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Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
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ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr 60 — Februar 1997
Im Göhltal
ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG
FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr 60
Februar 1997
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender: Herbert Lennertz, Stadionstraße 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat: Maxstraße 9, 4721 Neu-Moresnet, Tel. 087/65.75.04.
Lektor: Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
Kassierer: Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
Postscheckkonto Nr. 000-0191053-60.
Generale de Banque: 248-0068875-35
ASRK: 001-1149241-61
Konto NL: AMRO-BANK: 46.37.00.090 Vaals/L
Konto BRD: Aachener Bank: 821 363 012 (BLZ 390 601 80)
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten
Entwurf des Titelblattes: Alfred Jansen, Moresnet-Kapelle.
Druck.: Hubert Aldenhoff, Gemmenich.
3
Inhaltsverzeichnis
Alfred Jansen, Zum Umschlagbild 5
Moresnet-Kapelle
Alfred Bertha, "Das kleinste Land Europas" 1
Hergenrath
Hans Hermans Bois de Preuss/For&t Pierreuse 19
Bocholtz - eine Hypothese
H. von Schwartzenberg, Die alte Kirche von Vaals war 21
Aachen ein Grenzpunkt zwischen
Aachen und Limburg
Peter Zimmer (t), Kaffeebonne-Marsch 34
Kelmis
Walter Meven, Vom Schicksal der Hergenrather 38
Hergenrath Kirchenbücher
Alfred Bertha, Eine Fahnenübergabe in 53
Hergenrath "Calamine-Moresnet" i. J. 1905
Marie-Theresia Weinert, Verlassener Hof 62
Aachen-Forst
Alfred Bertha, Umstrittene Pfarrer-Ernennungen 63
Hergenrath in Walhorn und Lontzen
Alfred Bertha, Auf dem Büchermarkt 83
Hergenrath
Marc Lennarts, Memoires d'un valet de ferme 84
Braine-le-Chäteau (seconde partie)
Herbert Lennertz Tätigkeitsbericht 1996 101
Neu-Moresnet
5
Zum Umschlagbild:
Schloß Obsinnich in Remersdael*
von Alfred Jansen
In Obsinnich bestand seit dem 13. Jh. eine befestigte Burg, die
im Jahre 1285 durch Herzog Jan I. von Brabant eingenommen
wurde und im Jahre 1288, nach der berühmten Schlacht von
Worringen, die dem limburgischen Erbfolgestreit ein Ende setzte,
das Schicksal vieler anderer Herrensitze im Limburger Land teilte:
sie wurde durch Feuer zerstört. Von dieser ursprünglichen Anlage
ist nicht die geringste Spur erhalten geblieben, doch man hat an
derselben Stelle, etwa 1300 m nordöstlich der Kirche von
Remersdael, auf dem linken Ufer der Gülpe, einen Neubau
errichtet, dessen imposante Silhouette sich im Schloßteich spiegelt.
Trotz der im Laufe der Jahrhunderte erfahrenen baulichen
Änderungen bietet dieses Schloß einen stolzen Anblick: Es ist eines
der wenigen Schlösser im Herzogtum Limburg, von denen man
sagen kann, es habe wirklich ein herrschaftliches Aussehen.
Der Efeu, der die lange zweigeschossige Nordwand
überwuchert, gibt dem Ziegelmauerwerk ein angenehmes Kleid!
und der runde Turm mit der spitzen Haube, der den nordöstlichen
Winkel einnimmt, ist zwar im 19. Jahrhundert wiederrichtet
worden, bleibt aber ein wirkungsvoller Akzent des Bauwerks.
An den verschiedenen Niveaus der Fensteröffnungen lassen sich
zwei Bauperioden klar feststellen. Die schiefergedeckten
Satteldächer tragen zahlreiche Gauben. Der Stufengiebel im
Westen ist nicht alt; von der Gesamtanlage ist er der am wenigsten
malerische Teil.
Im Süden haben zwei im rechten Winkel zum Hauptbau
vorspringende Seitenflügel ihr Aussehen des 17. Jahrhunderts
erhalten: Sie sind von modernen Umbauarbeiten verschont
geblieben.
Der älteste Teil scheint der zur Gülpe hin gerichtete zu sein, im
Osten. Dort sieht man noch einen hohen Stufengiebel sowie kleine
Doppel- bzw. Kreuzsprossenfenster.
* Aus G. Poswick, Les Delices du Duche de Limbourg, Verviers, 1951, S. 253-258
1 Dieses Blätterkleid trägt das Schloß inzwischen nicht mehr.
7
In der fünfhundertjährigen Geschichte von Obsinnich hat das
Schloß nur zwei Familien gehört und ist bloß einmal verkauft
worden.
Der erste nachweisbare Besitzer von Obsinnich ist Dietbold
(Theobald, Thibaut) von Eynatten, der Katharina von Mülken
geheiratet hatte. Bei der Teilung seines Nachlasses fiel das Schloß
an den Sohn Michael, der die Ehe mit Katharina von Gülpen schloß
und durch diese Verbindung die beiden Herrschaften Remersdael
und Obsinnich vereinte.
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Familiengruft derer von Fürstenberg
(Foto: A. Jansen)
8
Nach dem Tode des Michael von Eynatten teilten sich die Söhne
das Erbe: Remersdael fiel an den Sohn Arnold und Obsinnich ging
in den Besitz des Johann von Eynatten über. (Ein dritter Sohn,
Theobald, wurde Kanonikus in Maastricht). Johann von Eynatten
galt als sehr erfahrener Diplomat und wurde vom Landesherrn
mit delikaten politischen Aufträgen betraut. Er war Einnehmer des
Herzogs von Brabant, Berater Kaiser Karls V. und Statthalter von
Limburg. Geheiratet hatte er Johanna von Holsit und Oost. Er starb
im Jahre 1562. Die Grabplatte dieser Eheleute mit Wappen und
Inschrift sowie den Jahreszahlen 1562 bzw. 1542 ist noch in der
früheren herrschaftlichen Kapelle und jetzigen Sakristei der
Remersdaeler Pfarrkirche erhalten. N
Nach dem Tode des Johann von Eynatten ging die Herrschaft
Obsinnich an den Sohn Michael über, der Katharina von Ahr
heiratete und 1619 starb. Es folgte dessen jüngster Sohn Winand,
verheiratet mit Maria Barbara Schellart von Obbendorf, der u.a.
das Schloß durch den Anbau der beiden Seitenflügel vergrößerte,
dann dessen Sohn Johann-Theobald, der 1706 kinderlos starb. Er
war der letzte aus der Familie derer von Eynatten aus dem Zweig
Obsinnich.
Der Besitz fiel nun seiner älteren Schwester Catharina Elisa-
beth zu, die ihren entfernten Vetter Wilhelm-Theobald von Eynatten
von Remersdael ehelichte und damit die beiden Herrschaften
wieder vereinte.
Aus dieser Ehe wurde in Aachen am 1. April 1677 Friedrich
Wilhelm von Eynatten geboren, der im Jahre 1700 die Ehe mit der
Gräfin Clara-Josephine d'Aspremont-Lynden einging. Diese
Verbindung fügte zu seinen Besitztümern die Herrschaften von
Wegimont, Melen und Harze hinzu. 1702 wurde Friedrich von
Eynatten, der als ein brillanter Kopf, sprachgewandt und mächtig
bezeichnet wird, in die Lütticher, 1708 in die Limburger
Adelsvertretung aufgenommen. Es folgte die Erhebung in den
Grafenstand. Als Vertreter des Adels spielte er in der limburgischen
Ständevertretung eine hervorragende Rolle, machte sich aber durch
sein arrogantes und autoritäres Wesen mißliebig. Trotz seines
großen Vermögens machte er Schulden und mußte schließlich
seinen gesamten Besitz verkaufen.
Obsinnich, das seit 300 Jahren in den Händen derer von
Eynatten gewesen war, wurde 1721 zusammen mit Remersdael
10
niederließ und umfangreiche Umbauten durchführte: Verlängerung
des Hauptflügels nach Westen, Wiederaufbau des baufälligen
Turms, Aufstockung der Dachböden.
1886 erhielt er die belgische Nationalität und wurde in das
belgische Adelsregister aufgenommen mit dem Recht für sich und
seine Nachfahren, den Titel eines Barons/Freiherrn zu führen.
Das damals 600 ha umfassende Gut Obsinnich ging an den Sohn
Adolphe-Louis-Egon über, geb. auf Obsinnich am 20.7.1870, gest.
in Gent am 2.6.1950. Auch er war bis zu seinem Tode
Bürgermeister von Remersdael gewesen. Aus dessen Ehe mit der
Gräfin Elisabeth d'Oultremont gingen drei Kinder hervor, nämlich
Baron Charles-Egon (verh. mit der Baronin de Villers d'Awans *
de Waroux), Baron Maximilian (der spätere Kardinal von Fürs-
tenberg, Großmeister des Ritterordens vom Heiligen Grab) und
die Baronin Marie-Louise von Fürstenberg (verh. mit Jean du Roy
de Blicquy), die 1951 Obsinnich gemeinsam besaßen.
Anmerkung: G. Poswick schloß seinen Artikel über Obsinnich
mit den Worten: "Es ist zu befürchten, daß das Schloß in Kürze
erneut verkauft werden wird."
Poswick sollte Recht behalten: Obsinnich wurde 1952 verkauft.
Unter dem Namen "Castel Notre-Dame" dient es seitdem als
Ferien- und Exerzitienheim.
11
"Das kleinste Land Europas''
von Alfred Bertha
Unter diesem Titel veröffentlichte das "Deutsche Familienbuch
- Illustrierte Welt -", 1896, 44. Jahrg., Heft 17, S. 406, einen Bei-
trag aus der Feder von Otto Spoo. Wie der Autor damals, vor ge-
nau 100 Jahren, das neutrale Gebiet von Moresnet, das heutige
Kelmis, gesehen oder was er darüber erfahren hat, wollen wir im
folgenden wiedergeben. Spoo schreibt:
"Zwei Stunden von der alten Kaiserstadt Aachen, zwischen den
Königreichen Preußen und Belgien, liegt das sogenannte neutrale
Gebiet von Moresnet, des «kleinsten Landes Europas».
Seiner geographischen Lage nach grenzt das Neutralgebiet, wel-
ches die Form eines nach Norden hin lang zugespitzten
stumpfwinkligen Dreiecks hat, im Osten und Süden an Preußen,
im Westen an Belgien; die südlichste Spitze wird von dem
Göhlbach durchflossen, welcher sich unterhalb Maastricht in die
Maas ergießt.
Im vergangenen Jahrhundert bildete das Ländchen unter öster-
reichischer Herrschaft einen Bestandteil der Grafschaft Dalhem,
Herzogtum Limburg (1). Als 1795 die Franzosen die Länder dies-
seits des Rheins erobert hatten, wurde Moresnet dem Kanton Aubel
(Departement de !'Ourthe) zugeteilt, welcher Landesteil unter an-
deren im Jahre 1815 von Frankreich an die verbündeten Mächte
abgetreten wurde. Zwar war schon in den Artikeln 25 und 66 der
Wiener Kongreßakte die Grenze zwischen Preußen und den Ver-
einigten Niederlanden durch Aufstellung einer Grenzlinie im all-
gemeinen festgesetzt worden, allein die zur endgültigen Festlegung
der Grenzlinie ernannten preußischen und niederländischen Kom-
missare haben sich nicht einigen können. Dieserhalb ist in Artikel
17 des am 26. Juni zu Aachen zwischen den beiden Mächten ge-
schlossenen Grenzvertrages die nachfolgende Bestimmung getrof-
fen worden:
Art. 17 ... die Grenzlinie bleibt unbestimmt, da die beiden Kom-
missare sich über die Teilung des kleinen Teiles des Kantons Aubel
nicht haben einigen können, welcher ... dem Königreich Preußen
angehören soll. Diese Schwierigkeit wird der Entscheidung der
12
beiderseitigen Regierungen unterbreitet, welche zur Beseitigung
derselben Maßregeln, so sie als zweckmäßig erachten, zu ergrei-
fen haben.
Bevor diese Entscheidung getroffen, soll die provisorische Gren-
ze für die Gemeinde Moresnet dergestalt gebildet werden, daß
derjenige Teil der Gemeinde, welcher links von einer geraden Li-
nie zwischen dem Berührungspunkt der drei Kantone und dem
der drei Departemente liegt, auf jeden Fall dem Königreich der
Niederlande zufällt; daß derjenige Teil, welcher rechts von einer
von den Grenzen des Kantons Eupen von Süden nach Norden nach
dem Berührungspunkte der drei Departemente hin gezogenen
Geraden liegt, jedenfalls dem Königreich Preußen angehören soll;
daß endlich der zwischen den beiden Linien gelegene Teil selbiger
Gemeinde, als einziger, der da billigerweise streitig gemacht wer-
den könnte, einer gemeinschaftlichen Verwaltung untergeordnet
wird und von keiner der beiden Mächte militärisch besetzt werden
darf.”
Der letztere Teil dieser Bestimmung, betreffend das neutrale
Gebiet, besteht bis heute unverändert fort und ist grundlegend für
die Existenz und Verwaltung desselben. Nur sind mit der belgi-
schen Revolution die Rechte der Vereinigten Niederlande an das
Königreich Belgien übergegangen.
Durch die gemäß Artikel 17 vorgenommene Teilung fielen von
der Gemeinde Moresnet etwa 60 Häuser an Preußen, 80 an die
vereinigten Niederlande. Neutral-Moresnet, noch nicht 350 ha
groß, zählte bei seiner Entstehung noch ungefähr 250 Einwohner
und 50 zerstreut liegende Häuser.
Daß eine Einigung über ein so geringfügiges, weder kommer-
ziell noch strategisch wichtiges Gebiet nicht zustande kam, liegt
in der Rechtsauffassung beider Staaten, welche dahin geht, daß
nach richtiger Auslegung der Wiener Kongreßakte jedem der
Alleinbesitz zukomme. Veranlassung zu diesen entgegengesetz-
ten Auffassungen bildete wohl nicht das Gebiet als solches, son-
dern das auf demselben gelegene sehr bedeutende Galmeibergwerk
des Altenbergs (Galmei ist ein Zinkerz), dessen Alleinbesitz den
beteiligten Staaten sehr wertvoll erschien.
Weder Preußen noch Belgien haben bis heutigen Tages ein selb-
ständiges Gesetzgebungsrecht, es bestehen vielmehr die französi-
schen Gesetze und Einrichtungen von früher weiter fort. Das Ge-
13
biet untersteht einem preußischen und einem belgischen Kom-
missar, welche beide mit der gemeinschaftlichen Verwaltung be-
traut sind und ihre Sitze in Aachen resp. Verviers haben (2). Von
ihnen werden auf Grund des Artikels XX des Gesetzes vom 28.
Pluviöse des Jahres VIII (17. Februar 1800) der Bürgermeister
und die Stadträte ernannt. Der Gemeinderat setzt sich zusammen
aus zehn Bürgern (3).
Eine eigene Gerichtsverwaltung besitzt Moresnet nicht; es steht
den Bewohnern frei, ihre Klagen und Streitfragen bei den zustän-
digen preußischen oder belgischen Gerichten vorzubringen (4).
Die Ortspolizei wird vom Bürgermeister ausgeübt, welchem preu-
ßische und belgische Gendarmen sowie ein neutraler Gemeinde-
diener in diesem Amte zur Seite stehen.
Auch für die Steuerabgaben gelten die alten Bestimmungen; es
sind zu entrichten: Grundsteuer, Personal- und Mobiliarsteuer, Tür-
und Fenstersteuer und Patentsteuer. Demnächst soll auch eine
Gewerbesteuer für Schanklokale eingeführt werden.
Was die militärischen Verhältnisse des Gebietes betrifft, so sind
die bereits bei Entstehung desselben ansässigen Bürger und deren
Nachkommen von der Militärpflicht entbunden, wo hingegen preu-
Bische oder belgische Staatsbürger sich durch Auswanderung auf
neutralen Boden keineswegs dieser Pflicht entziehen können.
Altenberg, der Gemeindehauptort, liegt am Südende des Ge-
bietes, an der Aachen-Lütticher Chaussee. Der übrige bewohnte
Teil besteht aus zerstreut liegenden Häusern und Gehöften. Diese
mit eingerechnet, zählt die Gemeinde heute ungefähr 2.900 See-
len, worunter 400 neutrale Bewohner sein dürften.
Das landschaftliche Bild, welches das Städtchen seinen Besu-
chern darbietet, ist ein sehr freundliches. Von der Sohle des Alten-
bergs langsam ansteigend, lacht es freundlich ins Tal mit seinem
spiegelhellen See und seinem industriellen Getriebe hinüber ins
deutsche Land zu den waldigen Höhen, wo auf festem Felsengrund
über rauschenden Baumkronen die Emmaburg sich stolz erhebt,
bespült von dem lustig dahinsprudelnden Göhlbach. Alte Sagen
knüpft der Volksmund an diese Feste aus dem 13. Jh. Hier soll
Karls des Großen Tochter Emma mit ihrem Geliebten Eginhard in
Zurückgezogenheit gelebt haben. Die anmutige Geschichte der
Liebe dieses großen Geschichtsschreibers zu der Kaisertochter ist
in Gedichten und Dramen unzählige Male behandelt worden, so
14
daß sie fast den Charakter und die Geltung einer geschichtlichen
Tatsache erlangt hat. Die Burg in ihrer reizenden, stillen Lage ist
aber auch zu einer Stätte der Minne wie geschaffen und der Duft
vergangener, schönerer Zeiten durchweht sie.
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Grenzstraße zwischen neutralem Gebiet und Preußen
Am Fuße der Emmaburg liegen die Steinbrüche von Preußisch-
Moresnet und die der Bergwerksgesellschaft gehörenden reichen
Zinkerzgruben Fossey (5) und Schmalgraf (6). Von hier führt am
Rande des Göhlbaches entlang der Weg ins offene Tal, an dessen
Rändern sich die Erzwäsche und Aufbereitungsanstalt der "Alten-
berg-Gesellschaft" ausbreitet. Die Besichtigung des Bergwerks
bildet für den Besucher von Altenberg ein Hauptinteresse, da ja
dasselbe mit der Entstehung und dem Fortbestand von Neutral-
Moresnet im nächsten Zusammenhang steht und früher mehr denn
heute die Haupterwerbsquelle für dessen Bewohner bildete.
Seine Geschichte läßt sich bis in das 15. Jahrhundert verfolgen.
Erst Anfang dieses Jahrhunderts, als von dem damaligen Pächter
desselben, Dony, die Reduktionsmethode für Zinkerz entdeckt wor-
den war und das Zink nach und nach in die Reihe der notwendi-
gen Metalle eintrat, begann die Blütezeit des Bergwerks, und die
belgisch-französische Gesellschaft "Socie&t& anonyme des mines
et fonderies de zinc de la Vieille Montagne", welche seit 1837
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dessen Ausbeute betreibt, hat vermöge ihrer bedeutenden Hilfs-
quellen und der tüchtigen Leitung des Betriebes die Erträge des
"Altenberg" in nie geahntem Maße gesteigert. So zum Beispiel
beträgt der Ertrag desselben im letzten Halbjahrhundert mehr denn
zwei Millionen Tonnen reinen Galmeis.
Rascher Aufschwung der wirtschaftlichen Verhältnisse ging für
den Neutralstaat damit Hand in Hand. Von 500 im Jahre 1837
stieg die Bevölkerung bis zu 2.570 im Jahre 1858 - das heißt ge-
nug!
Treten wir in das Städtchen hinein, so begegnen wir allenthalben
jenem gesunden, kräftigen Menschenschlag des Westens. Die bei
weitem vorherrschende Sprache ist die deutsche. Der Hauptteil
der Bevölkerung setzt sich aus Arbeitern und deren Familien zu-
sammen, welche teils im Bergwerk, teils im nahegelegenen Aachen
ihren Erwerb finden, sowie aus Kleingewerbetreibenden. Ein ge-
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ringerer Teil ernährt sich von den Erzeugnissen der Landwirtschaft.
Für gesunde und freundliche Arbeiterwohnungen hat die
Bergwerksgesellschaft in ausgiebigster Weise gesorgt.
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Ansicht von Altenberg; im Vordergrund die Klärteiche
Wegen der günstigen Zollverhältnisse gestaltet sich das Leben
dort sehr billig. Alle Waren gehen nämlich zollfrei aus den Nach-
barstaaten ein und werden erst bei etwaiger Wiederausfuhr zoll-
pflichtig.
Als katholische Pfarrei wird die Gemeinde von einem Pfarrer
und einem Vikar geleitet und gehört dem Bistum Lüttich an (7).
Eine große, schöne Pfarrkirche, welche im Jahre 1863 (8) mit ei-
nem bedeutenden Zuschuß der Bergwerksgesellschaft vollendet
wurde, trägt nicht wenig zur Verschönerung des Städtchens bei.
Für die wenigen Bewohner protestantischer Konfession wurde im
Jahre 1856 eine Kapelle gestiftet (9).
An Unterrichtsanstalten besitzt Altenberg zwei Knaben- und
zwei Mädchenschulen (10), ferner eine Näh- und Strickschule
sowie eine Kleinkinderbewahranstalt.
Postämter sind zwei vorhanden, ein belgisches und ein preußi-
sches, und wird das Gebiet von beiden Postverwaltungen als In-
land betrachtet. Im Jahre 1886 bestand neben diesen ein drittes,
18
Anmerkungen
1) Kelmis gehörte zwar in der vorfranzösischen Zeit zum Her-
zogtum Limburg, nicht aber zur Grafschaft Dalhem.
2) Für Preußen war ab 1854 der Landrat von Eupen, für Belgien
ab 1889 der Bezirkskommissar von Verviers amtierender Kom-
missar für Neutral-Moresnet.
3) Bis 1854 gab es in Neutral-Moresnet keinen Gemeinderat. Bis
dahin regierte der Bürgermeister allein.
4) Bei der Strafzumessung mußten die Richter das französische
Gesetz aus napoleonischer Zeit zu Grunde legen.
5) Die Grube Fossey lag auf Hauseter Gebiet, unweit der
Hammerbrücke und somit keineswegs "am Fuße der Emma-
burg".
6) Die Grube Schmalgraf mit dem bekannten Oskarstollen lag
auf dem Gebiet von Preußisch-Moresnet.
7) Neutral-Moresnet war von 1858 bis nach dem Ersten Welt-
krieg eine sog. bischöfliche Pfarre, ohne staatliche Anerken-
nung.
8) Baubeginn war 1863. Vollendet war der Bau 1865.
9) Zum Bau der evangelischen Kirche gab die Gesellschaft der
Vieille Montagne einen bedeutenden finanziellen Zuschuß; es
handelte sich jedoch nicht um eine "Stiftung".
10) Mit "Schule" meint der Verfasser "Schulklassen".
19
Bois de Preuss/ Foret Pierreuse
- eine Hypothese
von Hans Hermans
Als ich vor einiger Zeit meine Bücher und Zeitschriften neu
ordnete, entdeckte ich sehr interessante Daten/Gegebenheiten
hinsichtlich "Le bois de Preus(s)".
Herr F. Pauquet schreibt: "Ich gebrauche die Rechtschreibung
mit einem "s". Somit wird u.a. unterstrichen, daß dieser Flurname
nichts mit dem Lande Preußen gemeinsam hat. Er ist ja
Jahrhunderte belegt, bevor Preußen im Rheinland Fuß fassen
konnte. (Im Göhltal, Nr. 22, Seite 5).
An anderer Stelle (Im Göhltal, Nr. 37, Seite 86) schreibt Herr
Pauquet: "Die älteste Erwähnung des Namens "Proisen" ist wohl
in einem um 1390 vom Aachener Forstmeister Syche van
Lybermye redigierten Schreiben enthalten."
Herr Hermanns W. (Aachener Sprachschatz, Seite 452) sieht in
dem Namen einen lateinischen Ursprung und leitet ihn von
"prosum" = "ich bin nützlich" ab: Pröis/Preuswald/Preusweg (nicht
Preussweg). Die Preus war ein Nutzwald; 1431: die Prouse an den
Weg von Hairgenrot.
Laut Viktor Gielen (Zwischen Aachener Wald und
Münsterbusch, Seite 182) und J. Liese (Vom Aachener Stadtwald,
Seite 24) ist "Preus" eine Ableitung von "diu prise" = Einfassung/
Grenze.
Und was sagen unsere Autochthonen hierzu ?
Vaals: Op jen Preus,
Vijlen und Mergelland: Op gen Preus/Pereus.
Dieses Toponym ist nicht einmalig im Mergelland: In der
Gemeinde Margraten gibt es heute immer noch "Bruisterbosch"
und in der Gemeinde Eijsden finden wir "Breust". Entlang der
belgischen Sprachgrenze (an der Jeker bzw. Geer) gibt es in Kanne
"Op de Pruis/Oude Pruisweg", und südlich von Wonck liegt die
Flur "Pierreu".
Jetzt kommen wir der Sache etwas näher. Warum in die Ferne
schweifen, wenn die Lösung liegt so nahe?
Wenn unsere Wälder steinig (Silex und Kalkstein) sind, dann
gibt es für la for&t ein substantivisches "pierreuse".
21
DIE ALTE KIRCHE VON VAALS
WAR EIN GRENZPUNKT
ZWISCHEN AACHEN UND
LIMBURG
von Heinrich von Schwartzenberg
Im Jahre 1431 wird eine Grenzlinie zwischen dem Aachener Reich
und dem Limburger Land genannt, die folgenden Verlauf hatte:
Alte Vaalser Kirche, St. Hoebrechtsboek (Buche auf dem Vaalser
Berg), Preus, St. Agatha-Eiche, Entenpfuhl, Dreikreuzertal,
Steinknipp (Pelzerturm), Hirtzplei, Königsberg, Durrenbaum
(Nähe Grüne Eiche) (1).
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Abb. 1: Turm der alten Vaalser Kirche, dessen Grundmauern aus dem
11. Jh. stammen sollen
23
Der Kirchturm der alten Vaalser Kirche, sicherlich weithin sicht-
bar, war also ein wichtiger Grenzpunkt des Aachener Reiches, und
es lohnt sich schon, den Grenzbereich Aachen/Vaals/Gemmenich
einmal näher zu betrachten.
Es ist nicht hinreichend geklärt, ob Vaals aus dem Aachener oder
aus dem Gemmenicher Königsgut hervorgegangen ist. Fest steht,
daß es ein Königsgut Gemmenich und eine zugehörige
Urpfarrkirche gab. Pauquet hat versucht zu klären, daß die
Gemmenicher Urpfarrkirche in Montzen stand. Vor 1200 wurden
im Bereich des Königsgutes Gemmenich zwei weitere Kapellen
für die „Bequemlichkeit der Einwohner" gebaut, von denen
Pauquet annimmt, daß es sich um die Filialkirchen Gemmenich
und Moresnet gehandelt hat (2). Nach neueren Erkenntnissen wird
die Ur- und Mutterpfarre aufgrund der zentralen Lage und des
Patroziniums des hl. Remigius in Moresnet vermutet (3).
Andere Forscher, z . B. Nolden, sehen die Gemmenicher Kirche
als die Urpfarrkirche an und bezeichnen Montzen und Vaals als
die Filialkirchen (4). Der Umstand, daß der südwestlich von Vaals
gelegene Malensbusch zum einen auf Vaalser, zum anderen auf
Gemmenicher Gebiet lag, deutet auf eine Bindung zwischen Vaals
und Gemmenich hin. Als 1788 über die Grenze zwischen dem
Herzogtum Limburg und den niederländischen „Generalstaaten",
wozu damals Vaals gehörte, beraten wurde, sagten die
Holzberechtigten, daß ihnen kein Fall bekannt sei, wo einer der
beiden Staaten Souveränitätsrechte im Malensbusch ausgeübt hätte
(5). Flach vermutet, daß Vaals aus dem Aachener Königsgut
entstanden ist und zum Aachener Fiskus gehört hat, was die These
von Pauquet stützen würde. Er begründet dies u.a. mit der Nennung
eines Allodialgutes (Eigengut) in der „Villa" Vaals gelegen im
Aachener Territorium, das in einer Urkunde des Grafen Balduin
VII. von Flandern erscheint (6).
Für eine Zugehörigkeit zu Aachen spricht auch eine Urkunde von
1041, mit der Heinrich III. dem Aachener Adalbertstift einen
Gutshof in Vaals schenkte. Allerdings erfolgten auch Schenkungen
in Gemmenich, Moresnet und Vijlen (7).
24
Auch die wohl zwischen dem 12. Jh. und dem 14. Jh. erfolgte Zuwei-
sung der Rechte und Pflichten durch den Probst des Aachener
Marienstiftes an die übrigen Amtsträger bringt letztlich keine endgülti-
ge Klärung. Montzen und Vaals wurden dabei dem Kapitel, Moresnet
dem Dekan und Gemmenich dem Scholaster zugewiesen (8).
In der nachfolgenden Karte ist der Versuch unternommen worden,
die wahrscheinliche Situation darzustellen.
Vielleicht ist auch der heute noch in Aachen und Vaals gesprochene
gemeinsame Dialekt ein Indiz für die Zugehörigkeit zu Aachen (9).
Wie dem auch sei, eine Kirche von Voleest (Wahrscheinlich Vaals)
wird bereits 1266 erwähnt in einer Übereinkunft zwischen den
Dominikanerklöstern Lüttich und Maastricht über das Recht zu
predigen. Auch wird die Vaalser Kirche in einer Akte von 1280
genannt, worin der Hof in Vaals (Paffenbroich) vom Aachener
Marienstift gegen eine Erbrente dem Gerhard von Aldenvalkenburg
zugewiesen wird. Auf die Nichteinhaltung der Zahlungsverpflich-
tung stand die Strafe der Exkommunikation, die in den Kirchen
von Aachen und Vaals zu verkünden war (10).
Ein weiterer sicherer Beweis für eine Kirche in Vaals, die sicher-
lich eine Stiftung des Marienstiftes war, findet sich in einer Ur-
kunde vom 16. Juni 1313 anläßlich der Beilegung eines Streites
um die Pflichten des Zehntherren zwischen dem Aachener
Marienstift und der Gemeinde (11).
Etwa seit dem 13. Jh. gab es einen Zehntbezirk Vaals, der bis nach
Holset reichte, und in dem das Kapitel des Aachener Marienstiftes
das Zehntrecht besaß. Soweit die Quellen zurückreichen, wurde
der Zehnte von Vaals zusammen mit dem Ende des 13. Jh.
erworbenen Hof Paffenbroich verpachtet (12).
Der Name Paffenbroich läßt sich wie folgt erklären: Paffen-Pfaffen
(damals noch kein Schimpfname) = Priester; Broich = Sumpf.
Das heute noch in Vaalserquartier bestehende Gut Paffenbroich
liegt in einer Niederung des Tales. Bis zur Franzosenzeit (1794)
blieb es im Besitz des Aachener Marienstiftes. Heinrich
25.
Dautzenberg war der letzte Pächter, mit dem folgender Vertrag
abgeschlossen worden ist:
"1773, Verpfachtung des Capituler Hofs zu Vaels Kund und zu
wissen seye hiermit jeder männiglichen, daß ein hochwürdiges
Capitulum des freyen Kayserlichen Stifts unser lieben Frauen
Kirchen allhier in Aachen, desselben Hof zu Vaels im Paffenbroich,
samt dazu gehörigen Ackerland, Weiden, Benden und Mühlen,
und Kleinen im Reich Aachen gelegenen Zehnden, wie diese alles
im Kirchspel Vaels und des Endes gelegen und wohl gemelten
Capitul eigenthümlich zuständig ist, dem ehrbaren Henrichen
Dautzenberg und seiner ehelichen Haußfrau Joanna Clara
Schmetz... verpfachtet habe" (13).
Vor der jetzigen Vaalser Pfarrkirche steht noch ein altes Grabkreuz
von 1704 von einem ehemaligen Halfen (Pächter, die ursprünglich
die Hälfte des Ertrages abliefern mußten) des Gutes Paffenbroich.
Sein Name war Johannes Prömper.
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Abb. 2: Gut Paffenbroich heute
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bestehende Aachener Vaalserquartier bildete. Die katholische
Gemeinde zählte damals in Vaals 40 Familien (14).
Westlicher Nachbar von Vaals war der Ort Vijlen, in dem die Abtei
Burtscheid die Grundherrschaft besaß (15).
Politisch gehörte der nicht zu Aachen gehörende Teil der Vaalser
Pfarre zum Land Herzogenrath. Als Herr der Burg und des Lan-
des Herzogenrath, damals noch Rode genannt, wird 1104 Graf
Adalbert von Saffenburg erwähnt. Durch Heirat wurde das Land
Herzogenrath im Jahre 1137 dem Herzogtum Limburg einverleibt
(16). Ab 1410 wurde Herzogenrath dauernd verpfändet, zuletzt
an Jülich, bis es 1544 wieder eingelöst und an Limburg zurück-
kehrte (17).
Etwa Anfang des 15. Jh. ging Aachen hin und legte auch im Vaalser
Bereich als Schutz eine Landwehr (Landgraben) an. Wohl aus
topografischen Gründen erfolgte die Anlegung des Landgrabens
nicht genau auf der Grenze, so daß ein Teil des Aachener Gebietes
außen vor blieb, was sich 1663 bei der Festlegung der Grenze für
Aachen als nachteilig erweisen sollte. Auch die Ländereien des
Gutes Paffenbroich wurden durch den Landgraben getrennt, so
daß der Rat der Stadt Aachen den Herren des Münsterstiftes
gestattete, Grund und Boden des Gutes durch eine verschließbare
Brücke (Grindel) über den Landgraben zu verbinden (18).
Im Herzogtum Limburg, von 1288 bis zu seiner Auflösung im
Jahre 1794 eigentlich nie selbständig, war durch wechselnde
Herrscher nach der Reformationszeit das evangelische Element
stark vertreten, was auch die Katholiken in Vaals zu spüren
bekamen.
Brecher schreibt dazu (19):
"1614 begannen offene Zwistigkeiten zwischen Katholiken und
Protestanten, die 1649 die Kirche aufbrachen und mit Gewalt ihren
Prädikanten hineinführten. Aus dem zeitweiligen simultanen
Gebrauch des Gotteshauses entstanden viele Zwistigkeiten. Für
die Katholiken brach eine Zeit schwerer Verfolgungen an. Der aus
seiner Kirche vertriebene Pfarrer Siger von Thenen (1641-77)
28
mußte die Sakramente in benachbarten Orten wie in Holset,
Gemmenich, Orsbach und in der Melatener Quirinuskapelle
spenden. Häufig schlossen Katholiken ihre Ehen vor dem
evangelischen Pastor. Nach dem 1661 im Haag zwischen Spanien
und den Generalstaaten abgeschlossenen Partage-Traktat fielen die
Länder Overmaas, Falkenburg, Dalem und Herzogenrath (teil-
weise; der Verf.) an die Niederlande.
Daraufhin verlangten die Generalstaaten von Aachen zum 1.5.1663
die Abtretung der Kirche, die der katholische Pfarrer bei schwerer
Strafe nicht mehr betreten sollte.
Dem Magistrat gelang der Nachweis, daß ungefähr 50 Häuser des
Dorfes, das Pfarrhaus und der vordere Teil der Kirche, die mit
Holz aus dem Aachener Wald errichtet war, innerhalb des Aachener
Reichs lagen. Aber alle Verhandlungen führten zu keinem Ergebnis
wegen der Verärgerung der Staaten über die scharf anti-
protestantische Haltung des Aachener Rats, der erst 1661 zwei
evangelische Prediger aus der Stadt verwiesen hatte. Am 19.5.
1663 protestierte der Rat feierlich dagegen, daß Bediente der Staa-
ten das Schloß der Kirche abgebrochen und die Schlüssel verändert
hatten. Täglich kam es zu Gewalttätigkeiten gegen katholische
Einwohner. Das Kreuz und die Bilder über der Kirchentür wurden
abgerissen. Am 12.6. kam es zu einer Konferenz zwischen hol-
ländischen Kommissaren und Vertretern der Stadt Aachen in Maas-
tricht, wo sich die Holländer lediglich bereit erklärten, das Pfarr-
haus mit seinen Einkünften abzutreten. Der Magistrat mußte sich
nun mit dem Marienstift als dem Besitzer des Patronatsrechtes in
Verbindung setzen. Das Stift erklärte am 8.10. durch seinen Depu-
tierten, nicht zum Unterhalt des evangelischen Geistlichen ver-
pflichtet zu sein. Ausdrücklich betonte man, nicht für den Neubau
einer Kirche, sondern höchstens für deren spätere bauliche Unter-
haltung aufkommen zu müssen. Der Rat erklärte sich einverstanden
und zeigte sich auch in der folgenden Zeit bedeutend mehr an der
Seelsorge und der Errichtung einer Kirche für die Vaalser Katho-
liken interessiert als das Marienstift. Im folgenden Jahr kam es
zwischen Rat und Kapitel zu einem Vergleich. Die Kirche wurde
vorbehaltlich der kaiserlichen Rechte an die Staaten abgetreten.
Die Renten sollten jedoch nach dem Vorschlag der Holländer dem
29
Priester verbleiben, der auf Stadt- oder Reichsboden den
katholischen Gottesdienst versah. Gegen die Übertragung des
Patronatsrechtes verpflichtete sich der Magistrat, eine geeignete
Kapelle zur Verfügung zu stellen oder ein neues Gotteshaus zu
erbauen und zu unterhalten. Das Stift trat daraufhin im Interesse
der Seelsorge das Präsentationsrecht ab. Nur wenn die Übung der
katholischen Religion wieder in Vaals zugelassen wurde, sollte
der frühere Zustand wiederhergestellt werden. Der Vaalser Pastor
hatte nun den Rat als neuen Patronatsherrn am 12. 8. 1664 um
Übertragung der Pfarrei zu bitten. Er wurde verpflichtet, weiter in
seinem alten Hause zu wohnen - Die Lage für die katholische
Bevölkerung verschärfte sich weiterhin. Am 5.10.1663 waren alle
katholischen Geistlichen verbannt worden, nur Evangelische
durften öffentliche Ämter bekleiden. Ehen mußten vor dem
protestantischen Prediger eingesegnet werden. Es gab nur noch
evangelische Schulen mit evangelischem Religionsunterricht. Auch
durch die verkommenen Truppen des Herzogs Kari von Lothringen
hatten die Vaalser viel zu leiden.
Nur das Jahr 1672 brachte den Katholiken beim Durchzug eines
französischen Heeres unter Conde eine kleine Atempause und die
freie Ausübung des katholischen Gottesdienstes. Im allgemeinen
zogen damals die Vaalser Katholiken an Sonn- und Feiertagen nach
Orsbach zur Messe.
Trotz der Verpflichtung des Aachener Magistrats, eine geeignete
Kapelle zur Verfügung zu stellen bzw. ein neues Gotteshaus zu
erbauen, behielten die Katholiken ihre alte Kirche.
Die Kirche wurde 1673 erneuert und 1751 abgebrochen, um einem
Neubau Platz zu machen, der 1754 eingeweiht worden ist. Bei
einer Vergrößerung des Gotteshauses im Jahr 1833 blieben von
dem Bau nur westliche Teile mit einem Zwischenglied als Portal
am Turm.
Im Jahre 1892, nach Vollendung der neugotischen Pfarrkirche,
wurde die alte Kirche zu einem Pfarrgebäude umgebaut. Dieses
Gebäude wurde 1967 abgerissen, um für einen Parkplatz Platz zu
schaffen. Da der Simultanbetrieb zu den Zwistigkeiten geführt hatte
30
und die Katholiken ihre Kirche behielten, ließen die Reformierten
an der Nordseite des alten Turmes, dessen Grundmauern
wahrscheinlich aus dem 11. Jh. stammen, in den Jahren 1669 bis
1671 eine neue Kirche bauen. Nun waren es die Katholiken, die
nach gewaltsamer Besetzung das Innere der neuen Kirche
beschädigten, so daß sie erst 1680 wieder.in Gebrauch genommen
werden konnte (20).
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Abb. 4: Alter Turm mit dem Schiff der Reformierten. Man sieht noch
deutlich, wo das katholische Schiff angebaut war, das 1967 erst abgerissen
wurde, um für den Parkplatz Platz zu schaffen.
Da zu dieser Zeit in Aachen die protestantischen Gottesdienste
verboten waren, zogen viele Gemeindemitglieder (Geusen)
sonntags nach Vaals, in dem es außer der katholischen Kirche noch
Gotteshäuser von vier weiteren Konfessionen gab. Auch diese
Gottesdienstbesucher erlitten wiederholt auf ihrem Kirchweg
Belästigungen und wurden „bis aufs hembde" ausgeplündert, so
daß schließlich Aachener Stadtsoldaten zu ihrem Schutz
herbeigeholt werden mußten (21).
Durch den Partagevertrag vom 29. Dezember 1661 war u.a. auch
das Land Herzogenrath zwischen Spanien und den
31
„Generalstaaten" der Niederlande geteilt worden. So kamen Vaals,
Holset und Vijlen als Exklave an die Generalstaaten und wurden
seitdem von den Haag aus regiert. Diese Orte gehörten also seitdem
nicht mehr zum Herzogtum Limburg (22).
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Abb. 5: Eingang zur reformierten Kirche von 1671
Aachen konnte sich im Jahre 1663 nicht durchsetzen und verlor
durch die Verlegung der Grenze nach Osten das Gebiet zwischen
dem Landgraben und der alten Kirche, so daß nunmehr der
Landgraben die neue Grenze bildete. Nur das Pfarrhaus blieb
teilweise bei Aachen (23). Dort etwa, wo früher das Pfarrhaus stand,
befindet sich heute noch ein Adler-Grenzstein des Aachener
32
Reiches (Vaals, Akerstraat 2). Kirchlich veränderte sich durch die
Verlegung der Grenze nichts. Das Patronatsrecht der Pfarre lag
beim Aachener Magistrat, der dies ja mit dem Marienstift so
ausgehandelt hatte.
So wurde noch am 6. Mai 1670 folgende Schützensatzung von
dem "HH. Burgemeister zu Aachen abprobiert, confermiert und
zu unterhalten verordenert":
"83- Ist geordenert, das keines dieser Schützerey sall eingeschrie-
ben werden, er sey dan binnen Achen oder im Reich und Kirspell
Vaals bürtig, auch das er von gutten nahm en Fam sey und daser
zuvoren gutten schyn von sich geben des wahren catolischen
Glaubens in treentschen consilien auffgerecht " (24).
Der Zustand, daß die Pfarre Vaals Aachen unterstand, scheint noch
bis zur Franzosenzeit (1794) geblieben zu sein. In der Franzosenzeit
gehörte das politisch zur Bürgermeisterei Laurensberg geschlagene
Vaalserquartier kirchlich zur Pfarre St. Jakob, ja selbst das Dorf
Vaals soll zu St. Jakob gehört haben (25).
In der Preußenzeit, in der Dorf und Pfarre Vaals sich nach den
Niederlanden orientierten, schlug der Aachener Regierungs-
präsident 1925 vor, Vaalserquartier, das zur Gemeinde Laurensberg
gehörte, kirchlich mit den Pfarren Laurensberg oder Orsbach zu
vereinigen. Dies wurde jedoch von den Bewohnern von
Vaalserquartier abgelehnt (26). Sie blieben bei St. Jakob, bis
Vaalserquartier am 7. September 1945 als selbständiges Rektorat
St. Konrad seelsorglich von St. Jakob abgetrennt wurde und im
Jahre 1948 eine eigene Kirche (St. Konrad) erhielt (27).
Anmerkungen
1) Liese: Vom Aachener Stadtwald. Aachen 1930. S. 8
2) Pauquet in "Jahrbuch Eupen-Malmedy-St. Vith", 1966. S. 163 f.
3) Im Göhltal 49/50 von 1991, S. 112 f.
4) Nolden: Besitzungen u. Einkünfte des Aachener Marienstiftes. Aachen 1977,
S. 103f.
383
5) Oppenhoff in "ZAGV 56/1936", S. 29 f.
6) Flach: Untersuchungen zur Verfassung u. Verwaltung des Aachener
Reichsgutes ... Göttingen 1976. 5. 172 f.
7) Poll: Geschichte Aachens in Daten. Aachen 1965, S. 34
8) Nolden, S. 104
Im Göhltal 49/50 von 1991, S. 114
9) Huyskens (Hrsg): Aachener Heimatgeschichte. Aachen 1924, S. 249
10) van Agt: De Nederlandse Monumenten. Zuid-Limburg. Vaals, Wittem en
Slenaken. 's- Gravenhage 1983, S. 63
Nolden, S. 110
11) Nolden, S. 108
12) Wegen religiöser Wirren wurden 1638 Hof und Zehnt Vaals im Aachener
Reich vom Zehnt Holset getrennt (Nolden, S. 109)
13) Pelzer: Vaalserquartier und seine Höfe. Aachen 1985, 5. 7 f.
14) Brecher: Die kirchl. Reform in Stadt und Reich Aachen. Münster, 1957, S. 5
u.S. 21
15) Wurzel: Die Reichsabtei Burtscheid ... Aachen 1984, S. 94 f.
16) Huyskens, S. 96 f.
17) ZAGV 56/1935, S. 29
18) Pelzer , S. 8
19) Brecher, S. 19 f.
20) van Agt, S. 63
21) Liese: Das klassische Aachen. Aachen 1936, S. 117
22) Quix: Kreis Eupen. Aachen 1837, S. 2
23) Der preußische Teil des Pfarrhauses kam 1816 im Tausch gegen ein Haus in
Lemiers zu den Niederlanden.
24) Liese, S. 116 (s. Anmerk. 21)
25) Brecher: Kirche und Pfarre St. Jakob. Aachen 1995, S. 49
Nach Fabricius, Kirchl. Organisation V. 1. S. 374, soll Vaalserquartier 1789
zur Pfarre Laurensberg gehört haben. M. E. kann es sich nur um Teile im
Grenzbereich von Vaalserquartier gehandelt haben.
26) Brecher, St. Jakob, S. 51
27) Brecher, St. Jakob, S. 130 f.
Alle Fotos vom Verfasser
34
Kaffeebonne-Marsch
von Peter Zimmer (?)
Refrain: Vär schwebde met dä schwatte Katz
än met Tant Rosalie,
Krüsch Dohr, Wylva (1) dörch Beusch än Jatz,
dat jeng jot wie noch nie.
Fol sälvs och dekk ne Schott,
dat makde oss net krank, "
a jen Jränz verdeende Jält mä flott
met osse Bonnedrank!
pe ne € Y o
HA ]
ronoee A & EN 1804
EA
Cs}
N YORE
Kaffebonne, wä hat diej net jär
op de janze jruhte Wält?
Kaffeebonne droch e alle Wär
lanzen Jränz ne män'je Held.
Wore Zöllner dorop och hiel strang,
scheujde trotzdem jenge tröck
se te draje sonder Passevang (2)
op en Häme (3) aj'ne Röck
e klor of düster Naat:
Wä heej sö jätt jedaat?
(AS 85
PRODUITS
| ERUCHE “DOOR
N
Kaffeebonne wore respektiet
van de janze Obrechkeet;
Kaffeebonne droch me onscheniet
ej'ne Bom (4) of ondre Kleed.
Sälvs de Möppe (5) makde jär "Schnuff, Schnuff"
no die Bonne ej'ne Beusch
met de Hore wütend enen Struff
spronge rond se wiej'ne Freusch,
wenn mä jeng Huckepack,
jederenge met ne Sack.
II
Kaffeebonne frode och derr Zool,
ja mä waut (6) do afjeklopt,
Koffeebonne hauw me wu jett hool,
ej'ne Tank of Pneu jestopt;
de Kanonneröhre, wä jlövt dat (7),
nohme Bonneladung met;
ajen Jränze klopde mänech Hatt,
verfolcht va Duaneschrett (8);
än wor da neks passiet,
da staut (9) mä raffeniet:
Vär schwebde usw.
36 z
\a}?
AS
\
NT AbTgeinanii...
Es fehlt die Energie ?
Es fehlt der Schwung ?
Trinken Sie doch eine gute
Tasse Kaffee WYLFA.
Sie werden lachen, Sie
werden leben. Kaffee
& \. WYLFA... Wunderbar | .
Dar
Vice!
KAFFEE | Voiörtet!
Viel Kaffee im Abschnitt
Waiheim-Raeren
Innerhalb der letzten 14 Tage wur-
den von Beamten des Zollgrenzschut-
zes zwei amerikanische Jeeps mit An-
hänger kurz nach Grenzübertritt ge-
stellt. Die Wagen waren mit insgesamt
36 Sack Kaffee beladen. — 24 326 Per-
sonen wurden im Jahre 1947 im
Aachener Bezirk von Zollbeamten auf-
gegriffen. Von den 5581 bei Aachen
aufgegriffenen Personen waren allein
3649 Jugendliche, — Im Monat Novem-
ber 1947 wurden von Beamten der
Zollinspektion 115 Zentner Kaffee be-
schlagnahmt, davon 80 Zentner im
Walheimer Bezirk.
Grenz-Echo, 13.1.1948
Anmerkungen
Im Juli 1953 beschloß der deutsche Bundestag, die Kaffeesteuer von zehn auf
drei Mark pro Kilo zu senken. Damit ging ein Nachkriegskapitel zu Ende, das an
der Westgrenze viele Jahre für Schlagzeilen gesorgt hatte. Ganze Familien hatten
vom Kaffeeschmuggel gelebt und der deutsche Zoll hatte vergeblich einen
37
jahrelangen Kleinkrieg gegen organisierte Schmugglerbanden geführt. Die
Höhepunkte dieses manchmal komischen, aber oftmals auch tragischen
Geschehens hat Wolfgang Trees in "Kaffee, Krähenfüße und Kontrollen" (4. Aufl.
Aachen 1976) anschaulich beschrieben.
Peter Zimmers Gedicht - ob es vertont worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis
- entstand in den ersten Nachkriegsjahren und 1äßt ebenfalls etwas von der damals
herrschenden Atmosphäre in Kelmis/Neu-Moresnet aufleben. Die Grenznähe
verführte zum Versuch, mit Kaffeeschmuggel schnell reich zu werden. Es gab
sogar eine von den Schmugglern viel benutzte und von der Schulstraße zum
Roten Bach/Rue Bach führende Verbindung, die den Namen "Bonnejätzje" trug.
Einige Begriffe des Gedichtes mögen hier erläutert werden.
1) Schwatte Katz: Beliebte belgische Kaffeesorte (Chat Noir); die Verpackung
trägt eine schwarze Katze.
Tant(e) Rosalie: Die Herkunft dieses Kaffees haben wir nicht ausfindig machen
können.
Krüsch Dohr = Cruche d'Or = Goldener Krug. Unter diesem Namen vertrieb
der Raerener Lebensmittelgroßhandel Jean Radermacher seine Produkte,
wobei der Name auf die Raerener Töpfereiwaren anspielt.
Wylva, Wylfa: Lebensmittelgeschäftekette mit eigener Kaffeesorte gleichen
Namens
2) Passevang = Passavant (von "passer" u. "avant"): Passierschein; Genehmigung
zum Transport zollpflichtiger Waren.
3) Op en Häme = auf dem Hemd (?)
4) Bom = Hosenboden
5) Möpp = Hund
6) Waut = wurde
7) Kanonneröhre, wä jlövt dat ... Sogar das Militär beteiligte sich am Schmuggel
und versteckte Kaffee in Kanonenrohren!
8) Duaneschrett = Zöllnerschritt (frz. douane = Zoll)
9) Staut = staunte (?) oder von stühten = angeben (?)
38
Vom Schicksal der Hergenrather
Kirchenbücher
von Walter Meven
Einzelne Bischöfe und Landessynoden hatten das Anlegen von
Kirchenbüchern schon rund hundert Jahre vor dem Tridentinischen
Konzil (1542-1563) angeordnet, doch war die Durchführung dieser
Bestimmungen vom guten Willen des jeweiligen Pfarrers abhängig
und von Ort zu Ort verschieden gewesen.
"Der Pfarrer soll ein Buch besitzen, in dem die Namen der ‚,
Getrauten und der Zeugen sowie der Tag und der Ort der
Eheschließung angegeben sind. Dieses Buch soll er sorgfältig bei
sich aufbewahren."
So der Text des am 11. November 1563 von den Konzilsvätern
zu Trient angenommenen Dekretes zur Ehereform. Im Rahmen
dieser Reform wurde ebenfalls die Führung von Taufbüchern
angeordnet. Erst 1614 verlangte das Rituale Romanum die
Einführung von Sterberegistern.
In der nachkonziliaren Zeit wurden die Konzilsbestimmungen
von einer Vielzahl von Synoden zur Durchführung gebracht, doch
konnten sie auch ohne synodale Mitwirkung eingeführt werden.
Dies war der Fall im Bistum Lüttich 1566/67.
Dennoch dauerte es mancherorts noch sehr lange, ehe die
einzelnen Pfarren die Konzilsbeschlüsse hinsichtlich Tauf- und
Heiratsbüchern durchführten. Ein Hauptgrund dafür ist in den
Kriegswirren des 16. und 17. Jhs. zu suchen. Auch sind die
Kirchenbücher mancherorts durch widrige Umstände teilweise
wieder verloren gegangen. So auch in Hergenrath, wo die Bücher
große Lücken aufweisen.
Zwar hatte Hergenrath seit 1617.das Taufrecht (der Taufstein
aus dem Jahre 1619 ist noch erhalten), doch erst 1633 gibt der
damalige Pfarrer von Walhorn, Wilhelm Darimont, durch Urkunde
vor dem Walhorner Schöffengericht den Kaplänen oder
diensttuenden Geistlichen von Titfeld/Raeren, Eynatten und
Hergenrath die Genehmigung, in ihren jeweiligen
Seelsorgebezirken die Pfarrfunktionen auszuüben.
Als Pfarrer Johannes van Weertz 1779 mit der Anlage eines
Duplikates der von ihm geführten Register begann, erwähnt er die
39
Existenz zweier älterer Bücher, die die Zeitspanne von 1634-1689
bzw. 1690-1754 umfaßten. Ein drittes Buch begann 1755.
Im Jahre 1909 (S. Krudewig, J., Übersicht über den Inhalt der
kleinen Archive der Rheinprovinz, Bd. 3, S. 197) war das erste
Register (1634 bis ausschließlich 1690) nicht mehr vorhanden, das
zweite (1690-1754) war nur noch bruchstückhaft erhalten, und zwar
für die Taufen 1690-1709, für die Trauungen 1691-1705 und für
die Sterbefälle 1691-1709. Die große Lücke von 1705 bzw. 1709
bis einschließlich 1754 ist schon bei der Amtseinführung des
Hergenrather Bürgermeisters C. H. Mostert (25.11.1850) belegt. Das
bei der Gelegenheit angelegte Verzeichnis der auf dem
Bürgermeistereiamt lagernden Kirchenbücher erwähnt die Register
der Jahre 1755 - 1796 und 1690 ff. Das älteste Register (1634 -
1689) war also schon damals nicht mehr vorhanden. Leider steht
nicht vermerkt, ob das zweite Register (ab 1690) noch vollständig
war oder ob es schon 1850 nur noch knappe 20 Jahre umfaßte.
Die Taufeintragungen der Jahre 1690-1709 und 1755-1796 sind
in einer von Pfarrer Piepers im Jahre 1941 angefertigten Abschrift
erhalten.
Erst die Franzosen führten 1796 die heute üblichen
Personenstandsregister ein, doch es besteht eine kleine Lücke
zwischen den letzten Eintragungen in den Pfarregistern und dem
Anfang der Zivilregister. Bei der Erfassung für den Wehrdienst
mußte dies später auffallen. Im Protokollbuch der Gemeinde
Hergenrath steht unter dem 28. September 1817, Nr. 239, folgende
Notiz: ” Bei Anfertigung der Stammrolle des Dorfes Hergenraed
hat sich in Nachsuchung der dazu gehörigen Individuen befunden,
daß in den Personen Standes Registeren hiesiger Gemeine, und
sonderlich in der Zwischenzeit vom 16. Mai 1796, Epoche in
welcher der damahlige Pfarrer die Aufnahme der Personen
Standesurkunden, wie es scheint, eingestellt, bis zum 1. vend&miaire
Jahr V (= 22. Sept. 1796) der Republik, Epoche des Anfangs der
neuen Registeren, die Geburtsurkunden mehrerer Individuen
männlichen Geschlechtes nicht vorfindlich, auch sich in kein,
wieder altes noch neues Register eingerückt finden, da doch das
Dasein derselben unbezweifelt und unwidersprüchlich ist."
Eigenartigerweise wird diese etwas mehr als vier Monate
umfassende Lücke in den Taufregistern erwähnt, nicht aber die
über mehr als sieben Monate reichende Lücke in den
40
Heiratsregistern., die schon am 8. Februar 1796 abbrechen. Die
Sterberegister enden mit dem 4. August 1796.
Ein kaiserlicher Erlaß vom 6. August 1778 verpflichtete die
Pfarrer, eine Abschrift der Pfarregister beim Gericht zu hinterlegen.
In den Kriegsjahren wurden die Kirchenbücher "im Zuge
kriegsbedingter Sicherheitsmaßnahmen" auf die Festung
Ehrenbreitstein b. Koblenz verbracht, wo sie das Kriegsende
überlebten.
Das Schicksal der Hergenrather KB ist nur aufgrund mündlicher
Aussagen vage zu verfolgen. Wie uns der inzwischen verstorbene
Beauftragte des Landessippenhauptamtes, Lehrer Karl Hüffelmann
aus Eupen/Aachen, glaubhaft versicherte, hat er besagte Bücher "
in Hergenrath abgeholt. Es steht nicht vermerkt, welche Bücher
Hüffelmann zur Verfilmung mitgenommen hat.
Auf eine entsprechende Anfrage des Bischöflichen Generalvika-
riates Aachen vom 25. Januar 1943, antwortete Pfarrer und
Landdechant Peter Piepers unter dem 27.1.1943, die Hergenrather
Kirchenbücher seien in der Sakristei in einem "eisernen
Sakristeischrank gesichert", der in einer Mauer von 2 m Dicke
eingemauert sei. Zudem seien sie verfilmt.
Unsere weiteren Recherchen stützen sich ebenfalls auf nur
mündliche Aussagen. Ein (inzwischen verstorbenes) Mitglied des
Kirchenvorstandes wußte zu berichten, daß es in dem lange Jahre
leerstehenden und zum Abbruch vorgesehenen Pfarrhaus einen
Aktenschrank gegeben habe, der von einer dort kampierenden
Jugendgruppe aufgebrochen wurde; das darin befindliche Material
soll auf dem Boden zerstreut gelegen haben. Was ging damals
verloren??
Die Kirchenbücher der übrigen Pfarren Ostbelgiens wurden im
Jahre 1948 an Belgien zurückgegeben.
Im Staatsarchiv Eupen ruhen seit der Rückführung aus Lüttich
folgende Hergenrather Register (Repertorium Hergenrath, BMD,
Nr. 84):
1. "Register der in der Pfarre Hergenrath Verheiratheten während
der Jahre 1755-1796" (Nur die Namen der Brautleute sind
angegeben. Abschrift).
2. "Register der Geborenen und Gestorbenen der Pfarre
Hergenrath anfangend mit dem Jahre 1755 bis 1796". (Abschrift
nur der beiden ersten Jahre erhalten).
41
3. "Register der Geborenen, Gestorbenen der Pfarre Hergenrath,
anfangend mit dem Jahre 1690 bis 1709". (Namen der Täuflinge
und deren Eltern. Keine Sterbeeintragungen. Abschrift).
4. "Register der Geborenen und Gestorbenen zu Hergenrath l'an
5 bis 11, 1796-1802". (Das Geburtsregister bricht mit dem Jahr 6
ab; kein Sterberegister mehr vorhanden).
5: "Register der Geborenen und Gestorbenen der Pfarre
Hergenrath, anfangend mit dem Jahre 1690". (Führt bis 1.4.1702.
Abschrift).
6. Schreibmaschinen-Abschrift der Taufregister 1757-1796 und
der Sterberegister 1755-1796.
7. Abschrift der Taufregister vom 6. frimaire Jahr 6 bis Jahr 11
(= 1796-1802) sowie der Sterberegister für dieselbe Periode. (Nur
Namensangaben mit Daten).
Auf Mikrofilm wurden 1961 im Staatsarchiv Lüttich von der
"Genealogical Society Salt Lake City, Utah, USA," aufgenommen
und sind in Eupen im Staatsarchiv einsehbar:
1. Eine Abschrift der Taufregister 1755 -1796 aus der Feder
von Pfarrer Piepers.
2. Eine Abschrift der Taufregister von 1690-1709, ebenfalls von
Pfr. Piepers i. J. 1941 vorgenommen.
3. Ein "Register der Geborenen und Gestorbenen der Pfarre
Hergenrath, angefangen mit dem Jahre 1690" (Abschrift aus dem
19. Jh.).
4. Eine maschinenschriftliche Abschrift der Tauf- und
Sterberegister ab 1755 (Entspricht der Nr. 6 im Repertorium).
5. Eine handschriftliche Abschrift der "Register der Geborenen
und Gestorbenen der Pfarre Hergenrath anfangend mit dem Jahre
1755 bis 1796" (endet mit dem 16. Mai 1796. Gibt nur die Namen
der Täuflinge, die der Eltern und die Daten).
6. Ein "Register der Geborenen, Gestorbenen der Pfarre
Hergenrath, anfangend mit dem Jahre 1690 bis 1709" (Entspricht
der oben angeführten Nr. 3) und ist aus derselben Feder wie die
vorhergehende Abschrift).
7. "Register der Geborenen und Gestorbenen zu Hergenrath
L’'an 5 bis 11" (1796-1802; entspricht dem oben unter Nr. 7
angegebenen Register).
42
8. Register der in der Pfarre Hergenrath Verheiratheten während
der Jahre 1755-1796" (entspricht dem oben unter Nr. 1
angegebenen Register).
9. Schreibmaschinen-Abschrift desselben Registers.
10. Dezennal-Tabellen ab 1802.
Bei der Gemeindeverwaltung Kelmis sind nur die Original-
Zivilstandsurkunden "L’an 5 bis l'an 13" (1796 bis 1804) erhalten.
Einem glücklichen Umstand, der Sicherheitsverfilmung der KB.
in den Kriegsjahren, ist es zu verdanken, daß auch ein kleiner Teil
der Duplikate des 18. Jhs. wieder aufgefunden werden konnte.
Sie kamen auf dem Umweg über das Aachener Landgericht an
das Personenstandsarchiv in Brühl. Es sind insgesamt 83 Seiten.
Sie sind in mancher Hinsicht ausführlicher als die von Pfarrer
Piepers angefertigten Abschriften.
Diese Duplikate beginnen unter Pfarrer Johannes Van Weertz,
der die Pfarre Hergenrath von 1765 bis zu seinem Tode im Jahre
1782 führte. Einleitend schreibt der Pfarrer: "Registrum seu
Libellum continens formulas per Imperiale Regale Apostolicum
Edictum de anno salutis millesimo septingentesimo septuagesimo
Ooctavo sexta Augusti Bruxellis editum requisitas, pro Baptismo,
pro matrimonio et sepultura. Incipit prima die anni Domini
Millesimi septingentesimi septuagesimi noni." (Zu Deutsch:
Register oder Büchlein enthaltend die durch kaiserlich - königlich
- apostolisches, zu Brüssel im Jahr des Heils 1778, am 6. August
erlassenes Edikt verlangten Eintragungen für die Taufen, Heiraten
und Sterbefälle, beginnend mit dem 1. Tag des Jahres des Herrn
1779),
Die alten Kirchenbücher sind eine unschätzbar wertvolle Quelle
der Familienforschung. In diesem Beitrag wollen wir mit dem
Abdruck der Taufregister der Jahre 1690 bis 1709 beginnen.
43
Taufregister Hergenrath 1690 ff.
"Nomina in ecclesia parochiali Hergenrodiensi baptizatorum'"
(Abschrift Pfarrer P. Piepers, 4. Sept. 1941; S. = Sohn, T. = Tochter)
1690
22. Okt. : Michael Strouffen, S. von Palmachius Strouven et
Margaretha Hofner
Paten: Theodor Laschit u. Thecla Overlender
22. Okt.: Anna Strouven, T. von Palmachius Strouven und
Margaretha Hofen
Paten: Nicolaus Bunny und Anna Stickelman
10. Dez.: Peter, S. von Johannes Groteclais und Elisabeth
Stickelman
Paten: Jakob Groteclais und Maria Stickelman.
Das Kind starb am selben Tag.
1691
6. Febr.: Maria, T. von Nicolaus Claessen und Anna Stickelman
Paten: Nicolaus Jong und Johanna Claessen
21. Juli: Peter, S. von Johann Pauke und Catharina Vaessen
Paten: Peter Pauke und Anna Vaessen
10. Sept.: Anna, T. von Johann Jansen und .............boem
Paten: Franciscus ....... und Maria Laschit
1. Nov.: Peter, S. von Johann Groteclaes und Elisabeth Stickelman
Paten: ?
16. Dez.: Peter, S. von Andreas Ganser u. Catharina Hakens
Paten: Peter von Wers und Petronella Born.
1692
15. Jan.: Catharina, T. von Aegidius Jansen und Elisabeth Laschet
(”
Paten: Mathias Jansen und Anna Stickelman
16. Febr.: Catharina, T. von Aegidius Thielen und Anna Straet.
Paten: Winand Straet und Maria Frierichs.
44
10. März: Maria, T. von Johann Gouders und Maria Ernst
Paten: Nicolaus Jongh und Maria Gouders
25. März: Hermann, S. von Hermann Stickelman und Catharina
Esser
Paten: Nicolaus Jongh und Elisabeth Stickelman
13. Juni: Johannes. S. von Paul Schreul und Anna Hausman
Paten: Cornelius Schreul
8. Okt.: Leonard, S. von Arnold Schmets und Eveline Roelens
Paten: Leonard Schmets und Johanna Roelens
1693
15. Febr.: Catharina, T. von Nicolaus Schins und Maria Foobrian
Paten: Fridericus Cremers und Catharina Moresnet.
19. Febr.: Maria, T. von Wilhelm Frierieks und Maria Ganser.
Paten: Lambert Moresnet und Maria Mommertz
30. April: Anton, s. von Peter Bonny und Sibilla Wers
Paten: Jakob Groteclaes und Anna Stickelman
2. Aug.: Catharina, T. von Gerhard Klocker und Anna Schwaen
Paten: Aegidius Vaes und Anna Kerf
8. Dez.: Anna Elisabeth, T. von Heinrich Pil und Maria Schreul
Paten: Hubert Bonny
1694
... Febr.: Aegidius, S. von Theodor Laschit und Cornelia Born
Paten: Conrad Vaessen und Clara von Beelen
18. April: Lambert, S. von Aegidius Thielen und Anna Straet
Paten: Jakob Groteclaes und Catharina Moresnet
31. Juli: Gertrud, T. von Nicolaus Jungh und Maria Laschet
Paten: Andreas Stickelman und Gertrud Laschit
24. Aug.: Andreas, S. von Johann Groteklaes und Elisabeth ....
Paten: Heinrich Heins und Maria Moresnet
17. Okt.: Johannes, S. von Nicolaus Claessen und Anna Stickelman
Paten: Johann Groteclais und Anna Bunny
19. Okt.: Cornelius, S. von Cornelius Schreul und Thecla
Overlender
Paten: Thomas Moresnet und Anna Kerf
28. Okt.: Johannes, S. von Leonard Barth und Elisabeth Moresnet
45
Paten: Hermann Moresnet aus Astenet und Sibilla Moresnet aus
Hergenrath
1695
23. Apr.: Maria Sidonia, T, von Arnold Schivuels und Sofia Roelens
Paten: Stephan Roelens und Maria Sidonia von Dobbelstein
26. Juni: Johann Jakob, S. von Paul Schreul und Anna Hausman
Paten: Hermann Moresnet und Anna Bunny
10. Aug.: Elisabeth, T. von Johann Janssen und Sybilla Brewer
Paten: Georg Becker und Catharina Brewer
22. Aug.: Hubert Walter, S. von Theodor Laschet und Cornelia
Born
Paten: Johann Foobrian und Maria Waltera Gevelmans
1696
8. Jan.: Caecilia, T. von Peter Simons und Johanna Koel
Paten: Nicolaus Schins und Anna Koel
18. März: Theodor, S. von Nicolaus Jonck und Maria Laschit
Paten: Gerhard Laschit und Cornelia Born.
23. Mai: Johannes, S. von Matthias Stickelman und Agnes
Hellebrand
Paten: Jakob Groteclais und Elisabeth Stickelman
24. Nov.: Catharina, T. von Leonard Barth und Elisabeth Moresnet
Paten: Peter Kaueret und Catharina Barth
24. Dez.: Nicolaus, S. von Stephan Noelens und Anna Fabri
Paten: Nicolaus Fabri und Maria Sidonia de ........... uhren "do-
mina in Eyneburgh" (Herrin/Dame auf der Eyneburg)
1697
13. Jan.: Martin, S. von Heinrich Pil und Maria Schreul
Paten: Martin Koek und Anna Kerf
24. März: Johanna, T. von Gerhard Clocker und Anna Schwaen
Paten: Leonard Barth und Maria Mommertz
24. März: Peter, S,. von Nicolaus Bunny und Elisabeth Month
Paten: Hubert Bunny und Maria Meuter
28. März: Paul, S. von Aegidius Jansen und Elisabeth Lamertz
46
Paten: Theodor Laschit und Gertrud Brewer.
10. Juni: Helena, T. von Cornelius Schreul und Thecla
Jongschleger
Paten: Claes Stickelman und Sybilla Mosseniaux
23. Juni: Johannes, S. von Theodor Radermecker und Elisabeth
Stickelman
Paten: Wilhelm Stickelman und Elisabeth Barth
23. Aug.: Peter, S. von Arnold Schrivels und Rosina Noelens
Paten: Claes Noelens und Margaretha Schirvels
6. Okt.: Aegidius, S. von Theodor Laschet und Cornelia Born
Paten: Hermann Moresnet und "Domicella de Eynenberurgh" (Frl.
von Eynenberg) Ü
23. Nov.: Anna, T. von Peter Simons und Johanna Koel
Paten: Friedrich Cremer und Catharina Koel.
1698
17. Jan.: Johannes, S. von Nicolaus Fonck und Maria Laschet
Paten: Johannes Kochs und Maria Pelser
18. März: Sebastian, S. von Stephan Noelens und Anna Fabri
Paten Sebastian Fabri und Sophia Noelens.
8. Apr.: Johanna, T. von Gerhard Clocker und Anna Schwaen
Paten: Cornelis Dounew und Johanna Raermecker
6. Juli: Anna Maria, T. von Winand Straet und Agnes Francken
Paten: Lambert Moresnet und Johanna Straet
5. Aug.: Maria, T. von Aegidius Thielen und Anna Straet
Paten: Jakob Limbach aus "Homborch" und Catharina Moresnet
28. Sept.: Elisabeth, T. von Nicolaus Claessen und Anna
Stickelman
Paten: Andreas Stickelman und Elisabeth Stickelman
7. Nov.: Agnes, T. von Wilhelm Bourman und Anna Franssois
Paten: Andreas Ganser und Anna Raermecker
26. Dez.: Nicolaus, S,. von Peter Simons und Johanna Koel
Paten: Caspar Koel und Anna Kerff
28. Dez.: Nicolaus, S. von Theodor Radermecker und Elisabeth
Stickelman
Paten: Nicolaus Nißen und Cornelia Born.
47
1699
28. März: "Natae sunt sorores, una Elisabetha, altera Joanna, ambo
Leonardi Barth et Elis. Moresnet": Sind geboren zwei Schwestern,
die eine Elisabeth, die andere Johanna, beide von Leonard Barth
und Elis. Moresnet.
28. März: Hubert, S. von Johann Panke oder Kessel und Catharina
Vaessen
Paten: Lambert Moresnet
15. Mai: Theodor, S. von Peter Laschit und Gertrud Dormans
Paten: Theodor Laschit und Jenn Stickelman
15. Mai: "Natus est nobilis et generosus Dnus Baro de Dobbelstein
et Eynenburg Burchardus Carolus Josephus, Baronis N. de
Dobbelstein et Dominae de Suesterholf filius
Patrinus: Theodorus Burchardus Carolus Josephus de Suesterholf;
matrina: Anna Sophia Baronessa de Boemer"
(Geb. der edle und edelmütige Herr Baron von Dobbelstein und
Eynenburg Burkhard Carl Joseph, Sohn des Barons N. von
Dobbelstein und der Frau von Suesterholf. Pate: Theodor Burkhard
Carl Joseph von Suesterholf; Patin: Anna Sophia, Freifrau von
Boemer).
7. Juni: Peter, S. von Georg Becker und Helena Franssois
Paten: Theodor Laschet und Gertrud Schins
10. Aug.: Johann Albert, S. von Nicolaus Bunny und Elisabeth
Month
Paten: Johann Albert Beelen und Sybilla N, Schwiegermutter des
vorgenannten Nicolaus.
1700
16. Febr.: Heinrich, S. von Mathias Stickelman und Agnes
Hellebrand
Paten: Welther Schoenmecker
11. Juni: Maria, T. von Wilhelm Bourman und Anna Franssois
Paten: Aegidius Lamerz und Maria Franssois.
1. Okt.: Johanna Maria, T. von Andreas Gulich und Maria Hannot
Paten: Peter Simons u. Johanna Stickelman.
48
1701
9. Jan.: Johannes, S. von Winand Straet und Agnes Franken
Paten: Claes Franken und Anna Maria Jaminee
15. Jan.: Johannes, S. von Hubert Bunny und Gertrud ...
Paten: Johannes Bunny und Catharina von Beelen
26. Febr.: Brictius, S. von Nicolaus Schins und Maria Fraipon
Paten: Jakob Schins und Catharina Fraipon
22. Mai: Anna Christina, T. von Aegidius Janssen und Elisabeth
Lamerz
Paten: Johannes Jansen und Anna Clara de Beelen .
21. Juni: Anna, T. von Johannes Burmann und Anna Esser
Paten: Theodor Laschet und Anna Cremers
22. Juni: Maria Gertrud, T. von Theodor Raermecker und Elisa-
beth Stickelman
Paten: Hubert Raermecker und Maria Schleuper
10. Juli: Leonard, S. von Jakob Frerichs und Catharina Meester
Paten: Leonard Meester und Elisabeth Moresnet.
25. Juli: Peter, S. von Stephan Cloit und Anna Bunny
Paten: Jakob Cloit und Anna Meuter
11. Aug.: Gertrud, T. von Gerhard Laschit und Sibilla Becker
Paten: Georg Becker und .... Schoenmecker
21. Aug.: Anna Johanna, T. von Peter Simons und Johanna Koel
Paten: Johannes Savels und Johanna Schwaen
2. Sept.: Anna, T. von Leonard Barth und Elisabeth Moresnet
Paten: Aegidius Stickelman und Anna Radermecker
4. Sept.: Lambert, S. von Wilhelm Nyßen und Maria Vaeßen
Paten: Jakob Vaessen und Maria Schleuper.
1702
22. Jan.: Anna Sophia, T. von Paul Schreul und Anna Hausman
Paten: Brictius Schins und Sophia Schreul
1. Apr.: Arnold, S. von Pascal Andreas Gulich und Maria Hannot
Paten: Arnold Gulich und Maria Gulpen
23. Apr.: Maria, T. von Georg Becker und Helena Francois
Paten: Brictius Schins und Maria Francois
25. Apr.: Bertrand, S. von Heinrich Pil und Maria Schreuls
Paten: Johannes Schreul und Maria Pil
49
23. Juli: Heinrich Nicolaus, S. von Nicolaus Bunny und Elisabeth
Mortle
Paten: Brictius Schins und Anna Meuter
15. Aug.: Heinrich, S. von Wilhelm Frierichs und Caecilia Meuter
Paten: Jakob Frierichs und Anna Meuter
17. Sept.: Anna Catharina, T. von Nicolaus Jonck und Maria
Laschit
Paten: Johann Laschit und Catharina Stickelman
1703
9. Jan.: Christian, S. von Mathias Stickelman und Agnes
Hellebrant
Paten: Leonard Barth und Elisabeth Stickelman
27. Febr.: Johannes, S. von Nicolaus Schins und Catharina....
Paten: Cornelius Schins und Sophia ...
10. März: Gertrud, T. von Winand Straet und Agnes Francken
Paten: Johann Straet und Margaretha Francken
25. Juni: Johann Stephan, S. von Johannes Foobrian und Maria
Kerff
Paten: Hermann Moresnet und Anna Kerff
1704
6. Jan.: Caspar, S. von Theodor Radermecker und Elisabeth
Stickelman
Paten: Leonard Barth und Maria Nißen
9. Febr.: Lambert, S. von Leonard Barth und Elisabeth Moresnet
Paten: Theodor Radermacker und Anna Stickelman
8. März: Anna Maria, T. von Hubert Bunny und Gertrud Lucas
Paten: Andreas Stickelman und Elisabeth Montle
5. Mai: Lambert, S. von Nicolaus Schins und Catharina Fraipon
Paten: Brictius Schins und Barbara Fraipon
20. Juli: Catharina Agatha, T. von Gerhard Laschit und Sibilla
Beckers
Paten: Gerhard Laschet und Catharina Radermecker
7. Aug.: Ida, T. von Stephan Cloit und Anna Bunny
Paten: Andreas Stickelman und Gertrud Ganser
21. Sept.: Johannes, S. von Wilhelm Frierichs und Caecilia Meuter
50
Paten:................Ganser
29. Dez.: Michael, S. von Paul Schreul und Anna Hausman
Paten: Michael Claessen und Gertrud Stickelman
1705
1. Febr.: Agnes, T. von Winand Straet und Agnes Francken
Paten: Jakob ....... und Catharina von Beelen
15. Febr.: Heinrich, S. von Nicolaus Bunny und Elisabeth Montle
Paten: Heinrich Heyendal und Wilhelma .....
15. April: Anna Maria, T. von Theodor Caspers und Angela
Theelen $
Paten: Gilles Lambertz und Maria Stickelman
10. Mai: Catharina, T. von Jakob Frierichs und Catharina Meuter
Paten: Richard Spirler und Elisabeth Meester
14. Juni: Catharina Elisabeth, T. von Johann Radermecker und
Elisabeth Grooten
Paten: Thomas Moresnet und Catharina Elisabeth Beckers
14. Juli: Maria Catharina, T. von Johann Foobrian und Maria Kerff
Paten. Claes Foobrian
30. Juli: Catjharina, T. von Georg Beckers und Helena Francois
Paten: Heinrich Francois und Gertrud Ganser
23. Aug.: Lambert, S. von Leonard Barth und Elisabeth Moresnet
Paten: Matthias Radermecker und Catharina Moresnet.
1706
17. Jan.: Anton, S. von Nicolaus Schins und Catharina Fraipon
Paten: Martin Kochs
21 Jan.: Catharina, T. von Peter Simons und Johanna Koel
Paten: Martin Kochs und Maria Stickelman
7. Febr.: Wilhelm, S. von Wilhelm Beuvens und Christine Nißen
Paten: Lambert Nißen und Maria Colen
17. Febr.: Palm(achus), S. von Winand Straet und Agnes Francken
Paten: Matthias Hennen und Clara de Beelen
16. Okt.: Anna Elisabeth, T. von Theodor Radermecker und Eli-
sabeth Stickelman
Paten: Johann Radermecker und Anna Otten.
Si
1707
14. Febr.: Peter, S. von Peter Simons und Johanna Koel
Paten: Gerhard Laschet und Catharina Klein
22. März: Hermann, S. von Peter Laschet und Gertrud Dormans
Paten: Peter Hennen und Catharina Grotenclaes
29. Apr.: Johann Heinrich, S. von Johann Radermecker und Eli-
sabeth Grotenclaes
Paten: Johann Muller und Maria Beuvens
13. Mai: Johann, S. von Stephan Cloit und Anna Bunny
Paten: Michael Claessen und Catharina Groteclais
23. Mai: Anna Maria, T. von Matthias Stickelman und Agnes
Hellebrand
Paten: Aegidius Lamertz und Anna Stickelman
30. Mai: Arnold, Sohn von Nicolaus Bunny und Elisabeth Montle
Paten: Michael Claessen und .... Stickelman
10. Juni: Catharina Johanna, T. von Leonard Joonen und Maria
Schins 4
Paten: Johann Schins und Helena Beuvens
11. Juni: Catharina Broich ..............und Angela Schins
Paten: Martin Kochs und Catharina Ganser
29. Juni: Servatius, S. von Lambert Fransen und Catharina Wolf
Paten: Johann Schins und Gertrud Laschit
16. Aug.: Anna Maria, T. von Johann Foobrian und Maria Kerf
Paten: Johann Stutgens und Anna Maria Foobrian
18. Sept.: Joseph, S. von Nicolaus Schins und Maria Fraipon
Paten: Leonard Schmitz und Maria Goer
11. Nov.: Martin, S. von Hubert Bunny und Gertrud Lucas
Paten: Michael Claessen und Gertrud Laschit
7. Dez.: Theodor, S. von Nicolaus Jonck und Maria Stickelman
Paten: Theodor Laschit und Gertrud Stickelman
1708
26. Jan.: Johanna, T. von Leonard Barth und Elisabeth Moresnet
Paten: Johann Barth und Maria Barth
8. Apr.: Heinrich, S. von Georg Becker und Helena Francois
Paten: Heinrich Ganser und Maria Barth
8. Apr.: Peter, S. von Paul Schreul und Anna Hausman
52
Paten: Johann Laschet und Maria Moresnet
13. Mai: Sibilla, T. von Johann Cloecker und Agnes Schurmans
Paten: Winand Clocker und Sibilla Schonmecker
29. Mai: Gertrud, T. von Johann Laschet und Catharina Moresnet
"ex illegitimo thoro" (aus einem unehelichen Verhältnis)
Paten: Martin Cocks und Gertrud Laschet
12. Juni: Wilhelm, S. von Wilhelm Frierichs und Catharina Meuter
Paten: Heinrich Hennen und Maria Stickelman
13. Juli: Margaretha, T. von Winand Straet und Agnes Francken
Paten: Heinrich Heins und Maria Colin
12. Sept.: Theodor, S. von Michael Roetheudt und Maria Hannot
Paten: Theodor Raermecker und Gertrud Ganser .
14. Okt.: Hermann, S. von Peter Laschit und Gertrud Dorman
Paten: Andreas Stickelman
3. Nov.: Wilhelm, S. von Michael Kufferschleger und Maria
Baeden
Paten: Peter -Kufferschleger und Maria Stickelman
25. Nov.: Catharina, T. von Nicolaus Schins und Margaretha
Fraipon
Paten: Gregor Fraipon und Gertrud Ganser
2. Dez.: Angela, T. von Brictius Schins und Gertrud Ganser
Paten: Heinrich Ganser und Sibilla Schins.
1709
30. Jan.: Maria, T. von Theodor Radermacher und Elisabeth
Stickelman
Paten: Johann Foobrian
2. März: Johanna, T. von Winand Born und Maria Meuter
Paten: Johann Bischop und Anna Meuter
6. März: ...., T. von ... Pauquet und Johanna Pil
Paten: Leonard Barth und Gertrud Laschit
29. Sept.: Michael, S.von Johann Foobrian und Maria Kerff
Paten: Bartholomäus Moresnet und Margaretha Foobrian
13. Okt.: Gertrud, T. von Hubert Bunny und Gertrud Lucas.
Paten: Johann Foobrian und Maria Barth.
(Scripsit parochus Piepers-
die 4. sept.1941.)
53
Eine Fahnenübergabe in
"Calamine-Moresnet'' i. J. 1905
von Alfred Bertha
Im "neutralen"
Moresnet lebten Societe
Preußen, Belgier
und Niederländer 9 ° A SEE
friedlich neben- und d ancıIens Militaires,
miteinander. Die
meisten Vereine des A
neutralen Gebietes N
rekrutierten ihre
Mitglieder beider- 7
der eigen Tür. Calaminc-Moresnet,
ticher Straße und früheren Grenze zwischen dem neutralen und
dem preußischen Teil von Moresnet. Gleiches kann von den
Vereinen aus Preußisch-Moresnet gesagt werden. Auch für sie
bestand diese Grenze nur auf dem Papier.
Eine Sonderstellung nahm der 1872 gegründete "Altenberger
Kriegerverein" ein. Auch er arbeitete "grenzüberschreitend", nahm
jedoch nur deutsche Staatsbürger in seine Reihen auf. Das
entsprach voll und ganz der Zielsetzung eines solchen
Kriegervereins, der die Waffenbrüderschaft erhalten sollte und die
Treue zu Kaiser und Vaterland auf seine Fahne geschrieben hatte.
Die belgischen Soldaten blieben in Neutral-Moresnet sehr lange
ohne einen solchen Verein. Es gab auch belgischerseits -abgesehen
von der Namenstagsfeier des Königs- wenig Gelegenheiten, sich
in der Öffentlichkeit zu zeigen.
Erst 1903 gründeten belgische Ex-Militärs eine "Societ& d’An-
ciens Militaires". Ob auch die weniger zahlreichen Niederländer
eine ähnliche Organisation besessen haben, entzieht sich unserer
Kenntnis.
Auch in anderen altbelgischen Orten bildeten sich solche
kameradschaftlichen Verbände, so z. B. in Baelen, wo 1907 eine
"Union patriotique des Ex-Militaires de Baelen" bestand, oder in
54
Bleyberg-Montzen, wo "La Garde Nationale/Gesellschaft
gedienter Soldaten" 1907 Fahnenweihfest feierte.
Da die weitaus meisten Bewohner Neutral-Moresnets erst nach
1816 dort ansässig geworden waren, konnten die wenigsten von
sich behaupten, sie seien dort schon immer zu Hause gewesen.
Was die Menschen verband, war der gemeinsame Arbeitgeber, die
Bergbaugesellschaft der Vieille Montagne, die gemeinsame
Sprache und das Bewußtsein, als "Neutrale" einen Sonderstatus
zu genießen. Nationalitätenfragen spielten hier keine Rolle. Daß
die einzelnen Volksgruppen, Preußen, Belgier, Niederländer ‚ ihre
Herkunft dennoch nicht vergaßen, dafür sorgten die
Ursprungsländer, die zu gegebener Zeit ihre Staatsangehörigen zum
Militärdienst einberiefen.
AM KOlmis
2
Theater - Berein, St. Hubertus-Schügengefeljdhaft,
elegentllß des AnerhäGRen Geburlsfeten Seiner Majelät des deutf&en Ralfers nd Sönlas
"bon Preußen Walbelna AX., veranfialten beide obengenannte Vereine Im Siammen’IgHen Lolale
am Sonntag, den 24. Januar 1897,
+ + + +0ö
ein gemeinfchaftliches Famtilienfeft
beflehend Au
Konzert, Theatervorstellung: Verloosung
unb nachfolgenbem
Ballkränzchen ' |
unter gefäßiger Mitwirkung der Hleflgen Befelfhait „Midelias,
Es werden nur humoristische Stücke zur Aufführung gelangen.
‚Soofe find an der Aaffe zu Yaden & 20 Ypfg. & Yerfon.
Bu dlefen Feflizkelten ladet ergebenf elm
gran k Gays wie een Beer Ban
Theaterverein Altenberg und St. Hubertus-Schützen Kelmis laden zur
Geburtstagsfeier Kaiser Wilhelms II. ein.
(Das Freie Wort, 23.1.1897)
Wie schon bei den Sedanfeiern von 1895, so zeigte sich auch
bei manchen anderen Anlässen, daß in Neutral-Moresnet zwar jeder
stolz sein durfte, ein Preuße, Belgier oder Niederländer zu sein,
daß man aber gerne die Feste der "anderen" mitfeierte.
55
Nun konnten die belgischen Ex-Soldaten nicht, wie ihre
deutschen Freunde, auf Schlachten und Siege stolz sein. Ihr
militärisches Gepränge war zwangsweise etwas zurückhaltender.
Im Vereinsleben von Neutral-Moresnet spielten sie denn auch keine
Rolle.
Calamine Altenberg
A ‚AA,
A
äh CS St. Hubertus-Schüßens
Theater-BVerein. SefeNichaft.
tt — s
Anläßlid des hohen Namenstagsfeftes S. UM. des Königs der Belgier,
Leopold IL., veranstalten obige Vereine am
Sonntag, den 21. November 1897,
im Stammen’fhen Lokale, ein
infdhaftlid ili
gemeinfchnftliches Familicnfelt
beftehend in
Konzert, Theater, Verloosung
und nadhfolgenbem
Ballkränzchen.
Looje & 20 Pfg- find bei den Mitgliedern, im Vereinslolale, fowie abends
an ber Rafle zu haben. — C8 laben ergebenft‘ ein
Für den Borftand bes Für den Vorftand der
Theaters Bereins: St. OHubertus:Schüten:Sefells
Der Präfident : fehaft :
Yohann Cchynad, Der Präfident: Hubert Lenderd, 7
Dieselben Vereine feiern den Namenstag König Leopolds II. (Das Freie
Wort, 20.11.1897)
Nachdem die belgischen Veteranen sich im Oktober 1903 (das
genaue Gründungsdatum war der 15. Oktober) ebenfalls in einem
Kameradschaftsbund zusammengeschlossen hatten, hegten auch
sie den legitimen Wunsch, eine eigene Fahne zu besitzen. König
Leopold II. kam diesem Wunsch entgegen und schenkte dem Verein
eine Fahne, die am 13. August 1905 im Rahmen einer großen Feier
übergeben wurde. Die inländische Presse, so der "Soir" und "L'In-
dependance" kündigten das Geschehen an und die "Chronique"
vom 15. August berichtete ausführlich über die stattgehabten
Feierlichkeiten, bei denen sich der König durch den
Bezirkskommissar F. Bleyfusz hatte vertreten lassen.
56
Im Vorblick auf die Feiern schrieb das "Freie Wort", das am
meisten in Kelmis gelesene Blatt, unter dem Titel "Casus Belli",
d.h. Kriegsgrund, zum Krieg führendes Ereignis, die Gesellschaft
der ehemaligen Soldaten erhalte von der Regierung ein Fahne und
die Zeremonie hätte, wie sonst in solchen Fällen üblich, von einem
höheren Offizier als Gesandter des Königs präsidiert werden sollen.
Nun habe man aber angenommen, die Anwesenheit belgischer
Sefelljchaft Anciens Militaires
Allenberg-Moresnel,
+
+ + e 9
Nernbreichung der Fahne
Gefdent Sr. Majeftät Leopold II, König der Belgier.
Sonntag 13. Auguft 1905,
um Mittag (d. Zelt), Verjanunlung ber Dlıtglieder bet Hrn. Rabermadher,
Sirchfiroßz, um in Glich und unter Begleitung der Alienberger Bergwerk:
Kapelle bie belgilghen GefeNfchaften und Obrigkeiten zu empfangen.
Um halb 2 Uhr, Empfang der deutfhen Gefeljchaften am GHergen:
rather BahHnhofe.
Teierlidhe Empfanguahne der Fahıte
dur) die feltgebende GefeNlfhHaft.
Um 3 Ubr, im Sohügenlokale, Berfammlung der Sefelfehaften unt
Rredenzung des Ehrenweines an die HH. Präfidenter und Delegierten.
„, Um 4 Uhr, Zug durch die Hauptitraßen Altenbera8 fämtliher bel:
gilden und deutfhen Gefeljhaften fowie Parademarfch vor den anıwe:
jenden Obrigkeiten.
Nah Einzug im Schüßenlofale, grofe8 Internationale& Feft.
Batriotifhe Mede gehalten durd Hın. Leon Chowme, Direktor der Bel-
giyue Militaire.
Srofes
iLitärifches Konzert
militärijches Konzert
gegeben durd die Wltenberger Bergiverkökapelle unter Leitung des
Sn. CErihHs8, Mal. Mufildef.
Ziehung der Tombola und Verabreidung der Lofe.
Um 8 Uhr, AST ABIaTT ia Dotel Bergerhoff. — Entree zur
Ball 1 Fr. per Eavalier ; eine Dame frei; jede weitere Dame 50 Ci8.
Bür das Komitee :
Die Schriftführer, Der Präfident,
I. Hode u. I. Schyns. ®. 5. Hode,
Programm der Feiern anläßlich der Überreichung der Fahne (Das Freie
Wort, 9.8.1905)
57
Militärs in Neutral-Moresnet hätte die guten Beziehungen zu
Deutschland in Frage stellen können. So sei man auf den Ausweg
verfallen, die Fahne durch den Bezirkskommissar von Verviers,
der ja gleichzeitig königlicher Kommissar für Neutral-Moresnet
war, überreichen zu lassen.
In einer Beilage vom 19. August 1905 geht dasselbe Blatt
ausführlich auf die Zeremonie der Fahnenübergabe ein und erwähnt
besonders die Ansprachen von Bürgermeister Hub. Schmetz,
Bezirkskommisar Bleyfusz und L&on Chom6, Direktor der "Bel-
gique Militaire".
Wie die Zeitung schreibt, waren eine Menge belgischer
Schwestervereine der Einladung nach Neutral-Moresnet gefolgt.
Ebenso hatten in kameradschaftlicher Weise viele Kriegervereine
aus den Stadt- und Landkreisen Aachen und Eupen es sich zur
Ehre gemacht, ihre belgischen "Grenzwaffenbrüder" an deren
Freudentag zu besuchen und das Fest durch ihre Anwesenheit zu
verschönern. Die mit dem Zug bis Hergenrath gekommenen
deutschen Vereine wurden am dortigen Bahnhof in Empfang
genommen. Am Ortseingang wartete die "Harmonie" aus
Gemmenich, um sie zur Festwiese zu begleiten. Auch die
belgischen Gäste wurden mit Musik dorthin geführt. Für sie spielte
die Altenberger Bergwerkskapelle.
Auf der Festwiese hatte man eine Bühne aufgebaut. Bürger-
meister Schmetz, der Bürgermeister von Preußisch- und von
Neutral-Moresnet war, hieß alle willkommen und beendete seinen
Willkommensgruß mit einem Hoch auf König Leopold II., wel-
ches von allen Anwesenden begeistert aufgenommen wurde,
worauf die Kapelle die belgische Nationalhymne spielte.
Hierauf gedachte Bürgermeister Schmetz (heute unvorstellbar!)
in beredten Worten des deutschen Kaisers und brachte ein ebenfalls
begeistert aufgenommenes Hoch auf denselben aus.
Diesen Worten des Ortsoberhauptes folgte, gespielt von der
Musik,...die "Wacht am Rhein"! !
Nun folgte die Ansprache des Bezirkskommissars, der auf die
symbolische Bedeutung der Fahne verwies. Diese sei ein Sinnbild
des Vaterlandes, letzteres aber nichts anderes als die vergrößerte
und erweiterte Familie. Die Liebe zur Familie umfange denn auch
alle die, welche denselben Boden bewohnen, dasselbe Schicksal
teilen, dieselben Leiden erdulden und dieselben Freuden genießen.
58
Und wörtlich führte Herr Bleyfusz aus: "Dies sind die Gefühle,
die Euch begeisterten, geehrte Herren, als ihr den Plan faßtet, hier,
auf diesem kleinen Flecken Erde, der weder Belgien noch auch
fremdes Land ist, einen Verein derer zu gründen, die unter den
Heeresfahnen des belgischen Vaterlandes gestanden haben.
Bei der Gründung dieses Vereins war es zugleich auch der
Gedanke an das Vaterland, der Euch leitete; Ihr wolltet einen engen
Bund schließen mit Euren ehemaligen Waffenbrüdern, die
Erinnerungen an diese schönen Jahre wieder auffrischen, die Ihr
dem Dienst Eures Landes und Eures Königs geweiht habt und
auch hier das belgische Vaterland verewigen!
Und auf einen glücklichen Gedanken hin habt Ihr, um Euchum *
diese Fahne zu scharen, das glorreiche Jahr gewählt, in dem Belgien
die Feier des 75jährigen Jahrestages seiner wiedereroberten
Unabhängigkeit feiert, wo es dreiviertel eines Jahrhunderts
ununterbrochenen Friedens, stets wachsenden Wohlstands,
unablässiger und wunderbarer Fortschritte auf allen Gebieten der
menschlichen Tätigkeiten festlich begeht.
Der Kommissar zitierte sodann aus einer Rede König Leopolds
IL., der am vorausgegangenen 21. Juli u. a. gesagt hatte: "Der Mensch
verdankt sich selbst dem Vaterlande...Als wahrer Patriot, der dieses
Namens würdig ist, vereinigt er sein Schicksal und seine Interessen
mit denen des Vaterlandes. Abwechselnd mit ihm gedemütigt und
hoch erhoben, teilt er seine Heimsuchungen und gesellt sich seinen
Freuden zu; er beweint seine Traurigkeit und beklagt sein
Mißgeschick, wie er sich seiner Herrlichkeit und seiner Triumphe
rühmt. Es ist ein Vater; er liebt ihn und steht ihm bei. Es ist ein
Wohltäter; er kommt ihm mit Ehrfurcht und Verehrung entgegen..."
Bleyfusz schloß mit den Worten: "So oft Ihr Euch um diese
Fahne scharen werdet, werdet Ihr an das Vaterland denken, dem
Ihr treu und redlich gedient habt. Ihr werdet denken an Euer
Staatsoberhaupt, der mich heute schickt mit dem Auftrag, Euch
diese schöne Standarte zu übergeben. Wenn Ihr sie in dreifarbigem
Glanze werdet flattern sehen, werdet Ihr dem Bilde des Vaterlandes,
dem Emblem Belgiens, zujauchzen.”
Nach Überreichung der Fahne sprach der Direktor der "Belgi-
que Militaire", L&on Chome. Er betonte zuerst, daß ein "ernstes
Unwohlsein" den General de Schepper am Kommen gehindert habe
und er somit die Ehre und das Vergnügen habe, die aufrichtigen
59
und stets engegenkommenden Kameraden der deutschen
Kriegervereine und die holländischen Unteroffiziere begrüßen zu
dürfen. Die Waffenbrüderschaft unter den Soldaten der Nationen
dehne sich mehr und mehr aus, weil die patriotischen Vereini-
gungen die Gelegenheiten, sich zu begegnen, suchten.
Daß es sich bei dem "ernsten Unwohlsein" wohl um eine
diplomatische Krankheit gehandelt hat, darf man aus folgenden
Ausführungen schließen: "...bereitet Ihr, teure Brüder, für den von
unserem Könige delegierten General einen seinem hohen Rang
würdigen Empfang vor. Unglücklicherweise hattet Ihr nicht mit
der Besorgnis einer gewissensängstlichen Regierung gerechnet;
das Departement des Auswärtigen Amtes erhob Vorstellungen.
Einem Offizier der belgischen Armee zu gestatten, sich in Uniform
auf das Gebiet von Kelmis zu begeben! Einem General mit seinem
Adjutanten oder einem Hauptmann! Dies wäre ein bewaffneter
Einfall gewesen und das Gebiet von Moresnet ist neutral! Belgien,
so eifersüchtig auf seine eigene Neutralität, sollte diejenige anderer
verletzen! Die Militärmusik selbst wurde verweigert. Zweifelsohne
fürchtete man, daß das Wunder von Jericho sich erneuerte, die
Trompeten unserer Ulanen die Mauern von Kelmis zum Einstürzen
brächten und seine friedsamen Einwohner fliehen würden!
Mit mir werden Sie die außergewöhnliche Klugheit, die völlige
Korrektheit der belgischen Regierung bewundern, welche sich
befleißigt hat, auf jede Weise ihre friedliche Gesinnung zu
bezeugen und Preußen keine Sorge zu bereiten. Diese furchtsame
Haltung steht in sonderbarem Kontrast mit derjenigen unseres
großen Herrschers, dessen Genie alle Kühnheiten besitzt und
welcher träumt, aus dem kleinen Belgien eine kaiserliche Nation
zu machen ..."
Nach diesen ironischen Bemerkungen machte Chom&€ sodann
einen historischen Exkurs, um zu beweisen, daß die Größe einer
Nation nicht von der territorialen Ausdehnung abhänge. Die
Äußerungen des Patriotismus, so wie man sie im Jubeljahr 1905
allenthalben erlebt habe, seien nicht genug, um seine Liebe zum
Vaterland zu zeigen. Es brauche Taten, wenn nicht alles wie die
Funken eines Feuerwerks zerfallen solle. Das Vaterland müsse man
lieben in seiner Verteidigung, d. h. der Armee. Der Militarismus
sei das Zeichen des Patriotismus: Wenn es eine antimilitaristische
Mehrheit in einem Lande gebe, so sei dies ein Zeichen dafür, daß
60
dieses Land sich selbst verleugne ... Die jungen Leute hätten nicht
das Recht, sich Patrioten zu nennen, wenn sie sich dem Militär-
dienst entzögen.
Chome stellte Preußen und das "preußische Unteroffizierstum"
als Beispiel eines fortschrittlichen Staates hin, dessen Größe gerade
dem militärischen Geist seiner Kinder zu verdanken sei. Der
Militarismus habe dem intellektuellen und sozialen Fortschritt nicht
geschadet. Brandenburg sei vor zwei Jahrhunderten nicht größer
als Belgien gewesen ...
Major a. D. Liedges aus Aachen, Präsident der deutschen
Veteranen des Kreises Aachen, durfte ebenfalls einige Worte des
Dankes sagen, ehe sich der Festzug, in dem man auch eine "
Abordnung der Ex-Unteroffiziere aus Maastricht bemerkte, durch
die Straßen Neutral-Moresnets in Bewegung setzte. Die flämischen
Veteranen waren durch den Baron Henri de Fierlant, Ex-Kapitän
der Kavallerie, vertreten, während die belgische Armee als
offiziellen Vertreter den aus Kelmis stammenden Leutnant
Touvraide entsandt hatte. Besonders zahlreich war die Abordnung
des 12. Linienregiments aus Verviers, dessen Offiziere mit den
deutschen Kollegen fraternisierten. Den Parademarsch vor den
anwesenden Obrigkeiten führten die deutschen Kriegervereine auf.
Nach Ankunft im: Schützenlokal, das neben dem Hotel
Bergerhoff das Versammlungslokal der belgischen Soldaten war,
gab die Altenberger Bergwerkskapelle ein großes militärisches
Konzert, während allerlei Volksbelustigungen geboten wurden.
Der Tag klang aus mit einem Festball im Hotel Bergerhoff (heute
Select).
Das Schicksal der Fahne
Ob die Gründung der "Societe d'anciens Militaires" als eine
Reaktion auf den "Altenberger Kriegerverein" gesehen werden
darf, kann bezweifelt werden. Der "Altenberger Kriegerverein"
wurde schon 1872 gegründet. Auch ist derselbe nicht mit dem
1900 gegründeten "Kyffhäuserbund" in Verbindung zu bringen,
wie dies P. Biver in seiner Dokumentation über die Kelmiser und
Hergenrather Gedenkstätten ("Comment La Calamine se souvient",
Kelmis 1994) getan hat.
Erster Präsident des Kameradschaftsbundes der belgischen
Soldaten wurde Joseph Hocke, geb. in Petit-Thiers am 9.2.1857
61
und seit dem 19.2.1900 in Preußisch-Moresnet ansässig, wo er
mit seiner Familie in einem der "Herrenhäuser" der Vieille Mon-
tagne wohnte. Die Fahne des Vereins bewahrte der Präsident zu
Hause auf.
Im Oktober 1914 - seit dem 4. August herrschte Krieg und
Kelmis war von deutschem Militär besetzt - wurde Hock€e unter
militärischer Bewachung zum Bürgermeistereiamt gebracht und
dort von einem Hauptmann aufgefordert, die Kriegervereinsfahne
binnen einer Viertelstunde abzuliefern.
Joseph Hock& dachte nicht im entferntesten daran, dieser
Aufforderung nachzukommen. Nach Hause zurückgekehrt, nahm
er die Fahne, rollte sie zusammen und steckte sie in das Ofenfeuer.
Als der Hauptmann in Begleitung zweier Soldaten kurz darauf
bei Hock& erschien, konnte er nur noch die Reste der Fahne
verglimmen sehen. Joseph Hocke wurde zum Tod durch Erschießen
verurteilt, doch kurz vor der Vollstreckung des Urteils durch die
Intervention eines höheren deutschen Offiziers gerettet. (P. Biver,
a.a.O., S. 15-17).
Anmerkungen:
1 Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
Wie Schwertgeklirr und Wogenprall:
"Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein,
Wer will des Stromes Hüter sein?”
Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
Fest steht und treu die Wacht am Rhein.”
In der fünften Strophe heißt es dann:
"Solang ein Tröpfchen Blut noch glüht,
Noch eine Faust den Degen zieht,
Und noch ein Arm die Büchse spannt,
Betritt kein Welscher deinen Strand ..."
Dieses Gedicht von Max Schneckenburger (1819-1849) entstand im Frühjahr
1840, also lange vor der Zuspitzung der Lage zwischen Frankreich und Deutsch-
land, war aber eindeutig gegen jede (erneute) französische Expansionsgelüste
gerichtet, wie sie die französische Regierung unter Thiers zeigte, der 1840 einen
europäischen Krieg zu provozieren versuchte, um Frankreich die 1814-1815
verlorene Rheingrenze wieder zu verschaffen.
Das Lied blieb lange ziemlich unbekannt; erst im Sommmer 1870, bei Beginn
des deutsch-französischen Krieges, nachdem es von Karl Wilhelm vertont worden
war, erlangte die "Wacht am Rhein" Bedeutung. Das Reichskanzleramt würdigte
1871 die Verdienste des Komponisten und ehrte den Dichter Schneckenburger
durch Zuerkennung (an die Hinterbliebenen) einer Nationaldotation von jährlich
1000 Talern.
62
Verlassener Hof
von Maria-Theresia Weinert
Schweres Gemäuer auf hoher Weide
umschließt im Geviert
den verlassenen Ort...
Fenster entfielen den morschen Rahmen
frei dringt der Blick n
in die leere Behausung...
Schwärzlicher Rauchfang,
Schnitzwerk am Wandbrett,
wem gabt Ihr Wärme, Heimat und Hort ?
Urahn und Enkeln
dienten die blauen, steinernen Fliesen,
knarrte die schmale, gewundene Stiege,
jahrhundertelang.
Letzte der Erben,
was trieb Euch fort?
Seht, es lagert noch Heu in der Scheune,
faulig, es fehlt manche Schindel im Dach...
und unter feuchten, mulmigen Balken
wartet noch immmer der Leiterwagen-
kehrt niemand heim?
Moos überwächst das Holzkreuz im Hofe,
löscht einen eingeschnittenen Namen,
doch -an die Stille der Steine gelehnt-
blüht, so wie früher der Apfelbaum!
63
Umstrittene Pfarrer-Ernennungen
in Walhorn und Lontzen
von Alfred Bertha
Mitte Juli 1737. Seit 1714 (Vertrag von Utrecht) ist unser Land
unter österreichischer Herrschaft. Die Verheerungen der
Raubkriege Ludwigs XIV. sind vergessen, die schweren Wunden,
die das ausgehende 17. und die ersten Jahre des 18. Jh. unserem
Gebiet geschlagen haben, sind inzwischen beinahe vernarbt. Die
Wirtschaft blüht wieder auf, und auch im Walhorner Land zeugen
stattliche Bauernhöfe vom wachsenden Wohlstand der
Bevölkerung.
Doch Ruhe und Sicherheit werden von herumziehenden Räubern
und Vagabunden gefährdet. Ein Erlaß des Aachener Rates vom
25. Juni 1728 spricht von Zigeunern und anderem herrenlosen
Gesindel, das sich im Aachener Reich wie in den benachbarten
Landen zusammengerottet habe, bewaffnet sei und bei nächtlichen
Einfällen in die Häuser allerhand Diebereien verübt, den
Bewohnern Hände und Füße gebunden, die Häuser landfriedens-
brüchiger Weise ausgeplündert und was sie darin gefunden,
hinweggenommen habe, so daß außerhalb der Stadt fast niemand
in seinem Haus und Bett vor dergleichen Anfall sicher sei. Die
Stadt drohte solchem Gesindel im "Ertapfungsfall" bei Gegenwehr
mit sofortigem Erschießen; wer sich nicht widersetzte, dem sollte
ein halbe Stunde Zeit gelassen werden, sich auf die Knie zu setzen,
Gott den Allmächtigen, wenn er es wollte, um Verzeihung seiner
Sünden zu bitten und sich auf den Tod vorzubereiten.
Entlaufene Soldaten und heimatlose Bettler, Zigeunervolk und
Ackerknechte, aber auch Angehörige kleinbürgerlicher Berufe
hatten sich 1734 im nahen holländischen Grenzraum zu einer
Räuberbande zusammengeschlossen, die unter dem Namen
Bockreiter bekannt wurde (1). Anfangs waren vor allem Kirchen
und Pfarrhäuser Ziele ihrer Raubzüge, doch auch einzeln liegende
Höfe wurden nicht selten von der Ausgabee heimgesucht. So berichten
die Chroniken von Einbrüchen in die Gotteshäuser von Baesweiler,
Eigelshoven, Merkstein, Amstenrath, Klimmen, Hoensbroek,
Schaesberg, Brunssum und Meuwen, das Rekollektinnenkloster
64
(Heidberg) in Eupen, die Pfarrhäuser von Afden, Marienberg und
Schaesberg.
In den ersten Jahren war das Walhorner Land von der
Bockreiterbande verschont geblieben. In Walhorn selber war man
1737 mit dem Bau eines neuen Pfarrhauses beschäftigt und Pfarrer
Heinrich Henuse, damals 50 Jahre alt, der seit 1711 der Pfarre
vorstand, ließ die Handwerker im Pfarrhaus übernachten. Der
Pfarrer beschäftigte zwei Mägde und zwei Knechte und hatte auch
seinen Neffen bei sich wohnen. Insgesamt übernachteten Mitte
Juli 1737 15 oder 16 Personen im Pfarrhaus und niemand erwartete
nächtlichen Besuch ...
Wie überrascht muß Pfarrer Henuse gewesen sein, als er eines *
Morgens - das genaue Datum ist nicht angegeben - feststellte, daß
in der Nacht Diebe in das Pfarrhaus eingedrungen waren und al-
les, was nicht niet- und nagelfest war, mitgenommen hatten. Die
Ausgabee mußte mit größter Behutsamkeit vorgegangen sein, denn
niemand hatte etwas davon bemerkt. Henuses Nachfolger Johannes
Van den Daele hat eine ausführliche Schilderung der dann
folgenden Ereignisse niedergeschrieben. Diese lateinische Urkunde
des Walhorner Pfarrarchivs ist schon mehrfach übersetzt und
veröffentlicht worden (2). Sie lautet: +
"Der hochwürdige Herr Heinrich Henuse aus Wonck wurde von
der philosophischen Fakultät zu Löwen zum Pfarrer ernannt und
dort am 24. März 1711 im 25. Jahre seines Lebens eingeführt.
Um die Mitte des Juli 1737 wurde in tiefer Nacht das Pfarrhaus
von Schelmen ausgeraubt. Nur das Schlafzimmer des Pastors blieb
verschont. Als dieser nun morgens früh aufstand und sah, was
vorgefallen war in seinem Hause, worin während der Nacht 15
oder 16 Personen geschlafen hatten, nämlich seine Nichte, sein
Neffe, zwei Mägde, zwei Knechte und die Handwerksleute, die
eben mit dem Bau des neuen Pfarrhauses begonnen hatten, das
jetzt fertig auf der Anhöhe steht, setzte er mit einer großen Schar
von Pfarreingesessenen den Räubern nach, mußte aber wieder
umkehren, weil er im Raerener Busch auf mehrere fremde Kerle
stieß, die schwer bewaffnet waren. Dadurch ließ er sich
abschrecken und kehrte nach Hause zurück, um später einen neuen
Versuch zu machen. In dieser Absicht ging er am 5. August von
Hause fort, um das Räubernest aufzuspüren. Man hatte ihm nämlich
zugetragen, es befände sich im Ländchen von Wittem, nicht weit
65
von dem dortigen Kapuzinerkloster. Mit einem Bauernkittel
angetan, langte er denn auch dort am 5. August an und ging,
begleitet von seinem Knecht, der Johann Palmars hieß, so, wie er
da war, zunächst zum Pfarrherrn von Mechelen (einem
benachbarten Dorf). Der hielt ihm die Gefährlichkeit seines Vor-
habens recht ernstlich vor Augen. Indes, er blieb dabei, verließ
das Pfarrhaus und nahm bei einer Witwe, die ihm als ehrbare Frau
geschildert worden war, sein Nachtquartier - ganz in der Nähe der
Räuberhöhle. Andern Tags wurden schon morgens früh allerlei
Gerüchte laut: die Diebe würden es ihm schon entgelten lassen,
wenn er irgend etwas unternähme. Er ließ sich dadurch nicht
abschrecken, sondern betrat mit dem Knecht den Stall oder
vielmehr das angegebene Versteck, das mit allerhand sehr
wertvollen Sachen vollgepfropft war. Beim Eintreten sahen sie
zwei Männer, die wahrscheinlich Wache halten sollten. Sie lagen
auf dem Boden und schliefen, oder taten wenigstens so. Den einen,
der in der Ecke lag, nahm der Knecht aufs Korn, den andern der
Pastor. Als er ihn wecken will, springt der Kerl plötzlich auf und
packt den Pfarrer an die Kehle. Der Knecht wirft ihn zu Boden
und macht ihn mit einem tüchtigen Stockhieb unschädlich.
Zugleich schleppt der Knecht auch den zweiten zum Pfarrer heran,
der die beiden nun gleichsam in Gewahr hält. Der Knecht suchte
inzwischen die Kleider der Nichte, nunmehriger Ehefrau des Anton
Wilken, sowie auch die der Mägde, die einen ganz ordentlichen
Packen darstellten, zusammen. Als er nun das Bündel hinaustragen
wollte, da eilte plötzlich aus den umliegenden Häusern ein dichter
Schwarm von Räubern herbei und drang in den Stall. Alle waren
mit Gewehren bewaffnet, und der vorderste von den Eindringlingen
schoß den Pastor in die Schläfe, so daß er, von der Kugel
durchbohrt, jählings tot niederfiel. Der Knecht aber, ein un-
gewöhnlich starker Mann, schlug mit seinem Stock rechts und
links alles, was ihm entgegentrat, zu Boden und bahnte sich so
den Weg ins Freie. Schon war er ein Stück weit weg und glaubte
sich bereits geborgen, als unversehens einer von den Schelmen,
der allein noch ein geladenes Gewehr zur Hand hatte, heraussprang,
anlegte und ihn zwischen die Schulterblätter traf, so daß er
niederbrach. Das Weibervolk der Ausgabeiten lief hinzu und zerschlug
dem im Blute sich Wälzenden das Haupt so jämmerlich mit
Gewehrkolben, daß man ihn für tot liegen ließ. Mehrere brave
66
Frauen, die bis dahin die Schreckensszene von ferne angesehen
hatten, kamen nun herbei, hoben den Bewußtlosen auf und‘'brachten
ihn in ein nahegelegenes Haus. Es schien noch Leben in ihm zu
sein. Dort kam er denn auch allmählich wieder zu sich, blieb aber
sehr elend. Ein paar Monate später brachte man ihn auf einem
Karren nach Hause zurück, wo er nach und nach den Gebrauch
der Glieder in etwa wiedererlangte. Füße und Beine freilich blieben
gelähmt, so daß er nur an einem Stock humpeln konnte. Die Arme
dagegen erlangten ihre frühere Kraft wieder, so daß er von seiner
Hände Arbeit bis zum 20. Februar 1753 leben konnte. An diesem
Tage entschlief er, mit den heiligen Sterbesakramenten versehen,
und wurde am 21. dahier beerdigt. - Die hiesigen Pfarr-
eingesessenen holten am 7. August 1737 den Leichnam ihres
ermordeten Pfarrers ab und bestatteten ihn am 8. zur Erde. Er ruht
im Chor unmittelbar vor den Stufen des Altars unter einem
Grabstein, den ich, Johannes Van den Daele, für ihn und seine drei
unmittelbaren Vorgänger im Februar 1740 habe legen lassen.”
Der tragische und gewiß nicht alltägliche Tod von Pfarrer
Henuse brachte einen schon viele Jahre währenden Streit zwischen
dem Propst des Aachener Marienstiftes und der Löwener
Universität um das Besetzungsrecht der Walhorner und Lontzener
Pfarrstelle erneut zum Aufflammen. Soweit es uns die vorliegenden >
Quellen erlauben, wollen wir versuchen, diesen Streitfall in seinen
großen Linien nachzuzeichnen (3).
Der Zufall wollte es, daß nur kurze Zeit nach Henuses Tod auch
die Lontzener Pfarrstelle durch den Tod des dortigen Pfarrers neu
besetzt werden mußte. Auch hier kam es zu gerichtlichen
Auseinandersetzungen zwischen dem Propst und Löwen. Beide
Fälle waren ähnlich gelagert und wurden gleichzeitig verhandelt,
weshalb wir auch die Lontzener Frage in unsere Untersuchung
einbeziehen.
Seit Jahrhunderten hatten die Pröpste des Aachener Marienstiftes
die Pfarrstellen von Walhorn und Lontzen besetzt und dieses "ius
patronatus" (Besetzungsrecht) stets im Namen des Kaisers
ausgeübt, wobei sie sich auf Urkunden Heinrichs IV. vom 27. April
1072 (Walhorn) bzw. 21. April 1076 (Lontzen) berufen konnten,
durch die der Königshof Walhorn resp. die Vogteirechte über
Walhorn und Lontzen dem Aachener Marienstift geschenkt worden
waren. Im Jahre 1703 trug sich jedoch der Fall zu, daß der Propst,
4 67
Graf von Schellart, nach dem Tod des Lontzener Pfarrers N.
Mackin€, einem Wallonen die dortige Pfarrstelle überließ, dieser
jedoch im bischöflichen Examen als unfähig erkannt wurde und
die Pfarrstelle daraufhin zwei Jahre unbesetzt blieb. Die Wirren
des spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) erlaubten es dem
Propst nicht, auf das Geschehen im Limburger Land Einfluß zu
nehmen, und so nutzte die Universität Löwen die Gelegenheit,
einen ihrer Priester auf die vakante Pfarrstelle von Lontzen zu
setzen. Es war dies Johann Cuitte, der bis 1737 Seelsorger in
Lontzen bleiben sollte.
Ähnlich lag der Fall in Walhorn. Schon 1709 beantragt der
"hochgelehrte Subdiakon" Heinrich Henuse, Magister Artium der
Universität Löwen, beim Dekan der Universität, auf eine dem
Propst von Aachen zustehende Pfarrstelle in der Diözese Lüttich
ernannt zu werden. Am 20.3.1711 erklärt er vor Notar, daß er die
durch den Tod des Walhorner Pfarrers Wilhelm Caproens (*
20.09.1654, + 11.2.1711) frei gewordene Stelle in Walhorn
annehme. Er nennt sich inzwischen "Bacchalaureus formatus der
hl. Theologie" (4). Der Propst von Aachen hatte seinerseits einen
Geistlichen Namens Heinrich Koeppen zum Pfarrer in Walhorn
bestimmt. Am 10. Juni 1711 legte Henuse dem Limburger Gericht
seine Ernennungsurkunde vor, wogegen der Propst am 22. August
1711 Einspruch erhob, der jedoch am 5. September 1714 vom
Gericht in Herve zurückgewiesen wurde.
Es sei nebenbei bemerkt, daß der Propst einen ganz unfähigen
Rechtsanwalt mit der Verteidigung seiner Rechte betraut hatte.
Von diesem heißt es später, er habe "statt der Feder den Pflug in
die Hand genommen". Das Limburger Gericht war 1714 "schier
ganz zerstöhret und kaum annoch mit einer rathspersohn besetzt,
die übrigen aber vondannen verreist undt separirt gewesen" (5).
Das Urteil gegen Koeppen war also rechtlich gesehen ohne Zweifel
anfechtbar.
Bis zu Henuses Ermordung durch die Bockreiter, am 6. August
1737, scheint der Streit zwischen dem Propst und Löwen geruht
zu haben, um dann aber um so heftiger wieder aufzubrechen.
68
Eine Bürgerversammlung in Walhorn
Am 25. August 1737 bat Johannes Van den Daele, "Presbyter
der hl. Theologie" und "Bacchalaureus formatus" den Dekan und
die Vertreter der "facultas artium" der Löwener Universität, ihn
auf eine vom Propst von Aachen abhängende Pfarrstelle zu
ernennen. Seine Bitte wurde angenommen; er selbst legte noch
am gleichen Tag den erforderlichen Eid ab und erklärte vor dem
Notar, daß er die Pfarrstelle von Walhorn annehme.
Diese Ernennung war alles andere als im Sinne der Walhorner
Bevölkerung, die gerne ihren bisherigen Kaplan Johann Baptist
Charlier zum Pfarrer gehabt hätte. In einer Bürgerversammlung *
vom 14. Oktober 1737, deren Protokoll erhalten ist, wurde
beschlossen, den Baron de Berghe de Trips von Merols sowie den
Lizentiaten Heyendal, Drossard und Kommissar der Bank Walhorn,
zu beauftragen, darüber zu wachen, daß niemand anders zum
Pfarrer von Walhorn ernannt werde als "eine Person, die gut deutsch
lesen und sprechen kann".
Der Propst von Aachen sah in Kaplan Charlier den geeigneten
Mann und hatte ihn in der Zwischenzeit schon zum Pfarrer von
Walhorn ernannt. Der neue Seelsorger hatte denn auch das
Hochamt gesungen, Katechismus erteilt und die sonstigen Pflichten
eines Pfarrers übernommen. Die Bürgerversammlung stellte fest,
daß die Einwohner und Pfarrkinder den Herrn Charlier seit
mehreren Jahren kennen; in den Nachbargemeinden und besonders
in der Pfarre Kettenis habe er mehrere Jahre Aushilfsdienste
geleistet, und dies zur größten Zufriedenheit der Einwohner. Seine
Sprache, seine Predigten und sein Katechismusunterricht seien gut
zu verstehen. (Anm.:Johann Baptist Charlier hatte seine Studien
in Trier absolviert; er war ein Neffe des Homburger Pfarrers
Gerhard Emmels).
Herr Charlier sei nicht nur ein fähiger Mann, sondern er sei
auch allen Pfarrkindern als Pfarrer sehr willkommen.
Mehrere Einwohner hatten den Herrn Van den Daele, der
Anspruch auf die Pfarre erhob, Brabantisch sprechen hören. So
wurde der Versammlung die Frage gestellt, ob die Pfarrkinder die
Predigten, Ansprachen und Katechismusunterweisungen dieses
Brabantisch sprechenden Herrn verstehen könnten. Diese Frage
müsse zum öffentlichen Wohl der Pfarre und der größeren Ehre
Gottes geklärt werden.
69
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In diesem 1750-51 auf den Fundamenten des 1672 abgebrannten
Pfarrhauses errichteten Neubau wohnte Pfarrer Van den Daele von 1751
bis 1788.
Die Versammlung stellt fest, daß in Walhorn ein korrumpiertes
Deutsch, ähnlich wie in Aachen, Kornelimünster und im Jülicher
Land gesprochen werde. Seit Jahrhunderten seien die Kinder und
jungen Leute in dieser Sprache unterrichtet worden, was bedeute,
daß sowohl Alte wie Junge nur in dieser Sprache die christlichen
Gebete, wie z. B. das Vater unser, das Glaubensbekenntnis, die
zehn Gebote usw. kennten. Und da der verstorbene Pfarrer Henuse
der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen sei, seien alle seine
Predigten ganz und gar fruchtlos geblieben. Die Pfarrkinder hätten
seine brabantische Sprache nicht verstehen können; infolgedessen
seien sie gezwungen gewesen, auf eigene Kosten andere Priester
kommen zu lassen, um die Jugend in der deutschen Sprache zu
unterrichten und ihr die Gebete und das andere zum Heil
Notwendige beizubringen (6).
70
Eine Volksbefragung in Lontzen
Nachdem der Lontzener Pfarrer Johannes Cuitte, den die
Universität Löwen 1703 ernannt hatte, am 12. Oktober 1737
verstorben war, ernannte der Propst von Aachen am 20.10.1737
den aus dem Blankenheimer Priesterseminar hervorgegangenen
Maximilian Philipp Ganser auf die frei gewordene Pfarrstelle. Nach
erfolgter Investitur durch den Bischof von Lüttich trat Ganser am
darauffolgenden 5. November feierlich sein Amt an, indem er die
Kirchentüre öffnete, die Glocken läutete, den Predigtstuhl bestieg,
den Altar küßte und der anwesenden Menge den Segen erteilte.
Der Pfarrer von Kettenis und der Lontzener Meier Johann Adam
de Hups fungierten als Zeugen (7).
Doch auch hier ernannte die Löwener Universität einen der
ihrigen zum Pfarrer, nämlich Engelbert Lauwers. Wie sein
Walhorner Amtsbruder sprach auch er nur Brabantisch, und die
Lontzener Pfarrgemeinde war nicht gewillt, die Löwener
Ernennung ohne Widerspruch hinzunehmen.
Der Aachener Propst wandte sich an die Statthalterin der
Niederlande und betonte, daß "die beyde von der Löwischer
Universität zu denen Pastoraten in Walhorn und Lontzen
denominirte persohnen Lawers und van Daele die jenige teusche
sprach, und schrifften gantz und gar nicht verstehen, welche in
diesen orthen unter denen Pfaargenossenen hergebracht und in
täglicher übung seindt, nachfölglich diese ihnen obtrudiren
wollende Pastoren weder im predigen, weder im beichthöhren,
weder im Cathechzieren denen pfaargenossenen von Lontzen, und
Walhorn zu ihrem seelen Heyll erspriesslich und nützlich sein
mögen, sondern sich zu dessen erlangung anderer, ihrer Sprach
und schrifften erfahrener Seelsorger alsdan bedienen müssen,
gleich wie alle umbliegende Pastoren in den sub Litt. E
beigebogenen Attestate einhelliglich bezeugen, mithin die gemeine
pfaargenossenen und die gerichtsscheffen daselbst in denen
beilagen sub Litteris f, g, et h gewissenhaft bekennen, und
äusserstenfalls die löblichen landtstände des Herzogtums Limbourg
auff gnädigste erforderung bekräfftigen werden."
Die Anlage E, die Bescheinigung der Pfarrer der umliegenden
Orte, ist erhalten. Es heißt darin, daß die Unterzeichner der Ansicht
sind, daß ein Priester, der nur die niederländische Sprache, so wie
al
sie in Brüssel, Löwen oder Tienen gesprochen werde, beherrsche,
unmöglich vom gemeinen Manne im Herzogtum Limburg
verstanden werden könne, noch umgekehrt. Auch sei ein solcher
Mann nicht geeignet, die Seelsorge in genanntem Herzogtum zu
übernehmen.
Neben den Herren Bertholff von Belven, Belderbusch (Herr von
Montzen/Streversdorp), und Schillings (Drossard von Montzen)
bescheinigten dies:
M. J. de Tiege, Pfarrer von Limburg und Offizial des Condroz;
FE.N.J. Decoulons, Prior von Brandenburg;
Hennen, Pfarrer von Henri-Chapelle;
M. Weidenfeld, Regulier-Kanoniker und Pfarrer von Baelen;
J. H. Prinzen, Desservitor und Pastor in Welkenraedt;
Franciscus Kochs, Regulier-Kanoniker und Pfarrer von
Membach;
G. Emmels, Pfarrer von Homburg;
J. Becker, Pastor in Sippenaeken und
J. H. Birven, Pastor in Montzen.
Letzterer machte die Bemerkung, daß vielleicht in der Pfarre
Teuven die niederländische Sprache zur Belehrung der Gläubigen
und zum Beichthören gebraucht werden könne.
Mit Ausnahme des Montzener Drossards und der Pfarrer von
Welkenraedt und Sippenaeken bekräftigten alle ihre Unterschrift
durch ihr Siegel.
Auf Anfrage des Propstes, "die Lontzener Gerichtsbehörden
möchten ihm eine Erklärung bezüglich der Sprache des durch die
Universität Löwen ernannten und angestellten Geistlichen
Lauwers" zukommen lassen, sahen sich die "geschworenen
Bürgermeister, Meistbegüterten und Pfarrkinder von Lontzen"
genötigt, die Justiz auf folgende Fakten hinzuweisen, die in dem
Bericht besonders hervorgehoben werden müßten, dies auch, weil
die Justizvertreter größtenteils nicht in Lontzen ansässig waren
und folglich nicht Bescheid wußten über die Gründe, die die
Lontzener zur Klage gegen Lauwers hatten.
Im einzelnen heben sie hervor:
1. Die "Herrlichkeit" Lontzen ist nur etwa zwei Stunden von
Aachen entfernt, wo die hochdeutsche Sprache in Gebrauch ist.
Seit undenklichen Zeiten sind deshalb die Kinder in der
"Kinderschule" in Hochdeutsch unterrichtet worden und so wie in
72
den umliegenden Orten haben sie in dieser Sprache das Pater noster,
das Ave Maria, die zehn Gebote Gottes, die fünf Gebote der Kirche,
die sieben Sakramente, das zur Seligkeit notwendige Wissen und
die anderen katholischen Gebete gelernt. Die Herren Pfarrer und
Kapläne haben auch hier und in den umliegenden Orten immer
auf Hochdeutsch gepredigt und Katechismus erteilt, Beichte gehört
und andere "geistliche Belehrung" gegeben.
2. Ist zu bedenken, daß in den umliegenden Pfarreien und
Banken die Jugend ebenfalls durch den Pfarrer, den Kaplan, andere
Schullehrer und auch durch die Eltern in "unserem christlichen
katholischen und apostolischen Glauben" in dieser deutschen
Sprache unterwiesen wird, oder doch in einer deutschen Sprache, *
die sie leicht verstehen kann und die alldort im Gebrauch ist (8).
3. Seit allen Zeiten ist dies so praktiziert worden im Herzogtum
Limburg, wo keine Wallonen wohnen, nämlich in der Bank Baelen,
der Herrlichkeit Eupen, Henri-Chapelle, Membach und
Welkenraedt, fünf große und eigenständige Pfarren, wo solches
bis auf den heutigen Tag so gehandhabt wird.
4. In der Bank von Walhorn ist es genauso in den Orten Walhorn,
Kettenis, Eynatten, Hergenrath und Raeren, fünf großen
selbständigen Pfarren, die an diese Herrlichkeit angrenzen.:
5. In der Bank Montzen, die auch an diese Herrlichkeit angrenzt,
geht es wie in vorgenannten Orten, denn die Kinder und anderen
Pfarrgenossen werden dort auf keine andere Weise unterrichtet
als in der hochdeutschen Sprache, nämlich in Montzen, Moresnet,
Homburg, Gemmenich und Sippenaeken, fünf getrennte Pfarreien,
wie dies dem Gericht und jedem bekannt ist.
So kommt es, daß ein Brabantisch sprechender Gläubiger, der
bei einem Hochdeutsch sprechenden Priester beichten möchte, von
diesem nicht verstanden wird; desgleichen kann ein Gläubiger,
der die hochdeutsche oder die hier gebräuchliche Sprache spricht,
von einem Brabantisch sprechenden Beichtvater nicht verstanden
werden.
Angesichts der Tatsache, daß der Herr Lauwers die Pfarrkinder
hier in dieser fremden brabantischen Sprache unterrichtet und
beinahe niemand ihn verstehen kann im Predigen,
Katechismusunterricht, Beichthören und anderen geistlichen
Unterweisungen, am wenigsten die Kinder dieser Pfarre, so haben
die. Unterzeichner zum allgemeinen Wohl, zur gehörigen
#8
Unterweisung und Erziehung der Jugend, zur Beförderung des
Seelenheils festgestellt, daß sie aus genannten Gründen große
Ursache zur Klage haben gegen den Herrn Lauwers; sie bitten das
Gericht, diese ihre Bemerkungen dem Antwortschreiben an den
Grafen von Manderscheid-Blankenheim, Propst von Aachen,
beizufügen. Sie sind bereit, ihre Erklärungen so oft dies nötig ist,
durch einen Eid zu bekräftigen und bitten den Notar M. W.
Lamberts, dem Gericht die beglaubigte Abschrift dieser Erklärung
zukommen zu lassen und all das zu tun, was das Gericht und die
geschworenen Regleurs (= Bürgermeister) ihm zum Wohle dieser
Gemeinde zu tun befehlen werden.
Gegeben den 28.8.1738
Unterzeichnet ist das Dokument von W. Heys (Bürgermeister),
Willem Haemel und Wellem ... (Bürgermeister).
Eine interessante Unterschriftenliste
Notar Matthias Wilhelm Lamberts ging nun in Begleitung der
beiden Bürgermeister von Haus zu Haus und forderte die
Einwohner auf, ihrerseits obenstehende Erklärung zu
unterzeichnen. Nachdem so am 28. und 29. August 1738 allen
Bürgern Gelegenheit geboten worden war, das Dokument zu
unterschreiben, wurde eine Abschrift desselben am 3. September
1738 dem Lontzener Gericht zugestellt.
Von den 69 Unterschriften wurden die allermeisten nur mit
"Handzeichen" geleistet, d. h., daß die betreffenden Personen nicht
eigenhändig ihren Namen schreiben konnten und stattdessen nur
ein Kreuzchen setzten. Einige Namen sind ganz, andere zum Teil
unleserlich.
Verschiedene Einwohner geben zu Protokoll, der Pfarrer habe
ihre Beichte nicht abnehmen können, weil er sie nicht verstanden
habe. So sagt z. B. Peter Vos, von zehn Worten des Pfarrers habe
er nicht ein einziges verstanden und darum habe er sich letzten
Winter, als er krank gewesen sei, einen anderen Beichtvater
kommen lassen. Die Tochter des gen. Vos sagte, sie habe den Pastor
Lauwers noch nie im Predigen, Katechisieren oder Beichthören
verstehen können.
Sodann folgen die Unterschriften von
Leonardus ..., Johannes Broun; Dierich Reypp; Laurent Cool; Anna
74
Maria Roedtheut, Wwe von Lennert Tater; Cornellis Plunav;
Dierich Nolls.
Letzterer gibt an, kurz nach Amtsantritt des Herrn Lauwers bei
diesem gebeichtet zu haben, aber nicht ein Zehntel dessen, was
der Pfarrer gesagt habe, habe er verstehen können. So sei er
gezwungen gewesen, zu einem anderen Beichtvater zu gehen.
Folgen die Unterschriften bzw. Handzeichen von:
Maria Wintmullen; C. Heudt; Anthon Kerfen; Claes Gielen; Niclaes
Elsen; Gillis Claessen; Lennert Smets; Claes Jacque; Paulus
Gerono; Wynandus Jaminet; Maria Jennes; Nellis Werts.
Die Maria Nellis gibt zu Protokoll, sie habe Osterdienstag
versucht, bei Pastor Lauwers zu beichten. Wegen ihrer
Schwerhörigkeit sei sie hinter den Altar gegangen. Der Pfarrer
habe sie "auf eine ungehörige Art und Weise" angefahren und sie
"ganz beschämt gemacht". Sie habe kein Wort davon verstanden.
Nach dieser Erklärung folgen die Unterschriften von
Mattis Pluneva; Lambert Dolne; Maria Dael, Witwe von Thönis
Corman; Wwe Willem Cool; Michel Aen; Laurent Thimister; Jan
Plaire; Laeb vande Sande; Lennet Jennis; Nys Ernst; Peter Mutzenich.
Auch der Letztgenannte beklagte sich, er habe Ostern bei Pfarrer
Lauwers gebeichtet, diesen jedoch nicht verstanden und somit trotz
seiner mehr als 70 Jahre nach Aachen und Eupen zum Beichten
gehen müssen.
Die weiteren Unterschriften:
Lennert Kael; Jan Jennis; Engelbert Francoe (?); Claes Matteles;
Anna Raermecker, Witwe von Dries Raermecker; Fryn Lamberts;
Barbara Lamberts; Jan Putters; Jan Baltus; Claes Nyssen; Michel
Broun; Cornellis Leur; Willem Mommer; Kerst Kael; Renart Kael;
Lenard Heudt; P. Brandt, Pro. in Lontzen; Peter Masseigneau; Jan
Malmendier; Dierich Masseigneau; Jacob Malmendier; Dierich
Otten; Jacob Radermecker; Matthis de Fauw; Jan de Fauw; Willem
van de Sande; Engelbert Kerren; Simon vanden Sanden; Lennart
Plaire; P. Brandt, "Contoirboede" ( Bürobote, Schreibstuben-
angestellter) des geistlichen und adligen Standes dieses Herzog-
tums Limburg; Dierich Raermecker; Jacob Brandt.
Die beiden Letztgenannten geben an, zweimal bei Pfarrer
Lauwers gebeichtet zu haben, doch nicht die Hälfte dessen, was
der Pfarrer gesagt habe, verstanden zu haben. Genau so verhalte
es sich beim Predigen und im Katechismusunterricht.
75
Letzter Unterzeichner der Petition ist Jacob Mutzenigh,
"Schathever" , d. h. Einnehmer der "vrijer heerlichheyt Lontzen" (9).
Die Rechtslage
Diese war mehr als verworren. Wir wollen versuchen, sie aus
der Sicht des Propstes von Aachen und so wie sie sich aus einer
Eingabe desselben an den Kaiser darstellt, zu erhellen.
Am 27. April 1072 hatte König Heinrich IV. dem Aachener
Marienstift den Königshof "Harna", d. h. Walhorn, geschenkt. Nur
vier Jahre später, am 21. April 1076, schenkte derselbe König
Heinrich dem Stift auch die Vogteirechte (Gerichtsbarkeit) über
Walhorn, gleichzeitig mit denen über Lontzen und Mesch. Diese
Schenkungen werden am 10. Februar 1098 in einer weiteren
königlichen Urkunde bestätigt.
Auch Heinrichs IV. Nachfolger, Heinrich V. (1112), Konrad III.
(1138) und Friedrich II. (1226) bestätigten dem Aachener
Marienstift dessen Privilegien.
Mit den Schenkungen bzw. der Überlassung von Hoheitsrechten
war für die Aachener Pröpste auch das Recht verbunden, in den
genannten Orten bzw. Bezirken ihnen gefällige Personen auf
Ämter, Pfarrstellen und Pfründe zu ernennen, dies jedoch "nomine
imperatoris", im Namen des Kaisers.
1348 verpfändete Kaiser Karl IV. dem Herzog Wilhelm von
Jülich u. a. die Propstei zu Aachen mit den daran anklebenden
Rechten, d. h. auch das Recht, in Walhorn und Lontzen die
Gerichtsbarkeit durch seinen Schultheißen oder Meier ausüben
zu lassen.
Hundert Jahre später kam es zum Konkordat ("Aschaffenburger”
bzw. "Wiener Konkordat", 1448), welches vor allem die
Pfründenvergabe und die Besetzung der Bistümer regelte. Kaiser
Friedrich III. und Papst Nikolaus V. (1447-1455) vereinbarten, daß
in den Monaten Februar, April, Juni, August, Oktober und
Dezember der bisherige Kollator (Inhaber des Ernennungsrechtes)
weder durch den Papst noch durch sonst jemanden gestört werden
dürfe. Dieses völkerrechtlich bindende Konkordat durfte unter
keinem Vorwand, auch nicht dem eines späteren von den Päpsten
verliehenen Privilegs, angetastet werden.
1483 gewährte Papst Sixtus IV. (1471-1484) der Universität e
76
Löwen das Privileg, jeden Kollator, der mehr als sechs Pfarrstellen
in "Belgien" zu besetzen habe, einmal im Leben ("semel in vita")
an der Ausübung dieses Rechtes zu hindern und einen eigenen
Kandidaten auf die freie Pfarrstelle zu ernennen.
In einem an den Lütticher Bischof E. v. d. Mark vom 11. Juli
1518 gerichteten Schreiben Kaiser Maximilians unterstreicht
letzterer ausdrücklich ("expressis verbis"), das Konkordat zwischen
dem Hl. Stuhl und der deutschen Nation müsse unangetastet bleiben
("inviolabiliter observari"), und zwar sowohl im Reich wie in der
Diözese Lüttich. Damit nahm der Kaiser Stellung zu einem Indult
(9a) Papst Leos X. (1513-1521) aus dem Jahre 1513, in dem das
Privileg der Löwener Universität erneuert und ausdrücklich auf
die gesamte Diözese Lüttich ausgedehnt worden war.
Papst Leo X. war sogar noch weiter gegangen, hatte er doch
bestimmt, daß die Universität Löwen nicht nur einmal, sondern
zweimal den Kollator einer Pfarrstelle in seinem Ernennungsrecht
tangieren dürfe.
Papst Julius III. (1550-1555) erklärte in einem Breve (10) vom
24. September 1554, das Konkordat werde durch die der
Universität Löwen gewährten Privilegien nicht berührt.
Nach Ansicht des Propstes war dies nicht mehr als logisch, da
ein Vertrag zwischen Kirche und Staat (ein Konkordat) nicht -
einseitig aufgekündigt werden könne. Der Papst könne folglich
der Universität nicht das Recht verleihen, in den dem
herkömmlichen Kollator reservierten Monaten (den sog.
kaiserlichen Monaten) Ernennungen vorzunehmen, und unter dem
Vorwand päpstlicher Bullen und Privilegien dürften die Rechte
des Propstes nicht geschmälert werden.
1572 wies der Kaiser in einem Placet (11) ausdrücklich darauf
hin, daß alle vom Kaiser und seinen Vasallen abhängenden
Benefizien (11a) und Pfarrstellen von dem der Universität Löwen
gewährten Privileg ausgenommen seien. Spinnt man diesen
Gedankengang weiter, so drängt sich die Schlußfolgerung auf: Der
Propst von Aachen handelt im Namen des Herzogs von Jülich,
dieser aber im Namen des Kaisers; folglich hat die Universität
Löwen keinen Anspruch auf die Besetzung der Pfarrstellen in
Walhorn und Lontzen ...
Das Konkordat machte keinen Unterschied zwischen
Benefizien, die innerhalb, und solchen, die außerhalb der Grenzen
77
des deutschen Reiches lagen, erstreckte sich also auch auf Walhorn
und Lontzen. Beide Orte gehörten übrigens 1348 und auch noch
1448 zum Reich. Nach Ansicht des Propstes war es auch 1737
nicht klar, ob sie nicht immer noch als dem Reich zugehörig
betrachtet werden mußten.
Den Verlust des Einflusses in dem Walhorner und Lontzener
Gebiet führt der Propst auf die wirren Zeiten der Religionskriege
zurück (1568-1648). Damals hätten die Einwohner von Walhorn
und Lontzen beim König von Spanien Schutz gesucht und um
diesen zu erhalten, hätten sie die in Limburg üblichen Steuern und
Abgaben zahlen müssen. Daraus dürfe jedoch nicht geschlossen
werden, daß sie auf die Privilegien des Reiches verzichtet hätten.
Die Pröpste von Aachen hätten bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt
versucht, ihre Rechte in Walhorn und Lontzen zu wahren und dies
sei ihnen auch in soweit gelungen, als in allen Lehnsangelegen-
heiten der Propst als unmittelbarer Herr die höchste Instanz sei,
Belehnungen nach vorher geleistetem Eid vor der propsteilichen
Mannkammer stattfänden und Streitfälle zwischen Lehnsleuten
vor dem Aachener Lehnsgericht ausgetragen würden.
In der Herrschaft Lontzen, so der Propst, besitze er zudem die
Gerichtsbarkeit. Er ernennne den Vogt und sieben Schöffen, die
nicht nur in Zivil-, sondern auch in Strafsachen Recht sprächen.
Dieses Lontzener Gericht könne nicht als im Ausland gelegen
betrachtet werden, denn der Propst von Aachen nehme die Dienste
der Lontzener Schöffen auch in Anspruch, um in Aachen selber
Recht zu sprechen. Überdies stehe fest, daß ehedem Walhorn und
Lontzen beim Aachener Gericht und von dort beim höchsten
Reichsgerichtshof in Berufung gegangen seien.
Wie der Propst bemerkt, ist im ganzen 15., 16. und 17. Jh. kein
einziges Mal sein Pfarrstellenbesetzungsrecht in Walhorn und
Lontzen in Frage gestellt worden.
Aber allen Argumenten zum Trotz hatten die von Löwen
designierten Geistlichen Lauwers und Van den Daele die Kühnheit,
öffentlich damit zu drohen, die vom Propst ernannten Seelsorger
"via facti" (durch Schaffung von Tatsachen) zu verdrängen und
sie brüsteten sich damit, auf die Intervention der Löwener
Universität hin vom Brabanter Oberhof ihr Beglaubigungs-
schreiben zu erhalten. Dieser Brabanter Gerichtshof könne jedoch,
so meinte der Propst, nicht als unvoreingenommene richterliche
78
Instanz angesehen werden, denn es handele sich im vorliegenden
Fall um die Rechte der Aachener Propstei, deren Kollatur seit den
Zeiten Karls d. Großen bis zur Zeit Karls IV. immer bei den
deutschen Kaisern und seit Karl IV. beim Herzog von Jülich und
dessen Nachfolgern gelegen habe. Nachfolger waren seit der
Teilung von 1666 der König von Preußen und der Kurfürst von
der Pfalz.
Ein Urteil des Brabanter Oberhofs sei aus einem weiteren
Grunde nicht akzeptabel: Alle Richter besagten Hofes hätten ihre
Lizenz in Rechtswissenschaften an der Löwener Universität
erworben. Die Rechtsprofessoren jener Universität aber lehrten,
daß der Papst durch ein Privileg das Konkordat mit der deutschen *
Nation berühren könne, wie dies auch in einem 1728
veröffentlichten Buch mit dem Titel "Privilegia Academicae
Lovaniensi per summos pontifices concessa" (Die der Universität
Löwen durch die Päpste gewährten Privilegien) dargelegt werde.
Auch verlangte die Universität von den Lizentiatsanwärten das
feierliche Versprechen, die Privilegien der Alma Mater zu
verteidigen. Somit sei also kaum mit einer unparteiischen Haltung
der Brabanter Richter zu rechnen.
Soweit der Standpunkt des Propstes. Wenn es diesem gelänge,
eine kaiserliche Erklärung zu erwirken, daß der Propst von Aachen
durch niemanden in seinen Rechten beeinträchtigt werden dürfe,
müßte Löwen wohl klein beigeben. Doch weder eine Eingabe des
Kurfürsten von der Pfalz an den Kaiser noch eine Intervention
einer dem Kaiser nahestehenden Persönlichkeit mit Namen Niclas
Beckers erreichte mehr als eine kaiserliche Resolution, die besagte,
der Propst müsse sein Recht am Brabanter Hof als erster Instanz
"ordentlich ein- und ausklagen". Der Kaiser war nicht bereit zu
erklären, alle Rechte und Privilegien der Aachener Marienkirche
seien als "Regalia" (dem König zustehende Rechte) zu betrachten.
Der Brabanter Gerichtshof entschied am 22. 4.1738 gegen Gan-
ser und für Engelbert Lauwers (12). Am 30.6.1739 wurde auch
Johann Baptist Charlier durch den Hof abgewiesen und die
Walhorner Pfarrstelle Johannes Van den Daele zugesprochen.
Damit schien die Streitfrage geklärt. Doch der Propst und das
Aachener Kapitel wollten sich nicht geschlagen geben. Erneut
wandten sie sich an den Hof in Wien, wiederholten alle ihre schon
bekannten Argumente und baten inständig, der Kaiser möge doch
3}
erklären, alle kaiserlichen und vom Reich abhängigen Privilegien
seien von den päpstlichen Indulten ausgenommen. Diesmal
reagierte Wien positiv. Graf J. A. von Metsch, fügte der Bittschrift
die Notiz bei:"Die erbetene Erklärung möge aus den angeführten
Gründen gegeben werden. Wien, den 12.4.1740" (13).
Die Privilegien der Propstei zu Aachen waren ohne Zweifel als
vom Kaiser verliehen anzusehen, und die Rechte des Propstes in
Walhorn und Lontzen gehörten zu diesen Privilegien.
In die kaiserliche Erklärung sollte auch eine Klausel eingefügt
werden, die besagte, daß der Kaiser als der Hüter der Privilegien
des Propstes von Aachen durch seine Zustimmung zu den der
Universität Löwen gewährten Vorrechten keineswegs die Rechte
des Propstes schmälern wollte.
Die Löwener Universität gab jedoch nicht nach in ihren
Bemühungen, ihre angeblichen Rechte in Lontzen und Walhorn
zu verteidigen. In einem Brief des Propstes von Aachen an Kaiserin
Maria Theresia vom 22. Januar 1741 heißt es: "Da jedoch die
Universität und Fakultät von Löwen sich der kaiserlichen Erklärung
nicht gefügt haben, sondern im Gegenteil die durch den Propst
auf genannte Pfarrstellen ernannten Geistlichen weiterhin
behindern und in der Ausübung ihres Amtes stören, bittet der
Schreiber Ihre Königliche Majestät untertänigst, Ihrer Regierung
und dem Brabanter Hof in Güte, aber doch ernsthaft, Anweisung
zu geben, die kaiserliche Erklärung zu respektieren und den
Löweneren jede weitere Zuwiderhandlung zu untersagen, damit
die Rechte des Kaisers und des Römischen Reiches in Bezug auf
die Aachener Propstei in Zukunft nicht mehr angetastet werden."
In Lontzen hatte sich Maximilian Philipp Ganser inzwischen
dem Urteil des Brabanter Gerichts gefügt und das Feld für
Engelbert Lauwers geräumt. Doch dieser von Löwen ernannte
Seelsorger starb schon am 28.7.1739. Nur gut eine Woche später,
am 6. August 1739, erschien der Diakon der Theologie Carolus
Josephus Lemmens vor dem Dekan und den Vertretern der
philosophischen Fakultät der Löwener Universität mit der Bitte,
auf eine dem Propst von Aachen in der Diözese Lüttich gehörende
Pfarrstelle ernannt zu werden. Am folgenden Tage erklärte er vor
Notar, die freie Pfarrstelle von Lontzen annehmen zu wollen.
Der Rechtsanwalt riet Maximilian Ganser, die Pfarrfunktionen
in Lontzen wieder aufzunehmen und sich auf keinen Fall durch
80
den "neuen Eindringling" verdrängen zu lassen. Der Rechtsanwalt
hoffte, die schon erwähnte kaiserliche Erklärung aus Wien werde
alles zugunsten Gansers entscheiden. Und wenn die Universität
tatsächlich das Recht haben sollte, an Stelle des Propstes als
Kollator (14) aufzutreten, so gelte dieses Recht doch nur einmal
für jede Pfarrstelle, denn das "binis vicibus" (= zweimal) des Indults
Leos X. aus dem Jahre 1513 so zu interpretieren, daß Löwen jede
Pfarrstelle zweimal besetzen dürfe, sei eine falsche Auslegung.
Löwen habe in Walhorn und Lontzen sein Recht schon
ausgeschöpft, jetzt sei die Reihe an den Propst, diese Pfarrstellen
zu besetzen (15).
In den Pfarregistereintragungen von Lontzen erscheint Engelbert
Lauwers zum ersten Male am 28.11.1738; seine lezte Eintragung
ist vom 22.04.1740. Karl Joseph Lemmens' erste Eintragung ist
vom 17. Juli 1740. Er blieb im Amt bis zu seinem Tode i. J. 1775.
In die Zeit von Pfarrer Lemmens fällt der Neubau der Pfarrkirche,
deren Grundstein im November 1768 gelegt wurde. Zwischen dem
Pfarrer einerseits und der Gemeinde sowie dem Aachener
Marienstift andererseits ist es aber nie zu einem guten und
vertrauensvollen Verhältnis gekommen, wovon auch zahlreiche
gerichtliche Auseinandersetzungen zeugen.
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Die in den Jahren 1768 - 1770 errichtete Lontzener Pfarrkirche. Der
jetzige Turm stammt aus dem Jahre 1910.
81
In Walhorn war, wie schon erwähnt, die Pfarrstelle durch Urteil
des Brabanter Hofes vom 30.6.1739 dem Löwener Kandidaten
Van den Daele zugesprochen worden. Johann Baptist Charlier, der
vom Propst ernannte Geistliche, hatte sich zurückgezogen und war
Armeepfarrer im Regiment von Arberg geworden. Er starb im
September 1743.
Der Prozeß vor dem Brabanter Gerichtshof war aber damit
keinesfalls abgeschlossen. Ein vom 5. September 1743 aus Brüssel
datierter Brief des Rechtsanwaltes Jos. Fr. Leerse benachrichtigt
den Propst von Aachen, daß das Gericht eine Erhöhung der Kaution
Charliers um 55 Brabantische Silbergulden verlange. Die Herren
Priem und Strangh hätten sich bereit erklärt, die geforderte Kaution
zu stellen, doch sei deren Kautionsfähigkeit als nicht bewiesen
angesehen worden. Der Rechtsanwalt bittet den Propst, für die
Kosten des Prozesses gradezustehen. Mit einer solchen Kaution,
so meint er, sei der Prozeß bald zu Ende.
Leider geht aus den uns vorliegenden Unterlagen nicht hervor,
ob der Pröpst auf den Vorschlag seines Rechtsvertreters
eingegangen ist und die verlangten Sicherheiten gestellt hat. Die
Brüsseler Prozeßunterlagen sind leider nicht repertoriert und die
Repertorien der ergangenen Urteile enthalten keine Hinweise mehr
auf den Streitfall zwischen dem Marienstift und der Löwener
Universität.
Trotz mancher Lücken gibt das vorliegende Archivmaterial uns
wertvolle Hinweise auf die Praxis der Pfarrstellenbesetzung in den
beiden Orten Walhorn und Lontzen. Vor allem bringt es etwas Licht
in die Frage, wie es zu gewissen Rechten der Universität Löwen
in unserem Raum gekommen war.
Quellen und Anmerkungen
1) Man unterscheidet zwischen einer ersten und einer zweiten Bockreiterbande.
Die erste operierte von 1734 bis 1756, die zweite von 1762 bis 1776.
2) Siehe Will Hermanns, Gesammelte Werke, Bd. 1, Vlg. J. A. Mayer, Aachen,
1974, S. 160-162.
Victor Gielen, Die Mutterkirche und Hochbank Walhorn, 3. Aufl. 1987, S.
77-78.
Sieben Mitglieder der an dem Einbruch in Walhorn beteiligten "Wittemer
Ausgabee" wurden am 7. Januar 1740 bei einem Einbruch in das Brauhaus zu
Hoensbroich gefangen genommen. Ihr Anführer, Ernst Mistoris, dem Namen
82
nach ein Zigeuner, gestand unter der Folter den Mord an Pfarrer Henuse.
Fünf Männer wurden am 2. Mai 1740 gehenkt, zwei Frauen ausgepeitscht
und des Landes verwiesen. Die Verurteilten hatten jedoch nicht weniger als
78 weitere Personen als zur Ausgabee gehörend denunziert.
3) Hauptquelle dieser Untersuchung ist das Domarchiv Aachen,
"Besetzungsrecht Lontzen und Walhorn”" ‚I, A. 92; I, A. 94 und X, A. 24 B.
121.
4) Hauptstaatsarchiv Brüssel, Inventaire de l'Universite de Louvain, Nr. 5303:
Walhorn, nominations de 1709-1739.
5) Die Feste Limburg war nach der Einnahme durch die alliierten Truppen
unter dem Befehl des Herzogs von Marlborough am 10. September 1703 in
einem ruinösen Zustand. Die Landstände sahen sich genötigt, ihre Tagungen
nach Henri-Chapelle (Hotel de 1a Coronne//"€ jen Kruen") zu verlegen,
während das Gericht in Herve zusammentrat. .
6) Domarchiv Aachen, I, 1.A. 94
7) (Ebda
8) Ein Französisch sprechender Geistlicher begegnete natürlich denselben
Schwierigkeiten. Schon am 18.03.1616 richten sich die Einwohner von
Lontzen an den Propst der Aachener Marienkirche mit der Bitte, den Pfarrer
Reinhard Lambert nicht wieder als Pfarrer in Lontzen einzusetzen. Derselbe
habe Ärgernis erregt durch Skandale und sie seien "wegen seines Dienstes
und auch wegen seiner unverständlichen und welschen Sprache" von
Anfang an in keiner Weise und niemals mit ihm zufrieden gewesen
(Domarchiv Aachen, X, A. 24 B, 121).
9) Staatsarchiv Eupen, Gerichtshof Lontzen, ohne Aktenzeichen
9a) Indult: Vom Papst an Korporationen (in unserem Falle die Universität
Löwen) oder Einzelpersonen erteilte spezielle Bewilligung, an sich
bestimmten kirchlichen Stellen vorbehaltene Rechte selbst auszuüben.
10) Das Breve ist eine päpstliche Urkunde, weniger feierlich als eine "Bulle".
11) Placet: Genehmigung der Staatsgewalt zur Veröffentlichung bzw.
Durchführung kirchlicher Erlasse.
11a) Vermögensrechte, die zur Besoldung eines Geistlichen bestimmt sind
12) Hauptstaatsarchiv Brüssel, Conseil de Brabant, 2981 B: Propst, Vizepropst
und Pfarrer Ganser werden in Abwesenheit verurteilt und müssen die Kosten
des Verfahrens in Höhe von 77 Florins, 11 1/2 Sols tragen.
13) Domarchiv Aachen, I, 1. A. 94
14) Kollator: So heißt in der katholischen Kirche derjenige, der das Recht hat,
eine geistliche Stelle zu besetzen, eine Pfründe oder Stipendien zu vergeben.
15) Domarchiv Aachen, X, A. 24. B.121.
83
Auf dem Büchermarkt
von Alfred Bertha
Den Lesern der "Kirchenzeitung für das Bistum Aachen" ist Dr.
August Brecher kein Unbekannter. Eine große Anzahl seiner in der
Kirchenzeitung erschienenen Aufsätze zur Geschichte des Bistums
Aachen liegen jetzt als Buch vor unter dem Titel
"Miniaturen zur Aachener Kirchengeschichte -
Bilder aus 12 Jahrhunderten'', 275 Seiten mit 97 Abbildungen,
Einhard Verlag, Aachen, 1996, 34,80 DM.
Der Autor beginnt seine "Miniaturen" bei Karl dem Großen und
führt sie in chronologischer Reihenfolge bis zu dem1986 vertorbenen
Weihbischof Josef Buchkremer fort. Da begegnen uns bekannte und
weniger bekannte Gestalten der Aachener Kirchengeschichte, wie
z. B. Johannes Brammart, einer der Gründer der alten Kölner
Universität, der Stiftsdechant Peter Wimars, ein treuer Gefährte
des Nikolaus von Kues, oder der kaiserliche Hofhistoriograph
Heinrich Brewer, der von 1682-1711 als Pfarrer an St. Jakob wirkte.
Er stellt uns auch die verschiedenen Bischöfe oder Generalvikare
vor, die seit Berdolet (1802-1811, bzw. 1811-1825) und seit der
Wiedererrichtung des Bistums Aachen im Jahre1930 dasselbe geführt
haben, wobei das historische Umfeld weitestgehend Beachtung
findet, so z. B. bei der Würdigung des Widerstandes gegen das
Naziregime seitens Bischof Vogt und Weihbischof Buchkremer.
Die "Miniaturen" geben auch Einblick in das Wirken so bekannter
Persönlichleiten wie des Industriellen Andreas Ludwig Fey, des
Bischofs Johannes Theodor Laurent, des "unbotmäßigen" Kaplans
Dr. Carl Sonnenschein oder des von den Nazis ermordeten
‚Oberbürgermeisters Oppenhoff.
Auch weniger Ernsthaftes bringt der Autor: Die
Poschweckrevolution von 1846 findet ebenso ihren Platz in den
"Miniaturen" wie die Einführung des Christbaums in Aachen.
Wenn der Einhard Verlag zu dieser Veröffentlichung sagt, der
Autor biete hier ”’in seiner unvergleichlichen Manier, historische
Fakten in unterhaltsamer Form zu präsentieren, eine Lektüre aus
seinem Spezialgebiet, die bei jedermann Anklang finden werde”, so
kann man sich diesem Urteil nur anschließen und das Buch allen
heimatgeschichtlich interessierten Lesern empfehlen.
84
Memoires d'un valet de ferme*
(Hubert LENNARTS, 1907-1985)
present&s par Marc LENNARTS
NEUVIEME PARTIE
Avant de quitter mon premier emploi, j’£tais d&jä engage ailleurs.
Cette fois, le contrat fut conclu en mon absence. Les conditions
Etaient identiques, mais je touchais 175 francs au lieu de 115. La
ferme &tait cette fois aussi situge loin de la grand route, a deux pas .
de la fronti&re hollandaise, pres de la commune de Villen, et il
fallait emprunter un vieux chemin de terre pour y arriver. L’ex-
ploitation Etait de la m&me importance que celle que j’avais quit-
tee. La diff&rence, en ce qui me concerne, se situait au niveau du
travail; ici, l’E&cr&meuse &tait actionnee ä la main, tandis que chez
mon ancienne patronne, elle fonctionnait gräce a un moteur ä es-
sence. Figurez-vous que trois fois par jour, la täche &tait a renou-
veler. Trois fois par jour, le lait de 30 a 35 vaches passait dans
l’&cr&meuse actionn&e par la force de 1l’homme. A la vitesse vou-
lue par le fermier! Car, en tournant trop vite, la cröme &tait trop
Epaisse, donc en quantit& moindre; en tournant trop lentement, la
quantit& augmentait, mais la qualite diminuait. Alors, qu’en dites-
vous? Pendant 1’&t&, trois fois par jour, il me fallait traire 7 ou 8
vaches, alors qu’elles avaient chaud aussi, et puis encore tourner
l’&cr&meuse pendant une bonne demi-heure.
J’&tais loge dans une annexe situ6e dans le jardin. A quatre heu-
res du matin, le patron m’&veillait. Parfois, il ne lui Etait pas facile
de me tirer hors du lit. Pour &tendre le fumier, il avait une ma-
chine, la premi@re de ce type en Belgique. Malheureusement, il
arrivait qu’une pi&ce casse. Cela est arriv€ notamment peu apres
mon entr&e en service. Le forgeron du village estima que la ma-
chine &tait irr¶ble. Le fermier me montra la pi&ce cass&e, et je
lui expliquai comment on pouvait &ventuellement r&parer les de-
gäts. Il me regarda tout €bahi, et trouva mon idee judicieuse. Il
retourna directement chez le forgeron et revint tout joyeux et con-
tent d’avoir suivi les conseils d’un gamin.
* Pour la premi@re partie de cet article, voir «Im Göhltal», n° 58, pages 76 ä 102.
85
Un jour, je fus envoye tailler une haie; il fallait aussi la «rac-
commoder». Je n’avais jamais fait ce travail auparavant; je con-
naissais bien la th&orie, mais la pratique &tait tout autre chose.
Aussi, le chef jugea que je restais trop longtemps ä travailler le
long de cette haie. Mais en venant se rendre compte de ce que je
faisais, il me dit qu’il n’avait pas peur des moineaux ', que la haie
6tait trop bien taillge, et qu’il comprenait pourquoi je mettais autant
de temps ä faire ce qu’il m’avait demande. Je m’amusais bien
chez ce patron, surtout que je pouvais conduire les chevaux, que
j’ai toujours aim6€s. Mais, helas, il y avait des deboires aussi. Le
menage Gtait jeune, bien que le couple Etait d&jä assez äge. Les
parents commandaient les enfants comme 1’auraient fait des jeu-
nes. De ce fait, nous n’&tions parfois que trois pour faire tout le
travail: le fermier, la servante et moi. Quatre, lorque madame &tait
disponible. Il y avait un vieux cheval de 23 ans que je dus con-
duire a l’abattoir. J’aurais presque pleur& en pensant qu’äpr@&s tant
d’ann6&es de service, il aurait bien merit€ sa pension. Mais, rien ä
faire! II fallait que les quelques francs que Monsieur pouvait en-
core en tirer brillent dans son porte-monnaie. En fait, cet argent
Jui permettrait de boire quelques verres de bi&re en plus. Ce che-
val aimait bien la bi@re aussi et il lui est arrive d’entrer dans le
cafe oü son maitre avait completement oublie qu’il &tait en com-
pagnie de bibi (c’6tait le nom du cheval).
La servante &tait une Hollandaise fausse, malpropre et malgre
cela bien vue de son chef, peut-&tre ä cause de ses beaux yeux. Je
disais malpropre. Un soir, que nous tions rentres pour le souper,
le lait qui se trouvait sur le feu et qui devait &tre servi, cuisait et
menacait de d&border de la casserole. Savez-vous ce que fit la
servante? Elle cracha dans le lait, ce qui fut suffisant pour le main-
tenir dans la casserole. Je fis remarquer cela ä mon chef, qui gronda
un peu la jeune Hollandaise, mais pardonna aussitöt.
A cause de tout cela, mon s&jour dans cette famille ne dura pas
plus longtemps que n’avait dur& mon engagement prec&dent et
j’etais heureux de voir arriver la Toussaint. C’est ce jour 1ä que,
traditionnellement, les domestiques et les servantes changent de
place.
86
DIXIEME PARTIE
Les tractations men&es en vue de m’engager chez un autre fer-
mier furent cette fois effectuges en ma presence et j’eus mon mot
A dire. Aussi, ce n’etaient plus 115 ni 175, mais 300 francs que je
demandai A ce gros fermier, qui 6tait hollandais. Sa r&ponse fut
une question: «Est-ce que tu crois pouvoir gagner cette somme?
Parce que, ce n’est pas rien de 1a demander, il faut aussi pouvoir
travailler pour meriter cet argent.» Enfin, le marche fut conclu, et
je recus ce que j’avais demande.
L’entre&e pour acceder ä mon logement &tait la m&me que celle *
des chevaux. J’avais acc&s ä ma chambre par une porte d’escalier?
ce n’etait pas vraiment au dessus des chevaux que je dormais,
mais plutöt au dessus de la cuisine. Il y avait une entr&e speciale
pour le domestique. Le r&veil sonnait le matin ä cinq heures et
demie en hiver et a quatre heures en €t€. La ferme Etait mieux
situge que les deux pr&c&dentes; vraiment le long de la grand route
et beaucoup plus pres de chez moi. Mais, une fois de plus, beau-
coup de prairies de ce fermier longeaient le bois de Beusdael. Le
deuxie&me jour de ma presence 3 la ferme, je dus preparer les che-
vaux, sous les yeux du patron, naturellement. Il m’expliqua plu-
sieurs choses que je connaissais d&jä (puisque je conduisais aussi
les chevaux 3 la place pre&c&dente). Enfin, je le laissai causer, et ce
fut seulement dans la prairie qu’il constata que ce n’&tait pas la
premi@re fois que je conduisais les chevaux. Il en &tait tr&s heu-
reux et content, surtout qu’il n’aimait pas conduire.
L’homme ayant &t& veuf, avec un petit garcon ä charge, s’&tait
remari€. Il eut alors toute une serie d’enfants, car sa seconde femme
Etait plus jeune que lui. L’ain€, le fils issu du premier mariage,
n’6tait pas bien vu par sa seconde möere. Lui aussi a dü travailler
alors qu’il Etait encore tres jeune. Et comment! J’ai vu le fermier,
encourage par sa femme, frapper son fils au moyen d’un fouet. La
möre trouvait toujours ä redire ä propos du pauvre P.
Le matin, on r&citait le chapelet pendant la traite des vaches; on
priait en jurant sur les pauvres betes qui parfois souffraient de
leurs mamelles mais devaient donner le meilleur de ce qu’elles
87
pouvaient donner. La fermiere dominait son mari. La meilleure
preuve, nous l’avions pendant la fenaison. Un soir, aprös les tra-
vaux dans 1l’£table, nous allions chercher le dernier foin restant en
prairie, afin qu’il ne soit pas mouill& au cours de la nuit, Pour nous
encourager, le patron nous donna, ä l’ouvrier saisonnier et ä moi,
un bon cigare hollandais. Lui-m&me en prit €galement un, mais,
d&s que l’odeur du cigare venait titiller les narines de madame, il
fallait cesser de fumer. L’ouvrier saisonnier refusa de continuer ä
travailler pour eux, surtout a cause de madame.
A la Pentecöte, le fermier me demanda de rester chez lui apres
la Toussaint. Pour moi, il &tait pre&matur& de r£pondre. Aussi, je
m’en abstins. Plusieurs fois, il renouvela sa demande, mais moi,
j’hesitais, et je n’avais pas tort. Quelque chose se passait dans la
maison, mais quoi? Je n’arrivais pas ä le de&celer. Jusqu’au jour 0ü
Monsieur partit quelques jours en Hollande notamment. Je dus
descendre pour la premi&re fois dans la cave, afin d’y chercher les
barils de creme. Madame &tait enceinte, et ne pouvait se risquer
de le faire parce que ces tonneaux &taient trop lourds.
Dans la cave, je devais trouver la cause de ce climat malsain
qui regnait dans la maison: sur une planche se trouvait un grand
tas de margarine, destinge ä &tre melang&e au beurre de ferme. Ce
qui en augmentait considerablement la quantit& au detriment de la
qualit&. Depuis ce moment, ma decision fut prise, et chaque fois
que le fermier me demanda de rester ä son service, ce fut un «non»
cat&gorique. Ce qui l’&tonnait beaucoup; car, pour &tre juste en-
vers lui, j’aurais dü encore rester une anne ä son service. Toute-
fois, ce qui Etait inadmissible pour moi, c’&tait de savoir que j’&tais
chez un gros fermier et que je mangeais de la margarine...?
...En tout cas, quelques semaines apre&s mon depart, le fermier
se fit pincer en vendant du beurre falsifie au marche d’Aubel. Je
ne l’avais pas d&nonc€ et j’appris le fait par mon pere, qui me
demanda si je m’&tais apercu de cette affaire. Mais, je n’en avais
parl& ä personne. Ce chätiment ne fut pas le seul, car, un jour, en
revenant du march6, le cheval de mon ex-patron prit le mors aux
dents et provoqua un accident. Le fermier fut bless& ä tel point
que jamais plus il ne redevint un homme ä part enti@re }.
88
ONZIEME PARTIE
En quittant ce fermier, je ne voulais plus une place de domesti-
que, voyant que mes amis avaient des heures de loisirs que je pour-
rais avoir aussi en travaillant pour une entreprise *.
La Toussaint etait un mauvais moment pour changer de place,
et chez moi, on ne pouvait pas rester longtemps sans travail. Aussi,
trös aimablement, un de mes copains me trouva un emploi. Il s’agis-
sait d’effectuer des terrassements pour un patron aubelois. Ce der-
nier Etait entrepreneur en bätiments et proprietaire d’une sabliere.
En hiver, le sable &tait prepare pour Etre charge d&s que les condi-
tions climatiques rendaient possibles les travaux de construction.
Aprös l’hiver, je devins manoeuvre sur les chantiers. Ma täche
consistait A faire le mortier (sans 1l’aide de machines), et ä le trans-
porter aux macons, en gravissant les Echelles (au premier Etage,
puis au deuxieme, au troisieme...). Les briques Etaient distribuees
par mon copain. Le travail ä fournir &tait titanesque. II fallait fa-
briquer du mortier pour quatre ou cinq macons et les servir. Parmi
eux, certains n’Etaient jamais contents. Tantöt le mortier Etait juge
trop €pais, tantöt trop mou. Les murs sans fen&tres ni portes €taient
ma pref&rence; il fallait travailler plus, mais les macons &taient
toujours satisfaits.
Sur les chantiers, je travaillais plus durement que chez les fer-
miers. Mais, apr@s les huit heures de travail, les trajets a velo (qui
duraient souvent une vingtaine de minutes), j’6tais libre. Ce qui
fut pour moi un grand changement. Apres deux ann&es de travail
comme manoeuvre, j’aurais bien voulu apprendre le möetier de
macon, vu que, de temps en temps, je pouvais manier la truelle et
placer quelques briques. Mais le patron voyait la chose d’un autre
oeil, car un bon manoeuvre est pre&cieux aussi. Mes multiples de-
mandes restant infructueuses, je donnai mon preavis de conge au
chef, en pleine saison. Selon lui, je perdais vite patience.
Directement, j’allai m’engager chez un marchand de charbon
qui Etait aussi charretier. Me voiläa donc transporteur en quelque
sorte! Les activit& Etaient assez vari&es: conduire les fagots de
. 89
bois chez le boulanger, transporter des troncs d’arbre ä la scierie,
conduire du fumier chez les fermiers, le transport du foin... (pour
le foin, les fermiers devaient souvent payer mon patron en fonc-
tion du nombre de charret&es, ce qui offrait quelques inconve-
nients. Dans 1’int&ret du patron, je devais travailler par petites char-
ret&es; par contre, pour les fermiers, la charrette devait toujours
&tre pleine ä craquer). Je fournissais aussi les fourrages dans les
fermes isol&es. On vidait &galement des wagons de farine pour le
compte des boulangers, et puis les wagons de charbon.
La journ&e debutait ä 6 heures du matin: nourrir et abreuver les
chevaux, les brosser, puis me laver, me raser, nettoyer mes sou-
liers et manger, atteler les chevaux enfin. Dans les fermes, il fal-
lait que je sois a pied d’oeuvre pour 7 heures; pour les autres clients,
l’horaire &tait plus variable.
Voici une petite anecdote. Lorsque je travaillais pour les fer-
miers, j’Etais nourri par eux. Un jour, dans une ferme isol&e, je
devais amener du fumier assez loin des bätiments, dans une prai-
rie. Apres la premi@re charret&e, je fus invit& au petit d&jeuner.
Savez-vous ce qui m’est arrive dans cette famille? Le fermier et
sa femme se partagerent un oeuf pour eux deux. Leurs deux en-
fants durent Egalement se contenter d’un demi-oeuf chacun, et
moi, par politesse, j’en recus un entier.
Les chevaux devaient &tre ä 1’&curie pour 18 heures; leur jour-
N6&e &Etait alors terminee, mais pas la mienne! Je devais encore pre-
parer leur nourriture du lendemain, en coupant la paille ä 1’aide de
mes mains pour la m€langer ä l’avoine.
Sur le plan des heures de loisirs, le r&gime &tait presque identi-
que ä celui que je connaissais en tant que domestique, sauf que les
dimanches j’&tais libre apr&s avoir soigne les chevaux en matinee.
Je logeais sur place, mais, cette fois, comme un homme, dans une
chambre confortable, dans 1a maison m&me du patron. Monsieur
avait Epous€ une fille d’un n&gociant en denr&es coloniales. La
difference d’origine sociale fut souvent la cause de disputes entre
les deux partenaires 5. Lorsque je partais travailler dans le bois,
Madame devait preparer de la nourriture pour moi, l’ouvrier. Ce
91
se moquait souvent de moi. Mais les trois francs cinquante a l’heure
me suffisaient pour passer 1’hiver.
Un jour, alors qu’il neigeait, il fallait absolument de&charger un
wagon de fils ä la gare. L’homme qui s’occupait du cheval &tait un
pauvre vieux qui avait peine a accomplir sa täche. Comme il nei-
geait, ce charretier voulait d’abord se rendre 4 Gemmenich chez
le forgeron, afın de faire placer des cales aux pieds du cheval.
Notre homme craignait en effet que le cheval ne tombe. Mais quelle
affaire pour le patron! Et quelle perte.de temps cela allait occa-
sionner, en plus du chömage qu'’il faudrait payer pour le wagon. A
cela s’ajoute qu’on avait besoin du fil pour satisfaire les clients.
Cette circonstance &tait pour moi 1l’occasion de donner du poids ä
ma situation; du moins, je l’esperais! Je demandai au vieux bon-
homme s’il voulait que je m’occupe moi-meme de l’operation.
Avec son consentement et celui du patron, je me mis ä l’ouvrage.
Le materiel n&cessaire Etait a ma disposition, et le travail fut ef-
fectu& en quelques instants seulement, car le cheval &tait gentil
comme un mouton que 1l’on tond. L’ouvrier fut tr&s content et le
patron aussi, car il ne perdit ni temps ni argent. Aussi, quelques
jours plus tard, je voulus profiter de cette histoire pour demander
une augmentation de salaire au patron. Etant donne qu'il etait ca-
pable de couper un franc en deux, il me r£pondit qu’il avait a
rEflechir. Mais le soir-m&me, mon jeune frere me proposa de chan-
ger de place et de gagner au moins un franc de plus par heure;
seulement, je ne disposais pas de beaucoup de temps pour refl&-
chir. Il devait donner la reponse le matin suivant ä son contremai-
tre. J’acceptai &videmment cette proposition. Je ne travaillerais
pas dans la m&me section qu’Eug@ne, qui &tait ajusteur, mais
comme manoeuvre dans une autre division de l’entreprise qui 1’0c-
‚cupait. En d&posant mon pr&avis a Plombi@res, j’appris que le pa-
tron avait d&cid& de m’octroyer cinquante centimes d’augmenta-
tion. Mais il &tait trop tard! S’il avait accorde directement l’aug- *
mentation sollicit&e, je ne me serais pas laisse tenter par l’offre de
mon fröre; car, pour me rendre a Verviers, il fallait payer chaque
semaine un coupon de chemin de fer. Mais, je ne voulais pas man-
quer ä la parole donnee. Me voilä donc a Verviers, dans une fabri-
que de machines textiles. Le premier jour, apr&s avoir pris con-
naissance des lieux, je m’attelai ä la täche. En saisissant la poi-
9
gn&e d’un wagonnet, j’eus les mains pleines de graisse dont un
apprenti avait enduit la poigne&e du wagonnet pour voir de quel
bois je me chauffais. Sous les regards approbateurs et satisfaits
des autres ouvriers, je pris un morceau de ballot (il y en avait
beaucoup dans l’usine) pour essuyer la graisse. Ce n’6tait pas la
premi@re fois que cela s’&tait pratique, et certainement pas la der-
ni&re. L’apprenti en question fut en quelque sorte puni par lä 0 il
avait p£che, car ses limes furent souvent graissees aussi. Je me
plaisais bien dans cette usine et la journ&e passait vite, car on ne
restait jJamais longtemps ä la meme place et il y avait de l’occupa-
tion tant qu’on voulait. Nous &tions quatre freres ä effectuer cha-
que jour le trajet entre Sippenaeken et Verviers, matin et soir. Cela
Nous prenait 50 minutes. Aussi, nous demandämes ä notre pere de
vendre notre petite maison et d’en acheter une autre, plus pres du
lieu de travail. Mais, rien a faire. C’&tait la maison acquise gräce
au travail de mon grand-pere maternel. Notre pere avait fait les
möemes trajets pendant des annges. Pourquoi ne pouvions-nous pas
les faire, nous aussi? Dans quelques anne&es, nous serions mari6&s,
et eux voulaient mourir a Sippenaeken. L’usure des souliers et la
perte de loisirs n’entraient pas en ligne de compte pour eux.
TREIZIEME PARTIE
Parlons un peu d’amour. J’ai rencontre& ma premiere, ou plutöt
celle qui allait devenir ma femme, un jour que je fus envoy&€ ä
Welkenraedt pour chercher du fumier que je devais transporter
dans une prairie a Henri-Chapelle. Apres la premi&re charret&e, la
patronne de la maison nous invita, son domestique et moi, ä boire
une tasse de cafe. Ce qu’on ne refusa naturellement pas.
Ce ne fut pas madame elle-m&me qui s’occupa de nous, mais la
servante, qui avait &t€ un peu surprise, et qui devait encore prepa-
„rer le caf@, J’avais jet& un regard sur cette demoiselle et j’avais
remarque qu’elle avait fait du cafe avec de l’eau non bouillie. En
prenant la route pour Henri-Chapelle, avec ce pre&cieux fumier, je
demandai des renseignements sur le compte de la servante au do-
mestique qui m’accompagnait. Ses propres dires furent: «ca, c’est
une bonne fille, propre, serieuse, travailleuse, honn&te, et tr&s reli-
gieuse». «Qui, dis-je. Elle est tellement s&rieuse qu’elle nous a
93
prepare du cafe avec de l’eau non bouillie». Il me r£pondit: «D’oü
sais-tu cela? Tu 1’as vu? C’est maintenant que tu 1’as remarqu6?»
On en parla souvent pendant la journ&e, et j’ai l’impression que la
servante a Et& mise au courant, car chaque fois que nous reve-
nions, elle nous presentait une bonne tasse, bien chaude, et d’un
delicieux aröme. Ceci, sans doute, pour r£parer les erreurs du matin.
J’avais appris son nom par le domestique. En le prononcant (ce
que j’avais fait pour provoquer un sourire), je fis Eclater le sourire
aimable qu’elle cachait au fond de la bouche. Apr@s la derniere
charret&e, je rentrai chez mon patron avec les chevaux. Le domes-
tique, quant ä lui, devait retourner a Welkenraedt par ses propres
moyens. Avant de nous quitter, je lui demandai de remettre un
bonjour de ma part a la jeune fille. Il me r&pondit que quelqu’un
d’autre lui faisait la cour, et que, par cons&quent, je n’avais pas
beaucoup de chance.
Quelque temps plus tard, je revis le domestique et je lui deman-
dai ce qu’avait dit la servante. Il &tait charg& de me transmettre le
message suivant: «Les bonjours ont des pieds». Ce qui signifiait:
«Si tu veux me parler, fais-le toi-m&me, et non par l’intermediaire
de quelqu’un». Aussi, je me rendis chez elle sans prevenir, le jour
de la kermesse de Welkenraedt. Arrive ä destination, je vis un autre
jeune homme röder aux alentours de la maison; il avait l’air d’at-
tendre la jeune fille. J’allai donc me presenter, et fus recu par la
maitresse de maison, qui m’annonca que Marie &tait encore tr&s
occup$e, et qu’elle serait a ma disposition dans une demi-heure.
Je fus introduit ä la cuisine, o0üı j’eus de temps en temps l’occasion
de voir la jeune fille. Mais elle semblait bien embarrass&e; ce qui
est comprehensible! N’y avait-il pas un jeune garcon dans la mai-
son, et un autre qui rödait pas loin? Marie m’a dit, par la suite, que
j’avais &t€ choisi par sa patronne, qui aimait sa servante du fond
du coeur. J’ignore ce qui s’est pass, mais, le jeune homme rödeur
avait disparu ä notre sortie.
La maison ol Marie &tait occup&e Etait vraiment situge au cen-
tre de Welkenraedt, et nous Etions directement ä la foire. Nous
n’avions pas fait 100 mötres, que nous risquions quelques francs
chez un forain, ce qui nous fit gagner un service complet pour le
diner. Cela indiquait que nous devions continuer a nous voir. Elle
94
Etait autorisge a sortir jusqu’ä dix heures seulement, &tant donne
que sa patronne recevait des gens, et qu’elle devait, de ce fait,
preparer le souper. Cela m’arrangeait tr&s bien, car, le lendemain
matin (lundi) commengcait pour moi et mon chef une rude periode:
la fenaison. Cette periode etait la plus Ereintante. Les fermiers,
apröes le fauchage et le s&chage des herbes, entassaient le foin en
petites meules. Ils attendaient alors l’arrivge du charretier pour
rentrer le foin au fenil. En attendant, ils se reposaient. Ainsi, mon
patron et moi trouvions chaque jour des fermiers repos&s et qui ne
songeaient ä rien d’autre que de rentrer le foin le plus vite possi-
ble et avant que le temps ne devienne pluvieux. Mon patron s’en
accommodait fort bien; plus vite le foin &tait rentre, plus il encais- ”
sait d’argent. En effet, pendant ce temps de la fenaison, il se fai-
sait payer par charret&e. En me versant la paye ä la fin du mois, il
tint compte du surcroit de travail occasionne par la fenaison. Non
sans souligner qu’il n’aurait jamais cru que j’aurais rentre autant
de charret&es (et par cons&quent, autant d’argent; ce qu’il se gar-
dait bien d’avouer!).
Chaque fois que j’&tais de passage ä Welkenraedt, j’allais dire
bonjour ä Marie. Un jour, je fus invite A lui rendre visite chez ses
parents, 4 Montzen, ce qui me permettrait de demander «l’entree»
a mes futurs beaux-parents. Le dimanche venu, apr&s avoir dine
chez mes parents ä Sippenaeken, je me mis sur mon trente et un,
et j’enfourchai ma bicyclette pour aller conquerir les parents de la
jeune fille. Marie et ses parents, son unique fr&re et ses deux soeurs,
se trouvaient devant leur maison et m’autorisaient ä rentrer chez
euX.
QUATORZIEME PARTIE
Aprös avoir fait plus ample connaissance, la future belle-mere
m’autorisa ä revoir sa fille. Seulement, nos «entrevues» se feraient
toujours en sa presence, et il nous &tait interdit de faire des prome-
nades. Le soir, ä neuf heures, je devais quitter les lieux, sans m’at-
tarder trop longtemps devant le seuil de 1a maison avant de pren-
dre conge de Marie. ’{..........}
95
Mes parents avaient invite la jeune fille a l’occasion de la ker-
messe du village de Sippenaeken, car ils voulaient faire connais-
sance avec celle qui allait devenir ma femme. La premi&re anne,
l’autorisation ne fut pas accordee par la mere de ma fianc&e; et ce
n’est que l’annee suivante que Marie put re&pondre A l’invitation.
Mais, attention! A huit heures du soir, nous devions &tre rentr&s au
bercail, 4 Montzen. Ce qui nous obligeait en fait a quitter
Sippenaeken vers cinq heures et demie.
Nous n’&tions pas encore ä mi-chemin, que ses parents, son frere
et ses soeurs venaient ä notre rencontre. A leur vue, je voulus re-
brousser chemin pour retourner ä la kermesse, puisque Marie allait
Etre reconduite par ses parents. Une fois de plus, je c&dai A leurs
demandes et restai en leur compagnie. D’une certaine facon, si sa
möre &tait si s&vere, connaissant les dangers que courent les jeunes
filles en pareille occasion, elle croyait agir pour le bien de sa fille.
Marie n’y &tait pour rien. En tout cas, ce ne fut pas fort agreable
pour moi, et mes parents n’en Etaient pas fort contents non plus.
J’&tais donc rentr& ä Montzen pour huit heures, comme prevu. A
neuf heures, quand je voulus quitter comme d’habitude, la mere
me proposa de rester encore une demie heure en r&compense de
mon exactitude; mais j’Etais determine a E&tre ponctuel aussi pour
mon depart. Je quittai donc ma fianc&e, qui avait les yeux pleins de
larmes; elle craignait que j’aille m’amuser avec d’autres jeunes
filles. Je lui promis de rentrer chez moi et de me mettre au lit. Ce
que j’ai fait effectivement, malgre les incitations de mes freres et
soeurs, qui insistaient pour que je les accompagne ä la foire.
Si on avait voulu «sauter la planche», on en aurait souvent eu
l’occasion. En effet, la patronne de Marie n’6tait pas s&vere du
tout. Elle m’invitait de temps en temps ä rendre visite ä sa ser-
vante pendant quelle s’absentait. Un jour, la mere de ma fianc6e
en a eu vent. J’ignore comment. Peut-&tre Marie en avait-elle parle
ä ses soeurs (puisque toutes les jeunes filles aiment parler de leur
fianc6£). Ces derni@res ont-elles alors jug& opportun de relater les
faits a leur mere? Quoi qu’il en soit, je fus interrog& par cette
derni&re et, heureusement, j’eus la chance et le courage d’&tre franc
et de reconnaitre que j’avais vu sa fille 4 Welkenraedt, et que j’avais
&t€ invite par la patronne 3 aller voir Maricke. ® {......}
96
QUINZIEME PARTIE
Apres quelque temps, ma fianc&e commengca ä parler mariage.
Et pourquoi pas? Elle devait vivre separ&e de ses soeurs, et moi, je
devais faire tous ces trajets entre Sippenaeken et Montzen, et ca,
par tous les temps. La nouvelle se r£pandit vite. Tellement vite
que je n’avais pas eu le temps d’en parler moi-me&me ä mes pa-
rents. Un jour, ä mon retour du travail, ma m@re m’en parla et
demanda pourquoi mon pere et elle devaient apprendre cette nou-
velle par autrui. 5
Pour mon mariage, mes parents avaient le droit de me faire
attendre jusqu’ä 1l’äge de 28 ans, parce que papa avait arrange les
affaires de telle sorte que je sois libre du service militaire. La loi
disait alors que le fils ain€ de sept enfants avait le droit d’&tre
libre. Or, mon fr&re ain&, Alphonse, s’&tait engage volontairement
a l’armee pendant la guerre. Par ailleurs, mon frere puine avait
insist& pour effectuer aussi son service, par crainte de devoir res-
ter ä la disposition des parents jusqu’ä l’äge de 28 ans. Restaient
donc mon plus jeune frere Eugene et moi pour qui le pere pouvait
esperer faire valoir ses droits. Aussi, lorsque je recus mes pre-
miers documents militaires, mon pere insista pour que je demande
ä Etre dispens€. Je me pliai A ses desirs, ä la condition que si 1’o0c-
casion se prEsentait pour moi de me marier avant l’äge de 28 ans,
il devrait me laisser agir a ma guise, et sans y mettre d’obstacle.
Depuis lors, je pus garder mon salaire, que j’avais toujours re-
mis int&gralement ä mes parents auparavant. Seulement, il Etait
hors de question que je recoive encore la moindre chose d’eux
avant le mariage. L’affaire Etait donc r&gl&e chez moi. Restait a
parler aux parents de la jeune fianc&e.
La täche fut facile, puisque c’est eux qui aborderent en premier
la question, pour savoir ce que mes parents en avaient dit. Eux
aussi marquerent donc leur accord. Seulement, ici aussi interve-
nait l’aspect financier. Je leur dis que j’avais quelques &conomies,
que desormais je pouvais garder mon salaire et qu’en attendant
encore quelques mois, j’aurais r&uni une somme suffisante pour
acheter les meubles n&cessaires a un jeune m&nage. La tradition a
7
ce moment voulait que le jeune homme achöte les meubles et les
ustensiles de jardinage et de bricolage. La jeune fille, quant ä elle,
devait s’occuper de la cuisiniere et des lingeries.
Le jour de notre mariage approchait ä grands pas. Tout &tait
pay€ et tout Etait pret. Neanmoins, j’aurais bien voulu acheter un
costume pour ce grand jour, mais l’argent me manquait. Mes pa-
rents voulurent me donner 100 francs, que j’ai refus& sous pr&-
texte qu’on ne peut acheter un nouveau costume pour cent francs,
möeme de qualit& mediocre. Finalement, mon beau-frere me preta
son costume pour le grand jour. J’avais aussi ä mettre l’apparte-
ment en ordre pour recevoir la jeune mariee. Apres paiement du
taxi pour mes parents et moi, il ne me restait plus que 80 francs
pour fonder le foyer. Par surcroit, je commencai a chömer quel-
que temps avant le mariage. Aussi, j’aurais bien voulu retarder la
date de la cEl£bration, mais ma fianc&e ne voulut rien en savoir,
pretextant qu’elle pourrait travailler ä nouveau pour la patronne
qu’elle avait quitt&e quelques jours auparavant °.
Heureusement, le chömage ne dura pas trop longtemps. Lors-
que le travail reprit, on avait quelques grosses commandes dans
V’entreprise. Jusqu’alors, j’avais toujours travaill& comme manoeu-
vre; mais le jour arriva ol une commande &tait si urgente que le
vieux peintre en machines ne parvint plus ä suivre la cadence. Je
fus choisi pour l’&pauler. L’homme avait travaill& si dur que peu
de temps apres ma d&signation pour le seconder, il devint malade
et mourut sans avoir eu le temps de m’expliquer toutes les ficelles
de son metier. Je fus choisi pour remplacer le defunt au travail.
Cette promotion &tait interessante, tant en raison du travail lui-
möeme que du salaire, qui n’&tait pas ä dedaigner.
SEIZIEME PARTIE c
A l’occasion de mon mariage, les ajusteurs et les monteurs de
machines avaient r£&uni une certaine somme d’argent pour m’of-
frir un cadeau. Mais, quel cadeau! Une &tagere garnie de r&ci-
pients, grands et petits, ainsi que de deux bouteilles en porcelaine.
L’objet portait une plaque en cuivre grav6e de l’inscription sui-
98
vante «A notre ami. De la part de ses amis de l’atelier Houget».
Malheureusement, cette piece fut presque totalement detruite en
1944, lorsqu’une bombe volante tomba pres de notre maison.
Nous &tions une quinzaine de notre region ä travailler a l’ate-
lier, et autant ä la fonderie. Pour les Vervietois, nous &tions les
«flamins». J’admets que nous ne parlions pas le francais et le wal-
lon aussi bien qu’eux, mais quand nous parlions entre nous, ils ne
comprenaient absolument rien. Alors, qui est le boeuf? Celui qui
parle plusieurs langues ou celui qui est unilingue? Un jour, un
certain Marcel, de Stembert, avait 1’air de se moquer de moi, parce
que je n’avais pas tout de suite saisi ce qu’il me demandait en
wallon. Je lui ai r&pondu que le jour viendrait oü les Wallons se-
raient mang&s par les Flamands. Ce qu’on peut observer actuelle-
ment.
Lorsque j’eus acquis une certaine maitrise de mon nouveau
mötier, et apres müre reflexion, je demandai au contremaitre de
pouvoir travailler «ä la pi&ce», puisque le carnet de commande
Etait bien garni. Sa r&ponse fut: «Je dois refle£chir, parce qu’on n’a
Jjamais peint ‘A la pi&ce’ et «parce que, par cons&quent, aucun prix
n’a jamais &t& fix6 en fonction de cette formule de travail». La
decision se fit attendre jusqu’au jour oü le directeur passa et
m’adressa la parole pour me demander si une commande en cours
serait prete pour la fin de la semaine. Apres avoir r&pondu affir-
mativement, je m’enquis aupr@s de lui si je pouvais formuler le
desir de travailler ä la piece. Le directeur me repondit que j’avais
A m’arranger avec le contremaitre, mais qu’il y Etait, quant a lui,
favorable. Je Ilui dis alors que j’avais d&jä effectu€ 1a d&marche
aupr&s du contremaitre, que ce dernier s’&tait fix& un temps de
reflexion, mais que 1’affaire durait d&jä depuis quelques semai-
nes. Le directeur fit demi-tour et alla interpeller le contremaitre,
qui ne tarda pas A venir me presenter ses excuses, disant que cette
affaire lui avait £chappe.
Depuis lors, je dus inscrire combien de temps je consacrais ä
chaque pi@ce, pour chaque num&ro, de mani@re a pouvoir calculer
un prix. Au debut, j’allais mon train, mais apr&s avoir vu les prix
noir sur blanc, je travaillai dur et parvins a me faire de bonnes
99
quinzaines. On nous payait chaque semaine; la premiere semaine
on percevait un acompte, la semaine suivante le solde. Je gagnais
bien ma vie et il m’arrivait parfois de devoir diff&rer certains tra-
vaux ä la semaine suivante, parce que j’avais gagne trop.
Maintenant, parlons un peu des d&menagements multiples du
menage. Mon premier appartement se situait 4 Welkenraedt, dans
un immeuble habit& aussi par deux autres mEnages. Le rez-de-
chauss6&e &tait occupe par un jeune couple. Le premier Etage par la
proprietaire et moi avec ma jeune Epouse. La rue 0ü Etait implante
le bätiment portait le nom de «boulevard». Mais quel boulevard!
Un chien aurait h&sit& & emprunter cette route. Qu’importe! L’ap-
partement avait &t& choisi par ma femme, et ce qui €tait bien ä ses
yeux Etait certainement a ma convenance. Et puis, il y avait la
question de l’argent, qui nous emp&chait de voir plus grand.
Aprös trois mois de mariage, et lors d’une visite chez mes pa-
rents a Sippenaeken, ma mere me demanda si ma femme n’6&tait
pas encore enceinte. Je lui r&pondis qu’on avait le temps et que ca
ne pressait pas. Alors, elle se fächa, en me disant «Si tu t’es marie
pour faire des bE&tises, tu aurais mieux fait de rester chez nous». A
notre visite suivante, je pus annoncer un heureux &ve&nement a ma
mö&re, qui s’en trouva tr&s heureuse et formula le voeu que ce soit
un garcon, car le seul gargon parmi ses petits enfants Etait mort.
Son voeu fut exauc€, mais, malheureusement, elle n’a pas eu grande
joie, car une jaunisse la terrassa, et elle eut seulement une seule
fois l’occasion d’embrasser le jeune Lennarts. Sa maladie l’avait
emport&e ä l’äge de 61 ans. Peu apres, ma belle-mere devint ma-
lade a son tour, et aussi s&rieusement. Elle souffrait d’h&morra-
gies, ce qui n’avait rien d’exceptionnel pour une femme de son
äge. C’6tait ä elle que revenait l’honneur de devenir marraine de
mon fils, mais comme la maladie 1’en empecha, elle del6gua sa
fille (ma belle-soeur). Ma bellle-m&re souhaitait toujours avoir
ma femme ä ses cöt6s. Toutefois, vu que cette derni&re travaillait,
ce n’&tait pas toujours possible.
Un jour, pendant mon absence, mon beau-pere vint «tourner la
tete» A sa fille. II voulait que nous d&menagions ä Montzen, pour
que ma femme puisse faire le menage chez Iui. Il avait trouve
100
pour nous une petite maison avec un grand jardin. Le loyer n’&tait
pas trop Elev6e mais Marie devrait s’occuper de la lessive du m6&-
nage du proprietaire.
NOTES
! «ne pas avoir peur des moineaux»: s’agit-il d’une expression traduite du pa-
tois pour signifier, dans ce contexte, que 1’auteur s’appliquait avec un soin
excessif a tailler la haie?
? Ici, un court passage du texte, compos€ de deux phrases seulement, a EtE
censure, De mani&re A Eviter toute diffamation...
3 «Jamais plus il ne redevint un homme ä part enti&re». Cela donne a penser
que le pauvre perdit dans 1’aventure jusqu’ä ses attributs mäles... I
* Cette courte phrase pourrait justifier de tr&s longs commentaires. Relevons
simplement que !’auteur est a un tournant de sa vie professionnelle. A travers
son t&moignage personnel, on sent en fait basculer toute une frange de la
soci&t€ rurale dont il fait partie d’un syst&me socio-£&conomique encore fort
marque de relents d’ancien r&gime, vers la societ€ des loisirs du XX&me si&-
cle, qui se d&veloppe tres rapidement A partir de 1930 environ, lorsque le
prol&tariat acc&de enfin a un mieux-&tre (rappelons, ä cet Egard, que le suf-
frage universel pur et simple - uniquement pour les hommes ! - ne date que de
1918 dans notre pays et que c’est une loi de 1921 qui instaura la journ&e de
huit heures et la semaine de quarante-huit heures).
5 Il est frappant d’observer que l’auteur t&moigne, ä plusieurs reprises dans son
texte, de l’existence d’une «conscience de classe». Les diff&rences de condi-
tions sociales semblent percues de mani@re tre&s marqu&e a 1’Epoque (tant par
l’auteur que par ses contemporains). Par ailleurs, on peut raisonnablement
penser que le sentiment d’appartenance ä un groupe social &tait alors beau-
coup plus fort qu’il ne l’est quelque septante ans plus tard.
$ La «Soci&t€ mini&re et metallurgique de Pennaroya» suspendit ses activites a
Plombi@&res en 1922. Les bätiments et le site industriel furent vendus en 1939
A la Manufacture de Treillis et de Toiles Metalliques. La Pennaroya conserva
cependant son droit de concession (voyez l’article Bleyberg in Im Göhltal,
num&ros 49-50, p. 127).
7 Des passages du texte {.......} ne sont pas publies (ils contiennent des infor-
mations d’intEr&t essentiellement familial).
3 WVoyez supra, note 25.
? Le mariage fut c&l£br€ a Montzen le 24 avril 1930 (un jeudi). Il est curieux de
noter que le mariage du pere de l’auteur, cEl£bre a Sippenaeken en 1893, a
aussi eu lieu un jeudi.
Erratum
En fin de note 6 (voyez p. 100 du n° 58 de la revue), une ligne a saute€ lors de
l’impression, rendant le texte inintelligible. Il y a lieu de lire:
« Faut-il y voir un indice d’un rapport particulier qu’entretenaient jadis les habi-
tants de Sippenaeken avec les goupils?»
101
Tätigkeitsbericht 1996
von Herbert Lennertz
Auch im 30. Jahre nach ihrer Gründung hat unsere Vereinigung
ein vielseitiges und ansprechendes Programm angeboten, dessen
Schwerpunkte auf Vorträgen und Exkursionen lag.
Vorträge
Die Generalversammlung am 21. Januar 1996 im Kelmiser
Kulturhaus "Select" wurde , wie bereits üblich, mit einer Dia-Schau
von Alfred Bertha auf die Mehrtagesfahrt nach Norddeutschland
mit den Hansestädten Bremen, Hamburg und Lübeck (11.- 16.
Juli1995) abgerundet.
Am 8. 3. 1996 folgte ein Vortrag von A. Bertha über "Limburg,
vom Herzogtum zur Provinz''. Wie entstand das frühere
Herzogtum? Wie war es gegliedert? Was brachte die Schlacht von
Worringen für Limburg? Das Herzogtum und die Länder von
Overmaas. Die Entstehung einer belgischen und einer nieder-
ländischen Provinz Limburg: Das waren einige der Themen dieses
Dia-Vortrages.
"Island, Vulkan am Polarkreis" , ein Dia-Vortrag von Dr.
Nikolaus Schmitz, am 29.11.1996, führte in eine der letzten
Naturlandschaften Europas, in ein Land, das trotz unwirtlichem
Klima und lebensfeindlicher Landschaft einen außerordentlichen
Reiz für die Geologen aufweist, liegt es doch auf der Bruchzone
zwischen Nordamerika und Europa und wird durch den daraus
resultierenden Vulkanismus geprägt. Feuer und Eis, Vulkane und
Gletscher, Lavawüsten, Geysire und Wasserfälle: Das ist Island,
das auch einen Tourismus bietet, der abseits der Zivilisation zu den
Naturschönheiten am Polarkreis führt.
30 Jahre Göhltalvereinigung.
Mit einem Kolloquium über die heutigen Aufgaben und
Möglichkeiten eines Geschichtsvereins haben wir am 14.12.1996
im "Select" das dreißigjährige Bestehen unserer Vereinigung
begangen. Als Referenten hatten wir gewinnen können:
Herr Dr. Alois Döring vom Landschaftsverband Rheinland,
Abteilung Volkskunde, Bonn,
Herrn Dr. Wolfgang de Bruyn, Leiter des Amtes für
Denkmalpflege im Landkreis Oder-Spree und
102
Herrn Dr. Carlo Lejeune, Verfasser verschiedener fachbezogener
Werke zu den Themen Volkskunde und Kulturbeziehungen.
Dr. Döring wies in seinen Ausführungen auf die gemeinsamen
kulturellen Wurzeln des Rhein-Maas-Gebietes hin und plädierte für
eine partnerschaftliche und grenzüberschreitende Zusammenarbeit,
die in den Bereichen Volkskunde, Sprachforschung und
Stadtgeschichte möglich sei. Eine solche Zusammenarbeit könne
mit Privatpersonen, aber auch mit Vereinen und Institutionen
stattfinden. Möglichkeiten des Austauschs böten sich in
Veröffentlichungen, bei flächendeckenden Umfragen, bei der
Erstellung von volkskundlichen Filmdokumentationen (Themen der
Alltagskultur) usw. Ziel der Arbeit müsse das Zusammenwachsen -
der Region an Maas und Rhein sein. Die Geschichtsvereine sollten
die Themen so bearbeiten, daß sie nicht nur einen gebildeten
Leserkreis ansprechen und durch Studienfahrten und
Filmvorführungen Breitenarbeit verrichten, "Der Heimatforscher
hat vor Ort den besseren Einblick", so Dr. Döring.
Dr. W. de Bruyn, dessen Landkreis an Polen grenzt, meinte,
Grenzgebiete hätten "ihre eigenen Gesetze". Er wies hin auf die
Bedeutung der Tradition und der regionalen Identität. Identität
beruhe auf dem Gefühl, etwas Eigenes zu haben, etwas, das von
den Nachbarn unterscheidet. Bodenständigkeit gehöre zur Identität
und "sich nicht überall zuhause zu fühlen, ist ein Vorteil". In einem
Grenzgebiet, wie dem deutsch-polnischen, wo in der jüngeren
Vergangenheit Massenaussiedlungen die Geschichte geprägt haben,
ist das Bewußtsein um die Region, in der man lebt, bei den
Neubürgern wenig ausgeprägt. Die Tradition wurde unterbrochen.
Auch ist an diesem sensiblen Schnittpunkt Deutschland-Polen
Geschichte so schwierig aufzuarbeiten, daß manche es vorziehen,
den Faden der Geschichte 1933 abreißen zu lassen ... Es ist einfacher,
sich der Geschichte zuzuwenden, "die nicht mehr wehtut".
Das Stichwort von der "Geschichte, die nicht mehr wehtut" griff
Dr. Carlo Lejeune in seinem Referat auf, um darauf hinzuweisen,
daß gerade auch in Ostbelgien die jüngere Vergangenheit in der
Arbeit der Geschichtsvereine zu sehr tabuisiert werde.
Hauptthema des Referates von Dr. Lejeune war jedoch die
Beziehung zwischen Nation und Kultur, wobei letztere Gefahr läuft,
von der Nation (sprich: Politik) vereinnahmt zu werden. Wir werden
das Referat von Dr. Lejeune in der nächsten Nummer unserer
Zeitschrift veröffentlichen.
103
Exkursionen und Wanderungen
Am 8.3.1996 führte Herr Willi Palm die erste Exkursion des
Jahres 1996, die nach Köln führte, wo das "Imhoff-Stollwerk-Mu-
seum" besichtigt wurde.
Zwei flämische Kulturstädte, Tongern und Mecheln waren die
Ziele einer Ganztagesfahrt am 19. Mai (Ltg. A. Bertha). Es bot sich
auch ein Besuch der alten (herrlich restaurierten)
Deutschordensritterkommende von Alden Biesen an. Schwerpunkte
der Stadtbesichtigung in Tongern waren die römische Stadtmauer,
der Beginenhof und die Kathedrale ULF.
In Mecheln, das zu Zeiten Kaiser Karls V. Residenz der
Statthalterin der Niederlande war, beeindruckten vor allem die
mächtige St. Rombouts-Kathedrale, die Kirche St. Peter und Paul,
die Residenz der Statthalterin und die vielen alten Bürgerhäuser.
Eine naturkundliche Wanderung zu den Seffenter Quellen am
2. Juni 1996 unter der sachkundigen Führung von Dr. Nikolaus
Schmitz (VHS-Aachen) bot Einblick in die Entstehungsgeschichte
des geologisch höchst interessanten Raumes zwischen Seffent und
Melaten.
"Frühling im Venn' war das Thema einer von Frau Astrid
Schmitz und Herrn Robert Scholzen geführten naturkundlichen
Wanderung am 9. Juni, wobei die Teilnehmer an Hill und Getzbach
entlang durch das "Brackvenn" bis zu "Kaiser Karls Bettstatt" und
zum "Herzogenhügel" wanderten.
Rom und Florenz waren die Schwerpunkte der diesjährigen
einwöchigen Studienfahrt (10.-17. Juli) unter der Leitung von Her-
bert Lennertz. Hin- und Rückfahrt wurden jeweils in Cadenabbia
am Comer See unterbrochen.
Die Besichtigung Roms in Begleitung einer fachkundigen
Fremdenführerin umschloß das antike Rom (Forum, Pantheon,
Colosseum, ...), die großen christlichen Kirchen (Vatikan, Sankt
Paul vor den Mauern, San Pietro in Vincoli, Santa Maria Maggiore
...), das barocke Rom der vielen Plätze und Brunnen (Piazza Navona,
Trevi-Brunnen ...), die vatikanischen Museen, die Sixtinische
Kapelle u. v. a. m.
Ein Ausflug in die Albaner Berge führte über die Via Appia Antica
nach Castel Gandolfo, Nemi, Frascati ...
Die Rückfahrt bot mit dem Etappenziel Florenz einen weiteren
Höhepunkt der Fahrt. Dom und Baptisterium, Palazzo Vecchio,
104
Ponte Vecchio, Palazzo Pitti ... Die Schönheiten dieser "Perle der
Toskana” aufzuzählen, würde zu weit führen.
Pisa auf der Hin- und Mailand auf der Rückreise rundeten die
Fahrt auf sehr gelungene und ansprechende Art ab.
1996 erinnerte vor allem Frankreich an den Tausendfünf-
hundertsten Jahrestag der Taufe des Frankenkönigs Chlodwig. In
Zülpich hatte er in der Schlacht gegen die Alemannen gelobt, sich
zum Christentum zu bekehren.
Die Geschichtsvereine von Zülpich und Euskirchen hatten aus
diesem Anlaß eine große und beeindruckende Klodwig-Ausstellung
organisiert.
Unter der Leitung von Herrn Herm.-Jos. Gatz führte eine.
Studienfahrt am 15. September nach Zülpich, wo die Teilnehmer
von Herrn Dr. Weitz (Euskirchen) in die geschichtlichen
Zusammenhänge eingeführt wurden.
Seit 1995 ist der Belgische Rundfunk in einem Neubau am
Eupener Kehrweg untergebracht. Am 9. September führte Herr Willi
Palm eine Gruppe "Göhltaler" zu einer Besichtigung der neuen
Sendeanlagen.
Da sich nun ein Vergleich anbot, folgte am 19.10. eine Fahrt zu
den Studio-Einrichtungen des Westdeutschen Rundfunks in Köln,
wobei sowohl die Anlagen in der Innenstadt wie auch das
Außengelände in Köln-Bocklemünd (bekannt durch die
"Lindenstraße") besichtigt wurden.
Veröffentlichungen und Mitgliederzahlen
Auch 1996 erschienen wieder zwei Nummern unserer Zeitschrift
"Im Göhltal'"', die unseren Mitgliedern zugestellt wurden.
Die Mitgliederzahlen der Vereinigung blieben mit 969 stabil,
d.h., daß, es uns gelungen ist, die natürlichen Abgänge durch neue
Mitglieder auszugleichen. Wir hoffen, daß uns dies auch in Zukunft
gelingen wird. Nicht uninteressant dürfte sein, wie diese
Mitgliederzahl sich zusammensetzt. Im einzelnen ergibt sich dann
folgendes Bild:
Kelmis 209, Neu-Moresnet 99, Hergenrath 103, Gemeinde Lontzen
56, Gemeinde Raeren 121, Gemeinde Bleyberg 72, Eupen 78, andere
Orte in Belgien 105. In Deutschland wohnen 89 Mitglieder, in den
Niederlanden 35, in Luxemburg und in Irland je 1.
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