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ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr. 67 — August 2000
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG
FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr. 67
August 2000
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender: Herbert Lennertz, Stadionstraße 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat: Maxstraße 9, 4721 Neu-Moresnet, Tel. 087/65.75.04.
Lektor: Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
Kassierer: Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
Postscheckkonto Nr. 000-0191053-60.
Generale de Banque: 248-0068875-35
ASRK: 001-1149241-61
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Konto BRD: Aachener Bank: 821 363 012 (BLZ 390 601 80)
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten
Entwurf des Titelblattes: (+) Alfred Jansen, Moresnet-Kapelle.
Druck.: Hubert Aldenhoff, Gemmenich.
3
Inhaltsverzeichnis
Alfred Jansen,(+) Zum Umschlagbild S
Moresnet-Kapelle
H. v. Schwartzenberg Die Aachen-Frankfurter Heerstraße 9
Aachen
Leonard Kirschvink Schloss, Hof und Kirche zu Raeren-Titfeld 25
Bollendorf
Erich Kockartz Jöhljespräch 49
Hauset
Erich Barth Eynatten 50
Eynatten Episoden aus der Vergangenheit
Jakob Langohr Rue Baach! 67
Bildchen
Firmin Pauquet Historischer Rundgang durch Kelmis 69
Kelmis (Teil 3)
M.-Th. Weinert Mobilehexen EZ
Aachen-Forst
Alfred Bertha Vor hundert Jahren: 93
Hergenrath Die Jubelfeiern am Moresneter Gnadenort
Bianca Massonet Skizze der Hammerbrücke 107
Kelmis
Die Redaktion Für Sie gehört: ”Heem” 108
5
Zum Umschlagbild:
Die Knoppenburg in Raeren*
von Alfred Jansen (+)
Urpsrünglich hieß dieses an der Neudorfer Straße Nr. 5 gelegene
Anwesen "Hof op der Heyde", erhielt aber wegen der Zwiebelhauben
seiner den Wirtschaftsgebäuden vorgelagerten Ecktürme im Volksmund
den Namen "Knoppenburg".
Diese parallel zu einander stehenden Wirtschaftsgebäude bilden einen
Hof, dessen hintere Seite durch das Herrenhaus abgeschlossen wird.
Dessen siebenachsige Vorderfront trägt auf fünf Achsen ein Sattel-
dach, während die zu beiden Seiten überstehende Fassade durch hochge-
zogene Lisenen als selbständige Gebäudeteile betrachtet werden können;
dieser Eindruck verstärkt sich noch durch den Mauerabschluss, der aus
einer auf Kragsteinen ruhenden Zinnenkrone besteht und den Eckbauten
das Aussehen von Ecktürmen gibt.
Auch die balkonartige Mittelachse sowie der (von der Parkseite her
gesehen) dem linken Giebel vorgelagerte fünfstöckige Turm tragen eine
solche Zinnengarnitur. Diese Mauerabschlüsse kann man als architek-
tonische Absurdität und Verschandelung des Hauses bezeichnen.
Die Knoppenburg ist ein Abspliss der alten und mächtigen Herrschaft
von Belven, von der sie sich wahrscheinlich im 16. Jahrhundert löste.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war die Knoppenburg im Besitz des
Bertolf von Belven. 1612 ist Simon Bertolf als Besitzer belegt. 1615 kam
das Anwesen "durch Schenkung und Kauf” (Quix) an Wilhelm und Leonard
Vischer, Vater und Sohn. Letzterer vergrößerte das Haus und errichtete
eine neue Burg. Er kaufte auch die Herrschaft Eupen und Stockem. Von
den damals errichteten Bauten bleiben die beiden Rundtürme mit den
polygonalen Schieferhauben sowie ein Teil der Wirtschaftsgebäude.
Nach Quix war die Geschlechterfolge auf der Knoppenburg die
folgende:
1652 bewohnte Gudula von Astenet, Witwe des Leonard Vischer, das
Haus Knoppenburg. Ihre Kinder waren Winand, Wilhelm und Herbertina,
die den Junker Reinart von Lomont geheiratet hatte.
Von Leonard Vischer wird berichtet, er habe sich mit dem Argument,
die Knoppenburg sei ein Lehnsgut und von daher von jeder Steuerver-
* Aus G. Poswick, Les Delices du Duche de Limbourg, Verviers 1951, S. 376
6
pflichtung befreit, geweigert, die von der Gemeinde Neudorf geforderten
Steuern zu zahlen. Nach sehr langem gerichtlichem Streit - er ging über
viele Jahrzehnte - habe schließlich im Jahre 1698 der Bürgermeister von
Neudorf eines Tages einige Einwohner zusammengetrommelt und sich
mit diesen zur Burg begeben, wo sie den Hausherrn und dessen Familie
schwer misshandelt haben sollen. Es ist nicht überliefert, ob diese
Selbstjustiz zum erwünschten Erfolg geführt hat.
In der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam die Familie Vischer in
finanzielle Schwierigkeiten und gegen Ende jenes Jahrhunderts kam die
Knoppenburg durch Verkauf an die freiherrliche Familie von Lamberts,
die Schuldforderungen an die Familie Vischer hatte. Der Kaufmann ,
Lambert Xavier Lamberts, der das Haus erwarb, besaß auch Güter zu
Berlotte. Er war 1704 Intendant des Königs von Spanien in der Provinz
Limburg und Bürgermeister von Aachen.
Die Kinder und Erben (darunter Johann Franz von Lamberts, Mitglied
der Propstei Reichstein b. Monschau, und Albert Matthias Lamberts,
Kanoniker in Andenne) teilten den Hof 1749. Dem jüngsten der Söhne,
Karl Johann Wilhelm, Offizier in dem französischen Regiment allemand
de Lenck in Lille, fiel die Knoppenburg zu. Er vererbte sie an seinen
entfernten Verwandten Peter Ignaz Josef von Las(s)aulx/de la Saulx, der
1780 mit der Burg belehnt wurde.
In der Franzosenzeit war Ignace de la Saulx Vorsitzender der Malme-
dyer Stadtverwaltung, Abgeordneter des Ourthe-Departements, Friedens-
richter zu Malmedy und Gerichtspräsident des Appellhofs in Köln. Sein
Wappen ziert noch den Hauseingang und die Wetterfahnen der beiden
Rundtürme.
Die Knoppenburg blieb im Besitz der Familie de Lasaulx und deren
Nachkommen (von Heinsberg 1847, von Blanckart 1875, von Groote
1904).
Ignace de la Saulx heiratete in erster Ehe Josephine Paquay und in
zweiter Ehe Henriette Margarethe Therese d'Outrelepont. Die
Knoppenburg fiel an die einzige Tochter aus zweiter Ehe, Josephine
Katharina Therese Henriette de la Saulx, die 1847 Maximilian Hubert
Josef von Heinsberg, Leutnant im 17. preußischen Ulanenregiment,
heiratete.
Von ihr wird erzählt, sie sei eine sehr resolute Frau gewesen und sie
habe in einer Winternacht des Jahres 1846 Landstreicher, die in die
Knoppenburg einzudringen versuchten, mit Flintenschüssen in die Flucht
getrieben.
%
Henriette de la Saulx lebte damals mit ihrer schon verwitweten Mutter
und zwei Dienern auf der Knoppenburg. Man verfügte über mehrere
Jagdwaffen, die die junge Frau ständig nachladen ließ und indem sie von
einem Fenster zum andern und von einer Etage zur anderen lief und auf
die Angreifenden schoss, mussten diese wohl annehmen, das Haus verfüge
über eine starke Verteidigung. So gelang es der Henriette de la Saulx, die
Angreifer die ganze Nacht über in respektvollem Abstand zu halten. Einer
der Ausgabeiten blieb tot, ein anderer verwundet zurück. Im Morgengrauen
erschienen die Dorfbewohner und die übrigen Ausgabeiten ergriffen die Flucht.
Als die Kunde von diesem Geschehen sich in Lüttich, Aachen und
Verviers verbreitete, häuften sich die Heiratsanträge auf der Knoppenburg.
Grafen, Freiherren und Barone baten um die Hand der jungen Frau, die,
wie schon gesagt, einen preußischen Ulanenleutnant heiratete.
Die Familie von Heinsberg ließ umfangreiche Bauarbeiten
durchführen. Das Wohnhaus erhielt damals sein jetziges Aussehen.
Maria Therese Hubertine von Heinsberg, Tochter der Vorgenannten,
erbte die Knoppenburg und brachte sie 1875 in die Ehe mit dem
Forstingenieur Baron Adolf Karl Franz von Blanckart (Aachen 1841-
1909). Von den beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Töchtern Eva
und Martha Maria, überlebte nur Letztere, die 1904 Josef Karl Stanislas
von Groote (geb. Godesberg 1865), Herrn von Hermülheim und
Immendorf, heiratete.
Die Witwe Maria von Groote, geb. Freiin von Blanckart (1877-1957)
verkaufte das Raerener Haus mit etwa 50 ha Grund und zwei Bauernhöfen
im Jahre 1936. Neue Besitzer wurde Familie Josef Heinrich Wilhelm
Van Laar, die sich schon 1985 von der Knoppenburg trennen wollte; ein
Käufer fand sich aber erst 1990.
Damit begann ein letztes und bewegtes Kapitel in der Geschichte
dieses Hauses. Der neue Besitzer, der Aachener Geschäftsmann Wolfgang
Riegel, wollte nach teilweisem Umbau auf der Knoppenburg "einen
angemessenen Rahmen für seine Kunstsammlungen schaffen". Bei den
in Angriff genommenen Baumaßnahmen vergaß er allerdings darauf
Rücksicht zu nehmen, dass die Burg seit dem 17.11.1989 unter
Denkmalschutz steht. Die Denkmalschutzkommission war nun der
Ansicht, an der Fassade des Hauses dürften keine Veränderungen
vorgenommen werden. Der Besitzer aber hatte den Zementputz entfernen
lassen und trug sich mit der Absicht, den oberen Teil des Mauerwerks,
der zu seiner Überraschung nicht aus Bruchsteinen, sondern aus Ziegeln
bestand, abzutragen und in Bruchsteinen neu aufzumauern.
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Die Knoppenburg in Raeren (Foto A. Jansen)
Es kam zum Baustopp... Da der Bauherr und die Denkmal-
schutzkommission keinen gemeinsamen Nenner fanden, blieb die
Knoppenburg viele Jahre unbewohnt und dem weiteren Verfall
preisgegeben. Erst Ende 1998 fand sich ein Liebhaber für das alte Haus:
Familie Jean Pelzer-Melzner will die dringendsten Arbeiten an Dach und
Fenstern durchführen und die dem Hof zugewandte Fassade, deren
Fundamente der Vorbesitzer zu verstärken versucht hatte und die
daraufhin etwas aus dem Lot geraten war, niederlegen und in Blocksteinen
mit anschließenden Zementputz wieder aufbauen lassen.
Der rechte Flügel der Wirtschaftsgebäude wird zu einem Pferdestall
mit Einzelboxen für Dressurpferde umgebaut; darüber wird eine Wohnung
für den Pferdepfleger eingerichtet. Der Zugang dazu wird durch den
runden Eckturm führen.
Wenn die administrativen Hürden überwunden sind, hat die
Knoppenburg wieder eine Zukunft und dürfte noch vielen Generationen
erhalten bleiben.
Quellen
de Fossa, P.-A., Knoppenburg, un paisible domaine rural, in Le Courrier, 14.10.1977
Grenz-Echo v. 25.Aug. 1998 und 6. Nov. 1999
Ministere de la Communaute francaise (Herausg.), Le Patrimoine Monumental de la
Belgique, Wallonie, 12, Province de Liege, Arrondissement de Verviers, tome 3, p. 1193-
1195, Vlg. P. Mardaga, Liege, 1984.
Poswick, G. , Les Delices du Duche de Limbourg, Verviers 1951, S. 377-378
Quix, Chr., Beiträge zu einer historisch-topographischen Beschreibung des Kreises Eupen,
Aachen, 1837, S. 164-166
Reiners, H., Die Kunstdenkmäler von Eupen-Malmedy, Vlg. Schwann, Düsseldorf, 1935,
S. 172-173
Verwaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft (Herausg.), Denkmälerverzeichnis, 8,
Raeren, S. 343-345
9
Die Aachen-Frankfurter
Heerstraße
von Heinrich von Schwartzenberg
Einleitung
Die vorgenannte mittelalterliche Heerstraße verband — wie der Name
sagt — die alten Reichsstädte Aachen und Frankfurt am Main. Die Straße
hatte im Mittelalter als Königs- und Heerstraße, als Pilgerweg und vor
allem als Handelsstraße große Bedeutung. Zuweilen wurde sie auch als
Poststraße genutzt.
Als Handelsstraße war die Aachen-Frankfurter Heerstraße ein Glied
des großen niederländisch-italienischen Straßenzuges. Im Nordwesten
erreichte man über die Anschlußstraßen nach Lüttich und Maastricht das
Handelszentrum Antwerpen und im Süden über Augsburg-Tirol den
Wirtschaftsraum Oberitalien. Auch für die Habsburger Herrscher war
die Straße von Bedeutung, verband sie doch ihre Besitzungen in den
Niederlanden mit denen in Österreich.
Die Aachen-Frankfurter Heerstraße wurde nicht nur von Herrschern,
Heerscharen und Pilgern benutzt, sondern auch von Kaufleuten — nicht
zuletzt aus Lüttich und dem Herzogtum Limburg — so dass sich ein
Blick in die Historie dieser Straße lohnt.
Man kann sagen, dass diese Straße ein mittelalterlicher Verkehrsweg
ersten Ranges war und so häufig wie kein zweiter der damaligen Zeit in
den Landkarten und Itinerarien (Reisebeschreibungen mit Verzeichnis
der Haltepunkte und Entfernungen) vertreten war.
Verlauf und Entstehung der Straße
Die Straße, die eine Gesamtlänge von 252 km hatte, begann beim
karolingischen Königsgut in Aachen auf dem Markt. Sie war auf einem
römischen Weg trassiert, der vom Markt über die römischen Ortsstraßen
(heute Großköln- und Alexanderstraße) zur Peterskirche (hier lag ein
römischer Friedhof) verlief. Über die heutige Mariahilfstraße führte die
Straße weiter durch den Kurgarten über den "Grünen Weg" (häufige
Bezeichnung für alte Römerwege) bis zum Wurmbach, hinter dem sie in
einem Bogen auf Haaren zu lief.
Nach dem Bau der Stadtmauern (Beginn 1171 bzw. 1257) wird die
Straße wohl durch das Kölnmitteltor bzw. Kölntor die Stadt Aachen
11
Jahre 495 von Süden kommend am Rhein vorbei bis Sinzig zogen. Hier
bogen sie ab und kamen über Bodendorf und Eckendorf nach Zülpich,
wo sie dem König Sigibert I. heftige Kämpfe lieferten (Ort der Schlacht
- 496 - umstritten).
Von Düren bis Sinzig (64 km) verlief die alte Heerstraße ziemlich
geradlinig in südöstlicher Richtung. Auf dem ersten Stück hatte sie bis
Sievernich keine Ortsberührungen und wies auch dort kein Königsgut
und keine direkt an der Straße liegenden Burgen auf. Dies änderte sich
auf den Abschnitten Sievernich - Wichterich - Wüschheim - Groß-
Büllesheim - Essig - Oberdrees - Rheinbach - Eckendorf - Bodendorf -
Sinzig, wo es zahlreiche Ortsdurchgänge, vor allem durch das Reichsgut
Rheinbach, gab. Auch standen am Verkehrsweg etliche Burgen, die leider
nicht immer dem Schutz der Straße dienten, sondern manchmal als
Raubritternester missbraucht wurden.
In Sinzig erreichte der alte Heerweg die Rheingegend und durch die
Rheinebene ging es auf alten Römertrassen über Andernach, Koblenz,
Boppard, Oberwesel, Bingen und Mainz weiter nach Frankfurt. Es bestand
auch die Möglichkeit, über Rhein und Main den Schiffsweg zu nutzen.
Im Gegensatz zu den von den Römern "gebauten" Straßen wurden
die vorzeitlichen Wege nicht angelegt. Die Fuhrwerke folgten in möglichst
gerader Richtung einem bestimmten Ziel, so dass sich im Laufe der Zeit
der Fahrweg von alleine bildete, bis schließlich ein Hauptweg entstanden
war. Durch ständiges Ausfahren und Ausspülen durch den Regen
entstanden - besonders bei Lößboden - oft Hohlwege, die in der Aachener
Gegend Grachten genannt werden. War ein Weg nicht mehr gängig, so
wurde daneben eine neue Spur angelegt. So kommt es, dass man heute
noch an manchen Stellen mehrere Fahrspuren nebeneinander erkennen
kann.
Erstmals erwähnt werden Einzelheiten des karolingischen Verbin-
dungsweges in einer Urkunde aus dem Jahre 973. Seit Anfang des 15.
Jh. (z. B. 1413) erscheint die Straße mit dem Namen "Aicher straiss"
(Aachener Straße). In einer Urkunde von 1430 wird der Heerweg "publica
strata sive platea Aquisgrana” genannt.
Die Straße erscheint in der Reiseliteratur des 14. bis 19. Jh. in
zahlreichen Itinerarien, erstmals in einem Brügger Pilgerbüchlein aus
dem 14. Jh. Auch auf vielen Landkarten ist der Verkehrsweg einge-
zeichnet. Die erste exakte Aufnahme der Straße erfolgte aber erst in der
Franzosenzeit in der Landaufnahme unter dem Obersten Tranchot (1804-
1814). Sie erscheint darin als "Route d’Aix la Chapelle ä Francfort".
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Gesamtstrecke 252 km N %
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Düren-Sinzig 64 km LEE xx
Sinzig-Frankfurt 156 km EP MAINZ %
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Karte vom Verlauf der Aachen-Frankfurter Heerstraße
Die Verkehrsplanung der Neuzeit hat nicht mehr viel von der einst so
bedeutenden Straße übriggelassen. Vielleicht sind noch einige Reste in
den heutigen Straßen zwischen Aachen und Weiden oder Weisweiler-
Langerwehe und natürlich auch an den Rhein- und Main-Uferstraßen
vorhanden. Auf dem Abschnitt Düren-Sinzig hatte die Neuzeit den alten
Heerweg zu einem Feldweg werden lassen, der durch die
Flurbereinigungen schließlich auch noch verschwunden ist, so dass man
stellenweise nur noch eine seichte Rinne im Gelände erkennen kann.
Die Bundesstraße B 56 und die Autobahn A 61 kann man hier als
neuzeitlichen Ersatz für den alten Verkehrsweg betrachten.
Königs- und Heerstraße
Da Aachen unter Karl dem Großen im Jahre 796 zum geistigen
Zentrum des Reiches und zum Königssitz aufgestiegen war, wurde die
Aachen-Frankfurter Heerstraße immer wichtiger. Urkunden belegen, dass
später viele Könige diese Straße benutzt haben, z. B.
842 König Lothar,
870 Ludwig der Deutsche, der in Flamersheim etwas abseits der Straße
durch den Einsturz einer Zimmerdecke seine vielzitierten
Rippenbrüche erlitt,
13
876 Karl der Kahle, der dafür sorgte, dass die Reliquien des hl.
Kornelius und des hl. Cyprianus nach Kornelimünster kamen,
936 Otto 1. zu seiner Krönung.
Auch von Einhard, dem Biographen Karls des Großen, wissen wir,
dass er alljährlich über den Heerweg nach Aachen zog, um bei seinem
Kaiser den Winter zu verbringen, wobei er in der "villa regalis” Sinzig
Zwischenstation machte. Einhard soll 828 in Sinzig ein Wunder erlebt
haben, das sehr an die Hochzeit zu Kanaan erinnert, nur dass statt Wasser
dort Bier zu Wein geworden sein soll.
Seit der Krönung Heinrichs III. im Jahre 1028 reisten die Herrscher
ständig zur Krönung und Thronsetzung nach Aachen, wodurch der
Aachen-Frankfurter Heerweg neue Bedeutung erhielt.
Eine Urkunde vom 12. März 1066 belegt, dass Heinrich IV. von Worms
nach Aachen reiste.
Seit Friedrich I. (1152) fanden die Königswahlen in Frankfurt statt
und unmittelbar danach zog man zur Krönung nach Aachen. Philipp von
Schwaben wurde im Jahre 1205 in Aachen zum König gekrönt, und er
ließ 1206 die Burg Landskron zum Schutz gegen seinen Erzfeind Otto
IV. und zur Kontrolle der Aachen-Frankfurter Heerstraße bauen.
Von Friedrich IL. (1215) bis zu Ferdinand I. (1531) fanden die weiteren
Krönungen in Aachen statt.
Die meisten Könige kamen von Frankfurt über Main und Rhein mit
dem Schiff bis Sinzig, wo die Gebäude der Pfalz den Herrschern mit
ihrem Gefolge Unterkunft für einen Zwischenstop boten. Dann ging es
auf dem Landweg mit Pferd und Kutsche weiter nach Aachen.
Aber nicht nur zu den Krönungsfeierlichkeiten wurde die Straße be-
nutzt, sondern auch als Anmarschweg zu den Reichstagen, zu Truppen-
verschiebungen usw.
Es muß ein imponierendes Bild gewesen sein, wenn man bedenkt,
dass die "Karawane", die zur Krönung nach Aachen zog, oft über tausend
Personen umfasste. Vom König mit seinem Hofstaat, über Kurfürsten,
Bischöfe, Äbte, Prälaten, Herzöge, Grafen, Freiherren, Ritter, Knechte,
Stadtvertreter, Händler, Handwerker bis zu den Bettlern war alles
vertreten. Für die Verpflegung so vieler Menschen liefen auch noch
Schweine und Rinder hinterher. Bei der Krönung Karls V. (1520) sollen
sogar an die 5000 (!) ausgesuchte Pferde mit stattlich gekleideten Reitern
den Zug — allerdings von Maastricht kommend — begleitet haben.
Es ist bezeichnend, dass in der Nähe oder direkt an der Strecke Düren-
Sinzig bis 1370 insgesamt 36‘(!) Burgen entstanden. allerdings gehörten
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Abb. 2: Torbogen und Bergfried der Burg Rheinbach
am alten Heerweg Aachen-Frankfurt
die meisten. dem niederen Adel, und nur die beiden Höhen- und
Reichsburgen Tomburg und Landskron wurden zu Zentren größerer
Herrschaften, wobei die mit der Tomburg belehnten Herren von Müllenark
den traurigen Ruhm erlangten, von dort aus Raubrittertum zu betreiben.
Auch ein kleiner Herr von Bolheim benutzte seine an der Heerstraße
gelegene Burg, um Kaufleute des Herzogs von Limburg, mit dem er in
Fehde lag, zu überfallen.
Bei Burg Rheinbach (s. Abb. 2) kreuzte der mittelalterliche Heerweg
Aachen-Frankfurt die Römerstraße, die von Köln zur Mosel führte. Die
Burg wurde später in die Befestigungsanlagen der Stadt einbezogen.
Es sei noch erwähnt, dass etwa seit dem 14. Jh. auch der Weg über
Köln-Jülich zu den Krönungsfeierlichkeiten genommen worden ist. Die
15
neuen Könige wollten wohl damit der Stadt Köln ihre Reverenz erwei-
sen.
Pilgerstraße
Als Kaiser Karl um das Jahr 800 in Aachen den Bau seiner Pfalz mit
der zugehörigen Kapelle (jetziger Dom) errichten ließ, stattete er Letztere
reichlich mit Reliquien aus. Zu diesen Reliquien sollen auch die vier
großen Heiligtümer (das Kleid der Mutter Gottes, zwei Windeln des
Christkindes, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das
Lendentuch des Erlösers) gehört haben, die der Kaiser unmittelbar oder
mittelbar aus dem Heiligen Land erworben haben soll.
Durch diese textilen Heiligtümer und durch die weiteren im Aachener
Domschatz aufbewahrten sichtbaren Unterpfande des Heils wurde Aachen
ein bedeutender Wallfahrtsort. Die im Zeitalter der Gotik alle sieben Jahre
stattfindenden Heiligtumsfahrten zog so viele Menschen an, dass Aachen
sogar zum meist besuchten Wallfahrtsort nördlich der Alpen aufstieg.
Die älteste Nachricht über die Aachener Heiligtumsfahrt liegt aus dem
Jahre 1312 vor. Ab 1349 bis in unsere Zeit findet die Heiligtumsfahrt
alle sieben Jahre statt.
Dass die Pilgerströme zur Heiligtumsfahrt gewaltig waren, belegt eine
Zählung von 1496, bei der an den Stadttoren an einem einzigen Tag
142.000 Pilger gezählt wurden. Der Metzer Bürger Philipp von Vigneulles
berichtet, dass er 1510 die Heiligtümer von Maastricht, Aachen,
Kornelimünster, Düren und Köln besuchte und dabei auf seiner Reise
von Aachen nach Düren "auf der großen Straße” im Laufe des Nach-
mittags an mehr als 50 000 Menschen vorbeigeritten sei.
Die meisten Pilger kamen wohl aus dem Süden — sogar aus Ungarn
— und benutzten auf dem letzten Stück, wenn sie sich nicht eine teure
Fahrt bis Köln mit dem Schiff leisten konnten, die Aachen-Frankfurter
Heerstraße.
Zur Betreuung der Wallfahrer gab es entlang der alten Straße viele
Hospitäler, z. B. in Dürwiß, in Düren, in Sinzig seit 1275, in Remagen
seit 1300, in Rheinbach seit 1484. Sogenannte Siechenhäuser gab es seit
1345 in Remagen, seit 1525 in Rheinbach, seit 1606 in Eckendorf und
seit 1613 in Heppingen.
Auch viele Kapellen, Heiligenhäuschen und Wegekreuze standen
entlang der Pilgerstraße.
In diesem Zusammenhang sei auf einen in Aachen-Sief noch existie-
renden Stein (im Denkmälerverzeichnis 1.2 Aachen, S. 98 wohl irrtümlich
7
als Pilgerstein bezeichnet) aus dem 19. Jh. hingewiesen, der die Aufschrift
"Aachen-Sinzig" trägt. Auch gibt es im Walheimer Wald von Relais
Königsberg in Richtung Mulartshütte eine "Sinziger Schneise". Nach
meinen Recherchen war die Schneise Teil des 160 km langen Eifel-
Wanderweges, der von Aachen-Linzenshäuschen kam und über
Mulartshütte, Rurberg, Gemünd, Münstereifel, Altenahr und Ahrweiler
nach Sinzig führte (Hölschers Eifelführer, Köln 1920, S. 11).
Es sei noch erwähnt, dass auch so mancher Badegast über die Aachen-
Frankfurter Heerstraße nach Aachen gelangte. Stellvertretend hierfür sei
an den Bericht des Landgrafen Ludwig von Hessen erinnert, der am 2.
Mai 1431 in Kassel aufbrach und über Homburg und Montabaur nach
Linz ritt, wo er den Rhein überquerte. Über die alte Heer- und Pilgerstraße
ging es zur Kur- und Badestadt Aachen, in der er am 7. Mai 1431 eintraf.
Handelsstraße
Es wurde bereits in der Einleitung erwähnt, dass die Aachen-
Frankfurter Heerstraße ein Teil der großen niederländisch-italienischen
Handelsstraße war. Wurden im Fernverkehr hauptsächlich Metall- und
Textilwaren transportiert, so überwogen im Nahbereich die Wein-
transporte. Hierzu bot sich der alte Heerweg ja geradezu an, führte er
doch von den Weingebieten an Rhein und Ahr auf kürzestem Weg bis in
unsere Gegend. Es waren vor allem die Klöster, die mit Wein versorgt
werden wollten, und so kam es, dass viele Klöster in den Weingebieten
begütert waren.
Hier einige Beispiele:
Die Lütticher Stifte St. Dionysius, St. Martin, St. Lambert und Hl.
Kreuz waren in Bingen, Flerzheim, Witterschlick, Lautershofen und
Unkelbach begütert.
Das Maastrichter Servatius-Stift hatte Weingärten in Ahrweiler und
Wadenheim bei Bad Neuenahr.
Die Abtei Rolduc (bei Herzogenrath) hatte Besitzungen in Ahrweiler
und Lommersum.
Die Abtei Burtscheid hatte Außenbesitz in Sinzig, Westum und
Koisdorf bei Sinzig sowie in Boppard.
Nivelles, die alte Hausabtei der Pippiniden, war begütert in Unkelbach,
Ödingen und Binsfeld.
Das Reichskloster Stablo erhielt Besitz- oder Zehntrechte in Remagen,
Sinzig, Düren und Villip.
Auch das Aachener Münsterstift besaß bei Sinzig ausgedehnte
Weingüter.
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Abb. 4: Vom Eifelverein (?) gesetzter Wegestein Aachen-Sinzig in Aachen-Sief
So kann man sich vorstellen, dass auf unserer Straße Tausende von
Pferdewagen, Ochsenkarren und Reitern hin und her zogen. Dass es dabei
- durch die Raubritter und Straßenräuber, die auf den Straßen ihr Unwesen
trieben - nicht immer friedlich zuging, läßt sich denken. Das Aachener
Marienstift hat daher seine Transporte zumeist unter dem Geleit der
Burggrafen von Landskron durchführen lassen.
Da das Ausgabeenunwesen (z.B. Bockreiter) in der Mitte des 18. Jh.
zwischen Rhein und Maas zunahm, wurde im Herzogtum Jülich, durch
dessen Bereich ein Großteil der alten Heerstraße verlief, ab 1781 eine
uniformierte, bewaffnete Polizeitruppe, die sog. Landdragoner, gegründet.
Ein Hauptstandquartier befand sich in Düren, während in Euskirchen
und Sinzig Reiterposten und in Vorweiden und Remagen Fußposten
stationiert waren (Reiche in Aachener Volkszeitung vom 23.07.97).
19
Wie lange eine Reise damals dauern konnte, darüber gibt uns der
Augsburger Kaufmann Lukas Rem in seinen Tagebuchaufzeichnungen
Auskunft:
"Adi 1. Junio (um 1500) ritt ich von hier (Augsburg) gen Ulm, Speyr,
Mentz (Mainz). Von dar fuor ich zur Schiff gen Remmagen. Ritt von da
auf Rembach (Rheinbach), Düren, Auch (Aachen) kam gen Antorff
(Antwerpen) adi 13. fruo sampt mein Knecht und Pferden."
Er benötigte also 12 bis 13 Tage von Augsburg nach Antwerpen.
Bei so einer wichtigen Straße durften ja auch die Einnahmequellen,
die Zölle und Wegegelder, nicht fehlen. So gab es z. B. Zahlstellen in
Weiden, Wichterich, Rheinbach, Eckendorf und Sinzig und gewiß auch
an den Stadttoren der großen Städte.
So besaßen die Grafen von Jülich durch die Erhebung von Zöllen am
Rurübergang in Düren eine fast unerschöpfliche Geldquelle, da der
gesamte Handelsverkehr, z. B. mit Aachener und Flandrischen Tuchen,
über die Aachen-Frankfurter Heerstraße abgewickelt werden mußte
(Hausmann, S. 61).
Es sei noch erwähnt, dass Aachener Kaufleute von Zöllen befreit waren
und alle Zollstätten innerhalb des Reiches frei passieren durften.
Dass auch damals nicht gerne Zölle bezahlt wurden, geht aus einem
Aktenstück hervor, das nachfolgend nach Flink zitiert wird:
"Am 6. Februar 1581 erreichten zwei Lütticher Kaufleute per Schiff
mit 21 Fuder Wein, den sie an der mittleren und oberen Mosel gekauft
hatten, den Andernacher Zoll. Dem dortigen Kurkölner Zöllner gestanden
sie, dass sie den Wein in Breisig auszuladen und über Sinzig nach Lüttich
zu führen gedächten. Daraufhin verlangte der Zöllner neben den
Andernacher auch die Linzer und Bonner Zollgebühren in Höhe von
insgesamt 34 Goldgulden. Dieses Ansinnen wiesen die Lütticher zurück
und beriefen sich darauf, dass sie bisher stets gegen erlegungh des
antreffenden Landtzoll und Weghgeltz unverhindert die Kayserliche Freye
Landtstraß von Breisig durch Sinzig, die Grafschaft Neuenahr und also
fort uf Dueren, Aichen, Luttich und anderswo benutzt hätten. Der Zöllner
zeigte sich aber unbeeindruekt und ließ das Schiff kurzerhand
beschlagnahmen. Die daraufhin von den Kaufleuten bei der jülich-
bergischen und der kurkölnischen Regierung vorgebrachten Proteste
hatten eine umfangreiche Untersuchung zur Folge, bei der sich u. a. ergab,
dass schon häufig zu Breisig Weinladungen auf der Achse clandestine
20
hinweg geführt worden seien, aber so schlimm wie im letzten Herbst sei
es noch nie gewesen. Der Grund hierfür sei — neben der Zollumgehung
— die kürzere Landstrecke und die Unsicherheit der Straße von Köln
nach Lüttich. Als sich Anfang März einer der Kaufleute erbot, mit dem
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Abb. 5: Der Fuhrmann unterwegs auf der großen Handelsstraße
21
Leib einzuhalten, wenn man die Weine wenigstens bis Köln fahren ließe,
damit sie dort verkauft werden könnten, schrieb der Andernacher Zöllner
dem Bonner Hofrat, er halte dieses Bürgschaftsangebot für ”’betriegliche
Schiff- und welsche Kauffmans poßen”. Diese Annahme scheint der
Hofrat geteilt und das Angebot nicht angenommen zu haben, jedenfalls
haben die beiden Lütticher am 30. März die geforderten 34 Goldgulden
Zollgebühren gezahlt und sind dann auf der AFH unter nochmaliger
Zahlung an den Landzollstätten nach Lüttich gefahren." (AFH = Aachen-
Frankfurter Heerstraße)
Poststraße
Im Jahre 1477 heiratete der Habsburger Maximilian, Erzherzog von
Österreich, Maria, die Erbtochter Karls des Kühnen von Burgund, und
kam dadurch in den Besitz des niederländisch-burgundischen Erbes.
Maximilian I., von 1486 bis 1519 deutscher (römischer) König und ab
1508 Kaiser, bekam durch die Erbschaft einen ausgedehnten Macht-
bereich. Schon bald nach seiner Regierungsübernahme bemühte er sich
um eine schnelle und sichere Postverbindung zwischen den alten
Habsburger Ländern in Österreich und den neuen Gebieten in den
Niederlanden, wobei es eine Neuerung gab.
An die Stelle der bisherigen kaiserlichen Einzelreiter traten nun
Stafetten-Reiter, die Tag und Nacht unterwegs waren. Dadurch erhöhte
sich die Tagesleistung von ca. 25 bis 30 km auf 166 km. Die erste
Stafetten-Linie wurde im Jahre 1490 von Innsbruck nach Mecheln
(zeitweise Hauptstadt der habsburgischen Niederlande) angelegt, was
die Post 1990 zum Anlaß nahm, das 500jährige Jubiläum der ersten
europäischen Postverbindung zu feiern.
Nachdem der Kurs zunächst von Rheinhausen durch das Rheintal
über Speyer, Worms, Bingen, Koblenz, Köln und über Jülich nach
Mecheln verlief, änderte er sich bereits nach fünf Jahren, weil die
Rheinauen oft überschwemmt und außerdem die Mauern der großen
Städte nachts verschlossen waren.
Die neue Trasse bog in Breisig (bei Sinzig) ab und verlief von dort
sehr wahrscheinlich über die Aachen-Frankfurter Heerstraße in Richtung
Aachen und weiter nach Mecheln.
Aus den genauen Aufzeichnungen der Postreiter, den sog.
"Poststundenpässen", kennen wir die einzelnen Stationen:
Rheinhausen, Speyer, Heppenheim, Flonheim, Rheinböllen,
Hatzenport, Breisig, Büllesheim (an der Aachen-Frankfurter Heerstraße),
22
Veen (13 km nördlich von Monschau), Peudargent, Rillaer (bei Aerschot)
und Mecheln.
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Abb. 6: Zum 500jährigen Jubiläum der ersten europäischen Postverbindung
Innsbruck-Mecheln wählten Österreich, die BRD und Belgien
dieses gemeinsame Briefmarkenmotiv.
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Abb. 7: Gleichzeitig mit der gemeinsamen Briefmarke gaben die österreichische,
die deutsche und die belgische Post auch ein Erinnerungsblatt
mit der Postroute heraus.
23
Wenn das genannte "Veen" Venwegen oder das Hohe Venn bedeutet,
so tritt hier eine Abweichung oder Abkürzung von der Heerstraße auf.
Schlussbetrachtung
Der Zustand der Straße muß nicht vom Besten gewesen sein. Lassen
wir dazu und zum Verkehrsaufkommen den jülich-bergischen Kanzler
Franz Karl von Hompesch zu Wort kommen, der im Jahre 1778 mit dem
an der Aachen-Frankfurter Heerstraße gelegenen Boulichshof bei
Wichterich belehnt wurde.
In einer Denkschrift hat er folgendes geschrieben (nach Simons (1907)
und Nottebrock (1926):
"Wenn es wahr ist, daß gute weeg- und landstraßen den inländischen
handel und wandel befördern, so ist es kaum begreiflich, wie man bisheran
hat Zaudern können, die für das Gülische und Collnische so wichtige
landstraße von Deuren auf Sintzig in chausseemäßigen stand zu stellen.
Die wichtigkeit dieser neuen chaussee fällt einem jedem ins auge, der
nur einen blick auf die landkarte wirft. Doch sicherer ist aber derjenige
davon überzeugt, der die menge des fuhrwerkes bemerket hat, welche
schon dermalen diesen weeg täglich brauchet, obschon er zu allen
jahreszeiten wegen der schlechten unterhaltung und starken gebrauch
ohne schweren vorspann nicht durchzukommen ist. Im sommer, frühjahr
und herbst sieht man auf diesem weege oft über hundert schwer beladene
frachtkarrigen mit vier, fünf und sechs pferden an einem tag vorbeifahren,
und wenn auch zehn andere chausseen angelegt würden, so würden doch
immer die fuhrleute diesen weeg, so oft nur durchzukommen, vorziehen,
weilen er der geradeste ist und ihnen wenigstens eine ganze tagreise
zwischen Braband, Lüttich, Aachen und dem Oberrhein ersparet. Man
bestelle einen meßkunst-verständigen, so wird sich zeigen, daß von
Deuren die Linie grad auf Sievernig, von da über Elvenich, Frauenberg
auf Euskirchen etc. leite. Ein beweis, daß der weeg über Sievernich nach
der gegend von Euskirchen der beste seye, ist, daß das fuhrwerk würklich
diesen weeg bei guter witterung einschlägt und dabei die alte landstraß
meistens beibehalten wird. Nur müßte die chaussee durch Euskirchen
geführt werden, anstatt, daß jetzt die landstraß bei Euskirchen vorbei
durch Wüschem gehet, weilen die stadt Euskirchen als der mittelpunkt
zwischen Sintzig und Deuren zu anlegung einer poststation und ruheplatz
am bequemsten gelegen ist."
24
Benutzte Literatur
Nottebrock: "Die Aachen-Frankfurter Heerstraße in ihrem Verlauf von
Aachen bis Sinzig" in Bonner Jahrbücher 131/1926, S. 245-284
Flink: "Der Abschnitt Sinzig-Düren der Krönungsstraße von Frankfurt
nach Aachen" in Heimatbuch für den Kreis Ahrweiler 1976, S. 35-48
Degenhardt: Auf den Spuren einer 1500 Jahre alten Fernstraße. Eine
Betrachtung der "Aachen-Frankfurter Heerstraße" in Remagener Chronik
Nr. 40/1998 vom 01.10.1998
Wynands: Geschichte der Wallfahrten im Bistum Aachen, Aachen 1986,
S. 58 f. und S. 76 f.
Simon: "Der Postkurs von Rheinhausen bis Brüssel im Laufe der Jahr-
hunderte" in Archiv für deutsche Postgeschichte 1/1990, S. 14
Im Göhltal Nr. 53 von August 1993, S. 82/83
Wurzel: Die Reichsabtei Burtscheid, Aachen 1984, S. 113 f.
Hausmann: Aachen im Mittelalter, Aachen 1997.
Bildnachweis
Abb. 1: und 4: Fotos vom Verfasser
Abb. 2: Krämer/Umscheid: Von Burg zu Burg durch die Eifel, Duisburg 1978, S. 29
Abb. 3: Stich von G. Atzenbach, Köln 1615 (aus Karlsfest 1973)
Abb. 5: Stich aus einer "Berufeserie"
Abb. 6: Jubiläumsbriefmarke der Deutschen Bundespost von 1990
Abb. 7: Faltblatt der belgischen Post mit Sonderbriefmarke und Sonderstempel
25
Raeren - Titfeld
Das Schloss, der Hof und die Kirche
zu Titfeld — Wo standen sie?
7 von Leonhard Kirschvink
Vorbemerkung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Geschichte der Titfelder
Burg, dem zugehörigen Hof und der Kirche.
Der Komplex Titfeld wurde von den lokalen Heimatforschern nur
am Rande behandelt. Man beschränkte sich auf das Wiedergeben von
Quellenmaterial. Nachforschungen vor Ort unterblieben.
Eine eingehende Studie gibt es bisher nicht.
Das möchte ich nachholen.
Dass die Burg Titfeld in dem heute so genannten Alten Weiher
gestanden habe, wie Quix und Kohnemann vermuten, bezweifle ich. Der
Alte Weiher lag etwa auf halbem Weg zwischen heutigem Jugendheim
und Bachstraße an der Iter. Dort ist zwar eine Senke zu erkennen, die auf
einen Weiher hindeutet. Hätte dort eine Wasserburg gestanden, dann hätte
auch dort der dazu gehörige Hof sein müssen. Dem war nicht so. Die
alte Burg ist in der Nähe des Hofes Titfeld zu suchen.
Über die erste Kirche von Raeren-Neudorf wissen wir sehr wenig.
Wo sie stand, ist ungewiss. Man vermutet, dass sie eine Schlosskapelle
der mittelalterlichen Burg von Titfeld war. Das bestreite ich. Diese Burg
soll schon im 14. Jh. verfallen gewesen sein (Quix S. 129). Übrig blieb
nur der dazu gehörige Hof, in den Urkunden als 'Hof zu Titfeld' benannt.
Die genaue Lage der Burg und des Hofes ist bis heute unbekannt. Mit
folgendem Beitrag will ich versuchen, Licht in dieses Dunkel zu bringen.
Das Schloss Titfeld wird wohl ein von Wassergräben umgebener
Wohnturm gewesen sein. Der Hof war dem Turm vorgelagert, als
sogenannte Vorburg. Man muss sich hier eine ähnliche Anlage wie Raaf
auf Berlotte, Weims in Kettenis oder Crapoel in Walhorn denken.
In den Lehensregistern der Propsteilichen Mannkammer des Aachener
Marienstiftes sind alle Verkäufe, Vererbungen, Übertragungen und
Belehnungen der lehnspflichtigen Güter von Raeren und Neudorf von
1394 bis 1794 eingetragen. Titfeld wird als Stocklehen aufgeführt, was
auf eine hohes Alter schließen lässt. Titfeld kann als der Ursprungshof
der Besiedlung von Raeren und Neudorf angesehen werden.
26
Was bedeutet der Name Titfeld?
Die Bedeutung des Namens liegt im Dunkeln der Geschichte.
1401 heißt es "Petitvelt” (kleines Feld)
1497 heißt es lateinisch "parva villa".
Parva villa kann heißen: - Kleines Landhaus
- Kleiner Bauernhof
- Kleiner Meierhof, Pachthof
In einer Schenkungsurkunde Heinrichs III. von 1042 wird Walhorn in
der Grafschaft TIETBALD's, im Lüttichgau, erwähnt. (Quix S. 34, Wirtz,
S. 10 u. 20 und Ernst, I, S. 318). Neudorf, somit auch Titfeld, gehörte zur
Bank Walhorn. Kann es sein, dass man damals die Gemarkung "Tietbald's
Feld" nannte, woraus Tietsfeld und letzten Endes Titfeld wurde?
Hat der Schreiber der Mannkammer daraus 'Petitfeld' gemacht?
Sonderbar, dass hier ein französisches Wort mit einem deutschen Wort
verbunden wurde. Um 1040 war die heutige Flur Titfeld nur eine größere
Waldlichtung. Es ist außerordentlich schwer, etwas zu beurteilen,was
sich in früher Vorzeit ereignet hat.
Der Name Titfeld wird wohl für immer ein Rätsel bleiben.
A. DIE KIRCHE ZU TITFELD, WO LAG SIE?
1242 wird Neudorf zum ersten Mal erwähnt (Staatsarchiv Brüssel. Val
Notre Dame no 24, f 54-55)
1278 wird Raeren zum ersten Mal erwähnt (Staatsarchiv Brüssel,
Chambres des Comptes, Waleran IV, Reg. 1, folio 33; Ernst, Histoire du
Duche de Limbourg, IV, 1839, S. 333; IV 1847, S. 446, Nr. 81)
1401 wird der Hof zu Titfeld zum ersten Mal in den Lehensregistern
erwähnt (L.R. Seite 641).
1415 (L.R. S. 638): Ein Bend zwischen Raeren und Titfeld, durch den
der Pfad zur Kirche von Titfeld führt.
Arnoult, der Schmied von den Roideren, kauft das Lehen für 24 rhn
Gulden von Jacob von den Broiche.
1497 H. Wirtz, Seite 21, erwähnt eine "parva villa” ecclesiae s. Nicholai
Kirche St. Nikolaus zu Titfeld, die in der ältesten uns erhaltenen
Aufstellung der Kirchen der alten Diözese Lüttich genannt wird.
1537 Land und Benden zu Raeren an der Kirche (L.R., S .605)
1547 wird eine Annenbruderschaft an der Kirche zu Titfeld erwähnt.
1558 R. Nolden, S. 238: Erwähnung eines Altars in "parva villa" Titfeld.
1561 3 Viertel Hof und ein neu erbautes Haus zu Titfeld neben der Kirche
(ER:-S:6535)
ZT
Kerstgen Lomans, Sohn des Johan Lomans aus dessen zweiter Ehe, kauft
Land und Haus für 95 TlIr. von seinem Vater mit seiner zweiten Frau
Anna Nechtersem gen. Krummels.
1608 3 Morgen Bend gen. der alte Weiher an der Kirche zu Titfeld neben
Erben Tiel Lomont (L.R. S. 655).
1612 wird die Kirche wegen Religionswirren in Brand gesteckt (Akte
Marienstift Aachen). Der Besitzer des Hofes Titfeld, Everhardt von
Lomont, war zum evangelischen Glauben übergetreten. (H. Wirtz S. 24).
1616/1617: "Das Schiff der Kirche und das Mauerwerk des Turms habe
ich bedient und gebaut mit viel Mühe und Arbeit, aber auf Wunsch der
Pfarrangehörigen und mit ihrem Geld. Gott sei Lob und Dank. Jann
Schlentter" (Viktor Gielen, Raeren, S. 72).
1622, 7. Mai: Bauplatz zu Titfeld bei der Kirche (L. R., S. 655)
Der Deservitor der Kapelle zu Titfeld, Barthol. Bestlinck und Johan
Schlinter veranlassen die Ratifikation einer Schenkung, die am
vorhergehenden Tage vor mehreren Lehnsmannen stattgefunden hat. Die
Donatoren können wegen "leibs blodigkeit" nicht selbst erscheinen. Es
folgt die Urkunde vom 6. Mai, wodurch die Erben des Tiel Lomont, Jan
Hormons, Johan Schror der Junge und Diederich Cromel ihre drei Anteile
eines Bauplatzes bei der Kirche zu Titfeld dieser zum Geschenk machen.
Der Schwager der Stifter, der verstorbene Jan Lohmont, hat erklärt, das
Land rühre aus dem Gut Titfeld her und sei unteilbar. Der Beweis dieser
Behauptung konnte aber nicht erbracht werden, das Land wurde daher
in vier Teile geteilt. Barthol, Bestlinck (x) und Jan Schlinter begehren
ein Abgebot auf den Bauplatz zu tun, was ihnen bewilligt wird (L. R. S.
655).
1622 Balduwin Mennecken der Junge entschlägt das Abgebot, das der
Kaplan zu Titfeld, Schlinter oder Junker Lohmont wegen der Kapelle
veranlasst haben.
B. Mennecken war seit 13. Juni 1620 Besitzer des Hofes zu Titfeld (L.R.
S. 655 + 646).
1628 Der Baumeister Johan Schlentter schreibt: "1628 ist der
Kirchhof und der Kirchturm vollendet und fertig geworden, mit viel Mühe
und Arbeit. Gott sei Dank. Durch mich getan" (V. Gielen, Raeren, S. 73).
Damit ist die Lage der alten Kirche eindeutig bestimmt.
Da beim Bau der neuen Kirche von 1719 Gräber verlegt wurden und es
damals üblich war, die Toten im Bering der Kirche zu bestatten, wissen
wir, wo die alte Kirche lag: Turm dort, wo heute die Sakristei ist, Chor
im Osten, in Richtung Pfarrheim. Noch heute ist auf der Neudorfer Seite
28
der Sakristei ein Torbogen in Blaustein zu sehen, der der alten Kirche als
Eingang gedient hat. Es ist anzunehmen, dass die 1612 abgebrannte
Kirche an gleicher Stelle wieder errichtet worden ist.
Über das Aussehen der 1614 bis 1628 erbauten Kirche haben wir
keine Angaben. Der Bauausschuss der neuen Kirche berichtet 1719, dass
die alte Kirche um die Hälfte zu klein sei.
Die von Mefferdatis 1719 geplante neue Kirche wies eine
Kirchenraumfläche von ca. 280 m*, ohne Chor, aus. Demnach hätte die
alte Kirche ca. 180 m* gehabt, also in etwa einen Innenraum von 10 m x
18 m. Es war also schon eine stattliche Kirche.
Die Kirchen lagen meistens in der Nähe des Haupthofes, hier Titfeld.
Burg, Hof und Kirche bildeten eine Einheit. Ein Beispiel dieser Art ist
in Bolland bei Herve noch zu sehen.
Das Leben in den Kirchen war viel freier als heute; dort wurde geredet,
gegessen und geschlafen. Kirchenbänke gab es nicht. Dort kam man
zusammen, um Angelegenheiten zu bereden, die oftmals nichts mit
Religion zu tun hatten. Dort versammelten sich auch die Gemeinde-
vertreter und die Zünfte, wie in der Kirche zu Titfeld die Töpfermeister.
Ein Rathaus brauchte man nicht.
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Eingangsportal im Turm zur Kirche von 1614; der Turm dient jetzt
als Sakristei. Ansicht von der Neudorfer Seite.
30
Alles spricht dafür, dass die heutige Sakristei der Turm der alten 1614-
1628 erbauten Kirche war:
1. Die noch vorhandenen Portale an der Neudorfer- und Ostseite der
Sakristei, die als Eingangstüren zur Kirche dienten.
2. Die Sakristei steht unabhängig vom Chor der Kirche.
3. Der Turm wurde erst 1752 zur Sakristei umgebaut
4. Die Eingangstüren weisen in Richtung Osten wie die alte Kirche.
5. Die außergewöhnliche Höhe; oberhalb der Sakristei befinden sich
noch zwei Speicherböden.
Grundstein der Kirche von 1614 .
A: GDE
A: 1614
ISCV
JS bedeutet Jan Slinter (Schlenter), Baumeister
C V bedeutet Christian Voihs, Pastor zu Titfeld.
Der Grundstein befindet sich unterhalb der Dachtraufe der südöst-
lichen Ecke der Außenmauer der Kirche.
Ob 1848 bei der Erweiterung der Kirche noch Reste der Kirche von
1614 gestanden haben?
Woher kommt denn der Grundstein, den man achtlos unter dem Dach
einmauerte?
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31
Grundsteine, der Name sagt es schon, baut man oberhalb der Funda-
mente ein.
Über Christian Voihs siehe : Raerener Steinzeug von H. Hellebrandt,
Seite 132, Ausgabe 1967.
B. DIE NEUE KIRCHE ERBAUT VON 1719 BIS 1728
Die alte Kirche war zu klein geworden.
1719 beschloss man, eine neue Kirche zu bauen.
Hatten 1693 Raeren und Neudorf ca. 1.200 Einwohner, so waren es
1720 sicher 1.500 in ca. 290 Haushalten.
Ursprünglich dachte man an eine Erweiterung der alten Kirche nach
Osten. Man erkannte jedoch, dass dies nur ein Provisorium sein konnte.
Mit dieser Erweiterung kam man schon sehr nahe an die Straße ran. Der
Bauausschuss verwarf den Plan, die Kirche nach Osten zu erweitern und
entschied sich für einen Neubau.
Nach den Plänen von Architekt Mefferdatis aus Aachen wurde die
Kirche gebaut. Der Kirchenraum hatte eine Fläche von ca. 280 m’. Die
alte Kirche war, wie alle Kirchen, geostet, d. h. Chor Richtung Jerusalem.
Man entschied, die neue Kirche in die Nord-Südachse zu bauen, Chor nach
Norden. Das hatte den Vorteil, dass man die alte Kirche bis zur Einweihung
der neuen weiter benutzen konnte. Das waren bis 1728 immerhin 9 Jahre,
ab Grundsteinlegung bis Fertigstellung Rohbau. Den Turm baute man
seitlich der Kirche, auf der Neudorfer Seite. Dort war auch ein Eingang.
Heute noch kann man oberhalb des ersten Beichtstuhles auf der Neudorfer
Seite den großen Rundbogen erkennen, der als Eingang diente.
Die heute noch außen an der Neudorfer Seite, im Bereich des Chores,
sichtbare Türeinfassung in Blaustein diente als Eingang für die Adligen
der Herrenhäuser Bergscheid, Haus Raeren, Burg Raeren und Moeris,
die Anrecht auf einen Sitzplatz im Chor hatten.
Auch nach der Rohbaufertigstellung 1728 wird man die alte Kirche
noch längere Zeit benutzt haben. Das erklärt auch, warum die Sakristei
erst später gebaut wurde (1752). Für die Sakristei benutzte man das
Mauerwerk des alten Turmes. Außen an der Westseite der Sakristei ist
ein großer Rundbogen in Blaustein noch sichtbar, der im Turm der alten
Kirche als Eingang diente.
Das Dach der Kirche wurde erst 1729 eingedeckt. So kann man
annehmen, dass die Kirche erst um 1731-32 in Benutzung genommen
34
Eeweiterunf der Kirche 1847
Auch diese Kirche war wieder zu klein geworden. Wohlstand unter
Kaiserin Maria-Theresia und eine lange Friedenszeit hatten die Ein-
wohnerzahlen schnell wachsen lassen.
1720 hatten Raeren und Neudorf ca. 1.500 Einwohner in 290 Haushalten.
1782 zählten Raeren und Neudorf ca. 2.150 Einwohner in 401 Häusern.
1790 hatten Raeren und Neudorf ca. 2.276 Einwohner.
Schon 1788 beschloss man, die Kirche zu vergrößern. Das Vorhaben
musste jedoch wegen des Ausbruchs der französischen Revolution
zurückgestellt werden. Erst im Jahre 1847 konnte die Vergrößerung in
Angriff genommen werden. Die Einwohnerzahlen waren mittlerweile»
weiter gewachsen:
1811 hatten Raeren und Neudorf 2.495 Einwohner in 461 Häusern.
1833 hatten Raeren und Neudorf 2.962 Einwohner in 545 Häusern.
1840 zählte man in der Doppelortschaft 3.154 Einwohner.
1848 war die Zahl auf 3.375 angestiegen.
Man verlängerte das Kirchenschiff um 9 m nach Süden. Der Kirchen-
raum hatte nun ca. 380 m? plus Orgelbühne.
Der Kirchturm auf der Neudorfer Seite wurde abgerissen.
Der neue Turm wurde in der Kirchenachse auf der Südseite gebaut.
Diese Kirche ist bis heute in dieser Form erhalten geblieben.
Doch auch diese Kirche erwies sich wieder als zu klein.
So soll man in den 20er Jahren den Architekten Cunibert aus Malmedy
mit der Planung einer neuen Kirche auf Berg beauftragt haben. Das
Vorhaben wurde jedoch stillschweigend ad acta gelegt. Heute, 70 Jahre
später, erweisen die Kirchen sich als zu groß. Das wirft wieder andere
Probleme auf.
Der Vermutung, dass der seitlich der Kirche angebaute Turm von der
alten, 1614 erbauten Kirche stamme, muss ich widersprechen.
Die Außenmaße des Turmes betrugen 6 x 6 m. Die Nordwand des
Turmes stand auf dem Gurtbogen zwischen Pfeiler 4 und Außenmauer.
Die Ostwand stand auf dem Schildbogen zwischen den Pfeilern 4 und 5.
Mauerreste, die beim Abbruch des Turmes 1848 stehen blieben, sind
heute noch oberhalb des Gewölbes zu sehen: Alles Zeichen, dass der
Turm 1719 gleichzeitig mit der Kirche gebaut wurde. Ernst schreibt in
seiner Histoire du Duche de Limbourg Bd. 1, Seite 30, in der Kirche von
Raeren befinde sich ein Pfeiler aus Blaustein aus einem Stück von 32
Fuß Höhe.
85
Das entspräche einer Höhe von 9,60 m. Es gibt keinen Pfeiler von
dieser Höhe. Gemeint ist der Pfeiler Nr. 4, der eine Pfeilertrommel von
2,3 m beachtlicher Höhe hat.
Das Buch erschien 1838, also vor der Kirchenvergrößerung von
1848. Demnach muss der Pfeiler schon gestanden haben. Dies bestätigt,
dass der Turm auf dem Pfeiler stand.
Ferner befand sich das Mauergesims des Turmes genau in Traufenhöhe
des Kirchendaches. Die Außentür auf der Westseite des Turmes war sicher
nicht der Eingang zur alten Kirche von 1614.
Da im Turm sich die Taufkapelle befand, diente diese Tür als Eingang
zur Taufkapelle. In früheren Zeiten durfte ein Ungetaufter die Kirche
nicht betreten. Der Täufling betrat den Vorraum der Kirche - hier den
Turm - wurde hier getauft, verließ die Taufkapelle durch eine Tür zur
Kirche und wurde so symbolisch in die Gemeinschaft der Gläubigen
aufgenommen.
Zur Kirche hin waren die Taufkapellen durch ein Gitter abgetrennt,
so dass von dort Sichtkontakt zur Taufkapelle bestand.
Ich nehme an, dass die alte Kirche von 1614 seitlich des Turmes (zur
Nordseite) ebenfalls eine Taufkapelle besaß.
Dass man den Turm abgerissen hat, war sicherlich nicht aus
Gründen der Baufälligkeit. Der Turmschaft besaß nur eine Höhe von ca.
12,00 m und war dreiseitig mit dem Kirchenmauerwerk verbunden.
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Jetzige Kirche
397
Die Zusammensetzung der Raerener und Neudorfer Bevölkerung
nach dem Personenstandsregister von Pastor Grossmeyer 1693
(Pastor in Raeren von 1693-1698, danach in Gemmenich)
Alter
0-10 292 Personen =251 %
11-20 306 Personen =26 %
24 - 30 206 Personen = 15%
31-40 129 Personen =.1l 11%
41 - 50 119 Personen =10 %
51-60 64 Personen =255%
61 - 70 10 Personen ==.
71-80 23 Personen ="2 %
81 - 90 Jahre 8 Personen = 0,7 %
Insgesamt 1.177 Personen
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1693 LEBENSBÄUME 1997...
Bevölkerungsentwicklung in Raeren und Neudorf
1445 nach F. Pauquet, (Gesch. Eupen Bd. II, 1968)
+ 620 in 103 Haushalten (Neudorf 30, Raeren 73)
1469 (das.) £ 630 in 105 HH (Neudorf 30, Raeren 75)
1693 nach Pastor Grossmeyer + 1200 in 228 Haushalten
1782 n. Kataster Maria-Theresia 2149 in 401 Häusern
1790 n. Dr. Kohnemann 2276
1811 n. Dr. H. Wirtz 2495 in 461 Häusern
1833 n. Dr. H. Wirtz 2962 in 545 Häusern
1840 n. Dr. Kohnemann 3154
1848 n. Dr. H. Wirtz 3375 %
89
C. DER HOF ZU TITFELD
Anhand der Lehensregister (Seite 641) werden hier einige Eigentümer
des Hofes zu Titfeld aufgeführt.
1401 wird der Hof zum erstenmal erwähnt.
Besitzer war Johan van Hulset (Holset bei Vaals) genannt von den
Raderen (Raeren). Sein Wappen ist identisch mit dem der Herren von
Walhorn. Es zeigt einen Querbalken begleitet von je drei Merlen. Im
Querbalken das schwarze Dornenkreuz von Holset.
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Johan van Holset war ein mächtiger, einflussreicher Mann. Er starb
1426. Er hinterließ seinen Erben den Hof zu Titfeld und die Burg Raeren.
1426: Johan von Holset empfängt nach Tod seines Vaters Johan den
Hof zu Titfeld.
1426: Carsel van den Roideren empfängt nach Tod seines Vaters Johan
van den Roideren Haus und Hof zen Roideren. Burg Raeren L. R. S. 561
1552: empfängt Johan Lomont mit seiner Frau Anna Krummel den
Hof zu Titfeld.
1564: Anna Krummel, Witwe des Johan Lomans, verzichtet auf den
Hof zu Titfeld zu Gunsten ihrer acht Söhne: Johan, Tiel, Kerstgens,
Heinrich, Philip, Symon, Cornellis und Wilhelm Loman. Sie behält nur
den großen Weiher neben dem Hof. Dieser Weiher dürfte von dem
Wassergraben des Wohnturmes stammen.
1615: Eberhardt Loman empfängt nach Tod seines Vaters Johan den
Hof zu Titfeld.
1620: In einem Erbwechsel empfängt Balduwein Mennecken, der
Junge von Everhardt Lohmonts, dessen Ansiedel und Stocklehen zu
40
Titfeld an der Kirche mit einer Rute Land ringsum. Loman erhält dagegen
einen Bend an Merten Mennekens Hof und Kohlhof. Da ein Stocklehen
nicht verkauft werden konnte, fand hier ein Tausch statt.
Durch die Erwähnung Stocklehen an der Kirche ist die Lage des
Titfelder Hofes bestimmt.
Die Lage der Kirche von 1620 ist bekannt.
Der Bereich des Hofes Titfeld hat vielleicht folgenden Umfang:
* im Süden Kirchhofmauer
* im Osten die Straße
* im Westen die Friedhofsmauer, die den Pastoratsgarten begrenzt
* im Norden die Häuserzeile längs des Wegs zum Friedhof p
Dieser Bereich umfasst ca 3000 m. Einen weiteren Beweis über die
Lage finden wir
1652: Wilhelm Mennicken empfängt das Stocklehen Titfeld vor der
Kirche, so wie es vordem sein Vater Baldewin Mennicken besessen hat.
Die Lage des Hofes Titfeld
Geht man davon aus, dass der Titfelder Hof in unmittelbarer Nähe
der Kirche gelegen hat, so fällt auf, dass nördlich des Pfarrhauses,
senkrecht zur Hauptstraße, ein schmaler, niedriger, langgestreckter Bau
steht, die heutigen Wohnhäuser 12 und 14. Haus 10 wurde 1960
abgerissen. Das Haus 16 steht im rechten Winkel zu den vorigen und hat
dieselbe Tiefe.
Dass diese Gebäude ursprünglich einem anderen Zweck gedient haben,
ist offensichtlich. In der Regel baut man keine Häuser von 5,50 m in die
Tiefe. Lage, Größe, Art und Ausführung der Gebäude lassen darauf
schließen, dass es sich um die ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude
des Titfelder Hofes handelt. So beträgt, wie gesagt, die Gebäudetiefe
5,50 m, das ist die Tiefe eines einreihigen Kuhstalles.
Auffallend ist die Nordwand, die auf einer Länge von 29 m in einem
Zuge gemauert wurde, Diese Nordwand hatte, wie bei ähnlichen Höfen
üblich, zum Schutz keine Fenster. Es ist anzunehmen, dass die Südseite
in Fachwerk ausgeführt war. Siehe die ähnlichen Höfe Raaf auf Berlotte
und Weims in Kettenis.
Beim Ausbau zu Wohnhäusern wurde die Fachwerkwand durch
massives Mauerwerk ersetzt, daher ist die südliche Traufe höher als die
nördliche, und damit auch die Zimmerhöhe.
Bei dieser Gelegenheit sind wahrscheinlich auch die Keller gebaut
worden. Kellerfenster an der Nordseite sind nicht vorhanden.
42
Die Größe der noch vorhandenen Gebäulichkeiten lässt darauf
schließen, dass es sich um einen großen Hof gehandelt hat. Das kann nur
der Titfelder Hof gewesen sein. Diese Gebäude sind im Urkataster von
1826 eingetragen.
Diesem Winkelbau im Norden muss ein Winkelbau im Süden
gegenüber gestanden haben, so dass ein Innenhof gebildet wurde, der
zur Straße ebenfalls geschlossen war. Nur ein großes Tor bot Einlass.
Der südliche Flügel wurde sicher durch das Wohnhaus gebildet.
Wahrscheinlich wurde das Wohnhaus, der sogenannte Phlippenhof,
beim Bau des Pfarrhauses 1732 abgerissen. Der Name Phlippenhof
stammt von Philipp Lomont.
Die Größe des Hofes Titfeld
1564 verzichtet Anna Krummels, Witwe des Johan Lomans, wie
gesagt, zu Gunsten ihrer acht Söhne auf den Hof Titfeld. Im Jahre 1565
beträgt der Anteil des Sohnes Philipp an dem Hof 15 Morgen zu 150
Ruten. (L. R. Seite 649). In der Annahme, dass jeder Sohn den gleichen
Anteil erhielt und keine Töchter vorhanden waren, die auch nicht erwähnt
werden, betrug die Größe des Hofes 15 x 8 = 120 Morgen zu 150 Ruten.
Das entspricht einer heutigen Größe von 174 Morgen. Es war sicher nicht
die ursprüngliche Größe des Hofes, da vor 1564 schon Absplisse des
Hofes in andere Hände gelangt waren.
Zum Vergleich hatten um 1500 (nach R. Nolden S . 325)
- Bergscheid 215 Morgen
- Knoppenburg 464 Morgen
- Matheushof Neudorf 76 Morgen
- Burg Raeren 400 Morgen
- Haus Raeren 232 Morgen
- Kloster Brandenburg 448 Morgen
- Ravenhaus 214 Morgen
- Titfeld 174 Morgen;
den Morgen zu 100 Ruten gerechnet, ergibt das für Raeren und Neu-
dorf insgesamt ca. 2.223 Morgen
1704 folgt eine Auflistung der noch zum Hof Titfeld gehörigen
Grundstücke und die Namen der Besitzer, unter anderen:
Erben von Adam Kannebecker mit Titfeld, Hof und Kohlhof nebst
Weiherchen 202 Ruten groß; das sind mindestens 2 Morgen.
Laut Auflistung vom 01.03.1704 gehörten damals zum Stockgut
Titfeld nur noch 63 Morgen zu 100 Ruten je Morgen.
43
D. DIE BURG TITFELD
Um 1400 wird die Burg als Ruine erwähnt (Quix). Ältere Urkunden
hüllen sich in Schweigen. Wurde sie im Gerangel um die Limburgische
Erbfolge vor 1288 zerstört? Wurde sie im Geldrischen Krieg 1387 zerstört,
wie Walhorn, das damals vollständig eingeäschert wurde? Eine Ruine
ist ein Bauwerk ohne wirtschaftlichen Wert, es sei denn, man benutzt sie
als Baumaterial, was meistens der Fall war. Vorläufig können keine
Aussagen über Lage und Aussehen der Burg gemacht werden.
Ausgrabungen könnten Anhaltspunkte geben.
Es ist anzunehmen, dass die Burg ein ähnliches Aussehen hatte, wie
die Türme der Umgebung, zum Beispiel Raaf auf Berlotte, Haus Raeren,
Vlattenhaus in Eynatten. Die Lage der Burg ist im jetzigen Pastoratsgarten
zu vermuten, im Anschluss an den Hof zu Titfeld. Das Gelände des
Gartens ist im Vergleich zur Umgebung ziemlich flach, so eben wie ein
Gelände wird, wenn man einen Weiher einebnet.
Von der Burg blieb nur der Name "Titfeld" erhalten.
Beim Bau der Kirche von 1719 stieß man auf eine große Kanalanlage.
Vor einigen Jahren, ca. 1993, stürzte die baufällig gewordene
Stützmauer des Kirchberges ein. Wie mir Herr Kurt Scheiff, Raeren
Hauptstraße, sagte, kam hinter der Stützmauer, in ca. 5 m Abstand, östlich
der Turmachse, ein großer Hohlraum zum Vorschein. An dem Gewölbe
seien Stalaktiten gewesen. Die Tiefe und Höhe des Hohlraumes wurden
nicht untersucht.
Ich vermute, dass es sich hier um die Verlängerung des 1719 unter
der Kirche entdeckten Kanals handelt. Da der Burgweiher keinen Zulauf
hatte, konnte er auch keinen Überlauf haben. Was bezweckte der Kanal?
Meines Erachtens handelte es sich um den Fluchttunnel der Burg, der
den Belagerten als Fluchtmöglichkeit diente. Wenn es so wäre, dann hätte
der Tunnel eine Länge von mindestens 90 m gehabt. Viele Burgen hatten
Fluchttunnel, so auch die Burg Lontzen. Wo endete er? Jedenfalls musste
der Ausgang versteckt liegen. Wie das Gelände dort vor sieben
Jahrhunderten aussah, wissen wir nicht War es der Fluchttunnel, dann
muss Titfeld zu damaliger Zeit eine große Bedeutung gehabt haben.
Wer waren die ersten Herren von Titfeld.?
Waren es die Herren von Neudorf, da bekanntlich Titfeld auf Neudorfer
Gebiet lag?
Das Wappen derer von Neudorf war: In Weiß ein roter Schrägbalken,
begleitet von je drei schwarzen gestümmelten Vögeln (Merletten).
46
eigenen Bedarf beitrug. Bei ihnen war Geld knapp. So geht nach und
nach der Besitz des Stocklehens Titfeld in die Hände von reich
gewordenen Bürgerlichen über. 1620 wurde der bekannte Töpfermeister
Balduwin Menneken Besitzer des Hofes zu Titfeld.
Mit der Erfindung des Schießpulvers, der Gewehre und Kanonen,
hatten die Burgen ihre ursprüngliche Bedeutung als Schutz der Burgherren
und deren Untertanen vor Angriffen verloren. So wurde manche Burg
zur Ruine.
Mit dem Verschwinden der Burg verschwand auch das Interesse der
Burgherren am Stocklehen.
Konnten Haus Raeren, Burg Raeren, Moeris, Bergscheid und
Knoppenburg sich noch bis zum Ende der Feudalzeit 1794 in adligem
Besitz halten, so war Titfeld längst in bürgerliche Hände geraten. Dies
wird auch der Grund sein, dass diese Burgen und Herrschaftshäuser
erhalten blieben bis auf den heutigen Tag.
1704 gehörten zum Stocklehen Titfeld nur noch 63 Morgen zu 100
Ruten.
1794 war die Feudalzeit zu Ende, damit auch das Ende des Stocklehens
Titfeld.
Anhang 1: Die erste bekannte Erwähnung von Raeren, eine
Schenkungsurkunde Walrams IV. Herzog von Limburg, an seine zweite
Gattin Cunegunde, Markgräfin von Brandenburg
10.01.1278: Erzbischof Sifridus von Cöln, Reichserzkanzler für
Italien, bekundet, dass der Walramus, Herzog von Limburg, seiner Gattin
Cunegundis die Burg und Stadt Wassenberg samt zugehörigem Land und
Dörfern, die Burg Sprimont samt zugehörigem Land und Dörfern, die
Dörfer "Espede" und Löwenich mit ihrem Zubehör, 60 Mark auf der
Münze zu Köln, 100 Mark auf der Münze zu Aachen, sämtlichen Besitz
im Dorfe Honnef, die Dörfer Walhorn (Walhar), Raeren (Roderen) und
Tinhalt nebst sämtlichem Zubehör, die Stadt Duisburg nebst allem Recht
daran, Gülpen (Galopia) und das Dorf Uebach (Dobach) als Heiratsgabe
übertragen hat usw.
(Archives Generales du Royaume, Brüssel, Chambre des Comptes,
Waleran IV, Reg. 1, Folio 33;
Ernst, S.P., Histoire du Duche de Limbourg, IV, 1839, S. 333 u. IV,
1847, S. 446, Nr. 81)
47
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Auszug aus der in Köln am 10. Januar 1278 ausgestellten Urkunde
Anhang 2: Die erste bekannte Erwähnung von Neudorf
25.03.1242: Alexander, Kanoniker von St. Marien, bekundet als
Prokurator des Propstes von St. Marien, dass Äbtissin und Konvent des
Zisterzienserinnenklosters VAL NOTRE DAME bei Huy durch Johannes,
den Rektor ihrer Grangerie Belven, von der Propstei lehnrührige
Ländereien bei dieser Grangerie zwischen den Dörfern Walhorn, Merols
und Neudorf zu Lehen empfangen und dafür den Colardus de Roluez
präsentiert haben, der seinerseits in ihrem Namen Hulde geleistet hat.
(Abschrift: Archives de l'’Etat, Val Notre Dame, Nr. 24, F 54v-55r)
Anhang 3: Die Bank Walhorn
"Bank" bedeutet "Bann"; vgl. im Französischen "le ban".
Unter "Bann" verstand man den Bezirk, in dem die königliche
Regierungsgewalt ausgeübt wurde. Die Regierungsgewalt über den Bann
Walhorn wurde 1076 durch eine Schenkung Kaiser Heinrichs IV. auf das
Marienstift Aachen übertragen. Als Gegenleistung musste die
Mannkammer des Stiftes im Kriegsfalle dem Kaiser ein
Truppenkontingent, den sog. Heerbann, zur Verfügung stellen. Diese
Wehrpflicht übertrug der Propst der Mannkammer auf seine
Lehnsmannen. Bei der Belehnung eines lehnspflichtigen Gutes mussten
sie dem Propst den Lehnseid leisten, den nur ein wehrhafter Mann leisten
durfte. Fast der gesamte um 1100 kultivierte Boden der Bank Walhorn
war lehnspflichtig. Dagegen tauchen die Ländereien, die aus einer
späteren Rodung stammen, in den Lehensregistern nicht auf. Für Raeren
und Neudorf sind es die südlich der Linie Platz, Botz, Rott und Pfau
gelegenen Ländereien.
48
Die durch spätere Urbarmachung gewonnenen Landstücke wurden
in den Walhorner Gudungsbüchern registriert.
In einer Walhorner Urkunde vom Jahre 1266 wird der Neubruchzehnte
erwähnt. Die Lehnspflicht bestand bis 1794.
Lehnseid ("Eidt der Lehenleudt")
"Ich N. gelobe unnd schwere meinem erwirdigen heren, seiner Erw.
nachkomen proisten zu Aich trew (= treu) und holt zu sein, irer Erw.
bestes zu werben, argstes zu warnen und nach meinem vermogen zu
keren, das auch ich und meine erben das lehen so dick (= oft) des nott
geburt (= geschieht) empfangen, bedienen, vermannen und sunst davon
thun sollen, wes getrewe lehenleuthe iren heren schuldig sein zu thuen,
unnd wes ich also gesichert und gelobt hab, sall ich stett unnd
unverbrochen halten, wie einem fromen man von ehren geburt one
argelist. Als myr Got helff.”
(Aus v. Coels, Lehnsregister, S. 748).
Quellennachweis
Dr. Hermann Wirtz: 75 Jahre Cäcilia Gesangverein Raeren, 1929
Dr. Michel Kohnemann: 100 Jahre Cäcilia Gesangverein Raeren 1954
H. Reiners und H. Neu: Die Kunstdenkmäler der Kreise Aachen und Eupen
L. Freiin von Coels: Die Lehensregister der Propsteilichen Mannkammer Aachen 1394-
1794
Bruno Dumont: Les communaut6s villageoises dans les pays de Dalhem et de Limbourg
R. Nolden: Besitzungen und Einkünfte des Aachener Marienstiftes
Ch. Quix: Beiträge zu einer historisch-topographischen Beschreibung des Kreises Eupen,
Aachen 1837
49
Jöhljespräch 1999
Wi &ch lans-en Jöhl spazeer, ene finge Mörje
Hu-et &ch, wi se met mech sproch övver all hör Sörje.
Klarde mech, wi ooht se wü-er, duusend Johr änn mi-e.
Wöss et selver net jenau, kü-ente mi-e ooch si-e.
Saat m&ch ooch dat höre Loof hi-el beschwirlech €ß,
Dat dat aje Odder litt, dat wü-er ongew6ß.
All di Johre jong et joot, onjestürt £ch loof,
Ähl de l&dzde Johre now &ß dr Deuvel 1oos.
Fröjer woor &ch reng änn klor, drängde Minsch änn Di-er,
Joof wat jedderenge bruht: Lebensel&xier.
Planze, Blohme, Strüch änn Böhm, ku-ente dörch mech läve.
Eß dat now dr Dank dovör, wat se hüj mech jäve?
Abflüss fl&esse onjeklärt tächlech € mi Bett,
Dat £ch koom noch kicke kann, drööv €ß minge Bleck.
Mäörjens Selver, ovends Jood, Pä-ele, Diamante,
Alles jov dr Sonneschien, wenn e met mech danzde.
Vöhl €Bß net mi-e dova do, donkel €ß mih Kl&ed,
Selvs de Sonn schafft dat net mi-e, zaubere kann €ch net.
Wat flooch vröjer övver mech, Möcke änn Libelle,
Während &je Wasser s£ch, tummelde Forelle.
Fröjsche met hönn Kuhleköpp, Käfer, Wörm of Schnecke
Krabbelde änn höppelde met m&ch o-pen Sträcke,
Duckhünncher, well Ente ooch, hü-et me kohm noch schnatt're.
Änn wä sitt b6j m&ch da noch bonte Pi-epele flatt're?
Su-e als wü-er Bejräbnesdaach. Selfs de Kenger fähle.
Waffer Kenk hat Spaß dora, €n di Bröjh ze spähle?
Wat de Jöhl mech do verzoht, maahde mech versonne.
Wohre dat net Troohne, di verbej do lans m&ch schwomme?
„Alles jeht de Baach eraav", sätt dr Volksmond deck.
Hoffentlich wät niemals dat ehmohl Werklechkeet
Schood dora €ß net de Jöhl, schoot dat sönnt wäer self
Wat se meEch märr saare wohl: „Et €ß foff vör zwälf".
Erich Kockartz, Hauset, Juli 1999
50
Eynatten
Episoden aus der Vergangenheit
von Erich Barth
Wir schreiben September 1827. In der damaligen "Zeitung" dem
Korrespondenzblatt des Kreises Eupen, wird auch des öfteren direkt oder
indirekt die Ortschaft Eynatten erwähnt. Das Korrespondenzblatt war zu
jener Zeit ein kleinformatiges Mitteilungsblatt, das zweimal wöchentlich,
mittwochs und freitags, erschien und vor allem Verordnungen und,
Bekanntmachungen der Behörden, die Zivilstandsnachrichten der Stadt
Eupen, die Brotpreise sowie kleinere Anzeigen enthielt.
"Kampf" um die Strohdächer
In der Ausgabe vom Mittwoch, dem 19. September 1827, fällt uns
eine Bekanntmachung des Königlichen Landrats des Kreises Eupen, von
Scheibler, über die Anlage neuer und die Ausbesserung alter Strohdächer
auf, die wir hier etwas näher beleuchten wollen.
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Strohgedecktes Eifelhaus in Elsenborn. So oder ähnlich könnten auch
die strohgedeckten Häuser in Eynatten ausgesehen haben.
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Hier müssen wir zugeben, dass es uns Menschen von heute nicht
gerade leicht fallen dürfte, sich eine Ortschaft wie Eynatten oder andere
zur damaligen Zeit mit strohgedeckten Bruchsteinhäusern vorzustellen.
Natürlich haben sich die noch existierenden Gebäude fast alle in ihrer
Bauform verändert. Meist wurden sie vergrößert, das heißt, im Laufe
der Zeit wurden sie umgebaut oder es entstanden Anbauten aller Art.
In der genannten Bekanntmachung bringt der Landrat seinen Unwillen
darüber zum Ausdruck, dass das bereits bestehende Verbot der
Neudeckung eines Daches mit Stroh oder auch größerer Reparaturen
mit diesem Material nicht immer eingehalten werde.
In einer längeren Ausführung weist er nochmals darauf hin, dass das
Decken neuer Gebäude mit Stroh nach wie vor untersagt ist. Nur kleine
Reparaturen dürfen noch mit diesem Material vorgenommen werden.
Aber auch diese bedürfen einer vorhergehenden schriftlichen
Genehmigung, die über den jeweiligen Ortsbürgermeister erfolgt.
Ansonsten darf nur feuerfestes Material wie Schiefer oder Ziegel
Verwendung finden. Auf dem "platten Land", den Dörfern, ist die Behörde
großzügiger, wenn die Häuser isoliert, also allein stehen und einen
gewissen Abstand zum nächsten Gebäude haben.
Dann spielten die Finanzen noch eine Rolle. Wenn die Eigentümer
als zu arm anerkannt sind, um ihr Haus mit Schiefer oder Ziegeln decken
zu lassen, kann die Erlaubnis erteilt werden, auf Stroh zurückzugreifen,
selbst wenn die zu deckenden Gebäude nicht genügend Entfernung zu
anderen Gebäuden aufweisen.
Wer sich in Zukunft nicht an diese Vorschriften hält, hat mit
entsprechenden Strafen zu rechnen.
Einer der Ersten, die ein Gesuch zwecks Reparatur eines zu einem
geringen Teil schadhaften Daches an den Landrat zu Eupen richtete, war
Egidius Joseph Goebels "in der Stansch" (oder Stangs), heute Hauseter
Str. Nr. 28. Der damalige beigeordnete Bürgermeister Nicolas Joseph
Pelzer bescheinigte die Richtigkeit der Angaben. Zur Unterstützung seines
Gesuchs legte Goebels einen Plan bei, aus dem zu ersehen ist, dass sein
Haus "6 Ruthen vom Nachbarhaus" (heute Nr. 27), also isoliert, liegt.
Der Lageplan wurde vom Bürgermeister Damian von Agris angefertigt.
Am 25. Oktober 1827 wurde der Antrag vom Landrat genehmigt.
An dem Gebäude Nr. 28 sind bei genauer Betrachtung die Um- und
Anbauten heute noch deutlich zu erkennen. Damals -1827- war es ein
kleines Haus mit zur Westseite tief herunterreichendem Dach, wie es
früher so üblich war. Später, vielleicht noch unter E. J. Goebels, wurde
52
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Lageplan zum Antrag des Egidius Josef Goebels. 1 = Haus Goebels, 2 = Armenhaus
des Herrn Franssen, 3 = Haus der Kinder des Johann Lambert Egyptien
das Haus aufgestockt und zur Straße hin erweitert. Ein weiterer Stall
wurde erst Anfang des 20. Jh. (um 1904) angebaut. Das nunmehr kleine
landwirtschaftliche Anwesen blieb bis Mitte der 60er Jahre des vorigen
Jahrhunderts im Besitz der Familie Goebels. Die letzten Bewirtschafter
und Eigentümer des Gutes waren die Eheleute Wertz-Pitz. Die Mutter
der Ehefrau des J. Wertz war eine geborene Goebels und stammte aus
der Familie des vorhin genannten E. J. Goebels. Dass die Behörde alles
daran setzte, die Strohdächer zum Verschwinden zu bringen, ist leicht
verständlich. War in einem strohgedeckten Haus erst einmal ein Brand
ausgebrochen, dann war es trotz allen Anstrengungen der schon
bestehenden Feuerlöschgruppe, der Nachbarn und anderer Dorfbewohner
fast unmöglich, des Brandes Herr zu werden und ein Übergreifen des
Feuers auf die Nachbargebäude zu verhindern.
53
Yın Montag, den 5. Juni c., Morgens 10 Uhr,
wird in der Wohnung des Unterzeichneten, der Bau
eines. neuen Sprißenhäuschens zu Eynatten, öffent-
Süß in Berding gegeben werden.
Der darauf Bezug habende Plan und Kuftene
MAnfchlag, Kiegt von heute an, zur Einficht der Bieth:
Jußigen offen.
Wpnatten, den 47. Mai 1837.
Das Bürgermeifter-Amt, N. I. Pelkzer.
Anzeige im Korrespondenzblatt des Kreises Eupen
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Das 1837 erbaute Spritzenhaus vor der Renovierung 2
Beim Ausbruch eines Brandes eilten Anwohner zum Küster; alle
vorhandenen Glocken wurden geläutet und jeder, der es vernahm, wusste:
Es brennt! In Windeseile verbreitete sich die Kunde, wo die Flammen
ihr Zerstörungswerk anrichteten. Die Spritze (falls vorhanden) sowie die
Feuerleitern und ledernen Brandeimer wurden herbeigeschafft.
Unterstellplätze der von mehreren Personen zu bedienenden Handspritzen
54
gab es mehrere. So spricht man von einer "Spritzen-Remise" neben dem
Gemeindehaus (heute Nr. 12) und an der unteren Hauseter Straße neben
der Küsterwohnung (heute Nr. 10). Beide Gebäude sind heute Privat-
wohnungen. Ein andermal wurde die Spritze aus dem Bauernhof "Leuff”
(Ortsmitte) herbei geholt. Die Feuerleitern hingen seinerzeit auch
vorübergehend unter einem Schutzdach an der Friedhofsmauer, Das heute
noch vorhandene und bekannte Spritzenhaus, kürzlich erst restauriert
und mit einem ansprechenden Umfeld versehen, wurde erst im Jahre
1837 erbaut.
Um noch kurz auf die ledernen Brandeimer zurückzukommen, sei
gesagt, dass diese von einer Menschenkette zum Brandherd befördert
wurden. Wieviel Wasser bei dieser Hektik noch sein Ziel erreichte, kann
sich jeder leicht ausmalen...
Zurück zu den Strohdächern. In den Gemeindearchiven finden wir
noch eine Menge von Anträgen auf Genehmigung zur Reparatur eines
mit Stroh gedeckten Haus-, Stall- oder Scheunendaches. Wir wollen einige
heute noch bekannte Häuser herausgreifen.
Nicht immer verlief bei der Reparatur der Strohdächer alles glatt. Im
Winter 1828 hatte ein Gutspächter namens E. Hansen das Dach eines
Gebäudes an einem in Eynatten gelegenen Gut ohne Erlaubnis selbst
repariert (vermutlich war es das Gut des Vlattenhauses, da der
Gutsbesitzer Birven hieß und ein Birven damals das Gut Vlattenhaus
besaß). Der Pächter wurde durch Gerichtsbeschluss gezwungen, die
Ausbesserung durch Stroh wieder abzunehmen und durch Ziegel oder
Schiefer zu ersetzen.
Birven schrieb daraufhin an den Bürgermeister von Agris und bat
darum, diese Arbeiten bis zum Sommer aufschieben zu dürfen. Es war
nämlich Februar. Der Bürgermeister erreichte denn auch beim Landrat
eine Galgenfrist bis Ende Mai. Bis dahin musste das Stroh durch Ziegel
ersetzt sein.
Im September 1832 stellt der Besitzer des Gutes "Möschenberg",
Nicolas Kessel, ein Gesuch, seinen neuerbauten Schuppen mit
"Leimschindeln" decken zu dürfen. Der Hof lag ganz isoliert und dem
Antrag wurde stattgegeben.
Ein Jahr später (1833) beschädigte ein starker Sturm das Dach des
Hauses beim Schenkwirten, Bäcker und Krämer Peter Joseph Wertz an
der neuen Landstraße nach Aachen (Eynattener Heide, heute Nr. 40).
Nicht nur das Dach, auch ein Teil des Giebels stürzte ein und beschädigte
im Inneren des Hauses Zimmer und Möbel. Wertz war zwar versichert,
55
richtete aber dennoch einen Antrag an den Eynattener Bürgermeister
Pelzer und schilderte diesem den enormen Sturmschaden sowie seine
augenblickliche Notlage. Der Bürgermeister leitete den Antrag weiter
nach Eupen an den Landrat. Der den erkrankten Landrat vertretende
Kreissekretär genehmigte den Antrag unter der Bedingung, dass das Dach
nur mit den vorschriftsmäßigen Lehmschindeln gedeckt werde.
Sommer 1837. A. J. Jack stellt für sein an der Aktienstraße (heute
Aachener Straße) gelegenes Haus den Antrag, das Dach mit Stroh
ausbessern zu dürfen. Im vergangenen Winter habe das Dach sehr gelitten;
zwei Quadrat-Ruthen (etwa 28 m?) seien beschädigt. Jack hofft, so
schreibt er an den Eynattener Bürgermeister, dass sein "untertänigstes
Gesuch" gewährt wird. Der Antrag wird von Bürgermeister Pelzer
befürwortet und nach einigem Hin und Her erteilt der landrätliche
Kommissar von Reimann in Eupen die erbetene Genehmigung.
(Das genannte Haus des A. J. Jack besteht nicht mehr. Es wurde vor
einiger Zeit abgerissen und durch einen Neubau ersetzt).
Abschließend noch die Wiedergabe eines das Gut Raaf in Berlotte
betreffenden Antrages.
Am 15. juni 1830 greift Jacob Andreas Coenen, wohnhaft im Hause
Smets (heute Trouet, an der Eupener Straße in Eynatten) eigenhändig
zur Feder und schreibt direkt an den Landrat:
"An den Königlichen Landrath, Ritter des rothen Adlerordens, Herrn
von Scheibler, Hochwohlgeboren zu Eupen.
Gesuch um ein beschädigtes Dach theilweise mit Stroh decken zu
dürfen.
Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir ehrerbietigst vorzustellen,
dass ich das Dach auf der sogenannten Raef (= Raaf) in Berlotte, außerhalb
Eynatten und isoliert gelegen, zum Theil mit neuem Stroh bedecken zu
lassen beabsichtige, daher Hochdieselben um desfalsige hochgefällige
Autorisation zu bitten die Freiheit nehme.
Mit vorzüglicher Hochachtung hab ich die Ehre zu seyn
Euer Hochwohlgeboren
gehorsamster Diener
J. A. Coenen."
Einige Jahre später reicht Coenen nochmals Gesuche ein, um die
Strohdächer der Güter Raaf, Bau (ehemaliges Gut von J. Keller-Miessen
an der Eupener Straße), Pütz (heute Kaufhaus an der Lichtenbuscher
Straße) und Leuff (Ortszentrum) reparieren zu lassen. Coenen versprach,
56
im nächsten Jahr einen Großteil dieser Dächer mit Ziegeln decken zu
lassen. Sein Antrag wurde genehmigt.
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Auszug aus dem Schreiben des Jacob Andreas Coenen
Als Jacob Andreas Coenen im Mai 1842 79jährig stirbt und die Erben
einen Teil seiner Güter und des sonstigen Nachlasses verkaufen, erfährt
man bei der Durchsicht der Verkaufsanzeigen im ehemaligen
Korrespondenzblatt, wie wohlhabend der aus Maastricht stammende
Gutsbesitzer gewesen war. Die Grabstätte der Familie Coenen-Hertzog
ist noch auf dem ehemaligen Friedhof an der Pfarrkirche in Eynatten
erhalten.
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Schon damals, zur Zeit der Strohdächer, war es Pflicht, die
Schornsteine zwei- oder sogar dreimal im Jahr reinigen zu lassen.
Aber auch die "Feuerlöschgerätschaften" wurden von Zeit zu Zeit
einer Inspektion unterzogen. In einem Schreiben vom 6. August 1833 an
den Eynattener Bürgermeister Pelzer kritisiert Landrat von Scheibler nach
einer Inpsektion den Zustand der betreffenden Geräte in den
57
Landgemeinden, so auch in Eynatten. Zumal die "Spritzenkarren" waren
Gegenstand seines Unmutes. Die Spritzenkarren oder -wagen seien nicht
alle mit eisernen Achsen versehen gewesen, sagt der Landrat; auch die
Lederschläuche hätten eine zu große "Weite" aufgewiesen, wodurch die
Kraft des Wasserstrahls nachteilig beeinflusst würde. Er drängt auf
Abstellen dieser Übel.
Im darauffolgenden Jahr wurden die Geräte dann verbessert. Der
Sattler Haut aus Eupen fertigte neue Lederschläuche an und auch neue
Brandeimer aus Leder wurden angeschafft. Nur für die Überholung der
Karre oder des Wagens zum Transport der Spritze wird vom Gemeinderat
der Eynattener Schmied Goebels vorgeschlagen, da er in der Nähe des
Spritzenhauses wohne und damit ein Transport des Gerätes nach Eupen
nicht notwendig wäre... .
Einige Jahre später findet erneut eine Revision der Löschgeräte durch
den "landräthlichen Kommissarius von Reiman" statt. Zufrieden konnte
auch er sich nicht zeigen. Es gab wieder eine Reihe von Beanstandungen.
Eine Leiter war defekt, die vorgesehene zweite Leiter nicht vorhanden.
Auch die ledernen Löscheimer konnte er in der Spritzen-Remise aufgrund
des dort herrschenden Durcheinanders nicht zählen. Die Eimer sollen,
so schreibt er in seinem Bericht an den Bürgermeister, mit der Aufschrift
"Gem. Eynatten" versehen werden. An der Friedhofsmauer hingen die
einzige, aber beschädigte Feuerleiter und die Feuerhaken. Von Reiman
verlangte die sofortige. Instandsetzung des defekten Materials und nach
Fertigstellung des neuen (heute noch stehenden) Spritzenhauses
umgehend einen Bericht über den Zustand der Gerätschaften.
(Die Spritze könnte damals in der Leuff gestanden haben).
Wenn auch immer mehr Dächer mit feuerfestem Material gedeckt
wurden, meist waren es Ziegel, seltener Schiefer, gab es gelegentlich
doch noch Hausbrände.
Im Hause Lamberts (später Geron) an der Lichtenbuscher Straße brach
in einem Anbau, dem späteren Haus Louis, ein Feuer aus.
Der damalige Besitzer, Franz Bosten, 58 Jahre alt und von Beruf
Ackerer und Fuhrmann, machte dazu vor Bürgermeister Carl Esser
folgende Aussage:
In der vergangenen Nacht (es war die Nacht vom 26. auf den 27.
September 1857) wurde er durch einen Mitbewohner des Hauses (Franz
Parmentier) mit dem Ruf geweckt: "Es brennt!"
Im bereits erwähnten Anbau, der vor zehn oder elf Jahren errichtet
worden war, stand das Dach in Flammen. Das Nebengebäude - es besteht
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heute nicht mehr - diente als "Kuh- und Pferdestall, Backhaus mit
Backofen und Schweinestall". Trotz schnellem Eingreifen der Feuerwehr
(vermutlich war es die Betriebsfeuerwehr der Fa Franssen) und dem
Einsatz freiwilliger Helfer richtete das Feuer großen Schaden an. Das
Dach mit den darunter gelagerten Getreidevorräten wurde ein Raub der
Flammen. Der Backraum und der Ofen blieben verschont.
Über die Entstehung des Brandes konnte Bosten keine Erklärung
abgeben. Man hatte zwar bis abends um sieben für die bevorstehende
Kirmes gebacken und dann anschließend noch einen Braten in den heißen
Ofen geschoben. Dieser sollte gegen 23 Uhr herausgenommen werden.
Als der Knecht gegen Mitternacht den Braten holen wollte, sei der Ofen,
so Bosten, kalt und der Braten noch nicht gar gewesen. Besagter Knecht,
so beteuerte Bosten, sei ohne offenes Licht zum Backhaus gegangen.
Auch sonst habe niemand diesen Raum betreten.
Soweit die Aussage des Eigentümers.
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Carl Johann Esser jun., geb. am 18. September 1820 in Kettenis, bekleidete das
Amt des Bürgermeisters von Eynatten vom 28. Mai 1846 bis zum Jahre 1894.
Gleichzeitig war er von 1851 an ebenfalls Bürgermeister von Kettenis. Dort starb
er am 15. Mai 1894. Seinen Wohnsitz hatte er in Kettenis.
59
Auch Franz Parmentier musste seine Aussage vor dem Bürgermeister
machen. Parmentier war 23 Jahre alt und von Beruf Steinhauer. Er wurde
gegen 1 Uhr nachts von seiner Mutter geweckt, die den Brand entdeckt
hatte. Da er das Haus schon früh am Morgen verlassen wollte, hatte er
sich angekleidet aufs Bett gelegt. Er weckte Franz Bosten und schaffte
noch 12 Eimer Wasser zur Brandstelle. Der Gemeindediener Becker
wurde alarmiert und gleichzeitig Lärm gemacht. Der Küster musste "die
Glocken ziehen", andere holten die Spritze herbei, wieder andere brachten
mit Wasser gefüllte Eimer zum Brandort, da anscheinend kein Brunnen
in unmittelbarer Nähe war. Bei dieser Aktion wurden die Namen Andreas
Palm, Leonard Wintgens, Ludwig Teller und Franz Palm genannt. "Die
Spritze tat wirklich viel", so Parmentier, doch das Getreide, Stroh und
Dach des Gebäudes waren nicht mehr zu retten. Nach harter Arbeit war
das Feuer dann gegen vier Uhr in der Frühe gelöscht.
Soweit der Inhalt des von Bürgermeister C. Esser aufgenommenen
Protokolls.
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Das Haus Louis wurde im April 1979 erneut schwer durch Brand beschädigt und
dann abgerissen.
Hier noch einige Anmerkungen zu dem damals durch das Feuer arg
beschädigten Nebengebäude.
Franz Bosten besaß und bewohnte das Haus Lamberts von 1839 bis
1875. Das beschädigte Nebengebäude wurde später zum Wohn- und
60
Geschäftshaus umgebaut. Bewohnt wurde es durch Hubert Louis und
dessen Ehefrau Josephine Bosten, eine Tochter des Franz Bosten. Diese
starb nach zweijähriger Ehe. Hubert Louis heiratete ein Jahr später in
zweiter Ehe Johanna Katharina Schmalen. Aus dieser Ehe stammten die
der älteren Generation noch bekannten Töchter Gertrud und Katharina,
genannt Nettchen. Das Haus diente weiter als Bäckerei,
Kolonialwarenhandlung und später als Gemüseladen. Dann war es
Treffpunkt der Jugend (Jugendheim), bis es im April 1979 erneut durch
einen Brand schwer beschädigt wurde. Danach wurde es abgerissen. An
seiner Stelle befindet sich heute ein Parkplatz.
Über einen weiteren Brand im Dorfzentrum von Eynatten berichten ”
unsere Unterlagen. Am 3. Juni 1873 gegen 15 Uhr erhielt Bürgermeister
Esser in Kettenis durch einen berittenen Boten die Nachricht, dass die
Gebäulichkeiten Nr. 5, dem Leonard Goebels "am Berg" gehörend (heute
Jennes, Haus Nr. 10-12), "in Brand seien". Carl Esser begab sich sofort
nach Eynatten, wahrscheinlich mit Pferd und Wagen. Das gesamte Dach
stand in Flammen. Von Scheune und Stallungen blieben noch die
Umfassungsmauern. Man versuchte, das Wohnhaus zu retten, was auch
gelang. Nur Dachstuhl und Speicher wurden ein Raub der Flammen und
die Decke der ersten Etage wies einige Schäden auf.
Neben dem Eigentümer Leonard Goebels und dessen Familie wohnte
in dem Hause noch die Familie Schiffer. Die Familie sowie freiwillige
Helfer hatten die meisten Möbel aus dem Hause geschafft. Die sofort
herbeigeholte Feuerspritze hatte wieder, so heißt es im Bericht des
Bürgermeisters, gute Arbeit geleistet. "Wie ich während des Brandes
vernahm"', so schreibt der Bürgermeister, "hat das Feuer in der Scheune
angefangen, das sich ungewöhnlich rasch ausbreitete.” Die ganze
Dachfläche soll gleichzeitig in Brand gestanden haben. Über die
Brandursache gab es keine Erkenntnisse. Goebels war versichert, Schiffer
nicht. ‚
Drei Tage nach dem Brand musste Hubert Goebels seine Aussage
machen. Es war seine Ehefrau, Catharina Vecqueray, die den Brand im
Pferdestall entdeckt hatte. Hier seine (zusammengefasste) Aussage:
"Verhandelt zu Eynnatten, den 6. Juni 1873.- Erschien: Leonard Hubert
Goebels, 45 Jahre alt, Ackerer zu Eynatten, und erklärte:
Am Dienstag, dem 3. d. M., waren wir gerade mit dem Mittagessen
fertig, als meine Frau zum Wohnzimmer hereinkam und sagte: Leonard,
komm heraus, es brennt. Ich lief hinaus und sah es im Pferdestall und in
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Das Haus "am Berg" Nr. 5, heute Hauseter Straße 10-12,
ist auch heute noch Gastwirtschaft und Verkaufsstelle für Backwaren.
der Scheune brennen. Ich bin zwar des Morgens in dem Kuhstall gewesen,
habe aber kein Feuer gemacht und keine Pfeife geraucht. Ich weiß
überhaupt nicht, ob jemand anders im Pferdestall oder in der Scheune
vorher gewesen ist und kann mir überhaupt nicht die Entstehung des
Feuers erklären. Meine Gebäulichkeiten sind bei der "Vaterländischen
Feuerversicherungsgesellschaft zu Elberfeld” versichert, ebenfalls die
Mobilien und Fruchtvorräte. Von den Stallungen und der Scheune stehen
nur noch die nackten Mauern. Vom Hauptwohnhaus ist nur das Dach
und der Speicher mit der Diele verbrannt. Von den Mobilien sind weniger
verbrannt als beschädigt. Auch Heu und Stroh wurden ein Raub der
Flammen."
(Es folgt die Unterschrift)
Agent der Versicherungsgesellschaft war Wilhelm Kever, 50 Jahre
alt, Bäcker, Wirt und Krämer. (W. Kever wohnte im Hause Nr. 12 und 14
in der heutigen Hauseter Straße, früher "Berg" oder "Bergstraße" genannt).
Kever mußte ebenfalls über den Brand berichten. Aber seine Aussage
brachte keine neuen Erkenntnisse. Das Dach war allerdings mit Ziegeln
gedeckt gewesen.
Danach musste die Frau des Jacob Schiffer, Anna Barbara Christine
Schmitz, ihre Aussage machen. Sie war im Garten und sah plötzlich Rauch
aus dem Scheunendach steigen. Anschließend bemerkte sie die ersten
62
Flammen. Da ihr kleinstes Kind im Hause schlief, galt ihre erste Sorge
der Sicherheit dieses Kindes. Auch die Arbeiter aus der Steingrube werden
erwähnt; sie waren aber außer Haus. Der Knecht Josef Lausberg war
schon seit dem frühen Morgen mit dem Fuhrwerk unterwegs. In der
Scheune aus Platzmangel abgestellte Kleinmöbel seien alle verbrannt,
auch die Kleidung von besagtem Lausberg. Dass sie nicht versichert
waren, war wohl das Schlimmste. Über die Entstehung des Brandes
wusste auch Frau Schiffer nichts zu sagen.
Zuletzt nahm Bürgermeister Carl Esser noch die Aussage der Ehefrau
des Leonard Goebels, Catharina geb. Vecqueray, 35 Jahre alt, zu Protokoll.
Eines ihrer Kinder hatte ihr den Brand gemeldet, worauf sie ,
hinausgelaufen war und gesehen hatte, dass das Scheunentor bereits
brannte. Sie hat versucht, Möbel aus dem Haus zu schaffen. Das Feuer
hat schnell um sich gegriffen. Auf dem Speicher abgestellte Möbel
verbrannten, ebenso Heu und Stroh. Über die Entstehung des Brandes
wusste auch Frau Goebels nichts zu sagen.
Soweit die etwas verkürzt wiedergegebenen Aussagen zu diesem Brand.
Bei der Schadensregelung wurde noch besonders betont, dass das
Gebäude mit Ziegeln gedeckt war und dass zwischen Wohnhaus einerseits
und Scheune und Stall andererseits eine Brandmauer bestand. Auch war
das Gebäude massiv gebaut.
Leonard Goebels hatte bereits ein halbes Jahr vorher einen Brand-
schaden gemeldet, dessen Größe aber nicht angegeben wird.
Für die Lokalhistorie interessant ist noch, dass Leonard Goebels der
Urgroßvater von Pastor Leon Dederichs war. Der Großvater Mathieu
Dederichs hatte nämlich eine Tochter des genannten Leonard Goebels
geheiratet. Dessen Sohn Andre Josef Wilhelm heiratete Maria Eugenie
Radermacher; dieses Paar wiederum waren die Eltern von Leon
Dederichs, der von 1962 bis 1991 Pfarrer von Eynatten war.
Natürlich gab es zu jener Zeit auch in Lichtenbusch und Berlotte
Anträge auf Genehmigung zur Ausbesserung von Strohdächern. Leider
sind wir aber nicht in der Lage, die damaligen Eigentümer oder Bewohner
genau zu lokalisieren und die genannten Gebäude mit den heute noch
bestehenden in Deckung zu bringen.
Auch hat noch mancherorts der Feuerteufel sein Unwesen getrieben.
Aber meistens fehlen die genauen Zusammenhänge oder Vernehmungs-
protokolle.
Zu diesem Thema noch die Aussage eines Lichtenbuscher Einwohners
zu einem Hausbrand im Jahre 1877.
63
"Verhandelt zu Eynatten, den 13. Mai 1877.
Es erschien der Johann Heinrich Heister, 23 Jahre alt, Ackerer und
Korbmacher zu Langfeld, Eynatten, wohnend:
Am vorigen Donnerstag, dem 10. d. M., waren meine Eltern früh
nach Aachen gegangen. Meine übrigen größeren Geschwister waren nach
Forstbach zur Kirche und ich saß morgens gegen 9 1/2 Uhr in unserem
Wirtszimmer die Zeitung lesend. Ich wartete bis zur Rückkehr meiner
Geschwister, um dann nach Eynatten zur Kirche zu gehen. Dann meldeten
mir die Geschwister: Du sitzest hier und das ganze Ding ist in Flammen.
Wie ich das Feuer bemerkte, brachte ich zuerst meine kleinen Geschwister
aus dem Hause und wollte mich dann dran geben, die Mobilargegenstände
zu retten. Es war mir nur möglich, ein Bett hinauszubringen, denn als
ich die Hausschwelle verließ, fiel das ganze Wesen zusammen.
Das Wohnhaus und die Stallungen sind vollständig eingeäschert. Das
in demselben befindliche Mobilar vollständig ein Raub der Flammen
geworden, und bei der isolierten Lage, weil eine Hülfe nicht bei der Hand
war, an eine Rettung nicht zu denken.
Über die Entstehung des Feuers kann ich nichts bekunden und ist
dieselbe mir unerklärlich. Ob am Morgen geheizt worden war, weiß ich
nicht.
Die Gebäulichkeiten und das Mobilar sind bei der Aachen-Münchener-
Feuerversicherungsgesellschaft (Agent Fober zu Raeren) ab 1873
versichert. Dem Agenten Fober ist noch am 10. die Anzeige gemacht
worden.
Johann Heinrich Heister
Carl Esser, Bürgermeister.
Das Haus Nr. 202, "Klein Langfeld”, lag an der "Chaussee Burtscheid-
Raeren" und gehörte dem Ackerer, Korbmacher und Gastwirt Wilhelm
Heister. Damals gehörte das Gebiet zur Gemeinde Eynatten, heute zu
Deutschland. Die Straße nennt sich nun Raerener Straße und die frühere
Nr. 202 trägt heute die Nummer 201. Bewohnt ist das noch bestehende
Gebäude durch Herbert Broichhausen-Pauquet.
(Bei dem Brand von 1877 hatte das Haus teils massives, teils aus
Lehmfachwerk gefertigtes Mauerwerk. Das Dach war mit Ziegeln
gedeckt).
64
Vogelschuss, Preisschießen und Kirmes-Tanzvergnügen
Die vom ehemaligen Kirchweihfest herrührende Kirmes gehört zu
den alten Bräuchen unserer Gegend. Mit der Kirmes verbunden waren
fast immer ein Vogelschießen oder auch Preisschießen und natürlich
Tanzveranstaltungen. Doch gleich zu Anfang soll erwähnt werden, dass
das wachsame Auge der Behörde immer alles im Blick und unter
Kontrolle hielt.
Hier ein Beispiel von vielen.
In den Archiven findet sich ein vom 12. September 1838 datiertes
Schreiben des Bürgermeisters Pelzer an den "Kgl. landrätlichen ,
Commissarius Herrn von Reiman", mit der Meldung, dass der Schenkwirt
Adolph Hermges (Rovert an der Aktienstraße, heute Eupener Str. Nr.
93) wegen Krankheit "in diesem Jahre kein Vogelschießen anläßlich der
hiesigen Kirmes am 25. und 26. September abhalten kann". Aus diesem
Grunde war nun die Schenkwirtin Witwe Johann Rotheut (heute Hotel
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"Situations-Plänchen behufs aufsetzung einer Vogelstange" (1838)
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Tychon) bereit, den Vogelschuss abzuhalten. Die Vogelstange sollte in
der Wiese des Gutes "Vlattenhaus" aufgestellt werden. Die Schützen
hatten ihren Stand in der heutigen Langstraße (damals "der alte Weg
nach Aachen"), und zwar unweit der Stelle, wo der Bach, der der
Langgasse folgt, diese verlässt und im Winkel am Rande der zum
Anwesen Franssen von Cortenbach gehörenden Wiese die "Neue Straße
Eupen - Aachen" unterquert. Es soll in Richtung Norden geschossen
werden, wobei die Langgasse natürlich gesperrt blieb, so dass "kein
Unglück zu befürchten sei".
Nach Überprüfung eines beigefügten Lageplanes wird das Gesuch
von Bürgermeister Pelzer, den Vogelschuss bei der Witwe Rotheut
abzuhalten, genehmigt. Allerdings trägt der Bürgermeister die
Verantwortung für einen störungsfreien Ablauf des Dorffestes ...
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Das Gasthaus Tychon (vor 1902)
Bei der jährlich im Herbst stattfindenden Dorfkirmes und auch zu
anderen Zeiten fehlte es nicht an Tanzveranstaltungen und anderen mit
den Schützenfesten verbundenen Vergnügen. Geschossen wurde, wie
schon erwähnt, im Rovert an der heutigen Eupener Straße oder bei
Tychon, damals Rotheut. Hier muss hinzugefügt werden, dass auch nach
der Heirat des Hermann Tychon mit der Witwe Rotheut das Lokal "am
Hövel" noch eine geraume Zeit unter dem Namen "Witwe Rotheut"
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66
weitergeführt wurde. Dann aber setzte sich der bis heute gebliebene Name
Tychon durch.
Im "Rovert", an der Landstraße, findet man in den Archiven mehrere
Gastwirte, die dort Getränke aller Art ausschenkten und auch Vogel- und
Preisschießen abhielten.
1841 machen mehrere Wirte anlässlich der Eynattener Kirmes auf
Ballveranstaltungen in ihren Wirtschaftsgebäuden aufmerksam. So eine
Frau Jerusalem, die zum Ball in den Wirschaftsgebäuden des
"Amstenrather Hauses" (Franssen von Cortenbach, neben dem Barriere-
Häuschen) einlädt. Auch bei N. J. Pelzer auf dem "Pütz" ist Ball, während
bei Hermann Tychon neben dem Preisvogelschießen Tanzmusik und
"Fleischwerfen" (Kegeln) angesagt ist. .
Bei Anton Wetten an der neuen Landstraße (der Eupener Straße) ist
Preisvogelschießen, bei Frau Simons in der "Leuff” wird um ein fettes
Rind und Schinken gekegelt.
An die Veranstaltungslokale für Tanz stellte man im vorigen
Jahrhundert keine großen Ansprüche. Als Franz Bosten das Haus
Lambertz ("Alkazar") bewohnte, war im damaligen Korrespondenzblatt
zu lesen, dass in seinem Hause ("Lambrichs Gebäude") im September
1840 zur Kirmes an den drei Tagen ein Kirmesball abgehalten werde...
Bei Gelegenheit der Kirmes im Jahre 1849 wird im Dorfzentrum noch
ein weiterer Wirt mit Namen Franz Parmentier genannt. Bei ihm fand
ebenfalls ein Preisvogelschießen statt. Lokal und Schießstand sind
allerdings nicht mehr genau zu lokalisieren.
Im April 1860 möchte die Schützengesellschaft Eynatten "unter sich"
ein Vogelschießen abhalten, wozu sie auf dem Amtswege über
Bürgermeister Esser um die Genehmigung bittet. Landrat von Harenne,
gewesener Bürgermeister von Eynatten (er hatte seinen Wohnsitz im
Hause von Frau M. Trouet, Ecke Hauseter Straße - Johbergstraße) konnte
die Genehmigung nicht verweigern...
Die Eynattener Notizen könnte man beliebig fortsetzen. Es war eben
eine andere Zeit, eine bessere oder gar eine schlechtere? Jeder kann sich
selber darüber seine Gedanken machen...
Quellen: Gemeindearchiv, Privatarchiv und Korrespondenzblatt des Kreises Eupen
67
Rue Baach!
Ut e-ne Täekeböjsch do könnt rue Baach,
än kluckelt ob-en Gööl eba.
Et wor oss Land, wie ver noch klenger,
wor osse Fluss, wie ver noch Kenger.
Va ut e-ne Könneng bis a Bowwääch,
oss Indianerland, janz wiit an laäch.
Met Tomahawk än hote Lanze,
donge ver wie Indianer danze.
Dat buure Brabant Päed woet ajesihe,
wie e-ne Mustanghengs van de Prärie.
Kroone, Hästere än söss Jedeer,
loote sech an oss Water neer.
En oss Fantasie Theater,
wore dat de Geier än de Adler.
Oss Name: "Welle Puma, Büffelklau,
vlotte Boch än Adlerow."
De Mokassins dat wore oss Schoh,
ver molke töschebej en Koh.
De Koh hoosch Liss,blääv ömmer stue,
ver kosse alles met er due.
Mä wenn der Buur dat hau jesihe,
"Help Manitou", da hoosch et rijje. *
Et Kalumet, oss Äekerepippke, Ö
e-jen Boks kleng jölde Strippkere.
Krejsvärv opjemolt met Lehm,
sö jonge ver da och no heem.
Rue Baach, dämm stoppde ver at-ens tu,
ver mosse jo at ens bade jue.
68
Än weil ver rechtege Indianer,
donge ver en-ne Janewar bade.
Mamm koem derhenger, et dong neks nötze,
än Manitou koss oss net schötze.
Der Krechszoch wor verbej än ut,
me schrubbde oss de Värve vut.
Vö6öl Jerubbel jar neet heusch,
schwatte Seep än Wotteleböesch.
Erob än eraaf, esö veer voff mool,
et wor wie a je-ne Marterpool. ed
E-ne Droom vör evvech än tuschur,
verjong oss jedder Racheschwur.
Jakob Langohr
1999
69
Historischer Rundgang durch
Kelmis/La Calamine,
ein Geschäftszentrum im Göhltal
GB. Tel?
von Firmin Pauquet
Im ersten Teil dieses historischen Rundganges haben wir den
westlichen Teil der Gemeinde mit dem alten Dorfkern am Zusammenfluss
der Göhl, der "Honn", bzw. des Hornbaches oder Lontzener Baches, und
des "Eselbacherbächske", bzw. Grünstraßer Baches, um die alte
Rochuskapelle entdeckt und dann weiter entlang der Lüttich-Aachener
Landstraße, der "Pavei", das ehemalige Bergwerks- und Industriegelände.
Im zweiten Teil sind wir durch das nach 1850 entstandene Dorf- und
heutige Geschäftszentrum spaziert.
Es bleibt uns nun, Bekanntschaft mit den Außenvierteln des heutigen
Fleckens im Norden und Osten zu machen. Dieser Rundgang wird dem
nordöstlichen Teil in Richtung Grenze gewidmet.
Ausgangspunkt ist der Kirchplatz, der zentrale Geschäfts- und
Verwaltungsort mit den beiden Warenhäusern "Nopri" und "Intermarche",
dem Postamt, der Gendarmerie, der Kirche und dem Gemeindehaus.
Vorbei an der Gemeindeschule biegen wir rechts in die Siedlung Peter
Kofferschläger ein und erreichen nach einer Schlinge den Kahnweg.
Vor uns stehen noch (Nr. 3-13; 1950, Grundstücke 151-155) einige
kleine aber umgebaute Arbeiterhäuser, die auf der Karte der "Vieille
Montagne" aus dem Jahre 1862 erkennbar sind. Zwei derselben (heute
drei) waren unweit der unteren Straßengabelung auf Gemeindegrund
(1860, Grundstücke V/192,234) entlang der heutigen Patronagestraße
gebaut worden. Sie besitzen auch einen Eingang in der Patronagestraße.
Das Haus Nr. 3 ist ziemlich verwahrlost. Dagegen zeigt das gut
unterhaltene Haus Nr. 5 die Bauart der Periode 1840-1870 : Mauern aus
Kalkbruchsteinen mit Tür- und Fensterfassungen aus Backsteinen. Die
beiden anderen (heute drei) Arbeiterhäuser (1860, Grundstücke V /197-
198) gehörten damals den Gebrüdern Lambert und P. Breuer. Zwei sind
renoviert und gut unterhalten, das mittlere (Nr. 11) aus Feldbrandsteinen
unter Beibehaltung der alten Substanz. Beim letzten Haus (Nr. 13) musste
Teil 1 in "Im Göhltal" 61/ 1997, S. 31-55; Teil 2 ebenda 62/1998, S. 7-43)
70
die Eingangstür wegen Verwahrlosung zugemauert werden. Neuerdings
scheinen Renovierungsarbeiten hier im Gange zu sein.
Im ältesten aufbewahrten Einwohnerverzeichnis des neutralen
Gebietes von 1856 tragen diese Häuser die Nummern 213-216. Hier
wohnten 5 Familien mit 21 Personen. Auf der erwähnten Karte von 1862
wird die Flur zwischen oberer Patronagestraße und Kahnweg "Am Hahn"
genannt. Wahrscheinlich war früher ein genannter Hahn hier begütert.
Ein Renerus Hahn wird 1767 als Einwohner von Moresnet erwähnt, der
auch unter Kelmis begütert ist. Er hatte am 25. Februar 1727 in Moresnet
die Barbe Pelser geheiratet. Im Jahre 1774 wird derselbe in
"Boschhuysen" unter Moresnet wohnende als Eigentümer eines Ackers ,
"aen de heyborn", d. h. an einem Brunnen in der Heide, unter Kelmis
liegend, angegeben. Dieser Renier Hahn hat 574,5 Ruten = ca. 1,252 ha
Grund Moresneter Preuspacht erworben, wofür er jährlich 9 Gulden, 11
Schilling, 6 Pfennig Pacht zu entrichten hat. Nachdem der Preusbosch
1611-1618 unter die herzoglich-limburgische Domänenverwaltung und
die drei Pfarreien und Gemeinden Gemmenich, Montzen und Moresnet-
Kelmis aufgeteilt worden war, haben diese ihren Gemeinde-Preuswald
gemeinsam verwaltet und nur die daraus entstehenden Einkünfte und
Ausgaben unter einander in Drittel aufgeteilt. Im Laufe der Zeit wurden
meistens am Waldesrand gelegene "inculte gronden", also Öd- bzw.
Heideland, an Einwohner zur Nutzbarmachung veräußert, bzw.
verpachtet. Diese verpachteten Grundstücke bilden die sogenannte
Preuspacht, wie die "regeerders van Moresnet ende Kelmis”", d. h. die
Gemeindeverwalter, schon 1770 feststellen. Insgesamt sind es 76 Bunder
167,125 Ruten = ca. 66,65 ha, die aus dem Gemeinde-Preuswald
ausgeschieden sind. Die Pacht wird in Lütticher Gulden berechnet und
beträgt insgesamt ca. 532 Gulden = 646,85 Francs, wovon jede der drei
Gemeinden ein Drittel (ca. 215 Francs) erhält. Diese Zahlen werden noch
1819 von Bürgermeister Arnold de Lasaulx bestätigt. Nach den Wirren
der Brabantischen und der Französischen Revolution gehen verschiedene
Preuspachtrenten verloren, so dass das Moresnet-Kelmiser Drittel 1830
zu 176,07 Francs geschätzt wird, d. h., es ist ein Minus von ca. 41 Francs
oder ca.19% zu verzeichnen. Eine endgültige Teilung der Preuspacht
unter die teilhabenden Gemeinden geschieht erst anlässlich der Teilung
des Preuswaldes durch notarielle Urkunde vor dem Montzener Notar
Verdbois am 26. Juli 1873. Die von Renier Hahn zu entrichtende Pacht
wird später von den Moresnetern Jacques Hahn für 31,5 Ruten = ca.
0,07 ha und Lambert Hermens für 543 Ruten = ca.1,1840 ha bezahlt.
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Das Haus Pirson
Das etwas größere Eckhaus an der Wegegabelung mit der
Patronagestraße (heute Nr.1; 1950, Grundstück 150) gehört nach der
Adressliste des Kreises Eupen von 1902 dem Maschinisten der "Vieille
Montagne" Hubert Pirson. Es ist das Elternhaus des Pfarrers Jacques
Pirson, der am 10. Januar 1918 als zweites Kind der Eheleute Nicolas
Pirson und Gertrude Döme geboren ist. Nach erfolgtem Abitur im Kleinen
Seminar von Sint Truiden (Saint-Trond) 1937 folgt er der priesterlichen
Berufung und wird am 4. Juli 1943 in Lüttich zum Priester geweiht.
Wegen des widerrechtlichen Anschlusses seiner Heimatpfarre an NS-
Deutschland kann er seine Primiz nicht in Kelmis feiern. Erst nach der
Befreiung wird diese Feier am 27. Oktober 1946 von der Pfarrgemeinde
nachgeholt. Bis zum 8. Juni 1945 ist Jacques Pirson Kaplan in Bois-de-
Breux bei Lüttich, dann in Eupen St. Josef. Am 12. November 1956 wird
er zum geistlichen Berater der Sozialen Werke in Eupen ernannt.
Dieses Amt übt er bis zu seiner Ernennung als Pfarrer in Welkenraedt
im Dezember 1966 aus. Seit seiner Pensionierung am 1. Juni 1988 wohnt
er in seiner Heimatpfarre, wo er seitdem bei der Gestaltung der Liturgie
behilflich ist und am 31. Juli 1993 sein goldenes Priesterjubiläum feiern
konnte
Auf der Siedlungskarte von ca. 1950 zählt man 6 Häuser auf der linken
Seite des Kahnweges in östlicher Richtung (Grundstücke 150-155). Die
2
Häuserreihe auf der rechten Seite entstand viel später. Auf der genannten
Siedlungskarte zählt man eine Reihe von 5 Häusern (Grundstücke 26-
22, heute Nr. 12-18) und in einem Bevölkerungsverzeichnis von 1958
sind es 11, wovon 4 am unteren Straßeneingang als neu gebaut (Nr. 2-8)
angegeben werden. Auch die Häuser 20-24 wurden nach dem Kriege
hier gebaut. Vor diesen Häusern floss noch bis ca. 1950 der schon früher
erwähnte "Bergkanal" in Richtung Park und "Kull". Dieser um 1631
angelegte Kanal entsprang einem Brunnen am Fuße des Heidkopfes,
damals "Hulsbergh" genannt, und brachte Wasser zum Antreiben des
Mühlenrades des Altenberger Pumpenwerkes. Der "Hoelsberch" wird
schon am 31. Januar 1469 in einer Urkunde Herzog Karls des Kühnen ,
von Burgund-Limburg erwähnt. Limburgische Adlige der Sippe von
Walhorn geben diesen Ort als einen der Grenzpunkte des Gebietes an, in
welchem sie Bergrecht beanspruchen. Der Brunnen markiert die untere
Grenze der wasserdurchlässigen Schicht des Aachener Sandes, der den
größten Teil des Bodens im Preuswald und im angrenzenden Aachener
Wald ausmacht, auf den wasserdichten Hergenrather Tonschichten. Im
Jahre 1883 wird ab einem neuen Brunnen ca. 20 m oberhalb des ersten
die erste Wasserleitung in Neutral-Moresnet angelegt (s. Karte). Die
660 m lange eiserne Rohrleitung, die dem Bergkanal bis in die heutige
Albertstraße auf 467 m folgt, führt zu einem am Schnellenwind gebauten
Schacht mit Behälter. Die Ausgaben werden von der "Vieille Montagne"
auf 3000 Francs geschätzt, davon trägt diese Gesellschaft die Hälfte.
Zwei Jahre später wird die Wasserleitung bis zur Kirchstraße
weitergeführt. Im Jahre 1896 wird ein neuer Behälter von 15-20 m* am
Schnellenwind gebaut. In diesem Jahr wird auch dort eine von einem
Rad ("'a je rat") in Bewegung gesetzte Pumpe angelegt: die Abflussmenge
erreicht 10 m* in 21 Stunden.
Auf der linken Seite des oberen Kahnweges liegen die Gärten und
Garagen der Häuser der oberen Patronagestraße (Nr. 56-86; 1950
Grundstücke 156 c-s ). Diese 16 Reihenhäuser wurden 1929-1931 am
Ort "op ene Oossekop", ("Ossenkop" der Urkatasterkarte von 1860), im
Auftrag der kurz zuvor gegründeten Baugenossenschaft gebaut und sind
schon seit längerer Zeit meistens an die Mieter verkauft und von denselben
manchmal umgebaut worden. Das Grundstück (V/ 201) gehörte 1862
dem Johann-Peter Steffens. Mitglieder dieser Familie haben auch das
verhältnismäßig große Ziegelsteinhaus am oberen Ende der Häuserreihe
der Patronagestraße Nr. 88 (1950, Grundstück 157) gebaut. Hier ist der
Lehrer Leo Steffens am 19. Dezember 1909 geboren. Nach seinem
74
Studium an der katholischen Normalschule zu Theux wird Steffens als
erster gebürtiger Kelmiser am 29. Oktober 1930 durch den Gemeinderat
zum Lehrer an der Gemeindeschule ernannt. Bei der Mobilmachung der
belgischen Armee 1939 wurde er am 1. September einberufen. Beim
Einmarsch der Deutschen, am 10. Mai 1940, war er unter den ersten
Kriegstoten am Albertkanal, wo er Wache bei einer der Vroenhoven-
Brücken stand. Mit seinen Kameraden wurde er von deutschen
Segelfliegern, die die Sprengung der Brücke verhindern sollten, im
Wachraum überrascht und ein Opfer der dort eingesetzten
Flammenwerfer. Nach dem Kriege, am 14. März 1948, wurde er mit
Gilbert Simon, einem anderen gefallenen Kelmiser Soldaten, unter
Teilnahme der Behörden und der Kelmiser Schulen auf den Ehrenfriedhof ”
umgebettet.
An der Schulhofwand der damaligen Gemeindeschule, heute Cesar-
Franck-Athenäum, wurde eine Erinnerungstafel eingeweiht, mit der
Inschrift "Les Ecoles de La Calamine ä leur cher Maitre Leon Steffens,
tombe pour la Patrie le 10 mai 1940.”
Am vorhin erwähnten Brunnen befand sich auch eine Pfütze, "der
Kane pool", die das Vieh des benachbarten Bauernhofes mit Trinkwasser
versorgte. Vom früher links liegenden Bauernhof "a jene Kaan" ist
jede Spur verschwunden, nachdem die Baugenossenschaft um 1970 das
Gelände erworben hatte und hier an der erbreiterten Straße dreistöckige
Miethäuser mit Eingang Sandweg Nr. 2-10, bauen ließ. In einem
gegenüberliegenden eben hohen Miethaus, Kahnweg Nr. 30, ist seitdem
ihre Verwaltung untergebracht. Die neue Heidgraben-Straße, die rechts
zur Lütticher Straße führt, folgt ungefähr einem vorher dort bestehenden
alten Wiesenpfad " e jen heigrave".
Die Bezeichnung des ehemaligen Bauernhofes und der späteren Flur
verrät den Familiennamen des Bauherrn. Der Bauernhof wurde in der
Kelmiser Heide, die sich vom Göhlufer bis an den Waldrand ausdehnte,
entlang der alten "naeberstraet”" angelegt. Diese Straße hieß so, da sie
von den "Nachbarn", den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke,
zu unterhalten war.
Laut Kelmiser Grundbuch von 1756 (F° 25) hat Joes (Johannes) Cann
im Jahre 1750 102,25 Ruten (zu 21,7945 m*®) = ca. 0,22 ha "gemeente
aengenoemen aen den hollensbergh alwar sijn huijs op staet". Das Haus
des Johannes Cann ist also auf ehemaligem Gemeindegrund zwischen
1750 und 1756 gebaut worden. Der Hausherr besitzt insgesamt 463,5
Ruten = ca. 1 ha Grund, wofür er mit 3,66 Stüber zur Grundsteuer
8
veranschlagt wird. Damit erscheint er an 60. Stelle unter den 81 Kelmiser
Grundeigentümern. Ein Jean Caan hat am 13. Februar 1735 in Moresnet
die Anne Brigir bzw. Brysir geheiratet. Aus dem Gudungsbuch Nr. 1 des
Kelmiser Schöffengerichts erfahren wir, dass Joannes Kaenen von
Lambert Nyssen einen 150 Ruten = ca. 0,33 ha großen Acker erworben
hat. Dieser Acker rührte aus veräußertem Gemeindegrund her.
Nach den Moresneter Kirchenbüchern ist Caan am 9. September 1779
gestorben. Ein "Jean Caenen, jeune" erscheint von 1745 bis 1759 in den
Lohnlisten des Altenberges als einfacher Bergmann und 1761-1773 als
Vorarbeiter ("principaux mineurs"'). Er ist wohl ein Sohn des "Jean Caen
vieux", Waldarbeiter und Fuhrmann beim Altenberg 1743-1749, und ein
Bruder des am Schnellenwind begüterten Gerard Caen und des Christian
Caen, der das elterliche Gut am Bildchen übernommem hat. Joannes
betreibt also nebenbei mit seiner Familie einen kleinen Bauernhof. Im
theresianischen Kataster 1770-1774 (Nr. 19) erscheint Joannes Caenen
mit Haus, "vordere Bouwinghe" und 2209 Ruten = 4,8144 ha Grund, der
zu ca. 198 Gulden bewertet wird. Im Laufe von ca. 15 Jahren konnte er
also sein Grundeigentum mehr als vervierfachen und rangiert nun an 26.
Stelle unter den 121 Grundeigentümern. "Johannes Kaan", bzw. "Jean
Kan vieux" (nun wird er so bezeichnet) erscheint auch mehrmals als
Pächter des herzoglichen Rottzehnten in der Pfarrei Moresnet mit Kelmis,
so 1770, 1777 und 1778. Im Jahre 1779 ist es sein Sohn Joannes. Der
Rottzehnt, den die Eigentümer von erworbenem Gemeindegrund
zugunsten der herzoglichen Domänenverwaltung zu entrichten hatten,
wurde alljährlich vom limburgischen Rentmeister dem Meistbietenden
zugeschlagen. Nur begüterte Personen, die eine genügende Kaution
hinterlegen konnten, kamen als Pächter in Frage. Der von Kaen angebo-
tene Pachtbetrag schwankt zwischen 48 und 83 "&cus" (Münze mit einem
Schild) zu 2,4 brabantischen Gulden, also zwischen ca. 115 und ca. 200
Gulden. Natürlich erhofft sich der Pächter, mehr eintreiben zu können.
Damals kostete ein halbes Fass Bier ca. 2,3 Gulden, ein Paar Männer-
schuhe 4 Gulden, Ein Zimmermannmeister verdiente 0,9 Gulden und
ein Bergarbeiter des Altenberger Bergwerks 0,4-0,5 Gulden täglich. Jean
Caan erscheint auch unter den Grundbesitzern, die 1770 Moresneter
Preuspacht-Grundstücke besitzen, und zwar 1640 Ruten = ca. 3,5743
ha, wofür er 27 Lütticher Gulden, 6 Schilling, 8 Pfennig jährlich zu zahlen
hat. Später, so 1819, wird diese Pacht von dem Moresneter Mathias
Corman bezahlt.
76
Am 19. März 1780 werden am späteren Ort Kahn drei Häuser
angegeben, die noch bis zum Abriss durch die Baugenossenschaft ca.
1970 bestanden. Es waren eine kleine Hütte am Wegesrand und ein
langgestreckter Bau auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes,
bestehend aus Wohnung und Stallung. Giebel und Grundmauern waren
aus Bruchsandsteinen aus den Aachener Sandschichten mit darüber
aufgebautem Fachwerk errichtet.
Nach einer Aufstellung vom 12. Februar 1782 lässt die Witwe Joes
Caen in diesem Jahr 5 Kühe auf Gemeindegrund weiden. In den
Moresneter Kirchenbüchern wird ihr Tod am 10. Juni 1782 registriert.
Johannes Caen hat auch 160 Ruten = ca. 0,3487 ha aus der sogenannten
Keeskorfpacht gemietet, wofür er jährlich der Gemeinde Montzen eine’
Pacht von 2 Lütticher Gulden, 13 Schilling, 2 Pfennig zu zahlen hat. Es
handelt sich dabei um 15 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 7
Bunder, 72 Ruten = 6,26 ha, die am südöstlichen Rand des Preuswaldes
aus demselben gewonnen wurden. Der Gesamtertrag erreicht 49 Lütticher
Gulden, 10 Schilling. Dieser Betrag wird am 19. Februar 1788 unter die
Gemeinden Montzen, für eine Hälfte sowie Moresnet und Kelmis
zusammen für die andere aufgeteilt, da er aus ihrem gemeinsamen Anteil
am Preuswalde herstammt. Laut Moresneter Einwohnerliste vom Jahre
V der Republik (1796-1797) wohnt das Landwirteehepaar Jean Caen-
Gertrude Gerards im Haus Nr. 17. Er ist wohl ein Sohn des Bauherrn.
Geheiratet haben diese Eheleute in Moresnet am 15. April 1792. Im Jahre
1794 wird er als Fuhrmann am Altenberg erwähnt. Er ist auch 1779, wie
vorhin sein Vater, Pächter des herzoglichen Rottzehnten in der Gemeinde
Kelmis. Im französischen Kataster von 1799 (Nr. 35) wird Jean Caen als
Eigentümer und 1809-1813 auch als Einwohner gemeldet.
In der Nähe des Bauernhofes Kahn wird im französischen Kataster
von 1799 Nr. 36 Haus und Gut eines Pierre Heyns, wahrscheinlich ein
Neubau, aufgeführt. Heyns erscheint 1794 in den Lohnlisten der
Altenberger Bergleute. Peeter Heyns hat 160 Ruten = ca. 0,3487 ha Grund
aus der sogenannten Keeskorfpacht gemietet, wofür er jährlich der
Gemeinde Montzen 2 Lütticher Gulden, 13 Schilling, 4 Pfennig zu zahlen
hat. In den Einwohnerlisten der Franzosenzeit (1796-1809) werden dann
auch im Gehöft "Hollensberg” vier Häuser (Nr. 16-19) eingetragen, in
welchen 1796 20 Personen wohnen. Im Jahre 1813 wird noch ein fünftes
Haus (Nr. 19bis) beigefügt. Dabei ist wohl zu vermerken, dass dieses
Gehöft sich damals auch auf die nordwestliche Seite der Anhöhe
ausdehnte, die später im Urkataster von Neutral- Moresnet (1860) "Am
77
Cloth" genannt wird. In der Grundsteuer-Heberolle von Neutral-Moresnet
erscheint 1824 (Nr. 5) die Witwe Peter Heins mit einem steuerbaren Wert
von 11 Francs für die Grundsteuer. Von 1827 bis 1836 sind es die Erben.
Jean Caan, bzw. Johann Caan, wird noch in den Grundsteuer-
Heberollen von Neutral-Moresnet 1824 bis 1827, seine Witwe 1828 bis
1832, und zwar als Ackerer, "cultivateur", bzw. "cultivatrice", für einen
steuerbaren Grundwert von 45 Francs erwähnt. Von 1833 bis 1835 tritt
ein Michel Smets, der im belgischen Teil von Kelmis d. h. in der unteren
Heide wohnt, an ihre Stelle. Im Jahre 1836 ist es ein Guillaume Steffens.
Im Jahre 1841 wird das Gut zwischen dessen Söhnen Pierre und
Guillaume (fils) aufgeteilt. Im Neutral-Moresneter Urkataster von 1860
erscheinen die Gebäude Flur V auf den Grundstücken 3, 5 und 6. Die
Gebrüder Steffens erscheinen auch in der Heberolle der Grundsteuern
von 1861-1865 sowie auf der Karte der "Vieille Montagne" von August
1862. Die Geschwister Peter Steffens, Ackerer, werden mit 142,33 F
Reinertrag an 8. Stelle der Grundeigentümer nach der Höhe des Ertrages
eingeschätzt. Im Einwohnerverzeichnis von 1856 tragen diese Häuser
die Nr. 218-222. Es wohnen hier 6 Familien mit 22 Mitgliedern. Im 1902
erschienenen Adressbuch des Kreises Eupen werden Johann Steffens,
Landwirt, Heinrich Steffens, Landwirt, und Wilhelm Steffens, Rentner,
erwähnt, die "am Cahn" Nr. 358, 361 bzw. 359 wohnen. Die Familie
Steffens hat diesen Bauernhof bis 1904 bewirtschaftet. Nachher gehörte
das Gut der Familie Clooth, worüber später berichtet wird. Auf der
Siedlungskarte von 1950 tragen die Grundstücke die Nummern 3-6.
An der großen Kreuzung erreichen wir die "Siedlung Heygraben"
der Baugenossenschaft "Nos Cites" ‚” e jen heigraf”", bzw. in den
Heygraven nach der Urkatasterkarte von 1860. Diese Siedlung wurde
von 1975 bis 1982 in mehreren Phasen gebaut und zählt insgesamt 106
Einfamilienhäuser und 97 Appartements. Sie bildet ein neues Wohnviertel
an der ehemaligen Grenze von Neutral- und Preußisch-Moresnet. Die in
diesem Viertel angelegten Straßen tragen Namen von bekannten
Kelmisern: dem Neutral-Moresneter Bürgermeister Hubert Schmetz
(*1845, Hergenrath; Amtszeit 1885/71915), dem Pfarrer Francois
Scherrer (*1880, Henri-Chapelle; Amtszeit 1920-1945; + 1956, Montzen),
dem Gendarm und Widerstandskämpfer Guillaume - Hocke
(*1903,+1941), der am 28. August 1941 vom deutschen Kriegsgericht
zum Tode verurteilt und am 28. Dezember in der Lütticher "Citadelle"
erschossen wurde. An Letzteren erinnert auch ein schlichtes Denkmal
aus Aachener Sandstein an der Kreuzung der Hock6&-Straße mit der
80
gehörten damals Mathias Breuer, Johann Josef Dahlen und Gerhard
Möller. Es wohnten hier 4 Familien mit 23 Mitgliedern.
Weiter östlich im Sandweg, "rue du Sablon", so um 1920 nach der
ehemaligen Sandgrube der Gemeinden Kelmis und Neu-Moresnet
genannt, ungefähr am Eingang der jetzigen Brunnenstraße, befand sich
rechts der ehemalige Bauernhof "Bruun"', ein schlichtes langgestrecktes
Gebäude aus Aachener Bruchsandsteinen mit rechteckigen Tür- und
Fenstereinrahmungen aus Blaustein. Auf der Urkatasterkarte von 1860
wird der Flurnamen "am Braun" verwendet. Das Gut wird nicht im
Kelmiser Grundbuch von 1754 erwähnt. Nur wissen wir, dass der Erbauer
Christian Brun bzw. Brun(s)Werck im Jahre 1767 Grundsteuer an die _
Gemeinde Moresnet bezahlt, obschon sein Gut in der Herrschaft und
Gemeinde Kelmis lag! Am 3. Januar 1768 beurkundet der Montzener
Notar C. M. Schever, dass Broun Haus und Gut des Anthoon Claessen in
der Kelmiser Heide bei öffentlichem Verkauf erworben hat. Der Anton
Claessen hatte am 31. August 1745 die Anne Marie Heusch in Moresnet
geheiratet und ist laut Moresneter Kirchenbüchern am 18. März 1766
gestorben.
"Chretien Broun" erscheint 1766-1780 in den Lohnlisten der
Altenberger Bergleute. Im theresianischen Kataster wird er zuerst 1770
für sein Hof und Gut "aen den Hollenberg" in Moresnet aufgenommen.
Nach einer von der oberen Behörde erteilten Anweisung müssen aber
künftig die Güter in der Gemeinde aufgenommen werden, in welcher sie
liegen. So wird 1774 eine Korrektur (Nr. 115) zugunsten von Kelmis
vorgenommen, wo ab diesem Zeitpunkt der Bauernhof von Brun am
Hollensberg besteuert wird: Christiaen Brunswerck (!) besitzt "aen den
Hollensbergh" 481 Ruten = 1,0483 ha Grund, der zu ca. 39 Gulden
bewertet ist. Er lässt 1782 drei Kühe und ein Rind auf Gemeindegrund
weiden. Nach den Moresneter Kirchenbüchern ist der Christian "Bron"
am 10. Juni 1782 gestorben. Im französischen Kataster vom 4. Prairial
des Jahres VII (23. Mai 1799) ist die Witwe Chretien Braun Eigentümerin
(Nr. 37). Laut Moresneter Einwohnerliste vom Jahre V der Republik (1796-
1797) wohnt das Ehepaar Mathias Broun - Gertrude Kofferslager,
Landwirte, im Haus Nr. 15. Mathias Broun erscheint in den Lohnlisten
des Altenberges als Bergmann 1775-1794 und ist wohl ein Sohn des
Christian. Geheiratet haben Mathias "Bron" und Gertrude Koufferslager
in Moresnet am 25. Mai 1784. Im Jahre 1818 ist der Tagelöhner Mathias
Broun noch Eigentümer, wohnt aber 1809-1813 Kelmiser Heide Nr. 110.
Das Elternhaus hat er 1813 an das Ehepaar Pierre Krutzen-Smets vermietet.
81
In den Grundsteuer-Heberollen des Neutralen Gebietes erscheint als
Eigentümer des Bauernhofes 1824-1833 ein Johan bzw. Jean Nyssen,
Ackerer, der aber in Preußisch-Moresnet, wohl in der Kelmiser Heide,
wohnt. Der steuerbare Wert zur Grundsteuer wird bis 1828 mit 15 Francs,
ab 1829 mit 36 Francs geschätzt. Das Gut ist also vergrößert worden.
Dem Jean Nyssen folgt 1834-1839 seine Witwe und dann 1840-1847
eine gewisse Marguerite Nyssen, "cultivatrice", vielleicht eine Tochter,
ebenfalls in Preußisch-Moresnet wohnend. Eine Witwe Marguerite
Nyssen-Plaire wohnt 1796 Kelmiser Heide Nr. 110. Im Jahre 1849 hat
ein Pierre Walraff, "cultivateur", in Preußisch-Moresnet wohnend, den
Bauernhof erworben. Kurz danach muss er zum "Bruun" übergesiedelt
sein, denn im Einwohnerverzeichnis von 1856 wohnt hier, Nr. 223, der
42 Jahre alte Ackerer Peter Walraff mit seiner Ehefrau Anna-Maria Nyssen
und einer Magd.
Peter Walraff ist also ein Schwiegersohn des vorigen Besitzers (1824-
1833) Jean Nyssen. Ein Pierre Walraff wird 1783-1794 in den Lohnlisten
der Altenberger Bergleute aufgeführt. In der „Erhebungsrolle“ der
Grundsteuer 1861-1865 erscheint er mit einem Reinertrag von 77,26 F
an 26. Stelle der Grundeigentümer. Auf der Urkatasterkarte von 1860
wird das Gebäude Flur V, Nr. 13 katastriert. Im Adressbuch von 1902
wird Peter Walraff noch als Eigentümer, "Cahn" Nr. 361, gemeldet. Später
gehört der Bauernhof dem Landwirteehepaar Henri Schmetz - Petronella
Cüpper. Schmetz wurde am 10. Oktober 1926 auf der gemeinsamen Liste
des Christlichen Arbeitervereins und des Bauernbundes in den Kelmiser
Gemeinderat gewählt, in welchem er bis zum 2. Mai 1935 saß. Er dankte
ab, da er nach Neu-Moresnet zog, wo er unweit von seinem alten Kelmiser
Hof einen neuen Bauernhof "in jen kiskörf” gebaut hatte. Später wird
"Schmetze Hari", im Gemeinderat auch "der Bur" genannt, in den Neu-
Moresneter Gemeinderat gewählt und nach dem Zweiten Weltkrieg zum
Bürgermeister ernannt. Gegenüber dem ehemaligen abgerissenen
Bauernhof (1950, Grundstück 12) standen noch keine Häuser im Jahre
1860. Auf der Siedlungskarte von ca. 1950 sind dort 2 Häuser
eingezeichnet (Grundstücke 1190b und 1192) und in der
Bevölkerungsliste von ca. 1958 werden mehrere neue Häuser angegeben.
Bald erreichen wir eine Wegegabelung, wo ein hölzernes Kreuz steht,
und wählen rechts den Hattichweg, "der hatech", der uns bergab zur
Lütticher Straße führt. Die preußische Urkatasterkarte von ca. 1830 nennt
die Flur auf der rechten Wegeseite "auf Hartig". Der Name dieses Weges
ist wohl von "Herzog", brabantisch "hartog", abzuleiten: es mag sich um
82
einen Teil des alten Verbindungsweges von Lüttich nach Aachen über
Herve handeln, für welchen der Herzog von Limburg das Geleit besaß,
d. h. für die Sicherheit der Reisenden zu sorgen hatte. Rechts stoßen wir
an der Grundstücksgrenze der Häuser Nr. 4/6 auf den Grenzstein LVIII
(= 58) der ehemaligen Grenze von Neutral- Moresnet gegen Preußen.
Ursprünglich und bis ca. 1959 stand dieser Grenzstein auf einer kleinen
Anhöhe an der linken Wegeseite. Nach dem Bau verschiedener Häuser
auf beiden Straßenseiten (Nr. 2-12 bzw. 1-17) wurde der Grenzstein
umgesetzt. Die linke Anhöhe, wo er früher stand, wurde abgetragen, so
dass die Spur eines Aufschlusses im schiefrigen Famenne-Sandstein des
Grundgebirges dabei verschwand. Bis zur Bebauung konnte hier die
untere Abgrenzung der waagerechten und losen Schichten des
Deckgebirges (Aachener Sand) auf dem gefalteten felsigen Grundgebirge
beobachtet werden, das etwas weiter südlich durch den von Osten nach
Westen laufenden Tüljebach freigelegt worden ist.
Bevor wir die Lütticher Straße erreichen, biegt links zwischen Haus
Nr. 17 und Nr. 23, die Straße zu einer um 1980 angelegten villenartigen
Siedlung "An den Eichen" ab. In der Siedlung sind auch mehrere Straßen
angelegt worden, die aber keine besondere Bezeichnung verdient haben!
Eine dieser Straßen führt nach einer sackgassenartigen Abzweigung
(Häuser Nr. 2-32) zum "Käskorbweg" (Nr. 32-46), der Neu-Moresneter
Verlängerung des Sandweges.
Unten überqueren wir die Lütticher Straße und erreichen den Ortsteil
Kelmiser Heide, "e jen Kelmeser hei”. Obschon dieser Weiler ab 1816
in Preußisch-, bzw. ab 1920 Neu-Moresnet lag, erinnert der Name daran,
dass diese Gemeinde bis zur Eingemeindung nach Moresnet (1794)
gänzlich zur alten, 1650 gegründeten Herrschaft und Gemeinde Kelmis
gehörte. Bevor wir in die Kelmiser Heide hineinspazieren, merken wir
uns an der rechten Seite auf einer Anhöhe ein villenartiges Haus, Lütticher
Straße Nr. 97, erbaut 1931. Hier wohnte bis Kriegsende der am 25. August
1883 in Preußisch-Moresnet geborene Josef Kriescher, der nach dem
widerrechtlichen Anschluss des Kantons Eupen und des ehemaligen
streitigen Gebietes von Neutral-Moresnet an das Dritte Reich am 18.
Mai 1940 von den Nazi-Machthabern zum Bürgermeister von Neu-
Moresnet und kurz danach am 11. Juni auch von Kelmis eingesetzt wurde.
Kriescher war Angestellter in Eupen. Seit dem 25. Juni 1927 gehörte er
dem Neu-Moresneter Gemeinderat an, wo er auch bis zum 31. Dezember
1932 und wieder vom 10. Februar 1939 bis zum 5. April 1940 Schöffe
war.
83
Von 1927 bis 1929 gehörte er, als katholischer Gewählter im
Wahldistrikt Dison, dem Lütticher Provinzialrat an. Da er als Eupener
Korrespondent der „Kölnischen Zeitung“ tätig war, wurde er 1928 zum
Austritt aus der Katholischen Partei aufgefordert. Er erschien auch als
politischer Redakteur bei der deutschfreundlichen revisionistischen
„Malmedyer Zeitung“, deren Erscheinen vom Hohen Kommissar, Baron
Herman Baltia, während kurzer Zeit verboten war. Er kommt in heftige
Opposition zu den altbelgischen katholischen Zeitungen „Das Freie Wort‘
(Dolhain) und „Die Fliegende Taube“ (Aubel).
Im Jahre 1932 wird er wiedergewählt, aber diesmal als Vertreter der
„Christlichen Volkspartei Eupen-Malmedy-St. Vith“, die sich im Januar
1929 vom "Bloc catholique" getrennt hatte und durch ihre Forderung
einer Volksabstimmung über die Zugehörigkeit der Gebiete von Eupen-
Malmedy-St Vith zu Belgien eine prodeutsche Stellung einnahm. Er
gehörte dann auch zu den CVP-Vertretern, die 1936 im Aachener
„Quellenhof“ die "Heimattreue Front" mitgründeten, welche sofort von
der NSDAP gleichgeschaltet wurde. Mit nur drei anderen Neu-Moresne-
tern unterschreibt er den Appell des Hauptvorstandes der Christlichen
Volkspartei, der von insgeamt 755 Mitgliedern unterschrieben wurde,
sich bei den Provinzialratswahlen vom 7. Juni 1936 für die Heimattreue
Front-Liste auszusprechen. Er wird dann auch auf dieser Liste gewählt.
Am 4. August 1940, dem Jahrestag des deutschen Einmarsches von
1914, um 10,30 Uhr, organisiert Kriescher im „Lichtspielhaus Pax“ eine
Einwohner-Pflichtversammlung, „an der aus jedem Haushalt eine
erwachsene Person teilnehmen muss‘ und in welcher „der Bevölkerung
wichtige staatspolitische Mitteilungen gemacht werden“, (Anm.: Auch
in Baelen fand am selben Tag eine solche Pflichtversammlung statt und
auch hier wurden „wichtige staatspolitische Mitteilungen“ angekündigt.
Die gleichlautenden Formulierungen lassen vermuten, dass diese
Versammlungen „von oben“ angeordnet waren).
Andererseits wird von damaligen Einwohnern berichtet, Kriescher
sei „nicht der schlimmste‘ gewesen. ;
Im Jahre 1942 veröffentlichte der Bürgermeister in der vom Aachener
Heimatverlag herausgegebenen Norwest-Reihe (Folge 9) eine 65-seitige
Schrift mit dem Titel „MORESNET, eine geschichtliche und politische
Darstellung‘. Wie viele andere deutsche „historische‘“ Veröffentlichungen
jener Zeit, ist auch diese Studie vom deutschen Nationalismus geprägt,
obschon das angegebene „Schrifttumsverzeichnis‘“ für damalige
Verhältnisse als sachlich angesehen werden kann.
84
Im September 1944 floh Bürgermeister Kriescher vor den anrückenden
Amerikanern nach Deutschland. Als Folge seiner Haltung wurde er am
26. Dezember 1944 von seinem Mandat im Provinzialrat suspendiert
und 1945 abgesetzt. Am 7. Juli 1945 wurde er in Abwesenheit durch das
Vervierser Kriegsgericht zum Tode verurteilt. Im Laufe des Prozesses
wurde u. a. hervorgehoben, dass er Ortsgruppenleiter der NSDAP war
und im August 1940 bei verschiedenen im Güterbahnhof Montzen
beschäftigten Eisenbahnangestellten Druck ausgeübt habe, um sie zu
bewegen, bei der deutschen Reichsbahn im Dienst zu bleiben. Ferner
wird er als dem bei der deutschen Zivilverwaltung im besetzten Belgien
beschäftigten Franz Thedieck, einem ehemaligen Zentrums-Mann und
späteren CDU-Staatssekretär, besonders gefügig dargestellt. .
Im Jahre 1964 wohnt er in Opladen, heute zu Leverkusen
eingemeindet, wie aus einer Mitteilung von Staatssekretär a. D. Franz
Thedieck an den Vorsitzenden des Aachener Geschichtsvereins
hervorgeht. Er selbst schreibt auch einen Brief von dort am 15. Februar
1965. Wann und wo er verstorben ist, habe ich noch nicht feststellen
können.
Im alten Gehöft entdecken wir noch einige alte Häuser: Nr. 11 ist
ein schlichtes, in gutem Zustand erhaltenes Arbeiterhaus aus
Bruchkalksteinen mit rechteckigen Tür- und Fenstergewänden aus
Blaustein nach der Bauweise der Übergangszeit vom 18. zum 19. Jh. An
der Wegegabelung gehen wir links hinunter. Da steht links ein leider
unglücklich umgebautes Haus mit einer im Giebel umgelegten
Fensterfassung aus Blaustein und 1781 datiertem Keilstein. Die Bauart
des alten Teiles in Bruchsteinen mit Tür- und Fensterfassungen aus
Blaustein und stichbogigem Sturz mit Keilstein beweist eine späte
Anwendung des französischen Louis XIV-Stils. Leider ist das alte
Gebäude hinten durch ein großes Neuhaus (Nr. 19) aus modernen am
Ort unpassenden roten Industriebacksteinen richtig verschandelt worden.
Die datierte Fensterfassung befand sich früher im Erdgeschoss der
Hinterfassade. Glücklicherweise ist die nach Süden gerichtete
Hauptfassade im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben. Die
Stallungen sind dann auch durch einen Neubau ersetzt worden, bei
welchem mindestens der Versuch gemacht wurde, ihn in etwa dem Altbau
anzugleichen. Ob dieser Versuch wirklich gelungen ist, möchte ich kaum .
bejahen. Auf der Urkatasterkarte von Preußisch-Moresnet (ca. 1830)
tragen die Grundstücke der zwei hier nebeneinander gebauten Häuser
Flur 1 die Nr. 148 u. 150.
85
Laut Einwohnerverzeichnis von 1894 und Adressbuch von 1902 wohnt
in diesem Haus (damals Nr. 38) der am 16. August 1846 geborene
Landwirt Mathias-Joseph Cüpper. Da ein Guillaume J. Cuyper am 21.
Mai 1784 in Moresnet die Sibille Wermeester geheiratet hat, könnte das
Gut aus der weiter unten behandelten Familie Wermeester stammen. Es
ging durch Erbschaft an die Familie Leclercq-Cüpper über. Nach dem
Kataster von Neu-Moresnet besitzen am 1. Januar 1974 Mitglieder dieser
Familie dort einen Schuppen und drei Häuser (damals Nr. 3, 6, 6a).
Westlich vom Weiler hat das Baelener Bauunternehmen Creutz eine
große Siedlung für Mittelbemittelte gebaut. Man mag sich wohl fragen,
weshalb die Alpenblume "Edelweiß" als Bezeichnung für eine Siedlung
des östlichen Herver Landes ausgewählt wurde!
Dagegen erinnern die Straßennamen an bekannte Kelmiser: den
Pfarrer Josef Olbertz (*1902, Eupen, Amtszeit 1945-1972; +1984, Jülich),
den Betriebsarzt der "Vieille Montagne" und Geheimen Sanitätsrat Dr.
Wilhelm Molly (*1838, A. 1863-+1919), den Komiker und Karnevalisten
Leonhard Kohl (*1889,+1984), besser als "Nades" bekannt. Dazu
erscheint noch eine Friedensstraße.
Leider wurde beim Bau der Siedlung keine Rücksicht auf eines der
ältesten Kelmiser Gebäude genommen, das wohl längere Zeit kaum
unterhalten worden war, aber mit einigem guten Willen in Stand gesetzt
werden konnte. Eine von mir beantragte unter Denkmalschutzstellung
konnte auch nicht mehr rechtzeitig abgewickelt werden. Das
langgestreckte Haus mit Stallungen lag rechts des Weges etwas tiefer als
das umgebaute Anwesen Leclercq. Es war ein typischer Fachwerkbau
mit Sockel aus Bruchsandsteinen. Der hölzerne Sturz der Wohnungstür
trug in einem langgestreckten rechteckigen Rahmen eingeritzt die
Inschrift: "ANO i 740 + C + iM + A + WM". Dies lässt sich wie folgt
entziffern: Im Jahre 1740 von Claes Jacqmin(g) und Anna Wermeester
gebaut. Dieses Ehepaar heiratete am 24. Februar 1734 in Moresnet, der
Ehemann wird als Nicolas in der lateinischen Eintragung angegeben.
Zeugen sind Nicolas Wermeester und Lambert Jacqming. Nach dem
Grundbuch von 1756 (F°18) hat Claes Jacqmine 419,5 Ruten "uyt Ellegast
roth" von seinem Schwiegervater Simon Weermeester geerbt. Dieser
erscheint 1735 als Bergmann in den Lohnlisten des Altenberges. Der
Eintrag weist darauf hin, dass dieses Gelände aus dem Preuswald gerodet
worden ist. Im Jahre 1780 erfahren wir, dass dieser Acker sich "in den
Hartigh", also nördlich des Hattichweges, befindet. Ein "Jan Eligast van
Hergenroot”" wird am 21. September 1580 von Kommissaren der Brüsseler
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Die beiden Aufnahmen
(Fotos: J.-M. Schillings)
zeigen den 1740 erbauten Hof Jacqmin(g)-Wermeester,
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87
Rechnungskammer als Zeuge verhört. Er ist 42 Jahre alt und hat 11 Jahre
auf dem Bergwerk gearbeitet. (Anm.: Auf dem Hergenrather Friedhof
findet sich noch das Grabkreuz eines am 16. April 1627 gestorbenen Jan
Elegast).
Im Jahre 1656 ist ein Lambert Elegast Pächter der Tüljemühle, der
späteren Schleifmühle (Filztuchfabrik Bruch). Mit seinem insgesamt
808,25 Ruten = ca.1,76 ha großen Grund rangiert Claes an 42. Stelle
unter den 81 Grundeigentümern. Das Gut wird zu ca. 6 Stüber für die
Grundsteuer veranschlagt. Claes bzw. Nicolas Jacqmin kommt 1735-
1762 als Bergmann in den Altenberger Lohnlisten vor.
Später wird das Gut den Kindern Lambert Jacqmyne übertragen. Diese
oder gleichnamige Kinder haben "by deelinghe", also bei Teilung einer
Erbschaft, auch das Gut des Hendrich Schreur (F°19) erworben. Dieses
enthält eine "bauwplaetze" mit 851 Ruten = 1,85 ha Grund. Es wird mit
7 Stüber für die Grundsteuer veranschlagt und rangiert an 19. Stelle unter
den 81 Grundeigentümern. Laut theresianischem Kataster von 1770-1774
(Nr. 12) besitzt der Hendrick Schruyr dort aber noch ein Haus mit
Backhaus und Garten. Er wird 1755-1794 als Bergmann in den
Altenberger Lohnlisten aufgeführt und wohnt in Hergenrath. Ein Henri
Schreyer hat am 1. November 1750 in Moresnet die Corneille Laschet
geheiratet.
Im gleichen Grundbuch werden 1770-1774 die Erben Claes Jacqmin
"in de Heyde" (Nr. 11) mit Haus, Stallungen und 3019 Ruten = ca. 6,58
ha Grund an 14. Stelle der 121 Grundeigentümer erwähnt. Ihr Gut wird
mit ca. 164 Gulden geschätzt. Im Jahre 1787 sind Lambert Jacqmin sowie
die Erben eines anderen (?) Lambert Jacqmin, wohl eines Vetters, jeweils
Besitzer zweier Häuser. Im französischen Kataster von 1799 (Nr. 20)
wird Lambert Jacqmin, "cultivateur", Ackerer, mit einem Haus und Grund
sowie (Nr. 21) die Erben eines (anderen ?) Lambert Jacqmin mit zwei
Häusern und Grund erwähnt. In den Jahren 1796-1817 wohnt die Familie
Lambert Jacquemin - Catherine Barbe Klein mit 7-8 Personen im Hause
Nr. 106/2. Sein steuerbarer Grundwert wird mit 48 Francs geschätzt und
zur Steuer auf Türe und Fenster wird er mit 4 Francs veranschlagt. Eine
Anne-Marie Jacquemin erscheint auch mit einem steuerbaren Grundwert
von 27 Francs.
Auf der Urkatasterkarte von Preußisch-Moresnet (ca. 1830) liegt der
Langbau in Flur 1 auf den Grundstücken 144 und 146. Nach dem Neu-
Moresneter Kataster von 1974 gehörte das Gebäude (Nr. 7) dem Hasselter
Architekten Schepens.
88
Im Grundbuch aus dem Jahre 1686 ist ein Peter Wedermeekers "en
consorten" als Erbe des Heyn Thissen "in de heydt" mit 353 Ruten = ca.
0,77 ha, aber ohne Angabe eines Hauses, begütert. Im Jahre 1705 besitzt
er dort ein kleines Haus mit kleinem Stall. Laut Grundbuch von 1756
gehört das Gut nun dem Claes Wermeester, wahrscheinlich einem
Verwandten, dessen Familiennamen so abgeändert wurde. Dieser besitzt
Haus, Hof und insgesamt 864,5 Ruten = 1, 88 ha Grund, wofür er zu 6,3
Stüber für die Grundsteuer veranschlagt wird. Unter den 81
Grundeigentümern rangiert er an 38, Stelle.
Aus den Moresneter Kirchenbüchern erfahren wir, dass Nicolas
Wermeester am 5. Juni 1734 die Anne-Marie Vaessen geheiratet hat. Von ,
1735 bis 1766 erscheint er als Bergmann in den Altenberger Lohnlisten.
Ein Verwandter, Simon, der Schwiegervater des oben erwähnten Claes
Jacqmin, kommt 1735 in diesen Listen vor. Am 25. September 1769
wird Claes Wermeester vom Brüsseler Finanzrat als "advigilateur des
travaux souterrains ä la Vieille Montagne", Aufseher im Untertagebau,
angestellt. Es wird vermerkt, dass er lesen, schreiben und rechnen
("chiffrer") kann. Er verstirbt am 27. Februar 1771. Im Jahre 1772 wird
das Erbe zwischen seinem gleichnamigen Sohn Claes und seinem
Schwiegersohn Joseph Mostert geteilt. Im theresianischen Kataster von
1770-1774 erscheint (Nr. 7) noch Nicolas Wermeester (der alte) als
"inwoonder, op H(aere) M(ajesteyt) Calmynbergh" mit "Huyshoff", einem
Haus mit Stallungen und insgesamt 2006 Ruten = ca. 4,37 ha Grund an
29. Stelle der Grundeigentümer.
Das Gut wird zu ca. 132 Gulden geschätzt. In der Aufstellung der
"Traficanten en Handwercks Luyden" vom Jahre 1782 erscheint Nicolaes
Wermeester (der junge) als "Schrijnwerker", Schreiner. Zwischen 1786
und 1789 wird mehrmals ein Nicolas Wermeester, Schreiner und
Uhrmacher aus Moresnet, mit Arbeiten am Altenberg beauftragt. Ist dieser
aber identisch mit dem unseren? In Moresnet ist damals kein
gleichnamiger begütert. Unser Schreiner könnte wohl damals in Moresnet
gewohnt haben. Nach 1770 hat er ein zusätzliches Haus auf seinem Gut
gebaut. Dieser Nicolas-Joseph Wermeester hat am 7. September 1770 in
Moresnet die Marie-The&rese Moresnet geheiratet.
Im französischen Kataster von 1799 (Nr. 17) wird er noch als
Eigentümer und "cultivateur", Landwirt, notiert. In den Jahren 1809-
1813 ist das Haus Nr. 112 von seinen Kindern bewohnt, darunter die
Näherin Marie Barbe. Dagegen bezahlen die Erben Wermeester 1817
nur die Grundsteuer, wohnen also nicht mehr hier.
89
Weitere Grundeigentümer in der Kelmiser Heide sind nach dem
Grundbuch "der Quartiere van Moresnet ende Kelmis" aus dem Jahre
1686 ( F°29,+ 31v°)
- mit einem Haus: der oben erwähnte Heyn Thissen, die Erben Thys
Slynborn, Claes Kreits, Gillis Cleyn
- ohne Haus: Thonnis Sleypen, Maria Couvely, die Erben Thommes
Sleypen, Witwe Peeter Groteclaes
Alle sind nur Kleinbesitzer von je einem Grundstück, "waes", Rasen,
oder "land", Acker. Insgesamt 2535 Ruten = 5,5 ha Grund für 8
Eigentümer.
Diese Tatsache weist darauf hin, dass Gemeindegrund hier erst vor
kurzem veräußert wurde: Insgesamt werden auch nur vier Häuser erwähnt.
Wie dieser Grundbesitz auf die späteren Eigentümer übertragen wurde,
bleibt unerforscht.
In der Aufstellung vom Jahre 1705 werden nur Peter Wedermeckers
(Nr. 2), die Witwe Peter Grooteclaes (Nr. 3) und Claes Cretz (Nr. 4) mit
Haus und Stallung gemeldet, die alle 1686 als bescheidene
Grundeigentümer erschienen.
Im 18. Jh. kann dann folgendes Bild gewonnen werden:
Grundbuch von 1756: Kataster von 1770-1774 Kataster von 1799
F°13: Erbe Peter Putz Nr.8: Henricus Baert Nr. 18: Jean Putz
1760 : Schöffe Joes Putz Ehemann der Witwe Putz "maison"
921,75 Ruten = ca.2 ha 2903 Ruten = ca.6,33 Ha
Grundsteuer: ca 8 Stüber Wert: ca.221 Gulden
(30.Stelle / 81) (16.Stelle / 121)
Putz heiratete in Moresnet am 7. September
1733. die Catherine Mostert. Der Johannes F. Putz ist als Kelmiser Schöffe
vom 30. Juni 1769 bis 1792 erwähnt.
F°15: Willem Nyssen Nr.9: Willem Nyssen Nr. 19: Witwe Jean Nyssen
bzw. Sohn Joes Fr
"huyshoff”" + "behuysinghe" + "maison"
1891 Ruten = ca.4,1 ha 2010 Ruten = ca.4,4 ha
Grundsteuer: ca.7 Stüber Wert: ca 142 Gulden
(33. Stelle / 81) (28. Stelle / 121)
Willem Nyssen hat u. a. "Lynens goet in de Heyde" erworben. Es handelt
sich um einen Teil der Güter des Stolberger Kupferschlägers an der
90
Tüljemühle, die weiter unten beschrieben werden. Dafür schuldet er dem
limburgischen Rentmeister einen jährlichen Zins von 2,75 Fass Korn.
Ein Fass ("vaet") entspricht ca. 30,712 Liter.
F°17: Kinder Jan Schruyl Nr. 10: Hendrick Thimister ?
dann Henderichs Timmelster
"bauwplaetze" + "huys"
406,5 Ruten = ca. 0,89 ha 406 Ruten = ca. 0,89 ha
Grundsteuer: ca. 4 Stüber Wert: 45 Gulden
(51. Stelle / 81)
F°21: Witwe Jan Spett Nr.13: Witwe Jan Spech 2 |
Erbschaft Hubert Spett 1729
+ "bauwplaetze” "Huyshoff” + "Huysinge
3286 Ruten = ca 7,2 ha 2311 Ruten = ca. 5 ha
Grundsteuer : ca. 14 Stüber Wert . ca. 156 Gulden
(21. Stelle / 81) (23. Stelle / 121)
Das im Grundbuch von 1756, F°20v°, angegebene Gut der Elsbeth
Jacqmine wurde zuerst den Erben Claes und dann den Kindern Lambert
Jacqmyne übertragen. Es enthielt 1121,5 Ruten = ca. 2,44 ha Grund.
Von diesen Grundeigentümern erscheinen folgende als Bergleute in
den Lohnlisten des Altenberges: Peter Putz (1754), Henricus Baert (1770),
Willem Nyssen (1735-1767), Jan Schruyl (1731-1753), Henri Thimister
(1745-1787), Hendrich Schreur (1752-1770), Hubert Speet (1697-1756).
Es muss dabei berücksichtigt werden, dass es sich auch eventuell um
gleichnamige Verwandte handeln kann. In den Einwohnerlisten von 1796-
1813 sind 9 Häuser (Nr. 106-113 + 106/2) mit insgesamt 32 Bewohnern
angegeben. Darunter in Nr. 110 die Witwe Marguerite Nyssen-Plaire; in
Nr. 111 zuerst die Witwe Anne Putz-Janssen, dann das Ehepaar Pierre
Leonard Pelzer-Putz; in Nr. 113 der Schreiner Nicolas Mostert und seine
Ehefrau Jeanne Marie Caan. Auf der Urkatasterkarte von ca. 1830 erkennt
man 8 Gebäude. Im Jahre 1848 werden 7 Häuser mit 25 Bewohnern und
1858 11 Häuser mit 45 Bewohnern gemeldet. In der Einwohnerliste von
1894 sind ebenfalls 11 Häuser (Nr. 37-47), davon 4 unbewohnte, mit 45
Bewohnern aufgelistet. Im Adressbuch von 1902 ist die Anzahl der
unbewohnten Häuser auf 6 gestiegen. Im Kataster von 1974 sind 8 Häuser
und ein Schuppen vermerkt.
Wir kehren zurück zur Landstraße, der wir dann bis zum Weiler
"Tülje", "a jen tölje", folgen. Dieser Weiler verdankt seinen Namen
dem unterhalb fließenden "Tüljebach". Das gleiche Grundwort kommt
9
auch beim "Tüljeberg" vor, der die Mündung des Baches in die Göhl, ab
1862 in den Casinoweiher, überragt und wahrscheinlich dem 1443
erwähnten Galmeibergwerk "Toljart'" entspricht. Zu diesen Flurnamen
gibt es keine klare Deutung. Zu dem französischen "tuile" = Ziegel sehe
ich keine Verbindung: Eine Ziegelei gab es dort im 15.-16. Jh. nicht.
"Toll", d. h. Zollstelle, muss ebenfalls ausscheiden, da im 15. Jh. die
nächste Straßenzollstation sich in Henri-Chapelle befand. Es sei daran
erinnert, dass der Tüljebach die alte Grenze der ehemaligen Banken
(Gerichtssprengel) Walhorn im Süden und Völkerich, später Montzen,
im Norden bildete. In älterer Zeit waren es die Urpfarreien und
karolingischen Königshöfe "Harna" und "Geminiacum“.
Auf beiden Seiten der Landstraße sind nach dem Kriege villenartige
Häuser gebaut worden, so dass der Weiler "Tülje" sich nun der
Hauptsiedlung anschließt. In den Abrechnungen des limburgischen
Rentmeisters für 1522-1523 (F°25v°) wird der Verkauf des kleinen
"toillienweyer" bei "Hergenroide" durch Daniel van Ghoir an Johann
Dobbelsteyn, Herrn von Eynenberch gegen Zahlung einer Erbpacht
erwähnt. Am 16. Mai 1536 versammelten sich Kommissare des Rates
von Brabant "op een plaetse genoempt den thuylewyer", über dessen
Zugehörigkeit zur Bank Montzen oder zum "Ryxwalt" der Reichsstadt
Aachen gestritten wurde. Im Jahre 1546 wird der Ort "Tuylgen" in der
Pfarrei Moresnet erwähnt. Dort, wo die Parkstelle für Lastwagen kurz
vor Aufhebung des Zollamtes angelegt wurde, stand vorhin ein altes
kleines Haus, das wohl erst nach Fertigstellung der Urkatasterkarte von
ca. 1830 gebaut worden war, wie die Katasternummerierung (122/305)
andeutet.
Wir erreichen nun eine breite Straßenerweiterung am ehemaligen
Zollamt Tülje. Rechts des kleinen Platzes bemerken wir ein altes Gebäude
(Nr. 67) aus Bruchsandsteinen mit den typischen Öffnungseinrahmungen
aus Blaustein. Hier war bis zur Aufhebung der Zölle in der Europäischen
Union das belgische Zollamt Tülje untergebracht. Vor 1919 diente das
Gebäude als preußisches Nebenzollamt. Es stammt aus der Erbschaft
des Kanonikers de Ringler, wie noch weiter unten erklärt wird. Laut
Katasteraufstellung von 1974 gehörte das ehemalige Zollamt noch der
belgischen Gebäuderegie. Es ging in den 80er Jahren in Privatbesitz über.
Hier unterbrechen wir unsere heutige Wanderung; im nächsten Heft
laden wir die Leser dann ein zur Fortsetzung unseres historischen
Rundganges von der ”Schleifmühle” bis Bildchen und zurück über die
nördlichen Außenbezirke von ”Bouy” bis zur Moresneter Grenze.
92
Mobilehexen
Sieben Hexen können nicht reiten,
keine kann drohen, keine kann streiten.
An dünnen Fäden hängen sie schwebend,
drehn sich im Kreise
auf leise Weise,
Wären sie lebend,
sie würden feixen,
fluchen und geifern,
verwünschen und toben, .
zähneknirschend
den Teufel loben.
Gift würden sie mischen,
grün irrlichtern
man sieht es
an ihren wilden Gesichtern...
dochs bleibt's nur ein Traum!
Sie sind erhangen
wie an einem Baum:
drei hängen höher,
vier hängen tiefer
sechs hängen grade,
eine hängt schiefer-
und haben umsonst den bösen Blick!
Sieben Hexen mit langen Besen!...
Mobilehexen sind sanfte Wesen!
M. Th. Weinert
93
Vor 100 Jahren: Die Jubelfeiern
am Moresneter Gnadenort
von Alfred Bertha
Moresnet-Kapelle feiert in diesem Jahre das 250jährige Bestehen der
dortigen Marienwallfahrt und den 125. Jahrestag der Niederlassung der
Franziskaner am Gnadenort.
Wenn auch durch den Aufschwung des Wallfahrtsortes Banneux
Moresnet etwas an Anziehungskraft verloren hat, so kann das "Eichschen"
mit seinem Gnadenbild und dem bemerkenswerten Kalvarienberg doch
noch immer stolz rund 100.000 Pilger im Jahr verzeichnen.
Wir nehmen das Jubiläumsjahr zum Anlass, einen Blick
zurückzuwerfen auf die Jubelfeiern im Jahre 1900.
Ein paar Daten vorweg:
10. September 1741: Geburtstag von Peter Arnold Frank, Stifter des
Moresneter Gnadenortes.
1750: Peter Arnold Frank bringt eine Madonna mit Kind an einem
Eichenbaum in Moresnet-Kapelle an. Daher die heute noch übliche
Bezeichnung "am Eichschen".
1771: Viehseuche in Moresnet und Umgebung. Die Bauern nehmen ihre
Zuflucht zum Madonnenbild.
1797: Eine erneute Viehseuche im Walhorner und Montzener Land ("eine
grausam wütende Krankheit unter das Hornvieh" schrieb der
Walhorner Dorfchronist Caspar Scheen) ließ die Menschen in
großer Anzahl und in Prozessionen aus vielen Orten nach Moresnet
ziehen. Obzwar diese Prozessionen noch nicht kirchlich organisiert
waren, kann doch das Jahr 1797 als der eigentliche Beginn der
Wallfahrten bezeichnet werden.
1801: 31. 12., Tod des Arnold Frank (im Hergenrather Feld).
1823: Bau einer ersten Kapelle an der Stelle, wo die Eiche mit der
Bildnische der Madonna gestanden hatte. Diese erste Kapelle war
ein kleiner Fachwerkbau von 6 m Länge auf 5,20 m Breite.
1829: Erste kirchlich organisierte Prozession (St. Jakob, Aachen).
1830: Erweiterung der Kapelle.
1831: Starker Andrang von Pilgern infolge der sich ausbreitenden
Cholera. Kirchliche Anerkennung von Moresnet-Kapelle als
Wallfahrtsort.
94
1863: Gründung der Aachener Mittwochsprozession.
1873: Zweiter Erweiterungsbau der Kapelle. Es entstand das Oktogon.
1876, 1.5.: Aus Aachen ausgewiesene Franziskanerpatres übernehmen
die Seelsorge am "Eichschen".
1879: Abriss der alten Kapelle von 1823/31 und Neubau. Die
Bruchsteine wurden an Ort und Stelle gewonnen.
1880, 2. 9.: Königin Maria-Hendrika (Marie-Henriette), Gattin Leopolds
II., besucht zum wiederholten Male Moresnet: "Sie hatte zur
Bestreitung der Ausgaben eine wahrhaft fürstliche Spende
übermitteln lassen."
Die Gemeindechronik von Preußisch-Moresnet vermerkt im
Jahresbericht für 1880: "Im Monat September passierte 2mal die
in Aachen weilende Königin der Belgier den hiesigen Ort, um zu
der in belgisch Moresnet belegenen Muttergottes-Kapelle zu
wallfahrten."
1880, 8.9.: Einweihung der neuen Kapelle, die sich an das Oktogon
anschließt.
1884: Neubau des Klosters.
1888-1894: Jesuitenpatres übernehmen die Seelsorge in Moresnet-
Kapelle.
1894, 24.9.: Rückkehr der Franziskaner.
1898: Beginn der Arbeiten am Kreuzweg.
1900, 8.-16. Sept.: Jubelfeiern.
* ko
In seiner Ausgabe vom 11. Mai 1898 brachte das "Freie Wort" aus
Dolhain einen längeren, dem Aachener "Echo der Gegenwart"
entnommenen Aufsatz, der sich ausführlich mit dem Pilgerort Moresnet
und den daselbst geplanten Um- und Neubauten, darunter dem
Kalvarienberg, befasst.
Da Moresnet vor genau 100 Jahren den hundertsten Jahrestag der
"Wallfahrten zum Gnadenbilde U. L. Frau am Eichschen” mit einem
großen Festprogramm beging, nutzen wir, wie gesagt, die Gelegenheit
der diesjährigen Feiern zu dem folgenden Rückblick, den wir mit dem
oben zitierten Artikel aus dem "Freien Wort" einleiten wollen. Der
Korrespondent schrieb:
"Dicht am südwestlichen Saume des Aachener Waldes, in anmutiger
Wiesenlandschaft des belgischen Limburger Landes, liegt die schlichte
Wallfahrtskapelle Maria Hilf in Moresnet mit ihrem viel verehrten
Gnadenbilde der Mutter Gottes. Tausende von Aachenern pilgern jährlich
96
Vieles ist seit dieser Zeit für die Neubelebung der Wallfahrt, die
Instandsetzung der Kapelle und für die Pilger geschehen. Aber ist auch
das am Waldessaum gelegene Kirchlein noch so sehr einladend, so
entspricht doch die Umgebung desselben wenig der Heiligkeit des Ortes.
Wie schlecht ist noch der einzige Weg, der den Ort mit Deutschland
verbindet! Das geht bergauf, bergab, über Stock und Stein und nicht
selten durch Schmutz- und Wasserlachen, so dass er für Wagen gar nicht,
und selbst für rüstige Fußgänger einen großen Teil des Jahres nur schwer
zu passieren ist.
Am Wallfahrtsort selbst sind die Pilger auf die kleine Kirche allein
angewiesen und keine andere Gelegenheit ist ihnen geboten, ihren ,
Andachtseifer betätigen zu können. Vor allem aber musste eine bessere
Verbindung nach Deutschland geschaffen werden. Es ist denn auch
gelungen, die beteiligten Gemeinden dahin zu einigen, dass ein breiter,
chausseeähnlicher Weg für Wagen und Fußgänger hergestellt wird.
Derselbe soll sich an den bereits bestehenden schönen breiten Weg, der
durch den Aachener Wald führt, anschließen und in allmählichem Gefälle,
unterhalb des Klostergartens in die Moresneter Chaussee einmünden.
In großartiger Weise wird auch die Umgebung der Kapelle umgestaltet
werden. Die zwei großen Wiesen, von mehreren Hektar Bodenfläche,
die neben der Kapelle zur Rechten und Linken des jetzigen Weges liegen,
sind in den Besitz der Wallfahrtskapelle übergegangen. Der größte Teil
dieser weiten Fläche soll nun bald in herrliche Anlagen umgewandelt
werden. Dieselben sind jedoch nicht dazu bestimmt, die Schaulust zu
befriedigen und dem Vergnügen zu dienen; sie sollen vielmehr dem
kleinen Wallfahrtsort endlich das bringen, was größere bereits lange
besessen, einen Ölberg und einen Kreuzweg, um so den frommen
Besuchern eine reiche und angenehme Abwechslung in Betätigung des
Andachtseifers zu bieten (1). Die Stationen sollen gleich dem Kirchlein
gegenüber, etwa dort, wo jetzt ein Weg zum Quellchen führt, ihren Anfang
nehmen. Von dort aus werden die Stationswege in großem Bogen sich
hinziehen, den jetzigen Weg überschreiten und in die andere Wiese hinein
bis in die Nähe des neuanzulegenden Weges und von da zurück bis wieder
in die Nähe der Kapelle, wo die letzte Station errichtet wird. Die einzelnen
Stationen werden in einer Entfernung von etwa 50 m erbaut werden;
durch Anpflanzung von Zierbäumen und Sträuchern werden sie einen
möglichst angenehm wirkenden Hintergrund erhalten. Vor der letzten
Station, die etwa dem jetzigen Klostereingange gegenüber ihren Platz
finden wird, soll ein ausgedehnter Platz hergerichtet werden, auf dem
98
die dies feste Vertrauen dadurch lohnen, dass sie für sich allein oder im
Verein mit anderen einzelne Stationen übernehmen oder dieses gewiss
gottgefällige Werk auf andere Weise zu fördern suchen werden. Wir sind
überzeugt, dass man die vielen Freunde, die sich die hochwürdigen Herren
Franziskanerpatres durch ihr gottbegeistertes, seeleneifriges und
uneigennütziges Wirken und Leben in weiten Schichten der Bevölkerung
erworben haben, nur auf dies neue, herrliche Unternehmen derselben
aufmerksam zu machen braucht, und die glänzende Ausführung desselben
wird gesichert sein. Möge der Zweck, den der Verfasser sich gestellt hat,
recht bald zur erfreulichen Verwirklichung gelangen!"
Wenngleich die Jahrhundertfeiern von Moresnet als Wallfahrtsort
schon 1897 hätten stattfinden sollen, wurden dieselben doch aus uns
unbekannten Gründen erst 1900 durchgeführt. Wollte man das von Papst
Leo XII. ausgerufene "Heilige Jahr" abwarten? Wir wissen es nicht.
Zur Durchführung der auf den 9. bis 16. September 1900 festgesetzten
Jubelfeiern zum hundertjährigen Bestehen der Moresneter Prozessionen
hatten die Anwohner der Kapelle schon 1897 ein Festkomitee gebildet,
welches die Festvorbereitungen gleich mit großem Eifer anging.
Sämtliche Moresneter Vereinsvorstände erklärten sich zur Mitwirkung
der von ihnen vertretenen Vereine an der Schlussprozession am 16.
September bereit. Jünglinge und Jungfrauen übernahmen die
Verantwortung für den Straßenschmuck.
Parallel zu den Vorbereitungen der Jubelfeiern liefen die Arbeiten am
projektierten Kreuzweg, den Pater Guardian Johannes Ruiter unbedingt
anlegen wollte. Alfred Jansen hat dazu in der Klosterchronik von
Moresnet interessante Eintragungen gefunden und in dieser Zeitschrift
(Nr. 35, August 1984, S. 5-24) veröffentlicht. Er schreibt:
"Um dies zu verwirklichen, musste in erster Linie Boden erworben
werden. Gegenüber der Kapelle, dort, wo sich jetzt der Kalvarienberg
befindet, war Weideland, das zu dem Pachtgut des Arnold Frank-Hofes
gehörte. Die Eigentümerin war eine Frau Leroux aus Lüttich, die
Gemahlin des dortigen Gerichtspräsidenten.
Eine Delegation aus Moresnet machte die Reise nach Lüttich und
sprach persönlich bei der Dame vor. Da dieselbe schon einige Male den
Wallfahrtsort besucht hatte, konnten die Patres sie für den Plan begeistern
und sie war gewillt, dem Kloster die Wiesen für das Projekt zu verkaufen.
So konnten die ersten Schritte unternommen werden. Zuerst erstand
P. Joh. Ruiter einen Hektar für die Summe von 6.000 F. Diese Wiese
99
bildet jetzt den oberen Teil des Kreuzweges. Dann folgte der Erwerb
einer drei Hektar großen Weidefläche für die Summe von 9.000 F. Die
8.,9., 10. und 11. Station stehen jetzt dort. Teilweise wurde das erworbene
Gelände gegen Gemeindegrund getauscht, um so eine einheitliche
Gestaltung des Klostereigentums zu ermöglichen. So wurde u. a. auch
der Weg zwischen dem Kloster und dem zu bauenden Kreuzweg dem
Kloster überlassen, allerdings mit der Einschränkung, dass derselbe
Pilgern und Anwohnern als Gerechtsame dienen sollte.
Für alle diese Transaktionen hatte der P. Präses einen starken Mann
im Rücken: den Bürgermeister Schmetz. Dieser Mann hat sich zeitlebens
immer voll und ganz für das Kloster eingesetzt. Im Januar 1898 konnte
mit der Arbeit begonnen werden. Der angefertigte Plan wurde für gut
befunden und man schritt zu Tat.
Von dem Vorpark aus (dem jetzigen Parkplatz) bis zur Klause und
hinüber, wo jetzt die erste Station steht, musste das Terrain eingeebnet
werden. Der Grund war felsig. Man hat dort einige Tausend m* Steine
gebrochen und dieselben als Einfriedung des Kreuzweges vermauert.
Zur gleichen Zeit begann auch die Erdarbeit auf dem Kreuzweg-
gelände, um aus den flachen Wiesen ein für die Anlagen geeignetes Terrain
herzustellen. 750 m Feldbahnen wurden verlegt, und mit Pferdegespannen
und Schubkarren ging man zu Werke. Die meiste Arbeit erforderte das
Aufwerfen des Hügels der 12. Station, deren Fundament allein schon
100 m3 Mauerwerk umfaßt. Die Schlacke für die Wegeanlage kam von
den Bergwerken in Kelmis und Bleyberg. 40 - 50.000 Ringofensteine
für die Grottengewölbe kamen aus Vaals. Zement, Kalk und dergleichen
wurde vom klostereigenen Fuhrwerk herbeigekarrt.
Außer den Ordensleuten erwähne ich hier die Bauern der Ortschaft
und Umgebung, die sich jeden Tag (nach festgelegtem Plan) mit Pferd
und Karren zur Verfügung stellten, so daß immer 4-5 Fuhrwerke auf
dem Gelände tätig waren. Und das alles für ein "Vergelts Gott"!
So istes nur recht und billig, wenn ihre Namen in der Chronik vermerkt
wurden. Es sind folgende Namen: Ahn, Beuken, Büken, Brouwers,
Cremer, Goor, Janssen, Königs, Kounot, Kraus, Rademecker, Re&simont,
Schmetz Ferd., Schoonbroodt, Schyns Mühle und Wirtz Gebr.
Aus Gemmenich und den anderen umliegenden Ortschaften:
Aldenhoff, Austen, Barth, Charlier, Cormann, Coumot, Franssen, Felix
Franzen, Geschw. Franzen, Wwe Habets, Jongen-Schyns, Kessels,
Lennarts, Mohnen, Renardy, Renders, Neyken, Cool (Lontzen), Keutgen,
Lautermann, Pelzer, Rademacher, Schrymecker (Kelmis), Renardy aus
100
Bleyberg und noch einige andere aus Homburg und Montzen.
So nahm denn um die Jahrhundertwende der Kalvarienberg nach und
nach Gestalt an. Bis zu den Jubelfeiern im September 1900 war allerdings
noch erst die 12. Station, ein Geschenk einer Dame aus Aachen,
fertiggestellt. Das Gelände war mit einer soliden Bruchsteinmauer mit
einem Lattenzaun umgeben. 1904 war der Kreuzweg im großen und
ganzen fertiggestellt. Was die Stationen angeht, so sind die Lavablöcke,
die dieselben an der Vorderseite bekleiden, von der Firma Jak. Meurin in
Andernach geliefert worden, zu 150 Mark pro Waggon bis Station
Moresnet.
Die Tropfsteine, die die Deckengewölbe zieren, stammen von der |
Firma Dietrich aus Clingen in Thüringen, zu 250 Mark pro Waggon,
ebenfalls bis Station Moresnet. Kalkspat und Bimsstein wurden auch
bei dieser Firma gekauft. Das übrige Ausstattungsmaterial wurde von
der Glashütte in Herzogenrath und von den Bergwerken der Umgebung
geschenkt. Für einen geringen Preis lieferte die Glashütte in Stolberg
ebenfalls Glasabfall. Die Marmorreste kamen von einem Aachener
Bildhauer. Die Schmiedearbeiten an den verschiedenen Stationen fertigte
der Ordensmann Valenz Zimmermann an.
Die Stationsbilder wurden aus feinstem französischem Sandstein
inHochrelief gearbeitet. Gekostet haben sie das Stück 1.000 Mark. Die
14. Station, die noch prachtvoller gestaltet ist, weist ein Relief von 2 x
2,20 m auf. Sie kostete 2.000 Mark. Entworfen hat sie ein bekannter
Künstler, Professor Wilhelm Albermann aus Köln, während die große
Kreuzigungsgruppe ein Werk des Aachener Bildhauers Piedboeuf ist.
Selbstverständlich hätten die gewaltigen Kosten niemals vom Kloster
allein aufgebracht werden können, wären nicht größere Geldspenden
eingezahlt worden.
So sind fast alle Stationen von wohlhabenden Familien gestiftet
worden.”
Die Gelegenheit der Jubelfeiern nutzten die Patres auch zu einigen
Änderungen in der Kapelle. So ließen sie die vom Einsturz bedrohte
Orgelbühne, die nur über eine Leiter erreicht werden konnte, entfernen
und durch eine geräumige Empore für etwa 50 Personen ersetzen.
Des weiteren gelang es ihnen, die Mittel für zwei größere Glocken zu
beschaffen. Bis dahin war nur ein kleines Glöckchen vorhanden, das zu
allen kirchlichen Feierlichkeiten und Prozessionen genügen musste. Das ‚
Geld für die beiden Glocken wurde dem Pater Provinzial von
hochherzigen Spendern aus dem Rheinland und Westfalen geschenkt.
101
Ein Laienbruder des Moresneter Klosters besorgte die Schmiedearbeiten
für den Glockenstuhl und die Aufnahme der beiden 300 bzw. 500 Pfund
wiegenden und von der Gießerei Alphons Beullens in Löwen gelieferten
Glocken, die vom Dechanten von Montzen zur Ehre der Muttergottes
und des hl. Antonius von Padua geweiht wurden.
Eine wohltätige Moresneter Familie schenkte zwei neue
Kirchenfenster, von denen das eine den hl. Bonaventura, einen aus dem
Franziskanerorden kommenden Bischof und Kardinal, darstellt, während
das andere die hl. Clara von Assisi, die Stifterin der Clarissen oder des 2.
Ordens des hl. Franziskus, zeigt. Die Fenster kamen aus dem Atelier
Cambier & Cie in Brüssel. Zwei weitere Fenster, ebenfalls von einer in
Moresnet ansässigen Familie gestiftet, waren noch vor den Feierlichkeiten
in Auftrag gegeben, aber noch nicht fertiggestellt worden.
Die Jubelfeiern waren auch der Anlass, dem eigentlichen Gnadenbild,
einer kleinen Terrakotta-Statue von etwa 24 cm Höhe, einen neuen Platz
in der Kapelle anzuweisen. Bislang hatte das Bild über dem Hauptaltar
gestanden; jetzt bekam es in einem neuen, von dem Aachener
Goldschmied Schreyer angefertigten Schrein einen Ehrenplatz in einem
eigens dazu angefertigten Seitenaltar, wo es dann auch für die Zukunft
bleiben sollte.
Die Jubelfeiern
Die Eröffnung der Jubelfeiern am Sonntag, dem 9. September 1900,
fand in Anwesenheit des Bischofs von Lüttich, Msgr Doutreloup, statt,
der am Vortage mit dem Zug in Moresnet angekommen war und die
Nacht bei den Franziskanerpatres verbracht hatte. Das eigentliche
Festprogramm war in der lokalen Presse mehrfach vorgestellt worden.
An allen Wochentagen erwartete man jeweils eine Vormittags- und eine
Nachmittagsprozession aus den verschiedenen Pfarrdörfern des
Dekanates Montzen; jede Prozession wurde am Eingang des
Wallfahrtsortes von den Franziskaner-Patres, dem Musikverein, dem
Kirchenchor und dem Festkomitee feierlich begrüßt. 2
Den Höhepunkt bildeten jedoch die Abschlussfeiern am 16. September
mit einer durch Bischof Fallize aus Norwegen unter freiem Himmel
gelesenen Festmesse,
Der anwesende Reporter wusste zu berichten, es sei weder für die
Geistlichen noch für die Gläubigen "gerade angenehm" gewesen, " bei .
der herrschenden Hitze unter den sengenden Sonnenstrahlen auf dem
102
schattenlosen Kalvarienberg auszuharren". Die Predigt des Bischofs war
"bei der gewaltigen Ausdehnung der andächtigen Versammlung" leider
nur den wenigsten vernehmbar.
"Nach dem Hochamte”", so der Journalist des "Freien Worts", ergoss
sich die ganze Menschenmenge in die Straßen des Ortes, die inzwischen
ohnedies durch andere Pilgerscharen gefüllt waren, so dass gegen 1 Uhr
mittags der Verkehr in der Umgebung der Kapelle derart angewachsen
war, dass man weder vorwärts noch rückwärts konnte."
Höhepunkt dieses Tages war jedoch die große Prozession unter
Teilnahme von etwa sechzig Vereinen und Gruppen. Acht Prozessionen
waren zum 25. Mal in Moresnet und es wurde ihnen durch ein ‚,
weißgekleidetes Mädchen ein silberner Jubelkranz vorangetragen; acht
andere durften sich stolz "SOjährige Jubelprozession” nennen; ein
goldener Jubelkranz machte auf ihre besondere Treue zu Moresnet
aufmerksam.
Aufgelockert wurde die große Schlussprozession durch die
Darstellung verschiedener Bilder, die sich auf die Geschichte des
Wallfahrtsortes, die Geheimnisse des Rosenkranzes oder die
Lauretanische Litanei bezogen. Dazu der Reporter:
"Die gegen 3 Uhr veranstaltete Prozession mit dem Gnadenbilde...
konnte sich leider in der gewünschten Ordnung nicht entfalten, da das
Menschengewühl zu dicht geworden war und trotz der Bemühungen des
Festkomitees nicht immer bezwungen werden konnte; die Zahl der
Teilnehmer und Zuschauer dürfte auf 25.000 nicht zu hoch geschätzt
sein. Die Bildung der Schlußprozession geschah dennoch so gut wie
möglich programmäßig. Fesselnd kommen in derselben die Gruppe des
seligen Arnoldus durch den Jugendverein von Moresnet, die Gruppe U.
L. Frau von Lourdes dargestellt durch die Jungfrauen-Kongregation von
Altenberg, die alte Wallfahrtskapelle im Kleinen getragen durch die
Mitglieder der Gesellschaft "Wohlgemut", die 15 Geheimnisse des hl.
Rosenkranzes durch die Jungfrauen des Gnadenortes, die Lauretanische
Litanei dargestellt durch das Pensionat der Schwestern vom armen Kinde
Jesu, zur Geltung.
Den Prozessionen:
Deutscher Kirchenverein Verviers, Eilendorf, Slenaeken, Mützenich,
Wahlwiller und Nyswiller, Orsbach, Mittwochsprozession Aachen und
3. Orden Aachen wurde der silberne Jubelkranz
und den Prozessionen:
Baelen, Henri-Chapelle, Oberforstbach, Brand, Epen, Montzen,
103
St. Jakob Aachen und der Deputation der Pfarre Moresnet der goldene
Jubelkranz voraufgetragen... (2)
Der Muttergottestag ... geht zur Neige Es dunkelt. Bald erstrahlen
sämtliche Gebäude des glücklichen Ortes, die ohnehin schon während
voller 8 Tage ein erhebendes Schmuckkleid angelegt haben, in unzähligen
Lichtern und Flammen. Raketen steigen, Schwärmer drehen,
Leuchtkugeln fallen aus schwindelnder Höhe zur Erde nieder. Da,
plötzlich erscheint das Gnadenbild im herrlichsten Feuermeer und die
Hauptnummer bildend. Auf den Armen trägt die Himmelskönigin das
Jesuskind. Ein andächtiger Knabe, den Rosenkranz in der Hand, kniet
zu ihren Füßen in inbrünstigem Gebet versunken. Die herrliche
Darstellung des altehrwürdigen Gnadenbildes ist dem Kunstfeuerwerker
Herrn Roels aus Brüssel zu verdanken...."
Nachdem die Feierlichkeiten in Moresnet-Kapelle verklungen und
der Alltag wieder am Wallfahrtsort eingekehrt war, bedankte sich das
Festkomitee in der Presse bei allen, die zum Gelingen der Jubelfeiern
beigetragen hatten. Ganz besonders erfreute die Organisatoren ein
Schreiben der Königin vom 18. Oktober 1900, worin dieselbe sich sehr
lobend über das Gelingen der Feiern aussprach und eine bedeutende
Summe zur Bestreitung der Unkosten beilegte. Der Zeitung war dies
Anlass, daran zu erinnern, dass Königin Marie-Henriette schon zweimal
den Wallfahrtsort besucht und bei einem dieser Besuche "in höchst eigener
Person" einen Heidestrauß zu den Füßen des Gnadenbildes niedergelegt
hatte (3).
(Er
Die Jahrhundertfeiern im Jahre 1900 führten zu einer Neuerung im
Pilgerkalender. Man beschloss, fortan um die Zeit des Festes Mariä Geburt
(8. Sept.) eine Art Schlussoktav der Wallfahrten zu halten. Während der
Oktav sollten alle Prozessionen feierlich abgeholt werden.
Am letzten Tag der Oktav des Jahres 1901, am Sonntag, dem 15.
September, sieht der Pilgerkalender die Ankunft der Prozessionen von
Hergenrath und Moresnet vor. Hergenrath wurde gegen 14 Uhr in
Moresnet-Kapelle erwartet, nahm erst an einer Segensandacht teil und
sollte sich nach Schluss derselben der gegen 15 Uhr eintreffenden
Prozession aus Moresnet anschließen.
In dem Zusammenhang wird besonders hervorgehoben, dass "die
Pilger von Hergenrath, welche zum erstenmale zum hiesigen
Gnadenorte in geschlossener Prozession, begleitet von zwei
104
geistlichen Herren, wallfahren, feierlich empfangen werden, mit
Harmonie, Festkomitee, Engelchen, Rosenkranzgruppe, Maria-Hilf-
Kirchenchor usw."
Gemeinsam zogen die Prozessionen von Hergenrath und Moresnet
sowie die Einzelpilger zum Geburtshaus des Arnold Frank und von dort
zum Kalvarienberg, wo für alle Pilger eine Predigt gehalten wurde.
Während dieser Predigt standen die Hergenrather Pilger zur Rechten der
zwölften Station...
Damit ist auch eine Antwort auf die Frage gegeben, seit wann
Hergenrath als geschlossene Prozession nach Moresnet wallfahrt.
Anmerkungen
(1) Die Franziskanerpatres bedienten in Deutschland an verschiedenen
Orten Wallfahrtskirchen und wussten so aus Erfahrung, dass, wenn der
Geist des Gebetes und der Sammlung und gute Ordnung bewahrt werden
sollen, "den Pilgern für die Zeit, in der sie nicht in der Kapelle verweilen
können, Gelegenheit geboten werden muß, sich in anderer Weise religiös
zu beschäftigen".
Der durch den Pilgerandrang verursachte starke Aufschwung von
Moresnet-Kapelle, der die Bevölkerung daselbst im Jahre 1900 auf etwa
250 hatte ansteigen lassen, bot den Franziskanern auch Grund zur
Besorgnis. Die Anwohner lebten meistenteils vom Verkauf der
verschiedensten Andachtsgegenstände sowie der Bewirtung und
Beherbergung der Pilger. Doch die Patres dachten an das Sprichwort:
"Wo sich der Herrgott eine Kirche baut, da baut sich der Teufel eine
Kapelle daneben." So drohte auch in Moresnet-Kapelle die Stille des
Ortes verloren zu gehen. Schon trugen sich manche mit dem Gedanken,
die Wald- und Wiesenpartie gegenüber der Gnadenkapelle und dem
Klostereingang zu Bauplätzen bzw. Gartenlokalen zu nutzen. Der Ankauf
des Geländes und die Umwandlung desselben in eine Kreuzweganlage
verhinderten dies.
(2) 1893 registrierte man in Moresnet-Kapelle schon 25 größere
Prozessionen. 1896 kamen noch Altenberg (Kelmis), Gemmenich,
Bleyberg, Welkenraedt, Lixe-Seraing sowie die Tertianer (Dritter Orden)
von Verviers und Ans hinzu.
(3) Die am 20.8.1836 geborene Maria-Hendrika Anne (Marie-
Henriette) von Habsburg-Lothringen heiratete im Alter von 17 Jahren
105
den späteren König der Belgier, Leopold II. Es war eine Vernunftehe.
Das königliche Paar entfremdete sich mehr und mehr und die Königin,
besonders nach dem Tode des Thronfolgers (1869) fand "in der Welt und
all ihrem eitlen Gepränge" keinen Reiz mehr. Sie betete viel und wallfahrte
häufig. Die beiden letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie in Spa, wo
sie am 19.9.1902 im Alter von 66 Jahren verstarb.
ENTER ZEN EN
ierzu_ Sonntagsblatt al8 Beilage, d) 50jährige Iubelprozejlionen :
1. Baelen. 5. Eye.
® 2. Henri-Chapelle, 6. Mongen.
3. Öberjor8bag. 7. St. Jakob, Nahen.
- 4. Brand. 8. Deputation der Pfares
” . prozeifion, Moresnet.
Seder diefer Yubelprozelfionen wird der goldene
der Hundertjährigen Ydenr borangetragen durch ein weißgekleidetes
H % e) Die 15 Geheimnifje des h. RNofenkoanzcS
Jubelfeier der Wallfehrten | ZA 000 Mofchtrans
zum Gnadenbilde U, L. Frau am Eichschen £) A
ä im neuen gefüfteten Schreine getragen durd die .ehrw.
0r8SNe m Franzisfaner-Pater8 von Moresnet und begleitet durdy
e + g) Mitglieder der St. Johannes: Schügenz
gefeNjicdhaft von Moresuet,
1800 Hi “1900 h) Gruppe der Lauretanifchen Litanet
bargeftellt durch da3 Benfionat der Schweitern vom
armen Rinde Yeju, Moresnet.
Ü x i) Weißgekleidete Mähchen verjhiedene Symbolen
Samstag, 8, September, (Mariä Geburt) _ tragend.
Ankündigung ber Feltoktav der YJubelfeier durd) Geläute | ;) St. Yojephsverein, Moresnet.
der neuen Sloden und Böllerfalven. — Um 5 Ubr, | k) St. Mentigius-Rirhenchor.
nad Ankunft des Hoch. Hrn. Bilhofa von Lüttich, | 1 Yoria-Gilf-Nirchenchor.
faframentalifcher . Segen und AuSftellung des |) Sormonieverein, Moresnet.
Guadenbilde im nenen Schrein auf De |) Dos Alerheiliglte, gefolgt von Höheren Geiftz
Garn AM lien, Würdenträger und EM MR
en m} Mitglieder der St. Johannes-Shübengefeljhaft
Sonntag, 9. September, feierlide Eröffnung. | dox’aocasne
Morgens halb 8 Uhr, Empfang der Prozeffion von | o) Die Uebrigen der Schlußprozejfion begleitenden
Vervier8 ; Hiernach feierlihes Hochamt in der Gnadene Gläubigen. E
Tapelle. 5 Ds
"m halb 10 Uhr, Ankunft der Mitglieder des III. | Während der Schlußprozejflion wird an drei Stellen
Drden aus Aachen. Nad Empfang derfelben und Hei | per Segen gegeben. Nady Rückkehr derfelben in der
günftiger Witterung r ; Kapelle To Doum und Segen. E
feierlides Hochamt am Kalonrienberg Il Dei aan 405 8 ) {|
inter Wfijtenz des hoch. Herrn Bijhofs von Lüttich.
A N nminalion (5 HC adenOTLCS
Ed” fm en fe jen de8 als an Bene Sa
8 fü en nummer :
De aalO SU ER UT | ae ELCND: alten HH EDig ER WADeHBileB
Montag vormittags, Abe Ba Mongen. ausgeführt durch Hın. Noels aus Brüjfel.
= Dienstag vormittags, Wellenraedt. — Mittwod Z——
vormittags, Baelen u. Membad). — Donnerstag vorm., Aın Tage nad) der DOktav, Montag, den 17.
Gemmenich ; nachm., Henri-Chapelle. — Freitag nahın., | September, am Felte des hl. ‚Lanıbertus, morgens
Homburg u. Sippenaelen. — Samstag vorm., Moresnet ; | Halh S Uhr, Hochanıt als Dankjagung für ale die-
Ka werden von den ehrmürdigen jenigen die zur Stiftung des neuen Marienjhreines
BAG SE nebft ; Darmonie Dariocdilfe Date Berjhönerung der Iubeljeier beigetragen
irhendjor and Fejtfomitee am Eingange des Walls 5 EA
an in Empfang genomunen. a Das Festkomite.
Ein feierliche SR vn VERSEHEN A SE
nad) Ankunft der Vormittagsprozeffionen gehalten z
ferner nad) Untunjt der Nachmittagsprozeffionen, jakrar
mentalijher Segen mit Predigt.
106
0 SP ! 21. 111. Oben, VBerviers.
Samstag, 15. September, 22. Cercle Saint-Michel, Bervier8.
42047 abend8 5. Uhr, 23. ®ruppe bes feligen Arnoldus getragen durd) ven
Ankunft de8 Ehriwv, Sen. Abt von Gottethal. WOB1SEUGeN SUgiADOErEN Veh BO edMeE UND
€ | 166 ß A ß 24 Begleitet burg die St. Hubertus-SchüßengefeNjchaft
‚onutag, 16, September, a Zn wm
Anlündigung des Sehluffes der Oltao dur& Feierliche N en
Beläute. — Von morgen3 halb 6 Uhr an, file Heilige 20. Carmelianet-Orben, Ejdh (Baals).
Mefjen. Um 10 Uhr x 27. Kongregation St. Beter Sagen
feicrlidhes Hochanmıt, 28. A St, Nikolaus, Uaden.
Um 11 Uhr, Empfang der auswärtigen Depulationen 29. 5 SE Sen Aubel.
sebft. Fahnen berjenigen Prozeifionen welde während 30. Ber Jungkauen, Eynatten.
18 Jahres zum Gnadenorte Maria-Hilf pilgern. 31. ae #:. Burtfcheid,
Bunkt halb 1 Uhr, 3 £ pi len
an . tohljdeid.
Aufstellung der Deputationen Sn
jur Bildung der Schlufprozeffion am Kal 35. ch. \ ubel. 3
barienberg wie folgt : > 38. Femößide Beogelfion, Beraien,
1. Schufmannigaften u. berittene Genzdarmen. 37. Brogeffion von Naeren,. z
2. oe ateahn der Gnadenlapele. . * + 38, Gruppe 11. £. Frau von Lourdes, dargeftellt dur)
3. Schuljugend von Moresnet. fr die Sungfrauen-Kongregation, Mienberg. ;
4. Drder der barmherzigen Brüder von Bleyerheide b) 25jährige Jubelprogeifionen : \;
& Böllerih, ; SR 1. Deutjher Rirhenverein, Vervier8. >
5. BergmannZverein mit Harmonie von Altenberg. 2. Eilenborf. SAN
6. Brozeffion von Sippenaelen. ‘541 A 5. Cloan nir0 ET
7. m Bleyberg. Sn BL SE A. Mügenid. k
8. we. Gemmenig, 74) 5. Mabkniler und Nysmiler,
AO N DenaE 6. Dröbach. ORAL 3
16.1715 Membad). 7. Mittwodhsprozejfion, Naden. 3 4
a * ‚Dolzet, 8. III. Orden,äMacen. +
12. w Kemiers, Seder Dielen Jubelprogeffignen. mid der Mlberne”
13, ” Meltenracht, ‚ubelfranz ı; vorangetragen. Durch: ein melfgelleidetes
14. w Homburg. Abe N
A 0) Die alte Wallfahrtäkapelle In Miniatur
17. ie Süttig. getragen Dur) "die wohNöblige GefeJliHaft „Wobhlgemut“
18. A Ans, von Moresnet. 4.7 4 z
19. Miffiondverein, Nahen. ee
20. Heilige Familie, Baals. FASSEN SS
108
Für Sie gehört: "Heem"
"Literatur zum Klingen bringen": Dies will eine vom "OBELIT-
Zentrum für Sprachforschung" mit der Unterstützung der D. G.
herausgegebene "klingende Anthologie" mit dem Titel "Heem"'.
"Heem"”" bietet mit Literatur und vertonten Gedichten von 32
ostbelgischen Autoren einen Querschnitt durch drei Jahrhunderte
literarisches Schaffen im Raum zwischen dem Großherzogtum
Luxemburg und den Niederlanden.
Die CD fußt auf der 1986 von Dr. Leo Wintgens veröffentlichten
"Literaturgeschichte Ostbelgiens” und versteht sich in erster Linie als
eine zusätzliche akustische Stütze zu diesem Werk.
Die Autorenauswahl reicht mit Paul Aler (1656-1727) und Wilhelm
Fremerey (1765-1832) bis ins 17. und 18. Jh. zurück. Das 19. Jh. ist
durch Namen wie Laurian Moris (1819-1882), August Tonnar und andere
vertreten, doch das Gewicht liegt eindeutig auf Prosa und Lyrik unserer
Tage, wobei wir uns zur Auswahl der vorgestellten bzw. vorgetragenen
Werke kein Urteil erlauben wollen. Zu subjektiv ist das lyrische
Empfinden des Einzelnen und der Streit über das, was Literatur sei, bleibt
ohne verbindliche Antwort...
Hervorgehoben sei hier die gute Qualität der Aufnahmen.
Die CD "Heem" ist zu beziehen durch Überweisung von 500 F auf
das Konto Nr. 732-1040919-63 des oben genannten Zentrums, rue
Gustave Demoulin 4, Montzen.Mitglieder der Göhltalvereinigung zahlen
400 F. Für Porto (eventuell) 50 F hinzufügen.
Berichtigung
Ein aufmerksamer Leser aus Gemmenich weist uns darauf hin, dass
das in Nr. 64, S. 28, abgebildete "Haus Roemer" nicht auf Nouvelaer,
sondern auf Botselaer steht. Auch macht diese Leser uns darauf
aufmerksam, dass die Abbildung der gesprengten Moresneter Brücke
(Im Göhltal, Nr. 65, S. 32) aus dem Jahre 1940 stammt und zu einem-
Satz von 6 Ansichtskarten gehört, die von Mostert (Mor.-Kap.)
herausgegeben wurden. Wir bitten um Entschuldigung für unsere
Fehlangaben.
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