Im Söhltal
Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
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ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr 53 — August 1993
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT DER VEREINIGUNG
FÜR
KULTUR, HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE
IM GÖHLTAL
Nr 53
August 1993
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender: Herbert Lennertz, Stadionstraße 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat: Maxstraße 9, 4721 Neu-Moresnet, Tel. 087/65.75.04.
Lektor: Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
Kassierer: Fritz Steinbeck, Hasardstraße 13, 4721 Neu-Moresnet.
Postscheckkonto N" 000-0191053-60.
Generale de Banque: 248-0251251-51
Konto NL: AMRO-BANK: 46.37.00.090 Vaals/L
Konto BRD: Aachener Bank: 88 266 (BLZ 390 601 80)
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten
Entwurf des Titelblattes: Alfred Jansen, Moresnet-Kapelle.
Druck.: Hubert Aldenhoff, Gemmenich.
3
Inhaltsverzeichnis
Alfred Jansen, Zum Umschlagbild 5
Moresnet-Kapelle
Walter Meven, Johann Baptist Joseph Bastin€ 7
Hergenrath
Peter No6l, De auw dreej Piepe 27
Bildchen
Peter No&l, De Weischvrowe aan 29
Bildchen dreej Piepe
Alfred Jansen, Eine (wahre) Spukgeschichte 30
Moresnet-Kapelle
Willy Timmermann, Die Hammerbrücke 33
Eupen b. Hauset/Hergenrath
M.Th. Weinert, Flamingos 5]
Aachen-Forst
M.Th. Weinert, September 74
Aachen-Forst
H. von Schwartzenberg, Alte Wege im Dreiländereck 75
Aachen
5
Zum Umschlagbild (1)
Der Hof Berlieren in Homburg
von Alfred Jansen
Zu dem etwa 1300 m nördlich von Veltjaeren (2) gelegenen
Belieren führt nur ein schmaler, von der Straße Homburg-Teuven
abzweigender Karrenweg. Nach etwa 750 m stehen wir vor der
versteckt liegenden Hoffeste, die noch Spuren ihrer ehemaligen
Wehrhaftigkeit aufweist.
Seinen Namen verdankt Belieren dem gleichnamigen, in der
Nähe entspringenden Bach, der sich etwa 8550 m weiter nordöstlich
in die Gülpe ergießt.
Die Hofanlage von Berlieren stammt vorwiegend aus dem
17. Jh. Die schützenden Wassergräben, die früher mit dem heute
noch vorhandenen Weiher links des Eingangs verbunden waren,
sind im Laufe der Zeit trockengelegt worden; eine Erdaufschüttung
hat die Zugbrücke ersetzt.
Das rundbogige Eingangstor wird von einem größeren,
rechteckigen Rahmen aus hellem Kohlekalkstein umfaßt. Das
Wohngebäude wurde gegen Ende des 19, Jh. im Obergeschoß auf
altem Bruchsteinsockel neu aufgebaut, nach Westen durch einen
Neubau erweitert; doch der turmförmige Ostteil desselben mit
dem Pyramidendach sowie andere bauliche Details weisen in
frühere Zeiten zurück.
Im gepflasterten Innenhof, der nach Osten von einer Mauer
begrenzt wird, tragen Maueranker die Jahreszahl 1688. Die
Wirtschaftsgebäude sind z.T. in Fachwerk gehalten.
Geschichtlich belegt ist, daß das Lütticher Benediktinerstift
St. Peter i.J. 1124 Besitzer eines in Homburg gelegenen Gutes
war, das unter dem Namen Sankt-Peter-Hof bekannt war. 1582
verkaufte das Stift den Homburger Besitz mit der dazu gehörenden
Gerichtsbarkeit an Jakob v. Oyenbrugge, der jedoch den
eingegangen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam. Infolge
dessen kam es 1587 zu einem weiteren Verkauf an Claude v.
Withem. Nach dessen Tod heiratete die Witwe den Marquis
(1) Aus "Les Delices du Duche de Limbourg" v. G. Poswick.
(2) S. "Im Göhltal", Nr. 45, Aug. 1989, S. 5-10.
6
Alexandre de Malespine, der nach dem Tode seiner Gattin (1607)
seinerseits eine zweite Ehe mit Francoise de Gavre einging. Der
Marquis starb 1613. Aus erster Ehe hatte er zwei Söhne, die beide
dem Jesuitenorden beitraten, worauf die Witwe Francoise de
Gavre die Herrschaft Berlieren ihrem Neffen, dem Marquis
Gillion-Othon de Trazegnies, Ehegatten der Jaqueline de Lalaing,
vermachte (1636).
Berlieren blieb im Besitz derer von Trazegnies bis zum Ende
des Ancien Regime.
Durch Verkauf kam der Hof alsdann an die Familie von
Fürstenberg (Besitzer von Obsinnich), bis sich die Baronin-Clemens
vonundzu Eltz geb. Fürstenberg i.J. 1935 von dem alten Homburger
Adelssitz trennte, der von der Brüsseler Familie Waucquez 1
erstanden wurde. Berlieren wurde als Pachthof von Familie Locht
bewirtschaftet, die Mitte der fünfziger Jahre Eigentümer des
Hofes wurde,
x x
QUELLEN
G. Poswick, Les Delices du Duche de Limbourg, Verviers, 1951, S. 229-234.
Belonje, Johan, Berlieren, in "Heem, 1971, S. 3-7,
de Fossa, Paul-Andre, Veltjaeren et Berlieren, deux chäteaux-fermes
hombourgeois, in "Le Courrier", Mai 1977.
7.
Johann Baptist Joseph Bastine
von Walter Meven
Der Erwerb des von Firmin Pauquet in Heft 47 unserer
Zeitschrift beschriebenen Bildes, das den Kelmiser Galmeiberg in
seinem Zustand von 1843 zeigt, stellt eine große Bereicherung für
unser Museum dar. Das Gemälde trägt die Signatur "La Carri&re
J.B.J. Bastin€, 1843".
Kulturhauptinspektor F. Pauquet entdeckte das Bild im
Sommer 1988 in der Galerie Berko in Knokke-Heist und erkannte
sogleich die Betriebsanlagen und einige charakteristische Bau-
werke des ehemaligen Grubengeländes. Seine daraufhin unter-
nommenen Schritte führten schließlich zum Erwerb des für Kelmis
und seine Geschichte wertvollen Bildes.
Der Name eines Künstlers läßt nicht selten die Frage nach
seiner Herkunft und seiner Persönlichkeit aufkommen. Wer war
Johann Baptist Joseph Bastin& und was hat ihn in unsere Nach-
barstadt Aachen gezogen?
Am 19. März 1783 zu Löwen geboren, durchlebte J.B.J.
Bastin€ bis zu seinem 20. Lebensjahr die recht bewegte und die
alte Ordnung sprengende Zeit der französischen Revolution,
deren "Segnungen" sein Vater Carolus Bastine sich voll und ganz
verschrieben hatte. Er stellte sich sogar in den Dienst der fran-
zösischen Republik und verfocht in seiner Heimatstadt Löwen
ihre Ziele auf eine für seine Mitbürger recht unangenehme Weise.
Carolus Bastin& entstammte einem alten Löwener Geschlecht und
war Mitglied der Krämerzunft, der bereits sein Großvater Peter
Bastin€ angehörte. Als "meester van de eerste eed" hatte dieser am
21. Juni 1672 Aufnahme gefunden. Zwei Söhne waren ihm und
seiner Ehefrau geboren, Johann Baptista und Franciskus, genannt
Francis, der ebenfalls als Mitglied dieser Zunft, am 3. September
1728, als "meester-kramer-knopenmacher van de eerste eed"
gebührlich Aufnahme fand, um schließlich am 21. Juni 1734
"meester kramer" zu werden. Franciscus und seine Ehefrau Maria
Theresia Schepers hatten einen Sohn, Carolus genannt, der am 3.
Februar 1757 in Sankt Peter zu Löwen die Taufe empfing und am
30. Oktober 1834 dortselbst verstarb. Am 1. Oktober 1770 trug
man ihn in die Lehrlingsrolle der Perückenmacher ein; am 3. Juli
1771 wurde er "Krämer-Perückenmacher". Carolus, der Vater
8
unseres Malers, heiratete am 7. Januar 1778 Anna Maria Claessens.
Ihnen wurden 10 Kinder geboren; unter ihnen war Johann-Baptist-
Joseph, der, wie bereits erwähnt, am 19. März 1783 das Licht der
Welterblickte. Er und sein Bruder Filipus, geboren im Jahre 1781,
sollten den Stamm der Familie fortsetzen. Ob das "bewegte
Leben" des Vaters die Söhne beeinflußte, ist zumindest nicht für
unseren Maler auszumachen. Er wird nämlich später als friedvoller
und besonders freundlicher Mann geschildert. Als Mitglied des
Löwener Clubs "La Societ€ des Amis de la Libert& et de 1’Egalit&"
- der Gesellschaft der Freunde der Freiheit und der Gleichheit -
wurde Vater Charles Bastin€ am 26. Januar 1793 zu einem der
neun Polizeikommissare der Stadt Löwen ernannt, welche die 25
nicht sehr folgsamen Volksrepräsentanten ersetzen sollten. In i
dieser Funktion ist er in den folgenden Jahren recht unangenehm
in Erinnerung geblieben, war er doch einer der fanatischsten
Clubisten. Mit 29 anderen "Gesellen" entfernte er überall die
Porträts und Wappen des Hauses Habsburg. Nach der kurzen
Wiederbesetzung durch die Österreicher setzte er seine Tätigkeit
als Polizeikommissar fort, eine Tätigkeit, die schon damals auch
die "schmutzige Arbeit" der "neuen Ordnung" umfaßte.
Der konservative, «reaktionäre» Bevölkerungsteil war hart
im Urteil über den gewesenen Perückenmacher, und die Bezeich-
nung «Abenteurer» war eine der mildesten, mit der er bedacht
wurde, Selbst der Chronist J.B. Haus, ein früherer Perückenmach-
erkollege von Bastine, schreibt verächtlich über diesen, der die
Liebfrauenbrüder mit dem Ruf "Weg, Ihr Dreckskerle, Ihr werdet
nicht mehr im Chor beten!" aus ihrem Kloster vertrieben hatte.
Wie fanatisch Charles Bastine€ gegen alles Klerikale einge-
stellt war, zeigt auch folgende Anekdote: als er einmal im Jahre
1799 durch die Löwener Schipstraße ging und an das Haus des
Fleischers Van Kerkhoven gelangte, erregte ein Schild, das die
Vermietung des Hauses zu St. Johannestag anzeigte, seine Auf-
merksamkeit und sein Mißfallen. Er forderte den Fleischer auf,
das Schild wegzunehmen. "Hier ist kein Sankt Johann. Der ist seit
der französischen Revolution tot!"
Auch organisierte der Polizeikommissar Bastin€ Razzien
auf unvereidigte Geistliche, Professoren der geschlossenen
Löwener Universität, und betrieb die Verhaftung der führenden
Persönlichkeiten des Ancien Regime. Dies alles brachte ihm bei
der Bevölkerung wenig Sympathie ein.
9
Hinzu kamen noch der Neid und das Gefühl, machtlos
zusehen zu müssen, wie Charles Bastin& durch Schwarzhandel
und den Kauf verstaatlichter Güter zu schnellem Wohlstand kam.
"Als junger Mann hatte er keine fünf Stuyver auszugeben; das
macht die Revolution", so hieß es über ihn.
Nach der im Jahre 1799 erfolgten Aussöhnung zwischen
Staat und Kirche verloren Leute vom Schlage Bastin6s ihre
Funktionen.
Charles Bastin€ wurde seines Amtes enthoben, betrieb aber
weiter seine einträglichen Geschäfte mit enteigneten Gütern.
Sein Sohn Johann Baptist Joseph zeigte wenig Anlagen zu
Sprachstudien, umso mehr Talent zur Zeichenkunst. Als der Vater
diese Anlagen erkannte, stellte er ihn i.J. 1800 als einen der ersten
Schüler dem Leiter der Akademie der Schönen Künste, Professor
Josse-Pierre Geedts, vor, der ihn sogleich aufnahm. Geedts war
ein Schüler Davids.
Von Oktober 1800 bis zum Jahre 1803 zeigte der Schüler
Bastin€ sehr gute Leistungen und viel Fleiß bei der Arbeit. Unter
den erworbenen Preisen bzw. Auszeichnungen seien vermerkt:
ein 2. Preis im Zeichnen in der ersten Zeichenklasse 1801 und
ebenfalls ein 2. Preis im Zeichnen "d’apres l’antique" (1802). Im
folgenden Jahr errang er den 1. Preis im Zeichnen "d’apres la
bosse", 1804 den 1. Preis im Zeichnen nach der Natur und einen
zweiten Preis in Malerei für seine Skizze eines Bildes des Kaisers
Severus, der dem Caracalla Vorhaltungen macht.
Am 25. September 1804 benachrichtigt der Bürgermeister
von Löwen die Verwaltung, daß der Herr Bastin€ ein Zeugnis über
gute Führung, Eifer, Fähigkeiten und Fortschritte in allen Zei-
Cchen-Genres erhalten habe.
Am 9. Oktober 1804 immatrikuliert sich Bastine in Paris bei
Louis David. Die Stadtverwaltung Löwen hatte ihm für die Reise
dorthin einen Paß ausgestellt mit folgendem Signalement:
"Maler, 22 Jahre
Größe: 1,66 m
Schwarzes Haar
Dunkle Augen
Nase: mittelgroß
Mund: mittelgroß
Gesicht: oval
Geht nach Paris"
10
In Paris hatte Bastine€ in der rue Childeberg, neben der Kirche
St. Germain, im Hause Titel, Nr. 7, Wohnung genommen. An
diese Adresse richtet der Bürgermeister von Löwen am 8.2.1806
namens der Akademieverwaltung eine einmalige Überweisung in
Höhe von 150 Franken zum Kaufe der notwendigen Malutensilien,
die Bastine€ brauche, "sich in der Kunst zu vervollkommnen, für
die er so gute Anlagen gezeigt habe".
Der Bürgermeister beglückwünscht Bastine€ zu der Chance,
die er besitze, inmitten der Werke der größten Genies und unter
der Aufsicht eines so großen Meisters rasche Fortschritte machen
zu können. "Ich bin überzeugt", so der Bürgermeister, "daß Sie
sich bemühen werden, sich der Wertschätzung Ihrer Mitbürger
würdig zu erweisen." .
|
Joh. Bapt. Jos. Bastin€
Selbstbildnis 1812
11
In seinem Dankschreiben vom 21. Februar 1806 schreibt
Bastine u.a.: "Seien Sie überzeugt, daß es für mich keinen größeren
Ansporn zum Erreichen der Perfektion in der Kunst, die ich in der
Schule des größten Malers der Welt anstrebe, gibt, als Ihre
Wertschätzung und die Ermutigungen, die die Verwaltung geruht
hat, mir durch Ihre Person auszusprechen.
Geduld und Hoffnung sind die Waffen, mit denen ich in die
Fußstapfen desjenigen trete, der meine Hand zu führen geruht und
dem alle Künstler ihre Ehrerbietung erweisen.
Estut mir leid, daß ich noch nicht durch sichtbare Fortschritte
Ihre Güte belohnen kann. Ich muß noch unter den Augen meines
Meisters meine Studien weiterführen, um von seinen weisen
Ratschlägen zu profitieren. Ich werde versuchen, meine Pflicht
nach Kräften zu tun, um immer mehr Ihre Wertschätzung und Ihre
Unterstützung zu verdienen..."
In der Löwener Akademie wurde ein in Paris entstandenes
Selbstporträt Bastin&s gelegentlich der Preisverteilung am 15.
Juni 1806 ausgestellt.
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J. B. J. Bastin€: Jakob segnet die Kinder Josefs
(Städtisches Museum, Löwen)
12
Leider ist von Bastine&s Werken aus der Pariser Zeit nichts
katalogisiert. Doch ist zu vermuten, daß einige Historienbilder,
"Die Heimkehr des Tobias" (früher Suermondt-Museum, Aachen,
bei der Auslagerung der Aachener Kunstgüter nach Meißen in den
Wirren des 2. Weltkrieges abhanden gekommen), "Jakob segnet
die Kinder Josefs" (Städtisches Museum Löwen) und "Hagar und
Ismael" (verloren) in seiner Studienzeit entstanden sind. Das oben
erwähnte Selbstbildnis, das 1806 in Löwen ausgestellt wurde, ist
ebenfalls verloren gegangen.
Die erste Studienzeit bei David währte vom 9. Oktober 1804
bis Oktober 1806. Im Sommersemester 1807 finden wir Bastine
erneut im Atelier des großen Meisters, und zwar im Modellsaal.
Bei David machte unser Maler die Bekanntschaft von Jean-
Antoine Gros, Francois Gerard, Anne-Louis Girodet-Trioson und
Dominique Ingres. Während ihn freundschaftliche Beziehungen
zu Gerard und Girodet verbanden, blieb die Malweise Ingres, der
sich vom hohlen Pathos Davids abgewendet hatte, nicht ohne
Wirkung auf den jungen Maler, wie ein Vergleich seines Bildnisses
der Frau Maria Leydel mit "La belle Zelie" von Ingres zeigt.
Auch deutsche Maler (Wolf, Decker, Rullmann, Ramboux...)
waren injenen Jahren Mitschüler von Bastine. Aus seiner Löwener
Zeit kannte er schon Francois Van Dorne, der später durch die
Heirat mit Anna Maria Bastin€ sein Schwager werden sollte.
Aus den Löwener Bevölkerungsregistern der Jahre 1807-
1809 ist zu ersehen, daß Bastin€ nach seinen Pariser Lehrjahren in
seine Vaterstadt zurückgekehrt ist, ehe er sich entschloß, in
Aachen ansässig zu werden.
In einem Einwohnerverzeichnis, das noch in der
Franzosenzeit (1812) in Aachen angelegt wurde, findet sich die
erste offizielle Erwähnung der aus Löwen zugewanderten Familie
Bastin€. Zu der Zeit war Johann Baptist Joseph Bastin€ bereits mit
seiner Ehefrau Therese van Vlasselaer verheiratet und hatte eine
5 Monate alte Tochter.
Einem Bericht des Aachener Gymnasiums können wir ent-
nehmen, daß er bereits im Jahre 1811 - in einer denkbar schlechten
Zeit - seinen Wohnsitz in Aachen genommen hatte. Als erste
Wohnung wird das am Katschhof gelegene Schauspielhaus, in
dem auch das oben erwähnte Gymnasium untergebracht war,
angegeben. War es die Anwesenheit prominenter Badegäste und
das Vorhandensein namhafter Industrien, die ihm Arbeit und Brot
13
für seine Porträtierkunst versprachen? Sicher wissen wir, daß er
inseinem Aachener Domizil auf dem Katschhofeine Zeichenschule
eröffnete. Im darauffolgenden Jahr bittet er den Bürgermeister
seiner Heimatstadt, für ihn beim Aachener Bürgermeister zu
intervenieren, da die Stadt beabsichtigte, eine Zeichenschule zu
eröffnen. Das Empfehlungsschreiben des Löwener Bürgermei-
sters Plaschaert vom 7. Januar 1812 bescheinigt dem jungen
Künstler (Bastin& war damals 29 Jahre alt) "ein anständiges und
ehrliches Betragen" sowie "ziemlich bemerkenswerte Fähigkei-
ten". Bastin€ habe alle Preise an der Löwener Akademie erwor-
ben, sei dann zu David nach Paris gegangen, wo er drei Jahre
geblieben sei. Er könne sein Zeichentalent durch seine Arbeiten
belegen und er, der Bürgermeister, könne ihn in Punkto Sitten und
Charakter in jeder Hinsicht empfehlen.
Im Jahre 1814 wurde von Generalgouverneur Sack eine
Erhebung über das Schulwesen in Aachen durchgeführt. Unter
"Technische Schule" wird ein "Erziehungshaus für die weibliche
Jugend" im Lokal der Stiftsdamen vom Hl. Grab angegeben. "Die
in der Aufstellung angeführte Schule", so heißt es, "könnte diesem
Erziehungshaus angegliedert gewesen sein. Es unterrichteten
Nonnen in allen Fächern, außer Zeichenunterricht."
Bastin€, "Zögling von David", wird als Lehrer für Zeichnen
und Malen genannt. "Herr Bastine€ ist gebürtig aus Löwen, 32
Jahre alt, hat in dieser Gemeinde zwei Jahre öffentliche Schule
gehalten. Er ist verheiratet und hat ein Kind. Er hat jetzt ungefähr
18-20 Zöglinge, welche ihm monatlich 3 Franken zahlen. Er hat
den Ruf eines geschickten Malers. Er wünscht von der Regierung
als öffentlicher Lehrer angestellt zu werden." Es ist zu vermuten,
daß er die Stelle als Zeichenlehrer an der sog. technischen Schule
der Empfehlung des Löwener Bürgermeisters zu verdanken hatte.
1816 fehlt am königlichen Gymnasium ein Zeichenlehrer,
Die Regierung fragt die Stadt, ob nicht ein geeigneter Lehrer dort
sei und sie erwartet Vorschläge. Da Bastin& schon immer den
Wunsch gehabt hatte, eine öffentliche Anstellung zu erhalten,
erklärte er, gegen ein jährliches Gehalt von 1000 F bei 10
Wochenstunden die Stelle annehmen zu wollen. Zudem wünschte
er, die Stunden von 14-16 Uhr frei zu bleiben. Aus einem Schreiben
des Gymnasiums vom 22. April 1817 an das kgl. Innenmini-
sterium in Berlin geht hervor, daß der Maler eine auf das
Sommerhalbjahr 1817 begrenzte Anstellung erhielt. Die Schul-
14
behörde wünschte "erst die Erfahrung über Wirksamkeit als
Lehrer während dieses Sommers zu beraten", ehe sie einen
Vorschlag zur definitiven Anstellung machen wollte. Ohne jemals
eine solche definitive Anstellung erhalten zu haben, hat Bastin€ in
den folgenden Jahrzehnten bis zu seinem Lebensende i.J. 1844
seinen Schuldienst als Zeichenlehrer verrichtet. Hierbei haben
gewiß seine mangelnden Deutschkenntnisse eine nicht unbe-
deutende Rolle gespielt.
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Theaterstr. 18 / Ecke Aureliustraße, später Theaterstr. 16.
Der Abbruch des rechten Nebenhauses (-des Hauses Bastin€-)
erfolgte am 30.04.1861 durch den Unternehmer Ferd. Helms, Burtscheid
(nach Stadtratsbeschluß).
(Foto Stadtarchiv Aachen)
Im amtlichen Nekrolog des Gymnasiums heißt es dazu: "Der
Umstand, daß er die hochdeutsche Sprache nicht verstand und
außer dem Französischen, was er geläufig und correkt sprach, sich
nur in einem sehr verderbten flämischen Patois auszudrücken
wußte, war seiner Wirksamkeit als Gymnasialzeichenlehrer hin-
derlich und machte es ihm schwer, bei der Schuljugend in zahl-
reichen Klassen die gehörige Zucht und Ordnung zu handhaben...
Indes wurde dieser Mangel durch die Milde und Freundlichkeit
seines Charakters, wodurch er sich im Privatumgange die Zu-
neigung und Liebe aller, die mit ihm in Berührung kamen, so sehr
15
zu erwerben wußte, auch in seinem Berufe als Lehrer zum Teil
aufgehoben. So erklärt es sich auch, daß die preußische Regie-
rung, die bei der Übernahme des bisher französischen Gebietes
gerade bei Schulen den deutschen Charakter zu betonen sich
bestrebte, lange Bedenken trug, einem Flamen den Zeichen-
unterricht zu übertragen."
1821 zieht Bastin& vom Katschhof in ein Haus an der
Neupforte Nr. B 865 um. In die "Stadt Aachener-Zeitung" vom
16.4.1821 rückte er folgendes Inserat ein: "Das Zutrauen, mit
welchem ich bisher bei meinem Unterricht in der Zeichenkunst
beehrt worden bin, und der Wunsch mehrerer Gönner haben mich
veranlaßt, vom ersten künftigen Mai an, täglich von 4 bis 5 Uhr
nachmittags, in meiner ganz geeigneten Wohnung einen Lehrkurs
für junge Frauenzimmer zu eröffnen. Indem ich mir die Ehre gebe,
dieses hiermit ergebenst anzuzeigen, füge ich die Versicherung
hinzu, daß ich alles aufbieten werde, jedem möglichen Verlangen
in dieser Hinsicht vollkommen zu genügen.
Aachen, den 15. April 1821.
J. Bastin€, Kunstmaler, am Neutor Nr. 865."
Bastin€ hat ständig seine hauptberufliche Tätigkeit als
Zeichenlehrer am Gymnasium mit der eines freischaffenden
Künstlers verbunden und ein sehr beachtliches Werk, in erster
Linie als Porträtist, hinterlassen.
Das handwerkliche Rüstzeug dazu hatte er, wie schon oben
erwähnt, zuerst auf der i.J. 1800 gegründeten Academie des
Beaux-Arts in seiner Vaterstadt Löwen und anschließend bei dem
damals bekanntesten Historienmaler Europas, Louis David, er-
worben. Was den Porträtmaler Bastin€ dazu bewogen hat, gerade
in Aachen sein Künstlerglück zu versuchen, ist mit letzter Sicher-
heit nicht zu sagen. Da das Rheinland nach dem Frieden von
Campo Formio 1797 ein Bestandteil der französischen Republik
geworden war, eröffneten sich auch für die Kunstschaffenden
neue Möglichkeiten. Aachen war Departementshauptstadt und
wir dürfen annehmen, daß der junge Maler sich in der weltbe-
rühmten Bäderstadt, die zudem mit der aufstrebenden Tuch- und
Nadelindustrie ein gutsituiertes Bürgertum besaß, Aufträge für
seine Porträtkunst erhoffte. Der junge Reichtum, der den schnellen
industriellen Aufschwung begleitete, bildete mit dem Leben und
Treiben des viel besuchten Bades eine wesentliche Voraussetzung
und ein günstiges Klima für eine erfolgreiche Malerkarriere,
16
zumal für einen Porträtisten. Auch war in Aachen, trotz der
vorangegangenen Kriegswirren, das künstlerische Leben nicht
ausgelöscht; doch weniger günstig als um die Kunstpflege war es
um die Ausübung der bildenden Kunst, namentlich der Malerei,
bestellt.
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Bildnis der Frau Maria Leydel (1787-1826),
Gattin des Stadtbaumeisters Hans Franz Friedrich Leydel.
Dieses Porträt "gehört unstreitig zu den glücklichsten Schöpfungen
unseres Malers und zu den schönsten Frauenbildnissen des deutschen
Klassizismus." (Kuetgens)
In Aachen befand sich neben seiner Wohnung der große
Malersaal des Schauspielhauses. Dieser Umstand kam ihm wohl
17
sehr zunutze, weil er diesen Saal - seine eigene Wohnung hatte nur
zwei Zimmer - mitbenutzen durfte. Es ist nicht nachzuweisen, daß
er sich im Rahmen des Theaterbetriebes auch als Bühnenmaler
betätigt hat. Lediglich bei der Renovierung des Theaters i.J. 1818
sollte er den Bühnenvorhang neu bemalen.
Seine allgemeine Beliebtheit verschaffte Bastine bei der
Bürgerschaft seiner Wahlheimat Achtung und Anerkennung, die
sich rasch in konkrete Aufträge umsetzten. Er fand Zugang zu den
angesehensten Bürgern der Stadt, die sich von ihm porträtieren
ließen. So entstanden die Bildnisse von Stadtbaumeister Adam
Franz Friedrich Leydel und dessen Gemahlin Maria Anna,
Oberbürgermeister von Guaita und Tochter, Johann Jos. Dubigk,
Balthasar Quadflieg, Joh. Melchior Erckens mit Frau und Toch-
ter, Wilhelm Kuetgens, Dorothea Pastor, Philipp Heinr. Pastor
und Ehefrau Amalie, Oberregierungsrat von Goerschen, Bau-
meister Hansen mit Gattin, Johann Hahn mit Enkelin. Wir verdan-
ken ihm auch eine Reihe gut gelungener Familienbildnisse, so
z.B. die Familie Jakob Richard Blees, Familie Andreas Hansen
oder Familie Hermann Jos. Neuß.
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Anläßlich der Feier der silbernen Hochzeit (1842)
gab der Nadelfabrikant Hermann Jos. Neuß Bastin€ den Auftrag
zu diesem Familienbild.
19
Anläßlich des sog. Monarchenkongresses in Aachen be-
suchte Kaiser Franz I. jeden Tag die hl. Messe im Alexianerkloster
am Alexianergraben. Dr. Felix Kuetgens schreibt dazu: "Der
Kaiser war in dem Hotel des Herrn Franz Brammerz in der
Großmarschierstraße, die nachher ihm zu Ehren in "Franzstraße”
umbenannt wurde, abgestiegen, und wohnte, 'nur mit der seltenen
Ausnahme, wenn das Wetter neblig und feucht war, immer ganz
regelmäßig dem Gottesdienste in der nahegelegenen
Alexianerkirche zu höchster Erbauung aller Anwesenden bei'.
Dort hat ihn dann Bastine€ skizziert und danach ein Bildnis
gemalt, das in Anbetracht der schwierigen Umstände, unter denen
es zustande kam, auffallend gut gelungen ist. In seiner Loge
knieend, den Blick unverwandt auf den Altar gerichtet, die Arme
auf ein braunrotes Kissen gestützt und zwischen den gefalteten
Händen ein Gebetbuch haltend..."
Neben seiner Gymnasialtätigkeit und seinem Schaffen als
freier Künstler entfaltete Bastine€ in seinem Privatatelier auch eine
beachtliche Tätigkeit als Privatlehrer. Zu seinen bekanntesten
Schülern zählten der aus Lüttich stammende Auguste Chauvin
(1810-1884), der später Direktor der Lütticher Akademie wurde
und als Historien-, Genre- und Porträtmaler einen guten Ruf
besaß, Jacques Wiener (1815-1899), der sich später in Brüssel
niederließ und als Münzschneider und Modellierer internationa-
len Ruf genoß, und vor allem der Sohn eines Aachener Fabrikanten,
Alfred Rethel (1816-1859), der der Lieblingsschüler Bastin6s
wurde, der den Knaben so förderte, daß er bereits mit 12-13 Jahren
erstaunlich gute Leistungen aufwies und Bastin€ es wagen konnte,
schon jetzt dem ihm befreundeten Direktor der Kunstakademie in
Düsseldorf, Friedrich Wilhelm von Schadow, Proben des Könnens
seines hoffnungsvollen Schülers vorzulegen mit dem Erfolg, daß
Rethel 1829 die Erlaubnis erhielt, die Akademie zu beziehen.
Rethel hat seinem ersten Lehrer und väterlichen Freund immer
treue Anhänglichkeit bewahrt und es war für Bastin€ gewiß eine
große Genugtuung, als sein früherer Schüler als Sieger aus dem
Wettbewerb zur Ausmalung des Kaisersaales im Aachener Rat-
haus hervorging. Den Beginn der Arbeiten (1847) hat Bastine
jedoch leider nicht mehr erleben können. Rethels Fresken sind
leider durch Kriegseinwirkung teilweise zerstört worden. Als die
Regierung in Aachen beschloß, den Sitzungssaal im neuerbauten
Regierungsgebäude (1828-1830) mit allegorischen Ölgemälden
21
die sog. Parkvilla, zu sehen ist. Von den drei Kindern Bastin&s
überlebte nur eine Tochter, Elise, die ihren Vetter Louis Bastine€
heiratete. Sie war zuletzt in Löwen ansässig und vermachte 1894
dem dortigen städtischen Museum testamentarisch zwei Werke
ihres Vaters, ein hervorragendes Selbstbildnis und das schon
erwähnte "Jakob segnet die Kinder Josephs".
3
ES
2
J.B.J. Bastin€ (1783-1844). Der Maler im Kreise seiner Familie,
Zeichnung von Marie Bastine,
Am 14. Januar 1844 verstarb J.B.J. Bastin€ im Alter von 60
Jahren "an einem Lungenschlage". Wie es im Nekrolog seines
Kollegen J. Müller in der Stadt-Aachener-Zeitung vom 21.1.1844
dazu heißt, scheint er seinen Tod geahnt zu haben. Zwei Tage vor
seinem Hinscheiden zeichnete er noch drei Vorlegeblätter, wovon
das erste einen entblätterten Baum darstellt, an welchem eine
Ruhebank steht, worauf ein Reisebündel und ein Stab liegen. Das
zweite Bild ist ein Grabgewölbe, vor welchem zerstreute Gebeine
liegen. Das dritte stellt einen entlaubten, alten, morschen Baum
und daneben ein bemoostes Kreuz dar.
Müllers Nekrolog schließt mit einem auf Bastin&s letzte
Zeichnungen bezüglichen dreistrophigen Gedicht:
Seine Bürde legt er nieder,
Nieder legt er seinen Stab;
Müde sind des Wandrers Glieder,
Und ihm öffnet sich ein Grab.
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Traurig sah sein Geist die Eichen
Von dem Winterfrost entlaubt,
Doch getrost auch jenes Zeichen,
Das dem Tod die Macht geraubt.
Ahnend schwang schon über Sterne
Sich sein Geist ins Heimatland,
Doch noch einmal führt’er gerne
Ihm die kunstgeübte Hand.
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J.B.J. Bastine,
Selbstbildnis, 1830,
(Städtisches Museum, Löwen)
23
Bastin& wurde neben seinem Kollegen Christian Quix, dem
heute noch geschätzten Historiker, beigesetzt. Quix war wenige
Tage vor Bastin€ verstorben. Beide Gräber sind heute nicht mehr
erhalten. Bastin6s letzte Schaffensperiode war überschattet von
dem allzu frühen Tod seiner beiden älteren hoffnungsvollen
Kinder, die seinem Talente nacheiferten. Sein Sohn Nicolaus
Isidorus wurde am 11. Dezember 1814 zu Aachen geboren und
starb am 20. Febr. 1831. Die Tochter Maria, noch vor seiner
Eheschließung am 25. April 1812 zu Löwen geboren, verstarb am
19. Oktober 1836 zu Aachen. Von ihr sind uns einige Skizzen
überliefert, die ihre guten Anlagen bescheinigen.
Die Witwe Bastine€ verkaufte das Haus an der Theaterstraße
und verließ die Wahlheimat Aachen mit ihrer am 19. März 1818
dortselbst geborenen Tochter Josephine Elisabeth, um sich in
Brüssel niederzulassen.
Beim Studium der Geburtsurkunden ihrer Kinder fallen die
Namen der Paten als honorige Aachener Bürger besonders auf.
Auch hier wird recht deutlich, daß die Familie Bastin€ sich in den
gehobenen Bürgerkreisen einer besonderen Achtung erfreute.
Die gebrochene Lebenskraft des Malers führte auch dazu,
daß die Aufträge ausblieben und sich bald darauf wirtschaftliche
Schwierigkeiten einstellten. Die hohe Belastung des stattlichen
Hauses, das von Adam Friedrich Leydel entworfen und von dem
bekannten Baumeister Hansen errichtet worden war, waren wohl
ein besonderer Grund für die finanzielle Misere, (Das Haus
befand sich an der Einmündung der späteren Aureliusstraße und
Theaterstraße, 1869 wurde es niedergelegt.)
Als man ihn bei der im Jahre 1833 erhobenen Cholerasteuer
mit 6 Talern veranlagte, verringerte man dieselbe "wegen der
schlechten persönlichen Verhältnisse" auf 2 Taler, 66 Sgr.
Die Steuer für sein 23 Fenster-Haus belief sich nur noch auf
3 Taler, 15 Sgr., 5 Pfennige. Man mußte ihm also auch darin
weitgehend entgegenkommen. Eine geringe Entlastung brachte
ein ins Haus genommener Mieter,
Im Jahre 1837 mahnt Bastin& bei der Schulleitung eine
Entschädigung für die von ihm bei seiner Einstellung gelieferten
Zeichenvorlagen und Gipsmodelle an. Das Kollegium billigte
ihm darauf 30 Taler für die verflossene Zeit "auf einmal" und von
da an jährlich 5 Taler zu. Nach seinem Tode läßt die Schulleitung
bei der Witwe nachfragen, zu welchem Preise sie die genannten
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26
Zu Bastines Nachfolger am Königlichen Gymnasium wurde
Johann Peter Neidinger aus Berlin ernannt, nachdem sich einige
Bastin6-Schüler leider vergeblich um die ausgeschriebene Stelle
beworben hatten.
Im Sterberegister der Pfarrkirche St. Michael in Aachen
findet sich für Bastin€ folgende Eintragung:
«Johann Baptist Josephus Bastine, conj. Theresiae von
Vlaselager, sine sacramentis, 7 14.1.1844, 60 Jahre alt.»
Johann Baptist Joseph Bastine ist lange Zeit in der Literatur
wenig beachtet worden. Die erste ausführliche Würdigung erfuhr
er erst 1928, Bei Gelegenheit einer Ausstellung seiner Werke in
Aachen widmete ihm der damalige Museumsdirektor Dr. Felix
Kuetgens in den Kunstblättern des Museums eine eingehende 8
Lebens- und Werkbeschreibung, in der er auch aufzeigt, wie sich
Bastin€ in seinen Aachener Jahren langsam von seinem Vorbild
David löst und zu einem persönlichen Malstil findet, in dem die
Einflüsse der Engländer Thomas Lawrence und George Dave, die
1818 in Aachen weilten, auszumachen sind. Bastin€ wird in den
folgenden Jahren immer mehr zu einem rheinischen Maler, der
nach 1825 sich mehr und mehr dem Realismus der Biedermeierzeit
verbunden fühlt, wobei, wie Kuetgens bemerkt, die menschliche
Seite seiner Porträtkunst nur gewinnen konnte.
QUELLENVERZEICHNIS
Dr. F. Kuetgens, Johann Baptist Joseph Bastin€, in "Aachener Kunstblätter",
Heft XIV, 1928, S. 65-135.
L. Van Buyten, Joannes-Baptista Josephus Bastine€ (1783-1844), in
"Museumstrip", Museum Leuven, 17. Jg., 1990, Nr. 2, S. 17-24.
V.De Munter, Catalogue du Musge Communal Vander Kelen-Mertens, Louvain
1927.
W. Becker, Paris und die deutsche Malerei, Prestel Vlg. München, 1971.
Stadtarchiv Leuven, Auswanderungsregister 1812
Stadtmuseum Leuven, diverse Akten betr. Familie Bastin€
Standesamt der Stadt Leuven
Pfarregister St. Peter, Leuven
Einwohnermeldeamt Brüssel, Einwohnerlisten
Standesamt der Stadt Aachen
Stadtarchiv Aachen, Notariatsakten betr. das Haus Bastin€, Theaterstr. 18.
Geh. Staatsarchiv Merseburg und Staatsarchiv Koblenz, Schulakten
BILDNACHWEIS
Wenn nicht anders vermerkt, befinden sich die abgebildeten Werke in den
Museen der Stadt Aachen.
27
Wiedersehen mit der Vergangenheit:
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Die Restaurierung des alten Brunnens am Rande des Kasino-
weihers ist ein erfreuliches Zeichen wiedererwachter Sorgfalt im
Umgang mit Zeugen unserer Vergangenheit.
Auf der neuen, bequemen Bank hier sitzend, gerate ich in's
Träumen. Welch reges Treiben herrschte doch hier in meiner
Kindheit! Mit Wonne spielten wir unter diesen unablässig
speienden Rohren, bauten Dämme mit Steinen und Morast, bis
unsere Zähne vor Kälte klapperten.
Wenn allerdings die Wäscherinnen auftauchten, dann hieß
es: verschwinden! Sie kamen mit vollgepackten Handkarren und
brauchten jedes Plätzchen. Große Zinkwannen und Körbe wurden
aufgestellt. Die vorgekochten Wäscheberge wurden mit klarem
Wasser und anschließend mit Bleue gespült.
Dabei kam ein reger Nachrichtenaustausch aus der
"Fliegenden Taube' und aus der Gerüchteküche zustande.
Bei anhaltender Trockenheit kamen dazu noch die
Wasserträger. Wenn aus der kelmiser Wasserleitung immer
weniger rötliche Brühe floß, dann wurde diese Trägerkolonne
immer dichter.
28
Frauen, Nachtschichtarbeiter, "Schomeure" (Arbeitslose),
Rentner, kurz, alles, was tagsüber zu Hause war und einen 'Haam'
(ein Tragejoch) tragen konnte, mußte mit!
Flott ging es abwärts zum Brunnen, aber langsam pendelten
die schweren Wassereimer zurück in's Dorf.
Abends schauten wir Kinder oft den heimkehrenden Arbeitern
zu. Still spülten und füllten sie hier ihre "Bleche", tranken und
näßten sich Gesicht und Arme. Für unsere Jugend heute schwer
vorstellbar, wieviele Menschen damals stundenlang zu Fuß zur
Arbeit unterwegs waren.
Früh unterwegs zum Brunnen war morgens die‘Bauersfrau,
die gutes, kaltes Wasser zum Butterwaschen holte. Auf meinem |
morgendlichen Schulweg rumpelte der Bauer diese Butter schon
im Handkarren zu seinen Kunden in den 'Herrenhäusern'.
Das beste Erzeugnis aber aus diesem Brunnenwasser war für
uns Kinder ohne Zweifel die "Heulimonade"! Dieses Getränk,
rosa gefärbtes und leicht gesüßtes Brunnenwasser, wurde zur
Heuzeit jedem Arbeiter zum Durstlöschen angeboten.
Es ging zu wie beim Wunder von Kanaan!
Eine einzige Flasche einer gewissen knallroten 'Fantaisie
aux framboises' reichte der wackeren, kinderlieben Bauersfrau
zum Anfärben eines unendlich großen Quantums Brunnenwassers, .
das so zur 'Heulimonade' wurde.
Da es bei den Kindern in unserer Straße nur zur Kirmes und
zur Kinderkommunion Limonade gab, verschlangen wir kleinen
"'Heuarbeiter' Unmengen dieses rosa Spezialtrunkes.Es gluckerte
dann beim Rechen und Wenden in unseren schweren Bäuchen
herum. Es sind so viele Erinnerungen, die sich um diese alte,
früher so kostbare Trinkwasserquelle weben. Aber es wird spät,
ich muß meine Schleife um den Weiher noch zu Ende drehen.
29
De Weischvrowe aan dreej Piepe
Wue Töljebaach sech ijene Wejer krömmelt
en der auwe Boan noch va vröjer drömmelt
wur Luusche jrön et Waater sööme
steet no en Bank en do kann ech drööme.
Wue no di Bank steet, do hand vöör jeseate
en hand als Kenger Surelle jejeate.
Et Waater wor kloor en vöör wor schwatt
„et Hoor i Fluse en de Vööt ömmer natt.
Heej sooch' vöör de Weischvrowe va Kelemes kome,
de Kaare bepackt, se koste koom ohme.
De Körf, de Tobbe, de jruete Tinge
vasjebonge met decke Linge.
No hosch et wi ömmer: "Dör Puute, lot lans,
die Plaatsch an de Boan, die brukke vöör jans!"
Da woat wijer schandaalt met flotte Tong
wat wer ijen 'Fliegende Taube' stong.
dobej noch Weisch jeschpolt va alle Sije
en wat se vronge, dat dröppde net mije
jetroke, jevauwe bis op et letzte Stöck,
de Kaar jelaane en da jong et wer tröck.
Va wiet noch huet me se laache en scheele,
en vöör koste met Pratt en met Waater wer knööle...
Dä Boan, dä köss noch vö6öl vertelle
va Jääs, di och genommt sije wölle:
Do koamte Dräjer met Haam vör Waater,
do völlde Werklüj der Blech sech derbater
en buere Vrowe, die Botter heem wosche,
wets do noch Boan, wi se allemol hosche?
P. No&l
30
Eine (wahre) Spukgeschichte
von Alfred Jansen
Die alten Leute früher, - ich meine damit diejenigen, die sich
in dieses Jahrhundert hatten "herüberretten" können-, waren
mitunter die wunderbarsten Geschichtenerzähler. Zu der dama-
ligen Zeit gab es weder Radio noch Fernsehen und so hockte man
dann am Abend in der Stube. Man vertrieb sich die Zeit mit
Kartenspiel oder "Mensch-ärgere-dich-nicht". Für uns Kinder
war es dann auch immer ein Erlebnis, wenn ein Nachbar oder
sonst jemand den Abend bei uns verbrachte und uns’'dann Ge-
schichten erzählen mußte. .
Dabei ist es fast unvorstellbar, wie reich der Erzählungsschatz
der alten Leute war. Waren es nun wahre Begebenheiten oder
erdachte, waren es Räuber- oder Gruselgeschichten, der Erzähler
fand immer in uns Kindern eine aufmerksame Hörerschaft.
Inbesonders hatten es uns die Spukgeschichten angetan.
Kaum zu glauben, was da früher als Gespenst oder Spuk durch die
Gegend geisterte! Wahr oder unwahr, wir Kinder waren ganz Ohr.
Wir saßen dann um den warmen Ofen herum beim Schein einer
Petroleumlampe und wenn der Erzähler wußte, bei seiner Spuk-
geschichte die richtige Pointe anzubringen, dann saßen wir da mit
glühenden Ohren und fühlten das eisige Prickeln vom Rückenmark
bis in die Haarspitzen hochgehen.
Nun ist mir als erwachsener Mensch tatsächlich auch einmal
ein Spuk erschienen und mir sind auch, wie so oft in meiner
Kindheit, die Haare zu Berge gestiegen. Doch greifen wir nicht vor.
Aber ich versichere Ihnen, daß meine Geschichte nicht
erfunden ist und ich auch damals keiner Halluzination zum Opfer
gefallen bin.
Das kam so.
Es war Ende 1944, kurz vor Weihnachten. Die Amerikaner
waren gut drei Monate im Land. Ich wohnte in Moresnet-Kapelle
und unser Bäcker, der uns mit Brot belieferte, wohnte in Moresnet-
Dorf. Nun war ich mit ihm überein gekommen, daß ich mir den
obligaten Weihnachtsstollen bei ihm in der Backstube backen
durfte. (Ich habe das Bäckerhandwerk erlernt.)
Ich ging nun an einem späten Nachmittag, mit meinen
Ingredienzien beladen nach Moresnet und buck mir meine Stol-
31
len; alles klappte prima. Es war aber ziemlich spät geworden,
vielleicht 10 Uhr Abends, als ich mich dann auf den Heimweg
machte. ‘
Ich muß nun erwähnen, daß es von Moresnet bis hin zu dem
Ortsteil Moresnet-Kapelle drei Verbindungen gibt, die man be-
nutzen kann. Da ist erstens der breite Fahrweg, zweitens ein
Karrenweg, Marfeld geheißen, und drittens gibt es da einen
Wiesenpfad, der vom Ausgang des Dorfes querfeldein führt und
dann in der Nähe des Bauerngutes "Sier" in das Wegenetz des
Ortes einbiegt.
Dies war die kürzeste Verbindung und die wählte ich.
Es war eine stockdunkle Nacht, man sah die Hand nicht vor
den Augen.
Man sah nirgendwo ein Licht, nirgendwo eine Beleuchtung,
es herrschte tiefe Finsternis. Es mußte ja noch verdunkelt werden,
der Krieg war noch nicht zu Ende. Aber meinen Weg kannte ich
auch im Dunkeln und so schritt ich denn munter drauf los, meine
Weihnachtsstollen auf einer "Horte" vor mir hertragend.
Ich hatte schon zwei oder drei Drehkreuze passiert, als ich
plötzlich, die Wiese stieg bergan, das Feuer einer brennenden
Zigarre auf mich zukommen sah. Zu hören war nichts, denn die
Wiese schluckte jeden Laut.
Der brennende Punkt wurde immer größer, ich sah ganz
deutlich das runde Feuer, es kam direkt auf mich zu.
Hoppla, denk ich, der ist ja auf Kollisionskurs, der rennt dich
um.
Ich gehe einen guten Meter zur Seite, um den Mann an mir
vorbei zu lassen, halte aber zur Sicherheit die brennende Zigarre
im Auge. Da, auf gleicher Höhe mit mir, erlischt das Feuer und ...
nichts mehr, nichts! Ich sehe keine Person, keine Umrisse, keinen
Schatten, nichts.
Ich hätte doch etwas wahrnehmen müssen! Meine Augen
waren doch an die Dunkelheit gewöhnt.
Da spürte ich, wie mir die Kälte den Rücken hoch kroch über
den Nacken bis in die Haarspitzen. Ich stand stocksteif da.
Ich muß wohl eine ganze Weile wie eine Bildsäule da
gestanden haben, ehe ich wieder einen klaren Gedanken fassen
und weitergehen konnte.
Was ist nun da auf mich zugekommen? Sage mir keiner, daß
ich irgend einem Trugbild zum Opfer gefallen bin. Ich sehe noch
82
deutlich heute, nach vierzig Jahren, die brennende Zigarre auf
mich zukommen, wenn ich an das Erlebnis zurückdenke.
Als ich zu Hause ankam, starrten mich die erschreckten
Gesichter meiner Angehörigen an. Ein Blick in den Spiegel und
ich hatte verstanden. Ich war aschfahl im Gesicht.
33
Die Hammerbrücke
bei Hauset/Hergenrath
von Willy Timmermann
Eines der schönsten Bauwerke im Göhltal bei Hergenrath,
zu vier Fünfteln auf Hauseter Boden gelegen, war (!) die
Hammerbrücke: 206,51 Meter lang, 8,474 Meter breit, 36,72
Meter hoch, oben 17 Bogen, unten 14 Pfeiler zu je 2,20 und zwei
Pfeiler zu je 5,65 Meter, erbaut aus etwa acht Millionen Ziegel-
steinen, die vor Ort und in der nächsten Umgebung gebrannt
wurden. Kostenpunkt laut Belgischer und Belgisch-Rheinischer
Eisenbahngesellschaft etwa 2,5 Millionen preußische Taler oder
1,2 Millionen damalige belgische Franken (1).
Am 22. August 1843 fuhr probeweise der erste Zug über die
doppelbogige Brücke, das wichtigste Verbindungsglied zwischen
Aachen und Herbesthal. Am 15. Oktober 1843, am Geburtstag des
preußischen Königs Friedrich-Wilhelm IV., wurde diese erste
internationale Eisenbahnstrecke Europas, zwischen Antwerpen
und Köln, feierlich in Betrieb genommen und am 21. Oktober
offiziell für den Personenverkehr eröffnet. Der "Viaduct über das
Goelthal bei Aachen" - so der offizielle Titel einer Beschreibung
des Bauwerkes durch Georg Salomon Moller, geb. 1784 in
Diepholz, Großherzoglicher Hessischer Oberbaudirektor in
Darmstadt, wie sie in der Bibliothek (2) der RWTH Aachen
einzusehen ist - sollte fast während eines halben Jahrhunderts (bis
zum Bau der 107 m hohen Müngstener Brücke b. Remscheid
1894-97) die höchste Eisenbahnbrücke des deutschen Reiches
se1ın.
Am 10. Mai 1940, beim Einmarsch der deutschen Truppen
in Belgien, wurde sie durch belgische Grenzschützer gesprengt.
Als wichtiges Verbindungsglied einer internationalen Strecke
wurde die Brücke noch während des Krieges (1940-1944) und
nach erneuter Sprengung im September 1944 wieder aufgebaut,
aber nie mehr in ihrer einstigen Schönheit.
Ungewiß ist beim Schreiben dieser Zeilen, ob ihre jetzige
Form bei der Anpassung der Strecke an den französischen
Hochgeschwindigkeitszug TGV von Paris über Brüssel, Lüttich
und Aachen nach Köln beibehalten oder nochmals geändert wird.
34
Der Bau der Eisenbahnstrecke
Die Geschichte der Hammerbrücke und die damit verbunde-
nen Schicksale würden Stoff für ein ansehnliches Buch liefern.
Wir wollen versuchen, die wichtigsten Ereignisse um dieses
einmalige Bauwerk europäischer Dimension zusammenzufas-
sen. Immerhin bilden zwei europäische Verkehrsstraßen in etwa
die "Grenzen" Hausets: die Eisenbahnlinie Aachen-Lüttich im
Westen und die Autobahn Aachen-Lüttich im Osten,
Im Jahre 1825 wurden zwischen Darlington-Stockton in
England die ersten mit Personen besetzten Eisenbahnzüge der
Welt in Betrieb genommen. Sechs Jahre später, im August 1831,
beauftragten belgische Kreise, darunter Minister Charles Rogier,
die Ingenieure Simons und de Ridder, Pläne für eine internationa-
le Verbindung auszuarbeiten. In den europäischen Ländern war
‚die Eisenbahnpolitik derart verschieden, daß um 1830 nur kleinere
Strecken bestanden oder befahren wurden, etwa Paris - Saint
Germain, Berlin - Potsdam, Amsterdam - Haarlem, Neapel -
Portici usw. In Belgien übernahm von Anfang an der Staat den
Bau der Eisenbahn. Erstmals verkehrte im Jahre 1837 ein Dampf-
zug von Brüssel nach Mechelen, das schließlich zum Knoten-
punkt des belgischen Eisenbahnwesens wurde. Johann Strauß in
Wien komponierte sogar 1836 einen "Eisenbahnlustwalzer".
Im Jahre 1840 waren von Mechelen aus u.a. die Städte
Brüssel, Gent, Ans bei Lüttich und Antwerpen per Zug erreichbar,
Da das belgische Eisenbahnwesen als einziges auf einen inter-
nationalen Zugverkehr ausgerichtet war, wurde auch der Bau der
Bahnlinie Lüttich-Verviers-belgisch-deutsche Grenze in
Welkenraedt-Herbesthal zügig vorangetrieben. Bis zum Jahre
1840 verfügte Belgien über ein 330 Kilometer langes
Eisenbahnnetz mit 84 Lokomotiven und 392 Waggons der damals
üblichen drei Klassen. Der 1838 in Brüssel herausgegebene
Fahrplan kostete 25 Centimen.
Schneller zum Himmel!
Im Zusammenhang mit dem Bau der Eisenbahn in den
verschiedenen europäischen Ländern sei erwähnt, daß eine Strek-
ke Wien-Berlin gebaut wurde, um eine direkte Verbindung zur
Adria zu erstellen. Als den privaten Baufirmen die Gelder ausgin-
gen, ordnete der russische Zar den Weiterbau an und bezahlte ihn
aus Staatsgeldern.
35
InItalien, das zur damaligen Zeit politisch so zerstückelt war
wie das deutsche Reich, verzögerte Papst Gregor XVI. den Bau
der Eisenbahn auf Gelände des Kirchenstaates. Als der Papst 1846
verstarb, erzählten böse Zungen, daß er auf dem Weg zum
Paradies stark ermüdete und schließlich Himmelspförtner Petrus
fragte, ob der Weg "bis oben" noch weit sei. "Noch sehr weit",
habe Petrus geantwortet und hinzugefügt: "Mit dem Zug wärest
du jetzt schon am Ziel!"
1856 hat sein Nachfolger, Papst Pius IX., dann die
Eisenbahnlinie Rom-Frascati eingeweiht.
Die Eisenbahn, das neue Fortbewegungsmittel, fand nicht
überall Zustimmung. So verabscheute ein englischer Kritiker die
Bahn, weil sie "zahlreiche liebreizende Landschaften entzwei-
geschnitten und verschandelt habe". Ein französischer Dichter
behauptete: "Der Mensch ist zu früh auf den eisernen Stier, der da
qualmt, pfeift und brüllt, gestiegen." Den Zeitgenossen riet er:
"Meiden wir diese Bahn, deren Reise gnadenlos ist. Sie ist wie ein
Pfeil, der vom Bogen aus zum Ziel schnellt, und dabei die Luft
zum Zischen bringt. Derart auf die Reise katapultiert, atmet und
sieht die menschliche Kreatur in der Natur nur einen erstickenden
Nebel, den ein Blitz durchzuckt."
Zusammenarbeit
Belgien entsandte um 1831 den Ingenieur Masui (3) nach
Deutschland, um dort über eine Weiterführung der Strecke Köln-
Aachen bis zur belgischen Grenze bei Herbesthal zu verhandeln.
Sowohl für das Rheinland als auch für Belgien schien eine Strecke
Köln-Brüssel sowie Antwerpen-Köln als überaus wirtschaftlich
und von großem Nutzen. Lediglich in der Aachener Gegend
würden sich beim Streckenbau einige Schwierigkeiten ergeben.
Auf deutscher Seite entstand zunächst der Plan des aus Seraing-
Lüttich zugewanderten Aachener Industriellen James Cockerill,
eine Eisenbahnstrecke von Aachen nach Maastricht und Limburg
und in Richtung Antwerpen zu bauen, da er Steinkohlenfelder in
Niederländisch-Limburg besaß.
1833 bildete sich dann in Köln ein "Komitee für die Eisen-
bahn Köln-Antwerpen", das aufgrund der natürlichen Schwierig-
keiten beim Bau geneigt schien, die Strecke über Eupen nach
Stolberg und Düren, also nicht über Aachen, zu führen. Unter dem
36
Einfluß David Hansemanns (1836-39 und 1843-48 Präsident der
Aachener Handelskammer, 1837-43 Vizepräsident der Direktion
der Rheinischen Eisenbahngesellschaft) und nach intensiver
technischer Planung zur Überwindung der Schwierigkeiten um
den "Aachener Talkessel" wurde 1836 ein Komitee für eine
"Preußisch-Rheinische Eisenbahngesellschaft" gegründet. Sie
erhielt durch Königliche Kabinettsordre die Genehmigung für
den Bau der Eisenbahn über Düren, Aachen und Burtscheidt zur
belgischen Grenze. Ein Anschluß nach Eupen wurde durch eine
Zweigbahn von Herbesthal aus vorgesehen. (4)
Linderung der Not ,
Zwei Jahre später, also 1838, begannen dann auf Hergenrather
Gebiet (Hauset gehörte damals zur Bürgermeisterei Hergenrath)
die ersten Arbeiten zum Bau der Strecke in Richtung deutsch-
belgische Grenze in Herbesthal-Welkenraedt. Wie die
Gemeindechronik berichtet, waren die vom Bau der Bahn be-
troffenen Grundstückseigentümer unzufrieden, da die Grundstücke
weder abgeschätzt noch bezahlt waren. Die Bauarbeiter gingen
schonungslos vor, zertrampelten und vernichteten Frucht und
Gras auf und nahe der Bahnlinie, ohne daß die Eigentümer
wußten, welche Entschädigung ihnen gewährt würde.
Andererseits verdienten zahlreiche Hergenrather hier ihr
tägliches Brot, so daß angesichts der damaligen wirtschaftlich
schlechten Zeit der Bau der Brücke und das Brennen der Ziegel
vor Ort die Not linderte.
War auf Aachener Seite der Bau des Ronheider Tunnels mit
einer relativ starken Steigung eines der größeren und kosten-
intensiven Hindernisse, so kam auf dem Gebiet der Orte Hergenrath
und Hauset der Bau des Göhltalviadukts hinzu. 1839 geriet die
Rheinische Eisenbahngesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten,
so daß nach Ablehnung der preußischen Regierung der belgische
Staat 4000 Aktien der (privaten) Rheinischen Eisenbahn-
gesellschaft übernahm. Diese belgische Finanzhilfe förderte die
Fertigstellung der Strecke bis zur Grenze in Herbesthal.
Dem "Korrespondenzblatt" des Kreises Eupen ist wiederholt
in Anzeigen zu entnehmen, daß die Lieferung von Holz, Steinen,
Ziegelsteinen, kurzzum von Bau- und Füllmaterial auf dem
Submissionswege ausgeschrieben wurde.
37
Doppelte Bogenbrücke
Baumeister Georg Moller, der auch die Eisenbahnbrücke in
Aachen-Burtscheidt konzipierte, hatte für den Göhltalviadukt
ebenfalls eine einbogige Brücke vorgesehen. Er schreibt: "Bei der
Construction lag die Schwierigkeit ihrer Ausführung vornehm-
lich darin, den Pfeilern bis zu dem Zeitpunkt, wo sie ihre ganze
Belastung erhalten, die gehörige Stabilität zu geben."
Moller fertigte sodann einen zweiten Entwurf mit "doppelter
Bogenstellung" an. Die Maße: 658 Fuß (etwa 206,51 Meter) lang,
27 Fuß (etwa 8,47 m) breit und 117 Fuß (etwa 36,72 m) hoch, aus
Backsteinen erbaut, im oberen Stockwerk 17 Bogen von 30,5 Fuß
(9,57 m) Weite, die auf 14 Pfeilern von 7 Fuß (2,197 m) und zwei
Pfeilern von 18 Fuß (5,66 m) Dicke ruhen. Ausführender Bau-
meister war Fr. Wittfeld aus Aachen.
Die Bauweise und die Art der Holzgerüste waren derart gut
durchdacht, daß die Arbeiten von den beiden Hauptpfeilern aus
vorgenommen wurden und zu einer Ersparnis an Holz und
Arbeitslohn von 6300 Talern für die neun Bogen des Mittelstückes
führten.
Moller beschreibt dann, wie er nicht das damals in Mode
gekommene englische Themse-Tunnel-Verfahren, d.h.
Backsteingewölbe in konzentrischen Schichten, wählte, sondern
das herkömmliche Verfahren. Hierbei füllt der Mörtel alle, auch
die gegen den äußern Rand des Gewölbes etwas weiteren Fugen,
und vereinigt - einmal erhärtet - die Backsteine zu einer Masse.
Jedenfalls war die von Moller bevorzugte und angewandte Bau-
weise seinen Darlegungen zufolge bereits in römischen Monu-
menten erprobt und hatte sich über Jahrhunderte bewährt.
Allerdings sollte fast hundert Jahre später diese Bauweise
einer der Gründe dafür sein, daß am 10. Mai 1940 die Brücke
aufgrund des "Verbundes der Steine" einstürzte...
Das Bauwerk, das als "Kunstbauwerk" anzusehen war,
konnte, wie bereits gesagt, ein halbes Jahrhundert lang für sich
beanspruchen, die höchste Eisenbahnbrücke des deutschen Rei-
ches zu sein.
Nicht nur die Art der Bogen, auch die Bedeckung der
gesamten Brücke, auf die die Schienen verlegt werden mußten,
beschrieb Moller in Einzelheiten. Er riet von einer englischen
Verfahrensweise ab, mehrere Fuß (ein Fuß 31,30 Zentimeter)
Sand oder Kies aufzutragen und dorthinein hölzerne Schwellen zu
38
DETAILS DES GOEHLVIADUKTS BEI AACHEN
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Zeichnung von G.S. Moller
39
verlegen. Dadurch sollte die Brücke vor den Erschütterungen
durch die Lokomotiven geschützt werden. Die große Gefahr bei
der englischen Vorgehensweise bestand darin, daß bei Frost Sand
und Wasser zu einer kompakten Masse wurden, weil der Sand die
Wasserabläufe verstopft hätte. Moller sprach sich für Trag-
schwellen von gehauenem Stein aus, sodaß die Schienen in voller
Länge auf den Schwellen ruhen.
Für den Abzug des Regenwassers sah er auf der Brücke
offene, sehr flache Rinnen durch breite gehauene Steine vor, über
die das Wasser in offene Auslaufrinnen lief. Etwa 1,50 bis 1,80
Meter, wie die Wasserspeier an gotischen Kirchen, ragten diese
Rinnen aus dem Bauwerk heraus, aber nicht zu beiden Seiten der
Brücke, sondern "nur an der dem gewöhnlichen Regenwinde oder
der Wetterseite entgegengesetzten Seite", so Moller wörtlich.
Im Frühjahr 1841 begannen die Arbeiten zum Bau der
"Hammerbrücke", die diesen Namen nach der dortigen Flur
"Hammer" erhielt. Am 22. August 1843, knapp zwei Jahre später,
fuhr probeweise der erste Zug über das elegante, zunächst ein-
gleisige Bauwerk. Die acht Millionen Ziegelsteine (Feldbrand)
waren vor Ort gebrannt worden. Überschüssige Steine sollen - so
A. Bertha in der Zeitschrift "Im Göhltal" - beim Bau der
Hergenrather Kirche verwendet worden sein. Zwei Arbeiter ka-
men 1843 bei einem Sturz von einem Gerüst ums Leben.
Ein Freudentag
Am Geburtstag des preußischen Königs Friedrich-Wilhelm
IV., am 15. Oktober 1843, wurde die nunmehr erste europäische
internationale Bahnstrecke feierlich eingeweiht. Begeistert be-
richtete damals die "Stadt-Aachener Zeitung" über das Ereignis,
das Antwerpen und die Schelde mit Köln und dem Rheinland
verband. In einem damaligen "Eisenbahn- resp. Fortschrittslied"
hieß es u.a.:"
"Auf Deutsche! Vorwärts nun und immer weiter!
Auf, Belgier, allons!
Und wer nicht kann Dampfwagen seyn als Leiter,
Sey wenigstens Waggon!"
Die Zeitung schrieb: "Eine neue Zukunft ist dem Verkehr,
also dem Wohlstand unseres Rheinlandes eröffnet. Zum ersten
Male sind zwei fremde Staaten durch das Bindemittel der Eisen-
40
bahn miteinander verbunden. Belgien, in welchem mehr als in
irgend einem fremden Lande Achtung für deutsches Wesen
vorherrscht, ist fester an Deutschland geknüpft worden..."
Nicht minder groß waren Freude und Genugtuung in Belgien
bzw. Antwerpen. Hier erklärte Minister Dechamps am 13. Oktober
1843, daß dieser Tag keine gewöhnliche Feier sei, sondern eine
solche, die in der Geschichte der Nachkommen zählen werde.
Dieser Tag sei für den Handel so bedeutend wie die Ereignisse von
1830, die zur Gründung des belgischen Staates führten.
Antwerpen habe nunmehr Zutritt zum deutschen Markt,
Antwerpen und Köln seien über Jahrhunderte hinweg verbunden;
in Köln habe die Wiege des Malers Rubens gestanden, Antwerpen ;
sei stolz auf sein Grab.
Die Festlichkeiten in Antwerpen waren großartig. Fahnen
Preußens und Belgiens zierten die Stadt, ebenso die Bilder König
Leopolds I. und Friedrich-Wilhelms IV., des belgischen Löwen
und des preußischen Adlers. So wie Schelde und Rhein sich
"begegneten", so waren auch Antwerpens Bürgermeister Degrelle
und Kölns Oberbürgermeister Steinbeck voller Hoffnung über
den Ausbau des gegenseitigen Handels mit transatlantischen
Verbindungen. Belgiens Arbeitsminister Dechamps war anwesend,
als der preußische Gesandte Baron von Arnim den Grundstein
zum "Rheintor" und zur Lagerhalle für Transitwaren legte. In der
Börse fanden sich 500 geladene Gäste zu einem Festbankett ein.
Kurzum, Jubel und Freude in der Schelde-Metropole wollten
schier kein Ende nehmen.
Etwas nüchterner waren die Feiern am 14. Oktober 1843 in
Lüttich, am 15. Oktober in Aachen und vom 15. bis 17. Oktober
1843 in Köln.
Gefeiert wurde auch an der Göhltalbrücke selbst. Am 15.
Oktober vormittags fanden sich u.a. mehrere Eisenbahndirektoren,
der Oberpräsident der Provinz Westfalen, Freiherr von Vincke,
mehrere Generale, der Aachener Regierungspräsident von Gerlach
und der belgische Arbeitsminister Dechamps ein. Die Festzüge
fuhren nach Aachen und weiter nach Köln, wo ebenfalls
Festlichkeiten angesagt waren.
Wie sehr das "Rad der Geschichte" sich dreht, mag folgender
Hinweis erbringen: Nachdem der deutsche Botschafter in Brüs-
sel, Baron von Arnim, in einem Trinkspruch die drei großen
41
Flüsse Schelde, Maas und Rhein als "einen Fluß" und die Anwoh-
ner als "eine große Familie" bezeichnet und von einer schönen
Vereinigung gesprochen hatte, meinte Belgiens Arbeitsminister
Dechamps, vor hundert Jahren habe König Friedrich der Große
seine Militärmacht vor Lüttich versucht und ein Vorspiel zum
Siebenjährigen Krieg gegeben. Heute schicke der König dieses
schönen Reiches nicht eine Kriegsbotschaft sondern eine
Friedensgesandtschaft... Lüttich habe nicht vergessen, daß es
einst mit Antwerpen und Köln an dem Glücke teilnahm, das
hanseatische Verbindungen schufen.
Die ersten Güterzüge aus Belgien - über die Hammerbrücke
kommend - trafen unter großem Jubel in Köln ein. Und wieder
waren es hohe Politiker und Wirtschaftsleute, die auf die
völkerverbindende Kraft dieser Eisenbahnstrecke hinwiesen, so
auch die Umschrift auf einer in Brüssel geprägten Gedenk-
medaille:; "La guerre les a divisees, la paix les r&unira" - Der Krieg
hat sie entzweit, der Friede wird sie wieder einen". Hierauf ist
auch die Göhltalbrücke, die Hammerbrücke, abgebildet (5).
Tarife in Franken und Thaler
Im "Korrespondenzblatt des Kreises Eupen" steht am 20.
Oktober 1843 zu lesen, daß "die Eisenbahn zwischen Antwerpen
und Cöln dem Publikum am 21. dz. Mits eröffnet wird", Ab
Herbesthal fuhren Züge in Richtung Verviers um 7.45, 11.30 und
16.30 Uhr, in Richtung Aachen um 9.45, 14.15 und 18.15 Uhr,
wobei ab Eupen jeweils sechsmal täglich ein dreispännige
Personenpost nach Herbesthal abging, in der 18 Personen Platz
fanden. Das Personengeld für diese Strecke betrug fünf
Silbergroschen für die Hin- und ebensoviel für die Rückfahrt. An
Gepäck konnte 30 Pfund frei mitgenommen werden. So ließ es das
Königliche Grenz-Postamt unter Vorsteher de Wilde verkünden.
Nicht minder interessant ist, daß die "Belgisch-Rheinische
Eisenbahn" ihre Tarife in Franken und Centimen sowie in Thalern
und Silbergroschen veröffentlichte. Eine Fahrt von Herbesthal in
der 2. Klasse nach Ostende kostete 13,75 Franken oder 3,20
Thaler, eine Fahrt von Aachen nach Ostende (2. Klasse) 15,25
Franken oder 4,20 Thaler. Für 100 Kilogramm Gepäck war der
Fahrpreis nur unwesentlich billiger. Sogar die Wechselkurse für
ausländische Währungen waren amtlich angegeben.
44
Kühe verletzt
Die Hammerbrücke gehörte 1901 zur Doppelgemeinde
Hauset (damals 834 Einwohner) und Hergenrath (1113 Einwoh-
ner). Die Gemeinde beging im gleichen Jahr Festlichkeiten zur
200-Jahrfeier des preußischen Königtums. An der Brücke hielt
am 26. August eine Abteilung des Infanterie-Regiments Nr. 40
aus Aachen eine Gefechtsübung ab. Hierbei scheute - so der
Chronist - das Rindvieh des Landwirten Mathias Schmetz aus
Hauset (Vossey) und zwei Kühe zogen sich beim Überspringen
des Stacheldrahtes Verletzungen zu. Hierfür werde dem Herrn
Schmetz eine Entschädigung von 90 Mark seitens des benannten
Regiments bewilligt. .
Hauset selbst hat die Züge über die Hammerbrücke immer
nur in Prestert vorbeifahren sehen. Astenet hatte schon 1846 einen
Bahnhof, Hergenrath erhielt einen solchen erst 1884. Benutzer
und Fahrgäste waren vor allem ortsansässige Betriebe bzw. in
Aachen beschäftigte Arbeitnehmer.
Nach dem 2. Weltkrieg dienten die beiden Bahnhöfe Astenet
und Hergenrath nur noch dem Personenverkehr auf der Teilstrecke
Herbesthal-Hergenrath, die am 7. Januar 1946 wieder eröffnet
und von einem Schienenbus befahren wurde. Aachen-Reisende
mußten nun den Zug in Herbesthal nehmen.
Die immer stärkere Verlagerung des Verkehrs von der
Schiene auf die Straße führte 1957 zur Schließung der Bahnhöfe
Astenet und Hergenrath, die 1975 bzw. 1976 abgerissen wurden.
Aufschwung durch Kalkwerke
Nachdem in den ersten Jahren des Eisenbahnbetriebes auf
der Strecke Aachen-Lüttich die von Aachen kommenden Züge
mit einer Winde den "Ronheider Berg" hinaufgezogen worden
waren, wurden später - bis zur Umstellung auf Dieselloks und
Elektroloks ab Aachen - eine oder zwei Drucklokomotiven jedem
Zug "angehängt". Bei Nordwestwind war sehr wohl in Hauset das
Schnaufen der Dampfloks im "Ronheider Berg" zu hören.
Das Göhltal (damals auch "Geul" geschrieben) mit dem
mächtigen Bauwerk der Hammerbrücke erfreute sich aufgrund
seiner Naturschönheiten großer Beliebtheit. Als in Hergenrath im
Jahre 1907 gegen den Bau der Kalkwerke (neben der Hammer-
brücke) und die Eröffnung eines Steinbruchs (auf Walhorner
45
Gebiet) protestiert wurde, hieß es in einer Note 30 angesehener
Hergenrather Bürger wörtlich: "Das Geultal, vom Viadukt der
Aachen-Herbesthaler Bahn bis zur Eyneburg und Altenberg, wird
jährlich von Tausenden durchwandert, es bildet eine der belieb-
testen Sonntags-Ausflugpartien der Aachener Bevölkerung. Von
der bewaldeten, leider mit zu dichtem Unterholz bewachsenen
und deshalb schwer zugänglichen Bergkuppe erschließt sich ein
außerordentlich anziehendes Landschaftsbild in die Talsenkung
hinein, von dem monumentalen Eisenbahnviadukt bis zur
Eyneburg, den Höhen um Henri-Chapelle und dem Aachener
Wald..."
Dennoch: die Kalkwerke mit dem nahegelegenen Stein-
bruch trugen während fast 50 Jahren (1910-1955) zum wirt-
schaftlichen Aufschwung im Göhltal bei.
Das Ende der Hammerbrücke
Die hoffnungsvollen Worte und Reden bei der Eröffnung der
ersten grenzüberschreitenden Eisenbahnlinie Europas und der
Welt, die seitdem London mit Moskau, Paris mit Kopenhagen,
Brüssel mit Wien und Istanbul verbindet, sollten leider durch zwei
Weltkriege getrübt werden. Sowohl im Ersten (1914-1918) als
auch im Zweiten Weltkrieg (1940-1944 für das Eupener Land)
sollte die Hammerbrücke ein wichtiges strategisches Glied für
den militärischen Bereich sein.
Am 10. Mai 1940, kurz vor 5 Uhr morgens, sank das
herrliche Bauwerk nach einer gewaltigen Detonation in sich
zusammen. Nur drei Pfeiler wollten die belgischen Grenzschützer
und Pioniere sprengen, hatten aber vermutlich nicht bedacht, daß
infolge der Verbundbauweise das gesamte Bauwerk zwischen
den beiden Hauptpfeilern in die Tiefe gerissen würde.
Gipsverband kontrolliert
Über diesen Tag berichtete der einzige Überlebende von
neun Soldaten, die unter der Brücke Zuflucht gesucht und unter
den Trümmern begraben wurden, Marcel Renard (6). Geboren
wurde er am 17. August 1919 in Seraing bei Lüttich. Seine
Großmutter, Jahrgang 1867, stammte aus Aachen - Forst. Im
Januar 1938 wurde Renard zum belgischen Militärdienst einberu-
fen und zunächst in Verviers, dann beim Radfahrer-Grenzbataillon
in Henri-Chapelle stationiert.
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) Marcel Renard
47
Aus den Trümmern der Hammerbrücke geborgen, verbrach-
te er mehrere Wochen im Eupener St. Nikolaus-Hospital. Dank
ärztlicher Bemühungen konnte eine Amputation der Beine bzw.
der Füße verhindert werden. Als er am 17. Juni 1940 zu seiner
Familie nach Lüttich zurückkehren wollte, wurde er an der neuen
Staatsgrenze (Hitler hatte inzwischen die Kreise Eupen, Malmedy,
St. Vith, die Gemeinde Kelmis und die neun "altbelgischen"
Gemeinden, Gemmenich, Homburg, Moresnet, Montzen, Henri-
Chapelle, Welkenraedt, Baelen, Membach und Sippenaeken an-
nektiert) zurückgeschickt. In einem deutschen Militärlazarett in
Welkenraedt wurde der Gipsverband aufgeschnitten um zu prü-
fen, ob der Verband auch keine Täuschung sei. Mit einem neuen
Visum ausgestattet wurde er "entlassen". Noch ein Jahr lang hat
Marcel Renard in einem Lütticher Krankenhaus verbracht. Später
heiratete er, nahm seinen Wohnsitz in dem verträumten
Ardennenort Jenneret-Bende bei Durbuy. Regelmäßig besuchte
er die Gedenkfeiern zum 10. Mai an der Hammerbrücke. Da er
von seiner Dienstzeit am Göhlviadukt her die Familie Jungbluth
(Gaststätte "Zur Linde") kannte, war er auch immer wieder deren
Gast. Ende November 1986 besuchte ich ihn. Er überließ mir sein
sechs Seiten eng beschriebenes Manuskript über seine Erlebnisse
am 10. Mai 1940 (siehe im nächsten Kapitel "... und dann wurde
es totenstill", übersetzt aus dem Französischen) sowie eine in
Vers- und Reimform (acht Schreibmaschinenseiten) gehaltene
Schilderung. Hierin weist er großspurige Aussagen von anderen
Militärs anläßlich der Gedenkfeiern kategorisch zurück. Diesem
Manuskript zufolge wurden ab dem Hauptpfeiler nahe der
Hergenrather Seite in den Bögen 1, 2 und 3 insgesamt 153
Kilogramm Sprengstoff eingemauert, drei Ladungen zu je 17
Kilogramm pro Bogen. Entgegen vielen Gerüchten habe es nie
eine elektrische Leitung, etwa in Nähe der Kalkwerke, die von
Hergenrath aus zur Sprengung der Brücke hätte benutzt werden
sollen, gegeben, schrieb Renard.
Wir fragten Marcel Renard, ob er und seine Kameraden denn
erwartet hätten, daß die Hammerbrücke fast in ihrer Gesamtheit
einstürzen würde. Seine Antwort: "Nein - wir waren der Meinung,
nur die drei Bögen ab dem Hauptpfeiler auf Hergenrather Seite
würden einstürzen. Hätten wir geahnt, daß das gesamte Mittel-
stück zusammenbrechen würde, wären wir außerhalb der Brücke
48
in unserer Baracke geblieben und nichts wäre uns passiert. Von
einem 'Wissen um den Tod' kann keine Rede sein."
Marcel Renard verstarb am 15. April 1987 in einem Kran-
kenhaus in Seraing bei Lüttich im Alter von 68 Jahren und
hinterließ eine schwerkranke Frau und eine minderjährige Tochter.
*
Weitere Schilderungen über die Hammerbrücke und die Zeit
um 1940 und später stammen von Landwirt Leo Homburg (1985
+) Fossey, Hauset (7), sowie von Anwohnern oder Zeugen aus
Hergenrath und Hauset. 4
Bewachung der Hammerbrücke .
Als sich im internationalen Geschehen abzeichnete, daß
Adolf Hitler einen Krieg vorbereitete (der Einmarsch in Polen
erfolgte bereits 1939), legten nach der Mobilmachung 1939
belgische Pioniere in den mittleren Pfeilern der Brücke auf etwa
1,30 Meter Höhe Sprengkammern an, die jedoch provisorisch
zugemauert wurden. Die Bewachung der Brücke - wie auch
sonstiger strategisch wichtiger Punkte erfolgte zumeist durch
"Grenzschützer". So wurde auch am Fuß der Hammerbrücke,
nahe dem damaligen Wasserwerk, das die Bahnhöfe Astenet und
Herbesthal mit Wasser für die Dampflokomotiven versorgte, ein
Trupp der "Cyclistes-Frontie&res" in einer eigens errichteten
Holzbaracke untergebracht.
Anfang April 1940 begannen die Soldaten mit dem Bau
eines acht Meter breiten Stacheldrahtverhaus in Richtung
"Hammer". Ab dort hatten sie bis zum Hergenrather Weg die
entlang der Göhl stehenden Eichenbäume einen Meter über dem
Boden abgesägt, um sie als Hindernis in den Drahtverhau "ein-
zubauen". Unter dem nördlichen Bogen des in Richtung Astenet
stehenden Hauptpfeilers wurden schwere Balken und Bohlen
zum Bau eines Unterstandes verwendet, der später acht Soldaten
zum Grab werden sollte.
Marcel Renard erzählt
Die nachfolgende Schilderung ist eine Übersetzung des
Textes, den Marcel Renard über die Ereignisse des 10. Mai 1940
an der Hammerbrücke und seine Rettung verfaßt hat. Allerdings
waren einige Korrekturen bezüglich der Ortsnamen erforderlich.
49
"Einige hundert Meter von der belgisch-deutschen Grenze
entfernt, zwischen zwei bewaldeten Hügeln, nahe den Gemein-
den Hergenrath und Hauset, erhebt sich das imposante Bauwerk
des Viadukts bei Hergenrath. Die Abgeschiedenheit ist einmalig!
Im Tal weiden friedlich die Kühe im zarten Frühlingsgras und nur
das Plätschern eines kleinen Baches (die Göhl) unterbricht die
Stille. In regelmäßigen Abständen fahren die Züge langsam, fast
im Schrittempo, über die riesigen verminten Bogen des Viadukts
in Richtung Aachen oder Herbesthal.
Acht Grenzschützer der "Cyclistes-Frontieres" (Anm. d.V.:
ansonsten in der Kaserne in Henri-Chapelle stationierte Einheit)
unter dem Befehl von Korporal Tavernier aus Ougr&e sowie ein G
Offizier des 23. Pionierbataillons, Unterleutnant Joseph Pirotte
aus Rocourt, und dessen Ordonnanz, Pionier Albert Leclerq aus
Xhendelesse, bewachen in der Nacht vom 9. zum 10. Mai 1940 die
Brücke, d.h. sie halten sich in den mit Wellblech bedeckten
Baracken auf. Korporal Tavernier verbringt einen Teil der Nacht
vor einem kleinen Tisch und bastelt kunstvoll aus Steinen der
Umgebung Aschenbecher, Papierbeschwerer, kurzum Dinge zum
Zeitvertreib. Seine Lieblingsbeschäftigung. Hinter ihm, auf
Holzbetten mit Strohmatratzen vier schnarchende Soldaten, die
soeben von einem Kontrollgang zurückgekehrt sind. Ein alter
verbeulter Wecker mit seinem unermüdlichen Tick-Tack und
wackelnden Zeigern zeigt 3.30 Uhr an... Noch eineinhalb Stunde
und die noch schlafenden Männer müssen die vier Soldaten
ablösen, die mit der Waffe, dem blauen "Krätzchen"
(schiffchenförmige Kopfbedeckung mit Troddel -) und den lan-
gen Artilleriemänteln die Sprengkapseln am Viadukt bewachen.
Seit einigen Wochen sind die Wachen verdoppelt worden.
Oben auf der Brücke patrouillieren zwei Soldaten, darunter zwei
weitere, immer in der Nähe der gefüllten Sprengkammern. Bei
kaltem Wetter lösen sie sich jede Stunde einzeln ab, um eine
ständige Überwachung zu sichern. Aus Zeitvertreib plaudern sie
untereinander von ihren kleinen Sorgen, ihren letzten "Eroberun-
gen" oder vom nächsten Urlaub!
Der neue Tag beginnt, die letzten Sterne funkeln noch am
wolkenlosen Himmel. Theo Lannoy klettert zur Wachablösung
mit Oscar Chav&e "nach oben". Am Fuß der Brücke, begleitet von
seinem untrennbaren Freunde S£raphin Bourge, verheiratet, Va-
50
ter eines netten lieben Jungen, befand sich der Schreiber dieser
Zeilen, Marcel Renard, am Morgen des 584. Tages in Uniform.
Gegen 4 Uhr steigt Soldat Lannoy von oben zu uns herab und
sagt uns, daß er bis zur Ablösung um 5 Uhr weiterhin auf der
Brücke Wache schieben wolle. Auf einem schmalen Pfad, quer
durch die Büsche des Abhangs, klettert er in die Höhe. Zehn
Minuten später sind auch die letzten Sterne erloschen, der Him-
mel ist wunderbar blau, ein zweifellos herrlicher Tag kündigt sich
an.
Flugzeuge kommen ft
Plötzlich hören wir ein dumpfes Brummen von Flugzeug-
motoren und schauen zum Himmel. Oscar Chav&e entdeckt als .
erster die Herkunft der Geräusche und ruft uns oben von der
Brücke herunter, mit dem Arm nach Norden zeigend zu: "Da, dort,
über Holland!" Auch wir bemerken ein großes Flugzeug-
geschwader, anscheinend "Dornier"-Maschinen, doch sind wir
keineswegs sicher, daß sie über Holland fliegen. Schon bald
nähert sich eine zweite Staffel in kürzerer Entfernung zu uns. Mit
offenem Mund stehen wir staunend über soviele Flugzeuge da!
Nur Bourge ist seelenruhig fortgegangen, um den Wachoffizier
und Korporal Tavernier zu benachrichtigen. Theo Lannoy zählt
40 Maschinen im ersten Geschwader, während ich selbst weitere
30 zähle und andere Geschwader, umgeben von Jagdflugzeugen,
auftauchen.
Der Zugführer legt den Stein, an dem er bastelt, beiseite, holt
sein Fernglas zum Vorschein, läuft über den Pfad auf die
Brückenbrüstung und beobachtet den Himmel. Angesichts dieser
ernsten Lage laufe ich zur Bude von Leutnant Pirotte, der eiligst
aufsteht. Er streift seine Hose über den Schlafanzug, während
Kamerad Leclercq sich in aller Eile anzieht. Die in der großen
Baracke schlafenden Soldaten sind aufgewacht und eilen ins
Freie, um nach den Ursachen der Unruhe zu schauen. Wir zeigen
dem Leutnant die Flugzeuge am Himmel. "Sie sind über Belgien",
sagt er, begibt sich in seine Bude und telefoniert mit dem
Kommandoposten in Welkenraedt, wo sich ein Verbindungs-
offizier aufhält. Es ist Tag, 4.25 Uhr.
Außer den beiden Wachsoldaten auf der Brücke sind wir alle
vor der ‘Baracke versammelt, wo der Offizier noch während des
Sa
Ankleidens einige Befehle gibt. Es gilt, die Aufmerksamkeit zu
verdoppeln und den für die Entgleisung von Zügen verantwort-
lichen Posten nahe dem Hergenrather Bahnhof zu alarmieren,
damit die Soldaten dort für alle Eventualitäten bereit sind. Die
beiden Wachposten auf der Brücke werden nach unten beordert.
Weitere Flugzeuge sind in Sicht und nähern sich uns, fliegen
aber weiter und verschwinden in einem dumpfen Geräusch... jetzt
haben sie das Hoheitsgebiet verletzt. Es ist 4.35 Uhr.
Sorgenvolle Gesichter
Einige Kameraden sind in die große Baracke gegangen,
legen dort ihre Sachen bereit, ordnen ihre Uniform. Einer schreibt
mit einem Stück Kreide auf den Tisch. Ich weiß nicht mehr was...
Die lächelnden Minen von vor einigen Minuten sind verflogen,
die Gesichter sind sorgenvoll, der Korporal hat seine Utensilien in
einen Sack gepackt. Das Telefon schrillt in meiner Nähe. Ich hebe
ab und höre die Stimme des Leutnants in Welkenraedt, der den
Befehl gibt, die Zerstörung einzuleiten... Der Befehl wird zu
Leutnant Pirotte weitergeleitet, der sogleich mit den Vorberei-
tungen beginnt.
Der Schublade seines Schreibtisches entnimmteer eine kleine
Dose aus Weißblech (oder Zink), öffnet sie, holt einen Umschlag
heraus und stellt ihn neben das Telefon. In der rechteckigen Dose
liegen eine TNT-Patrone und eine langsam brennende Zündschnur
sowie Sprengkörper mit einer Reibzündung und einem Werkzeug,
vermutlich einer Zange... bin mir dessen aber nicht sicher. Dem
Offizier, der die Dose trägt und in Richtung Brücke geht, folgt der
Korporal.
Beide begeben sich in den im Bau befindlichen Unterstand
(Anm. d.V. neben dem Hauptpfeiler in Richtung Astenet) und
beginnen mit den Vorbereitungsarbeiten zur Sprengung. Auf
meiner Uhr ist es 4.45 Uhr.
Jagdflugzeuge überfliegen in geringer Höhe die Brücke. Wir
suchen hier und dort Unterschlupf, während unter ohrenbetäuben-
dem Geräusch eines der Flugzeuge in nur zwanzig Meter Höhe
über den Viadukt hinwegdonnert. Der Offizier und der Korporal
kommen laufend zur Baracke zurück. Es ist kurz nach 4,50 Uhr,
als erneut das Telefon klingelt. Ich hebe den Hörer ab und reiche
ihn dem Offizier. Alle starren ihn an... er spricht... ich denke
52
daran... was nun passieren würde... 153 Kg TNT, entsprechend
1500 Kilogramm Dynamit, werden wohl in den nächsten Augen-
blicken hochgehen. Ich entnehme meinem Etui eine Zigarette und
biete dem neben mir stehenden Bourge eine weitere an, obschon
es verboten ist, in der Wachstube zu rauchen... In diesem Au-
genblick reißt der Leutnant mit seinen Zähnen den Briefumschlag
auf, entnimmt ihm ein schmales Stück Papier, liest nur das eine
Wort "Adolf", schreit es in den Hörer hinein, sagt nur "Ca va" und
legt auf. Damit war das Paßwort zwischen beiden Offizieren
gefallen. Die Brücke mußte gesprengt werden. .
Die kleine Metalldose .
Laut Anweisung mußten wir uns jetzt in den unfertigen
Unterstand unter dem 9. Brückenbogen begeben. Von dem Un-
terstand sind nur die Mauern und die Decke fertig, es fehlen die
Tür und die Fenster, die Verkleidung. Im Innern stehen zwei
Holzböcke und dicke Eichenbretter der Mauer der 3. Pioniereinheit,
in einer Ecke ein halber Metalleimer zum Anrühren des Mörtels,
verstreut etliche Ziegelsteinstücke. In unmittelbarer Nähe aber,
eingemauert im 8. Pfeiler, befindet sich die Zündvorrichtung.
Als Leutnant Pirotte das Telefongespräch beendet hat, nimmt
er die kleine Metalldose an sich, wirft einen Blick um sich und
geht, begleitet von seiner Ordonnanz und dem Korporal, erneut
auf die Brücke zu, gefolgt von den anderen Soldaten. Bourge geht
neben mir, die nicht angezündete Zigarette auf den Lippen.
Plötzlich ein furchtbares Geräusch eines Flugzeugmotors, ähnlich
dem einer Sirene. Ein "Stuka" (Anm. d.V. "Sturzkampfbomber")
stürzt mit Maschinengewehrfeuer schießend auf die Brücke zu...
Das ist die Feuertaufe. Wir laufen eilends zum Unterstand unter
der Brücke. Niemand ist verletzt. Wir finden uns alle in einem
Raum von zehn bis zwölf Quadratmeter Größe ein. Zu unserer
Linken trennen zwei Mauerteile uns von der anderen Hälfte der
Wachstube und dem famosen 8. Pfeiler mit der Zünddose. Ich
erinnere mich hier nicht mehr ganz genau, glaube aber, daß der
Leutnant einen Freiwilligen bat, den "Entgleisungsposten" im
Bahnhof (Hergenrath) zu informieren. (Anmerkung d.A.: Im
Bahnhof Hergenrath waren an den Weichen kleine Sprengsätze
angebracht. So wie von Aachen her ein Militärzug in den Bahnhof
einfuhr, mußte der "Entgleisungsposten" die Sprengsätze zünden,
53
so daß die Geleise bzw. Weichen blockiert waren). Möglicher-
weise war entweder vor oder nach der Beschießung durch ein
deutsches Flugzeug Kamerad Chav6e zum Bahnhof unterwegs.
Er ist aber abwesend, als der Leutnant und der Korporal im
Unterstand hinter den Zwischenmauern, die die Wachstube
schützen sollen, verschwinden, denn zweifelsohne würde die
Zünddose, die nur hundert Gramm Sprengstoff enthielt, bei der
Explosion auseinanderfliegen.
... und dann wurde es totenstill
Es ist bald 5 Uhr. Jeder sucht sich einen kleinen Platz aus, um
sich zu kauern. Ich werfe noch einen Blick auf die Decke und sehe
eine Art "Fußboden" aus nebeneinander gelegten Telegrafen-
pfählen, verbunden untereinander durch Eisendraht. Ein Blick in
die Runde: in einer Ecke sitzen J. Demoortel und Joseph Niessen,
die sich die Ohren zuhalten, daneben Robert Baert und Albert
Leclercq, die Ordonnanz des Leutnants. S£raphin Bourge sitzt zu
meiner Rechten, fest an mich gepreßt und dem Eingang zur
Zwischenmauer zugewandt, Theo Lannoy links neben mir. Der
Offizier und der Korporal kehren zurück in unsern Raum, nach-
dem sie die langsam brennende Zündschnur angezündet haben,
und knien in der Mitte des Raumes mit einem Bein nieder. Der
Leutnant schaut auf seine Uhr... Nach einigen Sekunden die erste
Explosion. Die Brücke bebt bis in ihre Fundamente. Ich ziehe
Bourge zu mir hin nach links... ein grauer Staub erfüllt den Raum.
Nach einigen Hundertstel Sekunden explodiert die zweite und
sogleich danach die dritte Ladung... Über uns stürzt alles zusam-
men. Blöcke von Mauerwerk durchschlagen die Telefonmasten
der Decke und begraben alle Soldaten unter sich... Ich sehe nichts
mehr, es ist völlig dunkel. Ich bin gegen den neunten Pfeiler wie
angeklebt, der Kopf von T. Lannoy zwischen der Mauer und
meinem Rücken. Sein Helm schneidet sich in Nierenhöhe in
meinen Rücken hinein. Von Bourge ist nichts zu sehen, eine dicke
Staubschicht erfüllt den winzigen Platz um mich herum. Als sich
der Staub gesenkt und meine Augen sich an das Dunkel gewöhnt
haben, bemerke ich bei einer Drehung des Kopfes nach rechts die
Hand von Bourge, die sich an der Epaulette meines Mantels
festklammert, während aus seiner Armbanduhr ein unaufhörli-
ches Tick-Tack in mein Ohr dringt. Glücklicherweise sind meine
56
Wie in einem Grab
Ich befinde mich in einer Art Schlupfloch, dessen Decke
zwei zerbrochene Rundhölzer bilden, die in einem Winkel von 45
Grad etwa 25 bis 30 Zentimeter über meinem Kopf liegen. Links
befinden sich Steinreste, rechts ebenso; die Hand meines Freun-
des ragt aus den Trümmern heraus. Mauerwerkblöcke zu meiner
Linken haben Lannoy unter sich begraben. Die Rundhölzer zu
meiner Rechten dürften sicherlich den armen Bourge erschlagen
haben.
Mein Unterleib ist völlig von Gestein bedeckt, so daß ich den
Eindruck habe, meine Beine seien vom Rumpf getrennt... Ein
Gefühl, als ob Millionen von Ameisen über mein Becken und
meine Beine spazierten. Verzweifelt klammere ich mich an die
Rundhölzer und versuche, mich zu befreien... verlorene Mühe,
ich bin erbarmungslos eingeklemmt. Dennoch rufe ich um Hilfe...
aber um mich herum eine grausige Stille!
Plötzlich höre ich eine rufende Stimme! Es ist die von
Kamerad Chav6&e, so scheint mir... Ich brülle mit letzter Kraft; er
antwortet mir, er hat mich wiedererkannt, steigt auf die Trümmer
und versucht die Mauerstücke beiseite zu heben. Vergebens. Ich
bitte ihn, so schnell wie möglich Hilfe im Dorf zu holen. Er
antwortet mit Ja und geht davon. (Anmerkung d.A.: Hier wäre
dieser Schilderung eine Aussage von Leo Homburg zuzufügen:
Chav&e lief verstört am Hammerhof vorbei und rief immer wieder
"Ils sont tous morts" - Sie sind alle tot. Später wurde er mit einem
Nervenzusammenbruch auf der Lontzener Heide aufgegriffen
und in das Eupener St. Nikolaus-Hospital gebracht. Wie uns
Marcel Renard im November 1986 sagte, habe Chav&e sich von
diesem Schock nie wieder erholt).
Nachdem Chav6e fortgegangen ist, komme ich mir wie in
einem Grab vor, in dem neun Männer unter der Erde liegen.
Etwa eine halbe Stunde später ein Motorradgeräusch. Je-
mand stolpert über die Trümmer. Ich höre, daß dort oben ge-
sprochen wird und schreie. Deutlich vernehme ich eine Stimme in
deutscher Sprache "Was ist das?..." Ich rufe zurück: "Hier, hier",
nur um mich überhaupt bemerkbar zu machen. Dann hebt jemand
einen Steinblock beiseite und nach einigen Minuten sehe ich über
mir einen Lichtschein und eine 15 bis 20 Zentimeter lange
Öffnung. Zwischen den beiden Rundhölzern bemerke ich einen
57
graugrünen Stahlhelm und eine Wehrmachtsuniform. Verzwei-
felt suche ich nach einigen Deutschbrocken, um mich verständ-
lich zu machen... "Ich habe mein Bein viel Schmerz, ich bin
hier..." und was mir sonst noch an deutschen Wörtern einfällt. Den
Reaktionen zufolge schienen mehrere Personen sich vor Ort zu
befinden und miteinander zu sprechen.
Verstehen konnte ich nichts. Einer ruft mir dann von oben
herab zu: "Das ist viel Arbeit für zwei Mann(en)". Dann verstehe
ich noch, wie er mich um etwas Geduld bittet, weil er Hilfe im
Dorf holen will. Die Soldaten entfernen sich auf ihrem Motorrad.
Wieder bin ich allein. Alle möglichen Gedanken schießen mir
durch den Kopf, doch trotz meiner fast ausweglosen Lage beginne
ich zu hoffen, atme wieder freier und sehe wenigsten ein Stück
blauen Himmels über mir. Lange würde es nicht mehr dauern.
Dennoch... die Minuten werden zu einer Ewigkeit... Glückli-
cherweise schmerzen meine Beine nicht mehr so sehr, an das
Prickeln der Ameisen haben ich mich gewöhnt. Nur das Warten
geht an die Nerven und ist unangenehm! Ich fühle mich recht
schwach und schließe die Augen. Endlich möchte ich schlafen...
Bange Stunden
Nach einer Ewigkeit des Wartens scheint es, als ob sich
Stimmen näherten. Tatsächlich, ich kann sie jetzt unterscheiden,
immer mehr; sie sprechen Plattdeutsch. Der Tonfall der Gegend
ist mir bekannt. Dazu höre ich von weitem Detonationen wie
Kanonenschüsse oder Bombenexplosionen.
Durch die schmale Öffnung zwischen den Rundhölzern sehe
ich einen Kopf, dann noch einen. Man spricht zu mir, ich antworte.
Man fragt mich, ob ich durstig sei und läßt mit einer Kordel einen
Trinkbecher zu mir hinab. Ich fasse ihn: Kaffee mit Zucker...
dabei mag ich doch keinen gezuckerten Kaffee! Immerhin! über
mir wird geschuftet. Wieder wirbelt Staub auf, ich huste und
schreie, man möge vorsichtig sein. Endlich, nach unvorstellbaren
Anstrengungen, erreichen meine Retter die beiden Rundhölzer
und arbeiten sich rechts, entlang der Mauer, über Bourge vor.
Jemand mit einem starken Akzent der Gegend sagt mir, daß das
Material, das die Rundhölzer belastet, erst beseitigt werden müsse.
Endlich gelingt es, eines der Hölzer über meinem Kopf zu
beseitigen. Helles Tageslicht umflutet mich. Glücklicherweise
58
trage ich meinen Helm, denn von oben herunter bröckelt ständig
Gestein. Schließlich ist wenigstens mein Kopf fast frei, bis auf ein
Rundholz, das gegen die hinter mir stehende Mauer des 9. Bogens
geklemmt ist.
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Seraphin Bourge, einer der 8 belgischen Grenzschützer,
die am 10. Mai 1940 an der Hammerbrücke starben
59
Ein etwa 15- bis 16 jähriger Junge nähert sich mir, mit dem
Kopf nach vorne, auf dem Bauch liegend; zwei Erwachsene
halten ihn an den Beinen. Er schaut mich an, lächelt und fragt, wie
es mir gehe. Ihn hatte man zu mir hinabgelassen, damit er
feststelle, wie ich eingeklemmt sei. Dann ziehen sie ihn wieder
nach oben, die Arbeiten werden fortgesetzt. Ich bin am Ende
meiner Kräfte, schließe die Augen und verfalle in eine Art
Dämmerschlaf, Wie lange, weiß ich nicht.
Plötzlich fühle ich, wie jemand an meine Schultern rüttelt.
Ich öffne die Augen und bin erstaunt über die Fortschritte, die
meine Retter während meines "Schlafes" erreicht haben. Um die
Rundhölzer zu entfernen, die meine Beine einklemmen, müssen
sie erst im Dorf eine Säge holen. Man fragt mich, ob ich nicht
zuviel Schmerzen fühle, ob ich eine Zigarette möchte, ob mir
durstig sei... ich weiß nicht, was alles noch. Rechts neben mir
haben die Männer einen Teil des Körpers von Bourge freigelegt.
Sein Arm hängt jetzt am Körper herunter, etwa 60 bis 70 Zentime-
ter von mir entfernt. Inzwischen haben die Männer das mein
Becken umschließende Gestein bis zu meinen Knien beseitigt.
Aber immer noch sind meine Beine unter einem der
Telegrafenmaste eingeklemmt. "Wieviel Uhr ist es?" - "Bald 11",
sagte man mir. Seit sechs Stunden liege ich hier! Einer der Männer
steigt mit einer Säge zu mir hinab, doch erst nachdem etliche
Steine an meinem linken Bein fortgeräumt sind, kann das Zersägen
des Mastes beginnen, Zentimeter um Zentimeter. Die Männer
wechseln sich ab. Am liebsten möchte ich selbst sägen, um
schneller herauszukommen. Nicht möglich! - Endlich ist der Mast
durchschnitten. Nach vielen Mühen, einem Hin und Her, kann
schließlich das Holz soweit beiseite geschoben werden, um mein
Bein zu befreien. Ich fühle nichts, mein ganzer Unterkörper ist
völlig gefühllos geworden.
Die Männer binden ein Seil um meinen Oberkörper, unter
meinen Armen, und ziehen mich langsam in die Höhe, während
zwei andere mich vorsichtig anheben.
Erstaunt, verblüfft stelle ich fest, daß ich noch "ganz" bin.
Als jemand mein linkes Bein anfaßt, schreie ich vor Schmerzen.
Zentimeter um Zentimeter werde ich aus meinem Gefängnis ans
Tageslicht gehoben, auf eine Tragbahre gelegt und in einen
kleinen Lieferwagen verfrachtet.
60
Als ich bitte, mir doch die Brücke zu zeigen, sehe ich nur
noch die beiden in der Luft hängenden Schienenstränge zwischen
den beiden Hauptpfeilern, etwa 25 Meter über den Köpfen meiner
Retter. Zu jeder Zeit hätten sie auf den Trümmerberg fallen
können, meinte einer der Männer. Auf 150 Meter Länge breitete
sich das Trümmerfeld aus. "Alle meine Kameraden liegen noch
dort unten", sagte ich. "Wieviel?", fragten die Männer. "Acht oder
neun", sagte ich. "Wir werden uns darum kümmern", beteuert
man mir und legt mich auf einen Haufen Decken. Als der Wagen
losfährt, werde ich ohnmächtig.
... danke Schwester...
Ich wache auf, als man mich am Eingang des Hospitals auf *
eine Tragbahre legt. Es ist das Eupener Hospital. Zwar bemerke
ich noch, daß man sich rührend um mich bemüht, aber wieder
schlafe ich ein. Erst am nächsten Morgen werde ich wach. Als
erstessehe ich eine Ordensschwester miteinem weißen Häubchen,
die mir lächelnd zuspricht. Als sie fortgeht, erscheinen wenige
Minuten später zwei Männer im weißen Kittel, fühlen meinen
Puls, meinen Blutdruck und stellen mir unzählige Fragen. Unter
sich sprechen die beiden Ärzte deutsch, so daß ich nichts verstehe.
Mit mir sprechen sie französisch, obschon einer der beiden eine
feldgraue Uniform unter seinem weißen Kittel trägt, der andere
Hemd und Krawatte. Nachdem sie nach meinem Namen, nach
Alter und Adresse, kurzum nach allem Möglichen gefragt haben,
bemerke ich, daß meine Decke in Höhe des linken Beines eine
große Erhebung aufweist. Man hat mein linkes Bein ganz einfach
in einen "Tunnel" gesteckt. Das rechte Bein ist vom Knie bis zum
Knöchel verbunden. Das linke Bein weist alle möglichen Farben
auf. Der linke Fuß ist gar nicht schön anzuschauen. Der linke
dicke Zeh gleicht einer getrockneten Pflaume, einschließlich
deren Farbe. Alle anderen Zehen gleichen schwarzer Blutwurst!
Vergeblich bemühe ich mich, meinen linken Fuß zu bewegen.
Verlorene Mühe. Kein Gefühl, auch nicht, wenn der Arzt daran
herumdrückt. Eigenartig ist dieser Eindruck, wenn man nichts
fühlt, keinen Schmerz im linken Fuß und etwas Gefühl im Bein.
Der Arzt in Uniform bittet mich, meine Zehen zu bewegen. Trotz
aller Anstrengungen passiert nichts. Der andere Arzt besteht
darauf, daß ich die Zehen bewege; dies sei unerläßlich, um meinen
Fuß zu retten.
61
Nachdem die Ärzte gegangen sind, bemüht sich die Schwe-
ster um mich, fragt mich, ob ich Durst oder Hunger habe, woher
ich komme, wo ich wohne. Sie bittet mich, den Anordnungen der
Ärzte zu folgen und verspricht mir, für mich zu beten.
Dann geht sie, kommt wenig später mit einem Tablett voller
Nahrungsmittel, Kaffee, Graubrot, Wurst, Käse, Konfitüre zu-
rück, richtet das Kopfteil meines Bettes in die Höhe, stellt das
Tablett auf einen kleinen Tisch, wünscht mir guten Appetit und
sagt im Gehen: "Sie müssen alles aufessen...!"
Bravo, Schwester Hospizia!!!
Beim Essen schaue ich mich um und stelle fest, daß ich in
einem Saal mit zehn Betten liege, fünf auf jeder Seite, zumeist von
Zivilpersonen belegt, alle verletzt. Ich selbst liege im mittleren
Bett meiner Reihe, links neben mir zwei Männer, einer verletzt am
Arm, der andere am rechten Bein; die beiden anderen Betten sind
nicht belegt, von den fünf gegenüberstehenden Betten sind drei
leer.
Ab dem Augenblick, als das Tablett fortgeholt wird, versu-
che ich, die Muskeln meines Fußes und meiner Zehen zu bewe-
gen. Nach mehrstündigen Bemühungen scheint endlich eine
meiner kleinen "Blutwürste" zu gehorchen.
Als dann am anderen Morgen, voller Ungeduld erwartet, der
Arzt kommt, ist er zufrieden...
Für mich begann dann eine lange Zeit ständiger Übungen,
bis ich wieder mit einer Prothese und orthopädischen Schuhen
gehen konnte."
Soweit die schriftlichen Schilderungen Marcel Renards.
Bei einem der beiden Ärzte handelte es sich - so Renard - um
den Eupener Arzt Dr. Peter Maraite.
Zu den Rettern, die Marcel Renard unter den Trümmern an
der Hammerbrücke herausholten, zählten sowohl Landwirte und
Anwohner der nächsten Umgebung aus Hergenrath und Hauset
als auch Männer der Hergenrather Feuerwehr, so Martin Maeger,
der im 1. Weltkrieg Sanitäter gewesen war.
Zum Gedenken...
Nahe dem riesigen Trümmerhaufen, der auch das Bett des
Göhlbaches füllte, bildete sich in den folgenden Tagen ein kleiner
See. Am Samstag, dem 11. Mai, landete ein Doppeldecker (Fieseler
62
Storch) auf einer Wiese in der angrenzenden Fossey. Ihm war der
Treibstoff ausgegangen. Beim Weiterflug steuerte der Pilot die
Maschine unter die herunterhängenden Eisenbahnschienen der
Brücke hindurch. Pfingstmontag, 13. Mai, stürzte ein schwer-
beschädigter Restpfeiler ein. Deutsche Pioniere begannen mit
dem Forträumen der Stacheldrahtsperren am 16. Mai und ver-
kauften den Draht an Landwirte. Wenig später setzten die Auf-
räumungsarbeiten ein. Arbeiter der Umgebung wurden angeheuert.
Die acht unter den Trümmern liegenden Leichen der Soldaten
wurden geborgen. Soldat Joseph Niessen aus Welkenraedt wurde
sofort in seinen Heimatort übergeführt, die anderen Soldaten auf
dem Friedhof in Hergenrath beigesetzt. Die Leiche von Korporal ,
Tavernier wurde am 17. Juli von Hergenrath nach Ougree gebracht,
Die sterblichen Überreste der Soldaten Alb. Leclercq und Th&o
Lannoy wurden am 6. Oktober 1945 in ihre Heimatorte übergeführt.
Damals sagte Bürgermeister Hackens, daß die Stätte, an denen die
toten Soldaten der Hammerbrücke auf dem Hergenrather Fried-
hof beigesetzt worden seien, nie mehr benutzt würde.
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Auf dem Hergenrather Friedhof fanden die Toten des 10. Mai 1940
(außer J. Niessen/Welkenraedt) eine vorläufige Ruhestätte,
63
Eine Vervierser Zeitung berichtete über die Gedenkfeier und
schrieb u.a.: "Die Schulkinder deklamierten und sangen die
"Brabanconne" in französischer Sprache: eine beachtliche Tatsache
in einer Gemeinde, die sich vor 1940 den belgischen Institutionen
gegenüber als refraktär zeigte und wo die Unterrichtung der
französischen Sprache bis zum 5. Schuljahr verboten war."
Die sterblichen Hüllen von Leutnant Jos. Pirotte und der
Soldaten R. Baert und S. Bourge wurden am 20. Juli 1946 in ihre
Heimatorte umgebettet. In Hergenrath fand eine Feierstunde statt.
Zahlreiche Persönlichkeiten und Vereinigungen wohnten dem
Requiem in der Pfarrkirche bei, so Bezirkskommissar Henri
Hoen, Abgeordneter Peter Kofferschläger (Kelmis), die Bürger-
meister und Schöffen aller Gemeinden des Kantons Eupen, Platz-
kommandant Major Lambrecht, Professoren der Universität
Lüttich u.v.a. (siehe auch Totenzettel).
In Anwesenheit von General Verhaegen als Vertreter König
Baudouins, zahlreicher Militärs, ziviler und kirchlicher Behörden,
wurde am Betonpfeiler der tiefen Stahlbrücke der Hammerbrücke
am Sonntag, dem 22. Juni 1952, eine Gedenkstätte mit Gedenk-
tafel eingeweiht. Sie trägt in französischer Sprache das Datum des
10. Mai, die Uhrzeit 4.48 Uhr, die Namen der ums Leben gekom-
menen belgischen Soldaten und den Satz (übersetzt) "...(sie)
erhielten den Befehl, diese Brücke zu sprengen, um den Angreifer
aufzuhalten. Sie haben den Auftrag erfüllt, wissend, daß sie dabei
sterben würden."
Wiederaufbau
Bereits am 4. Juli 1940 begannen die Arbeiten der MAN-
Werke Gustavsburg zum Bau einer neuen Brücke. Sie wurde nach
Westen hin verlegt, nachdem der Bahndamm aufgefüllt worden
war. Eisenträger wurden in die Erde gerammt, große Vierecke mit
Beton verfüllt und drei Betonpfeiler hochgezogen. Von beiden
Seiten wurden dann die Stahlkonstruktionen verlegt. Bereits am
2. November 1940 befuhren mehrere Lokomotiven versuchsweise
das neue Bauwerk, das aber nur eingleisig betrieben werden
konnte. In Richtung Astenet (nahe dem damaligen Hofe Johann
No61), wurde eine Weiche und ein "Block Hammerbrücke" einge-
richtet.
Auf der Hergenrather Seite der Brücke war der Grund-
legungsstein der ursprünglichen Hammerbrücke in einen großen
66
Hochbrücke, ebenfalls aus Stahl, begannen. Hierzu wurde nur ein
tragender Hauptpfeiler in der Mitte errichtet, während die beiden
Widerlager in Richtung Hergenrath und Astenet, also die stehen-
gebliebenen Seitenteile der ehemaligen Hammerbrücke, ausge-
baut und verstärkt wurden. Diesmal wurden russische Kriegsge-
fangene zum Bau eingesetzt. Sie waren nahe Gut Hammer
untergebracht. Zu den Wachtposten zählte u.a. Franz Seiter, ein
Uhrmacher aus Eupen.
Anfang September 1944 wurde auch diese Hochbrücke
fertig, doch schon bahnte sich ihr Ende an.
Wiederzerstörung und Aufbau Ü
Seit August 1944 rollten fast pausenlos Züge mit Flüchtlin-
gen aus Belgien, die sich nach der Landung der alliierten Truppen
und deren Vormarsch vor dem Zugriff der "Weißen Armee" und
der Widerstandskämpfer in Sicherheit bringen wollten, sowie mit
zurückflutenden Wehrmachtseinheiten in Richtung Deutschland.
Tiefflieger setzten immer wieder im gesamten Raum der deut-
schen Westgrenze zu Angriffen auf Züge, so bei Montzen,
Gemmenich, Eupen-Herbesthal, Raeren usw. an. Am 7. September
wurde im Bahnhof Herbesthal ein Munitionszug in Brand ge-
schossen. Am 8. September fuhren noch 18 Räumzüge und zwei
Flüchtlingszüge von Herbesthal über Hergenrath nach Aachen.
Am 9. September gegen 20 Uhr verließ der letzte Räumzug den
Bahnhof Herbesthal in Richtung Aachen und lud in Astenet und
Hergenrath die Bahnbediensteten auf. Einen Tag später, am 10.
September, sollte auf Befehl des deutschen Generalleutnants von
Schwerin die Sprengung der Hammerbrücke vorbereitet werden.
Das Betriebsamt Aachen der Reichsbahn protestierte, da noch
Personal des Bahnhofs Astenet zurückgeblieben war. Um 14.02
Uhr - so Hubert Beckers aus Eilendorf, der aus Akten der deut-
schen Reichsbahn zitiert - erhielt Leutnant Schliepen den Auftrag,
die Hammerbrücke gegen Abend zu sprengen. Schließlich aber
wurden beide Brücken erst am 12. September um 6.30 Uhr von
deutschen Truppen gesprengt, während die Amerikaner gegen
Mittag den Viadukt erreichten und im Spätnachmittag dann von
Astenet kommend über die damaligen Feldwege in Hauset ein-
fuhren. Zuvor schon war auch die kleine Straßenbrücke nahe dem
Cafe "Zur Geul" (Karl Gatz) über die Göhl in Hauset gesprengt
worden.
67
Zum zweiten Male innerhalb von vier Jahren wurde ein
europäisches Bindeglied zerstört. Die Amerikaner jedoch brach-
ten innerhalb weniger Monate die "Hochbrücke" wieder in Betrieb,
während die erste Flachbrücke erst ab 1948 wieder aufgebaut
wurde.
Wieder starben junge Menschen
Als in den ersten Monaten des Jahres 1944 die alliierten
Flugzeuge immer wieder strategisch wichtige Ziele angriffen,
Tiefflieger sogar Züge aller Art, auch Personenzüge, beschossen,
wurde zunächst eine schwere fahrbare Eisenbahnflak (Flak =
Flugabwehrkanone) nach Hergenrath beordert. Immerhin war in
der Nacht vom 27. zum 28. April 1944 der Bahnhof Montzen von
100 bis 150 alliierten Flugzeugen bombardiert worden. Die
Auswirkungen, auch unter der Zivilbevölkerung (66 Tote und 150
Verwundete) waren verheerend.
Die schwere Eisenbahnflak wurde im Laufe des Frühjahres
1944 durch zwei sogenannte "Vierlingsflak" ersetzt. Die Einheit
war zuvor an der Talsperre in Bütgenbach abgezogen und in der
Hauseter Jugendherberge ("Fingerhutsmühle") einquartiert wor-
den. Wie sich aus späteren langwierigen Recherchen mit dürfti-
gem Ergebnis herausstellte, stammten die Soldaten zumeist aus
dem Allgäu und Österreich. Einer der Offiziere, vermutlich ein
Leutnant namens Sepp Steiner, soll aus Schwechat bei Wien
gewesen sein. Ein anderer der Soldaten hieß "Römer" und war an
der Mosel beheimatet, ein weiterer nannte sich Hartmann und
holte bei dem nur einige hundert Meter entfernt wohnenden
Landwirt Heinrich Taeter täglich frische Milch. Genannt wurden
mir Namen wie Unteroffizier Eck, Unteroffizier Drechsler,
Wornotzi aus Aachen, Franz Schweineberger aus Simmerberg
(Allgäu), Sepp Hauer aus Gars am Kamp in Nieder-Österreich,
Karl Straubinger aus Eidenbach (Bayern), Unteroffiziere Junger,
Schade...
Der Eupener Wehrmachtsgefreite Franz Seiter (+ 1980),
Uhrmacher und Amateurfotograf, der die russischen Kriegsge-
fangenen beim Bau der zweiten Brücke (Hochbrücke) beaufsich-
tigte, hatte sich schnell mit den Flaksoldaten angefreundet. Ihm
verdanken wir eine Serie von Fotos, die er in den ersten Maitagen
1944 machte.
69
Am Montag, dem 22. Mai 1944, gegen 15,27 Uhr, griffen
sechs alliierte Tiefflieger aus Richtung Buchenbusch/Kirchbusch
kommend die beiden Flakstände an. Die Geschoßgarben trafen
das Munitionslager; bei der Explosion kamen sechs Soldaten ums
Leben; drei wurden schwer, drei leicht verwundet. Gegen 15.30
Uhr wurde dann der Bahnhof Montzen durch acht Tiefflieger
angegriffen und beschossen. Zu beklagen waren ein Toter und ein
Verletzter. Um 15.36 Uhr beschossen vier Jabos (Jagdbomber)
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Leutnant Steiner mit einem Teil seiner Flak-Mannschaft
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einen Personenzug auf der Strecke Eupen-Herbesthal bei Km 1,3.
Auch hier gab es Verletzte.
Die beiden Flakstände in Hauset boten ein Bild des Grauens.
Einer der Flaksoldaten war regelrecht entzweigeschossen wor-
den. Landwirt Heinrich Taeter, der zum Flakstand gelaufen war
um zu helfen, erlitt einen Schock. Aus Hergenrath leisteten Dr.
Hans Keutgen und zwei Frauen des Roten Kreuzes erste Hilfe.
Der am "Block Hammerbrücke" diensttuende Bahnbeamte M.
Broun half mit, die Verwundeten und die Toten auf einer Bahn-
arbeiterlore zum Bahnhof Hergenrath zu bringen. Einer der Ver-
wundeten verstarb auf dem Weg in das Lazarett Bloemendael bei
Vaals. Hier dürfte der Mitteilung eines Feldgeistlichen zufolge
wahrscheinlich auch ein weiterer Schwerverwundeter innerlich
verblutet sein, so daß die Zahl von acht Toten realistisch scheint.
Nach einer Abschiedsfeier an den aufgestellten Särgen mit
den Leichen der Flaksoldaten vor dem Bahnhofsgebäude in
Hergenrath wurden die Toten in ihre Heimatorte befördert. Da sie
als Soldaten "in der Heimat" ums Leben kamen, erfolgten auch
keinerlei Todeseintragungen in das Sterberegister in Hergenrath
oder Hauset.
Franz Seiter aus Eupen, der an diesem 22. Mai die russischen
Kriegsgefangenen bei den Bauarbeiten an der Brücke bewachte,
hatte zur Zeit des Angriffs der Tiefflieger seinen Vater und seine
Schwester zu Besuch und konnte sich unter einem der stehenge-
bliebenen Brückenbogen in Sicherheit bringen.
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Während alljährlich zum 10. Mai der ums Leben gekomme-
nen belgischen Soldaten in Hergenrath oder Walhorn (Hauset
bzw. die Gemeinde Raeren beteiligt sich nicht mehr) gedacht
wird, hat es nie eine offizielle Gedenkfeier für die deutschen
Soldaten gegeben. Nur einmal, am 22. Mai 1990, befand sich am
Fuß der Brücke ein Kranz mit der Aufschrift: "Den belgischen,
deutschen Soldaten, allen Toten an dieser Brücke zum Geden-
ken."
Die Hammerbrücke, ein europäisches Verbindungsglied,
hat etliche Menschenleben gekostet: zwei Arbeiter stürzten beim
Bau im Jahre 1843 von einem Gerüst, ein 16 jähriger Waldarbeiter,
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Nur einmal, am 22. Mai 1990, 50 Jahre nach dem schrecklichen
Geschehen an der Hammerbrücke, erinnerte ein anonymer Kranz
an alle Opfer der Brücke...
1903 beim Ausheben von Dohlennestern auf der Brücke von
einem Zug erfaßt und getötet; am 10. Mai 1940 kamen acht
belgische Soldaten ums Leben, am 22. Mai 1944 acht deutsche.
Einige Menschen bestiegen die Brücke, um dann durch einen
Sprung in die Tiefe freiwillig aus dem Leben zu scheiden.
Die Hammerbrücke, auch ein Mahnmal...
Quellenverzeichnis
1. Chemins de fer belge et belgo-rhenan, Manuel 1845.
2. Georg Salomon Moller, Baumeister, "Beiträge zur Lehre von den
Construktionen",
3. J.Pecheux: "La naissance du Rail Europeen", 1800-1850.
4. Karl Kumpmann: Die Entstehung der Rheinischen Eisenbahngesellschaft
1830-1840, zit. in: Clemens Bruckner: "Zur Wirtschaftsgeschichte des
Regierungsbezirks Aachen, 1967: "II. Schienenwege".
5. A.Bertha, "Im Göhltal", Nr. 18, S. 50-67, Die Hammerbrücke bei Hergenrath
und die Eröffnung der Belgisch-Rheinischen Eisenbahn.
6. Marcel Renard, Manuskripte.
7. Leo Homburg, Hauset, in Notizen um die Hammerbrücke, in "Im Göhltal",
Nr. 26, S. 18. u. £f.
8. Hubert Beckers, Über den Einsatz der deutschen Reichsbahn Sept. 1944 im
Raum Eupen-Moresnet, in "Im Göhltal, Nr. 30, S. 5 u.f.
Fotos: Baltus, Falter, Kever, Lander, Privat, Renard, Seiter, Timmermann.
73
Flamingos im Zoo
Wie große, rötlich-weiße Blüten schimmern sie
nach Rosenquarz und Alabastervasen,
sie stehen scheinbar auf zu zartem Stiel,
wie festgewachsen auf dem grünen Rasen.
Sie blicken nirgends hin-
was geht durch ihren Traum?
Ist irgendwo für sie
noch Sinn und Ziel und Raum?
Ein fremder Zauber hüllt sie ein
und macht sie unnahbar.
Da stößt der warme Wind von West!
Was weht für sie in seinem Duft,
das lockt und ruft?
Sie heben sich vom Boden ab,
als hielte nichts sie fest,
sie holen aus zum Flügelschlag
und springen taumelnd vor,
so wie von Sehnsucht aufgehetzt,
als öffne sich ein Tor--
und trügen ihre Schwingen jetzt
den Aufbruch ohne Rückkehr, schnell,
die Stimmen schreien wirr und hell-
doch die gestutzten Flügel fallen zu,
es gab nur Sprünge auf und nieder,
und ihre Stimmen schweigen wieder,
als wüßten sie nicht mehr wozu.
Und während andere zum Futtertroge drängen
sehn sie nicht hin, stehn wieder unbewegt,
als lauschten sie den fernen Windgesängen.
M. Th. Weinert
74
September
Das Licht ist sanfter
wie Gold hinter Bäumen,
Silber im Bach,
die Drosseln schweigen.
Spinnfäden schimmern, Z
zaghaft nur duftet
das Rosenbeet, ®
die Schatten wachsen.
Rot blühen Disteln,
aber das Birkengrün
ist grau geworden, S
die Nesseln wuchern.
Die Tage sind windlos,
ein Vogelzug schreibt .
Fragmente ins Blaue,
der Sommer geht.
M. Th. Weinert
75
Alte Wege im Dreiländereck
von Heinrich von Schwartzenberg
In der nachfolgenden Studie sollen alte Verkehrswege im
Dreiländereck, insbesondere Ortsverbindungsstraßen, die den
Aachener Raum berührten, dargestellt werden. Die im Text fett
gedruckten Nummern verweisen auf die Karte auf Seite 102.
Solange es Menschen gibt, die an verschiedenen Orten
wohnen, solange gibt es auch Verbindungswege der Menschen
untereinander.
Da der Aachener Raum in der Vorzeit mit Sicherheit schon ,
besiedelt war, müssen auch in dieser Zeit die ersten Verkehrswege
entstanden sein.
Flüsse und Bäche waren wohl die ersten Wege und sicher-
sten Führer durch unsere waldreiche Gegend. Der Verlauf der
Querwege wurde oft von den Furten der Flüsse und Bäche
bestimmt. Von den Niederlassungen aus, die meist am lebens-
notwendigen Wasser entstanden, ging man auf die Jagd und
suchte nach brauchbaren Materialien.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die unter 16 genannte
Moresneter Straße schon in der Bronzezeit (1800-800 v. Chr.)
bestanden, führte sie doch durch eine Hügelgräbernekropole in
Richtung zu den ergiebigen Kelmiser Galmei-Erzen, die man für
die Messingherstellung benötigte (1).
Auch die unter 17 und 18 genannten Straßen (Raeren- und
Münstergracht) zeugen von einem jahrtausendalten Fernverkehr
über die Höhenränder des Aachener Kessels. Kaemmerer schreibt
dazu:
"Bei allen Verkehrswegen, die man von Urzeiten her kennt,
gilt es, zwischen Fernstraßen und Nahwegen, also wie heute
zwischen Landstraßen erster, zweiter oder gar dritter Ordnung zu
unterscheiden.
Die westlichen und östlichen Vorlande von Eifel und
Ardennen besitzen eine Vielzahl von Wegespuren ältester Her-
kunft, die sich dem kundigen Auge als einheimische
Fernverkehrswege zu erkennen geben, lange gebraucht vor der
Anlage der bekannten Römerwege seit dem ersten nachchristlichen
Jahrhundert. Sie zeigen sich in jenen Hohlwegen, oft viele Meter
tief in den weichen Boden eingegraben, die man hierzulande
76
Grachten nennt. Ihre Entstehung ist nicht schwer zu deuten. Als
unverkennbare Fahrrinnen winden sie sich zumeist an einem
Berghang empor. Sie stammen aus jenen Zeiten, da man hier noch
ohne besonderen Straßenbau ausgekommen war...
Soweit nun eine solche Fahrrinne bergauf führte, wurde der
von Zugtieren und Wagenspuren ständig aufgewühlte Boden in
den nassen Jahreszeiten abgeschwemmt, so daß sich der Fahrweg
sehr langsam, aber stetig immer tiefer in das Gelände eingrub und
dadurch über außerordentlich lange Zeitläufe einen solchen Hohl-
weg bilden mußte." (2)
Um die Zeitwende nahmen die im Straßenbau erfahrenen
Römer von unserem Land Besitz.
Unter Benutzung der reichlich vorhandenen keltischen Wege *
wurde ein dichtes Straßennetz mit 4-6 Meter breiten Straßen
geknüpft (3). Die Fernwege hatten oft eine Breite von 15 Metern
(s.u.. 8).
Neue Straßen erhielten eine vortreffliche Befestigung und
wurden so gerade wie nur möglich als Verbindung zwischen zwei
Punkten trassiert.
Aachen selbst lag zwischen den großen römischen
Kolonisationszentren Tongern, Trier, Maastricht und Köln und
war selbst nur ein römisches Militärbad,
Die genannten Zentren waren militärische, kulturelle und
wirtschaftliche Mittelpunkte, die durch große Heerstraßen ver-
bunden waren.
Nördlich von Aachen führte eine Römerstraße 1. Ordnung
von Köln über Jülich, Maastricht und Tongern nach Bavai im
heutigen Nordfrankreich.
Südlich von Aachen lag die Römerstraße 1. Ordnung, die
von Köln über Zülpich, Rocherath, Büllingen und Amel nach
Reims führte.
Im Südwesten von Aachen lief die "Via Mansuerisca", ein
alter Handelsweg von Maastricht nach Trier, der im Hohen Venn
aufgedeckt wurde und sich nach einer Untersuchung eindeutig als
römisch erwies (4).
Aachen selbst war zwar Straßenknotenpunkt, besaß jedoch
nur Quer- und Nebenstraßen oder Straßen 2. Ordnung, die oft
Zubringer zu den großen Staatsstraßen waren.
Die Fernstraße Bavai-Köln 8 berührte Kornelimünster (5).
Nach dem Niedergang des Römischen Reiches trat im Straßenbau
77
eine Stagnation ein. Seit dem Mittelalter wurden manche römi-
schen Wege nicht mehr benutzt, so daß sie mit einer Grasnarbe
bedeckt wurden, weshalb man sie bis heute noch Grüner Weg,
Grünweg, Grünstraße oder Grüntal nennt.
Auch die heutigen Bezeichnungen Steinstraß, Steinbahn,
Rennbahn oder Hochweg deuten auf alte Römerstraßen hin (6).
Erst Karl der Große, der große Kriegsherr, Staatsmann und
Mehrer des Reiches, erkannte die Bedeutung der Straßen für das
allgemeine Staatswohl. Für die Beherrschung seines Reiches
waren Verbindungswege unerläßlich. Unter seiner Regierung
wurden wichtige Römerstraßen wieder hergestellt und neue Heer-
und Handelswege erschlossen (7).
So kann man davon ausgehen, daß gerade von Aachen aus,
dem Mittelpunkt des Karolinger Reiches, das Fernstraßennetz
über vorhandene und neue Wege ausgebaut wurde, so daß es bis
zum Spätmittelalter ausreichte, vielleicht sogar ausreichen mußte,
weil die Zersplitterung in der Klein- und Vielstaaterei ein Gesamt-
konzept für den Straßenbau verhinderte.
Es entstanden im Mittelalter wohl Wege für spezielle Zwek-
ke. So ist hier der Herzogweg 20 zu nennen, den die Herzöge von
Limburg seit dem 14. Jahrhundert benutzten, wenn sie ihren
Außenbesitz Herzogenrath besuchten (8).
Ferner gab es den Geusenweg 22 von Kelmis nach Vaals,
den die Protestanten und Calvinisten aus Eupen und Kelmis
sonntags gingen, um in Vaals an den Gottesdiensten ihrer Ge-
meinden teilzunehmen, die damals in ihren Heimatorten untersagt
waren (9). (Geusen = niederländische Freiheitskämpfer gegen die
Spanier, später: Bezeichnung für Protestanten usw.)
Bleibt noch zu erwähnen, daß die Freie Reichsstadt Aachen
im 15. Jahrhundert Teile ihrer Grenze zur Sicherung mit einem
Landgraben versehen hatte.
An Straßen und Wegen befanden sich Durchlässe, die mit
Schlagbäumen und Sperrketten, Grindel genannt, abgesichert
waren.
An strategisch wichtigen Punkten, insbesondere zur Ab-
sicherung der Einfallstraßen, hatten man Wachttürme errichtet.
Die fünf nachfolgend genannten Wachttürme sind noch
erhalten:
1) Adamshäuschen am Preusweg/Moresneter Weg 16,
2) Beeck am Gemmenicher Weg 13,
78
3) Hirsch in Laurensberg
4) Linzenshäuschen an der Eupener Straße 15,
5) Burg Orsbach an der Orsbacher Straße 10.
Außerdem war die Grenze des Aachener Reiches mit Grenz-
steinen markiert, von denen viele, besonders an den Grenzstraßen
und -wegen, den Aachener Stadtadler trugen, damit jedem
Grenzgänger bewußt wurde, daß er sich auf Aachener Hoheits-
gebiet befand.
(Vergl. u. 4 und 5).
Unter Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, ging auch - zunächst
in Frankreich - über dem Straßenbau wieder die Sonne auf. 1747
wurde in Frankreich die "Ecole des Ponts et Chauss&es" gegründet,
eine Ingenieurschule, die dem Straßen- und Brückenbau diente "
(10).
Aber nur allmählich sprang der Funke bis in unsere Gegend
über. Das änderte sich allerdings, als die Franzosen 1794 unser
Gebiet vereinnahmten und später Napoleon als großer Feldherr
erkannte, wie wichtig Straßen für militärische und wirtschaftliche
Zwecke waren.
Viele neue Straßen, die sogenannten Kunststraßen, wurden
von den Franzosen - wie es schon die Römer machten - in
möglichst gerader Trassierung geplant und z.T. auch fertigge-
stellt, z.B. die Roermonder Straße, die Krefelder Straße, die
Trierer Straße, die Orsbacher und die Horbacher Straße in Aachen.
Die Franzosen wandten im besetzten Rheinland ihr exaktes
Vermessungssystem an und errichteten dazu den sog. Tranchot-
Obelisken auf dem Lousberg.
Nach der Niederlage Napoleons wurde Aachen preußisch,
und die Preußen setzten den von den Franzosen begonnenen
Straßenbau massiv fort. Auch die Vermessungs- und
Kartierungsarbeiten des französischen Obersten Tranchot wurden
von den Preußen unter Generalmajor v. Müffling fortgesetzt.
Neben der "Karte des Aachener Reiches" von Copso-1777-
und den Ergänzungen dazu von E. Ph. Arnold (in "Aachener
Heimatgeschichte", Aachen 1924, s. 360/361) waren auch die
Kartenaufnahmen von Tranchot/v. Müffling Grundlagen für die-
se Studie,
Auf der am Schluß dieser Schrift beigefügten Karte sind die
wichtigsten Verkehrswege eingezeichnet und entsprechend ihrer
Bau- oder Benutzungsepoche markiert,
80
In diesem Zusammenhang sei auf die noch zahlreich vorhan-
denen Wiesen-Fußfade in der alten Limburger Wiesenlandschaft
hingewiesen, die von ihrer Entstehung her meist Abkürzungen zu
den Kirchen und Schulen und später auch zu den Bahnhöfen
bildeten.
RÖMERSTRASSEN
1. Von Aachen zur Maas (Lütticher Straße)
Eine römische Ortsstraße im Zuge der heutigen Jakob- und
Großkölnstraße führte vom Markt aus in ihrer westlichen Verlän-
gerung über die Jakobstraße (hier fand man ihre Straßenkrone),
Lütticher Straße, Bildchen, Kelmis, Henri-Chapelle, Herve nach *
Lüttich zur Maas (11).
Man kann annehmen, daß dieser Fernweg schon auf vor-
römischen Ursprung zurückgeht (12).
Der uralte Weg ist noch im Aachener Wald - vor allem
zwischen Unterer und Oberer Backertsweg - als tiefer Hohlweg
(Gracht) neben der jetzigen Lütticher Straße zu erkennen. Auch
zwischen dem vorderen Preusweg und der jetzigen Lütticher
Straße ist die Trasse des alten "Lükerweges" (Lütticher Weg)
noch als "grüner Weg" zu sehen.
Dieser alte Lükerweg, der nur als Erdweg ausgebaut war,
muß im Mittelalter in einem schlechten Zustand gewesen sein,
benutzte man doch meistens einen anderen Fernweg nach Lüttich,
und zwar die "via regalis" (Königstraße) oder "via imperialis"
(Kaiserstraße). Dieser Fernweg führte von Aachen über Nijswiller,
Gulpen, 's-Gravenvoeren, Bernau, Vise€ nach Herstal und Lüttich
(13). Doch mehr hierüber unter 9.
Mitte des 18. Jahrhunderts beschloß man, den alten Erdweg
Aachen/Henri-Chapelle/Lüttich, der kürzer war als der Weg über
Gulpen durch eine gepflasterte Kunststraße (Steinweg) zu erset-
zen (14).
Auf Limburger und Lütticher Seite kamen die Arbeiten gut
voran, so daß bereits 1785 die Lütticher Postkutsche bis zur
damaligen Aachener Grenze am Unteren Backertsweg die neue
Straße befahren konnte.
Die Reichsstadt Aachen ließ sich - weil man über die neue
Trasse nicht einig war - mehr Zeit und wurde erst 1797 mit dem
Ausbau des Lütticher Steinweges fertig.
81
So kam es, daß die Postkutsche bis zu diesem Zeitpunkt auf
Aachener Gebiet große Schwierigkeiten hatte.
Ein Engländer berichtet 1793 von einem Hohlweg im \
Aachener Wald (es ist bestimmt die Gracht am Backertsweg
gemeint), der so eng sei, daß die Wagen weder wenden noch
aneinander vorbei konnten. Der Weg habe im Schmutz zwischen
zwei senkrechten Wänden gesteckt (15).
Jedenfalls war 1797 auch das Aachener Stück fertig und
seitdem blieb die "neue" Lütticher Straße mit einigen kleinen
Korrekturen - jetzt allerdings in Bitukies-Ausführung - bis zum
heutigen Tag für den Verkehr erhalten.
In der Preußenzeit wurde die Lütticher Straße mit Meilen-
steinen versehen, von denen noch zwei vorhanden sind. Der eine
steht hinter Kelmis bei Gut Hirtz und der andere in Bildchen an der
Einfahrt Lütticher Str. 471-507. Sie zeigen an, daß die Entfernung
nach Köln 11 bzw. 10 Meilen beträgt. Auf der Lütticher Straße
gegenüber Haus 272 steht noch ein glockenförmiger Stein, der
1/4 Meile anzeigt. (1 Meile betrug ca. 7,5 km).
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.
a .
Abb. 2: Abb.: 3
Meilenstein Lütticher Straße 1/4-Meilenstein Lütticher Str.
Im Jahre 1843 erhielt die Lütticher Straße Konkurrenz durch
die Eisenbahnlinie Aachen-Lüttich, die über Ronheide führt und
dort eine der stärksten Eisenbahn-Steigungen Westeuropas (1:38)
zu überwinden hat.
Aschoff schreibt dazu: "Eine kurze Steilstrecke zwischen
Aachen und Ronheide, die sogenannte "geneigte Ebene", konnte
82
damals noch nicht mit Lokomotiven befahren werden. Die Züge
mußten mit Hilfe eines Seilzuges durch eine Dampfmaschine
emporgezogen werden. Der reibungslose Betrieb setzte eine
Verständigungsmöglichkeit zwischen dem Maschinisten an der
Dampfmaschine in Ronheide und dem Bahnpersonal am Fuße der
geneigten Ebene voraus. Zu diesem Zweck bestellte die Rheini-
sche Eisenbahn-Gesellschaft einen elektrischen Zeigertelegrafen
bei Wheatstone in London" (16). i
Das war die erste Inbetriebnahme eines elektrischen Tele-
grafen in Deutschland (1843).
Wegen der Nachteile der Ronheide Steigung sollte Anfang
des 20. Jahrhunderts auf anderer Trasse ein zusätzliches Gleispaar
mit geringerer Steigung verlegt werden. Bei Grundhaus stieß man
1908 bei Bohrungen auf Fließsand, so daß die vorgesehene zweite
Tunnelröhre nicht zur Ausführung kam. Bereits angeschüttete
Bahndämme in Bildchen und an der Lütticher Straße (Hermann-
Löns-Allee) und drei fertige Überführungen zwischen Bildchen
und Hergenrath sind noch als Andenken zu besichtigen (17).
2. Von Aachen nach Jülich (Jülicher Straße)
Ein römischer Weg kam vom Aachener Markthügel über die
römischen Ortsstraßen in der Großköln- und Alexanderstraße bis: .
zur Peterskirche (hier lag ein römischer Friedhof) und Mariahilf-
straße. Von dort aus führte er durch den Kurpark über den
"Grünen Weg" bis zur Wurm, hinter der er in einem Bogen auf
Haaren zu lief. In Haaren führte er wahrscheinlich über Friedens-
straße, Alt-Haarener Straße, Würselener Straße, Am Alten
Kaninsberg und über Dobach, Vorweiden, Aldenhoven zum
Befestigungswerk Juliacum (Jülich). Dort traf er auf die große
Römerstraße Bavai-Köln. Der beschriebene Weg war die Straße,
die die Reisenden von Aachen nach Köln auch im frühen Mittel-
alter benutzt haben.
(Nach der Überlieferung soll der Kaninsberg früher Königs-
berg geheißen haben. Durch einen Übersetzungsfehler in der
Franzosenzeit soll aus Königsberg Kaninsberg entstanden sein.)
In Haaren gab es - von der Wurm kommend - aus Richtung
Aachen noch einen Parallelweg z. Kaninsberg, der vielleicht auch
römischen Ursprungs war. Man fand s.Z. in der Nähe der jetzigen
Wurmbrücke die Eichenbalken einer Furt im ehemaligen Bach-
bett.
83
Erst 1831 entstand von Aachen bis zum Kaninsberg auf
neuer Trasse als "Kunststraße" die jetzige Jülicher Straße, die man
früher in Aachen "Kölner Steinweg" und in Haaren "Haarener
Steinweg" nannte (18).
3. Von Haaren in Richtung Geilenkirchen
In der Verlängerung des Grünen Weges lief - als Fortsetzung
des Weges 2 - eine Straße ziemlich geradlinig über die Haalheide
nach Würselen-Elchenrath und Euchen in Richtung Geilenkirchen
(19).
Nach Würselen führte im Mittelalter mit Sicherheit noch ein
Weg über die Trasse der heutigen Krefelder Straße, die im Jahre
1813 als Kunststraße ausgebaut wurde. Ein preußischer Meilen-
stein steht noch in Würselen, Krefelder Straße zwischen den
Häusern 75 und 117 (20).
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TEA De
VS
DA Abb. 4:
Be Meilenstein in Würselen,
een. Krefelder Straße
DE zwischen den Häusern
Ve 75 und 117, Die untere
8 KO X Inschrift lautete vermut-
CD ZA Ed lich: "Aachen Crefelder
WC A A Bezirksstraße erbaut
BE Zend
RE A
DE =
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4. Von Vorweiden nach Köln
Von Weg 2 zweigte in Vorweiden eine Römerstraße ab, die
über Röhe, Eschweiler, Weisweiler, Burg Frenz nach Kerpen und
Köln verlief (21). Die Straße Aachen-Eschweiler-Düren-Köln
war ein Teil der alten Heerstraße Aachen-Frankfurt (22).
84
A U m
EL MER
Abb. 5:
Aachener Grenzstein an der Abzweigung in Vorweiden
5. Von Aachen nach Heerlen
Vom Aachener Markt aus führte eine römische Straße in
Richtung Elfschornsteinstraße, Wüllnerstraße, Süsterfeldstraße
(Grüner Weg!) über Schurzelt, Laurensberger Straße, Grünenthal!,
Vetschau, Steinstraß!, Locht geradewegs weiter nach Heerlen, wo
sie die nördliche Verbindung Köln-Bavai erreichte (23).
In Schurzelt westlich der Süsterfeldstraße wurde im Jahre
1981 bei Straßenbauarbeiten die alte Römerstraße Aachen-Heerlen
ineiner Breite von 4,40 m aufgedeckt. Dabei entdeckte man einen
Knüppeldamm aus Eichenholz, der eine Furt über den Schurzelt-
bach bildete, sowie die imposante Konstruktion einer Holzbrücke,
die offenbar später über den Bach gebaut wurde (24).
In den Jahren 1783-1811 wurden die Nord-Süd-Verbindun-
gen von Herzogenrath bzw. von Heerlen nach Aachen als Kunst-
straßen ausgebaut.
85
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6 18
N Abb. 6:
N £ pe 2) Zeichnung von einem ver-
S| 2 een a8
chener Keiche: er noc|
Ze SA 1941 an der alten Straße
> HS Aachen-Heerlen stand
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6. Von Aachen in Richtung Eschweiler
Eine weitere Römerstraße verließ Aachen nach Nordosten
über die Ursulinerstraße, untere Peterstraße, Peliserkergasse
(Grüner Weg!), an Gut Kalkofen vorbei über die Höhe von
Verlautenheide zum großen römischen Siedlungsgebiet bei
Eschweiler (25).
Im Jahre 1830 wurde eine neue Verbindung über Eilendorf
in Richtung Eschweiler und Stolberg - zunächst als Privatstraße
(Cockerillstraße) - ausgebaut (26).
7. Von Rothe Erde nach Kornelimünster
Eine Abzweigung vom Weg 6 bog etwa im Zuge derunteren
Peliserker- und Lützowstraße scharf nach Südosten ab. Sie verlief
nahe an "Gut Grünstraß" vorbei, durchquerte das jetzige Bahn-
und Industriegelände von Rothe Erde, von wo sie weiter über
Krummerück - durch ein Wiesengelände mit der Bezeichnung
"Grüner Weg" - nach Niederforstbach und Kornelimünster führte.
In Kornelimünster erreichte sie die römische Fernstraße Bavai-
Köln (s.u. 8) (27).
In der Franzosenzeit (1811) wurde die heutige Trierer Straße
ziemlich geradlinig über Forst, Brand und Kornelimünster als
Kunststraße gebaut und von den Preußen übernommen. Preußi-
sche Meilensteine sind noch vorhanden, z.B. hinter Walheim und
Roetgen. Der Ort Brand schuf eine Nachbildung.
8. Von Bavai über Kornelimünster nach Köln
Eine große römische Querstraße kam von Bavai über Dinant,
Theux, Heusy, Limburg, Baelen, Kornelimünster und Düren nach
Köln.
86
Gielen schreibt dazu:
"Auf weiten Strecken folgt sie einem Höhenrücken, von dem
aus man eine großartige Fernsicht genießt. In der Nähe dieser
Straße sind vielerorts Altertümer zutage gefördert worden. Teil-
weise, wie z.B. von Dinant bis Poulseur, wird sie heute noch "Tige
de CeEsar" genannt.
An gewissen Stellen ist diese alte Straße auch heute noch
erhalten und gut befahrbar, teilweise auch noch in alten Hohl-
wegen zu erkennen. Sie erreicht bei Verviers das Wesertal und
geht weiter bis Limburg. Von dort bis Baelen ist sie mit der
heutigen Chauss&e identisch. Hier erreicht sie den Höhenrücken,
der zugleich Wasserscheide zwischen Weser und Göhl ist.
Von Baelen aus führt sie südlich von Nereth als "Nerether
Weg" weiter und durchschneidet Gemehret, um als breiter Gras-
weg die Rochuskapelle zu erreichen, wo sich früher drei wichtige
Wege gabelten.
Weiter geht es dann an Waldenburgshaus und Philippenhaus
vorbei, wo sie einen Bogen nach Nordwesten macht, um die
dortigen Geländeschwierigkeiten und das Quellgebiet des nach
Walhorn abfließenden Hornbachs zu umgehen.
Beim heutigen Merols kreuzt sie die Straße Eupen-Aachen
und führt nördlich von Ravenhaus nach Rovert, wo sie die jetzige
Straße Raeren-Eynatten schneidet.
Von hier aus heißt sie Kinkebahn. An der Brigidakapelle
von Berlotte vorbei geht es zur Landwehring, wo sie noch die
ursprüngliche Breite von 15 Metern hat. Den Namen Kinkebahn
behält sie auch nach dem Überqueren der belgisch-deutschen
Grenze bei Langfeld und zwar bis zur heutigen Schnellstraße
Aachen-Monschau." (28)
Die Querstraße führt weiter über Nütheim nach Korneli-
münster und über die Höhe nach Breinig (Grünstraße!), Maus-
bach, durch das große römische Industriegebiet Gressenich nach
Düren und Köln (29).
VERMUTETE RÖMERSTRASSEN
9. Von Aachen zur Maas
Wenn die Maastrichter etwas für alt erklären, dann sagen sie
das Sprichtwort: "t' is zo oud als de weg nar Aken!" (30).
87
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Abb. 7: Brigidakapelle von 1722 in Berlotte (Eynatten)
Hier kreuzte die "Kinkebahn" 8 den alten Fern- und Pilgerweg, der
von Aachen über Raeren nach Trier führte (Oeslinger Weg 17 ).
Bis zur Fertigstellung der Eupener Straße (1828) war die Kinkebahn die
wichtigste und meist benutzte Verbindung von Eupen/Eynatten/Raeren
nach Deutschland.
Es war damals üblich, an wichtigen Straßenkreuzungen Kapellen,
Heiligenhäuschen oder Kreuze zu errichten.
Der Verbindungsweg von Aachen zur Maas, der sehr wahr-
scheinlich römischen Ursprungs ist, führte - vom Münsterplatz
kommend - (hier Anschluß an Weg 6 ) über Rennbahn!,
Klappergasse (Legende von zwei längst verstorbenen Maastrichter
Bischöfen, die vor Freude mit den Gebeinen klapperten, als sie
das Münster sahen, Trichtergasse (= Maastrichter Gasse),
Beginenstraße (wurde durch Barbarossamauer zur Sackgasse,
daher später:) König-straße!, Königstor!, Maastrichter Straße!,
Melatener Straße, Königshügel!, Melaten (frühere Lepra-Stati-
on), Schneebergweg, Lemiers, Hilleshagen, Partij, Wittem, Gulpen,
Ingber, Scheulder, Ysern, Bemelen, Scharne (Wyck) zum uralten
Maasübergang bzw. zum Maastrichter Königstor! (31).
88
In Gulpen hatte diese Straße eine Abzweigung über 's-
Gravenvoeren, Bernau, Vis€ (wo sie die Maas überquerte) nach
Herstal und Lüttich.
2 A -
Abb. 8: Mariensäule an der alten Straße Aachen-Maastricht
(heute Feldweg hinter Lemiers)
Der letztgenannte Fernweg wurde von den deutschen Köni-
gen und Kaisern benutzt, wenn sie von Aachen nach Herstal oder
umgekehrt zogen, weshalb er auch "via regalis" (Königstraße)
oder "via imperialis" (Kaiserstraße) genannt wurde. Gerade in der
Zeit der Karolinger muß auf dieser Straße reger Verkehr ge-
herrscht haben, führte sie doch in ihr Wiegenland (32).
Noch bis 1785 benutzte die Lütticher Postkutsche diesen
Weg über Vis€, 's-Gravenvoeren, Gulpen nach Aachen, da der
89
eigentlich kürzere Lükerweg (Lütticher Straße) bis dahin in einem
schlechten Zustand war (vergl. u. 1 ).
Aber auch von Maastricht aus wurde die "via regalis" oft
passiert, wenn z.B. künftige Herrscher - von dort kommend - zur
Krönung nach Aachen ritten.
So wird berichtet, daß der künftige König Karl V. am 21.
Oktober 1520 von Maastricht aufbrach, in Wittem übernachtete
und am 22. Oktober 1520 gegen Mittag nahe der Straße bei Gut
Neuenhof seine Truppen zum Einzug in die Krönungsstadt ord-
nen wollte.
Dabei gab es Rangfolgestreitigkeiten zwischen dem Kur-
fürsten von Sachsen und dem Herzog von Jülich. Jeder wollte
zuerst in Aachen einziehen.
Nach vielen Stunden der Rangelei wurde der junge König
ungeduldig und ließ dem Jülicher befehlen, "daß er durch die Stadt
ausziehen sollt, oder zu hinterst an Ihro Majestät haufrucken, in
aller Teufel nam, dan Ihro Majestät hetten beschwerung, länger
also zu halten!"
Der Herzog von Jülich zog daraufhin mit seinen 400 Reitern
vorweg, jedoch abgesetzt vom übrigen Zug durch die Stadt. Erst
danach konnte gegen 7 Uhr abends der feierliche Einzug in die
Krönungsstadt beginnen (33).
Vom Glanz der König-straße ist - vor allem in der Gegend
von Lemiers - nicht mehr viel übriggeblieben, und z.T. verkom-
mene und verlassene Feldwege machen die Suche nach dem alten
Verlauf schwierig.
10. Von Laurensberg über Orsbach nach Partij
Von Laurensberg führte ein Weg über Orsbach, Nijswiller
und Wahlwiller nach Partij, wo er auf die "via regalis" stieß (34).
Die Straße von Laurensberg nach Orsbach wurde in der
Franzosenzeit (vor 1805) begradigt und als Kunststraße ausge-
baut. In der Tranchot-Karte von 1805/07 ist sie als "Grand chemin
de Maastricht par Gulpen" eingetragen.
11. Von Aachen über Vaals nach Vijlen
Vom Aachener Junkerstor - auch Jakobstor genannt - verlief
eine Straße über die Alte Vaalser Straße nach Vaals und von dort
weiter über Tentstraat, Vaalsbroek, Einrade nach Vijlen, wo sie
über Hilleshagen Anschluß an die "via regalis" 9 hatte. Die
90
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Abb. 9: Am Anfang der Straße Laurensberg-Orsbach steht das Haus
"Barriere", ein schöner Bau des 18. Jahrhunderts. Wie der Name sagt,
war am Haus eine Barriere angebracht, um hier - nahe der Grenze des
Aachener Reiches - Zölle und Chausseegelder für die Benutzung der
Straße zu erheben.
vorgenannte Straße war noch in der Franzosenzeit die Route für
die Postkutsche Vijlen-Vaals.
Die Alte Vaalser Straße wird in Vaals hinter der Grenze
Akenerstraat genannt.
Im Jahre 1816 wurde dort zwischen den Niederlanden und
Preußen eine kleine Grenzkorrektur vorgenommen. Das Pfarr-
haus von Vaals, durch dessen Mitte bis dahin die Grenze verlief,
kam ganz zu den Niederlanden. Dafür erhielt Preußen im Tausch
. ein Haus in Lemiers jenseits des Senserbaches (35).
Das Pfarrhaus steht schon lange nicht mehr, aber wenn
aufgrund des vorhandenen Grenzsteins nicht alles täuscht, liegt
sein Nachfolgebau heute wieder z.T. auf deutschem Boden.
Im Jahre 1825 wurde die Kunststraße Maastricht-Vaals
fertiggestellt, die von Vaals nach Aachen als "Vaalser Steinweg"
entsprechend verlängert wurde. Sie verläuft in Vaalserquartier
nördlich der Alten Vaalser Straße, die noch auf weiten Strecken
erhalten ist.
91
Über die Alte Vaalser Straße bzw. Akenerstraat gingen
früher die Protestanten sonntags nach Vaals zum Gottesdienst
(vergl. u. 22 ).
12. Von Vaals über Harles nach Hilleshagen
Eine Abzweigung der Straße 11 nahm ihren Verlauf von
Vaals über die Bloemendalstraat, Harles nach Hilleshagen, wo sie
ebenfalls auf die Straße 9 traf (36).
Hinter der Bloemendalstraat lag der Kreuzungspunkt mit
dem Herzogweg 20 .
13. Von der Alten Vaalser Straße nach Gemmenich 6
Etwa am Venskyhäuschen zweigte von der Alten Vaalser
Straße ein Weg nach Gemmenich ab. Er lief am alten Wachtturm
Beeck und am Dreiländerpunkt vorbei nach Gemmenich (37) und
- zumindest später - weiter nach Aubel. Der Verlauf des
Gemmenicher Weges stimmt auf weiten Strecken mit der heuti-
gen Trasse überein. Ca. 500 m hinter Beeck ist der alte
Gemmenicher Weg noch als Hohlweg zu erkennen.
Die Tranchot-Karte von 1805/07 nennt das Stück bis Beeck
"Beekerweeg". Von dort trägt er die Bezeichnung "chemin d'Aubel
a Aix".
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Abb. 10: Am Wachtturm Beeck kreuzte auch der Geusenweg den
Gemmenicher Weg (s.u. 22 )
92
14. Von Aachen über Walheim zur Eifel
In der Hartmannstraße in Aachen wurde eine mutmaßliche
Römerstraße festgestellt, die in Richtung auf die als römische
Warte angesprochene Burg Frankenberg weiter über Hitfeld,
Nütheim, Walheim, an der römischen Warte Friesenrather Hof
vorbei, über Mützenich nach Amel/Malmedy zur großen Römer-
straße Köln-Reims ging (38).
In einer Schrift von 1864 ist von einem Felsbach in der Nähe
der Burg Frankenberg die Rede (es kann nur der Gillesbach
gemeint sein), in dessen Bett Wagenspuren zu sehen waren. Nach
damaliger Auffassung sollten sie römischen Ursprungs sein und
von einer alten Römerstraße herrühren (39).
Die oben beschriebene Straße hat auch zwangsläufig ”
Burtscheid berührt, und ein Teilstück wurde später für den alten
Pilgerweg nach Kornelimünster benutzt (vergl. u. 19).
Alles deutet darauf hin, daß der vermutete alte Römerweg
von der Burg Frankenberg aus über den alten Eselsweg (jetzt
Erzbergerallee) an Grüntal! vorbei in Richtung Buschhausen lief.
15. Von Aachen nach Eynatten
Im Süden von Aachen führte eine vermutete Römerstraße,
die sehr wahrscheinlich entlang der jetzigen Eupener Straße nach
Eynatten verlief. Beiderseits der Eupener Straße sind noch uralte
Gräben und Grachten in verwirrender Fülle zu entdecken (40).
Der weitere Verlauf ist umstritten, aber man kann sich vorstellen,
daß der Weg von Eynatten aus weiter über den Johberg nach
Merols ging, wo er die Querstraße Bavai-Köln 8 erreichte. Über
diese Straße konnte man auch nach Eupen gelangen.
Wenn die Eupener also im Mittelalter nach Aachen wollten,
mußten sie entweder den Weg über Walhorn, Hergenrath (Weg
23) oder den vorgenannten Weg über den Johberg benutzen. An
der viel benutzten Straße am Johberg stand auch damals der
Galgen. Er sollte auf die Menschen, die vorüberzogen, eine
abschreckende Wirkung haben (41).
Im Jahre 1828 wurde die Kunststraße Aachen-Eupen, die
sogenannte Aktienstraße, über Köpfchen, Eynatten und Kettenis
fertiggestellt.
93
MITTELALTERLICHE STRASSEN
16. Von Aachen nach Moresnet
Vom alten Lükerweg (Lütticher Straße) zweigte der
Moresneter Weg ab. Er führte über den heutigen Preusweg am
Philosophenberg vorbei zum alten Wachtturm Adamshäuschen.
In der geraden Verlängerung des Preusweges lief er weiter durch
den Preuswald und ist heute noch als tiefe Gracht zu erkennen, die
kurz vor der Grenze auf den jetzigen Moresneter Weg stößt. Von
dort aus ist seine Trasse, die eine Hügelgräbernekropole durch-
quert, vermutlich mit dem heutigen Moresneter Weg identisch.
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Abb. 11: Kreuz am Moresneter Bittweg.
Hier kreuzt der Königsweg 21 den Moresneter Weg
94
Nach Prof. Liese existierte dieser Weg aller Wahrscheinlich-
keit nach schon in der Bronzezeit, und es ist anzunehmen, daß sein
Ziel die Galmei-Vorkommen in der Kelmiser Gegend waren (42).
Die Tranchot-Karte von 1807/08 nennt diesen Weg, der ca.
700 m hinter der Grenze den Geusenweg (s.u. 22) kreuzt,
Langenbuschweg.
Der heutige Weg wird auch Moresneter Bittweg genannt,
weil auf diesem Weg Wallfahrer von Aachen nach Moresnet-
Kapelle zum Gnadenbild "Maria-Hilf" oder "Hilfe der Christen"
ziehen.
Die erste kirchlich organisierte Prozession erfolgte im Jahre
1829 aus der St. Jakobspfarrei in Aachen. Im Jahre 1863 kam zum
erstenmal die Aachener Mittwochs-Prozession, die seitdem - von *
kriegsbedingten Unterbrechungen abgesehen - bis heute jeden
Mittwoch vom Kloster Preusweg aus zum Wallfahrtsort zieht
(43).
Die Teilnehmerzahl beläuft sich heute auf etwa 100 Pilger.
Die Chronik erzählt, daß es am 8. Dezember 1887 achttausend
Wallfahrer waren, die für die Genesung des schwer erkrankten
Kronprinzen und späteren Kaisers Friedrich III. beteten. Friedrich
III. verstarb im darauffolgenden Jahr nach einer Regierungszeit
von nur 99 Tagen (44).
Dort, wo der Moresneter Weg die Grenze überschreitet,
zweigt ein Weg in Richtung Friedrichwald ab, den man heute
noch "Grünweg" nennt, was auf eine lange Existenz schließen
1äßt.
17. Von Aachen nach Raeren (Raerengracht)
Auf der Eupener Straße - ca. 500 m hinter Linzenshäuschen
- befand sich im Mittelalter ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt.
Wie eine Aachener Waldkarte von 1760 zeigt, kamen hier - am
sogenannten Hirtzplei - der "Eupenter Weg" (s. 15), der "Weeg
nach den Lichtenbusch" (= Münstergracht 18) und der "Rahrenter
Weeg" (Raerengracht) zusammen.
Als tiefer Hohlweg ist die Raerengracht heute noch im
Gelände zu erkennen. Gielen schreibt dazu: "Durch Hohlwege
quälten sich im Mittelalter die Fuhrleute mit ihren holprigen
Karren und Planwagen. Es war nicht selten, daß sie dabei im
weichen Sand steckenblieben oder daß die Wagenachse brach.
Wenn es gar nicht mehr ging, wenn die Spur zu tief und die
95
Fahrbahn zu schmal wurde, verlegte man den Weg um einige
Meter. So kommt es, daß nicht nur ein Weg, sondern ein ganzes
Bündel Hohlwege in die gleiche Richtung führt."
Man denkt bei der Raerengracht unwillkürlich an die Trans-
porte mit dem Raerener Steingut, die von Raeren in die Lande
gingen.
Die Raerengracht lief über Steinkaul, Berlotte und Raeren-
Neudorf, wahrscheinlich weiter durch die alte Borngasse nach
Raeren-Rott, über Vennkreuz zur Weserfurt in Richtung
Reinartzhof, Steling, Mützenich und Reichenstein.
Es dürfte sich um den Oeslinger Weg handeln, einen alten
Pilgerweg von Aachen nach Trier. An seinem Weg lag das eine
oder andere Hospiz, wo die Pilger sich stärken konnten, z.B. der
Reinart und Reichenstein (45). Eine Abzweigung führte von
Berlotte nach Roetgen.
18. Von Aachen nach Kornelimünster (Münstergracht)
Die Münstergracht, die nach Lichtenbusch und Korneli-
münster führte, nimmt ihren Anfang auch am Hirtzplei. Auf der
Waldkarte von 1760 ist sie als "Weeg nach den Lichtenbusch"
eingetragen.
Als Hohlweg verläuft sie in südöstlicher Richtung zum
Augustinerweg und weiter zum alten Landgraben und von dort
zum Eichstätterhof, wo sich ihre Spur verliert.
Prof. Liese schreibt zur Münstergracht:
"Im ganzen Stadtwald gibt es keine so tief ausgefahrene Spur
wie diese. Sie ist an einzelnen Stellen bis 10 m tief und 20 m breit.
Es muß einmal ein starker Wagenverkehr zwischen Aachen und
Kornelimünster geherrscht haben, vielleicht im Mittelalter, ob-
schon nicht recht einzusehen ist, welche Güter hin und her zu
transportieren waren. Nahe liegt es, an vorhistorische Zeiten, an
Kelten und ihr Heiligtum Varnenum zu denken." (46)
19. Burtscheider Fernwege
Ein Fernweg, der Burtscheid durchquerte, wurde schon
genannt: die vermutete Römerstraße von Aachen über Burg
Frankenberg, Hitfeld, Walheim und Mützenich in Richtung Sü-
den (s.u. 14). Ein Teil des vorgenannten Weges ist früher als
Pilgerweg nach Kornelimünster benutzt worden.
96
ZEN
Abb. 12:
Die vorstehende Abbildung der Münstergracht soll beispielhaft ein Bild
von der Tiefe und Breite der Grachten im Aachener Wald geben.
Von der Zeise aus führte er über die jetzige Karl-Marx-Allee
zur heutigen Graf-Schwerin-Straße, wo er Anschluß an den alten
Fernweg fand. In Hitfeld zweigte der Pilgerweg in Richtung
Bierstrauch und Kornelimünster vom Fernweg ab (47).
Auch der Branderhofer Weg kann Zubringer zum alten
Fernweg gewesen sein, läßt er doch als früherer Hohlweg auf ein
hohes Alter schließen.
Das früher selbständige Burtscheid war mit der Nachbar-
stadt Aachen durch die Hauptstraße (früher Steinweg genannt)
und über die Burtscheider Straße (früher Marschiersteinweg
97
genannt) verbunden. Da die steile Hauptstraße für den Fahr-
verkehr sehr gefährlich war, schuf man einen Umgehungsweg
über die Neustraße (früher Rader- oder Krugenofengasse ge-
nannt) zum Krugenofen,
Außer den genannten Verbindungen führten noch zwei Feld-
wege vom Wirichsbongardstor aus von Aachen nach Burtscheid.
Der erste lief über die Horngasse in Richtung Pfeilstraße
nach Burtscheid und der andere ging über die Warmweihergasse
zur Burg Frankenberg. Der letztgenannte ist vermutlich mit dem
Weg 14 identisch (48).
Die Verbindung Kurbrunnenstraße-Wilhelmstraße entstand
erst 1817.
Erwähntseinoch, daß der Fernweg von Aachen nach Eynatten
und Eupen (s.u. 15) an Burtscheid vorbeilief und teilweise die
Grenze zwischen Aachen und Burtscheid bildete.
Ein weiterer Hohlweg war die Neuenhofer Gasse
(mundartlich: "Nönefer Jaass"), die Burtscheid mit dem Neuen-
hof und Siegel verband. Dieser unpassierbare Weg wurde Mitte
des 19. Jahrhunderts ausgebaut und als "Raerener Straße"
weitergeführt (49).
20. Herzogweg
Etwa seit dem 14. Jahrhundert ist ein Weg bekannt, der
Limburg, die Hauptstadt des gleichnamigen Herzogtums, mit
Herzogenrath und der Abtei Klosterrath (Rolduc) verband,
Ernannte sich Herzogweg, weil der Herzog von Limburg ihn
benutzte, wenn er seine Außenbesitzung Herzogenrath besuchen
wollte, Außerdem wird er "Grüner Weg" oder "Grünstraße"
genannt, was auf eine frühe Existenz und auf eine spätere Ver-
nachlässigung schließen läßt.
Der Herzogweg führte von Limburg über Heggen, Herbesthal,
Kelmis, Moresnet und Vaals weiter an Laurensberg und
Richterich vorbei nach Herzogenrath (50).
Es ist zu vermuten, daß ein "Grüner Weg" östlich von
Horbach Teil des Herzogweges war.
Straßennamen in Vaals, Laurensberg und Kirchrath erinnern
heute noch an den Herzogweg.
21. Königsweg
Der Königsweg ist nicht zu verwechseln mit der König-
straße 9.
98
Er hat seinen Namen, weil er von Bildchen bis zum Drei-
länderpunkt mitten durch den sogenannten Königswald führt.
Im Jahre 1611 war beabsichtigt, die Grenze des Aachener
Reiches um ca. 1 km nach Westen in das Gebiet der Limburger
Banken Walhorn und Montzen vorzuverlegen. Die neue Grenze
sollte von Grüne Eiche über Bildchen zum Dreiländerpunkt
verlaufen. Während im Gebiet der Bank Walhorn die Vorverlegung
von Grüne Eiche bis Bildchen realisiert wurde, hat sich die Bank
Montzen 1615 erfolgreich gewehrt und erreicht, daß Aachen von
ihrem Gebiet nichts erhielt.
Bei der Neuaufteilung des Preuswaldes im Jahre 1615 fiel
das umstrittene Gebiet als Pufferzone zwischen Aachen und
Montzen an die herzogliche Domäne. Das trapezförmige Land- *
stück, das mit schönen Grenzsteinen markiert wurde, wird daher
bis heute noch Königswald genannt (51).
22. Geusenweg
Der Geusenweg führt vom Kauberg in Bildchen in’fast
nördlicher Richtung durch den heute belgischen Teil des
Preuswaldes zum Melatengraben. Nachdem er kurz vorher den
Königsweg 21 gekreuzt hat, überschreitet er beim Melatengraben
die belgisch-deutsche Grenze. Er setzt sich auf deutscher Seite, an
Reinartzkehl vorbei, über Wachtturm Beeck in Richtung Vaals
fort, wo er in die Alte Vaalser Straße/Akenerstraat 11 mündet.
Vom Melatengraben bis Beeck hat er heute noch die offizielle
Bezeichnung "Geusenweg" (s. Abb. 10 unter 13).
Geusen nannte man die protestantischen niederländischen
Freiheitskämpfer gegen die spanische Herrschaft seit 1566. Es
wurde später die Bezeichnung für die Protestanten, die im spa-
nisch beherrschten Limburg und auch in Aachen und Burtscheid
zeitweise ihre Religion nicht ausüben durften. Sie zogen daher
sonntags zum Gottesdienst nach Vaals, das seit 1552 zu den
niederländischen Generalstaaten gehörte, in denen es freie
Religionsausübung gab.
Die Protestanten aus Eupen und Kelmis zogen über den
Geusenweg nach Vaals, während die Aachener und Burtscheider
die Alte Vaalser Straße 11 benutzten.
Das kleine Vaals hatte damals außer der katholischen Kirche
noch Gotteshäuser von vier weiteren Konfessionen:
1. die Kirche der Deutsch-Reformierten,
99
2. die fransche oder walse (welsche) Kirche in der Akenerstraat
(heute noch als Wohnhaus erhalten),
3. die lutherische Kirche am Clermontplein für die Lutheraner
aus Aachen und Burtscheid (1737 von Couven im Inneren
ausgeschmückt und heute Museum),
4. die Mennoniten-Kirche (52).
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Abb. 13.
Die vorstehende Zeichnung von ca. 1700 zeigt die Situation
an der Akenerstraat:
Vorne der alte Grenzübergang vom Aachener Reich nach
Vaals; links das Pfarrhaus, durch dessen Mitte die Grenze verlief
(vergl. u. 11);
dahinter die "fransche" Kirche;
im Hintergrund der Kirchturm, an dem je ein Schiff für die
Katholiken und für die Deutsch-Reformierten angebaut war (die
katholische Kirche wurde seit 1649 von den Deutsch-Reformier-
ten als Simultankirche mitbenutzt, bis die letztgenannten in den
Jahren 1669/71 an den Turm ein eigenes Schiff anbauten).
Das katholische Kirchenschiff wurde erst 1967 abgebrochen
(53).
100
23. Limburger Weg (Hergenrather Weg)
_ Die Lütticher Straße 1 hatte in Bildchen eine Abzweigung
nach Limburg, den alten Limburger Weg (54).
Er verlief über Hergenrath, Astenet, Walhorner Kreuz zur
Rochuskapelle bei Weims, wo er über den alten römischen
Fernweg Bavai-Köln 8 weiter nach Limburg führte.
Der alte Limburger Weg ist auch unter den Bezeichnungen
"Winweg" (Weinweg) oder "Aicherstraiß" bekannt (55).
Es sei noch erwähnt, daß es in unserer Gegend noch andere
alte Wege gibt, die sich Win- oder Weinweg nennen. M.
Kohnemann vermutet im ersten Teil des Namens den Stamm des
Zeitwortes "winnen", das früher bebauen, bearbeiten bedeutete.
So gesehen wäre der Weinweg (mundartlich wihnweech) ein
ausgebauter, mit einer festen Unterlage versehener Weg (56).
STRASSEN DES 18./19. JAHRHUNDERTS IN AACHEN:
siehe unter
Lütticher Straße 1750/1797 1
Vaalser Straße 1825 11
Roermonder Straße 1783/1811 S
Orsbacher Straße. vor 1805 10
Horbacher Straße vor 1805 5
Krefelder Straße vor 1813 3
Jülicher Straße 1831 2
Stolberger Straße 1830 6
Trierer Straße 1811 7.
Raerener Straße ca. 1861 19
Eupener Straße 1828 15
mit Abzweigung Raeren-Roetgen 1839/42
BILDNACHWEIS
Abb. 1: Landesvermessungsamt NRW, Bonn-Bad Godesberg
Abb, 4: Heimatblätter des Landkreises Aachen. 1989. S. 10
Abb. 6: Heimatblätter des Landkreises Aachen. 1940/41. S. 13
Abb. 13: Zeichnung im Staatsarchiv Maastricht (v. Agt. a.a.0. S. 69)
Alle übrigen Fotos vom Verfasser.
101
RÖMERSTRASSEN 10
01 Von Aachen zur Maas (Lütticher Straße) 10
02 Von Aachen nach Jülich (Jülicher Straße) 12
03 Von Haaren in Richtung Geilenkirchen 13
04 Von Vorweiden Nach Köln 13
05 Von Aachen nach Heerlen 14
06 Von Aachen in Richtung Eschweiler 14
07 Von Rothe Erde nach Kornelimünster 15
08 Von Bavai über Kornelimünster nach Köln 13
VERMUTETE RÖMERSTRASSEN 17
09 Von Aachen zur Maas (via regalis) 17
10 Von Laurensberg über Orsbach nach Partij 18
11 Von Aachen über Vaals nach Vijlen 19
12 Von Vaals über Harles nach Hilleshagen 20
13 Von der alten Vaalser Straße nach Gemmenich 20
14 Von Aachen über Walheim zur Eifel 21
15 Von Aachen nach Eynatten 21
MITTELALTERLICHE STRASSEN 22
16 Von Aachen nach Moresnet 22
17 Von Aachen nach Raeren (Raerengracht) 2
18 Von Aachen nach Kornelimünster (Münstergracht) 24
19 Burtscheider Fernwege 25
20 Herzogweg 26
21 Königsweg 26
22 Geusenweg 27
23 Limburger Weg (Hergenrather Weg) 28
103
ANMERKUNGEN
1) Liese: Vom Aachener Stadtwald. Aachen 1930, S. 19.
2) Kaemmerer: Eschweiler u. seine Geschichte. Bd. 1. S. 18 f.
3) Schue in "Aachener Heimatgeschichte". Aachen 1924. S. 104.
4) Gielen: Eupen zwischen Ost und West. Eupen 1971. $. 11. (= Eupen)
Gielen: Geliebtes Hohes Venn. Eupen 1985, S. 16. (= Hohes Venn)
v. Agt: De Nederlandse Monumenten van Geschiedenis en Kunst. Zuid-
Limburg. Vaals-Wittem-Slenaken, 's-Gravenhage 1983. S. 5.
H. Signon, in "Zwischen Venn und Schneifel", Aug. 1979, S. 187, vertritt
die Meinung, daß die aus dem Raum Maastricht-Lüttich kommende und
nach Trier führende Via Mansuerisca zwei alte keltische Industrie- und
Bergbaugebiete (Maastr.-Lüttich und das Maifeld) miteinander verband
und daß die Römer diese schon bestehende Straße. übernommen haben.
5) Gielen (Eupen), S. 11 f.
6) Schu6, a.a.0. S. 104.
7) Böhm in "Die Straße unser Schicksal". Hannover 1964. S. 41.
8) Königs: Vom Jakobstor zum Bildchen. Aachen 1973. S. 5.
9) Liese, a.a.0. S. 19, 7
10) Böhm, 2.2.0. S. 44.
11) Gielen: Tausend Jahre Nachbarschaft. Eupen 1980.
$. 13 £. (= 1000 Jahre)
Kaemmerer: Geschichtliches Aachen. Aachen 1967, S, 18. (= Aachen)
Pelzer: Urbs aquensis. Aachen 1959. S. 15, d
12) Schu6, a.a.O. S. 102. €
13) Gielen (1000 Jahre), a.a.O. S. 14 f.
14) Gielen: Zwischen Aachener Wald und Münsterwald. Eupen 1975. S. 67. (=
Münsterwald)
15) Gielen (Münsterwald), a.a.0. S. 68,
16) Aschoff in "Archiv für Deutsche Postgeschichte". 1/1979, S. 73.
17) Königs, a.a.O. S. 35. ei
Monheim: Aachener Stadtführer 1981. S. 138.
18) Sturm in "Heimatverein Haaren", Schrift 2/1987. S. 120 £.
Kaemmerer (Aachen), a.a.0. S. 21.
19) Sturm, a.a.0. S. 120. "
20) Heimatblätter des Landkreises Aachen. 1989. S. 10.
21) Pelzer, a.a.0. S. 15.
22) Kranzhoff in "ZAGV 51/1930". S. 9.
23) Kaemmerer (Aachen), a.a.0. S. 16 u. 20.
24) Aachener Nachrichten vom 21.07.1981.
25) Pelzer, a.a.0. S. 15
Kaemmerer (Aachen), a.a.0. S. 21.
26) Beckers in "75 Jahre Pfarrkirche St. Barbara Aachen-Rothe Erde" Aachen
1976. 5. 7.
27) Pelzer, a.a.O. S. 15.
Kaemmerer (Aachen), a.a.0. S. 21 f.
28) Gielen (Eupen), a.a.O. S. 11 f.
29) Kaemmerer (Aachen), a.a.0. S. 22.
30) Schu6, a.a.0. S. 102.
31) Sassen in "SO Jahre Stadtteil Hörn". Aachen 1985. S. 12.
104
Kaemmerer (Aachen), a.a.0. S. 16.
32) Gielen (1000 Jahre), a.a.0. S. 16.
33) Sassen, a.a.O. S. 11 f.
34) v. Agt, a.a.0. S. 4.
35) v. Agt, a.a.0. S. 4 und S. 162.
Queck: Wandern durch unsere schöne Heimat. Bd. 1. Aachen 1963.
S. 119.
36) v. Agt, a.a.0. S. 4.
37) Pelzer, a.a.0. S. 15.
38) Schu6, a.a.0. S. 103.
39) o.V.: Aachen und Umgebung. Darmstadt 1864. S. 40.
40) Schu6, a.a.O. S. 103.
Gielen (Eupen), a.a.0. S. 50 f. 5
41) Gielen: Walhorn. Walhorn 1987. S. 34. (= Walhorn)
42) Liese, a.a.0. S. 19. 8
43) Heft "Unsere liebe Frau von Moresnet." Moresnet 1966.
S.13£
44) Königs, a.a.0. S. 17 f.
45) Gielen (Eupen), a.a.O. S. 50 f.
Gielen (Hohes Venn), a.a.O. S. 20 f.
Gielen: Das Eupener Land im Wandel der Zeit. Eupen 1992. S. 20.
46) Liese, a.a.O. S. 20.
47) Kranzhoff, a.a.0. S. 48.
48) Arnold: Das Altaachener Wohnhaus. Aachen 1930. S. 48 f.
49) Dautzenberg: Burtscheid dargestellt in Daten. Aachen 1976. S. 28.
50) Königs, a.a.0. S. 5.
Guillaume Grondal (in "Lontzen, Notices Historiques", Verviers 1954, S.
40) führt den Herzogweg über Verviers, Dolhain, Moresnet, Vaals und
Rolduc mit beiderseitiger Fortsetzung bis zur Maas und zum Rhein. Den
Namen verdanke der Weg dem Umstand, daß er durch das Landfriedens-
bündnis (1351-1387) unter dem besonderen Schutz des Herzogs von
Brabant-Limburg gestanden habe.
51) Pauquet in Zeitschrift "Im Göhltal" 22/1978. S. 5 £.
Liese, a.a.0. S. 16.
52) Liese, a.a.0. S. 19.
53) v. Agt, a.a.0. S. 59 f. und 69.
54) Gielen (1000 Jahre), a.a.0. S. 18.
55) Jeukens: Eupener Land u. Volk im Wandel der Zeiten. Aachen 1935. S. 14.
Im Bereich von Hergenrath war der Name "Winweg" nicht gebräuchlich.
Hier kannte man von Bildchen bis zur Ortsgrenze Astenet nur den "Limburger
Weg", der kurz nach Überqueren der Göhl in Richtung Lontzen-Limburg
abbog. Dieser "große Weg von Aachen nach Limburg" ist von der heutigen
Asteneter Straße bis zum "Königsweg" bei Gut Brückbend nicht mehr
durchgehend befahrbar.
56) Kohnemann in "Jahrbuch Eupen, Malmedy, St. Vith". Bad Godesberg
1966. S. 126.