
Aachen-Forst
Hartmut Benz, M. A. Zwischen Fürstenschloß 11
Much-Bruchhausen und Internierungslager
Das Leben des Priesters Nikolaus Trenz
Erich Kockartz Et Klengt va-jen Jöhl 45
Hauset
Leonard Kirschvink Die Roetze 46
Bollendorf Raerens verschwundene Höhenburg
Peter No@l Oot Kelmeser Recykling 64
Bildchen
Firmin Pauquet Historischer Rundgang durch Kelmis 66
Kelmis (Teil 4)
H. von Schwartzenberg Die Grenze zwischen Limburg 96
Aachen und Kornelimünster
Herbert Lennertz Jahresrückblick 2000 109
Neu-Moresnet
5
Zum Umschlagbild:
Schloss Broich in Montzen“
von Alfred Jansen (+)
Im Dialekt bedeutet Broeck/Broich Sumpfland.
Nur einige hundert Meter trennen im Vogelflug die beiden Montzener
Adelssitze Broich und Streversdorp (alias Graf) und sie haben bzw. hatten
manches gemeinsam: Die gleiche ruhige Lage in einer Bodensenke sowie
Wassergräben und damit in Verbindung stehende Weiher. Der Weiher
von Broich nordwestlich des Schlosses hatte eine Fläche von 3 ha. Leider
wurde er größtenteils Ende der vierziger Jahre trockengelegt. Auch die
Wassergräben sind zur Nord- und Ostseite verfüllt worden; in dem
verbliebenen Rest spiegelt sich das Schloss und trägt damit zum
idyllischen Landschaftsbild bei.
Auch geschichtlich waren die Herrschaften Streversdorp und Broich
zeitweilig verbunden und im Besitz von Mitgliedern ein und derselben
Familie, nämlich der van der Heyden genannt Belderbusch.
Abgelegen und nur über einen Feldweg zu erreichen, liegt Broich
verträumt inmitten einer Parkanlage.
Schematisch dargestellt ist Broich ein aus vier mehr oder weniger
asymmetrischen Bruchsteinbauten bestehender Komplex auf leicht
vorkragendem Sockel. Das schiefergedeckte Dach weist sehr eigenwillige
Formen auf. Sowohl die Nord-, wie die Südfront haben einen Eingang in
der Mittelachse und schließen nach oben mit einem in der Mitte von
einem Bullaugen durchbrochenen Ziergiebel ab. Doch während der
Mittelteil der Südfront von den vorspringenden Seitenflügeln flankiert
wird, bietet sich an der Nordseite ein ganz anderes Bild, denn hier ist es
der Mittelteil, der leicht vorspringt.
Im Blickfeld stehen zur Südseite hin die Pfosten einer Fenstertür, deren
untere Hälften verwitterte Statuen darstellen, die wohl früher einmal als
Eckpfeiler einen Kamin geziert haben.
Der älteste Teil des Baues scheint der Südostflügel zu sein. Die gesamte
Anlage, die im 17. Jahrhundert bedeutende Umbauten erfahren hat,
(damals wurde das alte Herrenhaus mit Krüppelwalmdach in einen
klassizistischen Neubau mit den für diese Zeit typischen großen
Fensteröffnungen einbezogen) strahlt Kraft und Strenge aus.
1) Aus G. Poswick, Les Delices du Duche de Limbourg, Verviers 1951, S. 205-210.
6
«Zur stärkeren Unterstreichung des Gesamteindrucks werden die
Wirtschaftsbauten der Vorburg durch zwei viereckige Backsteintürme
mit der für die Zeit Johann Joseph Couvens typischen abgerundeten
Ecklösung straff zusammengefasst. Die sonst übliche, auf das Herrenhaus
zuführende große Baumallee fehlt hier'. Unvermittelt wächst aus der
Wiese die Kulisse der beiden Türme vor uns auf. Geschickt fängt sie den
Blick ein und bannt ihn auf das in der Mitte liegende Herrenhaus.»
Mit diesen Worten beschrieb Dipl. Ing. Hans Königs Anfang der
vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts den Eindruck, den Schloss
Broich auf ihn gemacht hatte. Von den beiden Backsteintürmen wurde
einer zum Teil abgetragen, ist aber vom jetzigen Hofbesitzer wieder
aufgemauert worden. Nur die früher vorhandene Wetterfahne mit dem”
Wappen von Broich fehlt. Der andere Turm trägt eine Wetterfahne mit
dem Wappen von Sluse.
Wenn wir, von der Vorburg kommend, über die Bruchsteinbrücke, die
eine frühere Zugbrücke ersetzt hat, das Innere des Schlosses betreten,
sind wir überrascht von der harmonischen Gliederung der Räume, die
alle von der Eingangshalle zu erreichen sind.
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Schloss Broich in einer alten Aufnahme.
Die Ansichtskarte ist 1909 abgestempelt worden.
' Eine solche Allee führte wohl früher vom Schloss zu einer kleinen Insel im westlich
gelegenen Schlossteich.
7
Der rechts liegende Saal ist vollständig mit Gemälden des 18. Jh.
ausgekleidet, die allesamt Jagdszenen zeigen: Treibjagd auf Rotwild,
Entenjagd, Fuchsjagd, Wildschweinjagd und Hallali-Blasen. Bis zum
Zweiten Weltkrieg waren diese Gemälde in einem guten Zustand erhalten
geblieben, haben aber dann in den Besatzungsjahren 1940-44 sehr
gelitten. Der große Raum mit den Jagdbildern wurde als Abstellraum
benutzt. Der Umstand, dass das Schloss bis 1948 leer stand, war ebenfalls
dem Erhalt der Gemälde nicht günstig. Losgelöste Fetzen hingen herunter
und G. Poswyck befürchtete 1951 den drohenden Verlust dieser Bilder.
Den jetzigen Besitzern gelang es, die Bilder, die ursprünglich bis zum
Boden reichten, zu erhalten. Nur die unteren Partien waren unwieder-
bringlich verloren.
Der große, nach Norden gelegene Salon weist einen schönen
Marmorkamin im Stil Louis XVI auf; darüber Stuckarbeiten. Der
angrenzende kleine Raum hat ebenfalls einen alten Kamin mit Delfter
Kacheln in gusseisernem Rahmen. In dem links vom südlichen Eingang
gelegenen kleinen Raum sieht man einen weiteren Kamin mit figürlichen
Darstellungen.
Schloss und Lehnshof Broich waren vom Aachener Marienstift
abhängig. Im 16. Jh. sind sie im Besitz der van der Heyden genannt
Belderbusch. Urkundlich belegt sind:
1557: Dirick Belderbusch van den Broeck. (Ist er identisch mit dem
Dierick Belderbusch, der von Juni 1544 bis zum 2. Juli 1551 als Drossard
von Henri-Chapelle fungierte?)
1627: Peter van der Heyden gen. Belderbusch
1644: Dederick van der Heyden gen. Belderbusch, der Broich noch
1660 besitzt. Er stirbt etwa 1666, die Witwe lebte noch 1694.
1686-1697 wird Theodor-Dominik van der Heyden gen. Belderbusch
als Herr von Broich genannt. Er war vermutlich ein Sohn des
vorgenannten Dederick.
1699: Schloss Broich geht durch Verkauf an Jean-Josse de Harcking,
Ritter des Hl. Römischen Reiches, über, der am 17. Oktober 1709 in
Montzen stirbt. Er hatte Sophie Emonts geheiratet.
1709-1744: Winand-Henri de Harcking, Ritter des Hl. Römischen
Reiches, geboren in Limburg am 20.2.1686 und dort verstorben am 21.
Juni 1744, folgt seinem Vater als Besitzer der Herrschaft Broich.
Wahrscheinlich hatte der Vorgenannte seiner auf Schloss Broich am
4. September 1702 geborenen Schwester Catherine-Ernestine vor seinem
Tode die Herrschaft Broich abgetreten. Die Schwester war verheiratet
8
mit Jean-Francois de Hertwick. Aus dieser Ehe ging eine Tochter
hervor, Ludovica Dorothea de Hertwick, die in erster Ehe Werner Edmund
von Broich und in 2. Ehe den Baron Philipp von Witte von Limminghe,
Schöffen von Aachen, heiratete.
Werner Edmund von Broich war einer der fünf Grundherren von
Montzen. Diese Herren hatten sich 1706 auf eine gemeinsame
Jagdnutzung geeinigt.
Nach dem Tode des Herrn Philipp von Witte ging Broich an den Sohn
aus erster Ehe, Charles-Henri von Broich (1765-1834) über, der die
Baronin Maria-Anne-Louise von Sluse (+ 1831) geheiratet hatte.
Deren Sohn, Louis-Charles-Ferdinand von Broich, heiratete in erster
Ehe Flore-Hyacinthe Pollart de Canivris. I
Die Tochter dieser Eheleute, Baronin Eulalie-Marie-Flore von Broich
(+ 16.11.1912) heiratete in erster Ehe Alphonse-J.-B. F. Ysebrant de
Lendonck (1850-1912). Sie wurde Eigentümerin von Broich durch
Teilungsakt (Notar Portaels, Brüssel) vom 6. Juni 1868. Am 25. November
1883 schenkte sie durch notariellen Akt vor Notar H. Xhaflaire (Montzen)
den Besitz ihrem Sohn Ernest-Louis Ysebrant de Lendonck (1850-1912),
der mit Nathalie Deudon d’Heysbroeck (1852-1907) verheiratet war.
Nach dem Tode ihres Vaters brachten die vier Kinder Broich und die
dazugehörenden Ländereien, insgesamt 109 ha, am 7. August 1913 zum
Verkauf. Drei der sechs Bauernhöfe gingen an Stephane, Gaston und
Marguerite Ysebrant de Lendonck; das Schloss und drei weitere Höfe
mit 59 ha Land erwarb die Schwester Christine-Francoise-Louise Ysebrant
de Lendonck (* 1879), verheiratet mit dem Baron Hermann von Mentock.
Letztere verkauften Broich am 2. Juli 1935 an den holländischen
Industriellen Jean Canisius aus Schinnen b. Sittard.
Der neue Eigentümer war kinderlos; die Erben verkauften Broich, das
damit eine weitere Zersplitterung erfuhr. Die Pächterfamilie Vaessen
erwarb das Schloss und den davor gelegenen Gutshof, während das Gut
Neuhuys (heute Pachtgut Xhonneux) an den Vervierser Industriellen
Malherbe ging.
Von Familie Vaessen kam das Schloss durch Kauf an Familie Pirard
und schließlich, 1963, wiederum durch Kauf, an die Familie des Barons
Carl von Broich, eines Nachkommen der früheren Besitzer des
Wasserschlosses und Verwandten der Ysebrant von Lendonck.
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9
Die Raben von Schloss Broich
Es war an einem grauen Novembertag in der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts. Am großen Weiher von Broich hatte sich ein Schwarm
krächzender Raben in einem Baum niedergelassen. Diesen Vögeln sagte
man schon immer nach, sie könnten vor nahendem Unheil warnen und
auch auf ein geschehenes Verbrechen aufmerksam machen.
Wild gestikulierend und Steine werfend steht ein Mann am Rand des
Weihers. „Verfluchtes Federvieh“, hört man ihn rufen, „ich habe euer
Gekrächze satt! Wenn mein Verbrechen an den Tag kommt, werdet ihr
es mit eurem Blut büßen!‘“
Es war der Gärtner des Schlossherrn Werner - Edmund von Broich,
der sich so über die Raben aufregte. Dass er von seinem jungen Gehilfen,
der im Schilfgürtel versteckt stand, beobachtet wurde, ahnte er nicht.
Der Junge seinerseits wusste sich keinen Reim auf das zu machen, was
er sah und hörte. Als er jedoch seinem Vater davon erzählte, erinnerte
sich dieser an ein Gespräch, dem er im Wirtshaus nach der Beerdigung
der Köchin von Schloss Broich gelauscht hatte. Die Frau war ermordet
worden, doch es schien den Dorfbewohnern, dass die Gerichtsbehörden
nicht genügend Eifer an den Tag legten, um das Verbrechen aufzudecken.
Ein Bauer, der diesen Vorwurf hörte, soll gesagt haben: ”Dies ist nicht
das erste Mal, dass das Gericht sich in Schweigen hüllt, aber diesmal
werden die Raben die Wahrheit ans Licht bringen.“
Diese Worte fielen dem Vater des Gärtnergehilfen wieder ein und er
meldete den Vorfall dem Schlossherrn. Der Gärtner wurde verhaftet und
musste gestehen, dass er aus verschmähter Liebe die Köchin umgebracht
hatte.
(Diese Geschichte fanden wir in „A cheval par monts et par vaux“
von Maurice Thunus, Verviers, Librairie Derive, 1983).
10
Sturmtag
Sturm kommt von irgendwo her,
zerrt an den Wolken,
zerreißt die schweren, bleigrauen Säcke,
zieht sie zu langen, flatternden Fahnen,
jagt sie davon...
Weißen Gebirgen nimmt er die Kronen,
setzt sie beliebig
anderen auf. .
Wogende Bälle formt er zu Fetzen,
flüchtend vergehn sie
vor tiefblauem Grund...
Sturm, unser Bruder in Schicksal und Wille,
Wolkengeschwister, im Wachsen, Vergehn...
Bild unseres Lebens
im Wandel der Erde.
M. Th. Weinert
11
HARTMUT BENZ *
Zwischen Fürstenschloß
und Internierungslager
Das Leben des Priesters Nikolaus Trenz
Nikolaus Trenz' war der Erstgeborene des Bergmanns Nikolaus Trenz
(1848-1921) und seiner Gattin Elisabeth Riem (1848-1902)’. Am 14.
Oktober 1874 kam er in Hülzweiler im Saarland zur Welt und wurde vier
Tage später in der Pfarrkirche St. Laurentius, die damals innerhalb des
Bistums Trier zum Dekanat Lebach zählte, getauft. Zwischen 1880 und
1887 besuchte er die Volksschule seines Heimatdorfs. In Hülzweiler
empfing er am 13. April 1887 auch die Erste Heilige Kommunion und
am 15. Mai 1887 das Sakrament der Firmung. Im Herbst 1887 nahm ihn
der als Pastor neu nach Hülzweiler versetzte Johann Friedrich Flesch
(1836-1907) als Privatschüler an und bereitete ihn auf den Besuch einer
höheren Schule vor. Derart vorgebildet trat er April 1889 in Untertertia
(8. Klasse) des Progymnasiums von Saarlouis ein. Von nun an bleibt
Trenz' Leben für über zehn Jahre von Widersprüchen, falschen Angaben
und Irreführungen geprägt. Trenz selbst liefert in einigen hand- und
maschinegeschriebenen Lebensläufen sich völlig widersprechende
Aussagen über seine Schul- und Hochschulausbildung sowie Diözesan-
zugehörigkeit. Die seinen Angaben entgegenstehenden Dokumente aus
Gymnasien, Universität und Bistumskanzleien machen den wahren
Sachverhalt deutlich, daß Trenz ohne Abiturzeugnis ein Studium
begonnen hatte, ohne Universitätsabschluss geweiht wurde und ab 1900
ohne Diözesanbindung wirkte“.
Nachdem Trenz in Saarlouis nicht in Obertertia versetzt wurde, nahm
ihn der Vater 1890 von der Schule und wollte ihn auf eine Bergbau-
Akademie schicken”. Die Versuche des damals Fünfzehnjährigen, Priester
zu werden, wären zum Scheitern verurteilt gewesen, hätten sich nicht
zwei in den USA lebende geistliche Onkel erboten, für alle anfallenden
Ausbildungskosten des Jungen aufzukommen. Im Schuljahr 1892/93
besuchte Trenz das Königliche Gymnasium Trier. Auch dort gelang es
ihm nicht, in Obertertia versetzt zu werden, wie das Abgangszeugnis
vom 29. März 1893 zeigt°. Über die Jahre 1890 bis 1892 soll später speku-
liert werden. Jenes schulische Scheitern hat Trenz mit einer Vielzahl von
* Anschrift des Verfassers: D-53804 Much-Bruchhausen 4
12
Fehlinformationen zu überdecken versucht. Im Januar 1897 schrieb er
in einem Bittgesuch um Aufnahme in den Weltklerus des Bistums Trier:
„4891 besuchte ich die Untertertia des Gymnasiums zu Trier. Im März
1892 ... mußte ich das Gymnasium verlassen, da (ich) von (einer)
gefährlichen Augenkrankheit befallen (wurde und) 6 Monate (die)
Augenklinik Saarbrücken (aufsuchte. Dann) setzte (ich) anfangs meine
Studien hinter dem Rücken meiner Eltern privatim fort, nach 3 oder 4
Monaten mit Erlaubnis meiner Eltern, aber gegen den Willen des Arztes
durch Privatunterricht, denn mein sehnlichster Wunsch war, so bald als
möglich ein Gymnasium zu besuchen.‘ In einem am 22. September 1898
datierten Bewerbungsschreiben gab er an, er habe 1892/93 am
Gymnasium zu Trier die Unterprima (12. Klasse) besucht, diese Klasse:
jedoch vorzeitig verlassen und „eine weltliche Stelle übernehmen
(müssen, da seine) Familie in wirtschaftliche Nöte‘“* geraten sei. Als
Pfarrer lieferte Trenz eine weitere Variante. 1937 schreibt er in einem
Fragebogen über seine Ausbildung, er habe bereits 1892 in Metz das
Abitur absolviert. Fünf Fächer will er mit gut, zwei mit genügend
bestanden haben. Alle drei Versionen werden durch das Trierer Zeugnis
als falsch entlarvt”.
Tatsächlich war Trenz Ende März 1893, nach vier Jahren an zwei
höheren Lehranstalten, um keinen Schritt einem für ein Theologiestudium
qualifizierenden Abschluß näher gekommen. An das Gymnasium in Trier
kehrte er 1893, wie Religionslehrer Professor Joseph Ewen am 15. Mai
1898 mitteilte, nicht mehr zurück, auch wenn Trenz selbst angab, ein
nicht näher bezeichneter Wohltäter habe ihm ermöglicht, die
abgebrochene Unterprima nachzuholen'®. Vielleicht war Trenz im März
1893 (statt 1892) erkrankt und hatte sich bis August 1893 in Saarbrücken
aufgehalten''. Mit oder ohne Unterstützung durch Eltern oder Arzt, aber
gewiß mit Hilfe eines Wohltäters, hätte er somit rund ein Jahr für privaten
Unterricht Zeit gehabt'*. Er selbst schreibt 1897: „Endlich Herbst 1894
konnte ich das Gymnasium in Diedenhofen ... besuchen“!‘?. Aber auch
hier ist Trenz, der behauptete, er besuche die Obersekunda (11. Klasse),
überfordert. „Da ich sehr schwach war im Griechischen und Mathematik
unterzog ich mich einem strengen Studium, das statt meine Lücken
auszufüllen mich zwang das Gymnasium zu verlassen (und) nach Metz
zu Verwandten zurückzuziehen, (um) ... einen Arzt zu consultieren. Hier
setzte ich meine Studien ... durch Privatunterricht fort (und) entschloß
mich, (um) Aufnahme in das Collegium Americanum zu Löwen ...
nachzusuchen um später ... als Priester nach Amerika zu gehen“'*,
13
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14
Ob Trenz wirklich in Diedenhofen das Gymnasium besuchte, bleibt
unsicher. Da er auch diese Schule vorzeitig und ohne Zeugnis verließ,
lassen sich seine Angaben abermals nicht belegen. Auch für die erneuten
Privatstudien gibt es keinen Beweis. Ein Aufenthalt in Metz ist dennoch
realistisch. In den Jahren 1890 bis 1892 dürfte Trenz die Dom-Schule
der Diözese Metz, das College St. Louis in Metz, besucht und Zögling
im Knabenseminar des Bistums, dem Seminaire St. Aloysius Gonzaga,
in Montigny gewesen sein'®, Vielleicht hat er dort 1893/94 Kurse
absolviert, die es ihm erlaubten, im Gymnasium von Diedenhofen als
für Obersekunda qualifiziert einzusteigen. Das Trierer Bistum erkannte
die Abschlüsse des College St. Louis in Metz nicht an, da es in Deutsch-
land nur dem Niveau der Progymnasien entsprach. In Metz und Die-'
denhofen waren die Zeugnisse gültig. Allem Anschein nach waren sie es
auch im belgischen Bistum Namur'®. Hier treffen wir Trenz im Oktober
1895 als Schüler des Kleinen Diözesanseminars von Namur in Floreffe,
wo er bis zum 23. Juli 1896 ein Jahr Philosophie als Vorbereitung für das
Theologiestudium studierte. Trenz selbst schrieb 1898: „Zn der Hoffnung
baldigst eine Aufnahme in irgendeinem Missionsgebiete zu finden, begann
ich das Philosophiestudium, und nachdem ich es in 2 Semestern absolviert
hatte, nahm ich das der Theologie in Angriff“.
Trenz plante unverändert, ins Amerikanische Kolleg nach Löwen und
dann in die Mission nach Amerika zu gehen. „Meine Eltern (so klagte er
1897), erlaubten mir ... aber nicht, da sie von meinem Entschluss Kenntnis
erhalten hatten, in das Collegium Americanum Löwen einzutreten. Ich
sah mich also gezwungen, anderswo eine Aufnahme nachzusuchen“®,
So immatrikulierte sich Trenz im Herbst 1896 als Theologiestudent am
Bischöflichen Lyzeum, dem heutigen Priesterseminar, in Eichstätt. Er
nahm dort als Angehöriger, nicht als Priesteramtskandidat, des Bistums
Trier das Studium auf, um später in die Mission zu gehen. Zu diesem
Zweck hatte er sich mit dem Bischof von Green Bay (USA), Sebastian
Gebhard Messmer (1847-1930)'°, in Verbindung gesetzt und ihn um die
Aufnahme in seinen Diözesanklerus gebeten. Im Eichstätter
Studienverzeichnis 1896/97 nennt er sich zwar, als einer von 13 Stu-
denten des 1. Theologischen Kurses, Alumnus für das Bistum Green Bay,
doch teilte ihm Bischof Messmer schon am 22. Dezember 1896 mit, er
könne ;, vor der Hand nicht aufgenommen werden‘. Im Januar 1897
trat Trenz an sein Heimatbistum heran. Er bat Peter Alexander Reuß
(1844-1912)?!, den Generalvikar des Trierer Bischofs, in den Klerus der
Diözese Trier aufgenommen zu werden. Offen gestand er ihm: „/ch besitze
15
kein Abiturienten-Zeugnis‘“. Mit Rücksicht auf Trenz' mangelhafte Studien
und seine für Trier nicht adäquate Qualifikation aus Metz und Floreffe
lehnte Reuss den Antrag ab”. Nun begann erneut die Suche nach einem
Bistum. 1897 hat er in Kontakt mit dem Erzbischof von Oregon-City
(USA), William Gross CSsR (1837-1898), gestanden, denn im 2.
Theologischen Kurs nannte er sich 1897 Alumnus „für die Diözese Ore-
gon-City“*, Ende Mai 1898 hatte ihn auch Erzbischof Gross als Kandidat
abgelehnt, wohl nachdem er das Generalvikariat in Trier nach Trenz'’
Qualifikation befragt hatte. Jedenfalls schrieb Trenz am 1. Juni 1898 in
schlechtem Englisch an Bischof Thomas Heslin (1845-1911) von Nat-
chez (USA)®, er gehöre keiner Diözese an, da er nur acht statt neun
Gymnasialjahre absolviert habe. Am 3. Juni stellte ihm der Trierer Bi-
schof, Michael Felix Korum (1840-1921)°°, die „Litterae dimissoriales‘“
aus”, so daß Trenz kirchenrechtlich als Alumnus galt, der sich bei jedem
Bischof als Priesteramtskandidat bewerben durfte?®.
Ende Juli 1898 wandte sich Trenz zusätzlich an den Bischof von Wi-
chita (USA), John J. Hennessy (1847-1920)*. Er bat ihn ebenfalls um
Aufnahme in den Diözesanklerus. Außerdem richtete Trenz am 22.
September 1898 ein Bittgesuch an den Superior des Missionshauses von
Steyl, er solle „ihm die Aufnahme in irgendeine Missions-Diöcese ...
erwirken‘“, Am 26. September 1898 suchte er den Vizerektor des
Collegium Americanum in Löwen, Msgr. Professor William Stang auf
und bat auch ihn um Vermittlung eines geeigneten Bischofs. Aus Belgien
zurück, schrieb Trenz die Bischöfe von Wichita und Natchez am 11. und
16. Oktober 1898 nochmals um eine eindeutige Antwort auf die früheren
Gesuche an. Während dieser Zeit seiner fast panischen Suche nach einer
diözesanen Heimat, und damit der wirtschaftlichen Absicherung,
absolvierte Trenz das Studium mit recht gutem Erfolg. Im Wintersemester
1898/99 schloß er in Kathechetik, Pastoral und Dogmatik mündlich wie
schriftlich mit Note I. ab, während er in Rubrizistik und Liturgik ohne
Benotungen teilgenommen hatte. Während des gesamten Studiums lebte
Trenz im Priesterseminar Eichstätt. Einer Studentenverbindung gehörte
er nie an. Am 16. November 1898 erreichte Trenz endlich eine Zusage.
Bischof Hennessy (Wichita) teilte ihm am 2. November „mit, dass er
mich aufgenommen habe und ... ich meine Studien vollenden sollte im
Seminar zu Eichstaett“*, Die vom 12. November datierte Zusage des
Bischofs von Natchez, die am 6. Dezember 1898 in Eichstätt eintraf,
benötigte Trenz dann nicht mehr. Nun schrieb er sich im 3. Theologischen
Kurs 1898 als Alumnus für das Bistum Wichita ein®.
16
Mit Hennessys Zusage als Voraussetzung konnte Trenz am 26. Februar
1899 durch den Bischof von Eichstätt, Franz Leopold Freiherr von
Leonrod (1827-1905), die Tonsur und die vier niederen Weihen
empfangen. Auch Subdiakonats-, (18. März 1899), Diakonats- (19. März
1899) und Priesterweihe (2. Juli 1899) spendete ihm Bischof Leonrod®.
Zu allen Weihen hatte Bischof Hennessy Bischof Leonrod die Litterae
dimissoriales erteilt. So wurde Trenz, der zuvor den vorgeschriebenen
Eid darüber leistete, für ständige Zeiten als Seelsorger in die Mission zu
gehen, mit einem „titulus missionis‘“, dem Missionstitel, in Eichstätt zum
Priester der Diözese Wichita in Kansas, in der US-Mission*®. Den für
Eichstätt obligatorischen 4. Theologischen Kurs, der 1899/1900 hätte
stattfinden müssen, hat Trenz nicht mehr besucht”. Wahrscheinlich:
akzeptierte Bischof Hennessy die Leistungen der bisher absolvierten
Semester®®,
Nach der Weihe wurde Trenz krank. Nachdem er am 16. August 1899
in Hülzweiler das Primizamt gehalten hatte, zog er sich für zwei Monate
„in eine Kneipp'sche Anstalt“ zurück?. Das folgende, erste Jahr seines
Priestertums gestaltete sich ähnlich verwirrend wie seine Schul- und
Studienzeit. Trenz sträubte sich dagegen, dem Missionseid folgend seine
Heimatdiözese Wichita aufzusuchen. Wie schon in der Schulzeit (und
auch später) wurde er „krank“. Bischof Hennessy beurlaubte ihn zuerst
und wartete auf seine Genesung und Übersiedlung in die USA. Im
Oktober 1899 wurde Trenz Hofkaplan des Grafen Friedrich von Renesse
auf Burg Hamm, Pfarre Biersdorf, Dekanat Bitburg, im Bistum Trier.
Hier las er in der Schloßkapelle für die Familie des Grafen Messe und
hörte Beichte. Im Februar 1900 wollte er, wie er im April 1901 schrieb,
in die USA reisen, erkrankte aber erneut und zog stattdessen als Patient
in die Kneipp'sche Heilanstalt Schloß Sonnenberg bei Altkirch im Elsaß,
wo er bis zum 5. April 1900 kurte und wo er wahrscheinlich bereits 1899
Gast gewesen war“. Spätestens Ende März 1900 erreichte ihn in Schloß
Sonnenberg die Nachricht Bischof Hennessys, er sei aus dem Klerus
Wichitas entlassen und solle sich „ein europäisches Bistum suchen“*',
Von Burg Hamm aus bewarb sich Trenz in den folgenden Monaten bei
den unterschiedlichsten Stellen. Eine Stelle im Präsidium des
Schutzvorstands der Gesellenvereine in Brüssel wird ihm versagt, weil
Kolping-Generalpräses Msgr. Sebastian Georg Schäffer (1828-1901) in
Trier um: eine Bewertung Trenz' nachgesucht hatte“. Zwei zugesagte
Anstellungen tritt Trenz ohne Angabe von Gründen nicht an. Am 30.
April 1900 erkundigte sich Gutspächter Sträter aus Hohensasel (Plön) in
17
Trier nach Trenz, der sich „behufs Annahme einer Stellung eines Lehrers
für meinen ältesten ... Knaben gemeldet hat. Derselbe wollte gestern
eintreffen, kam aber nicht, auch hat er brieflich nichts von sich hören
lassen“, Ähnlich erging es Graf Maximilian von Korff-Schmising,
Besitzer des Wasserschlosses Tatenhausen (Halle), der am 13. Mai 1900
in Trier darum bat, „Auskunft über Vikar Trenz ... mitteilen zu wollen,
welcher sich als Hausgeistlicher bei mir gemeldet hat“,
Am 15. Juli 1900 nahm Trenz dann das „wiederholte Anerbieten Seiner
Durchlaucht des Fürsten zu Salm und Kyrburg (an), seinen Söhnen
Unterricht zu erteilen.“ Tags darauf bat er Generalvikar Reuß von Trier
um „die Erlaubnis, (sich) in der Diözese Trier ... aufhalten“ zu dürfen.
Reuß gewährte die Bitte, sandte Trenz aber die Zelebrationserlaubnis
(Celebret) nur für sechs Monate. Nach Ablauf jener Frist verlängerte er
das Dokument am 21. Januar 1901 sogar nur bis zum 1. Mai, mit dem
Zusatz, daß eine Verlängerung nicht möglich sei. Spätestens jetzt mußte
sich Trenz abermals nach einem neuen Wirkungskreis umschauen. Mit
dem Titel Hofkaplan lebte Nikolaus Trenz ab Juli 1900 in Schloß
Rennenberg, dem 1846 erbauten Sommersitz der Fürsten Salm-Kyrburg,
bei Linz am Rhein. Hausherr in Rennenberg war 1900 Friedrich VI.
Ludwig Fürst zu Salm-Kyrburg (1845-1905), dessen zwei Söhne, Erb-
prinz Maximilian (1886-1948) und Robert (1889-1950), Trenz
unterrichtete. Kirchlich gehörte Schloß Rennenberg zur Pfarrei Linz im
Dekanat Engers des Bistums Trier. Zudem las Trenz seit Oktober aushilfs-
weise Frühmessen in den zur Nachbarpfarrei Ohlenberg zählenden
Filialen Casbach und Ockenfels*®.
Am 12. April 1901 teilte er dem Kölner Generalvikar, Peter Karl Aloys
Kreutzwald (1850-1918), mit“, daß ihn das Kuratorium „der
Rektoratschule von Grevenberg zum Lehrer gewählt (habe. Er will die
Schule) heben und fördern, der kirchlichen Behörde ... in keiner Weise
mich lästig machen, sondern verspreche ... deren Wünschen in jeder
Hinsicht gerecht zu werden“, Trenz läuft die Zeit davon. Zum einen
werden seine Dienste auf Schloß Rennenberg nicht mehr benötigt, da
Erbprinz Max, den er auf Obertertia vorbereitete, ab Ostern 1901 ein
Gymnasium besuchen wird, und andererseits am 1. Mai die
Zelebrationslizenz für das Bistum Trier definitiv ausläuft. So bittet er
Kreutzwald, ihm baldigst die Erlaubnis zur Annahme der Stelle zu geben,
Triers Generalvikar Reuß, ihm ein Zeugnis für den Kölner Amtskollegen
auszustellen und Pfarrer Heinrich Wilhelm Papst (1852-1910) in
Würselen, in dessen Pfarre die Schule lag*, in Köln auf seine Einstellung
18
zu drängen. Ihm schrieb er am 18. April 1901, er bleibe nur bis zum 28.
April auf Schloß Rennenberg, dann gehe er „nach Bayern an ein Inter-
nat‘, In Reuß' Beurteilung für Kreutzwald kommt Trenz' sprunghafte
und ungenügende Schulausbildung zur Sprache. Trenz sei jemand, der
„in und außerhalb der Diözese ... Aufnahme suchte, offenbar nicht nach
seiner Diözese in Amerika gehen wollte, ... immer in Stellungen sich
begab, welche eine Ausbildung in der Seelsorge ... und eine Überwachung
ausschlossen, so wurde ihm ... ein Celebret immer nur auf kurze Zeit
gegeben um ihn zu nötigen, sich tatsächlich in seine Diözese in Amerika
zu begeben und sich dort regelmäßig in der Seelsorge auszubilden.
Andererseits gab ihm der Pfarrer von Linz, Karl Maria Dethier, das
Zeugnis, daß er einen tadellosen, priesterlichen Lebenswandel geführt‘
hat‘, Am 24. April 1901 erlaubte Kreutzwald, daß Trenz bis zum Ende
des Semesters an der 1881 gegründeten (1924 als Progymnasium
anerkannten) „Höheren Knabenschule‘‘ Grevenbergs Religionsunterricht
erteilt. Hier besuchten 41 Knaben die Klassen Sexta bis Untertertia (1905).
Der Schule, die zur Pfarrei Würselen im Dekanat Cornelimünster gehörte,
stand ein Priester als Rektor vor. Im Juli 1901 wurde Trenz' Erlaubnis
verlängert und am 9. Juli 1902 erhielt er außerdem die Erlaubnis zur
Seelsorgsaushilfe, da er Pfarrer Papst und die beiden Kapläne als Subsidiar
an St. Sebastianus unterstützen soll. Ausschlaggebend für die Verlänge-
rung war, neben der Fürsprache Papsts, Trenz' Angabe, er werde, nach
Auskunft des Aachener Regierungsschulrats, im November beim
Oberpräsidium in Koblenz zum Rektorexamen zugelassen”.
e- A
Ze 0
3
A . 8 Kaplan Nikolaus Trenz als Lehrer
a an der Höheren Knabenschule
da a Grevenberg, um 1901
« " (Quelle: Kulturarchiv Würselen)
19
Somit war Trenz seit 1901 im Erzbistum Köln als Lehrer und
Hilfsseelsorger zugelassen. Dennoch wurde er auch hier zunächst nicht
in den öffentlichen Diözesanstatistiken geführt”. In allen später
gemachten, eigenen Angaben zu seinen Verwendungen als Priester
klammert er die ersten Monate stets aus, oder macht falsche Aussagen
hierzu. Sowohl im Totenzettel, als auch dem bereits genannten
Fragebogen von 1937 und einer im Bistumsarchiv von Lüttich geführten
Kleruskarteikarte ist Würselen als Trenz' erste Stelle angegeben*. Die
Pfarrchronik Hülzweiler behauptet sogar, er sei „Relig. Lehrer am
Königlichen Hof in Dresden“ gewesen”. Fünf Jahre wirkte Trenz in
Grevenberg und Würselen, dann bewarb er sich um eine andere
Anstellung. Im Dekanat Cornelimünster lernte er drei Priester kennen,
zu denen er bis zu ihrem Tod Freundschaft pflegen würde. Johann
Heinrich Ziemons (1872-1937) war in Brand geboren und 1901 zum
Priester ordiniert worden, Theodor Klemens Lind (1870-1936) kam Ende
1901 als Kaplan nach St. Sebastianus in Würselen und traf hier auf Trenz,
und Johann Cleven (1874-1947), wie Lind aus Essen gebürtig, amtierte
von 1900 bis 1902 im nahegelegenen Kohlscheid als Kaplan, dann (1902-
1907) an St. Peter in Aachen. Alle drei fanden sich in der Gemeinde
Much wieder: Ziemons als Rektor von Kreuzkapelle (1908-1928) bzw.
Pfarrer in Much (1928-1937), Cleven als Pfarrer von Marienfeld (1907-
1921) und Lind als Pfarrer in Much (1907-1926). Als Priester des
Dekanatsklerus Uckerath trafen sie hier den bereits 1906 in dieses Dekanat
gezogenen Trenz*®,
Am 27. Februar 1906 bat Trenz Generalvikar Kreutzwald, ihn ab Ostern
„in der Seelsorge“ anzustellen”, da er, laut Beschluß der Königlichen
Regierung Aachen, die Schule verlassen müsse. Er wünschte sich, als
Privatgeistlicher im Rektorat Thum, Pfarrei Berg, im Dekanat Nideggen,
zu arbeiten, um dort „seine Gesundheit wiederherzustellen“, die durch
die Lehrerjahre „sehr gelitten“ habe®. Dem Anschreiben waren eine
Einladung des Pfarrers von Berg, Heinrich Fischer (1872-1937), und
ein Brief des Würselener Pastors Papst beigelegt. Fischer lud Trenz auf
dessen Anfrage vom 14. Februar nach Thum ein, merkte aber an, daß in
der neuen Kapelle die Innenausstattung noch fehle und ihm zudem
höchstens 500 Mark durch die arme Gemeinde Thum gezahlt werden
könne. Pfarrer Papst, dessen Bruder Anton Papst (1867-1923) Pastor im
ebenfalls dem Dekanat Nideggen zugehörigen Füssenich war“, unter-
stützte Trenz. Man solle.dem Gesuch entsprechen, „damit der arme Mann
wenigstens Beschäftigung in der Seelsorge und einen Haltepunkt für sein
20
Leben gewinnt. ... Trenz ist ein unruhiger, nervöser Mann, hat sich aber
als Priester tadellos geführt und mit großem Eifer (die) Pflichten als
Lehrer erfüllt.“ In seiner Antwort bedauerte der Generalvikar, ihn nicht
nach Thum schicken zu können. Trenz, so Kreutzwalds Antwort, möge
sich an „Pfarrer Schaaf (von Neunkirchen wenden, der) noch eine
Lehrkraft suche “*'. Schaaf hatte sich nämlich ebenfalls am 27. Februar
ans Generalvikariat gewandt und um die Freistellung zweier Priester als
Lehrer für die „Höhere Knabenschule mit Konvikt“ gebeten. Kreutzwald
konnte, wie er Schaaf am 12. März schrieb, derzeit keinen Priester
entbehren und nur den Diakon Karl Kuhn (1883-1965) abstellen®. Trenz
sträubte sich gegen eine erneute Verwendung im Schuldienst. Am 3. April
1906 ließ er Kreutzwald wissen, er wolle „keine zu große Arbeit in der
Seelsorge“ tun, da er durch die Belastungen in Grevenberg sehr
geschwächt sei. Zudem könne er in Neunkirchen nicht seine „eigene
Haushaltung “ führen, auf die er aber gesundheitshalber angewiesen sei®,
Dennoch war der Generalvikar nicht umzustimmen. Eine „andere Stelle
... kann nicht gewährt werden“ schrieb er am 9. April 1906.
So trat Nikolaus Trenz Ostern 1906 seinen Dienst als geistlicher Lehrer
am St. Antonius-Konvikt von Pfarrer Schaaf in Neunkirchen an. Damals
besuchten 238 Jungen die fünf Klassen, Sexta bis Obertertia, seiner
Schule. Auch im Schuljahr 1907/08, in dem 232 Schüler die Anstalt
besuchten, begann Trenz als Lehrer®. Pfarrer Schaaf klagte jedoch, Trenz
beweise „nur wenig Lehrgeschick“®, Als im April 1907 der Vikar der
Pfarre St. Margareta, Jakob Bertram (1882-1960), der auch als Lehrer
tätig war, nach Elberfeld versetzt wurde, mußten seine Aufgaben in der
Pfarrei verteilt werden. „Trenz übernahm im Auftrage des Pfarrers die
Vikariedienste (und wurde) Präsident des ... Borromäusvereins, der seit
4 Jahren in der ... Pfarrei besteht und fast 300 Bände hat“, blieb aber
gleichzeitig Lehrer am Konvikt®. Dieses Arrangement blieb nur einige
Monate, bis Dezember 1907, bestehen, dann „verließ ... Trenz die Schule
und wurde auf Vorschlag des Pfarrers Rektor in Hermerath“*. Ab 1908
fungierte Trenz nur noch in Notfällen als Vertretung an der Knabenschule,
so Ende 1917 in Sexta und 1924 in Untertertia®. Die Versetzung Trenz'
nach Hermerath dürfte Pfarrer Schaaf recht gelegen gekommen sein, wie
es ein am 4. September 1917 verfasster Bericht verrät. Man „schickte
(mir, so Schaaf), Trenz, der in Würselen Lehrer an der höheren Schule
gewesen war, dort aber entlassen wurde, angeblich weil er kein Examen
gemacht hatte. Als er bei mir längere Zeit unterrichtet hatte, sagte ... ich
dem ... Generalvikar: Der Herr hat gar keine Lehrbefähigung, worauf
21
mir der ... Generalvikar sagte: Das wußten wir von Würselen“®. Trenz
hatte also nie die 1902 versprochene Rektoratsprüfung in Koblenz
abgelegt (oder nie bestanden) und war darum von der Aachener Regie-
rung zum Gehen gedrängt worden.
Als Nikolaus Trenz Ende 1907 nach Hermerath kam, wo er mit 33
Jahren die ersehnte Seelsorgestelle erhielt, stand er vor schwierigen
Problemen. Als Kapellengemeinde ohne eigene Vermögensverwaltung
war Hermerath vom Pfarrer und Kirchenvorstand von St. Margareta in
Neunkirchen abhängig. Andererseits war der vor Ort lebende Geistliche
durch die Distanz zum Pfarrort und das Fehlen eines Laiengremiums
relativ unabhängig”. Als Seelsorger an seinem neuen Wirkungsort brachte
Trenz zuerst Ordnung in die desolate finanzielle Lage der durch einen
Kapellenumbau stark verschuldeten Gemeinde. Auch sorgte er sich um
die Inneneinrichtung des Gotteshauses. Unter Trenz erlangte der
Kapellenbezirk Hermerath eine größere Autonomie und fast pfarrliche
Selbständigkeit.
Rektor Trenz sorgte sich jedoch auch um so profane Dinge wie die
Wasserversorgung in Hermerath, wozu er 1911 einen
„Wasserleitungsverein“ ins Leben rief, der bis Juli 1912 die Arbeiten
abschließen konnte.
Kurz nach Kriegsende begann Rektor Trenz sein nächstes großes
Vorhaben, den Bau eines Jugendheimes, den er in Eigeninitiative
durchführte und „dank der von ihm organisierten Mitarbeit der Jünglinge“
Ende 1921 zum Abschluss bringen konnte. Die Jahre der Hochinflation
(1922/23) hatten Hermerath und Neunkirchen mehr schlecht als recht
überstanden,’ da trat der Kirchenvorstand in Neunkirchen’am 12. Oktober
1924 zu einer Sondersitzung mit der Tagesordnung „Besprechung wegen
des Rektorates Hermerath‘* zusammen. „Die allgemeine Arbeitslosigkeit
(und die) Mißernten (hätten die eingenommenen) ... Steuern (so gering
ausfallen lassen, daß dem) Rektor in Hermerath sein Gehalt nicht ausge-
zahlt werden (könnte. Man sehe sich) daher veranlaßt, die Rektoratsstelle
mit dem 1. Dezember aufzugeben (und den) Dienst (künftig) durch die
Schulgeistlichen versehen (zu lassen. Sollte das Generalvikariat einen)
entsprechenden Zuschuss (zahlen, könne man) diesen Beschluß ...
zurückziehen.“ In seiner Antwort vom 3. November 1924 zeigte sich
Generalvikar Josef Vogt (1865-1937) erstaunt”, daß ein Kirchenvorstand
glaube, Stellen kürzen zu dürfen und es dem Generalvikariat zur Kenntnis
vorzulegen. „Auch bei einer Abberufung des Herrn Trenz, die lediglich
uns zusteht, würden wir einen neuen Rektor ernannt haben, da wir nicht
22
beabsichtigen, die Stelle eingehen zu lassen“ so Vogt'*. Tatsächlich drohte
Trenz im Jahre 1924 eine erneute Versetzung. Fast 16 Jahre wirkte er
bereits in Hermerath. Bei einer statistischen Erhebung über auswärtige
Priester, die im Erzbistum Köln Dienst taten, meldete Pfarrer Schaaf am
12. Januar 1915, Trenz hoffe, als „Rektor in Hermerath bis zum Tode zu
bleiben und (bäte) um Aufnahme in die Erzdiözese‘, Auch die Jahres-
berichte der Dechanten beurteilten Trenz positiv. Im Jahresbericht 1924
schrieb Dechant Gerhard Lapp (1870-1937) am 27. Februar 1925,’° Trenz
sei „In seinem Rektorat sehr tätig. (...) Für die Errichtung eines
Jugendheims hat er aufs beste gesorgt“.
Dennoch machte das Generalvikariat in Köln stets deutlich, daß Trenz
nur Gast im Erzbistum war. Bis 1926 tauchte er in keiner Liste von
Kandidaten für das Pfarr-Examen auf”’®. Am 22. Juli 1924, zwölf Wochen
vor der die Rektoratsstelle Hermerath in Frage stellenden Sitzung des
Neunkirchener Kirchenvorstands, teilte Generalvikar Vogt Trenz mit, daß
„die Ihnen schon lange vor Ostern mitgeteilte (am 16. Januar) Absicht,
Hermerath wieder mit einem Priester unserer Erzdiözese zu besetzen im
August“ ausgeführt werden soll. Die Erfahrung zeige aber, daß ein
bewährter Priester wie Trenz in einem anderen Bistum unterkommen
werde. Tatsächlich hatte sich Trenz schon im Februar 1924 bei Bischof
Ludwig Sebastian (1862-1943) um Aufnahme in den Klerus des Bistums
Speyer bemüht“. Sebastian bat Generalvikar Vogt in Köln um Auskunft.
Dieser wandte sich an Neunkirchens Pfarrer Heinrich Schunck (1871-
1933), der, mit Trenz sonst wenig harmonisierend, am 2. März 1924
seinem Vorgesetzten mitteilte, daß Trenz von Pfarrer Schaaf nach Neun-
kirchen geholt worden und auf eigenen Wunsch mit dem vakanten
Rektorat Hermerath betraut worden sei. „In Hermerath hat Trenz fleißig
gearbeitet. (Dort) schuf er ein Jugendheim. Allenthalben wird die große
Mildtätigkeit des Rektors gegen die Armen rühmend anerkannt.“ Zu-
dem sei er körperlich gesund, da er die Entfernungen im Rektorate stets
zu Fuß bewältige. Dennoch hatte man Trenz in Speyer, dessen
Bistumsarchiv keine Akte über ihn verwahrt, abgelehnt®'.
1925 trat er in Kontakt zu Bischof Martin Hubert Rutten (1841-1927)
von Lüttich®’. Es könnte sein, daß er von Pfarrer Schunck aus Neunkir-
chen auf die Diözese Lüttich aufmerksam gemacht wurde, da jener aus
Kettenis (Dekanat Eupen) stammte und die Lütticher Verhältnisse
kannte.® Hier hatte Trenz mehr Erfolg. Am 21. Dezember 1925 wies
ihm Bischof Rutten die Pfarrei St. Georg in Schönberg zu, eine Gemeinde
mit (1920) 558 Katholiken im Dekanat St. Vith, in der im November
23
Pfarrer Joseph Birfeld (1873-1925) gestorben war®. Das zum Kreis
Malmedy gehörende Dekanat St. Vith hatte stets zur Erzdiözese Köln
gehört und war rein deutschsprachig. Nach der politischen Zuteilung
Eupen-Malmedys an Belgien (1920) fiel das 1.036 km? große Gebiet, in
dem rund 60.000 Katholiken in 57 Pfarreien lebten, 1925 auch kirchlich
an Belgien und wurde als „Neu-Belgien“ der Diözese Lüttich einverleibt,
nachdem es vorübergehend (von Januar 1920 bis Juli 1921) vom
Apostolischen Nuntius in Brüssel als Administrator verwaltet und durch
päpstliche Bulle vom 30. Juli 1921 zu einem eigenen Bistum Eupen-
Malmedy erhoben worden war. Es dauerte dennoch über zehn Wochen,
ehe Trenz seine neue Stelle antrat. Wahrscheinlich hatte er sich in dieser
Zeit auf das im Februar 1926 in Lüttich abzulegende Pfarrexamen vor-
bereitet. Jedenfalls wurde Trenz in den Lütticher Akten seit 1926 stets
als cure (Pfarrer) geführt”.
In Neunkirchen war Pfarrer Schunck inzwischen unter wenig
erfreulichen Umständen gegangen und von Johannes Scheidt (1886-1965)
ersetzt worden, der am 28. September 1925 als neuer Pfarrer in Neunkir-
chen eingeführt wurde. 1925 zählten Neunkirchen und Hermerath zum
neu geschaffenen Dekanat Neunkirchen, dessen erster Dechant (1925/
26) Pfarrer Franz Heinen (1872-1950) in Schönenberg war, der auch
Scheidts Einführung vornahm. Nachdem von 1927 bis 1935 Heinrich
Ziemons als Dechant amtiert hatte, füllte Pfarrer Scheidt dieses Amt fast
30 Jahre (1935-1965) aus®. Trenz hatte in der Vakanz (Juli bis September
1925) die Kirchenvorstandssitzungen in Neunkirchen geleitet, dann war
er zu einer Romreise aufgebrochen, so daß er bei Scheidts Pfarreinführung
fehlte. In der Vergangenheit hatte er sich hauptsächlich um die Arbeit im
Seelsorgsprengel Hermerath gekümmert, nie einen mehrwöchigen Urlaub
genommen (in den Hermerather Matrikelbüchern zeichnete zwischen
1912 und 1926, mit fünf Ausnahmen, stets Trenz) und war nur zu
besonderen Ereignissen nach Neunkirchen gekommen®?.
Ein Quell steter Sorgen war für Trenz die völlig unzureichende
Rektoratswohnung. Das 1804 vollendete Haus besaß sieben Zimmer, von
denen nur eines unterkellert war, nebst einem 6,25 ar großen Garten und
war seit Jahren in einem feuchten und schlechten Zustand. 1913 ließ der
Kirchenvorstand Neunkirchen Trenz 300 Mark zur Bezahlung dringender
Reparaturen und Mittel zur „Verbesserung des Closets‘“ zukommen. 1916
bat Trenz den Kirchenvorstand, durch Mitglieder die Wohnung
besichtigen zu lassen, um „Vorschläge für eine durchgreifende Repa-
ratur“ zu machen**. Diese Inspektion zog keine tatsächlichen Verbesse-
24
rungen nach sich, denn am 17. Juni 1921 mahnte Trenz einige
Beschwerdepunkte erneut an: Der „Anstrich der Bekleidung der Nordseite
meiner Wohnung ... wurde 1911 ausgeführt und seit dieser Zeit nicht
mehr (erneuert), Ausbesserung des Fußbodens, der vom Schwamm voll-
ständig zerfressen ist, Herstellung einer Waschküche, Sommer wie Winter
muß meine Haushälterin im Freien waschen (dieselbe war 1916 zugesagt),
Anbringung mehrerer neuer Fenster, da viele vollständig faul sind (auch
1916 zugesagt gelegentlich einer Besichtigung), Tünchen der Südseite
meiner Wohnung, Tapezieren 2 Zimmer, die seit 1912 nicht mehr tapeziert
worden sind‘, Tatsächlich ist es zu Trenz' Zeiten nie zur versprochenen
großen Renovierung gekommen. Erst als Hermerath 1953 Rektoratspfarre
wurde, baute man 1956 ein neues Pfarrhaus®®. %
In der Kirchenvorstandssitzung vom 17. Februar 1926 würdigte Pfarrer
Scheidt Nikolaus Trenz, „der eine Pfarrstelle in Schönberg bei St. Vith
angenommen hat. (Trenz wolle) sein Jugendheim mit Mobiliar (sowie
das) von ihm gestellte Harmonium“ für 1.200 Mark in Hermerath
zurücklassen?®!. Trenz ließ auch das Bild der „Maria von der
Immerwährenden Hilfe“, das 1909 von Papst Pius X. mit seinem Segen
und speziellen Ablässen ausgezeichnet worden war, in St. Anna zurück”,
„Anfang März (1926) nahm Herr Rektor Trenz eine Pfarrstelle ... in ...
Belgien (an.) Es wurde ihm am 7. März eine schöne Abschiedsfeier im
Jugendheim Hermerath veranstaltet, (wo) seine Verdienste gebührend
anerkannt wurden. Da auch in Hermerath sich eine starke pro und con-
tra Strömung um Trenz gebildet hatte, kam die Versetzung dem neuen
Pfarrer nur erwünscht‘. Als Trenz von Hermerath abgereist war, be-
gann eine zweimonatige Vakanz. Zwar hatte Generalvikar Vogt am 16.
März 1926 Kaplan Johann Clotten (1886-1961) nach Hermerath versetzt,
jener weigerte sich aber, die Stelle anzutreten. So wurde am 14. April
1926 der pensionierte Pfarrer Franz Aretz (1874-1952), der in der „Privat-
klinik Dr. Bergmann‘ in Cleve kurte, nach Hermerath beordert, wo er
Mitte Mai 1926 eintraf und fünf Jahre bleiben sollte. Bis zum Amtsantritt
von Johannes Meinen hatte kein Priester mehr Jahre in Hermerath
verbracht als Trenz**. Eine Demonstration von Trenz' Beliebtheit waren
auch die Feiern seines Silbernen Priesterjubiläums am 2. Juli 1924 im
Jugendheim in Hermerath, an deren Ausrichtung der Hermerather
Kirchenchor, der MGV „Gemütlichkeit“ Söntgerath, der „Junggesellen-
verein Hermerath“, die Musikkapelle des Neunkirchener „Konvikts‘“ und
die Schüler der Volksschule Birkenfeld mitwirkten.”
25
Preifet den Herrn; denn er in gütig und
ewig währet fein Erbarmen, ff. 135, 1.
3% bitte euch, Brüder, bei unferem Herrn
Jefus Chrikus und bei der Liebe des heil
Seijtes, daß ihr mir helfet mit euren Gebete
für mich bei Gott, Röm. 15, 30.
N ll,
P Ar *
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PAS FE
Zur Srinnerung
an mein
25jähr, Priefterjubiläum
SHermerath, 2, Juli 1924
Sen Trenz, Gedenkzettel
SCOOF: zum Silbernen Priesterjubiläum
Seiligfte8 Serz Gefu, ih vertraue Zn TE
auf dio. (300 Tage Ablaß) Ca
Quelle: Pfarrarchiv Hermerath
Über die nun beginnende Dienstzeit Trenz' als Pfarrer in Schönberg
liegen nur wenige Angaben vor. Während der Ardennenoffensive wurden
die Einwohner Schönbergs evakuiert und ihr Dorf völlig zerstört, wobei
1944/45 auch das gesamte Pfarrarchiv unterging. Pfarrer Meinen hatte
bei seinen Recherchen 1976/77 Kontakte zum damaligen Pfarrer von
Schönberg, Alfons Schils (1910-1986), der Trenz noch kannte, sowie
dem 1913 dort geborenen, 1940 zum Priester geweihten Paul Kettmus
geknüpft und deren Erinnerungen festgehalten.
Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Pfarrkirche St. Georg war 1826
nach Plänen des berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel (1781-
1841) erbaut worden”. In seiner elfjährigen Seelsorgetätigkeit in der
Pfarrgemeinde, die 1941 auf 626 Katholiken angewachsen und in der er
der einzige Priester war, wirkte Trenz zeitweilig auch als Latein- und
Griechischlehrer in den unteren Klassen der „Städtischen Höheren
Knabenschule*“‘ St. Vith. Dechant Paul Kettmus erinnerte sich 1977, „daß
Pfarrer Trenz (als Religionslehrer der Volksschule von Schönberg)
26
ziemlich streng und unnahbar war. Wir hatten eher Furcht vor ihm wie
kindliche Zuneigung. Erst als ich ihn später als Student (der Theologie)
näher kennen lernte, erfuhr ich, daß sich unter dieser etwas rauhen Schale
ein gutes ... besorgtes Priesterherz verbarg. Denn daß ich studieren durfte
und später Priester geworden bin, verdanke ich ... Trenz. Ich war Kriegs-
waise. Mein Vater fiel im Ersten Weltkrieg, 1917. Meine Mutter ... (starb)
am 9. März 1929. Angesichts dieser Lage veranlasste Herr Trenz, daß
ich die Studien dennoch weitersetzen konnte. Als Student verbrachte ich
viel Zeit meiner Ferien im Pfarrhaus und mit ... Trenz auf Spaziergängen.
Obschon mich damals viele Fragen und Probleme bewegten, kam es trotz
allem kaum zu einer persönlichen Aussprache, was ich heute noch sehr
bedauere. Ich habe ihn als eifrigen ... besorgten Priester in guter
Erinnerung. (...) Die Seelsorge beschränkte sich (damals) auf den
eigentlichen Gottesdienst und den Religionsunterricht. ... Pfarrer Trenz
war andererseits sehr sozial tätig, indem er in sozialen Problemen ...
Leuten half, wo er konnte“”. Auch von Schönberg aus blieb Trenz in
Kontakt zum Dekanat Neunkirchen. Auf die Überschreibung des
Jugendheims Hermerath auf die Kapellengemeinde und die Arbeit des
Wasserleitungsvereins nahm er 1926 brieflich Einfluß. Zum Silbernen
Priesterjubiläum von Pfarrer Heinrich Ziemons reiste er am 29. August
1926 nach Kreuzkapelle. Umgekehrt ließen sich zwei ehemalige
Pfarrkinder, Elisabeth Franken und Johann Lutz (Hermerath), am 14.
Februar 1928 von ihm in Schönberg trauen. Trenz ließ in der Pfarrkirche
den Chorraum neu ausmalen, hielt sich aber sonst mit Bautätigkeiten
zurück. In Schönberg redete er nie über die Vergangenheit, wie Pfarrer
Kettmus dem Autor bestätigte. Er charakterisierte ihn als „autoritär, streng,
verschlossen aber sehr hilfsbereit sowie einem guten Glase nie
abgeneigt‘“®,
In Schönberg behielt Trenz stets die deutsche Staatsangehörigkeit. Als
Priester der Diözese Lüttich stand er sich wirtschaftlich jedoch schlechter,
als der Pfarrer einer ähnlich großen Gemeinde im Erzbistum Köln. 1928
verdiente er 16.000 Belgische Frances (1.900 Mark). In einem Bericht an
den Regierungspräsidenten in Aachen, Georg Sieler (1886-1955), äußerte
sich der Landrat von Monschau, Franz Schwenzer (1885-1961), am 28.
November 1928 etwas abfällig über den belgischen Klerus. Dieser sei
„beim Volke nicht angesehen und (führe) ein kulturrückständiges Leben.
(Die Priester besäßen nur einen) Anzug, primitive Einrichtung, keine
Bücher und Zeitschriften (und ließen) sich viel schenken, Tatsachen, die
des deutschen Geistlichen unwürdig sind, daher die gedrückte Stimmung
29
er bringt nachdem er bon gelebt hat mehr Geld zurück als er mitnahm.“
Die Untersuchung der Gestapo ergab, daß Trenz „als Emigrant anzu-
sehen (sei, der) kurz vor der Abstimmung im Saargebiete nach Belgien
gegangen und nicht an (besagter) Abstimmung teilgenommen (habe)!
Er ist bisher als Hetzer gegen Deutschland nicht bekannt geworden.“
Eine neue Liste von antideutschen Priestern in „Neu-Belgien“ vom Juli
1939 enthält Trenz' Namen dann nicht mehr'“, Wenige Monate nach der
Bespitzelung verließ Trenz das Eifeldorf.
Am 26. April 1937 berief ihn Bischof Ludwig Josef Kerkhofs (1878-
1962) als Pfarrer an St. Rochus nach Hauset, Dekanat Eupen. Auch hier
wurde er als cure€ und Priester des Bistums Lüttich geführt. Im nahe der
Grenze zu Aachen gelegenen Hauset, wo kurz zuvor Pfarrer Josef Simons
(1880-1963) versetzt worden war, lebten damals 748 Personen, davon
725 Katholiken (1940). Am 16. Mai 1937 wurde Trenz von Dechant
Hubert Keufgens (1888-1961) eingeführt. Unter den Gästen befanden
sich auch rund 50 Bürger aus Schönberg'®. In Hauset sollte Trenz
endgültig ein Opfer politischer Flügelkämpfe und der Wirren des Welt-
kriegs werden!®,
Pfarrer Trenz, inzwischen fast 63 Jahre alt, begann die Arbeit in seiner
neuen Pfarrei mit viel Enthusiasmus. 1938 ließ er die von 1858 bis 1860
erbaute und 1899 sowie 1908 erweiterte Pfarrkirche durch Paul und Franz
Schanwell (Gemmenich) neu ausmalen und von Karl Joseph Lux aus
Hauset eine neue elektrische Beleuchtung installieren. Im kommenden
Jahr erhielt das untere Kirchenschiff sechs neue, bunte Glasfenster'®,
Nach Auskunft der damaligen (bis 1940) Hauseter Volksschullehrerin
Anna Hamacher legte Trenz eine „neutral-freundliche Haltung an den
Tag. (...) Seine etwas strenge Zurückhaltung verlieh ihm eine besondere
Würde. Er war ein guter und frommer Priester und Erzieher. Die
Lehrpersonen und die Kinder mochten (ihn, der) sich auch im
Vereinsleben recht gesellig“ zeigte!'®, Der Ausbruch des Zweiten
Weltkriegs und die deutschen Truppenbewegungen an der Grenze zu
Belgien radikalisierten die Stimmung im Grenzland. Nach der Abtretung
der Kreise Eupen und Malmedy an Belgien (1920) hatte sich in dem nun
„Neubelgien“ genannten Gebiet eine „Heimattreue Front“ als Forum der
in Wort und Schrift für die Stärkung des Deutschtums eintretenden Kräfte
formiert. Ihr Gegner, die „Belgische Union“‘, focht nicht weniger fanatisch
für die immer stärkere Belgisierung des ehemals deutschen Territoriums.
Dabei konnte die „Union“ auf die Unterstützung durch einflußreiche
Kräfte auf Kreis- und Staatsebene aus „Alt-Belgien“ zählen.
3%
zog ihn aber nicht von Hauset ab. Ende Juni 1940 reagierte auch der
Vatikan auf die neuen Machtverhältnisse und unterstellte die von
deutschen Truppen besetzten Gebiete Eupen-Malmedys der Jurisdiktion
des Apostolischen Administrators von Aachen, Bischof Hermann Joseph
Sträter (1866-1943), der auch für die belgischen Gebiete den Titel
> A DA
ES M 4 A u
Nikolaus Trenz als Pfarrer von Hauset, um 1940
(Quelle: Pfarrarchiv Hermerath)
„Apostolischer Administrator“ erhielt. Am 5. September 1940 ernannte
Sträter Weihbischof Friedrich Hünermann (1886-1969) zum
„Sachbearbeiter der Angelegenheiten Eupen-Malmedy ‘8,
Am 15. August 1940 wurde der Belgische Franken durch die
Reichsmark ersetzt und am 24. Oktober dieses Jahres wurden die
Mitglieder des Kirchenvorstands durch den Staat neu bestimmt. Alle
kirchlichen Versammlungen und Proben mußten bereits seit Juli acht
Tage im voraus bei der Polizei- und Ortsgruppenleitung Kettenis
angemeldet werden. Dorthin mußte Ende 1941 auch eine Liste aller in
32
der Pfarrbücherei verwahrten Werke eingesandt werden. Ebenfalls 1941
wurden Grundsteuerbescheid, Kirchengeldbemessung und sämtliche
Versicherungen nach deutschen Maßstäben neu festgelegt. Am 14.
November 1941 wurde in der Pfarrkirche Hauset von P. Heribert Steeg
OFM ein neuer Kreuzweg eingesegnet. Acht Wochen später mußten die
Glocken der Kirche, bis auf die älteste (1707), für Rüstungszwecke
abgeliefert werden. Im Oktober 1942 verlangte die NSDAP von Pfarrer
Trenz eine Aufstellung aller der (Kirchen)-Gemeinde gehörenden
Gegenstände aus Kupfer, Zink, Blei und Nickel. Anhand der Liste wurde
die kurz darauf angeordnete „freiwillige Ablieferung“ der Me-
tallgegenstände, die als „Spende der Kirchen im Lebenskampf des
Deutschen Volkes“ deklariert wurde, überprüft. Zur gleichen Zeit verbot
die Parteiführung in Kettenis die Verlesung der Namen Gefallener von
der Kanzel. 1943 starb Bischof Sträter. Sein Nachfolger wurde (auch für
Eupen-Malmedy) Bischof Johann Joseph van der Velden (1891-1954)'°®.
Nachdem am 11. September 1944 amerikanische Soldaten in Hauset
einmarschiert waren und die deutschen Verwaltungseinheiten sämtlich
mit belgischen Kräften besetzt hatten, begann für die Bevölkerung
Hausets eine neue Phase der Unsicherheit und Gefahr. Aus den Reihen
der „Belgischen Union“ formierte sich im Windschatten der vorrückenden
US-Truppen die „Arm&e blanche“, die „Weiße Armee“. Die lokalen
Aktivisten der Untergrundbewegung selektierten alle im Verdacht der
Kollaboration mit den Besatzern stehenden Einwohner und deportierten
sie in Gefangenenlager „Alt-Belgiens“. Pfarrer Trenz bemühte sich, zwi-
schen den Parteien zu vermitteln. „Zn der schweren Zeit ... 1944/45 hat
er sich sehr zum Wohle der Ortsinsassen eingesetzt bei der damaligen
amerikanischen Besatzung. Trenz als Saarländer kannte wohl die Sorgen
einer Grenzlandbevölkerung in der damaligen Zeit“ erinnerte sich 1977
Josef No&1 in Hauset. Dennoch hatte sich Trenz nach der Ausweisung
(1940) verändert. Er war noch unzugänglicher und mißtrauisch geworden,
wie sich Anna Hamacher erinnerte: „Pfarrer Trenz war nicht mehr
derselbe. Er legte ein starkes Befremden an den Tag. (...) Als ich erneut
in Hauset (wohnte), nahm ich Kontakt (zu) Pfarrer Trenz (Anfang bis
Mitte) Februar 1945 auf. Er öffnete selbst die Haustür. Daß er mich
nicht vor der Tür stehen ließ, war alles. Ich glaubte einen Eisberg vor
mir zu haben. (...) Mit Vorwürfen, daß ich freundschaftliche Beziehungen
hatte mit einer Familie in Hauset, die ihm Schwierigkeiten gemacht hatte,
grüßte er mich.“ Trenz hatte offenbar Angst und fühlte sich bedroht und
verraten.
33
Am 12. März 1945 wurde Pfarrer Nikolaus Trenz, zusammen mit einer
Vielzahl weiterer Bürger Hausets, darunter auch Anna Hamacher, von
belgischen Gendarmen der Weißen Armee verhaftet und in einem
Lieferwagen abtransportiert. Als Gründe für seine Verhaftung nennt die
Pfarrchronik, die Trenz' Nachfolger Josef Duschak (1896-1963)
weiterführte, „seine politische Haltung vor und während des Krieges“.
Trenz wurde ins Gefängnis von Verviers gebracht und mit Einzelhaft
belegt. Im Häftlingsregister wurde er als Nr. 431 und „Provocateur“
geführt, der im Nebengebäude einquartiert wurde'!°. Dort traf ihn der
spätere Pfarrer Schönbergs, Alfons Schils, der Kaplan in Verviers und
zum Beichtehören der deutschsprachigen Insassen zugelassen war. 1976
erinnerte er sich: „Mit ihm waren noch 2 andere Priester (Altbelgier)
inhaftiert. Soviel ich weiß, hat man ihm keinen Prozess gemacht. (...)
Die Gründe der Inhaftierung ... sind mir nicht bekannt. Es liefen nur ...
Gerüchte, er sei ein Nazi gewesen und habe die Jugend aufgehetzt. Auf
jeden Fall ist er nicht verhaftet worden, weil er Deutscher war, denn wir
waren ja eine ganze Reihe von deutschen Pfarrern. Da muß ... von Hauset
aus eine Denunziation gegen ihn eingegangen sein.“ Die Pfarrchronik
hält für 1942 fest, es sei zu „Zwistigkeiten zwischen Pfarrer Trenz und
dem Küster-Organisten J. K. aus Hauset‘“ gekommen, näheres ist leider
nicht überliefert. In einer kurzen biografischen Notiz zu Trenz (in: E.
Ignace de Wilde u.a. „Hauset — seine neogotische St. Rochus- und
Genoveva-Kirche und die alte St. Rochus-Kapelle‘“, Antwerpen, 1995,
S. 218) wird die Nachkriegszeit mit folgenden Worten erwähnt: „Gegen
Ende des Zweiten Weltkrieges war er (Trenz) das Ziel übler Nachrede
und wurde beschuldigt, Naziliteratur in die Ortsbibliothek aufgenommen
zu haben.“
Zur Jugend hatte Trenz, wie Joseph No€l und Anna Hamacher betonten,
ein gutes Verhältnis. Letztgenannte berichtete, daß „Jugendliche, die zur
Wehrmacht einberufen wurden, (von ihm) gute Worte, ... eine Medaille
und ... den priesterlichen Segen“ mit auf den Weg ins Ungewisse bekamen.
Die Haushälterinnen zogen nach der Verhaftung des Pfarrers zuerst nach
Moresnet, nach Ende des Krieges dann in Gertrud Heirings Heimat, nach
Greven.
Während Trenz bis Ende 1945 ohne Gerichtsverhandlung in Verviers
in Einzelhaft blieb, wurden in Hauset seine gesamten Möbel
beschlagnahmt und unter Zwangsverwaltung gestellt. In Verviers durfte
ihn Kaplan Paul Kettmus besuchen. Jener erinnerte sich 1977: „/ch habe
ihn ... mehrmals aufgesucht. Das Gespräch fand natürlich in Gegenwart
34
eines Wächters statt. Jedenfalls bat mich Pfarrer Trenz, seine Sachen
irgendwie in Sicherheit zu bringen. Sie standen jedoch bereits unter
Sequester. Mit dem Sequesteramt habe ich sodann verhandelt und durfte
die Möbel leihweise zu mir nehmen. Allerdings mußte ich eine für die
damalige Zeit nicht geringe Miete zahlen. Später ... wurden die Sequester-
Möbel verkauft. Ich selbst habe einige der Möbelstücke gekauft, aber im
Lauf der Zeit teils verschenkt, teils durch andere ersetzt.“ Ende 1945
überstellte man Trenz ins „Internierungslager für feindliche Ausländer“
von Merksem bei Antwerpen. Als er dort Mitte Januar 1946 an Lun-
genentzündung erkrankte, schob man ihn am 1. Februar 1946 an der
holländisch-deutschen Grenze nach Deutschland ab. Sein erstes Ziel
wurde die münsterländische Stadt Greven, wohin Gertrud und Mia
Heiring geflohen war. Dort meldete er sich am 15. Februar 1946 an und
nannte als letzten Wohnort Hauset'!'.
Trenz selbst schilderte die Ereignisse in einem Brief so: „Am vorigen
Samstag wurde ich nach viel monatiger Gefangenschaft in Freiheit
gesetzt. (...) Tränen, die im allgemeinen sehr selten bei mir sind liefen
mir nur so die Wange herab. Zunächst suchte ich ... ein paar Tage in
einem benachbarten Krankenhause meine Zuflucht und ging dann nach
hier, wo sich Fräulein (Heiring) aufhält und ich auch Kenntnis von Eurem
Brief erhielt.“ Weiter schrieb er an seine Familie: „Nur den Mut nicht
verlieren, es wird schon besser werden (...). Darum nur gutes
Gottvertrauen bewahren (...). Wo ich mich endgültig niederlassen werde,
weiß ich nicht. Ich habe zwar alles verloren, schweres durchgemacht
und bin alt dabei aber Mut für 1.000 Mann habe ich noch. Ich werde
mich pensionieren lassen und wenn es wärmere Zeiten gibt und ich die
Erlaubnis erhalte, werde ich Euch alle ... besuchen. Nicht rückwärts,
sondern vorwärts sei unser ... aller Devise,“ schloß er ermutigend. Trenz
blieb nur sechs Wochen in Greven. Am 23. März 1946 erreichte er das
nahegelegene Dorf Hohenholte, in dessen Pfarrchronik zu lesen ist:
„Heute kam ... der 72-jährige Pfarrer Nikolaus Trenz, der ... 11 Monate
in einem belgischen Lager verbracht (hat.) Als er in die Vikarie einzog,
stellten ihm ... Leute Möbel zur Verfügung ... da er alle Möbel in Belgien
lassen musste.“ Zwei Tage darauf teilte Trenz seinen Umzug den
Verwandten in Hülzweiler mit: „Aus dem Datum und Orte ... werdet ihr
ersehen, daß ich mich an einem anderen Orte befinde. Ich habe mich ...
pensionieren lassen und kann darum hingehen, wohin ich will““"?, Auch
jetzt klingt Trenz optimistisch: „2 Monate habe ich nur müßig darum
gesessen und meine Pfeife geraucht. Aber das Nichtstun war ich satt und
35
darum habe ich mich nach einer kleinen Tätigkeit umgesehen und eine
Benefizien-Stelle an hiesigem Orte angenommen und hoffe, so besser zu
meinen alten Körperkräften zurück zu kommen‘“'?, Dennoch scheinen
die Lebensbedingungen hart: „ch bin alt, habe alles bis auf das was ich
am Leibe habe, verloren, auch die Fräuleins''*, dabei habe ich auch noch
II Monate weniger 10 Tage im K.Z. sitzen und dessen Strapazen
mitmachen müssen. Dadurch habe ich sehr an Körperkräften verloren
aber an Mut fehlt es mir nicht und darum will ich mir auch eine sehr
bescheidene Wohnung einrichten, wenn ich auch das allernotwendigste
Mobiliar mir erbetteln muß und denke in 14 Tagen bis 3 Wochen einen
Haushalt in einem bescheidenen, gemütlichen Heim zu eröffnen. (...) Ich
habe dem Paul Kettmus den Auftrag gegeben, nach meinen Sachen überall
zu suchen und er tut was er kann, um alles zu finden. Wir wollen uns
gemeinschaftlich freuen, daß wir dem Rummel glücklich entronnen sind.“
Trenz' großer Wunsch war, aus der britischen (Hohenholte) in die
französische (Hülzweiler) Besatzungszone zu den Verwandten reisen zu
können. Am 28. Juni 1946 schrieb er: „Nun macht euch keine Umstände
wegen mir. Ich bin an geflickte Hosen gewöhnt und heut macht es mir
nichts mehr aus solche zu tragen. Wenn ... Du mir 1 oder 2 Päckchen
Tabak als Päckchen unter Wertangabe schicken kannst, würde ich Dir
sehr dankbar sein. Hoffentlich gelingt es ... mir, im Sommer mal ... zu
kommen.“ Drei Wochen später, am 12. Juli 1946, kam er erneut auf das
Thema zu sprechen: „Hoffentlich erhalte ich bald die Erlaubnis ... nach
unten zu kommen. (Macht Euch) keine übermäßigen Sorgen um den
morgigen Tag (und) keine Sorgen um mich.“ In einem anderen Brief
machte er im August 1946 deutlich, „man geht dorthin, wo man hinge-
hört und geboren ist.“ Mitte September muß sich Trenz die Möglichkeit
zur Reise geboten haben. Bevor er von Hohenholte abfuhr, so die
Pfarrchronik, „hatte er den Text für seinen Totenzettel aufgeschrieben
und Anordnungen für die Beerdigung getroffen.“ Es schien, als rechnete
er selbst nicht mit einer Rückkehr. Er besuchte zunächst seine Nichte,
Else Trenz, in Merzenich bei Düren. Dort erkrankte er ernstlich und nach
neuntägigem Krankenlager verstarb er am 28. September 1946, um 18.00
Uhr. Als Todesursache ist „Arterienverkalkung, mit Bluthochdruck und
Herzmuskelschwäche“ diagnostiziert worden. Am 2. Oktober 1946 ist
er im Familiengrab der Trenz', in der Pfarrei St. Laurentius in Merze-
nich, beigesetzt worden‘!
Auch nach seinem Tod verwirrte Trenz die Bürokratie. Das Bistum
Münster meldete am 11. Oktober 1946 den Tod von „Nikolaus Trenz ...
36
Göttliches HerzzJesu,
erbarme Dich meiner.
Zum frommen Andenken
an den
Hochwürdigen Herrn Pfarrer a. D.
.
Nicolaus Trenz
welcher im Alter von 72 Jahren
sanft im Herrn entschlafen ist.
Der liebe Verstorbene war zu Hülzz
weiler im Kreise Saarlouis geboren #
am 14. Oktober 1874, zum Priester
geweiht am 2. Juli 1899 und lebte
seit dem 15. Februar 1946 zu Hohen»
holte im Ruhestand,
Betet für seine Seele!
Süßes Herz Jesu, sei meine Rettung!
Ablaßgebete:
‚Jesus! Maria! Josef! Euch schenke ich
mein Herz und meine Seele! 4
‚Jesus! Maria! Josef! Stehet mir bei im
letzten Todeska fe! Y
ARE TEMaT URS EMS RE GR EISCHTE Totenzettel von Pfarrer
mit Euch in Frieden scheiden ! a. D. Nikolaus Trenz, 1946
ee Tn. Cramer, Greven 4 (Quelle: Fredy Keller, Schönberg)
Pfr. i. R. der Diözese Aachen““®, Sein tatsächliches Bistum (Lüttich)
ließ ihn (Nekrolog 44/1947) in Hohenholte sterben, und in Aachen wurde
sein Ableben gar nicht registriert!’ Die Pfarrchronik Hülzweiler wollte
sogar wissen, er sei „nach 2-jähriger Haft auf der Heimreise ... in der
Eisenbahn zwischen Düren - Gerolstein“ gestorben. In allen Trierer
Bistumsgeschichten fehlt er in den Listen mit Priesterberufungen des
Dekanates Lebach'!®.
Nikolaus Trenz war eine zwiespältige Persönlichkeit. Er nahm es mit
der Wahrheit, etwa der Beschreibung seiner Schul- und Studienlaufbahn,
und auch den Eigentumsrechten nicht immer ganz genau'!'”, war ein
impulsiver und unruhiger Charakter sowie in vielen Dingen, wie beim
Bau der Hermerather Wasserleitung, voreilig mit Entschlüssen bei der
Hand. Alle Zeitzeugen und Dokumente belegen jedoch eindeutig, daß er
ein frommer und aufrichtiger Priester war, der für die ihm anvertrauten
Seelen mit großem Engagement und Improvisationstalent tätig war und
sich bleibende Verdienste um seine Gemeinde erworben hat. In seinen
87
letzten Lebensmonaten mußte er ein Martyrium erleiden, dem schließ-
lich auch seine optimistische Grundeinstellung nicht lange hat
widerstehen können.
Quellen und Anmerkungen:
£ Msgr. Johannes Meinen (1931-1994) aus Hermerath hatte 1975-1977 erste
Recherchen über Trenz' Leben getätigt. Der Schriftwechsel ist in HAEK, PfA
Hermerath, Akte 37, verwahrt.
2 In diesem Artikel gelten folgende Abkürzungen: HAEK (Historisches Archiv
des Erzbistums Köln), BATr (Bischöfliches Archiv Trier), DAE (Diözesanarchiv
Eichstätt), ARSK (Archiv des Rhein-Sieg-Kreises Siegburg), PS (Personal- ;
schematismus), HB (Kirchliches Handbuch), PfA (Pfarrarchiv), ATAK (Archiv
des Antonius-Kollegs Neunkirchen), KA (Kirchliches Amtsblatt), LThK (Lexikon
für Theologie und Kirche), HC (Hierarchia Catholica 8, Padova 1978), HNS
(Heimatblätter Neunkirchen-Seelscheid, Jahrbuch), HSTAD (Hauptstaatsarchiv
Düsseldorf).
3 Fax des Pfarramtes St. Laurentius (Hülzweiler) vom 7. April 1999 an den Autor.
4 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; HB Trier 22/1991, S. 417; PS Trier
1889, S. 49. Hülzweiler war 1889 eine Pfarrei mit 1.463 Katholiken. Zum damals
geltenden Schulwesen vgl. Joseph Buschmann, Das höhere Schulwesen; in: Jo-
seph Hansen (Hg.), Die Rheinprovinz, Bd. II, Bonn 1917, S. 26-56.
S HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99. Einige Tage vor seinem Tod hatte
Trenz den Text für seinen Totenzettel verfaßt. Hier gab er an, Schüler „des
Gymnasiums zu Saarlouis“ gewesen zu sein. Die Anstalt in Saarlouis wurde erst
1898 Gymnasium. Auch in den Akten des Progymnasiums findet sich kein Zeugnis
von Nikolaus Trenz (HAEK, PfA Hermerath, Akte 37; HB Trier 1894, S. 137;
Telefonat mit Dr. Ruland [Gymnasium „Am Stadtgarten“ Saarlouis], 19. Februar
1999).
6 Königliches Gymnasium Trier, Abgangszeugnis 130 vom 29. März 1893
(abgebildet auf S. 13); BATr, Abteilung 88, Nr. 181.
F: BATr, Abteilung 88, Nr. 181.
8 DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte Trenz.
9 HAEK, PfA Hermerath, Akte 37.
10 BATr, Abteilung 88, Nr. 181; DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte
Trenz.
11 Trenz ist im Saarbrücker Melderegister 1892 nicht genannt. In der Stadt gab es
damals die Hoederathsche (1881-1944) und die Schoenemannsche (1882-1927)
Augenklinik, zwei Privatanstalten, deren Akten nicht erhalten sind (Brief von
Frau Dr. Becker [Stadtarchiv Saarbrücken] vom 31. März 1999 an den Autor).
12 Sein bis zu diesem Zeitpunkt völlig erfolgloser Schulbesuch sowie die privaten
Studien können von seinem Vater, den Trenz mehrfach „arm‘‘ (HAEK, Bestand
Generalia I, Akte 17.2,5-99) nennt, unmöglich bezahlt worden sein.
Wahrscheinlich halfen hier wieder die Onkel aus den USA aus.
13 Diedenhofen ist das heutige Thionville. Nach der Annexion Lothringens durch
das Deutsche Reich (1871) gehörte das Bistum Metz bis 1919, als
Regierungsbezirk Deutsch-Lothringen des Reichslandes Elsaß-Lothringen, zum
38
Deutschen Kaiserreich (Erwin Gatz, Metz; in: ders. [Hg.], Geschichte des
kirchlichen Lebens, Bd. 1, Die Bistümer und ihre Pfarreien, Freiburg im Breisgau
1991, S. 466f.).
14 BATr, Abteilung 88, Nr. 181. Über das 1857 eröffnete Priesterseminar in Löwen,
das zur Ausbildung von für die US-Mission bestimmter Geistlichkeit gegründet
worden war, ist die 1932 vom Seminar selbst herausgegebene Festschrift zu
konsultieren.
15 Gatz, Metz, S. 470f.; Johann Baptist Kaiser, Metz; in: LThK, Bd. 7, Freiburg im
Breisgau 1935, Sp. 143-148; HAEK, PfA Hermerath, Akte 37; PS Metz 1897, S.
4f., 15.
16 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; HAEK, PfA Hermerath, Akte 37;
BATr, Abteilung 88, Nr. 181; DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte
Trenz, lassen den Schluß zu, daß Trenz 1895 in Namur mit dem 1892 erreichten
Abschluß aus Metz (der kein Abiturzeugnis war) das Studium begann.
17 DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte Trenz. In der ehemaligen
Abtei von Floreffe war seit 1830 das für die Priesteramtskandidaten des Bistums
Namur das Philosophiestudium anbietende Seminar eingerichtet (Emilie
Valvekens, Floreffe; in: LThK, Bd. 4, Freiburg im Breisgau 1932, Sp. 34f.).
18 BATr, Abteilung 88, Nr. 181.
19 Der in der Schweiz geborene Messmer stand dem 1868 gegründeten Bistum
Green Bay von 1892 bis 1903 vor (HC, S. 520).
20 BATr, Abteilung 88, Nr. 181; PS Eichstätt 1897, S. 20; DAE, Registratur des
Priesterseminars, Personalakte Trenz. Wahrscheinlich hatte Messmer Trenz nie
eine Zusage gesandt. In dem oben erwähnten Fragebogen von 1937 gab Trenz
an, er sei 1894 nach Eichstätt gegangen (HAEK, PfA Hermerath, Akte 37).
21 Reuß war von 1892 bis 1912 Generalvikar (Alois Thomas, Reuß; in: Erwin Gatz
[Hg.], Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945, Berlin
1983, S. 610f.).
22 BATr, Abteilung 88, Nr. 181.
23 Der Redemptorist Gross war von 1885 bis 1898 Erzbischof der 1846 gegründeten
Erzdiözese Oregon-City, die seit 1928 Portland heißt (HC, S. 427, 504; Annuario
Pontificio 1990, Cittä del Vaticano 1990, S. 514).
24 PS Eichstätt 1898, S. 20.
25 Der Ire Heslin stand dem 1837 gegründeten Bistum Natchez, das seit 1977 Jack-
son heißt, zwischen 1889 und 1911 vor (HC, S. 403: Annuario Pontificio 1990,
S. 286).
26 Korum war von 1881 bis 1921 Bischof von Trier (Alois Thomas, Korum; in:
Gatz, Bischöfe, S. 406-409). $
O7 Litterae dimissoriales sind Entlaßscheine, durch die ein Bischof einen zur Weihe
Anstehenden an einen anderen Weiheberechtigten überweist bzw. (mit dem Titel
Exeat) Bescheinigungen, durch die er den Kandidaten aus seinem eigenen
Diözesanverband entläßt, damit jener in ein anderes Bistum wechseln kann (Jo-
hann Baptist Haring, Dimissorien, sowie Konrad Guggenberger, Exkardination;
in: LThK, Bd. 3, Freiburg im Breisgau 1931, Sp. 326f. bzw. 911f.).
28 BATr, Abteilung 88, Nr. 181; DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte
Trenz.
29 Der Ire Hennessy stand der 1887 gegründeten Diözese Wichita von 1888 bis
1920 vor (HC, S. 598).
39
30 DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte Trenz. Superior des
Missionshauses in Steyl war der Ordensgründer, P. Arnold Janssen SVD (1837-
1909) (zu ihm: Fritz Bornemann, Arnold Janssen, Steyl 1970).
31 Vor dem Empfang der Tonsur und der Niederen Weihen, durch die ein
Theologiestudent und Alumnus in den Klerikerstand aufgenommen wurde, mußte
sich ein Bischof bereit erklärt haben, diesen Kandidaten zu inkardinieren
(wörtlich: „in sein Fleisch aufnehmen“), seinem Diözesanverband als Kleriker
einzugliedern und ihm zum Lebensunterhalt ein Benefizium, einen Weihetitel,
zuzuweisen (Karl Guggenberger, Inkardination; in: LThK, Bd. 5, Freiburg im
Breisgau 1935, Sp. 402; Johann Baptist Sägmüller, Titulus; in: Wetzer und Weltes
Kirchenlexikon, Vol. XI, 2. Auflage, Freiburg im Breisgau 1899, Sp. 1788-1798).
zZ DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte Trenz.
33 PS Eichstätt 1899, S. 20. Trenz' Absage an Bischof Heslin (vom 7. Dezember
1898) scheint nie in Natchez angelangt zu sein, erhielt Trenz doch am 25. Mai
1899 ein weiteres Zusageschreiben des Bischofs, auf das er sofort eine zweite
Absage verfaßte (DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte Trenz).
34 Leonrod war von 1867 bis 1905 Bischof von Eichstätt (Andreas Bauch, Leonrod;
in: Gatz, Bischöfe, S. 445f.).
35 KA Eichstätt 1899, S. 34, 41, 81. 1937 nannte Trenz als Datum seiner ersten
Weihen den 2. Adventssonntag 1898 (HAEK, PfA Hermerath, Akte 37). Der
Regens des Priesterseminars Eichstätt, Georg Koller, bestätigte Bischof Leonrod
am 26. Juni 1899, er habe die Zusage Bischof Hennessys 1898 eingesehen.
36 Zu diesem Begriff der Anbindung an ein Missions-Bistum vgl. Sägmüller, Sp.
1792f. Die Kirche der USA unterstand bis 1908 der römischen
Missionskongregation (Anton Freitag, Amerika; in: LThK, Bd. 1, Freiburg im
Breisgau 1930, Sp. 358). DAE, Bestand Ordinariat, Weiheurkunde Trenz, 18.
März 1899,
37 DAE, Registratur des Priesterseminars, Personalakte Trenz. Obwohl es zwischen
Trenz und dem Bistum Wichita somit zu einem Dienstverhältnis gekommen war,
ist im Bistumsarchiv in Wichita keine Spur von Trenz zu finden (Briefe von Sr.
Jacinta Langlois ASC [Vize-Kanzler der Diözese Wichita] vom 8. Februar und
19. März 1999 an den Autor).
38 1937 schrieb Trenz, er habe von Herbst 1894 bis Juli 1899 studiert (HAEK, PfA
Hermerath, Akte 37).
39 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; PfA Hülzweiler, Pfarrchronik, S.
3B
40 BATr, Abteilung 88, Nr. 181; HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; HB
Trier 1901, S. 34f. Auf Burg Hamm findet sich keine Spur von Trenz (Fax von
Graf Ferdinand von Westerholt [Hamm] vom 27. April 1999 an den Autor). Auf
Schloß Sonnenberg kurte es auf „Anemia und Neurasthenia“,
41 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99. Im Juli 1900 sagte Trenz, er sei
„wegen Krankheit von seiner Diözese dispensiert“. Trier führte ihn noch 1924
als Priester Wichitas (BATr, Abteilung 88, Nr. 181).
42 Schäffer präsidierte den Gesamtverband der Gesellenvereine von 1866 bis 1901
(Wilhelm Kosch, Das katholische Deutschland, Augsburg 1933, Sp. 4195f.).
43 BATr, Abteilung 88, Nr. 181.
44 BATr, Abteilung 88, Nr. 181; Telefonat mit Baron von Teufel (Halle), 15. März
1999.
40
45 BATr, Abteilung 88, Nr. 181. Noch im Mai hatte er nach Trier geschrieben, er
wolle ins Bistum Metz.
46 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; BATr, Abteilung 88, Nr. 181; PS
Trier 1900, S. 43; Philipp de Lorenzi, Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien
der Diöcese Trier, Bd. 2, Trier 1887, S. 520-527; Heinrich Neu - Hans Weigert
(Hg.), Die Kunstdenkmäler des Kreises Neuwied, Düsseldorf 1940, S. 343f.;
Elly Lind, Die Familie von Rennenberg, Köln 1968, S. 23; Telefonat mit Frau
Rings (Stadtarchiv Linz), 9. März 1999,
47 Kreutzwald war von 1894 bis 1918 Generalvikar (Eduard Hegel, Kreutzwald;
in: Gatz, Bischöfe, S. 415f.).
48 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99.
49 Hermann Hinsenkamp (Hg.), Totenkranz der Priester der Erzdiözese Köln, 3.
Auflage, Köln 1949, S. 54; HB Köln 19/1905, S. 84.
50 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99. Dort habe man ihn schon 1900
haben wollen, beteuert Trenz. Diese Aussage darf man als ebenso falsch bewerten;
wie seine in allen Briefen jener Tage wiederholte Betonung, seine „Papiere (seien)
ganz bestimmt in Ordnung“.
a1 BATr, Abteilung 88, Nr. 181; HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; HB
Trier 1901, S. 252f.
32 HAEK, Bestand Generalia I, Akte 17.2,5-99; HB Köln 19/1905, S. 83; ArAK,
Personalakte Konvikt; Brief von Herrn August Liebenwein, Würselen, vom 14.
April 1999 an den Autor.
3 So fehlt er im HB Köln 18/1901, dessen Redaktionsschluß der 1. Juli 1901 war.
In der folgenden Auflage, HB Köln 19/1905, S. 85, ist er mit der falschen Angabe
„Priester der Diözese Trier“ verzeichnet.
54 HAEK, PfA Hermerath, Akte 37.
35 PfA Hülzweiler, Pfarrchronik, S. 31. Diese Angabe ist völlig erfunden, da sich
Trenz nicht im damaligen Königreich Sachsen nachweisen läßt (Brief von Dr.
Seifert [Bistumsarchiv Dresden-Meißen] vom 1. März 1999 an den Autor;
Hofkalender des Königreichs Sachsen 1899-1901).
56 PfA Much, Totenzettel Lind und Ziemons; PfA Marienfeld, Totenzettel Cleven;
Gespräche mit Frau Jenny Draheim (Hennef), die von 1926 bis 1928 in Ziemons'
Haushalt in Kreuzkapelle tätig war, 12./13. Januar 1999,
Bd Die Zitate des folgenden Absatzes stammen aus ArAK, Personalakte Konvikt.
58 Das Rektorat Thum zählte 275 Katholiken. 1904 war die dortige Kapelle, zu den
heiligen Fides, Spes und Caritas, neu erbaut worden (HB Köln 19/1905, S. 235;
HB Aachen 3/1993, S. 351f.).
59 Pfarrer Fischer stand der Pfarre St. Klemens in Berg von 1903 bis 1912 vor (HB
Aachen 3/1993, S. 351f.; HB 19/1905, S. 235; Hinsenkamp, S. 7).
60 Anton Papst war seit 1904 Pfarrer von Füssenich (HB Köln 19/1905, S. 236;
Hinsenkamp, S. 12). Durch ihn dürfte Trenz von der vakanten Stelle in Thum
erfahren haben.
61 Über den Pfarrer von Neunkirchen, Msgr. Heinrich Schaaf (1858-1919), und
sein 1899 begonnenes Werk informiert die Mitte 2001 erscheinende Festschrift
zum 100, Geburtstag des „Antoniuskolleg Neunkirchen“.
62 Kuhn blieb bis 1925 in Neunkirchen, wo er 1911 zudem Vikar wurde (HB Köln
23/1933, S. 780; PS Köln 1972, Directorium, S. 87).
41
63 Es handelt sich um die Haushälterin, Fräulein Gertrud Heiring aus Greven
(Westfalen), die stets in seinem Dienst blieb (HAEK, PfA Hermerath, Akte 37;
Gespräch mit Frau Jenny Draheim, 12. Januar 1999).
64 HB Köln 20/1908, S. 284; ArAK, Hauschronik, S. 33, 37. Im Schuljahr 1906/07
leistete Trenz 19 „Nebenstunden‘‘ (Vertretungen), die ihm am 25. März 1907
von Schaaf mit 38 Mark vergütet wurden (PfA Neunkirchen, Akte 1969,
Quittungen 1906/07, Nr. 651).
65 ArAK, Hauschronik, S. 45.
66 PfA Neunkirchen, Pfarrchronik I, S. 94; HB Köln 23/1933, S. 722; PS Köln
1972, Directorium, S. 97.
67 ArAK, Hauschronik, S. 45; ArAK, Personalakte Konvikt. Trenz, der im Januar
1908 die Lehrtätigkeit beendete, erhielt erst am 15. März 1910 den Titel Rektor,
zuvor wurde er Privatgeistlicher in Hermerath und Kaplan genannt (HAEK, PfA
Hermerath, Akte 37; HB Köln 21/1911, S. 296; HB Köln 22/1920, S. 132, 150).
68 Aus der Geschichte der Höheren Knabenschule mit St. Antonius-Konvikt in
Neunkirchen, Siegburg 1926, S. 18; Fax von P. Reinhard Helbing SDB (Neun-
kirchen) vom 2. März 1999 an den Autor.
69 ArAK, Personalakte Konvikt. 1937 gab er an, er besitze keine staatlichen Exa-
mina (HAEK, PfA Hermerath, Akte 37). Die Hülzweiler Pfarrchronik behauptet,
er sei „Leiter des Konvikts in Neunkirchen“ (S. 31) gewesen.
70 Die Geschichte Hermeraths bis zur Gründung des eigenen Seelsorgebezirks 1802
beleuchten die Aufsätze von Heinrich Hennekeuser, Die Kapelle St. Anna in
Hermerath bis zum Jahre 1802, sowie Die Entstehung der Seelsorgestelle
Hermerath; in: HNS 6/1991, S. 115-138. Für die Jahre nach 1802 vgl. Josef van
Elten (Bearb.), PfA Hermerath, Einleitung zum Inventar, Köln 1992.
Das Wirken von Nikolaus Trenz in Hermerath wollen wir mit Einverständnis
des Verfassers verkürzt zusammenfassen.
Cn Trenz' Salär setzte sich aus dem Gehalt für den an der Kapelle amtierenden
. Geistlichen, Vikariepacht und -zinsen sowie Stipendien für das Lesen der
Stiftungsmessen und einem Zuschlag für das Lesen der zweiten Sonntagsmesse
zusammen. 1919 trat ein von Neunkirchen gewährter Zuschuß hinzu. Das
Jahresgehalt belief sich zuerst (1908) auf 1.200, in den Jahren der Inflation auf
9.550 (1921), 12.500 (1922) sowie (1923) 500.000 Mark (PfA Neunkirchen,
Akten 108, 111, 298.
72 Im folgenden zitiert aus PfA Neunkirchen, Kirchenvorstandsprotokollbuch II,
12. Oktober 1924,
WE] Vogt war von 1918 bis 1931 Generalvikar in Köln (Erwin Gatz, Vogt; in: ders.,
Bischöfe, S. 779f.).
74 Zitiert bei van Elten, S. 13.
75 HAEK, Bestand CR I, Akte 24.6,1-71.
76 Pfarrer Lapp aus Eitorf war von 1911 bis 1937 Dechant des Dekanates Uckerath
(Hinsenkamp, S. 102; HB Köln 20/1922, S. 131).
77 HAEK, Bestand CR I, Akte 14.2,6.
78 Ohne diese Prüfung darf sich (bis heute) kein Priester auf eine Pfarrstelle bewerben
(HAEK, Bestand CR I, Akte 23.2,4). In den PS des Erzbistums Köln wurde
Trenz stets als „Extraneus“ (Auswärtiger) geführt (PS Köln 1906, S. 14; PS Köln
1926, S. 99, 116).
79 HAEK, Bestand GVA Neunkirchen, Akte 15.
42
80 Sebastian war von 1917 bis 1943 Bischof in Speyer (Erwin Gatz, Sebastian; in:
ders., Bischöfe, S. 692ff.).
81 HAEK, Bestand GVA Neunkirchen, Akte 15; Fax von Dr. Herbert Ammerich
(Bistumsarchiv Speyer) vom 28. April 1999 an den Autor.
82 PfA Neunkirchen, Pfarrchronik I, S. 142; HB Aachen 1/1933, S. 454; PfA Much,
Totenzettel Ziemons; PS Köln 1972, Directorium, S. 148; Karl Schmitz,
Miteinander im Dekanat Neunkirchen, Neunkirchen 1995.
83 PfA Neunkirchen, Pfarrchronik I, S. 113, 134, 137; Auskunft des Pfarramts
Hermerath, 2. März 1999; PfA Neunkirchen, Kirchenvorstandsprotokollbuch II,
Juli bis September 1925.
84 PfA Neunkirchen, Akte 298; HB Köln 23/1933, S. 485.
85 PfA Neunkirchen, Akte 121. Die Waschküche war 1902 im ehemaligen
Stallgebäude eingerichtet worden (PfA Neunkirchen, Akte 298).
86 HB Köln 25/1958, S. 550.
87 Rutten amtierte von 1901 bis 1927 als Bischof von Lüttich (HC, S. 338). }
88 HB Köln 21/1911, S. 43. Auch P. Josef Kogel CM, von 1917 bis 1924 Rendant
des Konvikts, stammte aus Eupen (HB Köln 22/1920, S. 169; Geschichte der
Höheren Knabenschule, S. 22f.).
89 HB Köln 22/1920, S. 136; Egide Koninckx, Der Klerus im Bistum Lüttich (1825-
1967), Lüttich 1975, S. 24, 313; HAEK, PfA Hermerath, Akte 37,
90 PS Lüttich 1929, S. 152; Klaus Pabst, Eupen-Malmedy in der belgischen
Regierungs- und Parteienpolitik 1914-1940; in: Zeitschrift des Aachener
Geschichtsvereins 76/1964, S. 206-515; ders., Zwischenspiel: Das „Bistum Eupen
und Malmedy*“ 1921-1925; in: Philip Boonen (Hg.), Lebensraum Bistum Aachen,
Aachen 1982, S. 26-70; Heinrich Rosensträter, Deutschsprachige Belgier, 3
Bände, Aachen 1985.
91 PfA Neunkirchen, Kirchenvorstandsprotokollbuch II, 17. Februar 1926.
92 HAEK, PfA Hermerath, Akte 113. Das Bild kann noch heute in der Hermerather
Kirche verehrt werden.
A] PfA Neunkirchen, Pfarrchronik I, S. 147.
4 HAEK, Bestand GVA Neunkirchen, Akte 15; PS Köln 1973, Directorium, S.
139, 147; van Elten, S. 20; HB Köln 23/1933, S. 717; PfA Neunkirchen,
Pfarrchronik I, S. 148. Clotten hatte bereits von April bis Juli 1915 am ,
Neunkirchener Konvikt gelehrt (HB Aachen 1/1933, S. 446).
95 HAEK, PfA Hermerath, Akte 37.
96 Heribert Reiners (Hg.), Die Kunstdenkmäler von Eupen-Malmedy, Düsseldorf
1935, S. 423ff.; PS Lüttich 1937, S. 125; HAEK, PfA Hermerath, Akte 37.
97 HAEK, PfA Hermerath, Akte 37. Den in der damaligen Zeit üblichen autoritären
Unterrichtsstil bestätigte auch Herr Heinrich Steimel aus Hülscheid (+ 2000) in
einem am 10. April 1999 mit dem Autor geführten Gespräch über seine Schulzeit
in Birkenfeld (1918-1926), in der er von Trenz in Religion unterrichtet wurde.
98 Pabst, S. 433; PfA Neunkirchen, Kirchenvorstandsprotokollbuch II, 28. September
1926; Brief von Joseph Kirchens (Andler), Neffe von Pastor Kettmus, vom 26.
April 1999 an den Autor; Telefonat mit Frau Anna Kurtenbach (Hermerath), 4.
Mai 1999,
99 HSTAD, Regierung Aachen, Präsidialbüro, Nr. 1651/II, S. 31; Horst Romeyk,
Die leitenden Staatlichen und kommunalen Beamten der Rheinprovinz, Düssel-
dorf 1994, S. 741f., 769.
43
100 _HSTAD, Regierung Aachen, Präsidialbüro, Nr. 1657/II, S. 439-444. Registermark
waren auf Reichsmark lautende, vom Stillhalteabkommen (1931) und vom
Kreditabkommen (1932) erfaßte inländische Guthaben ausländischer Gläubiger,
die nur in Deutschland verwendet werden durften. Romeyk, S. 793f.
101 Koninckx, S. 40, 162. Die Gestapo meint hier wohl die Saar-Abstimmung vom
Januar 1935, an der Trenz als im Saarland geborener Reichsdeutscher hätte
teilnehmen können.
102 HSTAD, Regierung Aachen, Präsidialbüro, Nr. 1658/II, S. 321-324, 340-343.
103 _HAEK, PfA Hermerath, Akte 37; PS Lüttich 1938, S. 32. Kerkhofs war von
1927 bis 1961 Bischof in Lüttich (Koninckx, S. 177, 290).
104 Falls nicht anders angegeben, stammen die folgenden Angaben aus HAEK, PfA
Hermerath, Akte 37, bzw. einem Brief von Pfarrer Jean Levieux (Hauset) vom 9.
Februar 1999 an den Autor.
105 Reiners, S. 123; Robert Jeuckens, Eupener Land und Volk im Wandel der Zeiten,
Aachen 1935, S. 188f.
106 Anna Hamacher war von 1940 bis 1945 in Hergenrath tätig und lebte dann bis
1947 erneut in Hauset, wo die Schule und ihr Elternhaus unmittelbar neben Kirche
bzw. Pfarrhaus lagen.
107 Auch die Näherin Maria Franken (Hermerath) hatte schon in Hermerath in Trenz'
Haushalt geholfen. Seit 1926 war sie immer wieder für mehrere Wochen zu
Besuch, aber auch um im Haushalt auszuhelfen, nach Belgien gefahren, so 1928,
1934 und 1938 (Telefonat mit Frau Anna Kurtenbach, 4. Mai 1999).
108 Sträter war 1920 nach Aachen gekommen und 1938 Apostolischer Administrator
geworden. Hünermann wurde dort 1938 Weihbischof (Gatz, Bischöfe, S. 333f.,
743f.). PS Aachen 1941, S. 86 ff.
109 KGatz, Bischöfe, S. 771-774; Martin R. Schärer, Deutsche Annexionspolitik im
Westen, Bern 1975.
110 Archives de l’Etat, Liege, Registre indicateur d’entree et de sortie des detenus,
No. 431/1945. Man fand 600 Francs in bar und elf Lebensmittelkarten ä 50 Francs
bei ihm.
111 Telefonat mit der Stadtverwaltung Greven, 8. Februar 1999, Zum „Fall Trenz‘
scheinen keine Dokumente überlebt zu haben. Weder im Pfarrarchiv Hauset,
noch im Staatsarchiv Eupen oder Bistumsarchiv Lüttich finden sich Akten, wie
Briefe von Pastor Jean Levieux (Hauset), Prof. Dr. Alfred Minke (Eupen) und
Abbe Andre Deblon (Lüttich) dem Autor bestätigten. Vom Gemeindearchiv
Raeren und Staatsarchiv Lüttich hat der Autor keine Antwort erhalten (wobei
sich das Archiv in Raeren in völlig desolatem Zustand befinden soll).
112 Über Trenz' Anwesenheit in Greven und Hohenholte liegen in keinem
Bistumsarchiv offizielle Dokumente vor. Weder vermerkt die Kleruskarteikarte
seines Heimatbistums (Lüttich) den Wegzug aus Belgien (wohl die Inhaftierung
1945), noch ist in den Unterlagen des Bistums Münster, zu dem Greven wie
Hohenholte zählen, eine Spur von Trenz zu finden (Brief von Dr. Peter Löffler
[Diözesanarchiv Münster] vom 11. Februar 1999 an den Autor; PS Münster 1946,
1947, Namensindices; HAEK, PfA Hermerath, Akte 37).
113 In der knapp 1.000 Katholiken zählenden Pfarrei St. Georg in Hohenholte,
Dekanat Borghorst, im Bistum Münster, amtierte seit 1938 Pfarrer August Tertilt
(1883-1964). Der Inhaber der Vikarie zelebrierte in der Kapelle des
Schwesternhauses der 1944 hierher gezogenen Schwestern der Göttlichen
44
Vorsehung. Pfarrer Trenz meldete sich am 13. April 1946 in Hohenholte 36 an.
Er zog aber bald darauf in Haus 21a ein (HAEK, PfA Hermerath, Akte 37; Brief
der Gemeindeverwaltung Havixbeck vom 11. Februar 1999 an den Autor; Tele-
fonat mit dem Pfarramt Hohenholte, 21. April 1999).
114 Es ist nicht klar, ob Trenz Gertrud und Maria Heiring durch den Umzug verloren
hat, oder ob er meint, die beiden hätten ebenfalls alles verloren. Überhaupt werfen
Trenz' Briefe Probleme auf. Undatiert beginnt er oft mit „Meine Lieben‘ (oder
„M. L.“) und endet mit „Euer Onkel“, Alle Briefe waren an die in Hülzweiler
lebende Schwester Maria (verheiratet mit Heinrich Rech) gerichtet.
115 Telefonat mit der Gemeindeverwaltung Merzenich, 5. Februar 1999.
116 KA Münster 1946, S. 130.
117 Koninckx, S. 313; KA Aachen 1946, Index.
118 PfA Hülzweiler, Pfarrchronik, S. 31; Telefonat mit Frau Anita Kohl (Bistumsarchiv
Trier), 5. März 1999.
119 So fanden sich mehrere Gegenstände aus der Wohnung von Pfarrer Ziemons
(Kreuzkapelle), darunter ein Aschenbecher, in Hermerath wieder. Diese hatte
Trenz keineswegs versteckt, sondern offen in Gebrauch. Hierauf angesprochen,
wurde er in keiner Weise verlegen, sondern wollte sie „geborgt‘ haben (Gespräch
mit Frau Jenny Draheim, 13. Januar 1999).
45
Et Klengt va-jen Jöhl
De Wäser, Jöhl of Iterbach, di wä-ede deck jenannt,
et Rotsief &s h&j &jene Krees de medste onbekannt!
Zwei Kilometer &s et lang, vlets ooch e bEsje mie,
dörch Hosend kritt et jraad de Kurv, et Dörp verlöst et nie...
Et sökt sch mär dr jaudste Wääsch, öm &jen Jöhl ze komme,
€s bang et kü-emt en Stond ze spi-e, änn wö-ed n€ht metjenomme.
Weil rü-etlech h&j änn do et schingt, wo-ed Ru-etsief et jenannt.
Off &s et, weil et kleng €s bläve, dovöhr jät beschammt?
Dat söll et neht, dat bruht et ne£ht, dat söll-em jar neht stüre.
Wat würe manche Jru-eße hej, wänn all die Kle&ng neht würe!
Te-ösch dörch Böesch, su-e vengt et a, dr Rest jeht da dörch Wejje,
met aav en zu e Bröcksje drop, mi-e hat et n£ht ze b&jje.
Va €jen Flöch b€ß &jen Stöck hü-et me sing Plätschere,
wellt s£cher, - weil et möj ad wätt -, jauw nojen Jöhl ere.
Su-e wi-e Kenk sökt hät de Mamm, krüvt frödesch € hör Bett.
Di vrott neht lang no wi änn watt änn nemmt dat Klenkt now met.
Now hat-et h&j sing Roll jespällt, wor se ooch noch e su-e kleng,
Denn ohne j€ht et einfach neht, söss wü-er de Jöhl alleng.
Et jeht now met de Mamm op R&js, va Hosend noje Meer.
Do blivt et jätt, sticht hu-ech da op, änn köhmt aß Räähn h6&j n&er.
Senkt 6jen Ä-ed, verjönnt s&ch neht, als wü-er et €jen Höll,
änn su-e entsprengt oß Ru-etsief werr, € Hosend ajen Jöhl.
Erich Kockartz
47
Man muss schon den Inhalt der Quellen erklären und kritisch beurteilen.
Ohne eingehende Forschung, auch vor Ort, lässt sich keine Geschichte
schreiben. Will man sich ein Bild unserer Heimat um das Jahr 1000
machen, so muss man alle Bilder, die wir heute von unserem Land haben,
vergessen. Es war eine Zeit der Wildnis, eine Zeit der wilden Gewässer,
feuchten Niederungen, der dunklen Urwälder mit den darin lebenden
wilden Tieren, Dickichte, Brachland und Sümpfe. Es war die Zeit der
mühseligen Rodungen. Die Felder werden dem wüsten Wald, dem
chaotischen Unterholz mit primitivem Handwerkszeug abgerungen.
Die Ortsnamen sind kaum zu zählen, die auf -rod, -raden oder -brand
enden, wie Raeren, das aus raderen-roderen stammt. Das alte Wort für
Raeren ist: Roderen, im Jahre 1278.
Einmal bestellt und abgeerntet, lässt man das Feld ein oder zwei Jahre
zur Erholung brachliegen. Straßen und Wege waren, abgesehen von
einigen noch vorhandenen Römerstraßen, selten. Pfade verbanden die
einzelnen Siedlungen. Die Höfe lagen einzeln in der Landschaft, wie es
bei den Franken üblich war, als Streusiedlungen. Die Gehöfte aus
Fachwerk, eingeschossig und mit Stroh gedeckt. Als Wohnung diente
ein großer Innenraum, wo sich das tägliche Leben um das offene
Herdfeuer abspielte. Alte und Junge, Vieh und Haustiere unter einem -
Dach vereint.
Seit dem achten Jahrhundert wird Westeuropa allmählich mit Klöstern
gesprenkelt. Es waren die Mönche, die zu einem großen Teil den Boden
urbar machten. Anfang des 12 Jh. ist das Limburger Land zwischen Maas
und Hohes Venn nur dünn besiedelt. Es fehlten die großen Abteien, die
das Land kultivierten. Als die Herzöge von Limburg um 1100 zur Macht
kamen, war der Großteil des Landes noch mit riesigen Wäldern bedeckt.
Nur die Täler der Flüsse, wo sich die Domänen der Königshöfe befanden,
waren kultiviert. (Walhorn, Baelen...)
Herzog Walram II., 1119-1139, stellte seinen Untertanen große Gebiete
zur Urbarmachung zur Verfügung. Große Teile des Hertogenwaldes
wurden gerodet (s. Schoppmann, Seite 60). Raeren muss in der ersten
Rodungsperiode um 800 - 900 entstanden sein.
Die Besiedlung Raerens erfolgte längs der Inde und Iter. Der alte Kern
des Dorfes lag am Zusammenfluss von Iter und Periolbach, noch heute
”Rore” genannt.
Neudorf wird in der zweiten Siedlungsperiode, um 1150, an der oberen
Iter besiedelt worden sein. Daher von Raeren aus gesehen das ”neue
Dorf‘, Neudorf,
48
Noch heute spricht man in Raeren und Neudorf denselben Dialekt wie
in den Dörfern an der Inde, Kornelimünster, Eschweiler, Inden. Das
damalige noch bestehende Waldgebiet am Rovert, Vorst, Mähheide -
Knoppenburg (heute noch die Hej, Heide, genannt, bildete die Sprachgrenze
zu den umliegenden Dörfern, Walhorn, Kettenis, Eupen, die noch heute
einen total abweichenden Dialekt sprechen (Benrather Linie).
In dieser Zeit des Umbruchs begann auch der niedrige Adel feste
Wohnsitze zu bauen. In unserer Heimat zuerst Höhenburgen, später
vorwiegend Wasserburgen. Für die Wahl des Bauplatzes war die
günstigste Verteidigungsmöglichkeit ausschlaggebend. Ein schönes
Beispiel ist die um 1060 von Walram-Udo erbaute Limburg. Auf einem
steilen Felssporn, 80 m oberhalb der Weser gelegen, war die Limburg:
für die damalige Zeit uneinnehmbar. Erst die Erfindung des Pulvers und
der Kanonen (um 1420) machte sie verwundbar, .
Die noch vorhandenen Höhenburgen sind in unserer Heimat selten.
Noch vorhanden sind:
- die Limburg, nur noch Reste
- die Emmaburg/Eyneburg in Hergenrath, erste bekannte Erwähnung
1260 (1248?)
- Schimper in Moresnet, 30 m hoch auf einem Felssporn oberhalb
der Göhl gelegen, vor 1355, Ruinenreste
- Alsenberg in Moresnet, Ruine.
Die Höhenburgen von Kettenis, Lontzen und Eynatten sind längst
verschwunden. Nach Aufkommen der Artillerie boten die kleinen
Höhenburgen keinen Schutz mehr. Man gab sie auf und baute in den
Niederungen sogenannte Wasserburgen, d. h. einen Turm mit Wasser-
graben und Vorburg.
An Wasserburgen werden urkundlich erwähnt:
- Titfeld, war um 1400 schon Ruine
- Liberme in Kettenis, zuerst erwähnt 1334
- Raaff auf Berlotte, zuerst erwähnt 1380
- Burg Raeren, zuerst erwähnt 1426
- Brandenburg, Raeren-Sief, zuerst erwähnt 1444
- Haus Raeren, zuerst erwähnt 1465? 1477 (?)
Die Burgen waren meistens Lehen. In Raeren waren die Burg Titfeld,
die Burg Raeren und Haus Raeren Lehen des Marienstiftes Aachen.
Die älteste Burg in Raeren scheint die Burg Titfeld zu sein.
Die Burgenzeit war um 1450 - 1500 vorüber und der Wehrgedanke
beim Bau neuer Landsitze nur noch beschränkt maßgebend. Ob Haus
49
Raeren im Gegensatz zu Burg Raeren, Liberm€ und Vlattenhaus in
Eynatten eine Vorburg mit Toreingang hatte? Haus Raeren wird auch nie
als Burg bezeichnet.
War es von Beginn an nur ein Wasserschloss? Der umgebende
Wassergraben bot militärisch keinen Schutz, er war mehr als Abwehr
gegen herumstreunendes Gesindel gedacht.
Reiners (Seite 268) schreibt, dass Haus Raeren vermutlich unter den
Eheleuten von Bastenach-Hochkirchen erbaut wurde, eine Wasserburg
gleich der Raaff war. Diese Eheleute werden von 1465 bis 1473 in den
Lehensregistern als Besitzer von Haus Raeren erwähnt.
Wenn dem so war, so muss es vorher eine andere Burg gegeben haben.
Darüber geben folgende Eintragungen in den Lehensregistern Seite 607/
608/696 Aufschluss.
HAUS SCHWARTZENBERG (Haus Raeren)
Haus, Burg und Lehen die ROETZE zu Raeren
Als Besitzer werden unter anderen erwähnt:
- vor 1420 Kerselis von der Roetschen zu den Raderen
Die Kinder des Kerselis van der Roetschen:
-N.N. Goswin van Zewel?
- Johan -Cath. von Rabotrath
- Marie Reinhard von Schwartzenberg
- Johanna Buck Johan
- 26.12.1420 Goswyn van Zeweren empfängt ein ungenanntes Gut,
das Kerselis van der Rotschen als Sachwalter seiner Frau
hatte.
- 04.08.1422 Lambret Buck und seine Schwester, die Frau des
Emmerich van Bastenaken, schließen einen Vertrag,
wonach Lambret Buck nach Tod des Goswyn van Zevel
das Haus ”zen Roderen” behält und seiner Schwester
dagegen 50 Müdden Hafer jährlich zahlt. Nach Tod des
Lambret Buck sollen sich die beiderseitigen Kinder über
den Besitz von Haus und Rente einigen.
- 05.04.1443 Eymerich van Bastenaken (Bastogne) empfängt die
Güter zu Raeren, die dem Großvater seiner Frau (Johanna
Buck) Karselis van der Roitzen und nach diesem
50
Goiswyn Tzyvell (Zeveren, Zevel) gehört haben
(Johanna Buck, Tochter von Johan Buck und Johanna
von der Roetschen).
- 15.06.1465 Emmerich van Bastenach Johanna van Hockirchen
empfängt nach Tod seines Vaters das Gut zu den
Raederen
- 13.10.1473 Johan van Berghenhusen empfängt Haus, Burg und
Lehen zu den Raederen nach Tod des Emmerich van
Bastenach.
- 13.10.1473 Johan Krümmel van Eynatten empfängt für sich und
Miterben die Güter aus dem Nachlass des Emmerich van
Bastenach, bestehend in Haus und Burg zu Raeren.
- 10.11.1473 Goedart van der Heyden empfängt für sich und seine
Miterben Gut, Burg, Schloss und Haus zu Raeren von
Joh. Krümmel aufgrund früherer Verträge, so wie es der
verstorbene Emmerich van Bastenach besessen hat.
- 01.10.1474 Reynart Crommel van Eynatten empfängt als Vertreter
seiner Hausfrau Marie van Tzievel (Zeveren-Zevel)
Tochter des Goswyn, alles Land, Benden, Büsche und
Mühlen zu Raeren und anderes im Kirchspiel Walhorn,
das der verstorbene Goswyn van Tzievel und Johanna,
dessen Hausfrau, zusammen erworben haben.
- 08.01.1477 Den Brüdern Renart und Johan van Swartzenbroich
(Schwartzenberg) werden von der propsteilichen Mann-
kammer die Güter des Eymerich van Bastenacken zuge-
sprochen, nachdem die Brüder die Rechtmäßigkeit
ihrer Ansprüche eidlich erhärtet haben. Streitig war der
Besitz des Gutes van den Raederen genannt ”’die Roetze”
gleichwie es der verstorbene Carsillis van der Roitzen
und nach diesem Eymerich van Bastenachen der Alte
und der Junge besessen hatten, und der des Raven Gutes
(L. R. Seite 608).
Die Brüder Reinart und Johan waren:
- Söhne von Carsilis von Schwartzenberg, und
Catharina von Bastenaken
- Enkel von Reinhard von Schwartzenberg u. Maria
von der Roitzen 2. von Boisdorf gen. Beslinck
- Urenkel von Kerselis van der Roetschen, erwähnt vor
1420.
51
In dieser Auflistung fällt auf, dass das Gut wie folgt genannt wird:
- 1420 Haus zen Roderen
- 1465 das Gut zu den Raederen
- 1473 Haus, Burg und Lehen zu den Raederen
- 1473 Gut, Burg, Schloss und Haus zu Raeren
- 1477 das Gut von den Raederen, genannt die ROETZE.
Gab es nun um 1473 eine Burg und ein Schloss (die Wasserburg) van
den Raederen? Wenn, wie Reiners schreibt, das Haus Raeren (die
Wasserburg) zwischen 1465 und 1473 unter Emmerich van Bastenach
erbaut wurde, war dann noch die alte Burg vorhanden, deren Namen,
”die Roetze” man auf die neue Wasserburg, Haus Raeren, übertragen
hatte? Wo stand diese alte Burg, die man die Roetze nannte? Nach 1477
taucht der Name die Roetze nicht mehr auf.
DIE ROETZE
Was bedeutet Roetze? Roetze, Roetschen, Rotsen ? Es bedeutet Fels.
Niederländisch: rots.
Da man nun das Gut die „ROETZE“ - Fels nannte, kann hiermit nicht
eine im Wasser stehende Burg gemeint sein! Es muss sich um eine auf
einem Fels stehende Burg handeln, wie die Burg und Stadt La Roche
(Fels) in den Ardennen und wie die Burg und Stadt Fels, auch Larochette
genannt, in Luxemburg.
WO KONNTE DIE BURG, DIE ROETZE,
GESTANDEN HABEN?
Südlich vom jetzigen Haus Raeren, in 150 m Entfernung, erhebt sich
ein Felssporn.
Dieser Felssporn ist Teil der von Ost nach West gehenden Blausteinader
von ca. 250 m Breite und ca. 120 - 160 m Tiefe. Dieser Felssporn heißt
heute noch im Volksmund die Rotsche, was gleichbedeutend ist mit
Roetze/Fels.
Ich kenne im Eupener Land keine Lage, die sich für den Bau einer
Höhenburg besser geeignet hätte als die Rotsche. Der Zugang von Osten
52
her führt über einen schmalen Felsgrat, heute ”die Gasse” genannt. Im
Westen eine ca. 10-12 m steil ansteigende Felswand, im Norden und
Süden die Felsflanken. Wenn man heute dieses Felsplateau betrachtet,
darf man nicht vergessen, dass die Rotsche später als Steinbruch benutzt
wurde,
Für eine Burg war die Lage strategisch günstig. Es war der höchste
Punkt des damals besiedelten Raeren. Vom Bergfried konnte der Blick
weit ins Land schweifen. Das Itertal von Neudorf bis ins Münsterland
lag zu Füßen.
N. B.: Am 10.09.1838 wurde Haus Raeren öffentlich verkauft, unter
anderem eine Parzelle Holzung „Auf den Rotschen“ 1 Morgen, 48 Ruten +
(nach preußischem Maaß 3.234 m’).
Die Rotsche gehörte also noch immer zum Erbe von 1420 des Kerselis
van der Rotschen!
Der vor 1420 erwähnte Kerselis van der Roetschen bezog seinen
Namen von der Burg die Roetze, wie es damals üblich war, wie die
Herzöge von Limburg ihren Namen von der uralten Festung Limburg
annahmen.
Kerselis van der Roetschen siegelt 1369 den Landfriedensbund. (nach
Linon, in Zeitschrift des Eupener Geschichtsvereins, 3. Jahrgang Nr. 1,
1953, Seite 3). Er muß ein bedeutender Mann gewesen sein.
Die Höhenburg „die Roetze“ wird sicher zwischen 1200 und 1250
entstanden sein.
Die bisher älteste bekannte Erwähnung von Raeren datiert von 1278.
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Die auf dem Felssporn stehende Burg Die Vorburg
Die Rotsche
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Die Häuser in der Gasse
54
Für eine Höhenburg auf einem Felsen ist die Versorgung mit Trinkwasser
überlebenswichtig. Große Burgen, wie die von Bouillon, Vianden, Limburg
haben in dem Fels geschlagene Brunnen, die zu den sie umspülenden
Flüssen hinabführen, 80 bis 100 m tief. Die Roetze wurde nur von einem
kleinen Bächlein umspült, das seine Quelle im Süd-Osten, im Lattchens
Bruch hat. Dieses Rinnsal ist nur zwei Fuß breit und im Sommer meistens
trocken. Es war mit einer Bruchsteinmauer eingefasst. (Wie ich jetzt
) feststellte, hat man das Bett überdeckt, so dass der Bach nicht mehr sichtbar
ist. Schade.) Es umfloss die Roetze von Süden nach Norden, um sich dann
in etwa dem Verlauf des jetzigen Mühlbaches Richtung Neumühle folgend,
in den Iterbach zu ergießen. Dieser kleine Bach war für eine Anzapfung
ungeeignet. Es musste also eine ergiebigere Wasserquelle her und die war
der Periolbach, der im Abstand von 200 m westlich der Roetze vorbeifließt.
Im Keller des Bauernhofes Blar, direkt am Periolbach gelegen, gibt es
einen Wasserlauf, der bisher viele Rätsel aufgegeben hat. Woher kommt
dieser Wasserlauf und wo fließt er hin? Das Rätsel konnte bisher nicht
gelöst werden.
Einen interessanten Hinweis liefern die Lehensregister:
Seite 584, Jahr 1570: 3 1/2 Viertel Bend zu Raeren hinter Thewis
Kruychenbeckers Hof in dem Schlund
Seite 565, Jahr 1583: 3 1/2 Viertel Platz in dem Schlund hinter dem
Berg
Seite 585, Jahr 1581: In einem Erbwechsel empfängt Johann
Humpesch 1/2 Morgen aus dem Bend auf dem
Berg in dem Schlundt von Wilh. Loman, der
gestattet, die Bewässerung desselben über sein
Eigentum zu leiten, wogegen Humpesch einen
Graben nebst Schleuse anlegen soll.
Seite 666, Jahr 1717: ... kauft das Haus der Schlondt für 494 brab.
Gulden von Willem Kannebecker.
Mit dem Schlund ist der Blar gemeint.
Welchem Zweck diente der Kanal? Es gibt zwei Möglichkeiten:
a) Er diente zur Wasserversorgung der Burg Roetze.
b) Es war der Ablaufkanal des Mühlbaches der Blarmühle.
a) Der Wasserkanal der Burg Roetze
Schlund bedeutet: Abgrund, Rachen. Auf dem Urkataster von 1826
ist die Blarmühle eingetragen. Der Mühlbach führt das Wasser nicht zum
55
Periolbach zurück, sondern endet am Haus Blar. Es muss also dort in
einem Schlund versinken.
Das Wasser aus dem Keller des Hauses Blar fließt durch einen
unterirdischen Kanal, der in 120 m Entfernung in den jetzigen Mühl-
graben mündet, Der Mühlgraben speist auch den jetzt noch vorhandenen
Teich. Der Teich ist auch auf der Ferraris-Karte von 1778 eingetragen.
Um 1400 wird er sicher nicht bestanden haben.
Der Kanal hat einen Querschnitt von ca. 50/60 cm und ist in Bruch-
steinen mit Gewölbe gemauert.
In 110 m Entfernung vom Haus Blar ist er jetzt eingefallen und liegt
offen.
Die Leistung einer Mühle ist abhängig von der Größe des Mühlrades
und der Höhe des aufschlagenden Wassers. Der Mühlgraben muss also
in Bezug zum Mühlrad so hoch wie möglich angelegt werden.
Der hier unterirdisch verlaufende Kanal kann ursprünglich nicht als
Antrieb einer Mühle gedacht gewesen sein.
1. Lässt man das Wasser nicht ca. 4 m tief in einen Schlund fallen und
verliert so an Höhe und Antriebskraft.
2. Es ist ungewöhnlich, den Mühlgraben unterirdisch anzulegen, schon
der Kosten wegen. Auch wegen der Ortslage war es nicht erforderlich.
3. Wäre der Mühlgraben nur für den Antrieb der Blarmühle angelegt
worden, hätte man den Mühlbach hinter dem Rad auf kürzestem Weg
wieder dem Periolbach zugeleitet, wie es die Pflicht des Müllers war.
Der unterirdisch angelegte Kanal kann meines Erachtens nur zur
Wasserversorgung der Burg gedient haben. In einer Entfernung von
ca. 425 m von der Burg hatte man den Kanal in der damaligen Wildnis
gut versteckt an den Periolbach angezapft, das Wasser im unterirdischen
Kanal zur Burg Roetze geleitet und dort in einem Brunnen aufgefangen.
Den Überlauf hatte man in einen Felsspalt geleitet. Irgendwo muss
das Wasser ja hin!
Der Kanal war strategisch angelegt. So konnte der Feind der Burg das
Wasser nicht abgraben.
Vielleicht könnte ein Rutengänger den Verlauf des Wasserkanals
aufspüren?
b) Der Ablaufkanal des Mühlbaches der Blarmühle
Die Blarmühle erhielt ihr Wasser 90 m oberhalb vom Periolbach. Dort
muss ein Stauwehr bestanden haben.
56
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Wie auf dem Katasterplan von 1826 ersichtlich, fließt der Mühlbach
am Giebel des Hauses Blar vorbei, das damals ein anderes Aussehen
hatte als heute.
Hier stellt sich die Frage, warum man das Wasser nicht direkt in den
Periolbach zurückgeleitet hat.
War am Giebel des Hauses Blar noch ein Mühlrad?
Die Blarmühle hatte ein unterschlägiges Rad. War das zweite Rad am
Giebel des Hauses Blar ein oberschlägiges Rad, das bekanntlich einen
höheren Wirkungsgrad hat? Dann müsste zwischen Oberlauf und
Unterlauf ein Gefälle von 4 - 5 m gewesen sein. Hier der Schlund. Das
Rad hätte einen Durchmesser von 4 - 5 m gehabt.
Man hätte so das Wasser des Mühlbaches zweimal genutzt! Dann wäre
es zu erklären, dass das abfließende Wasser in einem unterirdischen Kanal
abgeführt wurde. Das umgebende Gelände lag bedeutend höher.
Wenn dem so war, hätte die Blarmühle ein sehr hohes Alter, und wäre
auf mindestens vor 1570 anzusetzen. Die Blarmühle ist im 19. Jh.
abgebrannt.
Was bedeutet Blar?
Nach Dr. Kohnemann: Blar, erst 1809 erstmals belegt, heißt
wahrscheiniich dasselbe wie mittelniederländisches BLAER: wüstes,
unwirtliches Gelände. Die steinige Umgebung an den Ufern des
Periolbaches scheint diese Annahme zu bestätigen.
Wenn auf der Rotsch eine Burg stand, dann muss es auch einen Brunnen
gegeben haben. Da heute von der Burg nichts mehr übrig ist, wäre das
Auffinden des Brunnenschachtes der einzige Beweis, dass dort eine Burg
gestanden hat. Zwar hat man die Rotsch jahrhundertelang als Steinbruch
benutzt, doch die Brunnensohle konnte nicht verschwinden.
57
Ebenfalls muss der Burggraben -aus dem Fels geschlagen- vor der
Zugbrücke, zwar angefüllt, noch vorhanden sein.
Es wäre eine dankbare Aufgabe des Archäologischen Dienstes, hier
einige Grabungen zu unternehmen. So könnte geklärt werden, ob meine
Vermutungen zu Recht bestehen. Eine sehr wichtige Frage muss geklärt
werden; Wie alt ist der Kanal? Und gibt es eine Verlängerung östlich des
Weihers?
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Vermutete Höhenburg „Die Roetze‘““
Leonhard Kirschvink - 1999
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Der Zugang zur Burg wird im Osten über den Felsgrat, der heute ”Die
Gasse” genannt wird, gewesen sein, geschützt durch einen Graben mit
Zugbrücke. Vor dem Graben war es üblich, die Vorburg anzusiedeln, die
ebenfalls mit Tor und Zugbrücke gesichert war,
Beispiele dieser Art können wir heute noch vielerorts besichtigen. In
dieser Vorburg befanden sich die landwirtschaftlichen Gebäude und die
der Bediensteten. Eine Burg ohne Gehöft war im Mittelalter nicht denkbar.
Die noch heute in der Gasse stehenden Gebäude stehen eng beieinander
auf dem Felssattel. Der Abstand der gegenüberliegenden Häuser beträgt
nur 7,50 Meter.
An der Rückfront der südlichen Häuserreihe fällt das Gelände steil
ab, so dass das Mauerwerk der Keller ca. 3 Meter frei liegt. An der
Rückfront der nördlichen Häuserreihe ist das Gelände weniger geneigt.
Ich nehme an, dass hier das Gartengelände im Laufe der Zeit angefüllt
wurde.
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Die auf dem Felssattel stehenden Häuser der Gasse
60
Warum wurden die Häuser hier gebaut? Einen schlechteren Bauplatz
kann man sich nicht denken. Es gab doch in Raeren genügend Platz zum
Bauen!
Auf dem Urkatasterplan von 1826 haben die Häuser der südlichen
Reihe keinen eigenen Garten hinter dem Haus. Auf dem Lande nicht
üblich.
Denselben Fall konnte ich an den noch bestehenden Gebäuden der
Vorburg von Titfeld feststellen; (die Häuser der Hauptstraße 10,12,14;
siehe „Raeren-Titfeld‘“ in Im Göhltal Nr. 67, S. 25-48).
Alles deutet darauf hin, dass die Häuser auf den Fundamenten der
Gebäude der Vorburg der Roetze gebaut wurden. An den Kellergewölben
und Mauern müßte das feststellbar sein. Auch hier ist der Archäologische .
Dienst gefragt.
Ob meine Vermutung zutrifft, dass auf der Rotschen eine Burg
gestanden hat, muss sich noch bewahrheiten. Die einzigen Hinweise sind:
- der Name Kerselis van der Rotschen
- das Gut von den Raederen, die Roetze genannt
- der Felssporn, genannt die Rotschen
- die Häuserzeilen der Gasse als vermutete Vorburg
- der spätere Bau von Haus Raeren als Wasserburg
- der Wasserkanal.
Wann die Burg unterging, wissen wir nicht. Wurde sie am 17.9.1437
von den Mannen des Herrn von Reifferscheid zerstört? Wurde sie auf-
gegeben und das Baumaterial für den Bau der nahegelegenen Wasserburg,
Haus Raeren, benutzt? Wir wissen nichts.
Viele Burgen sind im Laufe der Zeit spurlos verschwunden. Ganze
Dörfer wurden in Kriegszeiten verlassen oder sind in Pestzeiten ausge-
storben und dem Erdboden gleichgemacht worden. Nur noch Flurnamen
weisen vereinzelt darauf hin.
Der Raerener Boden ist mit Töpferöfen vollgespickt, und doch wissen
wir nicht, wo sie liegen. Es sind erst 200 Jahre her, dass sie voll in Betrieb
waren. Nur durch Zufall stoßen wir auf einen Ofen. Mir sind nur zwei
Öfen bekannt, die noch im Boden liegen. Wenn wir Menschen des 20.
Jh. vor den imposanten Bauwerken der Burgen stehen, vergessen wir
leicht, welche Frondienste unsere Vorfahren leisten mussten, um diese
Herrensitze zu errichten: Das Baumaterial mühselig in Steingruben
brechen und zur Baustelle schaffen, Kalk brennen, Sand transportieren,
und dies alles bei Wind und Wetter. Schlecht ernährt, gekleidet und
61
untergebracht und noch schlechter bezahlt. Baumaschinen, wie wir sie
heute kennen, gab es nicht. Nahte der Feind, dann waren sie im Burgbann
verpflichtet, die Burg zu verteidigen.
Die Kriegszüge, womit die Landesherren aus Nichtigkeiten oder aus
Langeweile sich gegenseitig überzogen, nahmen kein Ende, die
Brandschatzungen und Zerstörungen der Burgen ebenfalls nicht. Dann
hieß es Wiederaufbau, und das Trauerspiel fing wieder von vorne an.
Kriege, Pest, Hungersnot, Einquartierungen von fremden Truppen,
Einäscherung der Häuser, Vergewaltigungen und Mord, das waren die
ewigen Begleiter unserer Vorfahren. Die Hoffnung auf bessere Zeiten
hatten sie längst fahren lassen. Sie klammerten sich in ihrer Not an das
Himmlische, hofften auf bessere Zeiten im Jenseits.
Die Burgen wurden in einer Epoche gebaut, als die Menschen im
fanatischen religiösen Eifer die himmelstürmenden Kathedralen der Gotik
hochzogen.
Es war die Zeit, als die Städte sich hinter hohen Stadtmauern einigelten.
Es war die Zeit der Kreuzzüge. Zu Zehntausenden brachen sie auf, das
Heilige Land von den Ungläubigen zu befreien. Ob es nur religiöser
Eifer war, der: sie das Kreuz nehmen ließ? Viele entflohen so den
Schuldscheinen und der trostlosen Leibeigenschaft. Mittellos, wie sie so
gegen Jerusalem eilten, wurden sie meistens schon auf dem Balkan
irgendwo an einem Straßenrand von Schuldschein und Leibeigenschaft
erlöst.
Bemerkenswert ist, dass in unserer Gegend von 1200 bis 1450 viele
Burgen und Herrensitze gebaut wurden, und dies bei einer sehr dünnen
Bevölkerungsdichte.
Raeren und Neudorf hatten im Jahre 1445 nur 103 Feuerstellen /
Haushaltungen. Das entspricht einer Bevölkerungszahl von ca. 600
Personen. Nach Abzug der Kinder, Frauen und Greise verblieben etwa
130 arbeitsfähige Männer.
Zum Vergleich: Eupen zählte um 1445 156 Feuerstellen. Dies entsprach
ca. 900 Einwohnern.
62
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VON SCHWARTZENBERG
63
ANMERKUNGEN ZU DEN BESITZERN DER ROETZE
Kerselis van der Roetschen zu den Raderen,
war Lasse des Marienstiftes Aachen bis 1420. Er siegelt 1369 mit 63
adeligen Herren des Limburger Landes den Landfrieden. Die Herren van
der Roetschen gehörten zu den wichtigsten adligen Familien des
Herzogtums Limburg (nach Hashagen, Hoesch, Seite 131). 1420 war er
im Besitz der Roetzen und Ravenhaus.
Ritter Goswvn van Zeveren (Zevel)
War von 20/9/1417 bis Mai 1419 Statthalter des Herzogtums Limburg
und Burggraf. Nach Ernst, Geschichte des Herzogtums Limburg, V, S.
129, war ein Goswyn v. Zeveren/Zevel 1369 Landvogt. Der Name stammt
von der Burg Zievel bei Satzvey/ Euskirchen. Kam am 26/11/1420 in
den Besitz der Roetzen und Ravenhaus. (L. R. Seite 607, 696)
Hochkirchen
Stammen aus Aachen-Soers von der Burg Hochkirchen.
Von Schwartzenberg
Die Familie stammt aus Dorff bei Kornelimünster. Sie war viele
Jahrzehnte im Besitz von Haus Raeren und Bergscheid. Die Gebrüder
Renart und Johan von Schwartzenberg erben am 08.01.1477 die Roetze
und Ravenhaus von ihrem Urgroßvater Kerselis van der Roetschen zu
den Raderen (L. R. Seite 608, 696).
Quellenverzeichnis
L.R.= Die Lehensregister der probsteilichen Mannkammer des Aachener Marienstiftes
1394-1794 von L. Freiin Coels von der Brüggen, Bonn 1952.
64
Oot Kelmeser Recykling
Recykling es der letzte Schrej,
me telt os alles op de Rej,
wat me dovör utervond,
proper, bellech en jesond.
Mä i Kelemes do wor, Lüj hüet et joot,
Recykling at lang ene auwe Hoot!
Te öch wüer te kalle va Eatenswaar, ä
dova woat nex verworpe, dovör wor se te raar.
Bleafte noch örjens jet Köaschker of Jrömele,
da dong me se vöör der Honder noch sömele,
en wue och jee Hoon mije e Ei vör laat,
dat woat no der Buer vör de verke braat.
Wat Hoddel wor, koam ijene Hoddelsack
of Flokkebüll, Mottepullover of Jack,
terreate Botze me henge en Venster
en Upas Jaddestüppjespenster.
Der Hoddelmaan worp et op sing Kaar
jof vettech Zentim vör der Kilo i baar.
Met Kartong, Papier woat et Vüer ajemakt,
met Zidong jemös en de Fritte verpackt,
vör wenkters te ströje verwahrt me de Aische,
sömt sech der Kolef met utrangiede Fleische,
en hau me Prööl ut Iser of Teen,
da rop me sech enge van di Küddeler ereen.
Wem han ech verjeate, op wäm kos me bowe?
Wä höj noch de Jröön ut de Küel jehowe?
Ose Knoakejupp wüer hüj ije Umweltamt
en makde de betzte Recykler beschamt.
65
De Kengerwarel vool Knoake jepackt,
Vönkelhoot ut alles wat brong jemackt,
Varradjerämse, Pött of Tinge,
Lampe, auw Schoon en Schermberlinge,
Sessele, Möbel, Stovepiepe,
Häe loon alles op, wä koss et bejriepe?
Äl an dat, wat Knoakejupp loot lije,
hoof och der Hond et Been neet mije.
Peter No&l
66
: Historischer Rundgang durch
Kelmis/La Calamine,
ein Geschäftszentrum im Göhltal
(4. Teil)*
von Firmin PAUQUET
Unser dritter Rundgang durch Kelmis (Im Göhltal, Nr. 67, S. 67-91)
führte uns in die östlichen Außenbezirke von Kelmis bis zum früheren
belgischen Zollamt auf Tülje. Hier hatten wir unsere Wanderung
unterbrochen und von hier aus wollen wir sie im Folgenden fortführem.
Zuerst jedoch möchte ich eine Ergänzung betreffend das
bedauerlicherweise abgerissene Fachwerkhaus auf Kelmiserheide aus
dem Jahre 1740 anbringen. Am 22. Juni 1984 hatte die Kgl.
Denkmalschutzkommission in Brüssel bei der Exekutive der
Deutschsprachigen Gemeinschaft in Eupen einen Antrag eingereicht, das
Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Leider gab die
Gemeindeverwaltung Kelmis dazu ein ungünstiges Gutachten ab mit der
Begründung, «dass dieser ehemalige Bauernhof innerhalb eines
Wohngebietes des Sektorenplanes (= Flächennutzungsplan) gelegen ist
und dass in unmittelbarer Nähe desselben eine große Anzahl Neubauten
bestehen oder geplant sind.» Das Gebäude bestand damals aus den
Häusern Nr. 50 von Johann Sebastian Groment und Nr. 51 von Joseph
Wauben-Brodmüller, die dort wohnten und sich laut Feststellung der
Permanentdeputation vom 7. März 1985 nicht gegen die Klassierung
ausgesprochen hatten.
Daraufhin hat die Exekutive der DG am 11. Oktober 1985 die
Einstufung als Denkmal abgelehnt.
Neben dem ehemaligen belgischen Zollamt auf Tülje führt ein
Privatweg zur alten Tüljemühle, heute meistens als Schleifmühle
bezeichnet. Ein "Jan de Aer, Radermeeker van Moresnet" (+1524) hat
1517 von der Brüsseler Rechnungskammer die Erlaubnis erhalten, das
Wasser des Baches, der "ontrent een wyer geheeten den tollienwyer"
fließt, einer auf seinem Erbe zu bauenden Kupfermühle zuzuleiten. Dafür
muss er dem Rentmeister von Limburg einen Erbzins von 4 Müdden
Hafer, ca. 982,8 Liter, fast 1 m, jährlich abgeben. Der Jan hat die 1468
* Teil 1 in «Im Göhltal» Nr. 61/1997, S. 31-55; Teil 2 in Nr. 62/1998, S. 7-43; Teil 3 in
Nr. 67/2000, S. 69-91.
67
in Moresnet geborene Johanne Radermakers geheiratet. Die Mühle
betreibt er 1520 mit einem Mitgesellen namens Leenchen Hallier. Beide
hatten im Jahre 1507 4,5 Morgen = ca. 0,98 ha Gemeindegrund erworben,
worauf sie dann die Mühle errichteten. Hallier ist zu einem Drittel
beteiligt. Als jährlichen Zins haben sie dem limburgischen Rentmeister
dafür 4,5 Aachener Schilling pro Morgen, insgesamt ca.1,69 Aachener
Mark, zu entrichten. In den limburgischen Rentmeisterrechnungen wird
ausdrücklich vermerkt, die "ghemeynten Iyggen inden Kerspel van
Moresnet". Die Erben Radermecker verkaufen 1526 diese Kupfermühle
mit einem südlich vom Bach auf Hergenrather Seite gelegenen "bemd",
d. h. eine feuchte Wiese, dem Johan Kocke van den Bossche (aus ’s-
Hertogenbosch in Nordbrabant) für 33 Müdden Korn zu 242 Aachener
Mark, also für die beträchtliche Summe von 7986 Mark. Zu dieser Zeit
verdient ein Maurer 1,25 Aachener Mark täglich im Winter und 1,75
Mark im Sommer. Eine Müdde Korn entspricht 245,696 Liter. Der
Kaufpreis entspräche somit ca. 8108 Liter Korn bzw. 5324 mittleren
Arbeitstagen eines Maurers. Der Jan Cock hat die Barbara van Kelmis
geheiratet, eine Tochter des Leonart Alarts son und der Mechtelt Cloet.
Leonard van Kelmis ist Direktor (1469-1481), dann Pächter (ab 1482)
des Altenberger Galmeibergwerks gewesen. Er ist zwischen 1486 und
1491 gestorben.
Die Mühle wechselt oft den Eigentümer. Der jährliche Zins für den
Gemeindegrund wird 1540-1545 von "paeschen koffersleger van Aken"
bezahlt. Im Jahre 1569 beurkunden Drossart und Schöffen der Bank
Montzen, dass Jan van Gulich den "waese", d. h. die Verpfändung der "
koffermolen und goijt onder der Tulgen Wyer" des Jan van Vree erhalten
hat. Am 26. Oktober 1606 übertragen Dr. Jur. Conradt van der Heggen
und seine Ehefrau Maria Tiwricht (?) aus Aachen dem Peter Symonts
und seiner Ehefrau Sara die "koffermoelen inn die thoillien met
moellenwyeren, 2 bouffender gewerf, holtzplatz samt aengehenkten stall
und alle geridtschaft" vor dem Montzener Gericht. Die Anlage ist frei
von Belastungen, außer der Wasserpacht von 4 Müdden Hafer zu Gunsten
der herzoglichen Domänenverwaltung. Die "gemeynten in den Tullyen"
gehören 1607 dem Frambach Kokart, der dafür den jährlichen Zins
bezahlt.
Im Jahre 1615 beurkunden Drossart und Schöffen der Bank Montzen,
dass Lorenss Lynen als Erbe des Symon Symonts von Aachen einen
"bempt by Kelmis, ontrent Linnen Koopermoellen in die thoillien" von
Claes Melkers von Eselbach erworben hat. In der Moresneter Steuerrolle
68
("schattzedel") aus dem Jahre 1627 wird die Mühle als "overste
copermolen" mit 2,7 Gulden Brabant, einem der höchsten in der
Umgebung bezahlten Beträge, geschätzt. Im Jahre 1638 werden die Erben
Symont Symont angegeben, die die Anlage eventuell in eine Walkmühle
("volmoelen"') oder in eine "loemolen" mit zwei Mühlenrädern umbauen
dürfen. Eine solche Lohmühle dient zum Malen der Eichenrinde für die
Lohgerbereien. Im Jahre 1656 wird ein Lambert Eligas als Pächter "op
den Tulie moelen" erwähnt, der in einen vor 1650 vor dem Bankgericht
Montzen geführten Prozess mit den Gebrüdern Jan und Daniel Bourette
verwickelt ist. Oben sahen wir, dass Claes Jacqmine in der Kelmiser
Heide und vorhin sein Schwiegervater Güter aus "Elegast roth", einem
von Elegast gerodeten Waldstück, erworben hatte. Am 6. Juni 1667 wird.
Jean Stickelmann als Müller der Kupferschlägerin Witwe Laurens Lynen
"op de overste copermolen" erwähnt. Dieser Müller gehört einer alten
Hergenrather Familie an. Der 1560 geborene und um 1625-1626
gestorbene Laurenz Lynen ist der Stammvater der bekannten Stolberger
Kupfermeisterfamilie. Am 1. Juni 1685 erhalten die Gebrüder Laurent
und Isaac Lynen eine Ermäßigung von 4 auf 2,5 Müdden Hafer ( von ca.
983 Liter auf ca. 614 Liter), die sie der limburgischen
Domänenverwaltung für ihre Mühle schulden, da dieselbe verfallen ist.
Sie erhalten auch die Erlaubnis, eine neue Mühle zu bauen. Der Neubau
scheint aber nicht stattgefunden zu haben. Laut Grundbuch von 1686
besitzen die Erben Laurens Lijnnen Weide, Acker und Weiher, dazu ein
von Jan Mommer übertragenes Haus mit Hof und einigen anderen
Grundstücken, insgesamt 1598,75 Ruten = 3,4844 ha Grund. In einer
Aufstellung der "irrecouvrable chynsen"', d. h. nicht mehr eintreibbaren
Erbzinsen der Bank Montzen aus dem Jahre 1693-1694 wird die Witwe
Laurens Lynen mit 1 Aachener Mark, 8 Schilling, 6 Pfennig angegeben.
Im Kelmiser Grundbuch von 1754 werden die Stolberger Kupferschläger
"Laurins ende Eisacq Lynens" als Eigentümer von Weide, Acker und
Weiher, insgesamt 4334 Ruten = 9,45 ha Grund erwähnt. Für die
Grundsteuer werden sie zu 1 Gulden, 15 Stüber veranlagt. Sie kommen
damit an 3. Stelle unter den 81 Kelmiser Grundeigentümern.
Im Jahre 1761 reicht Friedrich Eugen de Beelen, Kanzleischreiber
beim Brüsseler Finanzrat, bei diesem Rat einen Antrag ein, die sich auf
seinem Grund befindliche «Tulgensmühle» neu als Walkmühle einrichten
zu dürfen und dazu die umlaufenden Rinnsale zusammen in den Tüljebach
abzuleiten. Der Finanzrat erteilt seine Einwilligung am 8. Februar 1762
und erwähnt bei der Gelegenheit, dass hier früher eine Kupfermühle
69
bestanden habe, die der herzoglichen Kasse einen jährlichen Zins von
2,5 Müdden Hafer schuldete. Die Zahlung dieses alten Zinses wird nun
dem Herrn de Beelen auferlegt.
Laut Grundbuch von 1759 hat der Herr J. F. de Ringler, Stiftsherr zu
Kortrijk in Flandern und Lizentiat in kanonischem Recht, das Gut
erworben. Dieser Kanoniker lässt am 6. Juni 1776 den über die Güter
des Jean Albert de Beelen und dessen Ehefrau Anna Catharina d’Ansillon
zu Bertolff in Hergenrath verhängten Arrest aufheben. Der Arrest war
am 14. September 1764 auf Antrag eines Verwandten des Kanonikers,
des Hauptmanns in holländischen Diensten Franz Joseph de Ringler,
verhängt worden. Bei der theresianischen Aufnahme 1770-1774 (Nr. 6)
besitzt der genannte Stiftsherr einen großen und zwei kleine
nebeneinander liegende Weiher, ein Haus mit Stallungen und ein Haus
mit einer Walkmühle. Als Besitzer von 5573 Ruten = 12,1461 ha Grund
erscheint er als drittgrößter Grundeigentümer in der Herrschaft und
Gemeinde Kelmis. Sein Grundwert wird mit 489 Gulden, 3 Stüber
geschätzt und ist somit der bedeutendste der Gemeinde. Die Walkmühle
ist wohl die oben erwähnte Tüljemühle. Für die Mühle entrichtet der
damals zu "Hergenraedt" wohnende Kanoniker de Ringler laut Zinsbuch
der Bank Montzen 1776-1793 jährlich einen Erbzins von 2,5 Müdden
Hafer (ca. 614 Liter). Dieser Betrag entspricht der 1685 erlassenen
Ermäßigung. Der Gemeinde Kelmis muss er zusätzlich im Jahre 1782 2
Gulden als Steuer bezahlen. In Hergenrath besitzt er laut theresianischem
Kataster Land und Gut in Helmüs.
Nach dem französischen Kataster von 1799 (Nr. 16) besitzt de Ringler
nur noch ein Haus, das später der französischen Domänenverwaltung
gehörte und nach 1817 als preußisches Zollamt eingerichtet wurde. Im
Jahre 1813 wird die Tüljemühle als "moulin domanial" angegeben. Das
Gut könnte eventuell durch den Staat als Eigentum eines emigrierten
Geistlichen beschlagnahmt worden sein. Später ist es im Besitz der
preußischen Domänenverwaltung. So werden in einer Aufstellung des
Jahres 1817-1818 in "Tüllden" eine Mühle und ein Bauernhof der
Domänenverwaltung aufgelistet und jeweils zu 200 bzw. 92 Francs
Grundwert geschätzt. Am 20. Mai 1818 wird das Domanialgut der
Tüljemühle mit 3,575 ha Grund dem H. Vanpyr für 9 Jahre vermietet.
Der Hof Tülje mit dem Wohnhaus wird dem Nicolas Langohr verpachtet.
Dazu gehören 9 Bunder, 333 Ruten Grund (ca. 8,5718 ha) unter Moresnet
und 25 Morgen (5,4486 ha) unter Hergenrath.
70
In der Franzosenzeit ist die Anlage zu einer Nadelschleifmühle
umgebaut worden, die im Jahre 1820 5-6 Arbeiter beschäftigt. Am 15.
Juli 1826 wird gemeldet, dass die Nadelschleifmühle des Aacheners
Ludwig Bruckner mit einem Gang andauernd brauchbar ist, d. h. wohl
dauernd genügend Wasser im Mühlenteich fließt. Pächter der Mühle ist
noch der 1818 erwähnte Vanpyr. Die Domänenverwaltung hat das Gut
also veräußert, wie Bürgermeister von Lasaulx dies schon 1818
vorgeschlagen hatte. Der Verkauf muss nach März 1822 stattgefunden
haben. Aus dieser Zeit stammt auch die Bezeichnung Schleifmühle," a
jen schliipmöle". Am 1. Mai 1835 ist die Nadelschleifmühle eingegangen.
Darauf reicht Bruckner 1836 bei der Aachener Regierung ein Projekt
zum Umbau der Anlage in eine Spinnmühle ein. Ob dieses Projekt
durchgeführt wurde, ist mir noch unbekannt. Wegen eines Prozesses mit
der Eisenbahn bezüglich des Weihers liegt das Werk von 1848 bis 1862
still. Im Jahre 1862 wird die Anlage dem Burtscheider W. J. Strom
öffentlich verkauft, der am 14. Juli bei der Aachener Regierung den Plan
zur Umänderung der Schleifmühle in eine Walk- und Spülmühle einreicht.
Die Turbine wird am 25. September 1863 durch ein eisernes Wasserrad
an der Walkmühle ersetzt. Am 24. Februar 1848 wird der Tüljehof durch
die preußische Domänenverwaltung an Johann Joseph Leclerc verkauft.
Nach 1870 wird die Anlage von dem am 17. Januar 1839 in Hellental
geborenen Reinhard Bruch, Sohn des Mühlenmeisters Johann Wilhelm
Bruch, erworben. Dieser gründet am 15. September 1874 die "Filzfabrik
Reinhardt Bruch & Cie". Zur Wahl des Standortes hat wohl auch das
kalkarme Wasser des Tüljebaches beigetragen, der aus Quellen des
Aachener Sandes genährt wird. Die hier gewebten und gewalkten
Filztuche wurden den sich damals stark emporsteigenden Papierfabriken
geliefert. Das Etablissement wird mit einer Dampfmaschine von 40 PK
mit Dampfkessel und einem Wasserbetrieb von 10 PK betrieben. Aus
der Gründerzeit stammt wohl das große und hohe Gebäude aus
Bruchkalksteinen mit Backsteineinrahmungen der Öffnungen am Fuße
des großen Weihers, dessen Wasser zum Walken notwendig war und noch
um 1960 auch teilweise die Betriebskraft lieferte. Die Bezeichnung
"Bruchs Weiher" hat inzwischen den alten Namen "Tüljeweiher" fast
vollständig verdrängt. Zwei Wetterfahnen befinden sich oberhalb des
Daches, die eine mit den Buchstaben R B, den Initialen des
Firmengründers Reinhard Bruch, die andere mit der Jahreszahl 1862.
Dies bedeutet, das Gebäude ist noch vom Vorgänger der Firma Bruch
errichtet worden. Am 8. Dezember 1903 wird die Anlage durch einen
ZB
Neubau bedeutend vergrößert. Von 1895 bis 1908 war der Tuchfabrikant
Reinhard Bruch und von 1909 bis 1914 sein Sohn Friedrich im Vorstand
der Eupener Handelskammer. Reinhard Bruch wurde 1878 in den
Preußisch-Moresneter Gemeinderat gewählt und am 11. September zum
1. beigeordneten Bürgermeister ernannt. Er schied 1881 wegen seiner
Übersiedlung nach Burtscheid aus, wurde aber nach seiner Rückkehr
1897 wiedergewählt und 1908 zum 2. Beigeordneten ernannt. Im Jahre
1911 wird Friedrich Bruch in den Gemeinderat gewählt. Am 3. April
1904 wurde die Firma notariell in eine G.m.b.H. umgeändert und am 29.
Dezember 1927 in eine Aktiengesellschaft belgischen Rechts, eine "So-
ciet€ Anonyme". Laut Wirtschaftszählung von 1937 gab es in Neu-
Moresnet 2 Textilbetriebe, die insgesamt 5 Angestellte und 61 Arbeiter
beschäftigen. Die Firma Bruch mag wohl die bedeutendste der beiden
gewesen sein. Im Jahre 1947 besteht nur noch diese Firma mit 3
Angestellten und 54 Arbeitern. Im Jahre 1985 werden ca. 100 Beschäftigte
gemeldet. Die technologische Entwicklung in der Branche, besonders in
den 60er Jahren, und die damit verbundenen großen Investitionen haben
zu einer Restrukturierung des alten Familienbetriebes geführt, so dass
1970 die "A.G. Bruch & Cie" mit neuen Gesellschaftern gegründet wurde.
Es wird auch 1986 eine neue 1000 m* große Herstellungshalle gebaut,
die von der Straße gut sichtbar ist. Die Firma liefert Filztuche in viele
Länder, besonders Bespannungen für die Papierindustrie, Tuche für die
Tapetenindustrie, Transportbänder für den Nahrungsmittelbereich wie
z. B. Großbäckereien. Nach dem Kataster von 1974 dehnt sich das
Fabrikgelände "An der Schleifmühle", Lütticher Straße, Nr. 48 auf 1,69
ha aus.
In der Franzosenzeit besteht im Jahre V (1796-1797) in Tülje das
Haus Nr. 7, bewohnt vom Landwirte-Ehepaar Leonard Nyssen und Ma-
rie Elisabeth Degell; insgesamt zählt man dort 5 Personen.
Von 1809 bis 1817 wohnt dort die Försterfamilie Nicolas Gronenschild-
Wermeester mit insgesamt 8 Personen. Es wird auch nach 1809 ein
zusätzliches Haus (Nr. 7bis) gebaut. Bis zum Jahre 1818 bestehen also
nur 2 Häuser im Weiler Tülje.
Auf der preußischen Urkatasterkarte von ca. 1830 erkennen wir drei
Bauten rechts der Landstraße in Richtung Aachen, darunter das erwähnte
Zollamt. Heute sind es die Häuser Nr. 67 und 63-61. Im Jahre 1827 werden
37 Einwohner im «Gehöft» sowie 2 in der Mühle und 1848 insgesamt 41
gemeldet.
72
Auf der linken Straßenseite in Richtung Aachen steht ein
langgestrecktes Gebäude mit hinteren Nebenbauten: ein Bauernhof und
zwei Wohnhäuser. Es handelt sich wahrscheinlich um die Häuser Nr. 7
und 7bis aus der Franzosenzeit. Der jetzige Bauernhof Zimmer ist noch
in der traditionellen Bauweise des 18. Jh. errichtet worden und zeigt
mehrere Bauphasen. Zur älteren gehört wohl der mittlere Trakt (heute
Nr. 66) aus Bruchkalksteinen mit Blausteingewänden. Es mag wohl dem
im Jahre 1809 erwähnten Haus entsprechen. Das westliche Wohnhaus
(Nr. 68) aus Backsteinen mit Blausteingewänden mag wohl etwas
jüngeren Datums sein. Dazu ist noch im Westen ein Schuppen mit
Pultdach angebaut worden, dessen unteres Mauerwerk aus
Bruchsandsteinen der Aachener Schicht besteht. Das ältere Wohnhaus
wurde auch nach Osten um zwei Achsen im gleichen Material erweitert.
Im Erdgeschoss befindet sich nun ein Garagentor. Der Zugang zur
Wohnung der 1.Etage erfolgt hinten durch einen Anbau.
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Der Hof Zimmer zeigt mehrere Bauphasen
Aus der vorliegenden Kaufurkunde des anliegenden Hauses kann man
ersehen, dass der Bauernhof 1865 einem gewissen Wintgens gehörte.
Später war er im Besitz des auf Schloss Alensberg in Moresnet
wohnenden Rentners Karl Armand Suermondt. Dieser hat mit Urkunde
des Eupener Notars Eduard Cremer vom 6. Oktober 1920 das Gut den
73
Eheleuten Hubert Zimmer, Landwirt, und Elisabeth Cüpper für 46.000
Francs verkauft. Dazu gehörten die Wohnhäuser damals Nr. 20 (Flur II,
Grundstück 201/116) und Nr. 21 (Grundstück 178/116).
Aus einer noch späteren Bauzeit stammt die östlich anschließende
frühere Bäckerei Wertz mit Ziegelsteinfassade (Nr. 64). Nach einer vor
dem Aachener Notar Gustav Delpy aufgestellten Kaufurkunde vom 15.
November 1865 haben die Eheleute Johann Wilhelm Wertz, Bäcker und
Holzhändler, und Anna Maria Schlossmacher das Wohnhaus mit
Nebengebäuden und Garten vom Aachener Kaufmann Bernard Baur und
Geschwistern erworben. Das Flur II, Nummer 84/1 und 84/4 katastrierte
Gut ist 87 preußische Ruten, 10 Fuß groß und wird zum Preis von 1700
Talern verkauft. Der Kaufpreis ist mit einem Vorschuss von 300 Talern
und 14 jährlichen, zu 5% verzinsten Raten, zu begleichen. Als Bürge der
Ankäufer tritt der Eilendorfer Unternehmer Paul Joseph Wertz, wohl ein
Verwandter des Ehemannes, auf. Die Bäckerei Wertz wurde von vier
Generationen der Familie Wertz ununterbrochen bis 1982 betrieben.
Der Statistik des Regierungsbezirkes Aachen entnehmen wir, dass
im Jahre 1858 im "Gehöft Tüllge" außer dem Zollamt noch 7 Häuser mit.
58 Bewohnern stehen. Laut Einwohnerliste von 1894 stehen dort 9 Häuser
(Nr. 15-23), darunter ein unbewohntes. Das Adressbuch des Kreises
Eupen aus dem Jahre 1902 gibt 10 Hausnummern in Tülje an, zwei Häuser
sind aber unbewohnt. Es gibt eine Schmiede, eine Gastwirtschaft und
die Bäckerei Wertz, heute Nr. 68. Der Landwirt Schlenter betreibt
nebenbei auch noch eine Gastwirtschaft, heute Nr. 66. Hier haben Vertreter
der Vervierser Tuchfabrikanten, die Kunden im Rheinland zu besuchen
hatten, regelmäßig übernachtet. Auch Essener Fuhrleute, die Pulver zu
den belgischen Steinbrüchen der Lütticher Gegend lieferten,
übernachteten bei Schlenter, wie uns Landwirt Nicolas Zimmer zu
berichten wusste. Die beiden Gastwirtschaften im Weiler Tülje sind wohl
wegen des Zollamtes eingerichtet worden. Nach der Katasteraufstellung
von 1974 bestehen 4 Häuser (Nr. 23 + Nr. 39-41) auf der linken und 2
(Nr. 50, 52) auf der rechten Straßenseite
Mitten in der Straße stand noch bis November 2000 der nach dem
Kriege errichtete Flachbau, in dem Zoll- und Gendarmeriebeamte ihren
Dienst versahen. Der ziemlich verwahrloste Bau wurde seit dem Wegfall
der Grenzkontrollen (1993) nicht mehr benutzt und anlässlich der noch
andauernden Straßenbauarbeiten abgerissen.
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Das ehemalige belgische Zollamt auf Tülje
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Die neue Siedlung auf dem Gelände des Hofs «Bouy»
76
Zwischen den vielen Neubauten finden wir links ein älteres Gebäude
aus Bruchsandsteinen, das aber ziemlich unkenntlich umgebaut worden
ist. Es hieß zuerst "Neuenbau" und später "Schmied". Laut oben erwähnter
Waldkarte von 1791 und französischem Kataster von 1799 (Nr. 6) gehört
es dem Schuster Joseph Mostert. Er könnte der oben erwähnte
Schwiegersohn des Claes Wermeester (des alten) in der Kelmiser Heide
sein, der vom Letzteren bei der Aufteilung der Erbschaft am 7. März
1772 bedacht wurde. In der Aufstellung der Gewerbetreibenden von 1782
wird er als "schoenmaeker" erwähnt und muss deshalb 0,25 Gulden
Gemeindesteuer bezahlen. Die Familie Joseph Mostert-Schlotmecker
wohnt hier 1796-1813.
Ein Jean Joseph Mostert hat am 21. Mai 1780 in Moresnet die Anne-
Christine Schlotmecker geheiratet.
Anlässlich einer Katasterrevison wird 1788 festgestellt, dass Joseph
Mostert 2 Häuser und 1980 Ruten = ca. 4,32 ha Grund besitzt, die noch
nicht aufgenommen worden waren. Nach dem französischen Kataster
von 1799 (Nr. 6) besitzt der Schuster Joseph Mostert 2 Häuser und 1808
Ruten = 3,9 ha Grund. Im Jahre 1818 werden die Erben des Joseph Mostert
als Grundeigentümer angegeben. Von 1827 bis 1858 wird stets nur ein
Haus an dieser Stelle mit jeweils 6 bzw. 4 Bewohnern erwähnt. In der
Einwohnerliste von 1894 werden bei "Schmied" 4 Häuser (Nr. 9-12)
aufgelistet, und im Adressbuch von 1902 sind es deren 5, darunter eine
Gastwirtschaft. Es handelt sich wohl um die Häuserreihe auf der
gegenüberliegenden Straßenseite. Nach der Katasteraufstellung von 1974
bestehen am Neuenbau, Lütticher Straße, drei Häuser (Nr. 5-9).
Wir erreichen bald links eine neue Siedlung der Firma Batico. Diese
wurde in den Wiesen des früheren Bauernhofes "Bouye", "i jen bui",
"Bouya" auf der preußischen Urkatasterkarte von ca. 1830, errichtet.
Inzwischen (Januar 20001) wurde mit dem Bau einer weiteren
Wohnanlage an der gegenüberliegenden Straßenseite in den
«Langenbenden» begonnen. Am Nordrand der Landstraße unterhalb der
"bui" steht ein interessantes Holzkreuz mit Korpus und der Jahreszahl
"1793". Es ist zu begrüßen, dass die Baufirma "Batico" das alte Kreuz
respektiert hat. Dieses erinnert irgendwie an einen damals vorgekommen
tödlichen Unfall oder an einen Mord. In diesem Jahr haben sich die
französischen Revolutionsheere nach ihrer Niederlage am 1. März bei
Aldenhoven aus Aachen und dem Limburger Lande vor den siegreichen
Österreichern über die Landstraße zurückziehen müssen. Ob der Todesfall
mit diesen Ereignissen in Zusammenhang steht, sei dahingestellt.
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Die Lohmühle
Die frühere Kupfermühle ist noch vom Aachener Kaufmann Hans
Stoupart, Pächter des Altenberges von 1621 bis 1648, eingerichtet und
später als "Stoupartsmeulen" bezeichnet worden. Stoupart hat am 18.
Januar 1624 von der Brüsseler Rechnungskammer die Erlaubnis erhalten,
eine bestehende "cornmolen" zu einer Kupfermühle mit zwei Rädern
umzubauen und einen Stauweiher anzulegen, um das Wasser des
Tüljebaches anzusammeln. Er darf auch ein drittes Rad, aber nur nachts,
benutzen, um Korn zu malen. Er hat die Anlage von Michiel Groment
aus Montzen erworben. Dieser hatte am 10. Mai 1612 die Erlaubnis
erhalten, diese Mühle in der Bank Walhorn in "Tullgen" gegen einen
jährlichen Zins von 20 Gulden Brabant zu betreiben. Am 5. Dezember
1617 wird der Zins auf 12 Gulden heruntergesetzt in Erwägung, dass die
Mühle "vere (= weit) von dorpen" liegt und auch weil das "tullyen
becxken" nicht immer genügend Wasser führt. Im Jahre 1683-1684 wird
der Erbzins von 12 Gulden als nicht mehr eintreibbar angesehen. Die
Mühle ist wahrscheinlich in den Kriegswirren zerstört und aufgegeben
worden. Zur "Stopparts molen" gehört auch Grundeigentum auf Kelmiser
Gebiet, insgesamt 1686,5 Ruten = 3, 6756 ha nach dem Grundbuch aus
dem Jahre 1686, F°29-31. Der "Stouparts bempt", eine ca. 581,25 Ruten
= 1,2668 ha große feuchte Wiese, gehört 1756 dem Landwirt Johannis
Hermens am Bildchen. Im Jahre 1830 gehört die Anlage einem Herrn
Lambrichs aus Brüssel. Die Erben betreiben 1836 mit einem A.
79
Jungschläger dort eine Wollwäscherei und Spinnerei, die mit einer
Dampfmaschine betrieben werden. Im Jahre 1856 ist die Aachener Firma
Guders und Co Eigentümerin. Diese erhält 1859 die Erlaubnis, eine
Dampfmaschine aufzustellen. Sie liegt 1865 im Streit mit der "Vieille
Montagne" wegen des Baues eines 2,838 preußischen Morgen großen
Teiches (ca. 0,7186 ha), der zuviel Wasser vom Tüljebach zurückhält.
Da die Teiche nicht entschlammt worden sind, wird das hinunterfließende
Wasser verunreinigt. Dies führt zu einem weiteren Prozess mit dem
Besitzer der Schleifmühle, dem Burtscheider W. J. Strom. Der
Appellationshof zu Köln bestätigt am 13. November 1869 das Urteil des
Aachener Landgerichtes zugunsten des Strom. Am 29. Dezember 1876
ist die Anlage im Besitz des Aacheners August Moxhet, der sie an die
Hergenrather Firma Julius Nörrenberg verpachtet. Diese betreibt hier
eine Wollwäscherei mit Carbonisier-Anstalt. Betrieben wird die Anlage
durch eine Dampfmaschine von 20 PK, eine zweite von 8 PK und ein
Wassertriebwerk von 4 PK, das 1878 auf 6 PK gebracht wird. Wegen
Verschmutzung des Wassers liegt Nörrenberg auch mit der bachabwärts
liegenden Firma Bruch im Streit. Dieser wird dadurch beigelegt, dass
Bruch 1882 die Anlage erwirbt. Vorübergehend wird nur 1883 während
21 Monaten Pergamentpapier durch Koletzke und Arnold hergestellt,
die eine Lokomobile (fahrbare Dampfmaschine) aufgestellt haben. Seit
Mitte August 1884 dient die Wollwäscherei der Lohmühle dann, um den
Bedarf der Filztuchfabrik Bruch zu decken. Im Adressbuch des Kreises
. Eupen aus dem Jahre 1902 wird sie weiter als Wollwäscherei der Firma
Reinhard Bruch angegeben, wo auch der Walkmeister Gerhard Frings
wohnt. Später dient das Gebäude nur noch als Bauernhof.
Am 10. Februar 1972 verkauft die A. G. Filztuchfabrik Bruch die
Anlage an Herrn Herbert Bruch. Nach dessen Tod, am 21. Januar 1982,
werden die Erben, die Geschwister Rudolf und Marianne Bruch,
Eigentümer der Lohmühle, die sie am 26. Juli 1982 dem Architekten V.
Becker verkaufen, der die Anlage anschließend restauriert und sie als
Wohnhaus mit Pferdehof eingerichtet hat. Der ältere Teil der Lohmühle
besteht aus Bruchkalksteinen mit Fenstereinfassungen aus
Feldbrandsteinen und ist somit in die Zeit 1840-1880 datierbar. An der
Südmauer dieses Gebäudes befanden sich noch bis zur Restaurierung
Spuren des oberschlägigen Mühlenrades. Hinter den Gebäuden bemerkt
man auch die Spuren des großen Mühlenteiches, wovon im Westen eine
Pfütze übrig bleibt. Art der Ostseite des Gebäudes steht auch noch der
viereckige, teilweise abgetragene Schlot aus Feldbrandsteinen der
80
ehemaligen Dampfmaschine (um 1876). Anschließend erstreckt sich nach
Norden ein weiß gestrichener Wohntrakt. Dieser wurde wohl im Laufe
des 19. Jh. als Fabrikgebäude errichtet, wie die Verankerung aus runden
Eisenscheiben vermuten lässt. Vor dieser Anlage sind später Stallungen
gebaut worden, die die Sicht von der Straße her auf die Gesamtanlage
verdecken.
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Das gemeinsame Kelmis/Neu-Moresneter Wasserwerk
Als letztes belgisches Gebäude bemerken wir die Pumpstation des
Kelmiser Wasserwerkes. Das Projekt zur Gründung einer gemeinsamen
Wasserleitung mit Preußisch Moresnet wird erstmalig am 18. Juni 1902
vom Neutral-Moresneter Gemeinderat behandelt. Im August 1902 einigen
sich die beiden Gemeinden mit Ingenieur Oskar Smrecker, Mannheim,
um das Projekt ausarbeiten zu lassen. Initiator war der gemeinsame
Bürgermeister Hubert Schmetz. Am 7. April 1905 beschließt Neutral-
Moresnet, die Quelle "Kaltesprung" am "Goutefspley" im Montzener
Anteil des Preuswaldes zu mieten. Der Montzener Gemeinderat hatte
schon am 16. Februar 1901 dazu sein Einverständnis geäußert. Die ersten
Pläne werden der Aachener Regierung am 17. September 1907 vom
Eupener Landrat mit dem Gutachten des Kreisarztes übermittelt. Wegen
der mit Belgien schwebenden Teilungsprojekte von Neutral-Moresnet
81
zögert die Aachener Regierung zuerst, ein positives Gutachten abzugeben.
Am 22. Dezember 1907 gibt das preußische Innenministerium sein
Einverständnis: der Landrat und der preußische Gemeinderat hatten
vermerkt, dass Preußisch-Moresnet allein unfähig sei, das Projekt
durchzuführen. Am 26. Oktober 1908 sind die Arbeiten noch nicht
begonnen. Ingenieur Smrecker befürchtet nun, die Quelle könnte nicht
genügend Wasser liefern. Der Kreisarzt hat im März und Juli 1907 die
Wasserführung mit 9 bis 10 Liter pro Sekunde gemessen; der
Bürgermeister und Zeugen stellen am 19. Oktober aber nur 2,5 Liter
fest. Der Kreisarzt schätzt die tägliche Förderung auf 206 m? bei einem
Bedarf von 165 m*, falls alle bestehenden Häuser angeschlossen würden.
Da die zu erfassende Quelle sich im Montzener Teil des Preuswaldes
befindet, ist eine Genehmigung der Lütticher Permanentdeputation
(Provinzialregierung) für den Erwerb des Montzener Gemeindegutes
erforderlich ist. Diese wird erst nach Ende Juli 1909 erteilt. Am 25.
Februar 1909 wird Smrecker von der Berliner "Continental Wasser-
Gesellschaft" ersetzt. Die am 19. Oktober 1909 aufgenommenen Arbeiten
sind Ende Februar 1910 fast abgeschlossen, so dass das Werk im März
1910 in Betrieb genommen werden kann. Die Gemeinden "La Calamine"
und Neu-Moresnet kaufen die Gesamtanlagen des Wasserwerkes vor dem
Eupener Notar Trouet am 7. Dezember 1920 für 322.500 Mark = 71.667
BEF, davon bezahlt Neu-Moresnet 50.000 Mark = 11.111 BEF, d. h. ca.
15%. Dieser Kaufakt wird durch Kgl. Erlass vom 30. April 1922 für
nichtig erklärt und durch Urteil des Vervierser Gerichts vom 29. Juli
wird das Wasserwerk als Feindesgut zu Gunsten des belgischen Staates
sequestriert und die beiden Bürgermeister werden mit der
Zwangsverwaltung beauftragt. Auf Antrag des Kelmiser Gemeinderates
vom 15. Oktober 1928 wird die Zwangsverwaltung vom Vervierser
Gericht am 9. Mai 1929 aufgehoben, nachdem der Kaufakt von 1920
durch Kgl. Erlass vom 20 Februar 1929 bestätigt worden ist. Die
Interkommunale des Wasserwerkes wird dann endlich am 5. September
1932 gegründet. Der Verwaltungsrat besteht aus den beiden
Bürgermeistern sowie 3 Kelmiser und 2 Neu-Moresneter Delegierten
des jeweiligen Gemeinderates. Nach den Gemeindefusionen von 1977
wird die Interkommunale durch eine Regie der neuen Gemeinde Kelmis
ersetzt.
Am Wasserwerk kann man die Wanderung unterbrechen und mit dem
Streckenbus nach Kelmis zurückfahren, um später dann hier den
Wanderweg wieder aufzunehmen.
82
An der Ostseite der Pumpstation führt ein Weg am Waldrand entlang.
Nach wenigen Metern bemerkt man eine Wegegabelung. Der östliche
Weg führt bergauf zum Preuswald und bildet seit dem 6. November 1922
die deutsch-belgische Grenze zwischen den Grenzsteinen 997 und 1003,
ab welchem er auf belgischem Gebiet weiter in Richtung Vaals verläuft.
Der Grenzverlauf wurde am 6. November 1922 in Aachen in einem
Protokoll und beigefügtem Atlant durch die mit der Grenzregulierung
beauftragte alliierte Kommission endgültig festgelegt. Dieser
"Geusenweg" erhielt seinen alten Namen nach den meistens aus Eupen
kommenden Protestanten, den "Geusen", die ihm folgten, um im seit
dem "Partagetractaat" vom 26. Dezember 1661 holländischen Vaals die
Predigt anzuhören und das Abendmahl zu feiern, was ihnen in Eupen bis’
1783 verboten war. Ab der Wegegabelung ist vor einigen Jahren auf
belgischer Seite ein kleines Villenviertel (mit 32 Hausnummern) gebaut
worden. Neuerdings heißt dieses Viertel "Kauberg", nach einer etwas
östlicher gelegenen Flur.
Wir folgen nun der Landstraße in Richtung Bildchen weiter. Dieser
Weiler gehört seit 1922 zur Stadt Aachen, davor aber 1816-1919 zur
Gemeinde Preußisch Moresnet. Durch die oben erwähnte Festlegung der
deutsch-belgischen Grenze im Jahre 1922 hat die Gemeinde Neu-
Moresnet 110 ha, meistens Wald, einbüßen müssen. Im preußischen
Urkataster von ca. 1830 werden die feuchten Wiesen an der rechten
Straßenseite mit "Langenbenden" und "Kauberg" bezeichnet. Der
Flurnamen "a je bilsche” mag wohl mit einem dort befindlichen Bild
oder einer Figur in Beziehung stehen. Die im alten Landrecht enthaltene
Grenzbeschreibung des Herzogtums Limburg erwähnt als Grenzzeichen
"op te paroisse ant Sint Abelde" bzw. "sur la pareuse a l'image saincte
Angisse". Im Preuswald steht also vor 1475 ein Bildstock mit einer
Heiligenfigur, der als Grenzzeichen gilt. Nach der ältesten Karte des
Aachener Reiches vom Maler Kornelis Janson Fries aus dem Jahre 1569
wird eine "Sannt Agathen Eich" vermerkt. Auf dem Plan der "Stadt-
Aachenschen Waldungen" vom 25. April 1760 gilt die "S. Agata Eich"
als Grenzzeichen des Aachener Reiches. Dies bestätigt auch die 1777
vom Aachener Berg- und Bauinspektor Copso gezeichnete Karte. Dort
befinden sich damals ein zerbrochener Stein und ein neuer Stein mit
Adler, dem Aachener Stadtwappen. Der Bildstock befand sich wohl ca.
1 km nordwestlich der Straße, so dass der Zusammenhang mit dem Namen
des Weilers doch fraglich ist. In einer Grenzbeschreibung von 1431 wird
dieser Bildstock noch nicht erwähnt. Dagegen wird hierin bestimmt
83
"onder die prouse aen den wech van Hargenrot dair ligt een steen, die 0ic
een reyn is, dair die banck van Fulkerich keren soude" d. h. am
Hergenrather Weg unterhalb des Preuswaldes befindet sich ein Grenzstein
Limburg / Aachen, der ebenfalls Grenzstein der Bank Walhorn, wozu
Hergenrath gehört, mit der Bank Völkerich (später Montzen genannt), in
welcher Kelmis liegt, ist.
Der Ortsnamen Bildchen könnte auch mit dem keltischen "bilio",
Heiliger Baum, in Beziehung stehen. Ein solcher Baum könnte später
durch das Agathabild christianisiert worden sein.
Der Weiler Bildchen als solcher ist erst im 18 Jh. an der Wegegabelung
der großen Pflasterstraße, der "pavei" und der Hergenrather Straße, früher
Limburger Weg genannt, entstanden. Vor dem Bau der "pavei" 1750-
1760 war die Limburger Straße die wichtigste Verkehrsader im Gebiet:
sie verband die beiden bedeutenden europäischen Bade- und Kurorte
Aachen und Spa über Hergenrath, Lontzen, Baelen-Honthem und die
Feste und Hauptstadt des Herzogtums Limburg. Viele prominente Gäste
sind ihr im Laufe der Jahrhunderte gefolgt: Cosimo III. von Medicis,
Herzog der Toskana, am 19. Juli 1669; Zar Peter I. im Juli 1717; Kaiser
Joseph II. am 18. Juli 1781. Dagegen haben andere Prominente die neue
Chauss6&e über Kapell und Herve eingeschlagen: Am 13. Juni 1791 die
Generalstatthalter der österreichischen Niederlande, Erzherzogin Marie-
Christine mit ihrem Gatten Herzog Albert von Sachsen-Teschen; am 8.
April 1794 Kaiser Franz II., am 27. Juli 1804 Kaiserin Josephine,
Napoleons 1. Gattin; am 2. September 1804 Kaiser Napoleon selbst mit
seinem Stiefsohn Eugene de Beauharnais und Außenminister Charles-
Maurice de Talleyrand-Perigord.
Die Postkutsche Lüttich-Aachen folgt der neuen Landstraße erst ab
1785, davor wurde ein Landweg über s’ Gravenvuren benutzt. Ende
September 1818 sind wohl die aus Paris kommenden Teilnehmer zum
Aachener Monarchenkongress auch über Bildchen gezogen: Kaiser Franz
I. von Österreich, Zar Alexander I. von Russland, König Friedrich
Wilhelm III. von Preußen, der Herzog von Wellington als Vertreter
Englands...
Von der Straßengabelung eingeklammert steht rechts ein
langgestreckter Bau (ohne Nr.) aus Bruchsandsteinen. Am Türsturz der
rechteckigen Einrahmung aus Blaustein ist in einem Rechteck eingeritzt
"ANNO/17IHS 52/ I(3 Nägel) H". Über dem Türsturz ist noch eine
kleine Heiligennische aus Blaustein mit den eingeritzten Buchstaben "L"
und "H" auf der jeweiligen Seite. Das Haus ist von einem Johannes
84
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Das Haus Hermens
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Diesen stattlichen Bau errichtete Notar Nic. Bounie 1764
85
Hermens 1752 gebaut worden. Dieser erscheint im Kelmiser Grundbuch
von 1756: Johannes Hermens hat 1759 "gemeente boeven den meulen
bemt ant bildgen" erworben, "alwaer hy nieuw syn huys heeft
opgebauwen". Vor dem Montzener Notar C. M. Schever verpfändet er
mit seiner Ehefrau Elisabeth Quoitbach am 24. September 1759 seinen
Neubau. Er ist eines der 6 Kinder der Eheleute Claes Hermens und Ca-
therine Smets "in den bouw", am Bau, wie aus einer anderen Urkunde
desselben Notars vom 30. April 1765 hervorgeht. Im Jahre 1760 besitzt
er schon 1550 Ruten = ca. 3,38 ha Grund, der mit 11 Stübern für die
Grundsteuer veranschlagt ist. Er bleibt Besitzer dieses Gutes 1770 laut
theresianischem (Nr. 2) sowie 1799 nach dem französischen Kataster
(Nr. 3). Nach Letzterem wird er als Jean Hermens, "cabaretier",
Schenkwirt, angegeben. Im Jahre 1770 besitzt er 1625 Ruten = 3,5416
ha Grund, der mit 151 Gulden bewertet wird. Zwischen 1770 und 1788
hat er ein zweites Haus gebaut, wahrscheinlich das gegenüber liegende.
In der Aufstellung der Gewerbetreibenden aus dem Jahre 1782 wird das
Haus des Jean Hermens als «Loger herbergh te voetz ende te peerd»
(Herberge für Reisende zu Fuß und zu Pferd) mit 2 Gulden besteuert.
Im Jahre V der Republik (1796-1797) wohnt hier der Landwirt Gerard
Bree-Hermens, wohl ein Schwiegersohn des Vorgenannten. Von 1809
bis 1818 erscheint dieser als «aubergiste», Gastwirt, und das Haus zählt
fünf Bewohner.
Nach der Wegegabelung finden wir rechts ein größeres Haus (Nr.
585, früher 4) wieder aus Bruchsandsteinen mit den typischen
Öffnungseinrahmungen aus Blaustein mit stichbogigem Sturz. Im
theresianischen Kataster gibt Notar N. J. Bounie, Schöffe von Walhorn
und Lontzen, an, er habe dieses Haus 1764 am "Hergenraeder Biltgen"
gebaut, werde aber von der Gemeinde Kelmis besteuert, da angeblich
ein Teil des Gebäudes sich auf Kelmiser Grund befindet. Nach einer
Überprüfung der Lage beschließt dann die Aufsichtsbehörde, das Gut
gehöre zu Hergenrath. Der Tüljebach bildet zwar die Grenze, aber sein
Lauf ist im oberen Teil nicht gut erkennbar. Im französischen Kataster
von 1799 (Nr. 2) wird dann das Haus unter Moresnet, nach
Eingemeindung von Kelmis, aufgenommen: es gehört Nicolas Bounie,
"ex-notaire"', 4 Kelmis. Der ehemalige Notar, der auch 1792 Bürgermeister
von Hergenrath war, hat also in diesem Jahr 1799 seinen Wohnsitz hier.
Er ist mit der Marie Catherine Caen verheiratet, eines der 6 Kinder des
unten erwähnten Christian Caen. Auf der preußischen Urkatasterkarte
von ca. 1830 wird nicht mehr der Oberlauf des Tüljebaches als
86
Gemeindegrenze Preußisch Moresnet / Hergenrath eingezeichnet, sondern
der nördliche Rand der "Limburger Straße" auf einer Länge von ca. 300
m. Ein Grenzstein mit den Buchstaben "H 35", für Hergenrath, und "M
9", für Moresnet, steht noch heute am Straßenrand unweit der Aachener
Kläranlage für den Weiler Bildchen. Dieser Grenzstein wurde
wahrscheinlich seitens der preußischen Verwaltung bei der Überprüfung
der Gemeindegrenzen aufgestellt. Im Adressbuch von 1902 wird kein
Hergenrather Einwohner unter Bildchen aufgeführt. Das stattliche Haus
hat auch als Gastwirtschaft gedient und ist vorübergehend als "Zum
schwarzen Löffel" bezeichnet worden. Hinter dem Haus steht ein von
der Romantik beeinflusster turmartiger Bau, der später als Villa Decker
bezeichnet wird. Laut Bevölkerungsliste von 1894 ist der alleinige
Bewohner dieser "herrschaftlichen Wohnung" Nr. 4a seit dem 18. April
der aus Aachen kommende Rentner Carl Lingens, geboren am 1. Januar
1839. Er wird noch im Adressbuch von 1902 angegeben.
Gegenüber dem ehemaligen Hause Hermens steht ein langgestreckter
Bau, wahrscheinlich das zwischen 1770 und 1788 von Hermens gebaute
zweite Haus. Die ehemaligen Stallungen aus Bruchsandsteinen mit
zugemauertem früheren Scheunentor wurden abgebrochen und durch eine
einfache Werkstatt ersetzt. Die Fassade des höheren Wohnhauses mit
Mansardendach ( Nr. 586) ist verputzt.
Laut den Einwohnerlisten des Jahres V (1796-1797) bzw. von 1813-
1817 wohnten hier die vierköpfige Landwirtsfamilie Nicolas Langohr-
Bounie sowie die Familie Nicolas Langohr-Brandt mit 5 Personen.
Gegenüber der früheren Gastwirtschaft "Zum schwarzen Löffel"
befindet sich das ehemalige deutsche Zollamt (Nr. 584), das hier nach
1922 eingerichtet wurde. Es folgt daneben ein langgestreckter
Bruchsandsteinbau in der traditionellen Bauweise. Der Türsturz trägt in
einem rechteckigen Rahmen mit nach innen abgerundeten Ecken die
Inschrift "IH S /C (Herz) K/MH / 1745" . Die früher anschließende
Scheune mit zugemauertem Tor ist 1967 abgerissen worden, um einen
Neubau (Nr. 578) zu errichten. Über dem Türsturz ist wieder eine kleine
leere Heiligennische mit der Jahreszahl "1757" eingemauert. Der Bauherr
Christian Caen hat am 4. April 1744 in Moresnet die Marie Hermens
geheiratet. Hier werden Mitglieder zweier alter weit verzweigten Kelmiser
Familien erwähnt. Im Kelmiser Grundbuch von 1756 wird gemeldet,
dass Christiaen Caen "huys, hoff, coolhoff ...hercoemende van de ouders
volgens deelinghe (van) 25 maart 1755" besitzt. Sein Vater Johannes
Canen hat hier am 22. November 1736 "aen d’aeckerstraet in de kelmiser
87
heydt" auf Gemeindegrund gebaut, laut Eintragung im Gudungsbuch Nr. 1
der Kelmiser Schöffen. Er ist wohl der älteste Ansiedler am Ort und so
weit nach Osten. "Jean Caenen vieux" erscheint auch 1743-1749 in den
Lohnlisten des Altenberger Bergwerks als Bergmann und Waldarbeiter,
der im Preuswald Reisigbündel für die Galmeiröstung besorgt oder als
Fuhrmann sein Brot verdient. Wie seine Brüder Johannes und Gerard
wird Christian Caen 1776 Pächter des herzoglichen Rottzehnten in der
Pfarrei Moresnet mit Kelmis. Als Pacht hat er meistbietend 68 "&cus" =
163,2 Gulden Brabanter Währung angeboten. Aus dieser Pacht erhofft
er sich natürlich einen Gewinn. Damals verdient ein Bergmann am
Altenberg 0,4-0,5 Gulden täglich. Insgesamt besitzt Christiaen Caen 1756
1008 Ruten = ca. 2,2 ha Grund, der zu ca. 6 Stüber für die Grundsteuer
veranlagt wird. Damit rangiert er an 37. Stelle unter den 81 Kelmiser
Grundeigentümern.
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Türsturz mit Heiligennische am Hause Caen auf Bildchen
Laut Urkunde des Montzener Notars M. Schever vom 26. Januar 1757
ist er "fermier de la barriere du bois d’Aix", d. h. Eintreiber des Wegegeldes
der neuen Pflasterstraße am Aachener Wald, wohl an der Landesgrenze.
Dafür muss er über genügend Geld verfügen, um eine Bürgschaft stellen
zu können.
88
Bis 1769 hat er sein Gut auf 1533,5 Ruten = ca. 3,34 ha erweitert, die
mit ca.10 Stüber für die Grundsteuer veranschlagt werden. In den
Lohnlisten des Altenberges erscheint er nur als Fuhrmann. Das
umliegende Gelände seines Gutes ist sumpfig und wird durch den
"gontefsbaegh", einen kleinen Nebenfluss des Tüljebaches, durchflossen.
Dieses Bächlein fließt aus der Quelle, die 1909 durch das Wasserwerk
angezapft wurde. Im theresianischen Kataster von 1770-1774 (Nr. 1)
wird mitgeteilt, dass die Hausweide des Christiaen Caen, die sich
zwischen der Landstraße und dem Wald befindet, ein ca. 95 Ruten großes
Grundstück (ca. 2070 m*®) enthält, das als "galgenpley of gerichtsplaets"
der Herrschaft Kelmis dient. Insgesamt besitzt er 1534 Ruten = 3,3433
ha Grund, der zu 133 Gulden bewertet wird. .
Im Jahre 1784 wird die Erbschaft Caen-Hermens aufgeteilt. Vor dem
Montzener Notar C. M. Schever übertragen die Eheleute Jean L&onard
Brech und Marie Gertrud Caen ihr Sechstel der Güter «aen’t Bilgen unter
Kelmis» dem Ehepaar Nicolas Bounie-Marie Catherine Caen gegen 1500
Maastrichter Gulden. Das gesamte Gut wurde demzufolge auf 9000
Gulden geschätzt.
In der Aufstellung der Gewerbetreibenden aus dem Jahre 1782 werden
drei "Loger herbergh te voetz ende te peerd" (Herbergen für Reisende zu
Fuß und zu Pferd), die jeweils 2 Gulden Gemeindesteuer zu entrichten
haben, am Bildchen angegeben: Joannes Hermens, Christian Speck und
Jan Lecour. Die beiden Letzteren sind wohl Pächter.
Dass sich am Bidchen nun drei Gasthöfe befinden, zeigt die Bedeutung
des Verkehrs auf der neuen «Pflasterstraße». Etwa 30 Jahre später, 1813,
wird nur noch der oben erwähnte Gerard Bree-Hermens als «cabare-
tier», Schenkwirt, am Bildchen genannt.
Laut Einwohnerliste des Jahres V der Republik (1796-1797) ist das
Haus Nr. 2 vom Landwirten Chretien Caen-Houben bewohnt. Dieser ist
wahrscheinlich ein Sohn des schon erwähnten Ehepaares Christan Caen-
Marie Hermens. Im französischen Kataster von 1799 (Nr. 1) wird Chre-
tien Caen als "cabaretier", Schenkwirt, angegeben.
Auf einer Karte der Gemeinde "Hergenraed" aus dem Jahre 1808 wird
der Ort "le Bilgen" genannt. In den Jahren 1796-1817 werden in Bildchen
3 Häuser (Nr. 2-4) mit insgesamt 16-18 Einwohnern angegeben. Nach
Statistiken des Regierungsbezirkes Aachen werden im Gehöft Bildchen
1825 22 Einwohner, 1848 6 Häuser mit 57 Bewohnern, 1858 6 Häuser
mit 50 Bewohnern gezählt. Laut Einwohnerverzeichnis von 1894
bestehen in Bildchen 7 Häuser, wo 43 Personen wohnen: 2 Landwirte, 1
89
Gastwirt, 1 Rentner, 2 Eisenbahnangestellte. Im Adressbuch des Kreises
Eupen vom Jahre 1902 werden 7 Hausnummern angegeben, ein Haus ist
unbewohnt. Es wohnen hier u. a. drei Landwirte, zwei Gastwirte und ein
Rentner.
Sofort hinter dem Weiler befindet sich nördlich der Landstraße das
seit dem 17. August 1988 gekennzeichnete deutsche Naturschutzgebiet
Bildchen (N 4), das sich von der Straße bis zum alten Bahndamm
erstreckt. "Die Schutzausweisung erfolgte zur Erhaltung und Förderung
einer seltenen Quellflurgesellschaft, im besondern mit Moorglöckchen
und Bachquellenkraut und einer hohen Arten- und Individuenzahl der
Insekten, zur Förderung der Feuchtwiesengesellschaften durch Mahd und
zur Erhaltung des naturnahen Laubwaldes. In diesem Bereich ist jegliche
Düngung untersagt, die Beweidung und Wiederaufforstung mit Nadelholz
verboten und die Durchführung von Gesellschaftsjagden untersagt." Das
Naturschutzgebiet wird ferner im Rahmen des Landschaftsplanes von
1988 durch Landschaftsbiotopen ergänzt. LB 35 entspricht "einem
Wiesen- und Waldgelände mit Feuchtbiotop nördlich des
Naturschutzgebietes, in welchem nach Nutzung der Fichten eine
Wiederaufforstung mit Laubholz voraussichtlich erst in 10-20 Jahren
(nach 1988) erfolgen soll. Diese Schutzausweisung erfolgt zur Erhaltung
der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes im Zusammenhang mit dem
unmittelbar angrenzenden Naturschutzgebiet. In diesem Feuchtbiotop
ist die Anwendung von Stickstoffdünger untersagt." Unter der Landstraße
sind auch Durchgänge für Frösche angelegt worden. Auf der anderen
südöstlichen Straßenseite erstreckt sich ebenfalls ein Landschaftsbiotop
(LB 48). Hier "erfolgt die Schutzanweisung zur Erhaltung des
Feuchtgebietes mit artenreicher Fauna und Flora. Jegliche Düngung sowie
die Anwendung von Pflanzenbehandlungs- einschließlich Schädlings-
bekämpfungsmitteln sind untersagt. Ferner ist diese Fläche extensiv zu
beweiden und eine Verbuschung ist zu verhindern." Insgesamt beträgt
die Fläche des Schutzgebietes der Stadt Aachen bei Bildchen 6 ha
Feuchtbereich und Laubwald.
In der Franzosenzeit wird bei Bildchen eine ziemlich bedeutende
Abänderung der Departementgrenzen vorgenommen. Durch kaiserliches
Dekret vom 23 Pluviöse des Jahres XIII (12. Februar 1805) wird die
Gemeindegrenze zwischen "Hergenraed" (Ourtedepartement) und der
Stadt Aachen (Roerdepartement) so verlegt, dass der ca. 787 ha große
Aachener Stadtwald genannt "Ryckswalt" nun zum Roerdepartement
geschlagen wird. Bei der Teilung des alten Reichswaldes zwischen der
90
Reichsstadt Aachen und den limburgischen Gemeinden in den Jahren
1611-1615 war diese Waldpartie Aachen wohl als Eigentum gesichert
worden, blieb aber weiter unter limburgischer Landeshoheit. Die Stadt
ließ ihren Wald durch einen Graben abgrenzen, den sie dann als
Landgraben beanspruchen wollte. Es wurden auch Grenzsteine mit dem
Aachener Stadtadler aufgestellt. Ein solcher wiederaufgefundener
Adlerstein ist später als Erinnerung beim Waldcafe Braun wieder
aufgestellt worden.
Wegen der Hoheit über diesen Grenzwald kam es im 18. Jahrhundert
zu langjährigen Streitigkeiten zwischen Aachen und Limburg. Die
Waldpartie wird 1770 vom «Stadt-Aachischen Berg- und Bau Inspector»
Heinrich Copso als Teil des Aachener Reiches, vom General Graf Jo--
seph de Ferraris jedoch zwischen 1771 und 1778 als limburgisches Gebiet
kartiert.
Bei der Abtretung des Kreises Eupen an Belgien 1919-1920 bleibt
dieser Waldstreifen unerwähnt, da seit 1805 im Stadtkreis Aachen liegend.
Nach 1920 sind östlich vom alten Weiler mehrere Häuser von der
deutschen Zollverwaltung für ihr Personal gebaut worden und später hat
sich die Siedlung dann bedeutend ausgedehnt. Dazu gehören auch die
1936 vom Reichsbund der Kinderreichen gebauten 21 Einfamilienhäuser.
Etwa 250 m östlich von der Wegegabelung Bildchen, hinter der
Tankstelle und einer Nadelholzanpflanzung und vor dem Neubau Nr.
569, führt rechts ein Weg zum Gut Breitenstein. Durch die Neubauten
ist es von der Landstraße nicht mehr sichtbar. Die Bezeichnung ist wohl
mit dem alten Grenzstein unterhalb der "Prouse" in Beziehung zu bringen.
Dort verhört eine Delegation des Souveränen Rates von Brabant am 17.
Mai 1536 mehrere Zeugen wegen Grenzstreitigkeiten mit Aachen. Im
Jahre 1647 wird der Pachthof vom Aachener Apotheker Abraham Hanff
an den Weinhändler Heydtgens veräußert. Das Gut erscheint auf der Karte
der Aachener Waldungen von 1760 und ist wohl nach der Teilung des
gemeinsamen Aachener-Limburgischen Reichswaldes angelegt worden.
Aus dem Gelände um den Breitenstein fließen mehrere Rinnsale, die
den Tüljebach nähren. Die Quellenlinie markiert die Ablagerungsgrenze
des Aachener Sandes auf den Hergenrather Tonschichten.
Auch hier befindet sich seit 1988 ein geschütztes Landschaftsbiotop
(LB 118). "Die Schutzausweisung des Feucht- und Waldgeländes
Breitenstein erfolgte zur Erhaltung des Feuchtgeländes und einer
standortgerechten Bestockung, so dass Wiederaufforstung mit Nadelholz
verboten ist."
91
Die Gebäude sind im Laufe der Zeit mehrmals umgebaut worden.
Die beiden Untergeschosse mit ihren durch Keilsteine akzentuierten
Stichbogenfenstern entsprechen der typischen Bauweise des 18. Jh.
Darüber wurde im frühen 19. Jh. eine große Sommerwohnung mit 5
großen, hohen, rechteckigen Fenstern und flachgeneigtem Walmdach
aufgebaut. Der Bauernhof wurde nach dem Kriege aufgegeben und zerfiel
immer mehr, bis 1971 die Eheleute Willinek das Gut erwarben und es
bei Erhaltung des äußeren Aussehens innerlich vollständig sanierten.
Heute ist das Hauptgebäude hellrot verputzt. Interessant für Kelmis ist,
dass dieses Landgut in der Aachener Heide 1876-1883 dem ehemaligen
Oberingenieur der "Vieille Montagne" Max Braun gehörte. Dieser
beantragt am 12. August 1876 die Erlaubnis, auf seinem Gut Breitenstein
unter Benutzung der Quellen des Tüljebaches eine Turbine einzurichten.
Die Nachbarn Gerard Bree, Lingens und Bruch erheben Einspruch. Da
der erkrankte Braun kurz danach in Kur nach Italien verreist, wird das
Projekt nicht mehr erwähnt.
Etwa 625 m von der Wegegabelung Bildchen führt die Lütticher Straße
unter eine Eisenbahnbrücke. Diese Bahnstrecke wurde 1915-1917
angelegt, um eine Verbindung von Aachen Hauptbahnhof über Ronheide
zur neuen Eisenbahnlinie Aachen-West nach Montzen, Vise und
Antwerpen zu schaffen. Diese Verbindungsstrecke wurde nach dem 2.
Weltkrieg abgebaut. Nach dem Ersten Weltkrieg erwog die deutsche
Eisenbahn, bei Bildchen einen neuen Grenzbahnhof zum Ersatz des
belgisch gewordenen Herbesthal zu errichten. Wegen dieses Vorhabens
wurde übrigens Bildchen mit 110 ha (meistens Wald) von Neu-Moresnet
und 50 ha Wiesen von Hergenrath im Jahre 1922 an Deutschland
rückgegliedert. Das Vorhaben Grenzbahnhof wurde aber in den
Wirtschaftskrisenjahren aufgegeben.
Kurz vor der Eisenbahnbrücke, gegenüber der Tankstelle, verlief nach
Nordwesten im Wald und zuerst an einem sumpfigen Gelände entlang
ein kleiner Pfad, der der Grenze von Gemeinde-Preuswald und
Königlichem Preusforst folgt. Entlang des Pfades können wir bis oberhalb
Gemmenich die Grenzsteine mit Burgunderkreuz entdecken, die ich
anderswo beschrieben habe ("Im Göhltal", Nr. 22, S. 5-15). Die ältesten
sind 1615 nach der Aufteilung der Preuse aufgestellt worden. Eine
Erneuerung der Grenzsteine fand 1723-1724 statt. Der "Preuse-Stein" 1
stand wohl an der Landstraße selbst, ist aber im Laufe der Zeit
verschwunden.
92
Östlich der Eisenbahnbrücke befinden sich am nördlichen Straßenrand
die schon erwähnten 21 Einfamilienhäuser, die dort 1936 vom Reichsbund
der Kinderreichen errichtet wurden. Dazwischen erreicht man eine
Ampelanlage am Eingang zur großen Aachener Wohnsiedlung Preuswald,
die nördlich der Landstraße nach einem Beschluss der Stadt Aachen von
1967 angelegt worden ist. Im Jahre 1973 zählte die Siedlung schon ca.
3000 Einwohner. Entlang der Landstraße befinden sich weitere teils
umgebaute Häuser der Zwischenkriegszeit.
Zur alten Herrschaft und Gemeinde Kelmis gehörte noch ein
Forsthaus, weiter auf Aachen zu, wo der Förster des Domanialwaldes
"Preuse", des sogenannten Königswaldes, wohnte. Als Staatsgut wird
dieses Haus weder 1770 noch 1799 ins Kataster aufgenommen. Es:
erscheint wohl auf der Ferrariskarte (1771-1778) an der linken Seite der
Straße im Preuswald unweit der Grenze gegen Aachen. Die beiden ersten
Förster des «königlichen» Preuswaldes werden am 16. bzw. 18. März
1617 vom Brüsseler Finanzrat ernannt: Jan Kerff aus Gemmenich und
Lambert Pelser aus «Hergenraede». Ob diese Förster schon in einem
von der Forstverwaltung zur Verfügung gestellten Gebäude wohnten, ist
nicht erwähnt. Am 15. Germinal des Jahres V (4. April 1797) meldet der
«agent municipal» (Gemeindevertreter) von Moresnet und Kelmis, der
«National»-Preuswald sei in gutem Zustand und werde von den alten
Förstern Winand Pauli, Vater, seit 30 Jahren, Jean Aldenhoven seit 15
Jahren und Winand Pauli, Sohn, als Gehilfe seit 10 1/2 Jahren bewacht.
Eine Aufstellung der Häuser aus dem Jahre 1813 nennt es "Maison fo-
restiere imperiale de Preus". Der Förster Winand Nicolas Pauly-Kerffs
wohnt hier 1808-1811 in dem Haus, das die Nr. 1 trägt. Thisquen ist sein
Nachfolger 1817. Im November 1821 muss das Dach neu gedeckt werden.
In Statistiken des Regierungsbezirkes Aachen wird der Hof Försterhaus
Preus 1827 und 1848 mit 5 und 1858 mit 3 Bewohnern aufgeführt. In der
Einwohnerliste von 1894 wird vermerkt, das Haus Nr. 1 sei abgebrochen
worden. Es trägt merkwürdigerweise den Namen "Trompete", der
vielleicht daher rührt, dass der Postillon der vorbeifahrenden Postkutsche
hier ins Horn blies.
Beim Forsthaus gibt die Ferrariskarte "Barriere du bois d'Aix" an.
Um ihre Kosten beim Bau der Chaussee zu decken, hatten die
limburgischen Stände die Erlaubnis erhalten, Wegegeld zu kassieren.
Deswegen haben sie an verschiedenen Stellen, wie hier an der Aachener
Grenze oberhalb Bildchen, eine Wegeschranke, " e barer"', eingerichtet.
Nach einer Urkunde des Montzener Notars C. M. Schever soll Christiaen
93
Caen schon am 26. Januar 1757 Pächter der "barriere du bois d'Aix"
sein.
Im Jahre 1782 vergeben die limburgischen Stände dem Henry Franck
die Pacht des Wegegeldes für drei Jahre auf der gesamten Chaussee von
Herve bis zum Aachener Wald. Für das Haus am Aachener Wald hat er
107 Gulden Miete jährlich zu zahlen.
Der Pächter Deville klagt am 24. Vendemiaire des Jahres IV (16. Okt.
1795), dass er beim Einzug der Franzosen im September 1794 geplündert
worden sei. Um sich eine Wohnung zu sichern, sah er sich gezwungen,
den Pachtvertrag zu erneuern, obschon, wie er sagt, der Handel kaum
etwas einbringt und die Kohleeinfuhr aus Herzogenrath verboten ist. Das
Eintreiben des Wegegeldes wird jeweils nur für ein Jahr verpachtet.
Kurz darauf wird ein Nicolas Langoohr als Wegegeldpächter gemeldet,
der im Juli 1796 das Haus ganz instand setzt.
Am 3. Fructidor des Jahres VI (20. August 1798) klagt die Walhorner
Kantonalverwaltung, dass sich kein Interessent als Pächter melde. Erst
am 7. Messidor des Jahres VII (25. Juni 1799) wird das Eintreiben von
Passiergebühren von fünf Schlagbäumen in Lüttich ausgeschrieben. Am
3. Fructidor des Jahres VII (20. August 1799), um 22 Uhr, steht das
Gebäude in Brand. Der Wegegeldpächter Joseph Daudelet vermutet
Brandstiftung seitens eines Nachbarn, des Gastwirts Nicolas Lengaux
(Langohr?), der ihm mehrmals gedroht und die angeschlagene
Gebührenaufstellung beschädigt habe. Laut Gendarmerieprotokoll vom
23. Flor&al des Jahres IX (13. Mai 1801) weiß der Wegegeldeinnnehmer
sehr wohl, wie das Geld mit Drohungen einzukassieren ist: Bei einer
Haussuchung wurden bei ihm zwei Gewehre, ein Karabiner, ein
Husarensäbel und drei Pistolen entdeckt. Er geht oft mit Aachenern auf
die Jagd und ist der Hilfe von zwei starken Brüdern seiner Frau sicher...
Am 2. Fructidor des Jahres IX (20. August 1801) wird das Eintreiben
des Wegegeldes dem Maximilien Joseph Bougnie aus Bildchen vom
Präfekten gegen eine Pacht von 4.500 Francs ab dem 1. Germinal des
Jahres X (22. März 1802) zugeschlagen. Dieser «Bougnie» ist ein Sohn
des ehemaligen Notars Nicolas Joseph Bounie, des Eigentümers der
Hergenrather Lohmühle. Er erhält die Erlaubnis, die Wegegeldstelle etwa
594 m nach Westen, zu seinem Haus am Bildchen, zu verlegen. Diese
Lage ist günstiger für den Verkehr und sicherer zur Aufbewahrung der
Kasse. Am 1. Fructidor des Jahres X (19. August 1802) bietet Bounie die
Erneuerung des Pachtvertrages an, aber diesmal gegen Zahlung von 6.210
Francs. Da andere Interessenten mehr bieten, und zwar bis 8.050 Francs,
94
muss die Ausschreibung laut Konsularbeschluss vom 10. Fructidor (28.
August 1802) erneuert werden. Am 20. Thermidor des Jahres XI (18.
August 1803) bietet der vorjährige Pächter, der Lütticher Louis Libert,
6.520 Francs. Am 22. September 1808 lässt der Moresneter Bürgermeister
im Auftrag des Eupener Zolleinnehmers Bastin das Mobilar der
Wegegeldstelle verkaufen. Pierre Joseph Daudelet ersteht für 9,75 Francs
zuzüglich 2,50 Francs Gebühren den hölzernen Schlagbaum, einen alten
Schreibtisch und zwei hölzerne Stühle. Offensichtlich wird die
Wegegeldhebestelle aufgegeben.
1805-1806 wohnt der frühere Wegegeldeinnehmer Pierre Joseph
Daudelet noch im Försterhaus.
Hier muss sich auch das «bureau de Calmine» der limburgischen
Zollverwaltung befunden haben, wo die Zollgebühren auf Ein- und
Ausfuhren, die so genannten droits d’entree et de sortie zu entrichten
waren. Im Rechnungsjahre 1784-1785 versahen die Zollaufseher (gar-
des) Du Bois, Dozin und Sauvage den Dienst an der Zollstelle («poste
de La Calmine»). Diese kleine Zollstelle unterstand dem «Bureau d’Aix»,
wo der Zollempfänger Delplanck wohnte, der vom Hauptbüro in Herve
abhing.
Am 16. Flor&al des Jahres III (5. Mai 1795) vernehmen wir, dass die
von den Franzosen im Oktober 1794 eingesetzte Generalverwaltung von
Limburg den früheren «brigadier» Brassart als Zolleinnehmer eingesetzt
hat. Dieser wird aber kurz danach durch den ehemaligen pensionierten
Einnehmer, den «citoyen» Yppersiet, ersetzt, der am 18. Mai klagt, dass
er vor zwei Jahren, d. h. 1792, zweimal von den österreichischen
Feldtruppen ausgeplündert worden sei. Diese Ereignisse sind wohl mit
dem Durchmarsch der Österreicher nach den Niederlanden im Januar
1792 (150 Dragoner durch Aachen am 7. Januar), im November 1792
(kaiserliche Husaren durch Aachen am 16. November) oder mit dem
Rückzug der geschlagenen kaiserlichen Armee vor den siegreichen
französischen Revolutionstruppen im November-Dezember 1792 in
Verbindung zu bringen. Yppersiet beantragt nun seine Wiedereinstellung
als «garde s&dentaire», dort wohnhafter Einnehmer, gegen freie
Benutzung eines Hauses, da er eine Rente von nur 60 Pfund monatlich
beziehe. Er vermerkt, dass augenblicklich eine von zwei Aufseherstellen
von einem Mann namens Gloner besetzt sei. Dieser Gloner teilt der
Arrondissementverwaltung von Limburg am 15. Messidor (3. Juli 1795)
mit, dass der Aufseher Dubois seine Stelle seit vier Monaten verlassen
habe und im benachbarten Wirtshaus wohne. Er habe sich geweigert,
95
immer wertloser werdende Assignate der Republik als Gehaltszahlung
anzunehmen und dabei erklärt, er erwarte die Rückkehr der Kaiserlichen,
d. h. der Österreicher. Unter den damaligen Zollbeamten bestehen also
Meinungsverschiedenheiten bzgl. der gegenüber den neuen Machthabern
einzunehmenden Haltung. Nach der Einverleibung des Rheinlandes in
die Französische Republik Anfang 1798 wird die Zollstelle an der
ehemaligen Aachener Grenze aufgehoben.
Auffallend ist auch, dass die neue Chaussee zuerst nur bis dort
ausgebaut worden ist. Obschon die Reichsstadt Aachen den limburgischen
Ständen am 12. Oktober 1750 versprochen hatte, ihren Teil des "neuwen
Steinweg" zur gleichen Zeit wie die Limburger zu vollenden, kam es zu
bedeutenden Verzögerungen.
Ein Zuschlag der Bauarbeiten vom Jakobstor bis zur limburgischen
Grenze wurde zwar von der Reichsstadt Ende 1791 erteilt, aber wegen
der bald eintretenden Kriegswirren kam es nicht mehr zu deren
Durchführung.
Im Jahre 1797 endlich beschäftigen die Aachener ca. 500 Arbeitslose,
um " den Lütticher Weg von Jakobs-Thor bis auf die belgische Grenze
ganz neu zu machen". In diesem Zitat fällt die Bezeichnung "belgische
Grenze" für die altlimburgische besonders auf!
Um 1965 wurde der auf 300 m Höhe befindliche «Pass», worüber die
Landstraße die Kammhöhe des Aachener Waldes passiert, um ca. 10 m
abgesenkt, um das Gefälle der beiderseitigen Steilstrecken wesentlich
zu mildern. Oben am Pass, auf alt-Aachener Seite, steht ein großer
Meilenstein mit preußischem Adler und der Angabe X MEILEN. Er wurde
zwischen 1836 und 1840 von der preußischen Straßenverwaltung
aufgestellt und gibt die Entfernung von Köln in preußischen Meilen zu
7532,5 m an, also 75,325 km. Der nächste (und letzte) Meilenstein nach
Westen befindet sich in der Gemeinde Lontzen unweit vom Moresneter
Weg.
Es sei auch daran erinnert, dass ein 190 ha großes Gebiet um Bildchen
vom 23. April 1949 bis zum 28. August 1958 provisorisch unter belgischer
Verwaltung gestanden hat; an deren Spitze stand Generalmajor Bolle.
(Forts. folgt)
96
Die Grenze zwischen
Limburg und Kornelimünster
von Heinrich von Schwartzenberg
Nachdem im Göhltal-Heft Nr. 62 von Februar 1998 über die Aachen/
Limburger Grenze berichtet worden ist, soll im nachfolgenden Aufsatz
die Grenze zwischen dem Herzogtum Limburg und der Reichsabtei
Kornelimünster beschrieben werden.
Aus der Abstammung der Herzöge von Niederlothringen erscheinen
um 1100 die Herzöge von Limburg, die sich fortan ein größeres Herzog-"
tum aufbauten, zu dem auch die Bank (Verwaltungs-und Gerichtsbezirk)
Walhorn gehörte (1).
Diese Bank Walhorn stieß mit ihrer Ostseite an das Gebiet der Reichs-
abtei Kornelimünster.
Die Gründung dieses Klosters, zunächst nach dem gleichnamigen Fluß
Inda genannt, geschah im Jahre 814 durch Ludwig den Frommen (2).
Nach der Tradition soll die Schenkung Ludwigs des Frommen bereits
den ganzen Umfang des späteren Münsterländchens (außer Gressenich
und Eilendorf) gehabt haben. Sie soll alles Land aus dem Königsgut
umfaßt haben, das im Umkreis von einer Stunde um die Abtei herum lag
S (3). Ohne Gressenich und Eilendorf hatte das Münsterländchen eine
Ausdehnung von ca. 10 km in ostwestlicher und 8 km in nord-südlicher
Richtung und «zwischen den Quellgebieten von Inde und Vicht schloß
sich noch ein 2 1/2 km breiter und 4 km langer Waldstreifen an» (4).
Das kleine Ländchen wurde 1802 in der Franzosenzeit aufgelöst und
in französische bzw. 1815 in preußische Gemeinden aufgeteilt. Jean de
Walque (in einer Studie «Entre Vesdre et Vicht» in Hautes Fagnes, 1969/
2 und 3) ist davon überzeugt, dass die Grenzen des Münsterländchens
bereits bei der Gründung im Jahre 814 festgelegt worden seien und dass
der heute noch bestehende «Genagelte Stein» der südlichste Punkt des
Münsterländchens gewesen sei. Ferner vermutet er, dass dieser Stein mit
dem in alten Dokumenten erwähnten «Hunnenstein» (vermutlich eine
heidnische Kultstätte) identisch sei (5).
Über den Verlauf der Grenzen unterrichtet uns eine Karte von 1646
(s. Karte 1) aus dem früheren abteilichen Archiv (6). In der Zeitschrift
des Aachener Geschichtsvereins 3/1881 sind die Grenzen nach dieser
Karte beschrieben worden (7). Die Grenzen wurden danach vielfach von
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Flüssen oder Bächen gebildet. Wo dies nicht der Fall war, bestimmten
markante Bäume, Pfähle oder Steine die Grenzen, wobei Natursteine
mit eisernen Nägeln versehen wurden (Genagelter Stein) und behauene
Steine meistens das Korneliushorn trugen.
Es fällt auf, dass weder an der Aachen/Limburger noch an der
Kornelimünster/Limburger Seite Steine mit einem Limburger Emblem
bekannt sind, wenn man einmal von den «Burgundersteinen» an der
Königswaldgrenze absieht.
Wie kam es zum Korneliushorn?
Etwa um 875 gab die Abtei Teile des ihr gehörenden Grabtuches Christi
an die durch Karl den Kahlen erbaute Pfalzkirche zu Compi&gne in
Frankreich und erhielt dafür im Tausch Reliquien der Heiligen Kornelius
und Cyprianus. Der Hl. Kornelius wurde Schutzpatron des Hornviehs
und mit einem Horn dargestellt. Der Name der Abtei wandelte sich etwa
1028 von Inda in Kornelimünster.
Das Korneliushorn (ein Trinkreliquiar aus einem Büffelhorn) wurde
zum Hoheitszeichen der Abtei, das später auf Grenzsteinen eingemeißelt
wurde (8).
Am besten lernt man die Grenzen durch die Protokolle der regelmäßig
stattfindenden Grenzbegehungen oder Grenzritte kennen.
In einer Urkunde König Sigismunds vom 19. Oktober 1423 wird der
Grenzverlauf der Hochbank Walhon als von «aldersher» bestehend er-
wähnt. Diese Urkunde nimmt wahrscheinlich Bezug auf eine ältere
Urkunde von um 1391 (9).
Erste Nachrichten über die abteiliche Grenze in Eilendorf liegen aus
dem Jahr 1439 vor (10).
In den «Verhandlungen zur Festlegung der Grenze zwischen dem
Limburger Land und dem Aachener Reich» vom 12. August 1431 wird
auf die Kornelimünster/Limburger Grenze hingewiesen: «... zu wissen,
als man kommt von Eynatten über den Dachsberg und nach Münster geht,
da liegt ein Stein, der scheidet das Land von Limburg und das Land von
Münster, und heißt «Ofenstein», von dort zum Hof von Hebscheid...» (11).
Ein Protokoll über einen Grenzritt von Limburger Seite liegt aus dem
Jahre 1710 in brabantischer Sprache vor. Eine Übersetzung desselben
wurde zuerst in der Eupener Zeitung vom 3. Mai 1879 veröffentlicht (12).
Nachfolgend ein Ausschnitt, der die Kornelimünster/Limburger Grenze
betrifft:
«-von dort bis auf den dürren Baum an der Ecke des Burtscheider
Busches- von dort auf den Schornstein der Tore zu Hebscheid- von dort
99
bis auf des Backofens Stein- von dort bis auf den genagelten Stein an die
Avantüre- von da an den Erv von Brandenburg vorbei, bis wo der
Oirsbach in die Iter fällt- von da bis an den Gifferhorn-von da bis an des
Herren Baum- von da bis an den Bäkenberg- von da bis an die Inde am
Münsterbusch- die Inde hinauf bis an die Ecke der Hecke- von da die
Hecke hinauf bis an das Birnbäumchen- von da bis zu einem Stein mit
Nägeln, liegt im Been- von da bis auf Dreyerscheydt, genannt Nachtsborn,
unten in dem Bempt- von da bis an die Furt in der Weser...»
Der zuerst genannte «Dürrenbaum» war zeitweise ein Vierländerpunkt,
denn hier kamen zusammen:
1. das Aachener Reich,
2. die Reichsabtei Burtscheid,
3. das Herzogtum Jülich (Herrschaft Schönforst),
4. das Herzogtum Limburg (Bank Walhorn).
Das kurze Stück vom Dürrenbaum bis zum Hebscheider Hof bildete
die Grenze zwischen Limburg und der Jülicher Herrschaft Schönforst.
ok
Im folgenden Abschnitt soll die Grenze zwischen Limburg und
Kornelimünster von Norden nach Süden nach den heutigen
Gegebenheiten beschrieben werden (s. auch Karte 2):
Vom markanten Grenzpunkt Hebscheider Hof führte die Grenze in
südöstlicher Richtung über den Scheidweg, der im vorderen Teil auch
heute noch Scheidstraße heißt, an Lichtenbusch vorbei zur heutigen
Monschauer Straße. Sie folgte nun (an Wasserwerk und Eisenhütte vor-
bei) in etwa der heutigen Monschauer Straße bis dort, wo der Orsbach in
die Iter fließt. Die Grenze verlief nun über die heutigen Straßen Bergfeld
und Frennetstraße (an Kirche und Friedhof von Schmithof vorbei) durch
die Gracht bis zur Inde (13). Dort machte die Grenze einen scharfen
Knick und folgte der Inde in südwestlicher Richtung bis zur heutigen
belgisch-deutschen Landesgrenze. Entlang der heutigen Landesgrenze
führte sie zum Grenzstein «BEIRBUM» und weiter zum. «Genagelten
Stein» und von dort zeitweise zum «Nächtsborn» in der Nähe der
Roetgener Kirche.
Diese Grenze teilte also bis zur Auflösung der Abtei im Jahre 1802
die Gebiete der Bank Walhorn und der Abtei Kornelimünster. Zwischen
1802 und 1814 war sie Grenze zwischen den französischen Departements
Ourthe und Roer und von 1815 bis 1920 trennte sie die preußischen Kreise
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1 = Hebscheider Hof Al HN
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2 = Backofensstein \ "45.0 DD \
3 = Genagelter Stein an die Avantüre Zn Um Ze
4 = Zusammenfluß von Iter u. Orsbach A A CS
5 = Gifferhorn if ZEN ROETGEN
6 = Pfahl am Hundigsfeld y % \
ge‘ an
7 = Frennet \
8 = Pfahl an Priors Erben CE rn
9 = Mückerweg
10 = Inde
11 = An der Rehheggen XXAKKAAAKA = heutige Landesgrenze
12 = Aacher Hau 0000000 = Grenze zwischen Limburg
13 = Pfahl mit eisernen Nägeln beschlagen u. Kornelimünster
— = Straß
14 = Pfahl am Bierbäumgen SR
15 = Pfahl mit eisernen naegeln so drey AAN | Bäche:
heren Lande scheidet als Münster, ar On Am inf) 9 Binguhelttan
Monjoyer und Limburger Lande
16 = Nachtsborn und ein Pfahl dabei darauf
St. Cornelyhorn und die Jahrzahl 1607 KARTE 2
101
Eupen und Aachen. Ab 1920 sollte sie die Landesgrenze zwischen Belgien
und Deutschland werden. Das geschah jedoch nur teilweise, weil Aachen
und damit auch Deutschland 1921 einen Gebietsstreifen von Eynatten-
Lichtenbusch und Raeren-Sief zugesprochen bekamen. Das Gebiet kam
zur Stadt Aachen, weil sich zwischen Lichtenbusch und Sief ein Aachener
Wasserwerk befand und noch befindet. Diese Maßnahme hatte
gleichzeitig eine Grenzbegradigung an dieser Stelle zur Folge.
Nachfolgend wird auf die Grenzpunkte eingegangen, die in der Karte
von 1646 bzw. in den Grenzprotokollen genannt werden:
1. Hebscheider Hof
Grenzpunkt zwischen Limburg, Jülich und Kornelimünster, der u. a.
1391, 1423, 1431, 1646 und 1710 genannt wird.
Ein undatiertes Schöffenweistum, das um das Jahr 1391 geschrieben
sein könnte, erwähnt bereits bei einer Grenzbeschreibung den Schorn-
stein des Hofs zu Hebscheid als Grenzpunkt. Es wird in der Urkunde
ausdrücklich erwähnt, dass es sich nicht um eine neue Grenzziehung
handelt, sondern dass die alte Grenze hier erneut aufgeschrieben wurde.
Auch in der Urkunde von König Sigismund vom 19. Oktober 1423
wird der Grenzpunkt Hebscheider Hof als von «aldersher» bestehend
erwähnt. In dem Protokoll vom 12. August 1431 steht sinngemäß
geschrieben:
«....von dort zum Hebscheider Hof, und zwar zum Schornstein einer
neuen Pforte, weil das alte Haus mit dem Schornstein, der früher
Grenzpunkt war, abgebrannt ist ....»
Eine weitere Erwähnung erfolgte im Grenzrittprotokoll von 1710.
Der Hebscheider Hof ist heute noch vorhanden (Grüne Eiche 45), s.
Abb.1.
Es sind Bauten des 16. und 18. sowie Umbauten des 19. Jh.
Zu der ursprünglichen, ehemals wasserumwehrten Hofanlage des 16.
Jh. gehören ein zweigeschossiges Wohnhaus mit dreigeschossigem
Wohnturm (neuzeitlicher Gestaltung) in Bruchsteinausführung sowie
Teile der Zinnenmauer. Die dreiflügeligen Wirtschaftsgebäude sind nach
dem Brand von 1882 errichtet worden. Im Blausteinportal befindet sich
im Keilstein die Jahreszahl 1544 mit dem Familienwappen von Bock-
von Goltstein und darüber, mit der Jahreszahl 1736, das Allianzwappen
von Brachel-von Hompesch (14).
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Abb. 1: Der Hebscheider Hof heute
2. Backofens Stein (1710) / ovensteen (1431)
Der Stein wird bereits in der Urkunde vom 12. August 1431 genannt:
«... als men comt von Eynatten over den Daisberch ende sal te Muns-
ter wert, dair ligt eenen steen, die scheyt dat lant van Limborch ende dat
lant van Munster, ende is geheyten den ovensteen...» (11).
Im Grenzrittprotokoll von 1710 wird er Backofens Stein genannt.
Der Stein muß bei Lichtenbusch in der Nähe eines Backofens gestan-
den haben. War es das Backhaus des Hebscheider Hofes? (Backhäuser
standen wegen der Brandgefahr meist weit weg vom Herrenhaus.)
Durch einen Vertrag vom 20. April 1611 erhielt Aachen auch bei
Lichtenbusch einen Wald zugesprochen, der sich Lichten- oder
Herrenbusch nannte. Er wurde etwa 1753 an den Aachener Bürgermeister
Jan Caspar Deltour verkauft, weshalb er auch «Deltourbusch» genannt
wurde (15).
103
3. Genagelter Stein an die Avantüre (1710) / am Ebentheuer (1646)
Es muß sich um einen zwischen Lichtenbusch und der Kinkebahn
(alte Römerstraße) stehenden Naturstein gehandelt haben, denn in einen
behauenen Stein brauchte man keine Nägel einzuschlagen. In einer Karte
von 1701 (16) ist dieser «Genagelte Stein» eingezeichnet. Die Tranchot/
v. Müffling-Karte von 1803-1820 zeigt auch einen «Genagelten Stein»
in Lichtenbusch (ca. 900 m südöstlich vom Hebscheider Hof und ca.
1400 m nordwestlich von der Kinkebahn). (Avanturin ist ein
rötlichbrauner Quarz mit oxyderfüllten Sprüngen.)
4. Zusamenfluß von Iter und Orsbach (1646, 1710)
5. Gifferhorn (1710)
Von Korneliushorn?
6. Pfahl am Hundigsfeld (1646)
In der Nähe dieses Pfahles muß der «Herrenbaum» (1710) gestanden
haben. Er trennte vermutlich einen Wald des Klosters Brandenburg (Sief)
vom übrigen Wald (Herrenbusch usw.) (s. auch unter 8. «Pfahl an Priors
Erben»).
Das Kreuzherrenkloster Brandenburg besaß in seiner unmittelbaren
Nähe zwischen Kinkebahn und nördlich der Iter ein großes Grundstück
(16).
In der Urkunde von 1710 wird dasselbe «Erv von Brandenburg»
genannt (Erv = Gut, Hof).
7. Frennet (1646)
Es gibt heute in Schmithof noch eine Frennetstraße. Im Protokoll von
1710 erscheint an dieser Stelle ein Bäkenberg. War es der Falkenberg?
Oder war es der Grenzberg, von back = Rücken/Grenze?
8. Pfahl an Priors Erben (1646)
Mit dem Prior ist der Vorsteher des Klosters Brandenburg gemeint,
das dort zwischen Iter und Inde Grundstücke besaß. Der Prior ist nicht
zu verwechseln mit dem Prälat (Abt von Kornelimünster), dem der
Prälatenwald gehörte.
In der Urkunde von 1710 (s.o. Nr. 6) werden Besitzungen des Klosters
Brandenburg auch als «Erv von Brandenburg» erwähnt.
104
9. Mückerweg (1646)
Heute gibt es dort noch eine Flur mit der Bezeichnung «Mückenbruch».
10. Inde (1646, 1710)
Die junge Inde, die im Raerener Wald entspringt, bildet auch heute
noch auf einem kurzen Stück die Grenze zwischen Belgien und Deutsch-
land. Sie fließt dann weiter über Schmithof, Friesenrath, Kornelimünster,
Stolberg, Eschweiler bis Inden, wo sie in die Rur mündet. In
Kornelimünster nimmt sie die Iter auf.
Die Inde wurde auch oft Münsterbach genannt. In alten Landkarten
erscheint sie als «Dente Fluß».
11. An der Rehheggen (1646)
Auch im Protokoll von 1710 werden die «Hecken» erwähnt.
12. Aacher Hau (1646)
Durch den Vertrag vom 20. April 1611 kam Aachen u. a. in den Genuß
eines Waldes «bey den Raderen (Raeren) nächst Valkenberg und den
Münsterbusch». Da der Wald offenbar von Aachen aus schwer zu über-
sehen war, hat die Stadt ihn später veräußert.
Im 17. Jh. finden wir den Aacher Hau, auch Aacher Bösch oder
Herrenbusch genannt, im Besitz des Herrn Friedrich Beyens, spanischer
Rat und Rechenmeister im Herzogtum Geldern, weshalb er zeitweise
auch den Namen «Beyens Busch» erhielt.
(In neueren Karten finden wir in Sief einen Wald namens «Beiers
Busch».)
Spätere Eigentümer waren die Barone de Moisnil und von Broich.
Der Name wechselte in «Baronswald». E
Einem Baron von Broich gehörte auch der sog. Prälatendistrikt, der
früher dem Abt von Kornelimünster zustand und der auf abteilichem
Gebiet lag.
Der Prälatendistrikt ist vom Münsterbusch durch einen Graben ge-
trennt (17).
13. Pfahl mit eisernen naegeln beschlagen (1646)
Etwa an dieser Stelle steht heute noch ein kleiner Stein mit dem
Korneliushorn (s. Abb. 2) beim belgisch/deutschen Grenzstein B/D 902.
Ein Stück weiter, beim Landesgrenzstein B/D 897, soll 1961 noch ein
C weiterer kleiner Grenzstein mit Korneliushorn gestanden haben (18).
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Abb. 2: Kleiner Grenzstein mit Korneliushorn bei B/D 902
14. Pfahl am bierbäumgen (1646) / BEIRBUM (1607?) /
Birnbäumchen (1710)/ Birnbaum (1807)
Ein Grenzstein mit dem Korneliushorn und der Unterschrift
BEIRBUM steht noch unmittelbar beim jetzigen Landesgrenzstein 895
(s. Abb. 3).
Ursprünglich hat wohl hier ein Birnbaum gestanden, der als Grenz-
zeichen diente.
Nachdem dieser Baum abgestorben war, hat man dort - vermutlich
um 1607 - den jetzt noch vorhandenen schönen Grenzstein gesetzt. Die
Bezeichnung, «Am Birnbäumchen» geriet bald in Vergessenheit, so dass
statt dessen der Name, «Am Vennhorn» auftauchte (19).
15. Pfahl mit eisernen naegeln so drey heren Lande scheidet als
Münster, Monjoyer und Limburger Lande (1646, 1710)
Der vorgenannte Grenzpunkt, der die drei Länder: Abtei
Kornelimünster, Herrschaft Monschau im Herzogtum Jülich und die Bank
Walhorn im Herzogtum Limburg teilte, ist der heute noch vorhandene, 4
m lange Naturstein, der im Bachbett des Grölisbaches neben dem Restau-
rant «Zum Genagelten Stein» zu sehen ist (s. Abb. 4).
107
Man ließ als Grenzmarkierung einfach eiserne Nägel in den Naturstein
ein. 1949 sollen die Nägel noch im Stein gewesen sein, jedoch heute
nicht mehr. Der «Genagelte Stein» gab etwa Anfang des 17. Jh. seine
Funktion als Dreiländerpunkt vorübergehend an den «Nachtsborn» ab.
Die Flurbezeichnung «Am Vennstein» könnte vom «Genagelten Stein»
(Vennwacke) ihren Namen haben (19).
16. Nachtsborn und ein pfahl dabey darauf St. Cornelyhorn und
die Jahrzahl 1607 (1646, 1710)
Der «Nachtsborn» war ein Brunnen, der sich noch bis zum Jahre 1961
neben dem Haus Faulbruchstraße 110 in Roetgen, in der Nähe der alten
Kirche befand. Daneben stand ursprünglich ein Stein mit dem
Korneliushorn und der Jahreszahl 1607.
Man hatte also spätestens 1607 den Dreiländerpunkt vom «Genagelten
Stein» zum «Nachtsborn» nach Osten verlegt. Vom Nachtsborn verlief
die neue Grenze geradlinig zur Weser. Das führte dazu, dass ein
Dreieckszipfel (ca. 54 ha) des Limburger Landes bis in die Mitte des
Dorfes Roetgen hineinreichte. Die Roetgener protestierten und erreichten,
dass die Grenzverschiebung etwa Ende 18. Jh. wieder rückgängig gemacht
wurde (19).
Exkurs
Es gab auch sogenannte Zehntpfähle mit dem Korneliushorn, wie das
Beispiel vom Brander Feld (s. Abb. 5) zeigt.
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Abb. 5: Grenzsteine, die den Zehntbezirk markierten
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Sie bezeichneten wahrscheinlich Grundstücke, die der Abtei
Kornelimünster abgabepflichtig waren (20).
Auch auf dem Gelände des Friesenrather Hofes in Friesenrath befindet
sich noch ein Stein mit dem Korneliushorn.
In der Nähe des «Genagelten Steines» steht noch ein Dreikantenstein
aus preußischer Zeit (ab 1815), der Grenzpunkt für drei Gemeinden war.
Er trägt die Buchstaben W für Walheim, R5 für Raeren und IR für Roetgen
(21).
Anmerkungen
1. Gielen: Walhorn, Walhorn 1987, S. 22 f.
2. Nagel: Geschichte der Reichsabtei Cornelimünster und des Münsterländchens, ,
Cornelimünster 1925, S. 19
3. ebenda, S. 20
4. Kühn: Die Reichsabtei Kornelimünster im Mittelalter, Aachen 1982, S. 50
5. Marenberg in Heimatblätter des Kreises Aachen 1993, S. 88
6. Nagel, a. a. O.,S. 43
7. Braun in ZAGV 3/1881
8. Brand, Früher und heute, Aachen-Brand 1971, S. 54
Das Abteiwappen bestand jedoch aus zwei überkreuzten Abtstäben denen das
jeweilige Familienwappen des Abtes aufgesetzt wurde.
9. Zintzen: Hebscheid, Aachen 1994, S. 18/19
10. Kraus, in Eilendorf in seiner Geschichte, Aachen 1988, S. 55
11. Pelzer in ZAGV 33/1911 (in brabantischer Sprache, vom Verf. sinngemäß übersetzt)
12. Gielen, Walhorn, S. 248
13. Gielen: Zwischen Aachener Wald und Münsterwald, Eupen 1975, S. 95
14. Zintzen. a.a.O., S. 18/19
Mainz: Das alte Forst, Aachen 1985, S. 64 f.
Im Göhltal 58/1996, 5. 8 f.
15. Liese: Vom Aachener Stadtwald, Aachen 1930, S. 12, 13 und 25
16. Hopels-Karte vom 18. Dez. 1701 in Liese, S. 13 und 25
17. Gielen: a. a. O., S. 119 f.
18. Marenberg, a.a.O. , S. 88
19. ebenda, S. 87 f.
Gielen: Eupen zwischen Ost und West, Eupen 1971, S. 110 f.
20. Brand, a.a.O.,S. 58
21. Marenberg, a. a. O., S. 89
Bildnachweis
Abb. 1: Landeskonservator Rheinland, Denkmälerverzeichnis 1. 2 Aachen, Titelblatt
Abb. 2: Heimatblätter des Kreises Aachen 1993, S. 88
Abb. 3 u. 4: Fotos des Verf.
Abb. 5: Brand, Früher und heute, Aachen-Brand 1971, S. 58
109
Jahresrückblick 2000
von Herbert Lennertz
Wie üblich begann das Jahr mit der Generalversammlung unserer
Vereinigung am dritten Sonntag im Januar im vollbesetzten Saale „Se-
lect“ in Kelmis, wo der Präsident erfreut wieder einmal recht viele
Mitglieder begrüßen durfte.
Neben dem Rückblick auf die zahlreichen Veranstaltungen des Jahres
1999 konnte der Präsident auf einen Kassenstand verweisen, dessen
Rücklage neben Druck- und Versandkosten der Zeitschrift auch einige
außergewöhnliche Auslagen zulässt.
Die Ankündigung der im Juli vorgesehenen Mehrtagesfahrt nach Ber-
lin stieß schon bei der Generalversammlung durch zahlreiche
Einschreibungen auf ein sehr positives Echo, ebenso die angekündigte
Fahrt nach Gent.
Die Versammlung fand ihren Abschluss mit einem Dia-Rückblick von
A. Bertha auf die letztjährige Fahrt nach Cuneo (Italien)- Turin- Mo-
Naco...
Der Braunkohletagebau im nahen Jülicher Land beunruhigt die
Gemüter seit vielen Jahren. Ganze Dörfer müssen geräumt werden und
fallen den Baggern zum Opfer, die sich im Uhrzeigersinn Scheibe für
Scheibe vorarbeiten. Für die Archäologen und die Behörden von der
Bodendenkmalpflege bietet sich natürlich die einmalige Gelegenheit ,
die vielfach vorhandenen Spuren früherer Besiedlung zu registrieren bzw.
zu sichern.
Eine der vom Tagebau betroffenen Gemeinden ist Inden, dessen
Christianisierung wahrscheinlich in die Mitte des 8. Jahrhunderts fällt.
Die Mutterkirche des Gebietes war Geuenich, doch diese wurde unter
Napoleon aufgegeben und Inden selber zur Pfarrkirche erhoben. Von
den einst 2.500 Einwohnern des Ortes sind (Stand Februar 2000) vorläufig
noch 29 zurückgeblieben.
Im Mai 1998 wurde in Inden der letzte Gottesdienst gehalten. Im April
2000 sollte die Abrissbirne die Kirche niederlegen. Den Mitarbeitern
des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalkunde bot sich somit
Gelegenheit, der früheren Bebauung nachzuspüren.
Auch der Nachbarort Altdorf wurde geräumt. Eine neue Siedlung
entstand einige Kilometer weiter: Inden/Altdorf, wo sich dokumentieren
lässt, wie zwei bisher getrennte Dorfgemeinschaften, durch ein
gemeinsames Schicksal zum Miteinander gezwungen, die Chance des
Neuanfanges genutzt haben.
110
Bei Kirchberg gibt eine Aussichtsplattform einen weiten Blick auf die
offene Grube des Indener Tagebaus frei, dem bis 2030 noch weitere Dörfer
weichen müssen: Pier und Pattern stehen ebenfalls auf der Braunkohle...
Unter der Leitung von Vorstandsmitglied Josef Kessel begaben sich
die „Göhltaler‘“ am 12, Februar 2000 zu einer Besichtigungsfahrt ins
Indener Revier, wo sie vor Ort von der Vorsitzenden des örtlichen
Geschichtsvereins, Frau Renate Xhonneux, empfangen und sachkundig
betreut wurden. Die Grabungen in der Pfarrkirche zu Inden, ein Gang
zur Geuenicher Höhe, eine Fahrt zum Aussichtspunkt an der Bruchkante
bei Kirchdorf sowie ins neue Inden/Altdorf machten diese erste Exkursion
des Jahres zu einem besonderen Erlebnis.
Am 13. April 2000 stellte Frau Renate Xhonneux (Inden) in einem
vielbeachteten Dia-Vortrag im Göhltalmuseum die „sterbenden Dörfer“
an der Inde vor, wo der Kohleabbau schon vor rund 200 Jahren begann,
die Landwirtschaft jedoch bis ins 20. Jahrhundert hinein die prägende
Rolle gespielt hat. Mit „viel Herz“ zeigte die Referentin die durch die
Umsiedlung entstandenen Probleme, deren Ursache jedoch nicht so sehr
bei der Fa Rheinbraun wie im immer steigenden Energieverbrauch unserer
Zeit liegt.
Am 21. Mai boten wir eine Tagesfahrt nach Gent an. Die Stadt feierte
den 500. Geburtstag Kaiser Karls V. Trotz Dauerregen gelang es den
Stadtführern, die zahlreichen Sehenswürdigkeiten im historischen
Stadtkern der Schelde-Metropole „ins rechte Licht zu rücken“. Die
Besichtigung der Kathedrale mit der „Anbetung des Lammes“ der
Gebrüder van Eyck war der Schwerpunkt des Nachmittagsprogrammes,
das mit einem Besuch in der Burg der Grafen von Flandern abschloss.
Rund um Neutral-Moresnet führte Vorstandsmitglied Hans Klein
eine Wandergruppe am 18. Juni 2000.
Die Mehrtagesfahrt führte die (45) Teilnehmer vom 19. bis 25. Juli
unter der Leitung des Präsidenten nach Mittel- und Ostdeutschland,
genauer gesagt: über Erfurt und Weimar nach Berlin und Schwerin.
Man konnte sich ein Bild vom „Aufbau Ost“ und der hier in den Jahren
seit der Wiedervereinigung schon erfolgten Leistung machen; an allen
Stationen unserer Fahrt wurden wir von qualifizierten Stadtführer(inne)n
mit der großen kulturellen Vergangenheit dieser Städte vertraut gemacht.
Der Schwerpunkt lag - wie könnte es anders sein?- auf Berlin. Die
„Frontstadt‘“ ist noch immer dabei, die Spuren der Jahrzehnte langen
Teilung zu tilgen. Und langsam nimmt die Bebauung von Potsdamer
Platz und Regierungsviertel in der Nähe von Brandenburger Tor und
Reichstag konkrete Formen an: Sony-Komplex, Daimler-Hochhaus und
Reichstagskuppel haben den Architekten Jahn, Foster u. Co die
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Gelegenheit geboten, ihrer kreativen Phantasie in Stahl, Glas, Beton und
Backsteinen freien Lauf zu lassen und für die nächsten Jahrzehnte
wegweisende Akzente zu setzen.
Eine Fahrt nach Potsdam im weiten Bogen über die nördlichen
Stadtbezirke Reinickendorf, Waidmannslust und das dörfliche Lübars
und dann südwärts über Spandau und Wannsee gab den Mitfahrenden
eine Vorstellung von den riesigen Ausmaßen der deutschen Hauptstadt
(900 km?), die mit ihren vielen Seen und Waldflächen die Großstadt
manchmal vergessen lässt.
Potsdam ist mit Schloss Sanssouci, dem holländischen Viertel, der
Russenkolonie, Schloss Cäcilienhof und vielen anderen Bauten ein Stück
preußischer und deutscher bzw. europäischer Geschichte.
Letzte Station der diesjährigen Fahrt war Schwerin, die Hauptstadt
von Mecklenburg- Vorpommern. Hauptblickfang der Stadt ist das
malerisch am See gelegene Schloss, Sitz des Landtages und Museum,
dessen Geschichte bis auf Heinrich den Löwen (12. Jh.) zurück verfolgt
werden kann. Sein heutiges Aussehen erhielt das Schloss jedoch erst um
die Mitte des vorigen Jahrhunderts durch den großherzoglichen
Hofarchitekten Georg Adolph Demmler.
Eine ausgedehnte Fahrt durch die Schweriner Seenlandschaft und eine
eingehende Stadtbesichtigung rundeten den Besuch in Schwerin ab und
setzten ein letztes „Sahnehäubchen“ auf die Mehrtagesfahrt, die viel
Anklang gefunden hatte.
Mit dem erfahrenen Wanderführer Ernst Johnen (Heimatverein
Eilendorf) ging es am 20.8.2000 in die Brunssumer Heide, die zu dieser
Jahreszeit sich im schönsten Blütenkleid zeigte. Das naturgeschützte Areal
bietet auf gut ausgeschilderten Wanderpfaden von 4 bis 12 km „Natur
pur“; im Besucherzentrum gibt es zusätzliche Informationen zur Arbeit
der „Vereniging Natuurmonumenten“. Die Organisation lag in den
Händen von Herrn Josef Kessel.
„Steine erzählen Geschichten‘ Vom Casinoweiher (Neu-Moresnet)
bis zur Donnerkaul (Lontzen) führte uns Dr. Nikolaus Schmitz (Aachen)
am 17. September 2000 und zeigte, wie in diesem Bereich der Mensch
die Landschaft entscheidend geprägt hat, von der Anlage des Stauweihers
in Kelmis und der Verlegung des Bachbettes von Tülje und Göhlbach bis
zum Erzabbau der Grube Schmalgraf und der Gewinnung von Bausteinen
im Steinbruch „Donnerkaul“.
Als die Hammerbrücke bei Hergenrath dem Streckenneubau für den
Hochgeschwindigkeitszug „Thalys‘ weichen musste und anschließend
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ein neuer Göhltalviadukt gebaut wurde, war die Baustelle an der Göhl
Ziel vieler Hobby-Filmer und Fotografen. Unter ihnen war auch Herr
Helmut Steins aus Übach-Palenberg, den die Eisenbahn in all ihren
Facetten seit jeher fasziniert und der die verschiedenen Bauphasen im
Film festgehalten hat.
Im Vortragsraum des Museums zeigte er am 9. November einem
interessierten Publikum den Zusammenschnitt seiner Aufnahmen, von
der Demontage der Brücke über die Sprengung der Pfeiler bis zum Bau
des neuen Brückenpfeilers, der Auflage des neuen Schienenbettes und
der Inbetriebnahme der Brücke.
Dieser Video-Film war gedacht als Vorbereitung auf die am 18.
November 2000 eröffnete Foto-Ausstellung über „die“ Brücke, wo in
Bildern und Texten die Geschichte der Hammerbrücke von ihren
Anfängen bis heute nachgezeichnet wurde.
Als letzte Veranstaltung des abgelaufenen Jahres sahen wir einen Dia-
Vortrag von Alfred Bertha über eine Fahrt durch Andalusien zu den
Glanzlichtern arabischer Kultur auf spanischem Boden: Sevilla, Cordoba
und Granada zeugen von der unvergleichlichen Vitalität dieser Kultur
und gehören nicht nur zum kulturellen Erbe Spaniens, sondern der ganzen
westlichen Welt.
Veröffentlichungen:
Im Jahre 2000 erschienen die Nummern 66 und 67 unserer Zeitschrift
„Im Göhltal“. Besonders aufmerksam machen wollen wir jedoch in
diesem Jahre auf
„Spuren der Vergangenheit -Gedenksteine und Wegekreuze im
Grenzraum des Göhltales‘“ von Albert Creutz. Diese Ende November
2000 von der Göhltalvereinigung herausgegebene Arbeit des Eupener
Autors ist seit Dr. Robert Jeuckens Untersuchung über „die alten
Steinkreuze im Aachener Grenzland“ (1938), der erste Versuch,
systematisch die heute noch übrig gebliebenen kleinen Denkmäler zu
erfassen und deren Inschriften zu entziffern. Dabei hat Albert Creutz
auch immer, wenn dies möglich war, den Faden von der Vergangenheit
bis in die Gegenwart weitergesponnen und den Bezug zu heute noch
lebenden Nachfahren der auf den Steinen und Bildstöcken genannten
Personen hergestellt, wodurch seine Arbeit sehr an Aktualität gewinnt.
„Spuren der Vergangenheit“, 270 Seiten, Bunt- und Sw-Fotos, ist
erhältlich zum Preise von 980 F (Abholpreis) bei der Göhltalvereinigung.