Im Söhltal
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Im Göhltal
: ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal
No 5
MAT 1969
|
Vorsitzender : Peter Zimmer, Kelmis, Siedlung P. Kofferschläger, 10.
Sekretärin : Frl. Georgette Xhonneux, Neu-Moresnet, Lütticher Straße, 168
Tel. 59.467
Lektor : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße 20 b
Schriftleiter : Jules Aldenhoff, Gemmenich, Craborn 9 A.
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kelmis, Lütticher Straße, 39
Bankkonto 251.251 der Societ& Generale de Banque, Verviers (P.S.K. 695)
Die Beiträge verpflichten nur ihre Verfasser,
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet - Dorr, Kelmis,
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhlviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
Druck. : Jacques Aldenhoff, Gemmenich,
I
Vorwort
Der Leserschaft legen wir dieses 5. Heft unserer Zeitschrift
mit der Hoffnung in die Hand, daß das Verdienstvolle geschätzt
und daß uns Schwächen nachgesehen werden.
{ Die Kultur hat es in unserer Gegend nicht leicht. Viele
vergessen oder wollen nicht wahrhaben, daß sie zuallererst in
der angewachsenen Sprache und im Erleben der eigenen Heimat
wurzelt. Die das Wort am häufigsten in den Mund nehmen, glau-
ben, Kultur sei nur das Große von anderswo, das sie aber auch
nicht kennen. Kultiviert ist der, der kritisch betrachtet und form-
gerecht beurteilt, was er erlebt. Das können viele. Diese Vielen
rufen wir auf, mit uns zusammenzuarbeiten,
Einiges Praktische :
1. Die Mitarbeiter an unserer Zeitschrift möchten wir
bitten, fortan nur sauber getippte oder ganz leserlich geschrie-
bene Textvorlagen einzusenden.
2. Die Einsender von Mundarttexten werden künftig zu
einer gemeinsamen orthographischen Diskussion zusammengeru-
fen, aus der eine möglichst einheitliche, jedenfalls eine sprach-
gerechte Schreibung hervorgehen soll.
Der Schriftleiter.
4
Unsere Mundarten
Der geographisch-historische Aspekt
Mundart und Hochsprache (Deutsch, Niederländisch) sind |
verschiedene und in sich selbst geschlossene Ganzheiten. Beide
sind vollwertige Kommunikationsmittel (sog. Sprachsysteme), |
deren die Mitglieder bestimmter Sprachgemeinschaften sich bedie- |
nen. Immer wieder jedoch wird versucht, beide auf einen gemein-
samen Nenner zurückzubringen, was dann vielfach in der Weise
geschieht, daß die Erscheinung ”Mundart” überhaupt als ein |
geschichtliches Entwicklungs- wenn nicht Verfallsprodukt der |
Hochsprache angesehen wird, und daß bestimmte Mundarten
oder Mundartgebiete dieser oder jener Hochsprache zugeordnet |
werden : man kennzeichnet sie als ”deutsch” oder ”niederlän-
disch” oder man stellt die Frage : ”deutsch oder niederländisch?” |
||
Die Mundarten sind jedoch keineswegs aus der Hochsprache |
entstanden, geschweige aus ihr verderbt. Mundarten hat es vor
der Schriftsprache gegeben. Diese ist meistens dadurch entstan-
den, daß sich zu einem gewissen Zeitpunkt das Bedürfnis fühl-
bar machte, über die Diversität der Mundarten hinwegzukommen,
um zu. einer Einheitssprache zu gelangen, welche einem weiteren
Kreise als dem eines bestimmten Mundartgebietes verständlich
sein könne. Die Einheitssprache (etwa die hochdeutsche Schrift-
sprache) ist aber kein von heute auf morgen ins Leben gerufenes,
völlig artifizielles Sprachgebilde (wie etwa das Esperanto). Sie
ist, im Gegenteil, allmählich und ”naturgemäß” aus bereits Vor- \
handenem erwachsen, und zwar aus den Mundarten eines be-
stimmten, geographisch begrenzten Gebietes. Im Falle des Hoch-
deutschen handelt es sich hauptsächlich um das ostmitteldeutsche
Gebiet der kursächsischen Kanzlei. Die neuhochdeutsche Schrift-
sprache hat sich allmählich, etwa seit dem 16. Jh., von Ostmit-
teldeutschland her über das gesamte deutsche Sprachgebiet durch-
gesetzt.
Die Frage nach der Zugehörigkeit einer Mundart zur deut-
schen (bzw. niederländischen) Hochsprache kann deshalb nicht
verstanden werden als Frage nach der historischen Abhängigkeit
der einen von der anderen : deutsch wären in diesem Sinne je-
denfalls nur jene Mundarten (bzw. mundartlichen Elemente),
aus denen irgendwann die hochdeutsche Schriftsprache (bzw.
S
Bestandteile des Hochdeutschen) erwachsen sind. Weder das
Hamburger noch das Öcher Platt etwa wären dann deutsche
Mundarten ! Der Begriff ”Deutsche Mundarten” ist demnach in
dieser Bedeutung kaum brauchbar.
Hat es denn überhaupt Sinn von ”deutschen Mundarten”
zu reden ? Oder : was anderes kann unter einer solchen Bezeich-
nung verstanden werden ? Der Löwener Dialektologe Prof. Goos-
sens hat an verschiedenen Stellen (siehe die Bibliographie) darauf
hingewiesen, daß zwei verschiedene Standpunkte eingenommen
werden können, wenn man eine Grenze ziehen will zwischen den
”niederländischen” und den ”deutschen” Mundarten. Entweder
sucht man die Grenze dort, wo auf der einen Seite Mundarten
vorliegen, die dem Niederländischen näher sind, und auf der an-
deren Seite Mundarten, welche eine größere Ähnlichkeit mit dem
Deutschen aufweisen. Oder man zieht die Grenze dort, wo die
Verbreitungsgebiete der beiden Kultursprachen aneinander sto-
ßen. Beim ersten Standpunkt werden das mundartliche und das
kultursprachliche System miteinander verglichen, und es wird
für jede Mundart die Frage gestellt, ob sie mehr Elemente mit
dem Niederländischen oder mit dem Deutschen gemein hat.
Nimmt man eine solche Analyse an den kontinentalwestgerma-
nischen Mundarten vor, so stellt sich heraus, daß einerseits, und
zwar im Nordwesten, eine Gruppe Mundarten (A) vorliegen,
welche eine verhältnismäßig große Anzahl charakteristischer
Züge aufweisen, die es auch im Niederländischen, jedoch nicht
im Deutschen gibt; und andererseits im Südosten eine Gruppe
Mundarten (C), welche verhältnismäßig viele Elemente mit dem
Deutschen gemein haben, die das Niederländische nicht kennt.
Dazwischen liegt eine breite Übergangszone (B), in der sowohl
A- als C-Elemente festgestellt werden können. Die A-Züge wer-
den zahlreicher, je mehr man in westlicher Richtung geht, die
C-Züge werden zahlreicher, je mehr man in östlicher Richtung
geht. Folgendes ist aus der von Prof. Goossens gezeichneten Kar-
te 1 ersichtlich : an verschiedenen Stellen verlassen 30 Linien die
germanisch-romanische Sprachgrenze (Auf der Karte selbst wird
lediglich die Stelle angegeben, an der jede Linie die Sprachgrenze
verläßt. Nur die Uerdinger Linie (L. 5 : ik/ich) und die Benrather
Linie (L. 20 : maken/machen) erscheinen in einem größeren
Teil ihres Verlaufs). Jede Linie ist eine Grenzlinie, welche eine
nordwestliche (auch niederländische) Erscheinung von einer süd-
östlichen (auch deutschen) Erscheinung trennt.
7
So liegen in den Mundarten westlich von L. 2 unumgelau-
tete bakker-Formen vor (wie im Niederländischen), die Mundar-
ten Östlich von L. 2 dagegen besitzen in dieser Wortform einen
umgelauteten Vokal (geschlossenes e oder offenes &), wie im
Deutschen. In den Mundarten westlich von L. 7 sind, wie im
Niederländischen, ältere alt, ald und olt, old zusammengefallen
(oud=goud oder aud=gaud oder ät=gät), in den Östlich
von dieser Linie gelegenen Mundarten werden beide noch deut-
lich auseinandergehalten, wie im Deutschen (alt : Gold oder aud :
goud oder ät : göt). Die Linien 5, 19, 20, 27, 28 und 30 sind
Grenzlinien der 2., hochdeutschen Konsonantenverschiebung, in
verschiedenen Wortformen ...
Die ganz westlich gelegenen Mundarten erweisen sich auf
Grund einer derartigen vergleichenden Analyse als eindeutig nie-
derländisch, die südöstlich gelegenen Mundarten als eindeutig
deutsch. Dazwischen jedoch liegt eine breite Übergangszone, in
der es praktisch unmöglich ist, eine Grenze zu ziehen. Dort, wo
die Grenze (zwischen Mundarten mit überwiegend niederländi-
schen Zügen und Mundarten mit überwiegend deutschen Zügen)
vermutet werden kann, ist eine fast gleichmäßige Durchsetzung
mit deutschen und niederländischen Zügen zu erwarten. Ein
solches Aufzählen von niederländischen /deutschen Zügen erweist
sich jedoch bald als ein absurdes Unternehmen. Denn ein Sprach-
system ist ein dermaßen komplexes, vielschichtiges und sogar ver-
änderliches Gebilde, daß man kaum die Sicherheit erlangen kann,
wirklich alles berücksichtigt zu haben. Bisher hat die Dialekto-
logie sich vor allem mit den lautlichen Erscheinungen befaßt.
Wenig oder nicht untersucht bleiben etwa die Morphologie
(Wortstruktur) und Syntax (Satzbau).
Beim zweiten Standpunkt wird untersucht, in welchem
Mundartgebiet welche Hochsprache gebraucht wird. Dabei ‘vird
verabredet, Mundartgebiete, in denen in bestimmten Lebenssi-
tuationen Deutsch (bzw. Niederländisch) verwendet wird, als
”deutsch” (bzw. ”niederländisch”) zu bezeichnen. Eine solche
Einteilung hat jedoch nur dann Sinn, wenn Mundart und Hoch-
sprache gleichen Ursprungs sind. Im Göhlgebiet etwa ist dies
nicht immer der Fall, da sich in mehreren Dörfern das Französi-
sche als Hochsprache durchgesetzt hat. Es muß dann die weitere
Frage gestellt werden : welche von den beiden Kultursprachen
9
Niederländisch / Deutsch wird neben oder wurde vor der fran-
zösischen Hochsprache verwendet ? Wir gelangen somit zu einer
exakteren Definition der Begriffe ”Deutsche Mundarten” und
”Niederländische Mundarten” : eine deutsche/niederländische
Mundart ist eine mit dem Deutschen/Niederländischen verwandte
Mundart, welche in einem Gebiet gesprochen wird, in dem das
Deutsche/Niederländische als Kultursprache fungiert. Die Grenz-
linie zwischen den deutschen Mundarten einerseits und den nie-
derländischen anderseits befindet sich dort, wo sich die Grenze
zwischen den Verbreitungsgebieten der beiden Kultursprachen
selbst befindet. Diese Grenze deckt sich mit der politischen Gren-
ze zwischen dem Königreich der Niederlande und der Bundesre-
publik Deutschland, im sog. Nordosten der Provinz Lüttich sind
die Voermundarten sowie die Mundart von Aubel-Zentrum als
niederländisch zu bezeichnen, die sonstigen Mundarten (d.h. das
gesamte Göhlgebiet) als deutsch. Aubel ist als niederländisch zu
bezeichnen, weil die dort zuletzt gebrauchte germanische Kul-
tursprache das Niederländische gewesen ist. Es muß jedoch be-
tont werden, daß hier keineswegs Sprachsysteme als solche mit-
einander verglichen werden, denn entscheidend ist nur die gleich-
zeitige Zugehörigkeit der Mundartsprecher zur deutschen bzw.
niederländischen Sprachgemeinschaft.
Die bisherigen Ausführungen zeigen, daß die Frage ”Deutsch
oder Nichtdeutsch ?” am Wesentlichen vorbeigeht. Denn be-
schrieben und erklärt werden soll die Erscheinung der geogra-
phischen Verteilung der Mundarten. Der Dialektologe befindet
sich vor einer doppelten Aufgabe : einerseits muß er die Ver-
schiedenheit ursprungsverwandter Mundarten beschreiben und
erklären, anderseits muß er die Gesetze dieser Verschiedenheit
aufzudecken suchen. Zwar lassen sich etwa tausend verschiedene
kontinentalwestgermanische Mundarten unterscheiden, anderseits
jedoch ist eine deutliche geographische Kontinuität von der einen
Mundart zur anderen zu beobachten : die eine Mundart ist nicht
die andere, jede aber geht unmerklich in die nächstgelegene über.
Es kann somit untersucht werden, in einer Analyse, bei der
Mundarten mit Mundarten verglichen werden, in welchem Gebiet
eine bestimmte Erscheinung auftritt oder eine bestimmte Charak-
teristik vorliegt. Ein solches Gebiet wird auf der Karte durch
10
ein sog. Isophon abgegrenzt, dh. eine Linie, welche ein Mundart- |
gebiet abgrenzt, in dem die gleiche (”iso”) Erscheinung auftritt. I
So ist die Panninger Linie (Karte 1, Linie 16) das Isophon der |
s-/sch-Anlaute vor Konsonant, dh. sie grenzt ein westliches Ge- |
biet mit s-Anlaut (spelen, smal, slapen ...) von einem östlichen |
Gebiet mit sch-Anlaut ab (schpelen, schmal, schtraat/schtraß...). |
Wird nun ein Gebiet durch mehrere Isophone abgegrenzt,
welche nicht alle genau den gleichen Verlauf zu haben brauchen,
sondern sich zu einem Linienbündel zusammenfügen, so ist ein
mehr oder weniger einheitliches Mundartgebiet ermittelt.
Karte 2 veranschaulicht die Stellung der Göhltalmundarten
in einem breiteren kontinentalwestgermanischen Gesamtrahmen,
Auch diese Karte ist von Prof. Goossens gezeichnet, siehe ”Die
Gliederung des Südniederfränkischen”.
Linie 1 ist die Benrather Linie (westlich bzw. nördlich :
maken, eten, zuipen, zitten, tijd .../östlich bzw. südlich : machen,
essen, saufen, sitzen, Zeit ...). Jedoch fallen mit ihr bzw. mit
bestimmten Teilstrecken ihres Verlaufs verschiedene andere Dia-
lektgrenzen zusammen, so daß L. 1 in Wirklichkeit ein Linien-
bündel (oder -strang) ist, der mehrere sprachliche Gegensätze in
sich vereinigt. Boileau hat für den (sog.) Nordosten der Provinz
Lüttich eine Karte gezeichnet, auf der Dialektgrenzen verschie- |
denen Grades eingetragen sind (siehe Karte 3) : je dicker die
Linie, desto zahlreicher die Dialektunterschiede zwischen zwei
Nachbarorten. Fallen (meistens teilweise) mit der Benrather Li-
nie (Karte 3, L. 4) zusammen : K.3, L. 7 (limburgisch gräf
”Graben”, dh. mit hinterem Reibungs-g / ripuarisch jräf, dh.
mit vorderem j), L. 8 (limb. göt ”gut” / rip. jöt), L. 11 (limb.
könt, ”Kind” / rip. köngk), L. 10 (limb. hönt, ”Hund” / rip.
höngk), L. 3 (limb, : die e-Vokale in trekken, ”ziehen” und g&k,
”verrückt” ... sind nicht identisch / rip. : beide Vokale sind
identisch) u.a. Die Frage ist selbstverständlich, inwiefern dgl.
Grenzen der Wirklichkeit entsprechen. So liegen m. E. Boileaus
Linien 7, 8, 11 zu weit östlich. Westlich von L. 3 dagegen liegt
12
höchstwahrscheinlich ein Gebiet vor, in dem eine Reihe Wort-
formen mit beiden Vokalen möglich sind (trekken = trekken).
Dadurch, daß unsere Gegend noch stets unter starkem ripua-
rischem Einfluß steht, ist anderseits damit zu rechnen, daß dgl.
Grenzen sich als sehr labil erweisen und allmählich in westlicher
Richtung weitergedrängt werden. Dies gilt etwa auch für mehrere |
der von Welter, NOL aufgestellten Wortgrenzen, z. B. die West/
Ost-Gegensätze Wodanstag (z.B. jöstech) / Mittwoch oder Saters-
dag (z.B. zöddeschtech) / Samstag oder broek / buckse ”Hose”
(welche nach Welter ebenfalls mit L. 3 zusammenfallen).
Kommen wir jedoch zu Karte 2 zurück. Daraus geht her-
vor, daß jene Göhltalmundarten, welche westlich der Benrather
Linie liegen, zu einem Gebiet gehören, das als Übergangszone
zwischen dem Limburgischen einerseits und dem Ripuarischen
andererseits zu deuten ist. Was östlich der Benrather Linie liegt,
ist ripuarisch (dh. Hauset, Eynatten und Raeren). Jene Voer-
mundarten, welche westlich von L. 3 (Karte 2) liegen, sind be-
reits limburgisch : es handelt sich um Moelingen und ’s Graven-
voeren; L. 3 scheidet westliches zeggen von Östlichem sagen,
ist jedoch, wenigstens in ihrem Verlauf auf belgischem Boden, zu-
gleich ein Linienbündel (siehe Karte 3, L. 14 : Westl.bojem ”Bo-
den” /östl. boom; L. 5 : westl.-lek”-lich” (Suffix)/östl. -lech; L. 9:
ent ”Ende” / eng; L. 15 : rs in ”Ferse” wird zu (r)s / östl. -sch;
L. 18 : westl. nacht / östl. nät).
Auffallend ist ferner (siehe Karte 3) die Stellung von Eupen
(und Membach, Kettenis), das sich von der unmittelbaren Nach-
barschaft durch verschiedene Züge abhebt, welche als ausgespro-
chen westlich zu bezeichnen sind (denn sie tauchen weiter westlich
wieder auf); etwa L. 9 : EU. ∫ L. 13 : westl. und Eu. brunn,
bruwn ”braune” / rip. brung; L. 12 : limb. und Eu. finn ”feine”/
rip. fing; L. 16 : westl. und Eu. märt ”Markt” / rip. mät u.a.
Eupen hat somit verschiedene Züge aufrechterhalten, welche ein
großer Teil der sonstigen Mundarten unter ripuarischem Einfluß
aufgegeben hat. Diese dialektgeographische Sonderstellung kann
verschiedenen Faktoren zugeschrieben werden : wirtschaftlicher
Selbständigkeit der Stadt, Behauptung der Eigennatur den Neue-
rungen der ”bäuerlichen” Umgebung gegenüber.
13
Die Göhltalmundarten erweisen sich somit in einem dop-
pelten Sinne als Übergangsmundarten. Sie sind es zunächst, weil
sie zu einem größeren Gebiet gehören, das als Übergangszone
zwischen dem Limburgischen und dem Ripuarischen zu bezeich-
nen ist. Als solche weisen sie sowohl westlich-limburgische als
Östlich-ripuarische Züge auf. Sie sind weiter Übergangsmundar-
ten in einem engeren Sinne dadurch, daß sie an der äußerst öst-
lichen Grenze dieser Übergangszone liegen und somit die unmit-
telbare Transition bilden zum Ripuarischen.
Literatur :
J. GOOSSENS, De overmase dialecten, Veldeke, 41° Jaargang, dubbel-
nummer 226 en 227, S. 103 - 118
J. GOOSSENS, Die Gliederung des Südniederfränkischen, Rhein. Viertel-
jahrsblätter, Jg. 30, Heft 1 - 4, 1965, S. 79 - 94.
J. GOOSSENS, Wat zijn Nederlandse Dialecten ? Voordrachten gehou-
den voor de Gelderse Leergangen te Arnhem, N° 22, Wolters-
Noordhoff N. V. Groningen 1968
W. WELTER, Die Niederfränkischen Mundarten im Nordosten der Pro-
vinz Lüttich, 1933 (NOL)
W. WELTER, Studien zur Dialektgeographie des Kreises Eupen. Rhein.
Archiv, VIII, Bonn (1929)
A. BOILEAU, Enquäte dialectale sur la toponymie germanique du Nord-
Est de la province de Liege, T. I, Introd. - Glossaires topo-
nymiques, 1954
R. JONGEN
14
Die Besiedlung im Gebiet der
ehemaligen Herrschaft KELMIS (II)
PAUQUET Firmin
Ergänzungen für das XV, bis XVII. Jh.
Bevor ich die Besiedlung um die Wende vom 17. zum 18.
Jh. zu rekonstruieren versuche, ist es angebracht, einige wichtige
Ergänzungen zu dem schon Gesagten zu bringen. (1).
1. Kelmiser Hof unter Montzen im 15. und 16. Jh.
Im bereits veröffentlichten Verzeichnis aus dem Jahre 1445 wird
der Kelmiser Steuerpflichtige Alart in der Pfarre Montzen ge-
nannt. Der Sohn dieses Alart, Le onairt, ist keine unbekann-
te oder unbedeutende Persönlichkeit ;‘ schloß er doch am
24. Oktober 1470 vor dem Limburger Oberhof mit dem Pächter
aller limburgischen Galmeigruben, Jehan Le Wautier, ein Ab-
kommen über den Abbau dieser Gruben ab (2). Erhält der aus
Rijssel gebürtige Middelburger Großkaufmann Le Wautier das
Monopol des Altenberger Galmeihandels durch seinen Pacht-
* vertrag vom 15, März 1469 (3), so leitet doch der einheimische
Leonairt, Ailairtz son van Kelmysse, den Berg-
werksbetrieb.
Aus dem Jahre 1469 vernimmt man auch die Namen verschie-
dener in Kelmis ansässiger Bergarbeiter. Am Altenberge - d.h.
am Nordlager desselben, das früher von den Aacheiuern abgebaut
wurde und seit 1439 von der herzoglichen Verwaltung verpach-
tet wird - sind Wyncken varde Woude, Kerstken
van Kelmis, Thys in den Broeck und Wyncken
van Kelmis beschäftigt. Vielleicht ist Thys in den Broeck
derselbe wie der im Jahre 1445 erwähnte Steuerpflichtige Tyske
in den Broike aus Kelmis - Walhorn. Laut Erklärung dieser
Bergarbeiter vor den herzoglichen Kommissaren Jehan Lorf&evre
und Jehan Stoep in Limburg am 14. März 1469 (n. St.) sind in
den fünf oder sechs letzten Jahren vom Pächter des Altenberges
19 Bergarbeiter statt der üblichen 15 beschäftigt worden. Die
Buchhaltung über den gewonnenen Galmei ist zeitweise von
Jacob Bertolf - wohl aus Hergenrath - und Gi lle de
Kelmis und dann von Hermann van der Capelle
5
- Henri-Chapelle - geführt worden. Am Herkenbroich oder Nas-
souberg, der später als Südlager des Altenberges bekannt wird,
sind Thys de greve und Hubert die breme, laboureurs et
ouvriers es montaignes de calmin au pays de
Lembourg, beschäftigt. Die Anzahl der beschäftigten Berg-
arbeiter ist hier unbekannt, pour ce que les ouvriers
se changoit chacun jour selon les afferes
des ouvriers (3a). Einige Jahre später, am 26. April 1473,
erklären die in Gülpen versammelten limburgischen Stände, daß
im Herzogtum, ohne Sprimont, ca 1800 Feuerstellen zu verzeich-
nen sind et affırmerent en oultre qu’il yıen
avoit plusieurs qui estoient seulement ca-
hutes et manoirs de bien povres gens et
pour la pluspart des autres, manouvriers
labourans journelment es montaignes et
mines de fer, de plöng et de calmin et es
bois illec, gaignans par ce moyen le pain
pour eulx et leurs povres femmes et en-
fans (3b). Wenn im gesamten Herzogtum die meisten Häuser
Bergarbeiterhütten sind, so gilt dies bestimmt für Kelmis. Sicher
muß man die Erklärung der Stände nur mit einigem Vorbehalt
hinnehmen, da sie darauf bedacht sind, die von ihnen verlangte
Steuer so niedrig wie eben möglich zu halten. Immerhin entspricht
die von den Ständen 1473 angegebene Anzahl der Feuerstellen
- 1800 - der vom herzoglichen Rentmeister 1469 festgelegten
(30).
Am 27. Februar 1480 tritt Leonard von Kelmis, der
jetzt Bürger der Stadt Limburg ist, selbst für einen Zeitraum von
12 Jahren als Pächter aller herzoglichen Galmeigruben auf. Da-
für muß er dem herzoglichen Rentmeister jährlich 1410 rheini-
sche Gulden zahlen (4). Zum Verkauf des abgebauten Galmeis
kommt er mit dem Aachener Kupferschläger Daniel van der
Kannen am 1. Januar 1480 überein (5). Leonard van Kelmis
begnügt sich übrigens nicht damit, Bergwerksdirektor zu sein.
Als Bürger unserer Hauptstadt Limburg ist es nicht wunderlich,
daß er auch als Kaufmann bezeugt ist : am 9, Juni 1467 läßt
Lenaert van Kelmes inden lande van Lim-
borch mit einem Wagen des Fuhrmannes Geerdt van
der Capellen - Henri-Chapelle - 25 Ringe Kupferdraht,
einen kleinen Ring, 36 Stück Eisen und 8 Rollen Messing auf
den Jahrmarkt zu Bergen op Zoom liefern (6). Die Kombination
16
seiner bergmännischen und kaufmännischen Tätigkeit berech-
tigt die Frage, ob er vielleicht nicht auch als Kupferschlägermei-
ster tätig gewesen ist. Jedenfalls besitzen seine Erben, die Vle- |
mincks, Mühlen im Herzogtum Limburg (7). |
Nach seinem Tode - zwischen 1486 und 1490 - heiratet |
seine Witwe, Mechtelt Cloet, den Jan Vleminck, wahrscheinlich |
den Großvater des gleichnamigen bekannten Humanisten (8). So
entstehen Verwandtschaftsbande zwischen den Familien van Kel-
mis und Vleminck. Bei einer Teilung der den Gebrüdern Vle-
minck gehörenden Güter überlassen Johann und Arnold ihrem
Bruder Mathis, Ehegatte der Maria Bericklaar, lebenslänglich
einen Hof, gelegen zu Kelmis (9). Dieser darf wohl in einen ge-
wissen Zusammenhang mit den im Jahre 1445 erwähnten Besit-
zungen des Alart van Kelmis gebracht werden. Während der Re-
ligionswirren des 16. Jhs. beschlagnahmt die spanische Regierung
die Güter des Mathis Vleminck, der sich wohl, wie manche an- |
dere limburgische Notabeln, der Reformation zugewandt hatte ; |
beschlagnahmt wird auch sein winoff (Winhof) zu Kelmis |
unter Montzen, wovon noch im Rechnungsjahre 1581 - 1582 die |
Einkünfte eingezogen werden (10). Was später aus diesem Win- |
hof wurde, ist mir bis jetzt noch unbekannt geblieben. Da er sich |
im Montzener Pfarrgebiet befand, ist seine Lage in der unmit-
telbaren Nähe der Rochuskapelle zu suchen, zwischen Hornbach
und Eselbacherbächlein (Grünstraßerbach).
2. Anzahl Häuser im 16. Jh. Bezeugte Landgüter.
a) Tüljemühle
Im Jahre 1517 erhält Jan de Aer, Radermec-
ker van Moresnet, vom Brüsseler Rechnungshof die
Erlaubnis, das Wasser eines Baches, der ontrent een
wyer geheeten den tollienwyer fließt, einer auf
seinem Erbe zu bauenden Kupfermühle zuzuleiten. Einige Jahre
später (1520) erwirbt derselbe Jan mit Leenchen Hallier 4,5
Morgen Gemeindegrund in der Pfarre Moresnet bei seiner Mühle.
Nach seinem Tode verkaufen die Erben Radermecker von Mo-
resnet diese Kupfermühle mit einem Bend bei Hergenrath gele-
gen, dem Johan Kocke van den Bossche (s
Hertogenbosch ?) im Jahre 1526 für 33 Müdd zu 242 Aachener
Mark. Es handelt sich hierbei höchstwahrscheinlich um die später
benannte Tüljemühle, heute Schleifmühle (11).
18
etwa von den obigen ab : 48 - 50 östlich und 32 - 30 westlich der
Göhl. Für die 80 Häuser gibt er 250 Kommunikanten an; ge-
meint sind die Leute, die kommunizieren dürfen, also über 12
Jahre alt sind. Zum Vergleich sei erwähnt, daß im selben Jahre
die Pfarre Montzen 125 bis 130 Häuser mit ca. 500 Kommuni-
kanten und die Pfarrre Gemmenich 111 Häuser mit ca 470 Kom-
munikanten zählen, Die Montzener Schöffen, die die Anzahl Häu-
ser selbst nicht angeben können, melden aber, daß 4 oder 5 h u y-
sen gelegen te Kelmis over de Guele nae
Lymborch, prochie onder Walhorn sind (13).
Ein Jahrzehnt später ist hiervon nicht mehr die Rede, so daß
der Anteil der Kelmiser Siedlung, der zur Pfarre Walhorn gehör-
te, wahrscheinlich bei kriegerischen Ereignissen gegen Ende des
16. Jhs verschwand (14). Die einzige diesbezügliche Erinnerung
ist in einer Erklärung zum theresianischen Kataster aus dem
Jahre 1770 zu finden : een bemptgen wesende
leen tuschen de Geul (wohl am Zusammenfluß Göhl
-Hornbach), naest het afgebroecken huys aen
den capelle, für welchen der ”alte” Zehnt zu bezahlen
ist, wovon der Walhorner Pfarrer ein Drittel bekommt (15).
d) Jongenbosch, Rosenbent.
In meinem Aufsatz über die Montzener Urkunde vom 20.
September 1559 (16) habe ich schon gezeigt, daß das darin er-
wähnte Heynnrychs goyt tzo Kelmys identisch
ist mit dem Gut Jongenbosch in der heutigen Gemeinde Mores-
net.Die Erben des Jacob Mommer, die 1559 den zugunsten der
Stiftung mit 7 Aachener Mark belasteten Rosennbennt in ihrem
Besitz haben, sind der Montzener Pfarrkirche noch eine jähr-
liche Rente von 3 albus schuldig (17). Diese schon im Jahre
1551 erwähnte Rente wird später (1607) von Lennert tot
Kelmis bezahlt. Der Montzener Pfarrer notiert dann im Jah-
re 1691, daß die Rente von 7 Mark auf Mombaer goet
nicht mehr entrichtet wird. Sie müßte zur Hälfte durch Ni-
claes und Derich Hannot als Erben des Lennert
Nyssen, der im Jahre 1651 als Eigentümer eines Hauses
int dorp bezeichnet wird, ausbezahlt werden. Niclaes Han-
not besitzt vor 1736 den Pelzershof. Die andere Hälfte der 7
Mark-Rente schuldet 1691 der Jan Ofrembt als Nachfolger von
Reuland ; dieser Jan Ofrembt ist 1736 Eigentümer eines hof f-
ken aent huis zu Kelmis unter Montzen (18). Bei diesen
. 19
Erwägungen merkt man, wie schwer es sein kann, die Geschichte
eines Landgutes zu verfolgen, da man immer mit Erbschafts-
teilungen und anderen Übertragungen zu rechnen hat. Zudem
bleiben die Quellen doch sehr lückenhaft. Wo sich der Rosen-
bent befand, bleibt bis jetzt dahingestellt. Ist er mit dem Rosen-
garten des 19. Jhs (Ecke Hagenfeuer - Krickelstein) in Verbin-
dung zu bringen oder mit einem Landgut jenseits der Göhl im
Montzener Pfarrgebiet ?
e) Gut Schnellenberg .
Am 26. Juli 1566 prozessiert vor dem Walhorner Schöffen-
gericht ein Peter up Snellenberch van Montzen;
ein Gut Schnellenberg besteht also ca 90 Jahre früher, als es das
älteste Verzeichnis der Häuser aus dem Jahre 1651 zunächst
vermuten läßt (19). Die verhörten Zeugen erklären am 12. Sep-
tember 1651, daß Vaes Momboirs goet tot Snel-
lenberch spruitende uit de stockgoederen
van Kelmis ist (20).
3. Besiedlung im 17. Jh.
a) Moresneter Steuerrolle aus dem Jahre 1627
In der am 11. Dezember 1627 aufgestellten Steuerrolle der
Pfarre Moresnet stehen voran 31 Steuerpflichtige im Weiler
Kelmuz ende daer ontrent und 5 weitere op de
Straet. Am Ende erwähnt die Rolle noch 11 Steuerpflichtige
aus dem Weiler Kelmis (21). Insgesamt sind 47 der 116 Mores-
neter Grundeigentümer im Gebiet der später - 1650 - errichteten
Herrschaft Kelmis begütert, das sind 40,5% der Steuerpflichti-
gen. Dieselben entrichten aber nur ca 32% des Gesamtbetrages
der Steuern : 33 Gulden 11 Stüber von 103 Gulden 10 Stüber
1 Ort (22). In dieser Steuerrolle sind aus Kelmis 3 Landgüter
ohne Angabe eines Eigentümers erwähnt, darunter 2 Mühlen
am Tüljebach, die sicher Ortsfremden gehörten. Für Moresnet
ist ein Landgut, und zwar der große Hof Bempt, ohne Angabe
eines Eigentümers genannt; ferner werden zwei Pächter - auf
dem Gut des Drostes und auf Schimper - und zwei Müller, wohl
ebenfalls Pächter, nämlich der‘ Schimpermühle und der Mores-
neter Mühle, erwähnt.
21
den Bergarbeitern mehrere vermutliche Verwandte der Steuer-
pflichtigen befinden : 13 von 7 Kelmiser und 13 von 9 Moresne-
ter Steuerpflichtigen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß bestimmt
manche Arbeiter in den umliegenden Ortschaften, vor allem in
Hergenrath und Gemmenich, ansässig und vielleicht begütert sind.
Die 5 Kelmiser Bergleute und 2 der 3 Moresneter entrichten
weniger als 1 Gulden Steuer : es handelt sich eindeutig um
Kleinstbesitzer. Von den Beamten des königlichen Bergwerkes -
Rentmeister, Kontrolleur, Wäger - scheint keiner in der Pfarre
Moresnet begütert zu sein.
b) Vergleich der Steuerrolle 1627 mit dem Häuserverzeichnis
1651
Von den 47 Kelmiser Steuerpflichtigen aus dem Jahre 1627
können 20 mit Hausbesitzern im Jahre 1651 identifiziert werden.
Nur 8 der in diesem Jahre erwähnten Häuser sind nicht auch
schon für das Jahr 1627 zu bestimmen und zwar 1 in de
heyde,1 op den muggenberch, 1 in den coch,
2 in den dyck, 3 in den hooff (25). Dagegen wird
in der Steuerrolle von 1627 ein Haus des Junkers von Dobbel-
stein aen den crickelstein erwähnt, das im Jahre 1651
anscheinend verschwunden ist. Die beiden Mühlen, de over-
stecopermolen (Schleifmühle) und het vossenlok
(Jansmühle), werden ebenfalls 1627, aber nicht mehr 1651 ange-
führt. Andere Aktenstücke desselben Bündels, in dem das Ver-
zeichnis der Häuser aufbewahrt wird, erwähnen jedoch die tu l-
lien moelen (Schleifmühle) sowie eine Kupfermühle ge-
heeten Herkenbroeck, im Jahre 1650. Höchstwahr-
scheinlich bestehen also damals am Tüljebach mindestens drei
Mühlen, und zwar je eine an der heutigen Schleifmühle, an der
Jansmühle und tiefer flußabwärts im Bruch.
Von den 37 Hausbesitzern des Jahres 1651 - von denen 9
im Montzener Pfarrgebiet, südlich des Eselbaches ansässig sind -
sind 7 zwischen 1628 und 1632 zeitweise am Altenberge be-
schäftigt gewesen. 13 derselben - darunter 2 ehemalige Bergar-
beiter - können mindestens ihren Namen schreiben. Darüber
hinaus werden noch die Namen von 4 Einwohnern, wahrschein-
lich Pächter, erwähnt, die ebenfalls persönlich unterschreiben
können (26).
22
Am 28. September 1650 ernennen der Hohe Drost von
Limburg, Arnold Freiherr von La Margelle, und der herzogliche
Rentmeister Massin de Labeye (27) gemeinsam den Drost, die
sieben Schöffen, den Gerichtsschreiber und den Schultheißen für
die neue königliche Herrschaft Kelmis. Unter diesen königlichen
Beamten befinden sich nur drei Schöffen, die in Kelmis ein Haus
besitzen : Lyns Franck, Hendrick Radermecher und Leonard
Nyss. Der Drost, Gerard Radermecher (27a), scheint ein Ver-
wandter der Kelmiser Familie gleichen Namens zu sein, von der
drei Mitglieder Hausbesitzer sind. Ein vierter Schöffe, Laurens
Promper, ist wohl der Sohn des achtzigjährigen Hausbesitzers
Gerart Promper op de Straet. Der Schultheiß, Jan Francis,
könnte ein Verwandter des Frans Francis, eines Steuerpflichtigen
von 1627, sein. Gerichtsschreiber ist der Kontrolleur Jan Franck,
der von Amts wegen im Königlichen Haus am Altenberg residiert.
c) Montzener Steuerrolle von 1646
Die am 27. Oktober 1646 hernieuwde Schatrol-
le des quartiers van Montzen umfaßt insgesamt
257 Steuerpflichtige, davon 16 in Kelmis und 6 in Snellen-
berch; das sind 8,6% der Steuerpflichtigen, die mit 11 Gul-
den 4 Stüber 1 Ort besteuert werden (28). Neun dieser 22
Grundeigentümer kann man mit den 9 Häusern des Jahres 1651
identifizieren ; vier weitere sind Hausbesitzer im Moresneter Teil
des Weilers Kelmis. Nur ein Steuerpflichtiger und Hausbesitzer
war von 1628 bis 1632 zeitweise Bergarbeiter. In dem Verzeich-
nis der Bergarbeiter befinden sich ferner zwei mögliche Ver-
wandte von Steuerpflichtigen aus Kelmis-Montzen. Der schon
erwähnte Kelmiser Schöffe Lennert Nys, wohnend in het
dorp, gehört auch zu diesen Steuerpflichtigen,
Stuft man die Grundeigentümer nach der Höhe der von ihnen
entrichteten Steuer ein, so gewinnt man folgendes Bild : 14 be-
zahlen weniger als 10 Stüber ; 5 von 10 bis 19 Stüber ; 1 von 1
Gulden bis 29 Stüber und 2 von 30 bis 39 Stüber. Alle 22 bezah-
len also weniger als 2 Gulden. Diese Angaben bestätigen für den
Montzener Teil der Herrschaft Kelmis dasjenige, was im Mores-
neter Teil festgestellt wurde, nämlich Klein- und Kleinstbesitz.
Die Kelmisermühle wird weder 1646 noch 1651 erwähnt. Dies ist
ohne weiteres verständlich, da sie ein Lehngut und zwar ein Splis-
ser der Grundherrschaft Eynenberg bildet. Im Jahre 1607 wird
23
das Lehngeld im Namen des Johann Dobbelstein, Herrn zu Ey-
nenberg, vor der herzoglichen Mannkammer zu Limburg entrich-
tet. Am 8. April 1649 kauft Johann Baptist Stoupart (29) die
Kelmisermühle und veräußert sie dann am 17. März 1665 an
Nikolaus Rulant (31) und dessen Ehefrau Maria Boelmand für
2000 Patacons (32). Damals gehörten 30 Ruten Land (32) zu
dieser Kupfermühle. Später geht der Lehngutscharakter verlo-
ren (33).
d) Moresneter Steuerrolle vom 1686 (34)
Im Steuerregister der Pfarre Moresnet aus dem Jahre 1686
werden 93 Grundeigentümer unter Moresnet und 84 unter Kel-
mis aufgeführt. Das ist eine Steigerung von 24 bzw. 37 gegen-
über dem Jahre 1627. In Prozentsätze umgerechnet beträgt diese
Steigerung der Anzahl Grundbesitzer 34% für Moresnet, aber
78% für Kelmis. Zählte Kelmis im Jahre 1627 40,5% der Steuer-
pflichtigen der Pfarre, so sind es bis 1686 47,5% geworden.
Dagegen bleibt das Verhältnis der entrichteten Steuern praktisch
unverändert : die Kelmiser bezahlen 1627 32% der Steuern und
1686 33% (35). Die Begründung hierfür dürfte wohl darin zu
suchen sein, daß die Kelmiser Landgüter kleiner sind. Ferner
sind sie wohl auch auf minder fruchtbarem, zum Teil sandigem
Boden in der ehemaligen Kelmiser Heide angelegt worden.
An Hand des Steuerregisters kann man für das Jahr 1686
mit Sicherheit 35 Häuser, 6 Höfe und 3 Mühlen verzeichnen(36).
Davon können 17 Häuser und 4 Höfe mit Häusern, die im Jahre
1651 bestanden, identifiziert werden. Zu dieser Identifikation
dienen die Namen der Eigentümer (es handelt sich bald um den-
selben Eigentümer, bald um einen vermutlichen Sohn, bald um
eine vermutliche Tochter) und die Reihenfolge, in der sie im
Steuerregister aufgeführt werden. In folgender Tabelle stelle ich
gegenüber :
a) Anzahl der Häuser, die 1651 erwähnt sind und deren Eigen-
tümer nicht mit Steuerpflichtigen aus dem Jahre 1686 identi-
fiziert sind
b) Anzahl der Häuser, deren Lage 1686 angegeben wird und
deren Eigentümer nicht mit Hausbesitzern von 1651 identi-
fizierbar sind
24
a: 1651 b: 1686
1 op den euwel - |
2 in den hoff tot Kelmis 1
7 I in den coch - 6
1 op den muggenberch 2
2 in de heyde 2
- op den plaetzegel 1
Für die Siedlungsgeschichte ist folgende Schlußfolgerung
zu ziehen : die Häuser op den euwel und in den coch |
scheinen nach der französischen Plünderung nicht mehr ”aufge- |
zimmert” worden zu sein. Wohl werden später dort wieder neue
Häuser aufgebaut. In den hoff ist ein Haus weniger und
op den muggenberch ein Haus mehr zu verzeichnen.
Op den plaetzegel, weit im Nordosten gegenüber der |
Tüljemühle, hat sich ein Bauer am Waldsaum niedergelassen.
Elf der übrigen 12 neuen Häuser sind mit großer Wahrschein-
lichkeit in der Heide zu suchen. Ungeklärt bleibt die Lage des |
Viggenhofs (unweit Vogelsang ?) und des Hofes von Peeter |
Schyns (unweit Hof ?). |
Die Ansiedlung in der Heide hat stark zugenommen und I
dies sowohl am mittleren Tüljebach, von Plaetzege1l bis zur |
Jansmühle in der heutigen Kelmiser Heide (nach der Reihenfol-
ge der Posten zu urteilen 5 Häuser) wie auch in der unteren
Heide (5 Häuser). Hier hatte ich ja schon früher die Häuser Nr
42 und Nr 52 als Bauten aus dem 17. Jh. mit rundbogigem
Türsturze angeführt. Ob diese Häuser um 1686 gebaut worden
sind oder schon im Jahre 1651 bestanden, bleibt dahingestellt.
Das prächtige Haus im Stile der maasländischen Renais-
sance an gen Hertz wird im Jahre 1684 wahrscheinlich
von den Eheleuten Lambert Franck und Catherine Weerts er-
baut. Lambert Franck ist hier als Eigentümer ins Steuerregister
von 1686 aufgenommen (37). Die Anzahl Häuser op de
Straet steigt von 4 im Jahre 1651 auf 5 im Jahre 1686.
Die Kelmiser Schöffen geben die Neuansiedlung in der
Heide nach den Kriegsjahren (1650-1684) und die damit verbun-
dene Veräußerung vieler Parzellen aus dem Gemeindebesitz als
Anlaß zur Aufstellung des Steuerregisters von 1686 an. Dieses
trägt als Untertitel : Maete van de goederen ende
25
taxatie derselvere der quartiere Moresnet
ende Kelmis, getroecken deels uytte oude
maet, ende voorders op nieuws gerappor-
teert, metgeveughtd’erffvencomende vuytte
gemeynte tot desen toe taxabel, volgens die
conditiens waerop deselve syn vercocht ge-
weest. Am Ende des Registers fügen die Schöffen noch hinzu :
dese onderteeckent hebbende, op de klach-
ten, die van diverse persoonen sijn voorge-
brachtover de ingaliteydt van de schatzie-
delen derselver quartieren als mede dat di-
versehe parceelen vuyte gemeynte /zeerft,
ende by particuliere persoonen geposse-
deert, ende’ geprofiteert worden‘ tot de-
sen toe.nich en waeren ‚getaxeert;, hebben
daeromme noodich gevonden tot ruste
derselvere.tlegere, ven om te‘ procederen
tot“ eene/distribulive, justitie.. deselve
wercken“aen: dehandt te'nemen ende te
vervolghen, gelyck als hier voor folio 1
tot 31 gedaen is, synde deselve van ge-
vöelen- ende resolutie dyenvolgens eene
pertinente ziedel te formeren.
In einem Verzeichnis von 50 damaligen und ehemaligen
Bergarbeitern am Altenberge vom 8. Januar 1711 findet man die
Namen von 8 der 84 Kelmiser Steuerpflichtigen aus dem Jahre
1686, darunter 4 Hausbesitzer. Wie im Jahre 1627 bleibt die
Anzahl Bergarbeiter, die in Kelmis Grundeigentum erworben
haben, gering.
e) Haus am Schmalgraf
Zu den von mir aufgeführten Gebäuden mit rundbogigen
Türsturzen, die vermutlich aus dem 17. Jh. stammen, gesellt
sich noch der Bauernhof zu Schmalgraf (Gemeinde Neu-Mores-
net, Flur IV, Parzelle 87/239 auf’m Driesch). Vielleicht handelt
es sich um das Haus op den Smaergraeff, das Die-
rich Jacqmin aus Kelmis mit seiner Mutter dort vor 1651 bauen
ließ.
26
Quellennachweis,
(1) Im Göhltal, Nr 2, Dezember 1967, S. 25-35.
(2) YANS (Maurice), Histoire &conomique du duche de Limbourg sous
les ducs de Bourgogne. Les for&ts et les mines. Bruxelles, Academie,
1938. Pi&ce justificative n° IV, S. 246 f. |
(3) ibidem. Pi&ce justificative n° VII, S. 261 f.
(3a): Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungskammer von Brabant, |
14, F° 224 ff. |
(3b) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
14, F* 256
(3c) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
45807. PAUQUET (Firmin), Die Bevölkerung des Herzogtums Lim-
burg im 15. Jahrhundert, in Geschichtliches Eupen II, Eupen, Mar-
kus Verlag, 1968, S. 9-24, 1 Karte. Insgesamt zählt das Herzogtum
1469 2.063 Feuerstellen. Die Städte Limburg und Herve mit 151 |
bzw. 78 Feuerstellen und die Herrschaften Lontzen und Wodemont
mit 60 bzw. 11 sind aber damals steuerfrei. Als steuerbare Feuer- |
stellen kommen also 1763 in Betracht.
(4) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
2448, f° 29. Der Goldgulden der vier rheinischen Kurfürsten war
eine damals im Herzogtum Limburg sehr verbreitete Münze. Im Jahre
1480 zahlten die Bergwerkspächter dem herzoglichen Rentmeister 7
Aachener Mark 9 Schillinge 7 Pfennige pro Goldgulden, laut YANS
-siehe (2) - , S. 25., obschon der normale Kurs 6 Mark betrug.
(5) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Souveräner Rat von Brabant,
Urteile 577, Nr 197.
(6) SLOOTMANS (K), Kooplui uit de Maasstreek op de Bergsche Jaar-
markten, in Jaarboek van Limburgs Geschied- en Oudheidkundig
Genootschap, 1962-1963, Maastricht, 1963. Zusammenfassung in Heem,
9. Jahrgang, Nr 2-3, Halle, Juni 1965, S. 31. Bergen op Zoom, Hafen
an der Ostschelde, Prov. Nordbrabant, Niederlande.
(7) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
2452, Rechnungsjahr 1508 - 1509, f°51 v° : Jan Vleminck hält die
kalmynmoelen, die früher Wynchem Pastart gehörte. Im Jahre
1521-1522 (ibidem 2454) ist Gerart Parys im Besitz dieser Mühle,
es handelt sich wahrscheinlich um die jetzige Preismühle zwischen
Astenet und Walhorn.
Weiteres über die Vlemincks von Limburg bei BUCHET (Arsö&ne),
Biographie Limbourgeoise. Jean Vleminck (Flemingue, Flemingus),
marchand et humaniste, seigneur- de Wynegem (15. - 1568) in Bulle-
tin des Archives vervietoises Nr 26, Bd 1, Juli-August 1947, S. 353 ff.
(8) Siehe. (5)
(9) Stadtarchiv Aachen, RKG, 448, f° 58-60. Freundliche Mitteilung des
Herrn Raymond CORRENS, Wynegem.
(10) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
18702. Onze Overmaasgemeenten en de politieke en godsdienston-
lusten in de tweede helft der 16° eeuw; in Heem, 10. Jahrgang, Nr 1,
Januar-Februar 1966, S. 25. Zum Winhof gehören Scheune und
Stallungen, ein Baumgarten von 1 Morgen, 13 Morgen Land, Benden
und Wiesen für 2 Pferde, 8 Kühe und einige Schafe. Der Pächter be-
zahlt dafür jährlich 60 Thaler zu 30 Stüber, 1 fettes Kalb oder 1
Thaler und ein paar hantkeese oder 1 Thaler.
27
Dr Kohnemann (Michel), Die Flurnamen des Walhorner Lan-
des, Dissertation, Katholische Universität Löwen, 1961, Nr 2442,
vermerkt, daß der Königshof zu Walhorn auch als Wynhoff bezeich-
net wird (1497-1618). Er stellt den Flurnamen Wynweg dem neuhoch-
deutschen Zeitwort gewinnen = ”bearbeiten, bebauen” gegenüber.
Ich glaube, daß ein Winhof ein Pachthof ist, da der Halfwinner ein
Halbpächter ist.
(11) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
2453, Rechnungsjahr 1517-1518, f° 54; Rechnungsjahr 1520-1521,
f° 4 v°; 2454, Rechnungsjahr 1526-1527, f° 24 vo; 2457, Rechnungs-
jahr 1543-1544, f” 6.
Das Aachener Müdd zu 8 Faß beträgt 245, 696 Liter.
(12) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Fiskalamt von Brabant, 554/
4914.
(13) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Fiskalamt von Brabant, 1054, F®
79, 96, 35, 78, 96v°, 94.
(14) Im Verzeichnis zur Schatzung (Besteuerung) des Rechnungsjahres
1478-1479 werden unter der Pfarrei und Bank Walhorn de dorpe
vän'Astenet, Hergenroit: ende: van Kelmiss
erwähnt. Diese drei Dörfer werden ferner in den Schatzungsverzeich-
nissen von 1480, 1498, 1515, 1530-1531, und 1547 zusammen ge-
nannt. Später fehlt jeglicher Hinweis auf Kelmis (Allgemeines Reichs-
archiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant, 15 808, 15 809).
(15) Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Limburg, 885
(16) Im Göhltal, Nr 4, Dezember 1968, S. 11.
(17) Der Albus oder Weißpfennig ist, wie es der Name andeutet, eine
Silbermünze. Im Rechnungsjahr 1484-1485 beträgt der Kurs des
rheinischen Goldguldens 24 Albusse (Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum
Limburg, 222 f°1).
(18) Pfarrarchiv Montzen, Einkommenregister von 1710 mit Einkom-
menverzeichnis von 1551.
(19) HASHAGEN (Julius), Geschichte der Familie Hoesch, Köln, 1911,
S. 481. Stadtarchiv Aachen, Walhorn, Gudungsbuch 2, f” 254 v°.
(20) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Fiskalamt von Brabant, 264/
2309,
(21) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Fiskalamt von Brabant, 264/
2309. Schattzedel des Kerspels van Moresnet
verneuwt ende heyscht byden gecoren mans
den XI december 1627 tebeginnen tzedert St
Mertensmisse lestleden.
(22) Es handelt sich wahrscheinlich um den brabantischen Gulden zu 20
Stüber von 4 Ort. Von 1580 bis 1794 bleibt der Kurs des braban-
tischen Gulden unverändert ; 1 brabantischer Gulden = 4 Lütticher
Gulden = 20 limburgische oder Aachener Mark, laut RUWET
(Joseph), L’agriculture et les classes rurales du pays de Herve sous
V’ancien regime, Liege - Paris, 1943, S. 82.
Im Jahre 1827 wird der Lütticher Gulden zu 1,181 Franc bewertet,
das wäre 4,724 F. für den brabantischen Gulden,
(23) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Finanzrat, 86 - Anordnung des
Finanzrates vom 20. September 1611 - Bericht aus dem Jahre 1681.
28
(24) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
50.629. Das Bergwerk beschäftigt in dieser Zeitspanne wegen der
Anlage der Wasserhaltungspumpe bedeutend mehr Arbeiter. Die 1
Arbeiter wechseln aber oft, so daß im Durchschnitt doch höchstens a
50 Arbeiter beschäftigt sind. |
(25) siehe Göhltal Nr 2, Dezember 1967, Karte S. 26-27.
(26) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Fiskalamt von Brabant, 264/
CHR Aktenstücke vom 20. Oktober 1650 und vom 12. September
1651. |
(27) Massin de Labeye ist ein Sohn des Herver Bürgermeisters und Schöf- |
fen Nicolas de Labeye. Im Jahre 1642 wird er Amtmann von Hannut
im Herzogtum Brabant; 1644 Herr von Grand-Hallet und 1660 |
Rentmeister des Herzogtums Limburg. - LENS (Eugene), Armorial A
du Duche de Limbourg et des pays d’Outremeuse, Dison, Jespers, |
1947, S. 161. I
Arnold-Theodore-Amour de la Margelle, Herr von Eijsden, ’s Grae- |
venvoeren, und Weerst, Kämmerer des Kurfürsten von Köln, wird
am 25. Mai 1664 zum Drost von Limburg ernannt. Er starb auf |
dem von ihm erbauten Schloß Eijsden am 6. Juni 1721. - POSWICK
(Eugene), Histoire biographique et gen&alogique de la Noblesse lim-
bourgeoise, Liege, 1873, T. 1, p. 202 - 206.
(27a) Gerard Radermecker ist unter anderem Eigentümer eines Gras-
platzes am Hornbach, den er am 21. Februar 1682 verkauft. Dieser
Grasplatz stammt vom Hofe zum Busch bei Lontzen und ist deswe-
gen ein Lehen des Propstes des Aachener Marienstifts - COELS VON
DER BRÜGGEN (Luise Freiin von), Die Lehensregister der Prop-
steilichen Mannkammer des Aachener Marienstifts 1394 - 1794, PU-
BLIKATIONEN DER GESELLSCHAFT FÜR RHEINISCHE GE-
SCHICHTE, Ausgabe LII, Bonn, 1952, S. 395.
Da der Kaufmann Gerard Radermecker oft außer Landes be-
schäftigt ist, läßt er sich durch den Montzener Matheus Steenveld als
Drost-Leutnant (1664-1680) vertreten - Staatsarchiv Lüttich, Schöf-
fenamt Moresnet, Gerichtshof Kelmis I.
Der Montzener Pfarrer Johannes Birven (1691-1725) überliefert,
daß das mit kleine haustein belagte Grab des Kel-
miser Drostes Gerardt Radermächer im Hauptschiff
der Montzener Pfarrkirche in der Nähe des Chores neben der Schöf-
fenbank liegt - Pfarrarchiv Montzen, Chronik des Joannes Birven,
8.93,
(28) Gemeindearchiv Montzen. Zettel im Katasterregister vom Jahre 1734.
(29) Johann Baptist Stuppart gehört einer der reichsten und angesehen-
sten lutherischen Familien Aachens an, die unter anderen das alte
Patrizierhaus zum Löwenstein am Markt - jetzt Nr 41 - besaß.
Johann Baptist Stuppart ist am 31. Januar 1615 im Löwenstein ge-
boren, er heiratete die Anna Elisabeth Schörer und verkaufte das
Stammhaus am 21. September 1651. Er ist der Sohn des Kupfer-
meisters Hans Stuppart, der von 1621 bis 1649 Pächter des Alten-
berges gewesen ist. - MACCO (Hermann - Friedrich), Aachener
Wappen und Genealogien, 2 Bde in 4°, Aachen, 1907-1908 - Allge-
meines Reichsarchiv, Brüssel, Finanzrat, 86, 1197.
Johann Baptist Stuppart ist übrigens auch Eigentümer der Kup-
fermühle int Vossenlock, die von 1649 bis 1660 stillge-
standen und die er vollständig renoviert hat. Für diese Mühle erhält
er im Jahre 1660 eine Ermäßigung auf den zu entrichtenden Zins. -
29
Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Finanzrat, 85. - Höchstwahr-
scheinlich war sein Vater schon Eigentümer dieser Mühle. Am 8.
November 1636 wurde dem Pächter des Altenberges Hans Stuppart
vom Brüsseler Finanzrat die Erlaubnis erteilt, die königlichen Wap-
pen an seinem Haus und an seiner Mühle in de Tullighen
anzubringen, um sie auf diese Weise etwa gegen Plünderung und
Brandschatzung durch die spanischen Truppen zu schützen. - Allge-
meines Reichsarchiv, Brüssel, Finanzrat, 86,
(30) Nikolaus Rulant ist ein Mitglied einer anderen Aachener Kupfer-
meisterfamilie. Ein Nikolaus Rulant aus Aachen, der sich in Ant-
werpen niedergelassen hat, erhält im Jahre 1612 die Erlaubnis, eine
Kupfermühle auf der Voer bei Eijsden zu errichten. Im Jahre 1660
kauft der Eijsdener Kupfermeister Nikolaus Rulant Altenberger Gal-
mei. SMETS A., Zinkwit, 90° jaren zinkwit industrie in Nederland
1870 - 1960, Eijsden, 1961.
(31) Im Jahr 1770 wird der Wert des Patacon mit 4 Lütticher Gulden
angegeben. Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Limburg, 700, 809.
(32) Im ganzen Herzogtum Limburg gelten die Lütticher Flächenmaße.
Die Rute stellt ein Quadrat von 16 Lambertusfuß Seitenlänge dar,
d.h. 21,7945 m2., 400 Ruten bilden einen Bunder (87,17814 Ar) -
RUWET (Joseph), L’agriculture et les classes rurales du pays de
Herve sous l’ancien regime, Liege-Paris, 1943, S. 79.
(33) DE_RYCKEL (Amö6&d&e), La cour feodale du duche de Limbourg,
BULLETIN DE LA SOCIETE D’ART ET D’HISTOIRE DU DIO-
CESE DE LIEGE, Tome IX, Liege, 1895, S. 20
(34) Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Limburg, 885 : Prozeß zwischen den
Gemeinden Kelmis und Moresnet vor dem Ausschuß für öffentliche
Lasten (1784-1790); darin als Beilage : Staete van de goe-
deren ende taxatie derselvere der quartiere
Moresnet ende Kelmis aufgenommen durch die Schöf-
fen, geschworene Regleurs (d.h. Bürgermeister) und Bede-
setters (d.h. Steuerempfänger) von Moresnet und von Kelmis am
19. Dezember 1686 zu Moresnet.
(35) Für die durch die Franzosen im Jahre 1684 erhobene Kriegssteuer
wird Moresnet et Calmis mit 1366 Gulden 14 Stüber
belegt. Die gesamte Bank Montzen ist mit 9042 Gulden 6 Stüber
besteuert und das Herzogtum mit 86.679 Gulden 8 Stüber. Aus
diesen Zahlen ist der Anteil der Pfarre Moresnet, einschließlich Kel-
mis, einfach zu errechnen : ca 15% der Bank Montzen und ca 1,5%
des Herzogtums - Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Limburg, 523
In der allgemeinen Matrikel des Herzogtums aus dem Jahre
1705 wird Moresnet und Kelmis mit ca 12% der Bank Montzen,
d.h. 1,55% des Herzogtums veranschlagt. Das Verhältnis ist also
praktisch dasselbe geblieben - Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Lim-
burg, 542.
(36) Die Steuerrolle ist nur bruchweise erhalten, Die notarielle Abschrift
aus dem späten 18, Jh. bringt aus jeder Position nur Auszüge, so
daß vielleicht im Jahre 1686 bestehende Häuser nicht in den vom
Kopisten gewählten Auszügen erwähnt werden,
(37) HEEM, 9. Jahrgang, Nr 5-6, Halle, September-Dezember 1965,
S. 17-19.Lambert Franck ist um 1630 in Moresnet als Sohn des kö-
niglichen Kontrolleurs am Altenberg, Jan Franck, geboren. Er ist
auch Landmesser der Bank Montzen und stirbt am 5. Mai 1712.
Sein Grabstein, den er mit seinem Vater teilt, ist draußen an der
Nordwand der Moresneter Pfarrkirche aufgestellt.
30
Zur Geschichte der Herrem von Reimersdal (Nachtrag)
In meinem Beitrag ”Zur Geschichte der Herren von Rei-
mersdal” in Heft 3 dieser Zeitschrift wies ich auf das mehrfache /
Vorkommen des Dornenkreuzes im Wappenschild limburgischer
Familien hin. So findet sich das vom Reimersdaler Herrenge-
schlecht geführte silberne Dornenkreuz auf schwarzem Grund
auch bei der aus Montzen stammenden Familie Reul. Baron
Guy POSWICK verdanke ich den Hinweis, daß - übereinstim-
mend mit der Heiligenberger Wappenscheibe des Simon von Rey-
merstal aus dem Jahre 1554 - der Schild der Familie Reul sogar
die gleiche Helmzier aufweist : einen armlosen Mann, auf dessen
Rock und Hut das Dornenkreuz wiederkehrt.
In den Hochbänken Herve, Baelen und Walhorn (1) sowie
in der Reichsstadt Aachen (2) treffen wir seit Beginn des 16.
Jahrhunderts Angehörige der heute weitverbreiteten Sippe Reul
an. Manche ihrer Mitglieder erfreuten sich hohen Ansehens. Der
Walhorner Schöffe Reiner Reul erwarb 1607 das Stocklehen
Astenet, sein 1614 geborener Sohn Hubert, Abgeordneter des
Dritten Standes des Herzogtums Limburg, erhielt am 3. Januar
1660 vom spanischen König Philipp IV. in Anbetracht der
eignen Verdienste wie auch derjenigen seiner Vorfahren gegen-
über Kaiser Karl V. und der Erzherzogin Margarete von Öster-
reich den Adelstitel mit dem Recht, den von seinen Ahnen seit
urdenklichen Zeiten besessenen schwarzen Wappenschild mit
dem silbernen Dornenkreuz weiterzuführen (3).
Der von Hubert Reul wiederaufgebaute Asteneter Herren-
sitz ist längst in den Fluten des seine Mauern umspülenden Burg-
weihers versunken (4). Vom einstigen ”Reulenhaus” kündet nur
ein das Baujahr 1626 und die Initialen des Bauherrn festhaltender
Wappenstein auf dem westwärts anstoßenden Gehöft, das - ein-
hundertfünfzig Jahre später errichtet - die Bezeichnung ”Reulen-
haus” übernahm.
MM
32 |
Vierzeiler in gotischen Lettern : |
In . godd . ger . walt .
habbe . icht . gestalt .
het . gesche . noe . synen . |
wellen ALS U |
(In Gottes Gewalt habe ichs (das Haus) gestellt, es geschehe
nach seinem Willen, Anno 1551). |
Aus dem vollen Block hat der Steinmetz Schrift und Zier- |
art sorgfältig herausgearbeitet ; die handwerkliche Scharrur gibt
dem spröden Kohlenkalkstein eine lebendige Oberfläche. Auch
das mit kunstvollem Schmiedewerk reich belegte Türblatt gehört
dem 16. Jahrhundert an. Ursprünglich sperrte es die Sakristeitür
der nahebei gelegenen Pfarrkirche zu Clermont. Frühestens gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts wurde es dort ausgebaut. Gott-
seidank fand es am Hause Reul eine neue Bleibe ; wie selbst-
verständlich paßt sich die Tür dem Bauwerk ein (7). Die drei
Kreuzstockfenster des Obergeschosses ruhen auf einem leichten
Gurtgesims, das über die Seitengiebel weiterläuft. Dort, wie an
der in Bruchstein gearbeiteten feldseitigen Rückfront, entspricht
die architektonische Gliederung in vereinfachter Form der Vor-
derseite. Den First überragt ein wuchtiger Schornstein, der die
einzelnen Kaminzüge straff zusammenfaßt. So leuchtet inmitten
der Weidelandschaft hinter der von Weißdornhecken und hohen
Linden umsäumten Zufahrt Haus Reul als kostbares Kleinod
in unveränderter Gestalt durch nunmehr über vier Jahrhunderte
dem Wanderer entgegen.
Woher sein 1589 kinderlos verstorbener Bauherr Dietrich
Reul den Dornenkreuz-Schild übernahm, ist ungewiß. Bereits
Freiin Luise von Coels von der Brügghen wies in ihrem Aufsatz
”Der Beitritt der Ritterschaft des Herzogtums Limburg zum
Landfrieden zwischen Maas und Rhein 1369” darauf hin, daß
unter den 46 Limburger Siegeln das Dornenkreuz nicht weniger
als achtzehnmal vertreten sei! Die Führung des gleichen Schild-
zeichens ist daher weniger auffallend (8), um so mehr jedoch
die völlige Übereinstimmung der Helmzier der zunächst bürger-
lichen Familie Reul mit derjenigen, die Simon von Reymerstal
auf der Heiligenberger Wappenscheibe aus dem Jahre 1554 führt.
33
Anmerkungen :
1) Alex. Domken, Histoire de la seigneurie et de la paroisse’de Cler-
mont-sur-Berwinne, Lüttich 1913, S. 333 ff. - Guill. Grondal,
Walhorn, notices historiques (Bull. de la societ& vervietoise d’archeo-
logie et d’histoire, Bd. 45, 1958, S. 66 f.)
2) H.F. Macco, Aachener Wappen und Genealogien, II. Aachen 1908,
S. 89.
3) Eug. Poswick, Histoire biographique et genealogique de la nobles-
se limbourgeoise, Lüttich 1873, S. 241 ff.
4) Herib. Reiners - Heinr, Neu, Die Kunstdenkmäler von Eupen-
Malmedy, Düsseldorf 1935, S. 185.
5) Domken, a.a.O0. - Guy Poswick, Les delices du duch& de Lim-
bourg, Verviers 1951, S. 157 bis 162.
6) Dietrich Reul heiratete am 2. August 1562 in zweiter Ehe Engel von
Benstenraedt zu Bombaye, nach ihrem Tode schließlich in dritter Ehe =
im Jahre 1574 Anna Roo aus Weerth, die ihn mehr als dreißig Jahre
überlebte.
Nach der Überlieferung stellen die beiden den Türsturz des Stamm-
hauses zu Crawhez zierenden Köpfe Dietrich Reul und seine erste
Ehefrau dar.
Wegen der verwandtschaftlichen Beziehungen sei ferner verwiesen
auf : J.B. Sivre€, Het necrologium der adellijke abdij van O.L.
Vrouwe Munster te Roermond (Publications de la societ€ hist. et arch.
dans le Limbourg, Deel 13, Maastricht 1876, S. 185). - Am&d6e de
Ryckel, Les fiefs du comt€ de Dalhem (Bull. de la soc. d’art et
d’hist. du diocese de Liege, Bd. 17 (1908), S. 314 ff.
7) H. Küpper ‚ Aachener Schmiedeeisen vom Mittelalter bis zum
Jahre 1812 (Aachener Kunstblätter, Heft 27, 1963, S. 199 u. Abb.
290).
8) ZAGV 62, S. 77 ff. - Vergl. auch Wilh. Ewald, Rheinische Heral-
dik (Rhein. Verein f, Denkmalpflege u. Heimatschutz, 27. Jahrg.,
Heft 2, Düsseldorf 1934, S. 14 f.)
Hans Königs
34
Der Maler Armand JONGEN
43 Gemälde waren in der Zeit vom 23. November bis 1.
Dezember 1968 in der Parkvilla in KELMIS ausgestellt, alle von
Herrn Armand JONGEN aus Gemmenich, seines Zeichens Post-
angestellter in Kelmis.
j Wer ist Armand Jongen? Hier seine Biografie,
Jongen wurde am 4. Mai 1922 in Moresnet geboren. Mit |
5 1/2 Jahren besuchte er die Primärschule in Moresnet, die er mit
guten Abgangszeugnissen absolvierte. Drei Jahre lang besuchte
er dann die Schule St. Michel in Verviers, um sich hier dem
humanistischen Studium zuzuwenden. Nach Beendigung seines
Studiums im Alter von 17 Jahren bewarb er sich um eine An-
stellung bei der Post. Sie erfolgte in Kelmis. 1942 wurde A. Jon-
gen von, den.;,Machthabern des damaligen Nationalistischen
Deutschland als. politischer Häftling in die Konzentrationslager
Sachsenhausen und Dachau eingeliefert ; erst 1945 wurde er
befreit.
Nach seiner Rückkehr aus der Haft war er zuerst als Aus-
hilfsschreibkraft auf der Gemeinde Moresnet, seinem Geburtsort,
“tätig, bis, er 1948 bei der Post in Kelmis seine Wiederein-
stellung erlangte, wo er bis heute seinen Dienst versieht.
ih ‚Wie kam Jongen zur Malerei ?
Man kann es kaum glauben, das Märchen vom Rotkäpp-
„chen und dem Wolf gab dazu den Anreiz. Vor allem aber war
es das‘ Bild, das zeigte, wie Rotkäppchen auf dem Wege zur
Großmutter dem Wolf im Walde begegnet. Das erzählte der
‚Lehrer. seinen Schülern in der Klasse und .illustrierte seine Ge-
schichte mit Bildern. Für Jongen war dieses farbenreiche Bild
Anreiz genug, zu versuchen, es nachzumalen oder zumindest
es nachzuzeichnen. In bunten Pastellfarben gehalten, war dieses
Bild eine Augenweide für den jungen Künstler selbst.
Voller Stolz und Begeisterung zeigte Jongen es seinem Leh-
rer, der ihn mit Lob und Anerkennung überschüttete, seine
Gabe zur harmonischen Farbzusammenstellung pries und seinem
ausgeprägten Sinn für klare Farbkontraste Beifall zollte.
Angetrieben durch dieses Lob und angespornt durch die
wohlwollende Anerkennung seines Lehrers griff Jongen immer
35
wieder zu Farb- und Zeichenstift, und zwar. derart, daß es seine
ganze nur verfügbare Freizeit ausfüllte. Seine bereits erwähnte
Inhaftierung jedoch bedeutete eine Unterbrechung seiner Ausbil-
dung.
Aus der Haft entlassen, fand er dann allmählich zu seinem
Hobby, der Malerei, zurück, Das unkonzentrierte Zeichnen, die-
ses etwas planlose Auftragen von Farben auf eine Leinwand,
befriedigte Jongens künstlerische Schöpfungsneigung . jedoch
nicht ganz. Das veranlaßte ihn, seine bisherigen Kenntnisse an
der Schule für Kunst und Gewerbe in Maastricht (Holland) durch
ein umfangreiches Studium zu erweitern. Jongen blieb dort zwei
Jahre, danach ging er nach Aachen, ließ sich an der Kunstge-
werbeschule immatrikulieren, die er nach zwei Jahren intensiven
Studiums wieder verließ.
Von nun an füllte die Malerei, das ihn begeisternde Hobby,
jede freie Minute seines Lebens aus. Nach einer sechsjährigen
Studienpause entschloß sich unser Künstler, die Academie des
Beaux Arts in Verviers zu besuchen, um hier seine. Kenntnisse
vollends abzurunden. Die Zeit 1964 - 1967 war hart und voller
Rückschläge im Schaffen Armand Jongens, bis er dann das
Staatsdiplom in Händen hielt. Jedoch bedeutete dies noch nicht
das Ende des Strebens. Noch ein Jahr verbissenen Studiums,
und er war Inhaber der höchsten Auszeichnung, des Preises der
Stadt Verviers.
Nun konnte Armand Jongen auf Grund seiner erworbenen
Kenntnisse frei und unbesorgt seiner Freizeitgestaltung durch
gradliniges, planvolles und harmonisches Malen freizügig frönen.
Wie Armand Jongen dies geschafft hat, war eindeutig an
Hand der ausgestellten Gemälde zu erkennen.
Wer es versäumt hat, diese Ausstellung zu besuchen, hat
unseres Erachtens sehr viel versäumt.
Jongens Bilder sind voller Wärme und Harmonie. Auch der
Einschlag von Abstraktem, Surrealistischem und oftmals. Ex-
pressionistischem ist nicht zu verkennen. Durch die 43 Gemälde
umfassende Ausstellung hindurch könnte man mit etwas Einfüh-
lungsvermögen den Ablauf der vier Jahreszeiten erkennen, auch
der vier Jahreszeiten unseres menschlichen Erdenlebens.
36
Für den Frühling standen drei Gemälde junger Menschen,
dazu gleichzeitig Gemälde über das Erwachen des frühjährlichen
Lebens in der Natur.
Den Sommer deutet uns Armand Jongen durch zwei Por-
träts an : eine in der vollen Reife ihres Lebens stehende Frau
und einen schaffenden Mann (Köhler). In der Natur zeigt Jongen
in seinen Gemälden die reifen Ähren auf den Feldern, das saftige
Grün der Wiesen und Wälder und die wunderbare Farbenpracht |
der Blumen im Sommer. |
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Der Herbst findet Ausdruck in dem Porträt eines vollaus-
gereiften und doch schon etwas ältern Mannes, der voller Zu-
friedenheit über den erfolgreichen Sommer seines Lebens etwas
wehmütig auf die herbstliche Zukunft blickt. Parallel hierzu zeig-
te Jongen eine Reihe Gemälde, die der herbstlich bunten und
schon fast winterlich trüben Landschaft entsprechen.
Das Gemälde ”Der Kartenspieler” läßt das völlige Abster-
ben der Natur‘ in allen Bereichen, aber auch die Wiederbele-
bung für den kommenden Frühling erkennen.
Ein Bild für Farbgebung oder Harmonie, für Darstellung
oder Idee aus dieser Ausstellung hervorzuheben, wäre fehl am
Platze. So wie sie sich zeigte, war sie ein Ganzes.
Die hier eingefügten Reproduktionen vermitteln nur ein
schwaches Bild von Jongens Können.
29
Wie herrlich war’s, in den kühlen Fluten der Göhl ein Fuß-
bad zu nehmen oder mit selbstgebastelten Schiffchen zu spielen.
Der Sommer und Herbst brachte uns Wilderdbeeren, Brombee-
ren und vor allem Haselnüsse an den so zahlreichen Nußhecken
der Wiesen. Am meisten freuten wir uns auf die ”Champignon-
Zeit”. Das war immer in den Sommerferien. Dann brachen wir
morgens in aller Herrgottsfrühe auf. Es war noch fast düster,
wenn wir gegen halb vier Uhr durch die noch taufeuchten Wei-
den zogen. Manchmal krochen milchweiße Nebelschwaden von
der Göhl herauf; dann war’s; selbst im Sommer, recht frisch.
Doch der östliche Himmel kündete uns das baldige Erscheinen
der lieben Sonne an.
Welch’ eine Freude, wenn einer ein ”Nest” der begehrten
kleinen Pilze gefunden hatte ! Wir kannten natürlich jede Wiese
und besonders die Weideflächen, welche am ergiebigsten waren.
Das Geheimnis der besten ”Champignonwiesen” wurde streng
gewahrt, damit ja nur kein anderer Pilzsucher uns zuvorkam.
Gegen acht Uhr fanden wir uns dann wieder zu Hause ein, und
zwar jeder mit einer gehörigen Portion Champignons. Sogleich
wurden die Pilze gesäubert und zurechtgeschnitten, und Mutter
briet sie in der Pfanne mit Zwiebeln und Butter, Ich selbst aß
eigenartigerweise keine gebratenen Champignons. Meine Eltern
und Geschwister behaupteten, sie schmeckten wie Kalbfleisch.
Aber es gibt auch noch andere liebe Erinnerungen an mein
Heimatdorf. Am 16. August feiert der Kirchenkalender Sankt
Rochus. Er wird verehrt als Schutzpatron gegen die Tollwut,
und ich erinnere mich, daß die Hergenrather Kirche eine Fahne
mit dem Bildnis des hl. Rochus sowie eine Statue des Heiligen
besaß. Der Heilige zeigt mit der rechten Hand auf eine Biß-
wunde oberhalb des Knies, und neben ihm sitzt ein Hund, dem
der Geifer aus dem Maule tropft.
Jedes Jahr zog am 16. August eine Prozession von Her-
genrath nach Neu-Moresnet zur Sankt-Rochus-Kapelle, Die Fah-
ne wurde dabei mitgeführt. Wir Schulbuben gingen natürlich
mit, gleich hinter den Meßdienern mit dem Kreuz. Etwa 100 m.
hinter dem Hergenrather Friedhof ging’s dann links ab den
Emmaburger Weg hinab. Aus dem sattgrünen Blätterwerk des
Emmaburger Waldes lugte der spitze Helm der Burg hervor und
warf das grelle Licht der Augustsonne stahlblau zurück. Rechts
und links des Weges breiteten sich saftige Weiden aus und die
40
schwarzbunten Kühe kamen bis zur Hecke. gelaufen, mit hoch-
. erhobenem Schwanz. Sie bewunderten die vielen Menschen, und
vor allem das Gemurmel des Gebetes lockte sie an.
Bald nahm uns die schattige Kühle des Waldes auf. Links
neben dem Wege plätscherte und gurgelte das Wasser der Göhl.
Das Bächlein zwängte sich eng an die steilen Kalksteinfelsen.
Von hoch oben grüßte die Burg herab. Etwas weiter standen
rechts vom Wege die Kalköfen der Firma Luchte, Ach! waren
das noch Zeiten! Man kannte keine Hast. Wie oft haben wir
” damals die beiden Ochsenfuhrwerke dieser Firma mit Stückkalk
beladen zum Hergenrather Bahnhof fahren sehen ! Sie benötig-
ten mindestens eine Stunde für diese Strecke.
Doch nun wieder zu unserer Prozession. Beim Austritt aus
dem Walde sah man rechts die blanke Fläche des Casino-Weihers
durch das mannshohe Schilf am Ufer blinken, und oben von einer |
Kuppe grüßte die protestantische Kirche herab. Bald ging es |
die Aachen-Lütticher Landstraße hinab. Auf dem ”Berg” wurde
damals noch fleißig gearbeitet, und man konnte des öfteren je |
zwei Bergleute mit ihrem Kippwägelchen von einer Seite der |
Straße zur anderen fahren sehen. Im ”Bruch” hielt die Eisenbahn |
der Strecke Moresnet-Kelmis direkt an der Straße. Zur damaligen
Zeit war der Verkehr auf dieser von der Kaiserin Maria-There-
sia erbauten Straße noch recht gering und selbst eine Prozession
war kein: Hindernis.
S Hinter der Göhlbrücke bogen wir dann links ab und in
etwa 200-300 m. Entfernung erblickte man die kleine, weiß-
getünchte Kapelle. Das Glöcklein bimmelte mit Macht und
schickte sein helles Stimmchen über das Göhltal. Die Anwohner |
ließen es sich natürlich nicht nehmen, das Innere des Kapell-
chens für den Tag besonders würdig auszuschmücken. |
Gegen halb 10 Uhr hielt Hw. Pfarrer Pieper ein feierliches
Hochamt. Der Kapellraum war aber viel zu eng, um alle Pilger
aufzunehmen. So standen die meisten Leute im Halbkreis vor
dem Eingang, was ihrer Andacht jedoch keinen Abbruch tat.
Nach der heiligen Messe zogen wir dann wieder, wenn auch et-
was müde, aber doch froh gestimmt, unseren heimatlichen Gefil-
den zu und waren gegen Mittag zu Hause. D |
Gottfried Gronsfeld
Nidrum
4
Kelmeweg
Wenn zum Feierabend die Glocke schlug,
stiegen sie aus der Kuhle,
tagein, tagaus,
jahrelang,
jahrhundertelang !
Ihre Schritte, müde und schwer,
bahnten den Pfad
durch sommerschwangre Wiesen und Felder,
durch weiße, klirrende Winterkälte,
jahrhundertelang !
An ihren Schuhen klebte schwer,
erzgeladen,
braune Galmeierde,
Doch am Waldrand drüben,
von Völkerich bis Novelaer,
war Wärme, Ruhe,
war Liebe und Geborgenheit.
Und achtlos schüttelten sie den kostbaren Staub
von ihren Füßen.
Jahrelang,
jahrhundertelang
bahnten sie, heimwärtseilend,
den Kelmeweg.
Längst schlug die Glocke zum letzten Feierabend.
Verlassen liegen Kuhle und Halden,
Neue Wege laufen durch das Land
über Asphalt und Schienen.
Verklungen sind die Schritte,
vergessen der Kelmeweg.
Nur wer besinnlich, abseits,
auf schmalem Wiesenpfad
über den Hügel geht,
findet hier und da und wieder
hartes, dunkles Riedgras
auf brauner Erde.
Und daraus lugen, hold verschmitzt,
Galmeiveilchen,
als zarte, goldgelbe,
lebende
Vergangenheit. Jeanne PAUQUET - DORR
42
Der Bauerntanz
Hannes hatte die Kühe auf die Weide getrieben und saß hin-
ter der dampfenden Pfanne ”Trevel” beim Frühstück. Mutter
Mecketing hatte ihm diesen ”Raerener Kaiserschmarren” zünftig
zubereitet und schenkte dazu den duftenden Kaffee ein. Die
Frühsonne schoß ihre Strahlenpfeile durch die offenstehende
Obertür und zeichnete tanzende Lichtkringel auf den Blaustein-
belag im ”Huus”.
Plötzlich sprang dem Hannes ein Blitzen in die Augen, das
aus einer Fuge unter der Schwelle zum Stall hervorsprühte, als
spiegele sich dort unter dem schweren Steinquader die Sonne in |
etwas Glänzendem. Nie zuvor hatte man dieses sonderbare Strah-
len wahrgenommen, das so gegen alle Gewohnheit nicht vom
Glanz des Himmels ausging, sondern aus geheimnisvoller Tiefe
die Menschen anrührte. Hannes, der Junggeselle, ging gewohn-
heitsgemäß allen Dingen, die sich den Sinnen nur in Andeutun-
gen verrieten, mit zielstrebiger Zähigkeit auf den Grund. Er
holte das Brecheisen, schob das abgeflachte Ende in die Fuge
unter der Schwelle, legte vorsorglich noch einen Holzblock unter
und hob den Stein an. Es war ein schweres Beginnen, der Stein
bot Widerstand, doch das Verborgene hatte durch sein Glänzen
angekündigt, daß es danach verlangte, ans Licht gehoben zu
werden. Unter der Schwelle tat sich ein Hohlraum auf, und in
seiner dämmerigen Kühle lag ein funkelnder Krug von makel-
loser Vollendung ; sein herrliches Goldbraun überspiegelte blan-
ke, fleckenlose Glasur. Er hatte in seinem Versteck an die vier-
hundert Jahre geruht, verborgen von Meister Mennicken, der
hier in der Holley getöpfert hatte. Es war ein selten vollkom-
menes Meisterstück, das der alte Meister eifersüchtig gehütet
hatte und das er um keinen Preis hatte hergeben wollen. Jene
Zeiten waren unruhig ; Glaubenskriege verwüsteten die Nieder-
lande. Schon hatte Alexander Farnese von Parma die Festen Lim-
burg und Valkenburg erobert, und seine spanischen Söldner
ergossen sich wie ein unheilbringender Strom, raubend und sen-
gend über unsere Heimat. Meister Mennicken bangte um seinen
Schatz, und einer Eingebung folgend, verbarg er ihn unter der
schweren Steinschwelle. Er sollte ihn nie mehr heben. Eines
Abends donnerten schwere Kolbenstöße gegen die Haustür ;
Jeder Mensch auf der Erde
Achtet und liebt das Land,
Wo am heimischen Herde
Einst seine Wiege stand.
So auch meine Gedanken,
Lieblich und voller Sinn,
Um mein Göhltal sich ranken,
Wo ich geboren bin.
"REFRAIN
Sei mir gegrüßt,
Heimatlicher Gau,
Wo der Göhlbach fließt
Durch die grüne Au!
Innig sei gegrüßt
Meine kleine Welt,
Die mich ganz umschließt
Und mich trägt und hält.
Freundlich nickt mir die Landschaft
Hier in der sonn’gen Ruh
Und vertrauten Bekanntschaft
Grüße der Väter zu.
Häuschen, Wege und Bäume,
Gärten im grünen Kleid
Hängen noch voller Träume
Aus meiner Kinderzeit.
Ehren will ich und wahren,
O liebes Heimatland,
Was die Väter vor Jahren
Säten mit edier Hand.
Liebevoll will ich hüten,
Als meine schönste Pflicht,
Auf den Gräbern die Blüten,
Daß sie kein Fremder bricht.
|
46 |
Ein Sippentag in Kelmis / Neu-Moresnet |
Das Jahrbuch 1968 Eupen, Malmedy, St. Vith berichtet
über einen Sippentag, den die Familie Stoffels 1967 in
Rocherath abgehalten hat. Der Bericht schließt mit der
Vermutung, daß dies wohl der erste derartige Familien-
tag in Ostbelgien gewesen sei. Diese Annahme erweist
sich jedoch - wie aus dem folgenden Aufsatz hervorgeht -
als irrig. Jedenfalls fand in unserer Göhltalecke bereits
vor 17 Jahren eine ähnliche Zusammenkunft statt.
In der dritten Nummer dieser Zeitschrift beschrieb Pfarrer
Olbertz aus Kelmis ziemlich ausführlich die Rochuskapelle im
Göhltal. Er erörterte unter anderem die Betreuer dieser Kapelle
im Wiesengrund, nämlich die Familien Bindels, Linzen und
Heuschen. Die letztgenannte Familie hatte dieses Amt nach dem
i. J. 1920 erfolgten Tode, von Peter Königs übernommen, der
vorher die schlichte Kapelle in seiner Obhut hatte. Er war der
Nachfolger des Herrn Roberts, der dieses Amt bereits im vori-
gen Jahrhundert innegehabt hatte.
Peter Joseph Königs, der am 2. August 1845 das Licht der
Welt erblickte und sich 1874 mit Johanna Radermacher vermähl-
te, wohnte in einem der heute noch bestehenden Häuser, die
der Kapelle am nächsten liegen. Dieser Familie entsprossen ein
Sohn und vier Töchter. Die dritte dieser Töchter wurde Frau |
Hermann Kofferschläger, die Mutter des 1960 verstor- |
benen Bürgermeisters von Kelmis, der im ganzen deutschspra- |
chigen Gebiet Belgiens bekannt war.
Nun, es war Peter Kofferschläger, der 1952 die Anregung
von Vettern aus Essen an der Ruhr aufgriff, alle Nachkommen
des Ehepaars Königs-Radermacher an die Wiege ihrer
Familie zusammenzubringen. Mit Begeisterung ging er ans Werk,
um diese Idee zu verwirklichen und diesen Familientag zu einem
Erfolg werden zu lassen. Für diese Tagung war das Pfingstfest
1952 gewählt worden. Und so trafen am 31. Mai die Verwandten
aus Aachen, Essen, Brüssel und Ensival in Kelmis ein, wo zu
der Zeit noch die zahlreichsten Nachkommen wohnten, Daher
konnten alle Auswärtigen herzliche Aufnahme im Familienkreise
finden. Der Samstagabend wurde mithin bei einem Onkel, bei
einer Tante, bei einem Vetter oder einer Cousine verbracht, wo
Erinnerungen bis in die späte Nacht ausgetauscht wurden.
Der eigentliche Sippentag begann mit einem Meßopfer in
47
der Rochuskapelle für die Lebenden und Verstorbenen der Fa-
milie Königs- Radermacher, Diese Messe ist von einem Franzis-
kanerpater vom Eichschen zelebriert worden, da die Pfarrgeist-
lichkeit wegen des vierzigstündigen Gebetes am Pfingstfest nicht
frei war. Da wir zu ungefähr 60 Familienmitgliedern versammelt
waren, konnte das ehrwürdige Bethaus uns nicht alle aufnehmen.
Doch für die Draußenstehenden war das kein großes Opfer,
denn es herrschte ein prächtiges Frühlingswetter, sodaß es sehr
angenehm war, im Schatten der altehrwürdigen Linde der Litur-
gie zu folgen. Von den fünf Kindern der Eheleute Königs-Rader-
macher waren noch vier Überlebende anwesend, die natürlich die
Ehrenplätze einnahmen. Für sie war diese Meßfeier zweifels-
ohne das Erhabenste und Ergreifendste, war ihre Kindheit doch
so eng mit dieser Kapelle verbunden. Wie oft hatten sie hier
den Engel des Herrn geläutet und den Rosenkranz vorgebetet !
Nach diesem Danksagungsamt näherten sich alle Teilnehmer
dem alten Vaterhause, von welchem sich ein solch lebendiger
Lebensstrom ergossen hat.‘ Danach verteilten sich wieder alle
bei den Kelmiser Verwandten zum Mittagessen.
Für die Nachmittagsstunden war ein Spaziergang durch den
Emmaburgerwald - der fast an das Ahnenhaus grenzt - vorge-
sehen. Das herrliche Sonnenwetter dieses 1. Juni lockte fast alle,
mitzumachen, und so setzte sich dann sozusagen eine Prozession
in Bewegung, die singend und scherzend die Waldpfade entlang
ZOg.
Endpunkt der Wanderung war die Patronage St-Louis, wo
ein demokratisches Abendbrot die Kräfte wiederherstellte, um
für den Endspurt des Tages fit zu sein. Denn nun folgte ein
Unterhaltungsabend, der ausschließlich von den Teilnehmern
bestritten wurde. Gesang und Humor wechselten sich ab, alte
Volksweisen und Gedichte gestalteten diesen Abend zu einem
wirklich volkstümlichen Heimatfest. Zwischendurch wurde den
Anregern und den Veranstaltern in spritzigen Tischreden Lob
und Dank gespendet. Auch ehrte man insbesondere den einzigen
Namensträger der Familie Königs, einen Jungen von 8 Jahren.
Und als die Stunde der Trennung schlug, wünschten und
hofften alle, daß ein zweiter Sippentag der Familie Königs statt-
finden werde. Aber bei diesen Wünschen und Hoffnungen ist es
bis heute geblieben ...
P, Claes
48
Der Hejkopp
Kelmes ess janz ömrahmt va Böjsch en Wej;
Östlech steht ene Berg, bewaße met jrön Hej.
Dä Berg ess mär ne jruete Hövel matte Sand, |
En wie wätte in oss Jägend alljemein benannt ? |
Der Hejkopp. |
Wellt me sech oss Dörp ens janz jenau betrachte
En sech alles rond eröm stel en jot beobachte
Vör e Panorama te siehe, of wonderbar Utbleke ;
Wue mot en kann me da enge jetruest hen scheke ?
No ne Hejkopp.
Vröjer wore oss Strote net wie hüj, schön asphaltiet,
Vör se op alle Manere ut te bäetere, wot wal probiet.
Vürklaue, Kar a Kar, wote open Weg jevahre en jelat.
Wue die her koemte, hant de Lüj doröver at ens nojedat ?
Va ne Hejkopp.
In et Johr 1910, hau der damaleje Jemingderot jät reskiet ;
De Wasserleitong wot i Kelmes en Nöj-Moresent installiet.
Et Water mosste se överal leje, dovör brugde se Pressiun.
Wue bowde se vör dat jewalteg Ondernähme de Pompstatiun ? |
Opene Hejkopp.
Mänje Schubkärekere roldene lanz jen Patrenasch of Kahn; |
Esö hol dat sech Stonde, Dag lang ömmer döchteg dran.
Trökk koeme die Kärekere, vol met joht jäle Sand belane.
Schuer ess et net te rone, wue dä her koem; könt der et ahne ?
Va ne Hejkopp-
Janz vröjer, wie se Vögel vonge, met Liem en Struk,
Wor mänje Vänger met de Platsch vör te vange em Druk ;
Jowe Rot wor dür, wue jet me now de Liemjutsche hange ?
Vont me jenge Utwäg, wue wot da montiet vör te vange ?
Opene Hejkopp.
Tannejröns, Stachele, Hej en Blar va rue Böke
Mosste de Kenger vör de Allerheleje jue söke.
De Lüj makde dovan Kränz en Bukette, schön en bont.
Wet der och, wue me esö jätt hij alles font?
Opene Hejkopp.
Wenn de Kenger nörjens krieje der papiere Vogel ijen Luet,
Da wätt no e Plätschke, wue Wenk ess, ömmer mär jesuet.
Ohne Överläje, met der janze Ratteplang i volle Jalop,
Wue hij jet da de Res met Volljas der Kluet erop ?
No ne Hejkopp.
|
49
Jong me no ne Böjsch öm Strössel, Ries, Van of Hot,
Da knorrde me net, em Jäjedel, me volt sech stot ;
Koem me da spieder met de Säk vol bess a ne Rand,
Wue koem me da eraf, wue wor et vör de Jugend enteressant ?
Över ne Hejkopp.
Opene Kerkhof stönt Denkmäler, va jäle jelökerde Steen ;
Esö jätt honge sech de Lüj vröjer selver völ bijen.
Die sönt noch net kapot, die haue noch ene lange Tiet,
Koeme die ut dess Jäjend, of ut de Vremde, va hiel wiet ?
Va ne Hejkopp.
I Kelmes wor et zur Zeit en och noch hüj völ an et brenne;
All Moments soch me de Feuerwehr met Pomp en Spritze renne,
Janz Kelmes ess ut et Hüske, opjeregt, uter Rant en Bant.
Enge vrot an der Andere, de Sireen hat jejange, wue ess dä Brand?
Ö Opene Hejkopp.
Liehre de Kenger jot ijen Schul en sönt schön brav,
Schliet der Lehrer ett Nomedags de Schuldör av.
Se jönt spazere, sönt lösteg; e Lied wätt jesonge. 4
Alles hat Spass an de Vröjd, wet der wue hij se jonge ?
No ne Hejkopp.
Kenger die va Schul en Liehre abselüts neks_ könne hüre,
Luter sage, wenn vör do at mär ekkesch drut würe,
Se lope derlanz, jönt einfach op et Janze. U
Wue mingt der, dat die. sech met Schulteisch verschanze ?
Opene Hejkopp.
Och jet et Minsche, die met Räht at ens trureg sönt,
Nörjens hant se Row, se wete net no wäm se jönt,
Se völe sech överal verlote, neks kann se enteressere,
Vör no te denke en röjer te sije, wue jönt se hen spazere ?
No ne Hejkopp.
Ijen Wofskull schot der Schötzebond, met dek Jewehr, et krakde.
Se kregte et verbohe, et wor jedue; jenge dä jätt dra makde,
Flot fonte Se en Lösung, dat wor der Nagel opene Kop.
En wue sote de Schötze du hön.Lejere en Stange op?
Opene Hejkopp.
E Kengerspel wor en ess bess hützedags Räuber en Schampet.
Besondesch de Jonge sönt janz drop versäete, wie der wet.
Als e jesond Spel ess et bekannt, me mot et ihrlech lobe.
En wue venge se de fingste Platsch sech ordentlich ut te tobe ?
# R Opene Hejkopp.
Liebespärschere soch me vröjer a ne Kasino en an Jöhl;
Dörch de Autos, sieht me dat in dese Tiet net mie vöhl ;
Me sieht der noch at ens te vot, ätt kann passere.
Mär, wue sieht me ner allewills hiel weneg spazere ?
Över ne Hejkopp.
50
Der Kreg wor jedue. Alles sat ” Jott sei dank”, -
Oss Läve nom werem singe normale Jank.
Et Herrjöttsche wor i schwur Dag en jruete Stütz ;
Wue sote se Höm ter Ihr en Dank e ordentlech Krüz ?
Opene Hejkopp.
Utjangs Oktober ess Christ-Köneg-Fest in alle Welt ; |
Alle Krüzer sönt da jeziet i Strot, Jaz en Veld.
Dörch Kelmes trekt en Bronk, dat sönt vör jewänt.
A wat vör e Krüz wätt da jeprädegt en jebänt ?
Opene Hejkopp.
Wie der Kaffeschmukkel onderens jong op Hochture
En de Zöllner wore no de Schmükkler an et lure,
Du blöjde överal et Jeschäft, jenge huet me klage.
Wue wote du et Nats de Böhnschere eröver jedrage ?
Över ne Hejkopp.
Wie se de Autobahn Kölle-Antwerpe jonge bowe,
Hosch et allgemein mär, flot en neks wie towe
De Autobahn mot fädeg, hescht de Parole, die telt.
Wat hant se oss lejder Jotts dodörch i twei jedelt ?
Der Hejkopp.
E Türeke haue det me jär vör vresche Luet te schnappe.
Jeht me no en Witschaft mot me ömmer drenke en berappe.
Met Vorliebe jeht me in et Jrüne, do ess me onjestuet ;
En wat vör e Spazerjängske wätt da ohne Överläje ut jesuet ?
No ne Hejkopp.
Wenn der Hejkopp jekrösch wür, sate vröjer de au Lüj,
Wor e at lang op jäete en tatsächlech esö ess et hüj.
Kömte die noch ens trökk, da wöte se staune en sage :
Wat hant se in oss schön Kelmes da now vut jedrage ?
Der Hejkopp.
Kenk en Kejel kennt bij oss der klengste Eck;
Alle Strote hij op te telle, hat jenge Zweck ; |
Wenn der werklech et Dörp dörch en dörch kennt, |
Wet der da och wä me offiziell der Hollersberg nennt ? |
n Der Hejkopp. |
Jöt der ut Kelmes, of blievt der hij, ür Läve lang;
Vielleicht könt der Dag, da wätt der ernstlech krank,
Der stärvt, söt erluest, vör ömmer va Utsch en Wiehe.
Wue drage se öch da hen? Wue komt der kött bij te lieje ?
Kött a ne Hejkopp.
FRANZ UEBAGS
51
Auf den Tod einer Kohlmeise
An einem Wintermorgen sitze ich an meinem Schreibtisch
und arbeite. Plötzlich klatscht etwas gegen die Fensterscheibe
des Schlafzimmers nebenan. Ich weiß sofort : ein Vogel. Gleich
nachsehen. Das Tierchen könnte betäubt sein und Hilfe brauchen :
Wärme und Nahrung. Es ist schlimmer, als ich dachte. Im Gras
liegt reglos, Köpfchen und Schnabel nach unten, eine der beiden
Kohlmeisen, die sich im Winter, besonders wenn Schnee liegt,
in der Nähe unseres Hauses aufhalten. Die beiden sind meine
Lieblinge unter den gefiederten Wintergästen, Meine Frau bevor-
zugt ein recht zutrauliches und dickbäuchiges Rotkehlchen, das
ihr zuhört, wenn sie mit ihm spricht. Diese Woche ist es sogar
an zwei aufeinanderfolgenden Tagen bei offengelassenem Fenster
ins Schlafzimmer gekommen, wo es dann vor der scharfen Kälte
geborgen ruhig vor sich hindöste, Bei zufälligem Betreten des
Zimmers sahen wir es jedesmal auf- und davonfliegen, wobei es
vor Schreck einen Stempel auf der Kommode hinterließ. Das
zweitemal verfing es sich zwischen dem offenen Fensterflügel
und dem Fenstervorhang ; bis ich ihm hinausgeholfen hatte, ließ
es eine zweite Visitenkarte auf das Fenstersims fallen. Doch auch
das verzieh ihm meine Frau. Während ich nun beinezitternd mein
armes Meischen für tot daliegen sehe, denke ich an das alles
und bedaure, daß das Fenster nicht auch heute aufgestanden hat,
bin aber meiner Frau wegen doch froh, daß es nicht das Rot-
kehlchen ist, das daliegt.
Es fehlt mir der Mut, hinauszugehen und dem Tierchen
näherzutreten, genau wie wenn ich einen Vogel mit dem Wagen
anfahre. Aber kaum sitze ich wieder an meinem Schreibtisch,
so fällt mir bei, das Tierchen könnte doch nur betäubt sein. Ich
nehme eine Zeitung, eile hinaus, nehme es zärtlich auf : es öffnet
die Augen und zuckt. Auf der Zeitung bringe ich es in die ge-
heizte Garage ; dort darf es ruhig herumfliegen, wenn es zu sich
kommt. Auch bröckle ich etwas Brot auf die Zeitung, und um
ihm desto schneller zum Bewußtsein zurückzuhelfen, tröpfle ich
ihm etwas laues Wasser auf den Schnabel. Ich begebe mich wie-
der an die Arbeit, aber sie will nicht recht vonstatten. Ist das
Herz beschwert, wenn auch nur um ein vernunftloses Wesen,
was mir übrigens nicht bewußt wird, so ist auch unser Kopf
gehemmt. Ich muß wieder hin, nachzusehen. Aber von Mal zu
Mal schwindet die Hoffnung. Meine Gedanken werden immer
52
mehr zu Erinnerungen an einen toten Freund. Die fünffarbige |
Pracht des Vögelchens schwebt mir vor, wie es mit olivgrünem |
Rücken, hellblau und weißen Flügeln, schwarzblauem Kopf, wei- |
ßen Wangen und schwarzer Krawatte auf leuchtend gelber Brust
sich meist erst auf die Wäscheleine niederließ, dort Köpfchen und
Augen spähend hin- und herbewegte und sich dann pfeilgerade
auf einen Brotkrümel stürzte. Auf den setzte es fest den einen
Fuß, meist den linken, während der Kopf auf- und niederging
und der Schnabel tüchtig einhieb und doch nur winzige Krüm-
chen aus dem Brocken herauslöste. Dies konnte ein paar Minuten
dauern, während deren der kleine Sänger sich leicht beobachten
ließ. Aber plötzlich, gleichsam ohne Grund, war er weg, viel-
leicht in der unerfüllbaren Hoffnung, trotz des Frostes doch
noch eine Nahrung zu finden, die ihm, dem unschätzbaren In-
sektenvertilger, besser munden würde. Reizend war an ihm auch
der fast tolle Mut, mit dem er gut fünfmal so schweren Amseln
entgegentrat, um ihnen einen Happen wegzustibitzen, den er
dann, um vor Gegenangriffen sicher zu sein, lieber in einem
dicht beästeten Nadelbäumchen verzehrte. Sind Meisen auch
nicht so anschmiegsam wie das Rotkehlchen und drückt der leb-
haftere Blick auch nicht dieselbe naive Unschuld aus, ... mein
Gott! nun verfall ich schon in einen romantischen Anthropo-
morphismus, wo ich doch nur die Tatsachen sprechen lassen
wollte. Der Mensch schreibt dem Tier und der leblosen Welt so
leicht seine eigenen Gefühle und Gedanken zu. Auch der heutige
Mensch noch. Wir sind kaum anders als die Dichter des 19. |
Jahrhunderts, die den Tod des verunglückten Tierchens vielleicht |
in ein schicksaldeutendes Gleichnis umgedichtet hätten. Aber
uns erlaubt das die jetzige harte und hastige Wirklichkeit nicht
mehr. Diese will rein ausgedrückt sein, ohne Zutat des Gemüts.
Vielleicht würden gewisse Dichter von heute kaum mehr sagen
als etwa dies : Hast gezwitschert und geflogen,
Hast getrippelt und gepickt,
Hast gefürchtet und geliebt,
Hast dich nun zu Tod geflogen.
J.A.
N.B. In der nächsten oder übernächsten Nummer wird der Verfasser der
voraufgehenden Zeilen. voraussichtlich eine Zusammenstellung der Gem-
menicher, hochdeutschen und französischen Namen einheimischer Sing-
vögel vorlegen. .
= — oa
6}
Erinnerungen während eines Waldspazierganges
Der Holzvogel
Es war an einem herbstlich schönen Wochenendnachmittag,
als ich den als Wahrzeichen meines Heimatortes Kelmis bekann-
ten ”Heidkopp” bestiegen und überquert hatte, was durch die
tiefe Bresche, welche man zur Sandgewinnung, insbesondere zum
Bau der Autobahn in demselben gebaggert hat, schon schwierig
ist und einige Ansprüche an die Beinmuskulatur stellt. Als ich
den Sommer- und Ferienspielplatz meiner Kindheit und Jugend-
jahre hinter mir gelassen und den mit Kiefern und Fichten ge-
säumten Pfad, welcher zum sogenannten Montzener Wald führt,
hinabwanderte, gelangte ich an die Brücke, welche den Übergang
über die dort laufende Eisenbahnlinie Montzen - Aachen bildet.
Beim Anblick dieser Brücke kommt mir immer wieder, sowie
auch jetzt bei diesem Spaziergang, in Erinnerung, wie diese
Eisenbahnlinie, als ich noch ein kleiner Junge war, nämlich
während des Krieges 1914-18 von den Deutschen gebaut wurde,
u. a. auch der große Viadukt in Moresnet. Was aber beim An-
blick dieser Eisenbahnlinie besonders vor meinen geistigen Augen
erstand, war jene große Menge russischer Kriegsgefangener, wel-
che beim Bau dieser Eisenbahnlinie beschäftigt waren. Und gera-
de der Gedanke an die gefangenen Russen weckte in mir eine
Kindheitserinnerung.
Die Russen nämlich, welche in den letzten Hungerjahren
dieses Krieges wahrscheinlich wenig Nahrung erhielten, schnitz-
ten in ihrer Freizeit Vögel aus Holz, welche dieselben, wenn sie
in langen Kolonnen, bewacht von deutschen Soldaten, von und
zur Arbeit geführt wurden, den Leuten, insbesondere uns Kin-
dern, für ein Stück Brot anboten. Es war mir, ich war damals
sieben Jahre alt, noch nicht möglich, den künstlerischen Wert
dieser Holzvögel zu ermessen, für mich war es damals der Inbe-
griff alles Schönen, ich sehe dieselben noch vor mir mit den wie
ein Sägeblatt gezackten Flügeln und Schwanz, mit den Kuller-
augen, welche wahrscheinlich aus den damals viel als Kinder-
schmuck getragenen Glasperlen hergestellt waren. Da zur dama-
ligen Zeit auch bei uns Schmalhans Küchenmeister war, hatte
meine Mutter wenig Verständnis für meine Wünsche. Es ging
ja darum, eine Schnitte Brot zu ergattern, womit ich den Vogel
erstehen wollte. Zu Hause sah ich also wenig Möglichkeiten,
54
denn die Brotschnitten bei den Mahlzeiten waren für jedes Fa-
milienmitglied genau eingeteilt und mußten unter Aufsicht der
Mutter und des Großvaters, der Vater war eingezogen, verzehrt
werden. Ansonsten war dieses damals so kostbare Nahrungsmittel
unter Verschluß, was wohl darauf zurückzuführen war, daß
die Mutter meine Absichten durchschaut hatte. Und ich hätte
doch zu gerne einen solchen Holzvogel eingehandelt. Da kam mir
einmal eine Idee, wie ich doch zu meinem Vogel kommen könn-
te.
Mein Spielkamerad, Zweitjüngster einer zwölfköpfigen Fa-
milie, dessen Mutter Witwe und dessen ältere Geschwister schon
berufstätig waren, ließ mich die Lösung dieses Problems erhof-
fen. Ich war nämlich finanziell in einer besseren Lage als mein
Jugendfreund. Weil wir eine kleinere Familie waren und ich von
meinem noch berufstätigen Großvater jede Woche einen Gro-
schen Sonntagsgeld erhielt, war ich meinem Freund, bei dem nur
die Ältern das Einkommen der Witwe sicherten, was Kapitalbe-
sitz anbelangte, voraus, eine Tatsache, welche ich gedachte, für
meine Pläne zu nutzen. Es war mir nämlich bekannt, daß die
Nahrungsmittelverteilung in der Familie meines Freundes so wie
bei uns zu Hause vor sich ging. Ich sehe es noch heute vor mir,
wenn diese große Familie um den großen weißgescheuerten
Tisch saß, wie die fertiggeschmierten Butterbrote aufgetragen
wurden und jeder seinen Part zugeteilt bekam. Daß die Rationen
gerade reichten, um den ärgsten Hunger zu stillen, war damals
die größte Kriegsplage. Nun wußte ich von meinem Freund, daß
die älteren Geschwister, durch ihr Alter und ihre berufliche |
Tätigkeit noch mehr vom Hunger geplagt, den Jüngeren einen
Groschen für ein Butterbrot anboten. Mein Freund, um auch
finanziell etwas besser zu stehen, litt dann eben etwas mehr Hun-
ger und verkaufte einen Teil seiner ohnehin kargen Ration. In
diesem Umstand sah ich dann’eine Chance, um in den Besitz
dieses so heißersehnten Holzvogels zu gelangen. So bot ich mei-
nem Freund zwei Groschen für ein Butterbrot, somit hundert-
prozentigen Zuschlag. Mein Freund aber, welcher meine Ver-
sessenheit auf einen geschnitzten Vogel kannte, witterte ein Ge-
schäft und verlangte das Doppelte, - vier Groschen. Nach län-
gerem Feilschen und Verhandeln einigten wir uns dann auf drei
Groschen, und einige Tage danach gelang es meinem Freund,
55
ein Butterbrot unter seiner Bluse versteckt aus dem Haus zu
schmuggeln, welches mein Begehren erfüllen sollte.
Allerdings gab es noch ein Hindernis zu überwinden, galt
es doch, das Brot an einen Russen und den Vogel in meinen
Besitz zu bringen. Denn es gab unter den die Gefangenen bewa-
chenden deutschen Soldaten solche, welche eine Annäherung
von Zivilisten und Gefangenen strikt ablehnten, aber auch wie-
derum welche, die schon mal ein Auge zudrückten. Glücklicher-
weise hatten wir die Mentalität verschiedener Wachtposten schon
ausgekundschaftet, und als am anderen Tage abends die Arbeits-
kolonnen an uns vorüberzogen, erkannten wir unter der Begleit-
mannschaft einen Posten, welcher gelegentlich den Wegrand
studierte. Diese für mein Vorhaben günstige Situation erkennend,
zog ich das Butterbrot, welches ich aus guten Gründen unter der
Bluse versteckt hatte, hervor und zeigte es den sich vorbeischlep-
penden russischen Gefangenen. Noch heute sehe ich die hung-
rigen und begehrlichen Blicke dieser armen Teufel vor mir, bis
dann einer derseiben einen Holzvogel unter seinem langen Man-
tel hervorzog. Der Tausch vollzog sich blitzschnell, und dennoch
steht noch heute vor meinen geistigen Augen dieses ausgezehrte,
von einem langen schwarzen Bart umrahmte Gesicht mit tief
in den Höhlen liegenden Augen. Der Gefangene riß mir das
Brot aus den Händen, und schnell schob er mir den aus Holz
geschnitzten Vogel zu.
Stolz trug ich meinen Schatz nach Hause. Aber richtig froh
konnte ich meiner Eroberung nicht werden, denn, wenn ich den
Vogel ansah, bedrückte mich immer ein wenig dieses von Ent-
behrung und Leiden gezeichnete Gesicht des Gefangenen, welches
mir nicht aus dem Sinn wollte,
Indessen ich so meinen Kindheitserinnerungen nachhing
und, sinnend über das Geländer der sogenannten ”Ruhrbrücke”
gelehnt, unbewußt dem Schienenfluß unter mir mit den Augen
folgte, war es für mich eine kleine innere Genugtuung, daß ich
schon als kleiner Bub in diesem gefangenen Russen den Men-
schen erkannt hatte,
Jos. Bonny
Kelmis
56
Der Wecker DD
Der Wecker es dat Düvelsvie,
Däm drett me op et ovends spie,
Sett em bej sich ajje Bett,
Ihe me sich ejjen Decke drett,
En an der Mörje, Donderquispel,
Dow mings, dow stöks dech en en Distel,
Esue verschreckt dech da dat Örgel,
Dow schnaps em dech da met de Jörgel,
Dees em underje Kösse stüre,
Vör em mär net mie te hüre,
Ov net dow wäds janz överschnapt,
En werps em ajjene Mur e Pratt.
Da mingste och noch, dow hötts räet,
Dow bes dinge ege Folterknäet,
Denn wenstem net wells hüere kriene,
Bruckstem jo net optedriene.
Dobej hat et da noch Minsche,
Di sow me sage an’t verkinsche,
Trotzdem se wete, dat dat Denk
Hön an der Mörje Ärger bringt,
Stelle da di Väjevüre,
Vörem bäeter noch te hüere,
Es dat da net e Wonder,
Och noch ene Tälder dronder.
Wenn enge one Söng te due,
Et kann behoopte, häe wür vrue,
Vörem hüre avteloope,
Dä kann vör mich sie Bett verkoope,
Dä hat se net mie op en Rej,
Nu wät et wal Tiet, dat ech schwij,
Ech han nämlich vasjestoot,
Schellt och dröver Jong en Oot,
Jedder Minsch, ov Vrow ov Man,
Jedderenge welt ene Wecker han.
En ech vrog öch räet erut,
Wu köem vör ohne Wecker ut,
Wenn vör rechteg ihrlech sönd,
E röpt os wie ene jowe ‚Vrönd,
Mit et Bimmele van sing Klocke,
Lockte os einfach uten Flocke,
Op Stond, Minüt jenau exakt,
Wu vör em et ovends drop jesatt,
Dröm how em net kapott, der Zacker,
Denn ohne Wecker wädste net wacker !
BINDELS Joseph
Moresnet/Kelmis
1. In der vorigen Nummer waren in diesem Gedicht mehrere Zeilen verdruckt,
Deshalb bringen wir es aufs neue,
37
NACHRUF
Am 10. April 1969 ist in Moresnet-Kapelle im Alter von
77 Jahren
UNSER VORSTANDSMITGLIED
Herr Franz Hubert Darcis
Pfarrer im Ruhestand
an den Folgen eines Schlaganfalles verstorben.
Voll Trauer gedenkt die Vereinigung für Kultur, Heimat-
kunde und Geschichte im Göhltal dieses eifrigen Priesters, der
zu den Gründern und tätigsten Mitarbeitern der Vereinigung ge-
hörte. Zeitlebens hat er sich nicht nur um das Seelenheil seiner
Mitmenschen bemüht, sondern auch an der Lösung vieler sozialer
Probleme und an der Hebung des kulturellen Lebens in der
hiesigen Gegend tatkräftig mitgearbeitet. In dem Beitrag ”Zum
goldenen Priesterjubiläum des Hochw. H. Darcis”, von J. Bonny,
Kelmis, ”Im Göhltal” Nr 3, wurde sein unermüdliches Wirken
eingehend gewürdigt.
Unsere Gegend war ihm zur zweiten Heimat geworden,
deren Menschen er schätzte und liebte und mit Rat und Tat zur
Seite stand. Selbst nachdem er im Jahre 1940 infolge unseliger
Kriegsereignisse unsere Gegend verlassen hatte, half er vielen
Menschen unserer Heimat, die sich seinem Beispiel folgend in
das Landesinnere begeben hatten, und gewährte manchem
Schutz und Hilfe,
Mit allen Fasern seines Herzens hing
nn | Pfarrer Darcis an unserem Gnadenort
RE Eichschen, wo er seit dem Jahre 1957,
ES | x. als er in den Ruhestand trat, seinen
a 8 Wohnsitz nahm. Die Geschichte von Mo-
V Fu A resnet-Kapelle - sie wird in unserer näch-
VE sten Nummer erscheinen - war seine
x ä 3 letzte schriftstellerische Tätigkeit, hier auf
LA dem kleinen Friedhof im Herzen der
1 = ) A Kreuzweganlagen hat er nun seine letzte
X wohlverdiente Ruhestätte gefunden,
Pfarrer Darcis wird in unserer Ge-
gend unvergessen bleiben! In steter
Dankbarkeit werden wir das Andenken dieses edelmütigen und
stets hilfsbereiten Priesters und Mitarbeiters bewahren.
Der Vorstand
58
PROMOTION
Am 2. Mai verteidigte unser Vereinigungsmitglied und tä- |
tiger Mitarbeiter Herr Rene Jongen an der Löwener Uni- |
versität, wo er seit mehreren Jahren einen Assistentenposten |
innehat, mit großem Erfolg seine Inauguraldissertation ”Phono-
logie der Moresneter Mundart. Eine Beschreibung der segmen- |
talen und prosodischen Zeichenformdiakrise”. Der Prüfungsaus-
schuß, dem als auswärtiger Examinator Prof. G. Heike von der
Universität Köln angehörte, hat Herrn Jongen den Doktortitel
mit größter Auszeichnung zuerkannt. Wir gratulieren ihm herz-
lich zu seiner Promotion, der eine fruchtbare Laufbahn folgen
möge, die seinen Drang nach Forschen und Erkennen voll be-
friedigt.
Wir zweifeln nicht daran, daß der junge Doktor uns eines
Tages in dieser Zeitschrift die Haupterkenntnisse darlegen wird,
die seine Doktorarbeit an den Tag gefördert hat. Hier sei nur
soviel gesagt, daß er als Kind unserer Heimat seiner Moresneter
Muttersprache Geheimnisse abgelauscht hat, die mit unserem Füh-
len, Hören und Sprechen so innig verwachsen sind, daß wir ihr
Vorhandensein nicht einmal gewahren. Wenn wir in unserer
Mundart etwa die Entsprechungen für hochdeutsch T a g und T a-
ge sprechen, so muß uns der Sprachforscher erst auf den Unter-
schied zwischen beiden Dialektformen aufmerksam machen, oder
vielmehr darauf, daß sich beide Formen so nahe berühren.
Fragt er uns dann, worin der Unterschied bestehe, so geben wir
eine Antwort, die uns selbst nicht befriedigt, denn der Unter-
schied ist phonetisch schwer definierbar. In einem Fall wie etwa
diesem hat der Sprachforscher also zu untersuchen, wie es mög-
lich ist, daß die Mundartsprecher sich mit so feinen phonetischen
Unterschieden - die ein Fremder kaum heraushören würde - ver-
ständigen können, und wie das phonetisch nicht geübte Ohr der
Sprecher selbst diese Unterschiede registriert. Daß Herr Jongen
sich dieser delikaten und langwierigen Forschungsaufgabe glän-
zend entledigt hat, beweist das Promotionsprädikat, zu dem wir
nochmals gratulieren,
Der Vorstand
59
Auf dem Büchermarkt
Die Kenntnis der Mundart schwindet mehr und mehr. Dies
ist eine statistisch feststellbare Tatsache. Umso höher muß man
das Verdienst derjenigen bewerten, die sich die mühevolle Auf-
gabe gestellt haben, den plattdeutschen Wortschatz ihrer Heimat
für die Nachwelt festzuhalten und zu bewahren. Festhalten und
bewahren : das will der ü
”Aachener Sprachschatz
Wörterbuch der Aachener Mundart”
dessen Erscheinen jetzt verbindlich vom Verlag J. A. Mayer
(Aachen) angekündigt wird. Das Werk wird etwa 1000 Seiten
umfassen, in Ganzleinen gebunden sein, Lexikonformat haben
und im Herbst 1969 vorliegen. Der Subskriptionspreis (bis 31. 3.
69) lag bei DM 40.- Der endgültige Ladenpreis steht noch nicht
fest.
Das von der Mayer’schen Buchhandlung herausgegebene
Werbeblatt bringt eine Probeseite des neuen Wörterbuches, die
selbst den Skeptischsten überzeugen muß.
Das Wörterbuch der Aachener Mundart von Professor Dr
Will Hermanns wurde für den Druck überarbeitet und i. A. des
Vereins ”Öcher Platt” herausgegeben von Oberstudienrat R.
Lantin. Es wird gewiß auch im Göhltal auf reges Interesse sto-
Ben.
Eine weitere Neuerscheinung wird uns von jenseits des
Venns angekündigt. Dort hat es unsere Schwestervereinigung
”Zwischen Venn und Schneifel” unternommen, eine Chronik der
Ardennenoffensive zu verfassen. Das unter dem Titel
”Kriegsschicksale 1944-45 - Beiträge zur Chronik der Ar-
dennenoffensive zwischen Venn und Schneifel”
herausgegebene Werk wird etwa Mitte Juni erscheinen. Auf
ca. 350 Text- und 50 Bildseiten wollen die Verfasser an
|
60
Hand von Augenzeugenberichten und Tagebuchnotizen, von Bil-
dern und bisher z.T. unveröffentlichten Dokumenten ein Stück
tragischer Vergangenheit erhellen. Wir zweifeln nicht daran, daß
ihnen dies gelingen wird und sind überzeugt, daß dem ”Buch |
des Jahres” ein großer Erfolg beschieden sein wird. Eventuelle |
Bestellungen leiten wir gerne weiter. (Vorbestellpreis 480 Fr.)
”HEEM” (Tweemaandelijks Tijdschrift voor Overmaas) |
bringt in ihrer Jan.-Febr.-Nummer 1969 das eine oder andere,
das auch unsere Leser ansprechen dürfte, So beginnt die Zeit-
schrift mit dem Abdruck eines für die Raerener Töpferei äußerst
wichtigen Dokumentes : der Verordnung Maria Theresia’s vom
9. Januar 1760, welche die ”pottbackers”einem strengen Regle-
ment unterwarf, ”Heem” bringt die ersten 23 Artikel dieser kai-
serlichen Verordnung und wird in einer der folgenden Nummern
mit dem Abdruck fortfahren.
Die gleiche Nummer bringt aus dem Gedenkbuch F. Cool
(1736-1811) die Tagebuchnotizen aus den Jahren 1794-99 : das
Leben hiesiger Bauern unter der französischen Verwaltung wird
uns drastisch und anschaulich geschildert.
Erwähnung verdient ebenfalls, daß die Muse zu ihrem Recht
gekommen ist. ”An der Wasserburg” von M. Th. Weinert-Men-
nicken, ”De Modepoppe” und ”Kreuzbild” von Leo Teller, sowie
”D’r auwe Pottick” und ”Herbstliche Tage” von Jean Vilvoye
zeugen, sei es in der Mundart, sei es in der Schriftsprache, von
hohem Einfühlungsvermögen.
Alle, die Kurz- und Schnellinformationen über das Raerener
Töpferhandwerk suchen, möchten wir auf die kleine Schrift von
Leo KEVER : ”Ein Schatzgräber erzählt, Ausgrabungen im
Quellgebiet der Göhl”, 32 S., geheftet, 50 Fr.,
Paul Kaiser Vlg., Eupen hinweisen.
Den 1. Teil seiner reich illustrierten Abhandlung widmet L.
Kever einem kurzen Abriß der Geschichte der Raerener Töpfer-
61
kunst. Sodann führt er uns an die verschiedenen Fundstellen
Lichtenbusch, Eynatten, Berlotte-Kapelle und Raeren. Manch
seltenes Stück konnten der ”Schatzgräber” und seine Helfer,
manchmal durch Zufall, manchmal nach systematischer Such-
arbeit ans Licht fördern.
Das Heftchen erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaft-
lichkeit. Der Autor will keine detaillierte Studie des Töpferhand-
werks im Göhlgebiet vorlegen. Wer sich eingehend mit der Ma-
terie befassen will, dem sei nach wie vor das Standardwerk
”Raerener Steinzeug - Fünfzehn Jahre Grabungen im Raerener
Land” von H. Hellebrandt und Dr O. E. Mayer empfohlen.
Dennoch gefällt das Büchlein von L. Kever, nich zuletzt wegen
der klug gewählten Bebilderung und der allgemeinverständlichen
Art, in der es sich an den Leser wendet,
Erwähnen wir noch, daß der Reinerlös aus dem Verkauf
dieser Schrift dem College St. Ignace in Kiniati (Kongo) zuflie-
ßen wird. An dieser Schule wirkt Pater Paul Ernst.
Kennst Du Deine Heimat ?
Zu dieser Frage brachten wir in Heft Nr 4 unserer Zeit-
schrift wiederum zwei Fotos zum Erkennen und Erraten,
Zu Bild A, galt es, herauszufinden wo das gezeigte Straßen-
benennungsschild angebracht ist und was falsch daran war.
Zu Bild B. wurde gefragt, wo das Straßenbenennungsschild
angebracht war.
Hier die Lösung.
Bild A. hängt an der Südseite des Weißen Hauses. Was da-
ran nicht richtig ist ? Französisch heißt es rue Mitoyenne, deutsch
aber Neutralstraße, nicht, wie auf dem Schild steht, rue Mitoyen-
ne Straße.
64
Tätigkeitsbericht 1968
Die Töpferkunst an der Göhlquelle ist wohl - da sie schon
im zwölften Jahrhundert ihren Ursprung hatte - ein so altes und
wichtiges Kulturzeugnis des Göhltals, daß es angebracht war,
die diesjährige Tätigkeit der Vereinigung mit einem Vortrag
über dieses Thema zu beginnen. Unter dem Titel ” Die Töpfer-
kunst im Raum Eynatten - Raeren” hielt der Kustos des Raere-
ner Töpfereimuseums, Dr. O. E. Mayer, am 26. Januar diesen
Lichtbildvortrag im Hotel Tychon in Eynatten, wo sich unter
den interessierten Zuhörern auch Baurat Dipl.-Ing. Königs aus
Aachen befand.
Das Grundgebiet des ehemaligen Königshofes Harna bildete
ungefähr 1000 Jahre lang einen Verwaltungs- und Gerichtsbe-
zirk, den man ”Bank Walhorn” nannte. Walhorn wurde dadurch
zum Mittelpunkt unserer engeren Heimat. Das Referat des Pfar-
rers Gielen von Raeren über dieses Thema führte die etwa 75
Zuhörer, die am 8, März zu dem heimatlichen Abend im Saale
Goor in Walhorn erschienen waren, durch die interessante und
wechselvolle Geschichte Walhorns.
Den Komplex unserer Mundart, in der sich drei Kulturen
begegnen und die einen Bestandteil unserer Wesensart bildet, be-
handelte der Dialektologe R. Jongen aus Moresnet bei einem wei-
teren Vortragsabend am 3, Mai im Patronagesaal in Gemmenich. |
Zu diesem zweiteiligen Referat - der erste Teil behandelte die
Begriffe Sprachleben und Sprachentwicklung im allgemeinen, |
der zweite Teil die Einflüsse anderer Sprachen auf unsere Mund-
art - waren auch viele jugendliche Zuhörer erschienen. |
Vom 10. bis 20. Mai veranstaltete unsere Vereinigung ge-
meinsam mit dem Kelmiser Bergmannsverein St. Leonard aus
Anlaß von dessen 75jährigem Jubiläum die Bergbauausstellung
”Kelmis einst und jetzt”. Die gut 1600 Bilder zeigten die Ent-
wicklung des Altenberges sowie des Ortes am Altenberg seit der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
65
Am 11. Juli wurde im Hotel Astoria in Neu-Moresnet eine
Vorstandsversammlung gehalten, bei der die Planung eines Zu-
sammenwirkens mit dem Eupener Geschichts- und Museums-
verein und der St. Vither Vereinigung ”Zwischen Venn und
Schneifel” sowie die Bildung eines Arbeitszirkels für das Erste
Ostbelgische Dichtertreffen auf der Tagesordnung standen. An-
wesend waren : Frl. Xhonneux und die Herren Wintgens, Zim-
mer, Steinbeck, Tatas, Aldenhoff und Demonthy. Den genann-
ten Arbeitszirkel bildeten die Herren Aldenhoff, Bindels, Wint-
gens und Zimmer, k
Der bei dieser Vorstandsversammlung gemachte Vorschlag
für eine Kontaktaufnahme mit den beiden Vereinigungen wurde
am 31. Juli konkretisiert, als sich im Chalet de Botrange auf dem
hohen Venn auf Einladung unserer Vereinigung die Vertreter
der drei Kulturvereine trafen. Wir erhielten die Zusagen zur Mit-
wirkung beim Heimatdichtertreffen und die Versicherung, daß
sich die Gesprächspartner bei ihren Vereinigungen für eine Zu-
sammenarbeit mit föderalistischer Tendenz einsetzen werden,
Eine Gemeinschaftswanderung mit dem Eupener Eifel-Ar-
dennen-Verein führte unsere Vereinigung am 18, August durch.
Die Wanderung unter Führung des Herrn Leo Kever aus Eupen
ging göhlaufwärts von Hergenrath bis zur Quelle und bot den
Teilnehmern viele heimatkundliche Schenswürdigkeiten, die der
Wanderführer eingehend kommentierte.
Da der Konzert- und Unterhaltungsabend in Hauset im vo-
rigen Jahre sehr erfolgreich verlief, wurde ein solcher auch in
diesem Jahre, und zwar am 23. August, in derselben Ortschaft
und wieder unter Mitwirkung des Cercle Musical aus Kelmis
veranstaltet. Eine stattliche Anzahl Zuhörer - darunter viele
Ehrengäste - bestens einstudierte Musikaufführungen, Quiz- und
Unterhaltungsspiele verliehen der Veranstaltung einen festlichen
Glanz. Dieser Konzert- und Unterhaltungsabend war mit der
Unterstützung des Kulturministeriums und des provinzialen Er-
ziehungsdienstes organisiert worden. Die Gemeinde Hauset hatte
die Schirmherrschaft übernommen,
66
Die größte und bedeutendste Veranstaltung des Jahres war
das Erste Ostbelgische Dichtertreffen unter Mitwirkung des Ge-
schichtsvereins ”Zwischen Venn und Schneifel” am 22. Septem-
ber im Schützenlokal Kelmis unter der Schirmherrschaft der
Gemeinden Kelmis und Neu-Moresnet. In einem Gratulations-
schreiben aus dem Kabinett des Erstministers wurde dieser Hei-
matdichterabend als Meilenstein in der Entwicklung des kul-
turellen Lebens der ostbelgischen Gebiete bezeichnet. In diesen
Meilenstein sind die Namen folgender Heimatdichter eingraviert :
Leonhard Kohl (Kelmis), Robert Hamacher + (Walhorn), Kurt
Fagnoul (Amel - St. Vith), A. H. F. Meertens (Gülpen-Heerlen),
Frau M.-Th. Weinert (Eupen - Aachen), Jupp Steinhauer (Aa-
chen), Louis Bindels (Moresnet - Kelmis), Jean Vilvoye (Eupen),
Franz Straet (Gemmenich), Peter Emonts-pohl (Raeren - Iser-
lohn), Leo Wintgens (Hergenrath - Moresnet), This Kluck
(Aachen), Gerard Tatas (Gemmenich), Jupp Frohn (Aachen),
Emil Gennen (Burg-Reuland), Peter Zimmer (Kelmis), Hermann
Heutz (Hauset). Die Vortragenden, die vor einem besetzten Saale
aus ihren Werken lasen, gehörten dem Eupener Geschichtsverein,
dem Geschichtsverein zwischen Venn und Schneifel, den Mund-
artvereinen ”Öcher Platt” und ”Veldeke” (Heerlen) und der
Göhlvereinigung an. Das Programm wurde mit einer bedeutsa-
men Rede von Dr. Jules Aldenhoff eingeleitet und von einem
Mandolinenensemble musikalisch umrahmt. Beim voraufgegan-
genen Empfang für die Dichter und die Ehrengäste hatten Prä-
sident Wintgens und Bürgermeister Schyns das Wort ergriffen.
Dieses Dichtertreffen fand in zwei Rundfunkübertragungen ein
weites Echo. In einem Interview, das Mitte September ausge-
strahlt wurde, hatten die Herren Zimmer und Bindels die Öf-
fentlichkeit über Sinn und Zweck des Treffens unterrichtet.
Mit der Einführung ihres, Mitgliedes, des Malers Armand
Jongen aus Gemmenich, in die Öffentlichkeit stellte sich die
Vereinigung eine neue kulturelle Aufgabe. Sie eröffnete am
23. November eine wertvolle Ausstellung des Heimatkünstlers
in der Kelmiser Parkvilla. Zahlreiche Ehrengäste und der St.
Gregoriuschor aus Gemmenich, zu dessen Sängern der Maler ge-
hört, waren bei der Eröffnungsfeier zugegen. Die ausgestellten
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Motive aus dem Göhltal zeigten unserer Heimat, künstlerisch
sublimiert, ihr Gesicht. Die Vereinigung förderte durch die Mit-
organisation dieser ca, 45 Werke umfassenden Gemäldeschau
einen wichtigen Kulturträger des Göhltals.
Im November ist auch die Nummer vier der Zeitschrift
”Im Göhltal” herausgekommen, nachdem die Nummer drei um
die Osterzeit erschienen war. Beide Hefte enthalten wieder viele
Beiträge geschichtlicher und beschaulicher Art, sodaß sie nicht
minder als die beiden ersten Nummern interessieren dürften.
Zu der Generalversammlung am 29, November im Saale
Volders in Moresnet-Kapelle waren außer zwei Mitgliedern nur
die Militanten der Vereinigung erschienen. Diese jährliche Gene-
ralversammlung soll künftig durch Vorträge und Unterhaltungen
anzichender gestaltet werden. Neben diesem Beschluß wurde
folgende Tagesordnung erledigt : 1) Vorlesung des Tätigkeits- und
Kassenberichtes 2) Aussprache mit Kulturinspektor Pauquet über
Staatszuschüsse 3) Kauf eines Projektionsgerätes 4) Schallplatten-
Projekt 5) Einführung von Quartalversammlungen des Verwal-
tungsrates 6) Wahl des Herrn Jules Aldenhoff zum Schriftleiter
und des Herrn Peter Zimmer zum ersten Vorsitzenden.
Als letzte Tätigkeit des Jahres kümmerte sich unsere Ver-
einigung um die Wiederbelebung der traditionellen Weihnachts-
feier am ersten Weihnachtstag in der Kapelle von Moresnet-
Eichschen. Leo Wintgens und Joseph Steins sangen zur Gitarre
Weihnachtslieder aus den Vereinigten Staaten, aus Rußland und
Spanien. Im Mittelpunkt der Feier stand die von G. Tatas ver-
faßte und vorgetragene Ballade von der Entstehung des Weih-
nachtsliedes ”’Stille Nacht, heilige Nacht” zur 150. Jahrfeier dieses
Liedes, Der St. Remigius-Chor von Moresnet und Jean Herzet
(Geige) hatten mitgewirkt an dieser Festgestaltung, die volle
Anerkennung fand und auch in Zukunft unserer Vereinigung
anvertraut bleiben soll.
Gerard Tatas
Inhaltsverzeichnis
Der Schriftleiter Vorwort 3
Wissenschaftliches :
R. Jongen, Löwen (Moresnet) Unsere Mundarten. Der geogra-
phisch-historische Aspekt. 4
Firmin Pauquet, Kelmis Die Besiedlung im Gebiet der ehe-
maligen Herrschaft Kelmis (II) 14
Hans Königs, Aachen Zur Geschichte der Herren von
Reimersdal (Nachtrag) 30
Kulturelles :
J. Demonthy, Neu-Moresnet Der Maler Armand Jongen 34
Dichtung und Wahrheit :
Gottfried Gronsfeld, Jugenderinnerungen 38
Nidrum (Hergenrath) |
Frau Pauquet-Dorr, Kelmis Kelmeweg 41 |
Peter Emonts-pohl, Der Bauerntanz 42
Iserlohn (Raeren)
Gerard Tatas, Gemmenich Gruß an mein Göhltal (Lied) 44
P. Claes, Brüssel (Kelmis) Ein Sippentag in Kelmis/
Neu-Moresnet 46
Franz Uebags, Kelmis Der Hejkopp 48
J. A., Gemmenich Auf den Tod einer Kohlmeise 31
Joseph Bonny, Kelmis Der Holzvogel 53
Josef Bindels, Kelmis Der Wecker 56
Personalia :
Der Vorstand Nachruf auf H. F. H. Darcis 57
Der Vorstand Promotion des H. R. Jongen 58
Verschiedenes : 5
Alfred Bertha, Hergenrath Auf dem Büchermarkt 59 |
J. Demonthy, Neu-Moresnet Kennst Du Deine Heimat ? 61
Gerard Tatas, Gemmenich Tätigkeitsbericht 1968 64
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VEREINIGUNG |
FÜR KULTUR, -HEIMATKUNDE UND GESCHICHTE A
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Beitrag : ZU 19.87 a
Jedes Mitglied erhält kostenlos unsere Zeitschrift ”Im Göhltal”, 2
Druck. J. Aldenhoff - Gemmenich E
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