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Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
. im Göhltal
Nr 40
Februar 1987
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender: Herbert Lennertz, Stationstraße 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat : Maxstraße 9, 4721 Neu-Moresnet, Tel. 087/65.97.67
Lektor : Alfred Bertha, Bahnhofstraße 33, 4728 Hergenrath.
Kassierer : Fritz Steinbeck, Hasardstraße 13, 4721 Neu-Moresnet.
Postscheckkonto N" 000-0191053-60
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet-Dorr, Kelmis.
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhlviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
Druck. Hubert Aldenhoff, Gemmenich.
3
| Inhaltsverzeichnis
W. Meven, Hergenrath Die Aachener Kleinbahn kommt
nach Kelmis (Forts.) 5
A. Bertha, Hergenrath Die Hergenrather Mühle 20
P. Zimmer, Astenet Das Katharinenstift (Forts.) 35
A. Jansen, Die An- und Umbauten an der
Moresnet-Kapelle Pfarrkirche von Moresnet 52
Leonie Wichert-Schmetz, Winters Ende 69
Bad-Driburg
A. Bertha, Hergenrath Unter Denkmalschutz 70
E. Kockartz, Hauset Spaziergang öm Hosend Wa
P. Zimmer, Astenet Bergmannslos (10. Forts.) 74
A. Bertha, Hergenrath Ein ”Mienen-Frevel” in Walhorn 92
M.-Th. Weinert, Aachen Das Faultier 95
A. Bertha, Hergenrath Auf dem Büchermarkt 96
Fr. Nyns, Walhorn Tätigkeitsbericht 1986 101
; 5
Die Aachener Kleinbahn kommt
nach Kelmis (Forts.
von Walter Meven
Wir erwähnten bereits, daß der Vertragsentwurf mit anliegen-
dem Kostenanschlag nicht die Unterstützung durch den
Kreisausschuß fand und die Übernahme der Kosten durch die even-
tuell interessierten Gemeinden ebenso fragwürdig schien. Dies ist
umsomehr verständlich, wenn man die nachfolgende Kosten- und
Gewinnrechnung einer näheren Betrachtung unterzieht.
Vertragsentwurf
Zwischen dem Landkreis Eupen (bzw. der Gemeinde Altenberg),
vertreten durch pp. einerseits und der Aachener-Kleinbahn-
Gesellschaft, vertreten durch pp. andererseits, sind nachstehende
Vereinbarungen getroffen worden.
%
Der Landkreis Eupen (bzw. die Gemeinde Altenberg) beabsichtigt,
eine Kleinbahnlinie vom Aachener Stadtwald nach Altenberg in ei-
ner Länge von 5 Km zu erbauen und elektrisch betreiben zu lassen
und zu diesem Zweck die hierfür erforderlichen Konzessionen sei-
tens der maßgebenden Behörden zu erwerben. Die Aachener-
Kleinbahn-Gesellschaft übernimmt den Bau dieser Kleinbahn nach
Maßgabe des beiliegenden Kostenanschlages und verpflichtet sich,
die gedachten Linien, entsprechend den genehmigten Plänen, in al-
len Teilen vorschriftsmäßig, dauerhaft und vollständig betriebsfähig
herzustellen.
2.
Zahlungen von 9/10 der nachweislich geleisteten Arbeiten, jedoch
nicht unter 10.000 Mark, werden von dem Kreis (beziehungsweise
von der Gemeinde) entsprechend dem Fortschrit der Bauten an die
Aachener-Kleinbahn-Gesellschaft auf deren Antrag geleistet. Nach-
dem die sämtlichen Bauarbeiten am Bahnkörper und den elektri-
schen Leitungen tadellos ausgeführt sind, sowie die Verrechnung
der entstandenen Projektierungs-, Grunderwerbs- und Baukosten
stattgefunden hat, erhält die Aachener-Kleinbahn-Gesellschaft den
6
Rest der Baukostensumme von dem Kreise (beziehungsweise von
der Gemeinde) in bar ausgezahlt.
3,
Die Aachener-Kleinbahn-Gesellschaft übernimmt ferner von dem
Zeitpunkt ab, wo die Kleinbahnlinie von den Behörden als betriebs-
fähig abgenommen worden ist, den betrieb dieser Linie für gemein-
same Rechnung und verpflichtet sich, dem Kreise (beziehungsweise
der Gemeinde) einen jährlichen Pachtpreis von 3,5% der von den-
selben an die AKG gemäß $ 2 überwiesenen: Beträge zu zahlen und
halbjährlich am 1. Januar und 1. Juli jeden Jahres, je zur Hälfte an
den Kreis (beziehungsweise an die Gemeinde) abzuführen, sofern
das sich aus der Jahresrechnung ergebende Reinerträge den entspre- ‚,
chenden Betrag aufweist.
4.
Reicht das Jahreserträgnis wider Erwarten nicht aus, um die ge-
dachten 3,5% zu zahlen, so verpflichtet sich die Gesellschaft jeden-
falls, eine Pachtsumme von 2% zu zahlen, während für den Rest
von 1,5% der Kreis (beziehungsweise die Gemeinde) selbst aufzu-
kommen hat.
8
Über alle Einnahmen und Ausgaben der in Rede stehenden Klein-
bahnlinien des Kreises hat die AKG eine getrennte Rechnung-
Buchführung einzurichten und auf Grund des beiliegenden Ent-
wurfs einer Jahresrechnung mit dem Kreise abzurechnen. Von dem
Überschuß entfällt zunächst 2% gemäß $ 2 vom Kreise (beziehungs-
weise von der Gemeinde) gezahlten Anlagekosten an die Gesell-
schaft. Der alsdann verbleibende Gewinn wird je zur Hälfte zwi-
schen dem Kreise (beziehungsweise der Gemeinde) und der AKG
geteilt.
6.
Die AKG hat für alle bei dem Bau- und Betrieb vorkommenden Un-
fälle und dadurch entstehenden Entschädigungsforderungen aufzu-
kommen.
N
Die zum ordnungsgemäßen Betrieb erforderlichen Betriebsmittel,
Betriebsgerätschaften und derartige Erfordernisse wird die AKG für
die Dauer der Betriebsüberlassung selbst und auf eigene Kosten be-
schaffen und in gutem, betriebsfähigem Zustand erhalten.
7
8.
Ebenso ist die AKG verpflichtet, auch die Bahnlinie in gutem, be-
triebsfähigem Zustande zu halten und alle notwendigen Verbesse-
rungen und Ergänzungen stets und zur rechten Zeit vorzunehmen.
9.
Die Dauer dieses Pachtvertrages wird auf 45 Jahre vom Beginn des
auf die Betriebseröffnung folgenden Geschäftsjahres der Kleinbahn
an gerechnet, festgesetzt. Dem Kreise steht jedoch das Recht zu, das
Betriebsverhältnis mit der Kleinbahn nach Ablauf des 30ten,
35ten und 40ten Betriebsjahres mit einjähriger Kündigung aufzuhe-
ben.
10.
Für alle etwa aus dem Vertrage entstehenden Meinungsverschie-
denheiten wird unter Ausschluß des Rechtsweges ein Schiedsgericht
vorgesehen, bestehend aus zwei Mitgliedern und einem zu erwäh-
lenden Obmann. Jede der vertragschließenden Teile ernennt ein
Mitglied. Der Obmann wird von dem Präsidenten der Aachener
Handelskammer ernannt, wenn die beiden Mitglieder sich über die
Wahl nicht einigen können.
Linie Stadtwald - Altenberg
Kostenanschlag
1. Grunderwerb, Nutzungsentschädigung,
Böschungsarbeiten, Futtermauern,
Wegeübergänge in Schienenhöhe,
Durchlässe und dergleichen 4 500.—
2. 5.000 Ifd. m. Gleis fertig zu verlegen 55.000.—
3. 2 Weichen zu verlegen, Zuschlag 600.—
4. 5 Km elektrische Leitungsanlage 35.000.—
5. Technische Vorarbeiten, Konzessionspläne,
Bauleitung und Unvorhergesehenes 4.900.—
100.000.—
Die Einnahmen aus der Personenbeförderung wurden
auf 19.875 Mk geschätzt; diejenigen aus der Post- und Gepäckför-
derung auf 300; verschiedene Einnahmen auf 325 Mk; zus. 20.500
Mk. Die geschätzten Unkosten waren 18.927 Mk. So blieb ein
Überschuß von 1573 Mk jährlich.
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Das Hotel-Restaurant ”Zur Eintracht” von Peter Barth war Endstation der Kleinbahn
Ohne Namensnennung brachte die Aachener Allgemeine Zei-
tung vom 23.1.1904 ein Eingesandt, in dem sich der Schreiber darü-
ber beklagt, daß der geringe Fortschritt des Ausbaues der
Außenstrecken ein Hindernis für die bauliche Entwicklung der
Außenbezirke sei :
”Während die vielen Villenbauten an der Lütticher- und Eupe-
ner Straße den schlagenden Beweis liefern, daß der für Aa-
chen so wichtige Ausbau von Villenvierteln nur von der Ver-
bindung mit der Stadt durch die Kleinbahn abhängt, dürfte es
an der Zeit sein, die gegebenste aller Verbingungen mit dem
Aachener Stadtwalde herzustellen. Nachdem die Strecke nach
Waldschenke durch die ungünstigen Steigungsverhältnisse für
den gewöhnlichen Verkehr, weil nicht leistungsfähig, und
trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gefahrvoll sich erwiesen hat,
kommt nur die Strecke Kamperstraße-Ronheiderweg in Fra-
ge, die allen Anforderungen genügen würde. Während bis zu
der Station Ronheide nur eine geringe Steigung zu überwin-
den sein würde, gestatten die Terrainverhältnisse es, die
Strecke hinter Ronheide durch den Wald bis Waldschlößchen
durchzuziehen. Die Vermehrung der Wagen an schönen
10
Sonntagen würde also nicht mehr wegen der Steigungsver-
hältnisse unmöglich sein, sondern durch mehrere Anhänger-
wagen ohne viel Mehrkosten an Personal leicht erreichbar
sein. Daß die letzte Strecke durch den Wald geführt werden
müßte, dürfte den Passagieren, namentlich bei warmem Wet-
ter, nur angenehm sein. Wahrscheinlich sind auch unter den
Vätern der Stadt einige, die es erlebt haben, daß an der Halte-
stelle Jakobstraße und Lütticher Straße Sturm auf die Klein-
bahn gelaufen wurde, so daß ein vernünftiger Vater sich be-
denkt, ob er seine Familie noch der Bahn auf dieser Strecke
anvertrauen soll. Das neue Hospital (= Altklinikum Goe-
thestr.) dürfte auch diese neue Verbindung mit der Stadt not-
wendig machen, wenn nicht schon sofort, so doch bei dem .
weiteren Ausbau.”
Den Bemühungen des Bürgermeisters Schmetz von Preußisch-
Moresnet sind solche Anregungen ganz sicher entgegen gekommen,
denn schon bald befaßt man sich mit dem Plan der endgültigen
Streckenführung. Ein Landmesser wurde zur Vermessung und An-
fertigung eines Planes bestellt, in dessen Kosten sich die beiden Ge-
meinden Preußisch- und Neutral Moresnet teilen. Die Gemeinde-
ratsmitglieder Geh. San.-Rat Dr. Molly, R. Bruch, H. Meessen, M.
Küpper, M. Ahn und H. Heins für Preußisch-Moresnet, A. van
Hauten, Nik. Emonts, A. Schumacher, N. Carabin, B. Kofferschlä-
ger, L. Bruch, P. Grignard und Bgm. Schmetz für Neutral-Moresnet
bestätigen diese Ausgabe ausdrücklich im Hinblick auf einen baldi-
gen Bau der Bahn. In einem Antrag zur Genehmigung des Bahn-
baues an den Minister für öffentliche Arbeiten in Berlin erläutert
Bgm. Schmetz die erforderliche Streckenführung durch den Aache-
ner Stadtforst und daß in Anbetracht der großen Entfernung der für
Moresnet in Frage kommenden Bahnstation Hergenrath von der
Ortschaft Moresnet eine Kleinbahnverbindung mit Aachen für die
Entwicklung seiner über 4.000 Seelen umfassenden Gemeinde von
großer Wichtigkeit sei.
Nach einem Besuch des Bürgermeisters beim Oberbürgermei-
ster von Aachen am 11.8.1904 vermerkt der OB als Gesprächsno-
tiz:
”Der Bürgermeister Schmetz von Preußisch-Moresnet er-
schien heute und erklärte, daß beabsichtigt sei, die Kleinbahn
vom Osterweg bis Moresnet weiterzuführen. Wegen der un-
günstigen Steigungsverhältnisse auf der Strecke zwischen
11
Waldschlößchen und der Wirtschaft Pitz sei es nicht möglich,
„auf dieser Strecke die Bahn über die Lütticher Straße zu füh-
ren; es sei vielmehr beabsichtigt, die Bahn in einer Schleife
durch den Distrikt 51 des Aachener Waldes zu führen, wie
dies in der beiliegenden Waldkarte angedeutet ist. Herr Bgm.
Schmetz bittet um die Erlaubnis, im Distrikt 51 vorläufige
Vermessungen durchführen zu dürfen.”
Landrat- und Regierungspräsident werden ebenfalls in das Ge-
nehmigungsverfahren eingeschaltet, wobei Letzterer auf eine dies-
bezügliche Rücksprache mit der Kgl. Einsenbahndirektion verweist,
da es für die Bahn wesentlich sei zu wissen, ob außer dem Personen-
verkehr beschränkter Güterverkehr beabsichtigt sei. Die Regie-
rungsbehörden erklären sich mit einem Schreiben vom 18. Jan.
1905 mit der Einrichtung der Strecke einverstanden, allerdings mit
der Einschränkung, daß
a) ”auf der neuen Bahn die Beförderung von Gütern - wie ge-
plant - nur mit regelmäßigen, auch der Personenbeförde-
rung dienenden Zügen erfolgt und daher die Einlegung be-
sonderer Züge unterbleibt;
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Karte adressiert an Mille Apolline Radermecker ä Baelen Veutre (= Vesdre!)
Abgestempelt in ”Moresnet (Belge), 9. Aoüt 1907” (Porto 5 cent.)
(Reprod. A. Jansen)
12
b) eine Fortsetzung der Bahn zum Anschluß an die belgi-
schen Eisenbahnen dauernd ausgeschlossen bleibt.
In der Genehmigungsurkunde für die neue Kleinbahn würden
beide Voraussetzungen als Bedingungen zum Ausdruck zu
bringen sein. Als Eisenbahnbehörde, welche bei der Erteilung
der Genehmigung zum Bau mitzuwirken hat, bestimme ich
die Kgl. Eisenbahndirektion in Köln. Dieselbe ist mit Nach-
richt versehen. Gegen die Gestattung von Vorarbeiten für die
neue Bahn findet sich meinerseits nichts zu erinnern.
Die Angabe, daß von Ihrem Bericht eine Abschrift dem Herrn
Kriegsminister übersandt worden ist, hätte übrigens nach dem
Runderlasse vom 16.3.1902 in der Voranzeige gemacht wer-
den müssen.” )
Einer Randnotiz des OB zufolge muß die Bahngesellschaft von
den Gemeinden weitere Garantien verlangt haben, die sie nicht zu
leisten imstande waren. In einem Antwortschreiben an den OB be-
dankt sich Bgm. Schmetz für die freundliche Unterstützung und die
Bemühungen, welche er dem Projekt widme, bittet ihn aber, da die
Gemeinde die Garantie für die Rentabilität leisten müsse, den
Strompreis (-wenn auch nicht gerade zu dem Satze der Eupen-
Eynatten-Kettenisser Strecke -) doch mit vielleicht 8 Pf pro Kwh be-
rechnen zu wollen; es würde dies nur die Verwirklichung und Le--
bensfähigkeit des Unternehmens gewährleisten können.
Eine Unterstützung durch den Staat schien dem OB nicht aussichts-
los, doch bat er Bgm. Schmetz um gewisse Angaben, die er für seine
Verhandlungen in Berlin benötige, und zwar über die Bevölkerungs-
zahlen und die Ein- und Ausgaben seiner Gemeinde. Aus den dar-
aufhin von Bgm. Schmetz gemachten Angaben ersehen wir, daß sei-
ne Gemeinde bei der letzten Volkszählung nur 557 Seelen hatte und
mit der Gemeinde Neutral-Moresnet gemeinsam einen 28 ha großen
Wald besitzt, welcher nach dem Durchschnitte der letzten drei Jah-
re einen Reingewinn von 332 Mk jährlich eingebracht hat. Die
Steuereinkünfte liegen bei 5.354 Mk.
Große Hoffnungen auf eine staatliche Unterstützung hat der
Bürgermeister nicht, denn er erklärt dem OB später : ”Nach
meinem Dafürhalten wird die hiesige Gemeinde infolge ihrer
finanziell eigentlich günstigen Lage ... einen Zuschuß zu der
Kleinbahn nicht zu erwarten haben, wenn eine solche nicht
mit Rücksicht auf das neutrale Gebiet gewährt wird.”
13
In dieser Phase der Verhandlungen ist dem Schriftverkehr im-
mer wieder zu entnehmen, daß der Bürgermeister - sicherlich nicht
ohne begründete Unruhe - bemüht ist, die Kosten für die Gemeinde
möglichst niedrig zu halten.
In einem Schreiben an den Landeshauptmann teilt er diesem
mit, daß der Gemeinde Pr. Moresnet gestattet worden sei, eine Bahn
zu bauen, und seitens des Staates ein Beitrag von 1/3 zu den 200.000
Mk betragenden Anlagekosten unter der Bedingung in Aussicht gestellt
worden sei, daß die Provinz ebenfalls ein Drittel dieser Kosten über-
nehme ...
”Da durch diese Kleinbahn”, so der Bürgermeister, ”der hiesi-
ge Grenzort aufgeschlossen und die Bewohner des mit demsel-
ben eng verwachsenen sog. neutralen Gebietes mit Aachen
verbunden und somit dem diesseitigen Staatsgebiete näher ge-
bracht werden, dagegen die hiesige kleine Gemeinde nicht im-
stande ist, diese schweren Kosten auf ihre eigenen Schultern
zu nehmen, so erlaube ich mir die ergebenste Bitte, der Rhei-
nische Provinzial-Landtag möge beschließen, daß sich die
Rheinprovinz gleich wie der Staat mit einem Drittel an den
Ausbaukosten der fraglichen Kleinbahnlinie beteiligt.”
Der OB macht Bürgermeister Schmetz darauf aufmerksam, ;
daß die Rheinprovinz sich nicht zu einem Drittel an den Baukosten
beteiligen würde, wohl aber einen Kredit zum verbilligten Zinssatz
von 3% zur Verfügung stelle.
Wenn auch die Finanzierung vorerst nicht gesichert war, wur-
den die Pläne zum Bau der Kleinbahn dennoch an die Stadt einge-
reicht, und auf Veranlassung des Oberbürgermeisters wurde die
Streckenführung durch den Wald durch Stangen und Pikettstäbe
abgesteckt. Die AKG informierte am 9.6.1905 den Bürgermeister
Schmetz darüber, daß nunmehr die Trasse abgesteckt und der Land-
messer mit der endgültigen Fertigstellung der Pläne beauftragt wor-
den sei. Durch Schreiben vom 8.8.1905 teilt der OB dem Bürgermei-
ster mit, daß der Stadtradt mit der Linienführung einverstanden sei.
Zwischenzeitlich hatte die AKG der Gemeinde Preußisch-
Moresnet den Vertragsentwurf zur Ratifizierung vorgelegt. Einem
Protokoll des Gemeinderates vom 27.6.1905 entnehmen wir, daß
die Gemeindevertreter mit dem Inhalt des Vertrages einverstanden
sind und den Bürgermeister ”mit der Vollziehung desselben beauf-
tragen”.
14
Neutral-Moresnet übernimmt unter dem gleichen Datum die
Verpflichtung, sich an den eventuellen Betriebsverlusten zur Hälfte
zu beteiligen.
Ende 1905 waren die theoretischen Vorarbeiten soweit gedie-
hen, daß der Landrat die Gemeinde ersuchte, die von der kgl. Eisen-
bahndirektion geprüften Pläne während 14 Tagen auf dem Bürger-
meisteramt ”zu jedermanns Einsicht offen zu legen”.
Für die Anlage der Kleinbahn auf dem Gebiet Neutral-
Moresnets war bei der belgischen Regierung die Genehmigung ein-
zuholen. Diese wurde ohne Einschränkungen am 24. Jan. 1906 er-
teilt. Die landespolizeiliche Prüfung wurde auf den 1. Februar 1906
festgelegt. Mit einem Sonderwagen der Straßenbahn wurde die
Kommission vom Hauptbahnhof zum Osterweg befördert. Über das
Ergebnis dieser Prüfung liegen keine Unterlagen vor. Einer vom
Bürgermeister Schmetz gewünschten Strompreisermäßigung wollte
die Stadt nicht entsprechen, erklärte sich aber bereit, einen jährli-
chen Zuschuß von 2000 Mk zu bewilligen. 7
Da keine staatlichen Zuschüsse zu erwarten waren, erklärte die
AKG, sie wolle das notwendige Kapital in Höhe von 200.000 Mk
zum Zinssatz von 5% zur Verfügung stellen.
Unter dem 10.4.1906 teilt die AKG dem Bürgermeister mit,
daß selbst bei Vorlage aller Genehmigungen nicht vor September
mit dem Bau begonnen werden könne, weil es nicht möglich gewe-
sen sei (- trotz Preiszugeständnis -) den Stahlwerksverband zu einem frü-
heren Liefertermin zu bewegen. Ob ein Osnabrücker Werk das Ma-
terial vielleicht früher liefern könne, darüber erwarte sie noch Nach-
richt. Auch über die Geldbeschaffung sei noch keine Maßnahme ge-
troffen worden.
Dazu bemerkt der Bürgermeister, er sei mit dem Anerbieten
der AKG bzgl. der Geldbeschaffung einverstanden. Eine der erfor-
derlichen Genehmigungen traf am 18. Juni 1906 ein, wovon der
Absatz 4 unser besonderes Interesse verdient. Der Regierungspräsi-
dent erklärt darin wörtlich :
”Im Interesse der Zollkontrolle sind folgende Vorschriften zu
befolgen : Zwischen dem Zollamt Tüllje bei km 3,8 und der
Endstation in Moresnet bei km 4,8 des festgestellten Planes
darf weder eine Haltestelle eingerichtet, noch zum Zwecke
der Beförderung von Personen oder Gütern gehalten werden.
Auf dieser Strecke sind die diensttuenden Grenzaufseher auf
ihr Verlangen unentgeltlich mit der Kleinbahn zu befördern.”
15
Gegen die Verlängerung der Strecke vom ursprünglich vorge-
sehenen Endpunkt an der Maxstraße bis zum ”Hotel-Restaurant
Eintracht” (später Apotheke Demey) erheben sowohl Bürger aus
Preußisch-, wie aus Neutral Moresnet Widerspruch. Erstere machen
geltend :
”Durch das Wegfallen der Haltestellen an der Maxstraße wer-
den die in der Hasard- und Maxstraße wohnende Geschäfts-
leute und Gewerbetreibende sehr geschädigt, weil ihnen der
Fremdenverkehr, auf den sie hauptsächlich angewiesen sind,
jetzt gänzlich entzogen wird.
Letzteres wird besonders für die beiden einzigen im Orte be-
findlichen Gastwirtschaften eine empfindliche Existenzfrage.
Die beiden Gastwirtschaften verdienen auch deshalb noch be-
sondere Berücksichtigung, weil dieselben unter der Konkur-
renz der ca. 60 Wirtschaften im benachbarten neutralen Mo-
resnet stark zu leiden haben. (Anm : Die erwähnten Gastwirte
waren W. Reinartz u. L. Franssen.) Die übrigen Anwohner der
Jansmühle und der Maxstraße sind in sofern geschädigt, als die-
selben genötigt sind, bei Benutzung der Kleinbahn einen großen
Umweg bzw. Rückweg machen zu müssen.”
Eine ähnliche Beeinträchtigung des Fremdenverkehrs erwarte-
ten die Einwohner der im neutralen Gebiet liegenden Hasard- und
Kirchstraße.
Bürgermeister Schmetz befürwortete von vornherein die Ein-
richtung der Haltestelle an der Maxstraße, so daß es beim Prüfungs-
termin vor Ort zu einer Einigung kam. Den Wunsch von Direktor
Timmerhans, den Schienenstrang im Orte auf die Preußische Seite
zu verlegen, um Unfälle an der Einmündung der Kapellstraße zu
vermeiden, wurde nicht stattgegeben, da der zuständige belgische
Straßenbauingenieur auf die Gefahr bei Dunkelheit und Nebel hin-
wies. Die jetzige Lage der Kleinbahn bringe, so der Bürgermeister,
weniger Gefahr als eine Kreuzung der Straße, wie man erstere in der
Stadt vielfach finde, die Automobilisten müßten eben im Orte lang-
sam fahren !
Über den eigentlichen Streckenbau liegen uns keine Akten vor.
Der Regierungspräsident informiert den Bürgermeister über den
Landrat, daß er die landespolizeiliche Abnahme der neuen Strecke
auf den 26. März 1907, nachmittags um 4 Uhr, anberaumt habe.
Selbige fand statt in Anwesenheit von Vertretern der Behörden und
17
der AKG. Das darüber ausgestellte Protokoll hat folgenden Wort-
laut :
”Zur landespolizeilichen Abnahme der Kleinbahnstrecke Aachen
(Osterweg)-Pr. Moresnet hatten sich die Nebengenannten am An-
fangspunkte der neuen Strecke eingefunden. Die Strecke wurde be-
fahren und besichtigt, wobei sich ergab, daß die Herstellung den
festgestellten Plänen entspricht.
Die Höchstgeschwindigkeit wird für die Strecke zwischen
dem unteren Backertsweg km 1,1 und den ersten Häusern der Ort-
schaft Moresnet km 4,6 auf 30 km für die Stunde festgesetzt, mit
Ausnahme der bebauten Strecke der Ortschaft Bildchen km 2,4 bis
km 2,5, wo die Höchstgeschwindigkeit 16 km betragen darf, in der
Weiche am unteren Backertswege 10 km, in der Schleife im Walde
20 km mit Ermäßigung in den Kurven, von der Kurve am
Waldschlößchen km 0,160 bis zum oberen Backertswege km 0,3 10
km. Für das Anfangsstück von 0,0 bis 0,1 wird wie für die alte
Strecke Aachen-Osterweg 16 km vorgesehen. Für die Strecke zwi-
schen dem ersten Maste südlich Preusweg bis zur Weiche Grund-
haus wird eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km in der Stunde zu-
gelassen. Die Strecke ist mit Zustimmung der Provinzialverwaltung
zwischen unterem Backertswege und Moresnet auf erhöhtem Ban-
kett verlegt worden, wogegen von Aufsichts wegen nichts zu erin-
nern ist. Die Vertreter der Provinzialverwaltung und der Kgl. Belgi-
schen Straßenverwaltung, der Oberpostdirektion, der Stadt- und der
Polizeidirektion erklärten, daß gegen die Ausführung der Bahn
nichts einzuwenden sei ...
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BE Ahrend der Fahrt aufbewahren u. offen VOrz6igen, 8:
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00001. ES 2 | SEM
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Die Fahrkarte mit der Nummer 00 001, für die Strecke Osterweg - Altenberg
(Pr.-Moresnet)
18
An sämtlichen kreuzenden Wegen sind in entsprechender Ent-
fernung Warnungstafeln mit der Aufschrift "Achtung Kleinbahn”
anzubringen. Die Betriebseröffnung wurde gestattet, eine Nachbes-
serung der Gleisanlage ist bald notwendig und wird von der Klein-
bahngesellschaft zugesagt.” (Unterschriften)
Das Korrespondenzblatt des Kreises Eupen vom 30. März
1907 berichtet über die am 26.3.1907 stattgehabte Streckeneröff-
nung und schreibt :
”Die neue Straßenbahnlinie Aachen-Altenberg wurde heute
nachmittag nach landespolizeilicher Prüfung eröffnet und
wird von morgen, Mittwoch ab dem Verkehr übergeben. Die
Gemeinde Altenberg, welche für den Bahnbau durch Über- ;
nahme einer Garantie ihr großes Interesse an der
Aufschließung des Ortes durch die Bahn bestätigt hat, hatte
anläßlich der Abnahme festlich geflaggt. Am Eingange des
Ortes wurden die geschmückten Kleinbahnwagen durch die
Klänge eines Musikkorps begrüßt. In Anwesenheit der deut-
schen und belgischen Staatsverwaltung, der Eisenbahndirek-
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Jungfernfahrt der Straßenbahn am 26. März 1907. Viel Volk hatte sich in Kelmis auf
der Lütticher Straße zum Empfang der mit Fähnchen und Girlanden geschmückten
Wagen eingefunden, (Repr. A. Jansen)
19
tion sowie des Gemeinderates und des Bürgermeisters fand ei-
ne kleine Feier statt. Die Linie wird im Durchgangsverkehr al-
le halben Stunden, und zwar immer mit der vollen und halben
Stunde, von der Normaluhr aus betrieben, von Altenberg des-
gleichen. Dieselbe führt am Waldschlößchen durch eine schö-
ne Waldpartie, in Altenberg ist in der Nähe das Hotel Berger-
hof und das Altenberger Casino, von welchem aus die Emma-
burg zu erreichen ist. Der Wallfahrtsort Moresnet ist vom
Endpunkte der Bahn in ca. 30 Minuten zu erreichen. Die Li-
nie liegt auf einer Länge von 600 Metern auf neutralem Ge-
biet. Wegen der Zollrevision, die am Zollamt Tülje stattfindet,
wird bemerkt, daß die Straßenbahn auf die Erledigung der
Zollrevision nicht warten kann, deswegen eine vorherige Ver-
zollung beziehungsweise die Beschaffung der Ursprungszeug-
nisse (Atteste) vorzunehmen ist.”
(Schluß folgt)
20
Die Hergenrather Mühle
von Alfred Bertha
Ein Rentregister des Brabanter Rechnungshofes aus dem Jahre
1441, in dem die Renten des Herzogs von Brabant und Limburg in
der Bank Walhorn aufgeführt werden, gibt nicht nur die bisher frü-
heste Erwähnung der Hergenrather Kirche, sondern auch die erste
Nennung eines Müllers in unserem Ort. ”Michiel der molener”
schuldet jährlich von 12 Morgen Land, genannt das Kirchenland,
eine Naturalrente von 6 Faß Hafer. (1)
Wir können vermuten, daß die Hergenrather Mühle ursprüng-
lich eine Bannmühle war, in der alle dem Grundherrn der Eyneburg
unterstehenden Bauern ihr Getreide zu mahlen gezwungen waren,
wofür sie eine Abgabe (Malter, Mühlzins) entrichten mußten.
Wann die Mühle zur Kupfermühle umgebaut worden ist, wis-
sen wir nicht, doch wird sie als solche im Jahre 1583 erwähnt. (2)
Wir begegnen der Hergenrather Mühle dann erst wieder i.J.
1647 unter dem Namen Roubelaer. Am 3. Juni jenes Jahres
überließ der wohledle und gestrenge Herr Johann Carl von Dobbel-
stein, Herr von Einenberg, Hergenrath etc., dem Aachener Kauf-
mann Hermann Smets seine in Hergenrath gelegene Kupfermühle >
genannt Roubelaer mit allen daran anklebenden Rechten für eine
Dauer von 15 Jahren gegen einen Betrag von 2.000 Pattacons, wo-
; von 600 sofort zu zahlen waren, während die restlichen 1.400 mit
”den penningh sesthien” verzinst wurden. Außerdem verpflichtete
sich der gen. Smets, dem Herrn von Dobbelstein alsbald ein Fuder
Rheinwein zukommen zu lassen sowie der Frau von Dobbelstein 20
Pfund guten Zucker, 2 Pfund Pfeffer und ebensoviel Ingwer zu lie-
fern. Dazu noch ”einen schönen großen Kessel”. Alle Reparaturen
gingen zu Lasten des Pächters, der die Mühle ”gehörig” in Stand zu
halten hatte. Nach Ablauf der 15 Jahre mußte der Herr von Dobbel-
stein die 600 Pattacons zurückzahlen. Er konnte dann die Mühle
wieder in Besitz nehmen oder sie dem Pächter weiter überlassen,
”wie es ihm beliebt”. (3)
Wir wissen, daß die Eyneburg 1640 durch Feuer zerstört wur-
de. Für den Wiederaufbau benötigte der Burgherr größere Geldmit-
tel, die er sich wohl bei wohlhabenden Kaufleuten besorgt hat. Es
heißt einleitend in dem erhaltenen Pachtvertrag, der Herr von Dob-
belstein überlasse dem Aachener Kaufmann die Mühle ”als Beloh-
nung”.
22
liche Pachtsumme von ”15 guten Karolinen” an den Pächter über-
gehen. Letzterer verpflichtete sich, die Mühle gehörig zu unterhal-
ten, den ”Mühlendeich” zu säubern, alle kleinen anfallenden Repa-
raturen auf eigene Kosten durchzuführen, das Land zu kultivieren,
”wie es sich für einen guten und getreuen Pächter geziemt” und die
Hecken zu schneiden; es ist ihm untersagt, Bäume abzuschlagen
oder zu beschneiden. Er muß jährlich das Dach mit 50 achtpfündi-
gen Strohgarben decken lassen, wofür ihm der Decklohn auf die
Pacht angerechnet wird, während ”Kost und Trank” sowie das Her-
beifahren des Deckmaterials zu Lasten des Pächters gehen.
Weitere Einzelheiten des Pachtvertrags beziehen sich auf
Frucht und Stroh sowie auf die z.T. noch ungerodeten Ländereien,
die der Pächter bis zum Ablauf der Pachtzeit in Weideland umwan-
deln muß.
Am 12.10.1795 wurde ein ähnlich lautender Pachtvertrag zwi-
schen Andries Vilvoyer (französische Schreibweise von Vilvoerder)
und Maria Theresia Moresnet einerseits und Johannes Kugel und
dessen Ehefrau Catharina Lavens andererseits abgeschlossen.
Wie wir sehen, betrieben die Besitzer der Mühle in den Jahren
1788 ff. dieselbe nicht persönlich, sondern gaben sie in Pacht.
Im Volksmund hieß die Hergenrather Mühle weiterhin Kup-
fermühle, obwohl aus den vorhandenen Unterlagen klar hervor-
geht, daß Keutgen, Kittel und Vilvoerder sie als Getreidemühle be-
trieben haben.
Die nächste Erwähnung der Mühle findet sich im Jahre 7 der
französischen Republik (d.h. 1799), und zwar im Kataster Hergen-
raths. Als Besitzerin wird Marie Therese Moresnet, Witwe von
Andre Vilvoye, angegeben. Einige Jahre später wird der Bürgermei-
ster aufgefordert, Angaben über die auf dem Gebiet seiner Gemein-
de entlang der Wasserläufe bestehenden Industrien zu machen. Ne-
ben der Fingerhutsmühle in Hauset und der Lohmühle in Hergen-
rath erwähnt er auch die südwestlich der Kirche von Hergenrath an
der Göhl gelegene Getreidemühle (”moulin ä farine a un simple
tournant”). Bürgermeister Chabert gibt als Besitzer Andre Vilvoer-
der an. Dieser war gewiß ein Sohn oder ein Neffe der Maria There-
sia Moresnet und des Andre Vilvoerder.
Während bei den anderen Betrieben das Alter angegeben wird,
weiß der Bürgermeister bei der Hergenrather Mühle keine diesbe-
züglichen Angaben zu machen.
23
Die alte Mühle ging (wann ist unbekannt) an Maria Gertrud
Kittel (eine Tochter des Gillis Kittel u. der M. Th. Moresnet?), wel-
che im Jahre 1813 als ”Müllerin” erwähnt wird. Sie heiratete Jo-
hann Joseph Mennicken.
Die Eheleute Mennicken-Kittel verkauften den Besitz an der
Göhl am 12.8.1816 an den Aachener Kaufmann Jakob Mauss. Der
Käufer erstand die Mühle und andere Gebäude, eine Wiese und ein
Wäldchen hinter der Mühle, das Ganze (- außer den Gebäuden -) in
einer Größe von 149 ar für die Summe von 12.557,52 Franken,
zahlbar 6 Monate nach Abschluß des Kaufvertrages. Der gen.
Mauss konnte den Besitz am 1. Mai 1817 antreten. Beim Verkauf
war die Mühle mit einer Gesamtschuld von 1.057,52 Franken zu
Gunsten der Hergenrather Kirche belastet.(8)
Am 23. Juli 1817 heißt es im Korrespondenzbuch der Gemein-
de Hergenrath, in hiesiger Gemeinde bestehe keine Mahlmühle
mehr.
Die Hergenrather lassen ihr Getreide in Kelmis, Astenet, Lont-
zen oder Eynatten mahlen, wo sie als Mahllohn entweder 1/16 des
zu mahlenden Getreides zahlen oder aber 15 Mark per Malter
(= 6,955 hl); Bäcker zahlen 12 Aachener Mark per Malter (9).
Über die Entwicklung der Hergenrather Mühle unter dem neu-
en Besitzer liegen nur spärliche Nachrichten vor. Der Tuchfabrikant
Mauss ließ vermutlich 1823-24 den Stauweiher, den heute noch be-
stehenden Mühlenteich, anlegen. Die Hergenrather Mühle betrieb
er 1823 als Spinnerei, 1826 als Walkmühle und 1836 als Mühle
”zum Walken, Rauhen und Scheren der Tuche”. In dem zuletzt ge-
nannten Jahre beschäftigte Mauss 17 Arbeiter. Der Hergenrather
Betrieb war offensichtlich nur ein kleineres Zweigwerk von Anlagen
desselben Mauss in Aachen.
1845 ist die Mühle im Besitz des Eupener Tuchfabrikanten
Caspar Paulus, der um die Genehmigung zur Anlage eines Stauwei-
hers, einer Wollwäsche und eines neuen großen Wasserrades ersuch-
te.(10) Das Korrespondenzblatt des Kreises Eupen vom 25.2.1847
meldet, die Mühle stehe ”aus freier Hand zu verkaufen”. Aus der
Verkaufsankündigung geht hervor, daß das ”Handlungshaus C.
Paulus in Eupen” den geplanten Stauweiher nicht angelegt hat :
"Das in der Gemeinde Hergenrath auf dem auch bei der
trockensten Witterung sehr wasserreichen Geulbucin gelegene
Fabrik-Etablissement Hergenrather Mühle genannt, umgeben von
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Alle, welche gegen die Anlage eines Stauweihers durch den Fabrikanten Mauss” ei-
nen Widerspruch zu machen sich befugt glauben”, werden eingeladen, bis zum 27.
Sept. 1823 ihre Einwände darzulegen.
25
13 Morgen dazugehörigen Wiesen mit Anlage zu einem großen
Stauweiher ist aus freier Hand zu verkaufen.
Die sehr vorteilhaften Bedingungen erfährt man bei dem unter-
zeichneten Notar. Schüller.”
Wie wir aus der Gemeindechronik wissen, lagen im Revolu-
tionsjahr 1848 alle Betriebe still. Die Arbeiter mußten zum Bau und
Unterhalt der Gemeindewege eingesetzt werden. Erst 1849-50 kam
die darniederliegende Industrie wieder langsam in Gang. Die Her-
genrather Mühle wird 1851 von den Gebrüdern Fey als Spinnerei
betrieben. Das Werk hat damals noch keine Dampfmaschine; es
wird ausschließlich durch Wasserkraft betrieben. Diese Wasserkraft
entsprach einer Dampfmaschinenleistung von 15 PS.
Die Gebrüder Fey beschäftigten 1853 14 männliche und 6
weibliche Personen, alle über 14 Jahre. Bei den Männern waren 11
Spinner, ein Haspler und 2 Lehrlinge, bei den Frauen 4 Drusseusen
(11) und 2 Hasplerinnen, Man zählte 5 Ässortiments und 950 Spin-
deln. (12)
1859 erhalten die Gebrüder Fey die Genehmigung zur Aufstel-
lung einer Dampfmaschine. Das folgende Jahr war für die Tuchin-
dustrie ein Jahr der Flaute, wovon die Spinnereien unserer Gegend
ganz erheblich betroffen wurden. Zahlenunterlagen aus dem Jahre
1861 geben für die Hergenrather Wollwäsche (Lohmühle) 7 männli-
che und 2 weibliche Arbeiter sowie 1 Aufseher an. In den beiden
Spinnereien (Hergenrather Mühle und Lohmühle) zählte man 1.904
Feinspindeln, 2 Fabrikleiter und 18 männliche und 39 weibliche Ar-
beiter. Leider liegen keine getrennten Angaben für die einzelnen Be-
triebe vor.
Der nächste Besitzer der Mühle war der Kaufmann C.G. Reis-
sert. Er setzte, so sagt die Gemeindechronik, die Spinnerei am 27.
Dezember 1866 wieder in Betrieb. Daraus kann man schließen, daß
die Arbeit einige Zeit geruht hatte.
Schon 1872 hat die Mühle wieder den Besitzer gewechselt. Der
Fabrikant Joh. Thomas Lemaire-Bree betreibt nun dort eine Spinne-
rei und eine Lohmühle. Doch schon Ende 1873 oder Anfang 1874
ging die Familie Lemaire in Konkurs. Das Kgl. Handelsgericht in
Aachen erklärte am 21. Januar 1874 den Faillitezustand. Infolge-
dessen wurde der Betrieb in der Spinnerei und Lohmühle eingestellt.
Auf Anstehen der Gläubiger, der Gebrüder Fey in Aachen,
wurde die Mühle am 22. April 1874 gerichtlich beschlagnahmt und
26
am 4. September desselben Jahres im Sitzungssaal des Königlichen
Friedensgerichtes zu Eupen öffentlich versteigert. Die Versteige-
rungsanzeige im Amtsblatt der Kgl. Regierung zu Aachen vom 25.
Juni 1874 gibt eine detaillierte Beschreibung aller zur Hergenrather
Mühle gehörenden und zum Verkauf stehenden Immobilien. Den
Text dieser Anzeige lassen wir hier auszugsweise folgen :
”Dieselben (Immobilien) sind gelegen in der Gemeinde Hergen-
rath im Kreise Eupen am Geulbache und bilden die sogenannte
Hergenrather Mühle mit Wasserkraft, bestehend in dem als Spinne-
rei und Wohnhaus dienenden Hauptgebäude, einem als Spinnerei
dienenden Anbau hierzu, einem Maschinenhaus für die Dampfma-
schine, einem Wollwäscherei- und Trocknereigebäude, einem Fär-
bereigebäude, sodann einem Öconomiegebäude, einer Lohmühle
mit Lohschuppen, Wiesen und großem Stauweiher, mit allen in den
verschiedenen Fabrikgebäuden befindlichen zur Spinnerei, Wollwä-
scherei, Trocknerei und Färberei und dem Betriebe einer Lohmühle
dienenden Maschinen und Utensilien und ferner mit allen zum Be-
triebe des Etablissements mittelst Wasser und Dampfkraft dienen-
den Gerätschaften.”
An Wiesen und Weiden gehörten zur Mühle 1 Ha und 92 Ar,
dazu ein ”Wasserstück, d.h. ein Teich, von 1 Ha und 11 Ar.
Die Gebäulichkeiten werden wie folgt beschrieben :
1. Das Hauptgebäude, worin sich beim Eingang links die Spinnerei
und dahinter nach dem Geulbache zu die Wohnung und das Maga-
zin befindet. Das Spinnereigebäude hat zwei Etagen, die je neun
Fenster haben und darüber zwei Speicheretagen, von denen die un-
terste auch neun Fenster hat. Es ist in Bruchsteinen gebaut und mit
Schiefern gedeckt. Nach Norden hat dasselbe im Parterre drei zuge-
mauerte Fenster, in der ersten, zweiten und in der Speicheretage je
drei Fenster. Das daran anschließende Wohnhaus ist in Ziegelstei-
nen gebaut, hat zwei Etagen und eine Speicheretage, die je fünf
Fenster mit hausteinernen Einfassungen haben. Parterre befindet
sich ein Einfahrtstor, eine Eingangstür zur Wohnung und zwei Fen-
ster; nach dem Geulbache zu eine Tür und je zwei Fenster, Hieran
schließt sich :
2. das nur aus einem Erdgeschoß bestehende, das Licht von oben er-
haltende neue Spinnereigebäude mit einem von einer Mauer umge-
benen Vorhofe, welches mit Asphaltpappe bedeckt ist; daran stößt :
27
3. das ebenfalls nur aus einem Erdgeschoß bestehende Kessel- und
Dampfmaschinenhaus, welches mit Asphalt bedeckt ist und eine
Tür mit Fenster und zwei Luftlöcher hat. Daneben befindet sich :
4. die mit Pfannen gedeckte Wollwäscherei und Trocknerei mit
dem Wasserrad. Sie hat nach Osten eine Etage mit zwei Fenstern.
Im Parterre befindet sich ein Tor und ein Fenster und nach Norden
elf Fenster, von denen eins mit Brettern zugedeckt ist. Daneben
liegt :
5. die in Ziegelsteinen erbaute mit Pfannen gedeckte Färberei, die
nach Süden ein Tor und nach Osten ein Fenster hat. Gegenüber
dem Hauptgebäude liegt :
6. die in Ziegelsteinen erbaute mit Pfannen gedeckte einstöckige
Lohmühle. Dieselbe hat nach Norden vier Fenster, nach Osten eine
Tür und ein Fensterloch und nach Süden eine Tür und fünf Fen-
ster. An dieselbe schließt sich :
7. der auf Holzpfeilern ruhende, in Pfannen gedeckte Lohschup-
pen, der nach Süden offen, nach Norden zugebaut ist. Südlich von
demselben liegt :
8. die ehemalige Pächterwöohnung. Dieselbe ist einstöckig, in
Bruchsteinen gebaut und mit Ziegeln gedeckt. Sie hat nach Norden
eine Tür und zwei Fenster und nach dem Geulbach zu kein Fenster.
Die Pächterwohnung wird vom Maschinenstocher Kremer mietwei-
se benutzt.
Alle übrigen Realitäten werden von den Subhastaten (= Versteige-
rern) selbst bewohnt. Erstgebot der Extrahenten (= der Gläubiger)
23.000 Taler.”
Bei der Versteigerung am 4. September 1874 erwarb der Aa-
chener Fabrikant Caspar Dondorf die Fabrik zum Preise von
23.005 Talern. Doch schon 1876 begegnen wir wieder einem neuen
Eigentümer auf der Hergenrather Mühle : August Kirschgens aus
Roetgen. Er betreibt in der Mühle eine Wollwäscherei und Karboni-
sieranstalt. Postdirektor C. Rutsch aus Eupen erwähnt die Hergen-
rather Mühle auf S. 278 seines 1879 erschienenen Werkes ”Eupener
Land” als ”ein recht bedeutendes Etablissement, stattliches Wohn-
haus und Fabrikgebäude mit hohem Schornstein, eine große Woll-
spinnerei mit Lohmühle enthaltend”. Rutsch schreibt, Eigentümer
sei Karl Dondorf aus Aachen, was sich nicht mit unseren Angaben
deckt.
Die Hergenrather Gemeindechronik vermerkt unter dem
20.2.1884 einen Großbrand in der Wolltrockene des August Kirsch-
28
gens zu Hergenrath. Dadurch sei das Hauptgebäude der Fabrik, wo-
rin auch Spinnerei betrieben wurde, abgebrannt. Zwei Brandsprit-
zen von Moresnet/Altenberg, eine Spritze von Walhorn und eine
von Hergernath waren im Einsatz und konnten ein Übergreifen der
Flammen auf die der Wollwäsche dienenden Nebengebäude, die
Lohmühle mit Lohschuppen und das Wohnhaus verhindern.
Das ”Echo der Gegenwart” berichtete lakonisch am 23.2.1884,
die Spinnerei Kirschgens sei abgebrannt.
Wie wir gesehen haben, wechselten die Besitzer der Hergenra-
ther Mühle recht häufig in jenen Jahren. Die vielen Konkurse erklä-
ren sich dadurch, daß nach einer Periode überhitzter Konjunktur im
Gefolge des deutsch-französischen Krieges 1870-71 viele Betriebe ‚,
Mitte der 70er Jahre Pleite machten. Das Wirtschaftssystem jener
Zeit war noch labiler als das unsrige. Es gab kaum eine länger an-
haltende Periode stetigen Wachstums und wirtschaftlicher Blüte.
Die Hergenrather Gemeindechronik folgt den Fieberkurven
der hier angesiedelten Betriebe. Greifen wir als Beispiel das letzte
Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts heraus. 1889 gingen die Betrie-
be in Hergenrath ”recht flott”, 1890 war ein Jahr ”großer Flaute” in
der Textilindustrie. Auch 1891 war recht ungünstig. Zudem stiegen
die Lebensmittelpreise stark an. Nach einem absoluten Tiefpunkt
im Jahre 1892 erlebte die Textilindustrie in den beiden folgenden
Jahren große Schwankungen. 1895 bis Mitte 1896 erholte sich die-
ser Sektor, um dann wieder wegen Arbeitsmangel häufiger die Ma-
schinen stoppen zu müssen. Im letzten Jahr des vorigen Jahrhun-
derts ”wurden die hiesigen Fabriken der Textilindustrie wieder an-
dauernd flott betrieben, wie das seit vielen Jahren nicht mehr der
Fall gewesen war. Überall zeigte sich ein Mangel an Arbeitskräften.
1900 verschlechterte sich die Lage wieder dergestalt, daß überall
Klagen laut wurden. Wegen Mangels an Aufträgen mußte mehr-
mals die Produktion vorübergehend eingestellt werden.”
Dieses ständige Auf und Ab in der Wirtschaft konnte nur ein
finanziell gut situierter Industrieller durchstehen,
Kirschgens baute die Hergenrather Mühle zur Kunstwollfabrik
um. Aus Lumpen und alten Kleidungsstücken, die nach Sortierung
in einen Reißwolf kamen, wurde Kunstwolle für die Spinnereien
hergestellt. In schwere Ballen gepreßt wurde die Wolle per Pferde-
fuhrwerk zur Bahn gebracht. Rund 20 Männer und ein Dutzend
Frauen fanden hier um 1900 Arbeit.
29
Bei einer Revision der Fabriken i.J. 1876 wurde im Betrieb des
August Kirschgens keine Kinderarbeit festgestellt. Die wöchentliche
Arbeitszeit in den Tuchfabriken und Spinnereien betrug 1883 78
Stunden; der Wochenlohn für gelernte Arbeiter zwischen 14 und 20
Taler, für ungelernte zwischen 12 und 14 Taler. Der Sonntagslohn
ist in diesen Zahlen nicht enthalten.
1897 wurden noch immer 66 Stunden wöchentlich gearbeitet.
Vom Durchschnittswochenlohn konnte ein ”gelernter” Arbeiter,
d.h. ein Facharbeiter, eine Frau und 4 Kinder ernähren. Die meisten
Haushalte hatten aber mehr als 4 Kinder ... R
AUG. KIRSCHGEN FA
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Briefkopf der Fa Kirschgens (1905)
Ging der Betrieb in der Hergenrather Mühle gut, so wurde so-
gar in Tag- und Nachtschicht gearbeitet. Ein Unfall bezeugt dies,
den die Karbonisiererin Josephine Severin aus Gemmenich in der
Nacht vom 1. auf den 2. Dezember 1886 zwischen zwei. und drei
Uhr erlitt; sie zog sich dabei eine Gehirnerschütterung und einen
Bruch des Schlüsselbeines zu. Einen tödlichen Unfall gab es am 13.
Januar 1888, als der Maurer Mathias Cremer aus Kesternich von ei-
ner Betriebsachse erfaßt und getötet wurde. Am 1.4.1889 geriet der
Karbonisierarbeiter Joseph Brandt aus Preußisch-Moresnet mit der
Hand zwischen zwei Kammräder eines Reinigungswolfs. Die Sicher-
heit der Betriebe war meistens nicht das große Anliegen der Arbeit-
geber.
30
Die Hergenrather Mühle beschäftigte, auch wenn die Revi-
sionsprotokolle dies nicht ausweisen, doch auch jugendliche Arbei-
ter. Da in Kelmis kein Schulzwang bestand, stellte Kirschgens 10-12
jährige Kinder aus diesem Nachbarort in seinen Betrieb ein. Bei In-
spektionen mußten diese Kinder schnellstens versteckt werden, da
die preußische Arbeitsgesetzgebung Kinderarbeit verbot.
Links des heutigen Mühlenweges lag die Produktionshalle mit
der daran anhängenden Wohnung des Besitzers. Gegenüber lagen,
mit dem Giebel zur Straße, parallel und nur wenige Meter auseinan-
der, die Wohnungen des Fuhrmannes und des Werkführers sowie
die Ställe der Pferde. Als Werkführer ist uns Johann Kitschgens be-
kannt, als Fuhrmann P. Broun. In den besten Zeiten - unter Kirsch-
gens und Klubert - sollen in 2 Schichten 60 - 100 Männer und Frau-
en im Betrieb gearbeitet haben. Nach eigenen Angaben beschäftigte
Kirschgens i.J. 1888 ständig 60 - 70 Personen. Die Frauen machten
nur eine Schicht. Zwei Meister, Wilhelm und Johann Vanaschen
aus Kelmis, beaufsichtigten der eine die Männer, der andere die
Frauen. Als Farbmeister fungierte Wilhelm Niessen aus Kelmis, als
Schlossermeister der Kelmiser Fryns.
August Kirschgens hatte eine begüterte Frau geheiratet. Die
Ehe blieb kinderlos. Nach dem Tode ihres Mannes lebte Frau
Adele Kirschgens geb. Kerres im Emmaburgerweg, im späteren
Haus Somjean. Ihr Vermögen vermachte sie z.T. den Armen dieser
Gemeinde. So kam die Armenverwaltung zu Haus und Hof ”zur
Linde”. Ein weiteres Haus auf Schampelheide (heute Dubei)
hinterließ Frau Kirschgens ihrem Dienstmädchen zur lebenslangen
Nutznießung. Nach deren Tod fiel es ebenfalls an die Armenverwal-
tung.
Der Neffe Kirschgens’, August Klubert, übernahm den Betrieb
Hergenrather Mühle am 15.11.1907. Der Name der Fa blieb unver-
ändert. Klubert führte die Kunstwollfabrik bis 1918. Über den Um-
fang des Betriebes in jener Zeit ist uns nichts bekannt.
Am 11.4.1918 verkaufte Klubert die Hergenrather Mühle an
den gebürtigen Deutschen, aber naturalisierten Schweden, Peter
Adolf Baldus.
Der Kaufvertrag zwischen Peter Adolf Baldus, Kaufmann zu
Datterfeld a.d. Sieg, und August Klubert, Kaufmann und Fabrikant
zu Hergenrath, wurde am 11.4.1918 abgeschlossen. Klubert bestell-
te Baldus ”zum selbständigen Leiter des von ihm bisher unter der
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Firma August Kirschgens zu Hergenrath betriebenen Geschäftes
für dessen ganzen Umfang und verpflichtet sich, dieses Geschäft mit
der Firma auf Herrn Baldus oder dessen Rechtsnachfolger im Eigen-
tum der heute verkauften Grundstücke bis spätestens 3 Monate
nach Friedensschluß auf Verlangen zu übertragen.
Herr Baldus gilt vom 1.4. dieses Jahres ab als der selbständige
Leiter des Geschäftes. Alle Guthaben, die aus der Zeit vor dem
1.4.1918 herrühren oder sich aus den zu diesem Zeitpunkte vor-
handen gewesenen Lagerbeständen an Lumpen und Kunstwolle er-
geben, hat Herr Baldus an Herrn Klubert abzuführen.
Für alle Verbindlichkeiten, die unter der Leitung des Herrn
Baldus entstehen, einschließlich der Geschäftssteuern, haftet Herr F
Baldus.”
Zur Mühle gehörten : eine Wollwäsche, ein Maschinenhaus,
eine Lohmühle, ein Kesselhaus, eine Karbonisieranstalt, ein Loh-
schuppen, eine Wasserkraftanlage, mehrere kleine Grundstücke so-
wie eine Wassergerechtsame. Die Grundstücke und feststehenden
Maschinen wurden für 70.000 Mark verkauft. 15.000 Mark zahlte
Baldus für die beweglichen Gegenstände. Die Wassergerechtsame
wurde für 45.000 Mark auf Baldus übertragen. Letzteres war ein
sehr hoher Preis, doch muß man berücksichtigen, daß die Eisenbahn
das Göhlwasser von Hergenrath nach Herbesthal pumpte. (Die
Pumpstation befand sich in der Nähe der Hammerbrücke.) Den an
der Göhl gelegenen Unternehmen Bailly (Hammermühle) und
Kirschgens mußte die Eisenbahngesellschaft ganz beträchtliche Ab-
gaben für das Göhlwasser zahlen. Bailly erhielt 2/3 der Abgaben, die
Fa Kirschgens 1/3.
Nach dem ersten Weltkrieg fand die Kunstwolle nur noch we-
nig Absatz. Der Anschluß Eupen-Malmedys an Belgien brachte zu-
dem eine Verschiebung der Absatzmärkte mit sich. Der Betrieb Her-
genrather Mühle stand manchmal über Monate still. Mitte 1933
kam Baldus in Zahlungsschwierigkeiten; am 31.1.1935 beantragte
die Banque de Bruxelles, der Hauptgläubiger, das Konkursverfah-
ren für das Hergenrather Unternehmen. Schließlich kam dasselbe
unter den Hammer.
Bei der am 6.7.1937 in Eupen stattgefundenen Zwangsverstei-
gerung ging die Mühle für 53.000 Frs an den aus Eupen stammen-
den Hergenrather Industriellen Theophil Arnold Leonard. Der Be-
trieb wurde jedoch nicht wieder aufgenommen.
34
Wenn die Hergenrather Mühle auch als industrieller Betrieb
der Vergangenheit angehört, so wird der Mühlenteich doch weiter-
hin an sie erinnern. Sein Pegel war regulierbar und ein davon ablei-
tender Kanal führte das Wasser auf das große Schaufelrad, das die
Maschinen antrieb. Führte die Göhl nur wenig Wasser, so bestand
die Möglichkeit, sie ganz in den Weiher und von dort zur Mühle zu
leiten. Von der Mühle aus floß das Wasser dann wieder ins normale
Bachbett zurück.
Quellen
1) Chambre des Comptes, 45.117 9
2) Stadtarchiv Aachen, Schultheißenbuch Walhorn, S.24, HS 165
3) Stadtarchiv Aachen, Gudungsbuch Hergenrath, Handschriften 29
4) Staatsarchiv Lüttich (AEL), Cours de Justice, Walhorn, 4 .
5) AEL, Walhorn, 219
6) AEL, Walhorn, 245
7) AEL, Notariatsakten Bounie
8) AEL, Notar Hennen
9) AEL, Kreis Eupen, Nr. 49
10) Korrespondenzblatt des Kr. Eupen, 22.8.1845
11) Drousseuse (frz) = Wollkämmerin
12) Staatsarchiv Lüttich, Kreisakten Eupen, 37.
E . 35
Das Katharinenstift zu Astenet (Forts)
E von Peter Zimmer
Wie wir in unserem Beitrag in der vorigen Nummer dieser Zeit-
schrift (”Im Göhltal” Nr. 39, S. 5-18) abschließend dargelegt haben,
bekam das Asteneter Stift in der Nachkriegszeit eine neue Bestim-
mung.
Zunächst wurde im früheren Pensionat, dem letzten Anbau
aus dem Jahre 1927, ein Kinderheim und im Anschluß daran eine
dreiklassige französischsprachige Primarschule eingerichtet.
Diese Schule war anfänglich den Kindern der öffentlichen In-
stanzen vorbehalten, wurde später aber allen Kindern zugänglich.
Außerdem konnten Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren in einen
Kindergarten aufgenommen werden, der von den Schwestern Berga
und Hermine erfolgreich geleitet wurde.
Die Betreuung älterer Knaben bis zu 10 Jahren übernahmen
die Schwestern Bonate-Dativa sowie Johanna-Matha; die noch älte-
ren standen unter der Obhut und Leitung der Schwestern Aquilina
und Arminia. An der Primarschule unterrichteten drei Lehrer, die
Gebrüder Henri, Robert und Camille Küppens. Einer von Ihnen,
Henri Küppens, war Schulleiter. Alle drei haben mit den Schwe-
stern dazu beigetragen, daß die Asteneter Stiftschulen weit und breit
bekannt waren und sich eines guten Rufes erfreuten. Bezüglich der
Schwestern aus der aufgelösten Filiale in Wandre ist noch erwäh-
nenswert, daß dieselben im Kriegsjahr 1940 nach Frankreich ge-
flüchtet waren. Voll Vertrauen hatten sie sich damals an die Jung-
frau der Armen von Banneux als Fürbitterin gewandt, um Schutz
und Beistand während dieser schrecklichen und gefahrvollen Zeit $
zu erlangen; dabei hatten sie versprochen, nach Kriegsende als
Dank hierfür öffentlich eine Muttergottesstatue aufstellen zu lassen.
Dieses Versprechen haben sie nach ihrer Rückkehr erfüllt, in-
dem sie vor der Asteneter Kapelle im Februar 1946 eine Mariensta-
tue zur Verehrung aufstellen ließen.
Auf dem Sockel kann man heute noch die Aufschrift, wel-
che in Zementbuchstaben angebracht wurde, lesen :
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Die Statue der Jungfrau der Armen, die als Dank von den Augustinerinnen
in einer Mauernische aufgestellt wurde
Wegen Grenzschwierigkeiten konnten die ewigen Gelübde
1947 noch nicht wie üblich im Mutterhaus zu Neuß abgelegt wer-
den. So wurde diese Feier, zu der die Generaloberin aus Neuß eine
Einreiseerlaubnis erhalten hatte, ausnahmsweise in der Asteneter
Kapelle veranstaltet. Sechs Schwestern, (Redempta, Margaretha,
Ravenna, Bonata, Richtrudis und Mechtildis) legten am 28. August
1947 die besagten Gelübde ab.
38
Schon im Juli 1947 hatte man zwecks Anschaffung neuer
Glocken in der. Glockengießerei Francois Sergeys Preisangebote ein-
geholt. Diese Gießerei erhielt den Auftrag und lieferte am 2. Sep-
tember 1948 zwei neue Glocken zum Preise von 19.560 F. Beide
hatten zusammen ein Gewicht von 227 Kg und waren auf fa und la
harmonisch abgestimmt. Betreffend die von den deutschen Behör-
den in Astenet beschlagnahmten und abtransportierten Glocken er-
hielt die Kirchenfabrik von Walhorn am 1. Februar 1949 seitens des
Justizministeriums zwei Bescheinigungen und gleichzeitig ein
Schreiben, in welchem mitgeteilt wurde, daß die dafür zuständigen
Stellen nichts dagegen einzuwenden hätten, wenn ein Dossier be-
züglich der beschlagnahmten Glocken eingereicht würde, um zu er-
reichen, daß die Kosten zur Anschaffung der neuen Glocken vom
Staate übernommen würden.
Die SI Schutz, die Rückführung und den Ersatz der belgi-
schen Glocken gebildete Kommission hatte bescheinigt, daß die bei-
den Asteneter Glocken (106 bzw. 70 Kg) trotz Nachforschungen in
Deutschland unauffindbar geblieben und folglich als endgültig ver-
loren zu betrachten seien.
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Die feierliche Weihe der 2 neuen Glocken am 28, September 1948 vor der St. Johan-
neskirche in Astenet. Links sitzend : der damalige Walhorner Bürgermeister Gocka
nebst Gattin. In der Bildmitte : der Dechant von Eupen, der Pfarrer von Walhorn und
Rektor Hubert Plumanns
38 Nachdem diese Angelegenheit wie vorgeschrieben erledigt
worden war, ließ man im selben Jahr Maurerarbeiten an der Kapelle
und am Rektorat zur Ausbesserung des Mauerwerks vornehmen.
Der Herr Rektor Hubert Plumanns erhielt am 11. Mai 1950
die Ernennung zum Pfarrer von Wirtzfeld, nachdem er rund 8 Jahre
lang im Katherinenstift pflichtbewußt als Priester tätig gewesen
war. Im Jahre 1965 trat er dann das Amt als Pfarrer in Lontzen an.
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Zahlreiche Einwohner aus Walhorn/Astenet und Lontzen nahmen an der
Glockenweihe am 28.9.1948 teil.
Mit dem gleichen Eifer, mit dem sie sich bemüht hatten, neue
Glocken für ihre Kapelle zu erhalten, waren die Schwestern vom
Katharinenstift während mehrerer Monate tätig, um dem Karmel-
kloster in Aachen die in Astenet aufbewahrte Kanzel so schnell wie
möglich zurückerstatten zu können.
Nachdem verschiedene Persönlichkeiten, u.a. Fürst von
Merode-Westerloo und Herr Blondiau aus Brüssel, das Vorhaben
der Asteneter Schwestern wohlwollend unterstützt hatten, konnte
die Fa. Heidner aus Welkenraedt am 30. September 1950 die 700
Kilo wiegende Kanzel ohne Schwierigkeiten nach Aachen zum Kar-
melkloster transportieren.
39
Aus einem Schreiben, welches die Priorin, Sr. M. Beatrice v.d.
hist. Euch., am 27. Oktober 1950, der Schwester Oberin in Astenet
zukommen ließ, ging deutlich hervor, welche große Freude die
Augustiner-Schwestern von Astenet den Schwestern in Aachen
durch Rückgabe der Kanzel gemacht hatten. Nachstehend sein
Wortlaut.
Wohl Ehrwürden, Liebe Schwester ÖOberin !
Verzeihung, daß ich Sie solange in Ungewißheit ließ ! Die Kan-
zel ist gut und unversehrt hier angekommen. Sie nimmt ihren Platz
schon ein, und am 3.10. konnte zum erstenmale das Wort Gottes
aus der Höhe erschallen. Alle sind hocherfreut über das große Ge-
schenk Ihrerseits. Daß Sie so großzügig waren, liebe Oberin und
Ehrwürdige Schwester, daß wird Ihnen der liebe Gott lohnen und
wir werden immer dafür dankbar bleiben. Für all ihre Mühen noch
einen besonderen Dank ! S
Unsere lieben Schwestern Magdalena und Johanna senden
herzliche Grüße und es wünscht Ihnen zu dem kommenden Feste
Christkönig und zu dem großen ersten November reiche Gnaden.
Ihre ergebene Priorin
Zuvor, im Mai 1950, hatte zur Freude der Schwestern in Aste-
net ein neuer Rektor seinen Einzug gehalten, und zwar der Herr
Hubert Hackens, der in Sittard, am 14. September 1893, das Licht
der Welt erblickt hatte. Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1930
hatte er zunächst als Professor am College St-Michel in Bree ge-
wirkt. 1933 war er ein Jahr lang im Institut St-Joseph zu Dolhain
und seit 1934 als Vikar in Gemmenich tätig gewesen. 1945 war er
zum Hausgeistlichen im Gefängnis zu Verviers ernannt worden.
Gut sieben Monate wirkte er als Rektor in Astenet, um
anschließend die Stelle als Pfarrer erst in Ligneuville, dann in Elsau-
te zu übernehmen. Von 1954 bis zu seinem Tode, am 16. Mai 1958,
war er Rektor im Franziskanerkloster Völkerich zu Gemmenich.
Sein Nachfolger, Herr Wilhelm Provaes, zu Schimmert in Hol-
land am 9. Mai 1897 geboren und 1924 in der Ordensgemeinschaft
der Montfortaner zum Priester geweiht, war nur vom 27. Januar
1951 bis 1952 Rektor in Astenet; nach kurzer Tätigkeit in La Gleize
kehrte er 1953 zum Bistum Tournai zurück.
In der Zwischenzeit, vom 3. Juli bis 30. September 1951, ver-
schönerte man die Kapelle im Asteneter Stift durch einen Innenan-
40
strich. Noch ehe diese Arbeiten beendet waren, fand Anfang Sep-
tember in Huy die Auflösung der dortigen Filiale des kleinen Semi-
nars, statt. Infolgedessen kehrten die Schwestern aus Huy wieder
nach Astenet zurück.
Im selben Monat, am fünfzehnten, übernahm Herr Leopold
De la Croix die verwaiste Rektorenstelle im Katharinenstift. Er war
geboren in Lüttich, am 17. Dezember 1914; dort hatte er auch am
20. Oktober 1940 die Priesterweihe empfangen und war dann Vikar
an Ste-Marie geworden. 1942 war er in ein Konzentrationslager
nach Deutschland verschleppt worden. Nach Kriegsende und bis zu
seiner Ernennung zum Rektor in Astenet war Rektor De la Croix
als Hausgeistlicher in einem Sanatorium in Leysin (Schweiz) tätig
gewesen. In Astenet fand er rasch Gelegenheit, sich bei allen Bevöl- .
kerungsschichten, ob bei den Asteneter Schützen, den Walhorner
Landfrauen oder als Beichtvikar im Eupener College Patronne, als
Priester und Ratgeber beliebt zu machen. Auch im Stift selbst nahm
er zahlreiche Arbeiten in Angriff und machte verschiedene An-
schaffungen.
Anfang der Modernisierung
Dieselbe begann durch die Errichtung einer Garage im Hofge-
lände am 12. November 1951. Sie wurde rege fortgesetzt während
der Jahre von 1954 bis 1958.
Den damaligen Zeitverhältnissen entsprechend, mußten am
Haus sowie am Wirtschaftsgebäude verschiedene Änderungen vor-
genommen sowie auf dem Gelände vor dem gesamten Gebäude-
komplex eine schöne Parkanlage geschaffen werden.
Um die Seitenwände im Innern der Kapelle eindrucksvoll zu
gestalten, ersetzte man am 17. Mai 1956 die alten aus dem Jahre
1908 stammenden Kreuzwegbilder durch neue. Bei diesen neuen
handelt es sich um Bilder aus aufgelegtem Messing, welche durch
die Firma Vandenhoutte aus Brüssel geliefert wurden und 35.700 F
kosteten. Dank der großen Spendefreudigkeit der Asteneter Bevöl-
kerung konnte diese Rechnung schon am 5. September 1956 begli-
chen werden.
Einige Monate zuvor war aber schon der Kreuzweg in der Ka-
pelle in einer schlichten aber eindrucksvollen Feier eingeweiht wor-
den.
41
Die Firma, die den Kreuzweg geliefert hatte, lieferte auch in
der Zeit von Dezember 1955 bis 7. Mai 1956 sämtliche kirchliche
Geräte : Speisekelche, Meßkelch, Monstranz, Kommunionteller,
Weihrauchfaß u.s.w., nachdem sie dieselben gründlich und ein-
wandfrei renoviert hatte, zum Preise von 20.355 F. |
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Die 14. Station des neuen Kreuzweges
Dann geschah etwas ganz Merkwürdiges. Der Postbote hatte
der Schwester Oberin einen an das Katharinenstift adressierten Brief
nicht aushändigen wollen, weil diese nur für die Gesellschaft die Er-
laubnis zur Unterschrift hatte. Durch diesen Vorfall mußte am 6.
November 1956 der Name der Gesellschaft umgeändert werden,
wodurch sie von diesem Zeitpunkt an den Namen ”Association des
” Sceurs Augustines a.s.b.l. Institut Ste-Catherine, Astenet/Walhorn”
und auf Deutsch, ”Gesellschaft der Augustinerinnen G.o.E. St. Ka-
tharinenstift, Astenet/Walhorn” erhielt.
42
Ein halbes Jahr später trat dann ein sehr erfreuliches Ereignis
ein, als am 22. Mai 1957 Mgr. Wilhelm Maria Van Zuylen, der seit
1951 Weihbischof des Bistums Lüttich war, das Katharinenstift be-
suchte und 40 Knaben des Pensionates das Sakrament der heiligen
Firmung spendete.
Neben den in einer Gesellschaft üblichen personellen Verände-
rungen kam es in Astenet auch zu betrieblichen Umstellungen. So
wurde, z.B., 1959 das Zugpferd verkauft und durch einen Traktor .
ersetzt.
Seit dem 12. März 1960 waren die nachstehenden Schwestern
Mitglieder der ”Gesellschaft der Augustinerinnen” in Astenet.
Becker Helene Schwester Lioba £
Flothmann Maria Schwester Humilitatis
Lenz Susanna Schwester Aszelline
Theissen Katharina Schwester Johanna.
Ab dieser Zeit setzte sich der Verwaltungsrat wie folgt zusammen :
Lenssen Maria Schwester Eugenie, Präsidentin
Havenith Elisabeth Schwester Christine, Vize-Präsidentin
Lenz Ursula Schwester Hemeline, Geschäftsführerin
Am 28. Januar 1964 mußte Rektor Leopold De la Croix sich
aus seinem Wirkungskreis verabschieden. Dort hatte sich sein Ge-
sundheitszustand trotz seiner unermüdlichen Tätigkeit dermaßen
gebessert, daß er zu dieser Zeit in Spa die Vikarstelle überneh-
men konnte. Im Jahre 1966 ging er dann als Pfarrer nach Theux
und 1970 in derselben Funktion nach Verviers an Notre-Dame.
Ein Infarkt zwang ihn zwei Jahre später, Verviers zu verlassen, um
im Altenheim von Embourg, wie 6 Jahre zuvor in Astenet, Rektor .
zu werden.
Im Stift war zur gleichen Zeit, als Herr De la Croix seinen Ab-
schied nahm, ein Priester mit Namen Jean Begond zur Erholung
eingetroffen. Dieselbe machte in Astenet ziemlich schnell gute Fort-
schritte und erlaubte diesem Priester schon bald, täglich eine heilige
Messe zu lesen sowie allmählich die Betreuung der Kinder und Pen-
sionäre zu übernehmen.
Kurz nach Ostern 1964 hatte er sogar wieder begonnen, am
College Patronne in Eupen Unterricht zu erteilen. Am 6. Juli 1964
wurde er von diesem Amt abberufen und zum Rektor des Asteneter
Katharinenstiftes ernannt.
43
Rektor Jean Begond, dessen Wiege in Verviers stand, wo er am
26. September 1921 geboren wurde, hatte am 22. Juli 1951 die Prie-
sterweihe empfangen. In seiner neuen Umgebung hatte er sich
schnell eingelebt und auch rasch das Vertrauen der gesamten Bevöl-
kerung erworben. Besonders verstand er es, die Kinder und Jugend- j
lichen zu begeistern, dem lieben Gott gerne zu dienen und gleichzei-
tig dadurch den Mitmenschen Freude zu bereiten. Dies ist auch
heute noch der Fall, nach mehr als zwanzig Jahren. Ebenso hilfreich
ist er auch stets für die Betagten und alle Einwohner von Astenet
zur Stelle gewesen.
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Rektor Leopold De la Croix reicht im Jahre 1963 den Erstkommunikanten
die Heilige Kommunion.
45
Trotz dieser erfreulichen Tatsachen stellten sich damals, im
Jahre 1964, manche Bewohner des Hauses ängstlich die bange Fra-
ge : ”Was wird aus uns werden; wenn die Augustinerinnen Astenet
verlassen ?”
Wegen Schwesternmangels und Missionsstationen in Afrika soll-
te Astenet, wie bereits die Generaloberin in Neuß den Schwestern
während der Exerzitien im Januar 1964 mitgeteilt hatte, aufgelöst
werden. Um das zu verhüten, waren im Verlaufe dieses Jahres meh-
rere Schritte unternommen worden.
Der erste diesbezügliche Schritt war der Versuch, einem Orden
aus Spanien das Stift anzubieten; er war erfolglos, weil die Schwe-
stern dieses Ordens angesichts der schlechten finanziellen Lage, in
der sich das Stift befand, dem Angebot eine Absage erteilten.
Daraufhin schaltete sich der mit unseren Gebieten sehr ver-
traute Mgr. Meunier, Generalvikar von Lüttich, als Vermittler ein
und fand schließlich die A.S.B.L. ”OZANAM” von Wegnez, die be-
reit war, die Stiftung als Altenheim mit den Schulden von zirka 3
Millionen zu übernehmen sowie auch weiterhin in Betrieb zu hal-
ten. Diese Gesellschaft war schon im Besitz eines solchen Hauses in
Wegnez, wo zwei bis drei Ehepaare gemeinsam und sorgenlos ihren
Lebensabend verbringen konnten.
Dieses Haus in Wegnez war im Jahre 1948 durch den Priester
und Pfarrer Smeets aus dieser Gegend zur Verfügung gestellt wor-
den. Smeets war ein freigebiger und großherziger Seelsorger, der sich
aber auch sehr um das leibliche Wohl hilfsbedürftiger Menschen
kümmerte, dem aber andererseits die Begabung fehlte, allein mit der
Verwaltung des Hauses fertig zu werden.
Als dasselbe dann während der Jahre 1952/53 in finanzielle
Schwierigkeiten geriet, war es ein Herr Franssen, der dafür sorgte,
daß es vor dem Bankrott gerettet wurde, indem er in dieser Ort-
schaft eine Gesellschaft ohne Erwebszweck mit Namen ”OZA-
NAM” ins Leben rief,
Die Mitglieder dieser Gesellschaft waren von großer Hilfsbe-
reitschaft beseelt und erklärten sich selbstlos bereit, rund drei Jahre
lang jeden Sonntag Kollekten abzuhalten, um die in diesem Hause
begonnene Tätigkeit weiter aufrecht erhalten zu können.
Aber nicht nur das gelang den Mitgliedern dieser Gesellschaft.
Sie schafften es auch noch, aus dem Ertrag der Sammlungen gewis-
sen armen Kindern, wie z.B. in Prayon, und auch Missionaren finan-
46
zielle Hilfe zu gewähren. Als dann, wie schon erwähnt, im Januar
die Augustinerschwestern von Neuß den Beschluß gefaßt hatten,
Astenet aufzugeben, um in Afrika eine Missionsstation zu eröffnen,
und durch Vermittlung von Mgr. Meunier italienische Schwestern
sich bereit erklärten, sich in Astenet niederzulassen, wenn dort keine
Kinder zu betreuen wären, war es wieder der Herr Franssen, der im
November ankündigte, daß die A.S.B.L. OZANAM, Wegnez, be-
reit sei, das Stift in Astenet ohne Kinder zu übernehmen sowie die-
selben, falls sie nirgendwo anders Aufnahme fänden, nach Dolhain
zu schicken. Mit diesem Vorschlag bezüglich der Kinder war auch
Kanonikus Pluymers seitens des Bistums einverstanden, was schrift-
lich bestätigt wurde.
Außer dieser Zusage übernahm ”OZANAM” noch die nach-
i stehenden Verpflichtungen :
— Eine Schuld von über 3 Millionen Franken anzuerkennen und
zu tilgen;
— Die Heizungsöfen, Rohrleitungen, Heizkörper sowie die ge- .
samte elektrische Anlage im Hause zu erneuern;
— Für das Haus einen Aufzug anzuschaffen und einbauen zu las-
sen; Kosten rund 600.000 F;
— In jedem Zimmer einzelne Schellen, Kalt- und Warmwasserlei-
tungen sowie an den vorgeschriebenen Stellen einen Feuerhahn
anzulegen;
— Am Gebäude Anstreicher- sowie im Hause Tapezierarbeiten
auszuführen und nach und nach auch für die Ausbesserung des
Parkettwerkes zu sorgen.
Anhand dieser kurzgefaßten Angaben wird wohl jeder Leser
feststellen können, daß damals der Herr Antoine Franssen und sei-
ne Mitarbeiter in der Gesellschaft "OZANAM” von einer einzigarti-
gen Nächstenliebe beseelt waren und auch heute noch sind. Durch
dieselbe haben sie auch den erforderlichen Mut und die zähe Aus-
dauer erlangt, damals die Stiftung zu übernehmen sowie trotz der
ungünstigen Zeitverhältnisse als Wohltätigkeitsanstalt in der hiesi-
gen Gegend zum Wohle zahlreicher Betagten weiterhin aufrecht zu
erhalten. Für diese edlen und noblen Taten sei all diesen Herren so-
wie denjenigen, welche diese Gesellschaft durch Rat und Tat wohl-
wollend unterstützen, an dieser Steile Lob und Dank ausgespro-
chen !
Auch der Schwester Rita-Casia, welche ganz plötzlich im
Krankenhaus zu Neuß am 17. April 1965 in der Karsamstagnacht
47
verstarb, kurz bevor die Augustinerinnen ihren Wirkungskreis ın
Astenet verließen, soll an dieser Stelle ein ehrendes Gedenken ge-
widmet werden ! Denn alle, die sie gekannt haben, werden sich noch
daran erinnern, daß sie es war, die zu dieser Zeit durch den ambu-
lanten Krankendienst, für den sie in Astenet die Verantwortung
trug, großartige Werke der Nächstenliebe ausübte.
Mit außergewöhnlichen Liebe und Güte sowie stets hilfrei-
chen Händen betreute sie alle ihr anvertrauten Kranken. In hervor-
ragender Weise verstand sie es auch, diesen leidenden Menschen
mit ihrem von christlichem Mitgefühl durchdrungenen und stets für
Kranke schlagenden Herzen Trost und Erquickung zu spenden.
Ebenso widmete sie sich mit großer Fürsorge als Sakristanin
der Kapelle. Sie scheute weder Mühe noch Arbeiten, um dieselbe
anläßlich der Gottesdienste an den verschiedensten Feiertagen ein-
drucksvoll und einladend zu schmücken. Deshalb wurde sie auch zu
ihrer Lebzeit allgemein und zu Recht ”Engel von Astenet” genannt.
% Sie wurde als letzte der Augustinerschwestern am 22. April
1965 auf dem Friedhof in Walhorn beerdigt, wo heute noch ihr Na-
me sowie auch die der anderen Schwestern auf der Grabplatte deut-
lich lesbar ist.
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Die Grabplatte der Grabstätte mit den Namen und Sterbedaten der Schwestern, die
im Stift tätig gewesen sowie in Walhorn beerdigt worden sind
(Foto A. Jansen)
49
Infolge der Wunder und der vielen Gnadenerweise, die sie ;
durch ihre Fürsprache für zahlreiche Menschen in Nöten und Be-
drängnissen von Gott erwirkte, ist nur zu wünschen, daß auch in
Astenet die heilige Rita weiterhin verehrt und in unseren trüben
Zeiten der Menschheit Not und Elend durch ihre Fürsprache gelin-
dert werde, wie es einst durch den sogenannten Engel von Astenet
vielfach geschehen ist !
Eine gute Woche nach dem Begräbnis von Schwester Rita-
Casia nahmen am 1. Mai die Schwestern Winanda und Hildegard
Abschied vom Stift.
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1965 - Die Erstkommunikanten
Das Mädchen ist die Schwester eines italienischen Jungen. Zusammen mit ihrem
Bruder empfing sie zum erstenmal im Stift die heilige Kommunion. ;
Von links nach rechts hinter ihnen : Lehrer Robert Küppens, Rektor J. Begond,
Schwester Aquilina sowie die Lehrer Becker und C. Küppens
Die letzte Erneuerung der Taufgelübde durch 93 Kinder vom
Stift fand am 9. Mai 1965 statt, und das Kinder- und Erholungsheim
löste man dort am 25. Juni 1965 nach der heiligen Messe auf.
51
stift Gott dem Herrn und zahlreichen Mitmenschen treu gedient
hatte, fanden ihre Exequien 4 Tage nach ihrem Tode in der Johan-
neskirche zu Astenet und ihre Beerdigung auf dem Friedhof in Wal-
horn statt.
Kurz danach schlug auch die Abschiedsstunde für die nachste-
henden Schwestern, die man nur ungern aus dem Stift in Astenet
scheiden sah. Sie trugen die Klosternamen Lukretia, Hermeline,
Lioba, Theresina, Bonfilia, Herembalda, Humilitatis, Datavia, Wi-
nanda, Hildegard, Johanna-Matha, Cleopatra, Berga, Lea, Maria-
Clemens, Mechtilda, Florentina, Consolatrix, Astrudis, Aquilina
und Trutha.
Am 2. August 1965 verließen Astenet als letzte Augustinerin-
nen die Oberin Christine sowie die Schwestern Marie-Therese und
Walfrieda. Wie alle anderen fanden auch sie Aufnahme in Neuß,
Krefeld, Viersen, Gummersbach, Mariadorf, Dormagen und Solin-
gen. Inner- und außerhalb dieser Häuser haben sie weiterhin als
barmherzige Schwestern Gott und den Mitmenschen gedient !
Schluß folgt.
52
Die An- und Umbauten
an der Pfarrkirche von Moresnet
von Alfred Jansen
Bis in die sechsiger Jahre wurde die Pfarrkirche von Moresnet
an den beiden Längsseiten noch von einem alten Friedhof begrenzt.
Windschiefe Grabkreuze inmitten eines dicken Grasteppichs
mit dem an solchen Orten üblichen Baumbewuchs gaben dem Got-
teshaus ein friedliches, aus vergangenen Zeiten stammendes Ausse-
hen, das durch die unmittelbar an der Kirche angrenzenden alten
Fachwerkhäuser sowie das grobe Kopfsteinpflaster der Dorfstraße
noch unterstrichen wurde. Die Verlegung einer neuen Kanalisation,
die zwangsläufig die Erneuerung der Straßendecke nach sich zog,
führte dazu, daß der Friedhof zur Straßenseite hin eingeebnet wur-
de. Die im Jahre 1887 errichtete, 1,25 m hohe Mauer, die den Got-
tesacker umschloß und außerdem ein fast meterhohes Eisengitter
trug, reichte bis zur vollen Höhe des Erdreiches der Totenstätte.
Das Ganze fiel den Sanierungsarbeiten zum Opfer, und die alten
Kreuze fanden an der Nordwestseite der Kirche einen neuen Platz.
Vom Stil her wirkt die Moresneter Kirche recht unein-
heitlich.
Wir stehen vor einem Bauwerk, das schon immer im Laufe der
letzten Jahrhunderte Gegenstand baulicher Veränderungen,
Vergrößerungen und besonders Instandsetzungsarbeiten gewesen
ist.
So meldet die Chronik, daß am 26. April 1653 die Gemeinde
Moresnet den hohen Rat von Brabant um die Genehmigung bat, 20
Bunder Ackerland zu verkaufen, um ihre durch Krieg und Not ent-
standenen Schulden zu bezahlen und um die Kirche auszubauen.
Belegt ist ebenfalls, daß in den Jahren 1771 bis 1776 der dama-
lige Dechant v.Bierens für die Restauration des Turmes und der Ab-
fänge der Kirche von Moresnet bedeutende Ausgaben verbuchen
mußte. Einige Jahre später, am 27. Mai 1781, kam ein Vertrag zwi-
schen dem regierenden Bürgermeister von Moresnet und dem De-
chant zustande, der die Vergrößerung der dortigen Kirche und die
Erhöhung des Turmes vorsah.
54
Im nachhinein sind die fertigen Arbeiten von den‘ Aachener
Werkmeistern Queck und Leuchtenrath begutachtet worden.
So ist es denn auch nicht weiter verwunderlich, daß die bauli-
chen Veränderungen im Laufe der Zeit ein Gebilde geschaffen ha-
ben, dessen architektonische Aspekte nicht immer miteinander im
Einklang stehen.
Da fällt zuerst auf, daß das Vorgebäude mit dem Glockenturm
aus Ziegelsteinen in krassem Gegensatz zu dem braunen Naturstein
steht, aus dem die Kirche erbaut wurde.
Diese unterschiedliche Architektur mag seine: Erklärung
darin finden, daß im Herver Land während des 19. Jahrhunderts
zahlreiche Kirchen nach diesem Muster gebaut wurden (Grand-
Rechain, Xhendelesse); das hat womöglich den Architekten
veranlaßt, nach diesem Schema fortzufahren.
Anlaß zu dem neuen Turmbau war der desolate Zustand des
alten Kirchturms, der Risse aufwies und einzustürzen drohte.
Es war dieses Thema, das in der Sitzung vom 7. Juli 1861 des
Kirchenrates von Moresnet zur Debatte stand. Einig war sich der
Vorstand, daß der Bau eines neuen Kirchturmes nicht zu umgehen
war; man hatte auch schon den Bauunternehmer Antoine Terwa-
gne beauftragt, einen vorläufigen Kostenanschlag auszuarbeiten.
”In Anbetracht dessen”, vermerkt das Protokoll, ”daß derselbe
sich auf die Summe von 21.283 F_ beläuft;
”in Anbetracht, daß die Einnahmequellen des Kirchenrates es nicht
gestatten, diese Bauarbeiten selbst zu finanzieren, es dem Kirchen-
rat wohl möglich ist, mit einer Summe von 3.000 F, die aus den Op-
ferstöcken der Gnadenkapelle am Eichsen stammen und die in ei-
ner Lütticher Bank festliegen, zu den Unkosten beizutragen,
beschließt der Kirchenfabrikrat, diese Summe dem Gemeinderat zur
Verfügung zu stellen.”
Damit wurde den Gemeindevätern die Verantwortung zuge-
schoben. Auf keinen Fall konnten diese einem drohenden Einsturz
des Turmes untätig zusehen. Fast drei Jahre lang erwähnt das Pro-
tokollbuch nichts mehr über den geplanten Turmbau. Dann, am 3.
April 1864, beratschlagt die Versammlung erneut über den Betrag
von 3.000 F und beschließt, die nötigen Schritte einzuleiten, der
Deputation das Geld zur Verfügung zu stellen.
Es war aber eine reine Formsache, denn die Vorbereitungen
waren so weit gediehen, daß mit dem Bau begonnen werden konnte.
56
Mit seinem Sockel aus Blaustein stellt der neue Turm ein drei-
achsiges Gebäude dar, dessen Mittelstück ein Risalit mit
abschließendem Giebeldach ist; die beiden Seitenkapellen, mit
schräg abfallendem Dach, sind niedriger gehalten.
Die Gewände der Fenster ruhen auf vorstehenden Gesimsen
und sind glatte Monolithe. Der abschließende Rundbogen zeigt dop-
pelte Dicke, die äußeren Seiten treten wulstartig hervor und ruhen
beiderseitig auf Kragsteinen. Das Eingangsportal, zu dem fünf Stu-
fen aus Blaustein emporführen, besteht ebenfalls aus Monolithen,
die reliefartig gehalten sind. Den Abschluß bildet ein Rundbogen mit
zusätzlichen Giebelverdachungen und abschließendem Christus-
kreuz, was zur einheitlichen Formgestaltung der Fassade beiträgt.
Der eigentliche Turm beginnt mit einem Sockel aus Blaustein, .
wird mit Ziegelmauerwerk weitergeführt, in das dann nach allen
vier Seiten hin Bogenfenster eingebaut wurden, die die Zifferblätter
der Turmuhr aufnahmen. «
Von der Traufe aus verjüngt sich der Dachaufbau zusehends,
nimmt an den vier Seiten mit Giebeldach versehene Gaupen auf
und endigt achtseitig spitz auslaufend.
Besonders aber ist die aus dem maasländischen Stil übernom-
mene rhythmische Baugliederung der Blausteine an den Ecken,
einschließlich des Risalits, hervorzuheben, die durch Form- und
Farbgestaltung dem Gebäude zu Eleganz verhilft.
Trotz alledem kann die Diskrepanz zwischen Turmvorbau und
Kirchenschiff nicht verleugnet werden.
Zum Schluß - ganz prosaisch - der Preis, den der neue Turmbau
gekostet hat : 24.909,68 F.
Im Jahre 1892 wurde vom Kirchenrat die Vergrößerung der
Sakristei geplant. Der Raum, der bis dato diesen Zweck erfüllt hatte,
war ein kleines Gebäude mit schräg abfallendem Dach, hatte maxi-
mal 3 x 3 m Innenraum und klebte an der rechten Chorseite der Kir-
che. Vorgesehen wurde ein Anbau, der, quer zum Gotteshaus ste-
hend, mit der kleinen Sakristei ein Ganzes bildet.
Mit den Maßen 7,10 m x 5,80 m, aus Bruchstein ausgeführt,
sollte das neue Haus einen Keller sowie einen über eine Treppe zu
erreichenden Dachboden aufweisen. Beachtenswert sind vor allem
die Mauern, die mit einer Dicke von 0,60 m etwas ungewöhnlich für
ein so kleines Bauwerk anzusehen sind.
57
Der Kostenanschlag belief sich auf 3.834,08 F. Der Kirchenrat
beantragte für diesen Neubau von keiner Seite irgendeine Unter-
stützung. Eigenes Geld sowie Spenden sicherten die Finanzierung
der neuen Sakristei, die im Jahre 1895 errichtet wurde.
In einem Passus des Bauvertrages stand, daß der Unternehmer
drei Monate Zeit habe, seinen Auftrag zu Ende zu führen, andern-
falls müsse er für jeden überfälligen Tag eine Konventionalstrafe
von 10 F zahlen.
Unter dem Datum des 15. Januar 1896 wurde für die Kirche
von Moresnet von der Glasmalereifirma Binsfeld-Jansen aus Trier
für gelieferte und eingesetzte Kirchenfenster eine Rechnung in Hö-
he von 4.500 Mark ausgestellt. Es handelt sich hier um zwei Chor-
fenster mit Ornamenten, um zwei weitere Chorfenster mit Figuren
sowie um 12 Fenster des Kirchenschiffes, ebenfalls mit Figuren.
Von den Fenstern im Kirchenschiff haben drei bis auf den heu-
tigen Tag überlebt, und zwar auf der Epistelseite das erste ganz
rechts, das den hl. Vinzenz darstellt, dann an der linken Kirchensei-
te die beiden ersten ganz links, die den hl. Aloisius sowie den hl.
Antonius erkennen lassen. Das erstgenannte Fenster ist eine Schen-
kung des damaligen Pfarrers Schmit; vielleicht sind auch die ande-
ren von wohlhabenden Bürgern gespendet worden.
Die restlichen Fenster sind am 10. Mai 1940 bei der Sprengung
des in der Nähe liegenden Eisenbahnviadukts zerstört worden. Die
im nachhinein neu eingesetzten Fenster zeigen vor allem zeitgenös-
sische Glasmalerei und sind allesamt Schenkungen von Moresneter
Einwohnern.
Die Moresneter Kirche stammt in ihrem Kern aus dem Jahre
1673. Über das Aussehen des vorherigen Gotteshauses besitzen wir
keine Unterlagen.
Die Rundbogen der Fenster weisen zurück auf das romanische
Mittelalter und bis zu Beginn unseres Jahrhunderts hatte das Kirch-
lein ein steil abfallendes Satteldach, das fast großflächiger schien als
die Seitenwände, was den Bau noch kleiner erscheinen ließ, als er
wirklich war.
Aber ein über zwei Jahrhunderte langes Dasein hinterläßt un-
weigerlich seine Spuren. Zu Beginn unseres Jahrhunderts war das
Dach in einem desolaten Zustand. Das war der ausschlaggebende
Grund, das Gotteshaus einer gründlichen Renovierung zu unterzie-
hen.
58
Der zu dieser Zeit in Moresnet amtierende Pfarrer beauftragte
im Einvernehmen mit dem Kirchenvorstand den Architekten Phili-
” part aus Herve, ein Gutachten zu erstellen.
Dieses fiel sehr schlecht aus. Es hieß darin, das ganze Dach sei
in einem so verfallenen Zustand, daß es ganz erneuert werden müs-
se. Die Eisenstifte, die zum Festhalten der Schieferplatten dienten,
waren durchgerostet, so daß dieselben keinen Halt mehr hatten. Er
empfahl, bei einer Neubekleidung des Daches Kupfernägel zu ge-
brauchen. Er schlug weiter vor, durch Hochziehen der Wände des
Mittelschiffes dem Gebäude ein stattliches Aussehen zu geben und
dem Inneren durch Rundfenster mehr Licht zuzuführen.
Nachdem alles begutachtet und beschlossen war, wurde Herr
Philipart mit der Ausarbeitung der Pläne beauftragt. Zuvor aber
hatte die Gemeindeverwaltung ihre Zustimmung zu erteilen. Auf ei-
ner Ratsitzung aus dem Jahre 1906 wurde das Gutachten des Archi-
tekten zur Kenntnis genommen und befürwortet.
Es galt in erster Linie die Finanzierung des Projektes zu si-
chern. Die Gemeindekasse wollte mit 10.000 F die Restaurierung
unterstützen. Der Pfarrer seinerseits appellierte an die
Großzügigkeit der Einwohnerschaft des Dorfes, die in der Tat einen
bedeutenden Teil der bevorstehenden Ausgaben aufbrachte.
Die Bauarbeiten wurden ausgeschrieben und zwei Interessen-
ten machten Kostenanschläge. Der Unternehmer Cremer aus Teu-
ven veranschlagte einen Preis von 25.328 F. Die Baufirma Brandt
aus Welkenraedt dagegen unterbreitete einen Kostenanschlag von
20.690 F. Das preisgünstigere Angebot war ausschlaggebend und
diese Firma erhielt somit am 3.7.1909 den Zuschlag.
Da man nun doch im Begriff stand, umfangreiche Arbeiten
durchzuführen, wurde auch beschlossen, zu gleicher Zeit eine neue
Heizung anzulegen, die auf rund 4000 F veranschlagt wurde.
Dem Plan entsprechend mußte das ganze Dach abgetragen
und die Mauern über den Säulenreihen sowie an der Chorseite er-
höht werden. Dadurch blieb die Höhe der Seitenschiffe erhalten,
während das Mittelschiff sich bedeutend von der früheren Dachhö-
he abhob, wodurch der ganze Bau ein imposanteres Aussehen er-
hielt.
Ein Dachreiter von fünf Metern Höhe war als Gegenstück
zum Turm vorgesehen.
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Der Umbau der Kirche im Jahre 1909
Die Arbeiten wurden im Jahre 1909 durchgeführt und dem Be-
sucher bietet sich, sieht man von einigen widersprechenden Kleinig-
keiten ab, eine adrette Kirche dar.
Tritt man in die Kirche ein, so fallen dem Betrachter die auf die
Säulen aufgesetzten hohen Seitenmauern auf, die mit einem Ton-
nengewölbe abschließen. Diese sind zwar in der oberen Hälfte durch
Rundfenster unterbrochen, können aber nicht darüber hinwegtäu-
schen, daß die kahlen glatten Wände im krassen Gegensatz zu der
ursprünglichen Baustruktur stehen.
Wandert der Blick weiter, so bleibt er wieder auf der
abschließenden Chorwand haften. Es fällt auf, daß diese viel niedri-
ger als das Mittelschiff gehalten ist.
Es ist dies der Gesellschaft ”Sites et Monuments” zu verdan-
ken, die aus rationellen Gründen das Kirchenchor in seiner ur-
sprünglichen Größe liel.
Übrig geblieben sind in ihrer ganzen Schönheit die Seitenschif-
fe, die mit ihrem Kreuzrippengewölbe eine herrliche Perspektive
61
Die Seitenschiffe sind dabei ein wenig zu kurz gekommen; man hat
die dekorativen Spitzbogen weggelassen und sich mit einer flachen
Wölbung begnügt.
Es war natürlich selbstverständlich, daß nach dem Umbau im
Jahre 1909 das Innere der Kirche einen Anstrich bekommen mußte.
Die für dieses Projekt verpflichtete Lütticher Malerfirma E.L. Ja-
min freres erstellte schon im März 1908 einen Kostenanschlag von
4650 F. Zudem mußte die Firma detaillierte Pläne vorlegen, wie das
Innere aussehen werde.
Der erste Vorschlag wurde vom Provinzgouverneur sowie von
der Denkmalschutzkommission abgewiesen; erst eine wesentliche
Verbesserung brachte den endgültigen Auftrag.
Hier wäre noch eine Parallele erwähnenswert. In dem Proto-
kollbericht des Kirchenrates vom 18. August 1869 wird dem An-
streichermeister Radermacker aus Kelmis der Auftrag erteilt, das In-
nere der Kirche zu tünchen und das mit einem dreifachen Anstrich
für die Summe von 90 F. (neunzig!!)
Mit dem Abbruch des alten Kirchturms im Jahre 1864 sowie
dem Bau des neuen war die Orgel arg in Mitleidenschaft gezogen
worden. In einer Sitzung vom 3. Oktober 1897 wurde ein Kosten-
anschlag verlesen, der die notwendigen Reparaturen aufzählte. So
mußten u.a. sämtliche Orgelpfeifen abgenommen, gereinigt, gerich-
tet und ausgebeult werden. Ein neuer Blasebalg mit doppeltem Be-
hälter war anzubringen und Register zu ersetzen, um nur das Not-
wendigste anzuführen. Von dem ursprünglichen Orgelwerk muß
nicht mehr viel übriggeblieben sein.
Für die Instandsetzung wurde eine Summe von 1.530 F veran-
schlagt. Dank der Initiative des Herrn Pastors J. Ossemann steht die
Orgel jetzt unter Denkmalschutz,
Die Glocken der Pfarrkirche von Moresnet
Es lohnt sich, das Thema ”Kirchenglocken” getrennt zu behan-
deln.
In der Kirchenratssitzung vom 3. April 1864 kommt das Pro-
blem zur Sprache.
Im alten Kirchturm hingen zwei Glocken, eine von 530, die an-
dere von 340 kg. Es ging um die Verlegung derselben vom alten in
62
den neuen Turm. Man zog den Glockengießer Van Aerschot aus
Löwen zu Rate; dieser kam zu folgendem Ergebnis :
Die große Glocke in B (Ci b) wies einen guten Klang auf, dagegen
war die kleine Glocke schlecht und taugte nicht mehr viel. Er schlug
vor, die große Glocke beizubehalten, dagegen solle die kleine ein-
geschmolzen werden, um eine Glocke von 230 kg in ”re naturel” (D)
zu gießen.
Die Bedingungen des Glockengießers waren folgende : Die klei-
ne Glocke wird umgeschmolzen zum Preise von 0,50 cent das Kilo-
gramm, macht 115 F. Die restlichen 100 kg sollen zum Preise von
0,50 cent das Kilogramm einer dritten zu gießenden Glocke von 830
kg Gewicht beigefügt werden. Die fehlenden 730 kg Gußmaterial
liefert er zum Preise von 3,70 F das Kilogramm. N
Die Glockenschwengel sowie die Armaturen, um die Glocken
im Gestühl aufzuhängen, belaufen sich auf 300 F. Endsumme :
3.166 F. Die Zahlungsbedingungen sind folgende :
2/3 der Summe sind acht Tage nach Aufhängung der Glocken im
Turm fällig, das letzte Drittel zinslos ein Jahr danach. Sollte der
Kirchenvorstand seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, wer-
den die rückständigen Zahlungen mit 4 1/2% Zinsen belastet.
Der Glockengießer verpflichtet sich seinerseits, auf seine Ko-
sten jede Umschmelzung an den Glocken vorzunehmen, sollten sich
innerhalb eines Jahres Fehler oder Beschädigungen an den Glocken
zeigen. Außerdem garantiert er für die harmonische Klangabstim-
mung derselben. Das Protokoll schließt mit dem Vermerk, daß in
Anbetracht der Tatsache, daß für die Anschaffung und den Umguß
der Glocken seitens des Ortspfarrers eine Summe von 1.050 F sowie
seitens des Marquis de Resimont die Summe von 400 F zur Verfü-
gung stehen, daß außerdem der Restbetrag von 1.716 F durch
Spenden und Kollekten gesichert ist, es dem Kirchenrat für ange-
bracht erscheine, den Herrn Aerschot mit dem Glockenguß zu be-
auftragen.
In der Sitzung vom 3. Juli 1864 kommt das Thema nochmals
zur Sprache. In etwas abgeänderter Form beschloß man folgendes :
In Anbetracht, daß die kleine Glocke durch einen Riß einen Fehl-
klang auslöst;
In Anbetracht, daß dieselbe auch nur durch einen halben Ton von
der Großen abweicht;
In Anbetracht, daß das vorteilhafte Angebot des Glockengießers
Aerschot aus Löwen ausschlaggebend ist;
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Die schwere Glocke von 730 kg, die seit 1865 im Turm hängt
In Anbetracht, daß eine neue Glocke von 730 kg in G (sol) in besse-
rer Übereinstimmung mit der Glocke B (Ci b) steht, beschließt der
Kirchenrat, die kleine Glocke einzuschmelzen und eine große von
730 kg gießen zu lassen.
Dieselbe soll folgende Beschriftung erhalten : ”Sancte Remigi
ora pro parochia Moresnet”. Außerdem soll dieselbe in Relief die
Bildnisse der hl. Petrus, Remigius, Joseph, Antonius v. Padua, An-
tonius des Einsiedlers und des hl. Rochus aufweisen.
64
Man sieht, daß der Beschluß der vorhergegangenen Sitzung ab-
geändert wurde; das hatte folgenden Grund :
In dieser Versammlung wurde ein Brief verlesen, der von der im Ort
ansässigen Marquise de Resimont stammte und der besagte, daß die-
se Dame der Pfarre eine Glocke im Gewicht von 230 kg schenken
wolle. Es erübrigt sich wohl zu vermerken, daß diese Schenkung ein-
stimmig angenommen wurde.
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Die von der Marquise de Resimont gestiftete Glocke von 230 kg
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Die im Glockenturm aufgehängte neue Glocke - September 1985
Am 1. Oktober 1865 hängen drei Glocken im Kirchturm. Die
Art. 7 und 9 der Bestimmungen vom 1.8.1823 bezüglich des
Glockenläutens wurden entsprechend abgeändert.
Bei Ankündigung eines Todesfalles und bei Beerdigungen läu-
ten alle drei Glocken mit vollem Schwung, zwanzig Minuten lang;
es muß aber vermieden werden, daß das Läuten mit dem Mittag-,
beziehungsweise mit dem Abendläuten zusammenfällt. Der Küster
66
erhält dafür 1 F. Stirbt ein Armer im Dorf, muß das Läuten unent-
geltlich erfolgen, der Küster kann keine Ansprüche stellen.
Es ist dem Eifer und dem Einsatz des Hern Pastors J. Osse-
mann zu verdanken, daß am Sonntag, dem 15. September 1985, das
Kapitel Glocken vorerst in Moresnet abgeschlossen werden konnte.
An diesem sonnigen Herbsttag, der nur von einem kräftigen Regen-
schauer kurz unterbrochen wurde, wurde unter Mitwirkung
aller Ortsvereine sowie der Bevölkerung eine neue Glocke
geweiht. Die alte Glocke mußte ihren Stammplatz abgeben.
Sie war während des Krieges beschlagnahmt worden, um einge-
schmolzen zu werden. Diesem Schicksal war sie zwar entgangen,
war aber beschädigt zurückgekommen und hing seitdem nutzlos im
Turm. Zusammen mit dem aus Blaustein gehauenen Zifferblatt der *
alten Turmuhr hat die ”alte Dame” jetzt in unmittelbarer Nähe der
Kirche einen Ehrenplatz gefunden.
Diese alte Glocke, die jetzt endgültig ”in den Ruhestand ver-
setzt” wurde, kann mit Recht als ein ehrwürdiges Stück betrachtet
werden. Sie trägt an ihrem oberen Rand zwischen zwei Stegen in
Relief die Inschrift : ”O. Rex. Gloriae Veni. Cum. Pace” (O0 König
der Herrlichkeit komme mit Frieden.) Ansonsten zeigt sie keinerlei
Hinweis auf ihr Alter sowie ihre Herkunft.
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Links im Bild die älteste Moresneter Glocke (Daneben Pfarrer J. Ossemann)
Der Austausch der beiden Glocken - September 1985
68
Zu dieser Annahme berechtigt u.a. der Umstand, daß, wie in
dem Protokoll des Kirchenrates vom 3. Juli 1864 vermerkt ist, ”die
se Glocke sich von den anderen nur um einen halben Ton unter-
scheidet”. Das führt nicht zu einem harmonischen Klang, worauf ja
in erster Linie größter Wert gelegt wird.
Wie dem auch sei, die Moresneter können sich auf jeden Fall
auf lange Zeit hinaus am Klang ihrer Kirchenglocken erfreuen und
für kommende Generationen erübrigt sich auch mit Sicherheit das
Rätselraten über die Daten und die Herkunft derselben.
Quellennachweis : <
Archiv der Pfarre Moresnet.
Fotos und Reprod. vom Verfasser, .
69
Winters Ende
von Leonie Wichert-Schmetz
Es wirbelt der Wind ein moderndes Blatt,
Das mitten im Schnee gelegen hat,
Und trägt es empor zur alten Statt,
Zu seinem Reich am Lindenbaum,
Aber sein Zweig erspürt es kaum.
Und es wird nicht mehr grün
Und es wächst nicht mehr fest,
Verlassen ist, was verläßt.
Es kehrt nichts mehr wieder, es wird nichts mehr neu.
Die feinen Vorjahrblumen sind Spreu.
Und es schadet auch nichts,
Es muß ja so sein :
Was immer vergeht, wird Anfang und rein.
(Aus dem Gedichtband ”Mein Jahr”)
70
Unter Denkmalschutz
von Alfred Bertha
Weithin sichtbar ist die in Eynatten/Berlotte im flachen Wie-
sengelände stehende Ruine von Haus Raaff, die durch Erlaß der
Exekutive der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 6. Juni 1986
unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Dieser wuchtige viergeschossige Wohnturm mit einer Grund-
fläche von 8 x 12 m, dessen Betreten aus Sicherheitsgründen verbo-
ten ist, wird zuerst i.J. 1380 genannt : von Goddart von der Capel-
len ging die Burg damals in den Besitz der Familie Krümmel von Ey-
natten über.
Durch Heirat finden wir in den nächsten Generationen die Fa-
milien von Bock, von Etzbach, Moers und von Lamboy als Besitzer
von Raaff.
Über den Schöffen der Bank Walhorn Arnold Schmetz kam
Raaff an dessen Nichte Maria Catharina Pael, die Jac. Andreas
Coenen heiratete, dessen Schwiegersohn Friedrich Hertzog die Burg
seinen beiden Kindern Adolf und Alwine hinterließ.
Von Adolf Hertzog ging sie durch Kauf i.J. 1919 an die Gebrü-
der H. und N. Jennes über.
Aus dem verwendeten Baumaterial schlossen Reiners und Neu
(Kunstdenkmäler von Eupen-Malmedy, S. 121) auf drei Baupha-
sen : der Sockel gehöre dem 14., die drei Untergeschosse dem 15.-16.
und das Obergeschoß mit den vier Ecktürmchen dem 18. Jh. an.
Neuere Publikationen (Poswick, Genicot) bezweifeln Letzteres oder
stellen gar die Frage, ob der gesamte Bau nicht jünger als bisher an-
genommen sein könnte.
Der 12 m höhe Turm, der seit 1832 ohne Dach der Witterung
ausgesetzt ist, zeigt eine dreiachsige Front, während die Schmalsei-
ten zweiachsig gehalten sind. Die ehemaligen kleinen Rechteckfen-
ster sind zum großen Teil entweder vermauert oder durch Stichbo-
genfenster ersetzt worden, deren Gewände heute z.T. ausgebrochen
sind.
Raaff ist ein interessantes Beispiel eines über Jahrhunderte hin-
durch ununterbrochen bewohnt gewesenen mittelalterlichen Wehr-
turmes. Das Innere ist leider total zerstört, so daß es von der Wohn-
72
Spaziergang öm Hosend
von Erich Kockartz
Wenn ich der Frepert komm eraf, jejange of jefahre,
hann ich e herrlech Beld vör mech, dat is net ze bezahle.
Janz ejekesselt, mär va Bösch, litt Hosend ajen Jöhl,
met hej en do ne Burehoff en Dere hiele völ.
En medde dre de Kerch, de Schuel en vröjer de Jemengde, .
weß Jott, do jov et Vröd en Leed im Laufe der Jahrzehnte.
Kommt, jödder met ens ronderöm, ich well öch alles zeijje, .
wat Hosend ajen Jöhl jederrenge hat ze bejje.
Wer jönnt no lenks no Botzefeld, en schnacks dörch Mohle Jatz,
doch lans der Kerchhoff wett et os jett trurig ömme Hatz.
Rechts ove jeht et dann e Stöck, jett dörch ne Jroesse Bösch,
Jeht me da wer jett lenks erop, sitt me van witts de Flög.
Do medde dre de Sandkull litt, versowt is de Natur,
Manch enge wohl, vör sie Profit, dot dre de Müllabfuhr.
Der Landjraf jeht et no entlang, woe decke Boeke stönnt,
de Verkenskull op ens me sitt, doch wijjer wer noe jönnt.
Ne Kilometer spieder deht der Bösch sech plötzlich op,
im Freiert, bej der Föeschter mache wer ne klenge Stop.
Va witts sitt me der Kerchetoen, doch bliev wer nog jett hej,
dann jeht et dörchen Brennhag wijjer övver Kohnens Wej.
Ije wer os no ömsieje hannt, erreiche wer de Stöck, en övver
der Beschesse Berg könnt dan de Hamerbröck.
E Tässje Kaffe drenke wer os op dä Kampingplei,
met jowe Mot jeht et da wir erop dörchen Fossey.
Dörch ene Kromme Esel komme wer da ajjen Sövve Wejjer,
da is ne Angelklub aktiv, me sitt et ajjen Schelder.
Der Böekebösch dörchquere wer, bes dat de Stroß me sitt,
dann jeht et dörchene Jostert quer bes kott a Delhes Pitt
Der Schallbresch jeht et noch eraf, de Rotsch erop met Stuck,
en dörch et Schwattze Wesje sönd wer plötzlich opene Knupp.
BB
Noch foffzech Meter sönnt et no bes aje Pastorat.
Der Krees hat sech jeschlosse en no sönnt wer wer am Start.
Jod drei Stond hat die Reis jedurt, rond öm os Hemetdörp,
no vrog ich öch, äehl söd wahl ihrlich, wor et dat net wäet ?
Alle Name hann ich net jenannt, dat würener zevöl,
mär dat der no ne Edruck hat va Hosend ajen Jöhl.
Et is net grueß, mie Hemetdörp, jau hat men et dörchquert,
Jedoch vör os is et bestemmt et jrötste open Aed !
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Eine Lithographie Hauset’s wie man sie um die Jahrhundertwende liebte.
74
Bergmannslos
(10. Fortsetzung)
von Peter Zimmer
Die industrielle Vergangenheit touristisch nutzen
Halden, Fördertürme und sonstige Anlagen sind in vielen
Bergbaurevieren aus dem Blickfeld verschwunden.
I Im Herverland in Belgien erinnern aber heute noch die
Betriebsanlagen der Grube ”Argenteau” in Blegny-Trembleur, wel-
che am 31. März 1980 in der Provinz Lüttich als letztes Steinkoh-
lenbergwerk geschlossen wurde, an die glorreiche Vergangenheit +
dieses Industriezweiges. Man hat weder Kosten noch Mühen ge-
scheut, um dieselben, so wie sie aussahen, als das Bergwerk noch in
Betrieb war, für kommende Generationen zu erhalten.
Dank dieser lobenswerten Initiativen, die seitens der Provinz
und anderer Behörden ergriffen wurden, ist sogar aus dem 6 ha
großen Bergwerksgelände und den ehemaligen Betriebsanlagen ein
sehenswerter Tourismuskomplex geworden. Auf diesem Gelände
sowie in den dort vorhandenen Gebäuden können die Besucher in
einzigartiger Weise Wissenswertes über die Arbeiten der Bergleute.
sowie über die Geschichte des Steinkohlenbergbaus erfahren.
Als eine ganz besondere Attraktion kann man die Hinabfahrt
durch den Schacht in das Erdinnere und den Rundgang im Schoße
der Erde bezeichnen. Diese Attraktion wird für Alt und Jung zu ei-
nem einmaligen Erlebnis. Im gleichen Förderkorb wie einst die
Bergleute können sie Platz nehmen und bis zu den Stollen, die sich
in 30 und 60 m Tiefe befinden, hinunterfahren. Dort angekommen
beginnt dann ein Rundgang, wobei man viel Lehrreiches und Wis-
senswertes über die Einrichtungen und den ursprünglichen Kohle-
abbau und dessen Entwicklung im Verlaufe der Jahre erfährt. Hier-
bei braucht niemand große körperliche Anstrengungen zu machen,
noch Gefahren zu fürchten; erforderlich ist nur festes Schuhzeug;
alles andere, Kleidung, Helm, Grubenlampen erhält man an Ort
und Stelle.
Wer aber nur einen Rundgang über das Grubengelände ma-
chen möchte, kann dabei unter fachkundiger Führung die alte Koh-
lenwäsche (Aufbereitung) und die alte Schachtanlage ”Marie” be-
sichtigen. In den Gebäuden sind Pumpen, Kompressoren, Rettungs-
geräte, Selbstretter-Filter, alte und neue Grubenlampen Be
henswerte Pflanzenabdrücke aus der Steinkohlezeit und vieles ande-
re ausgestellt. Außerdem kann jeder, der Lust dazu hat, zur Berghal-
de emporsteigen. Sie ist 45 m hoch und hat eine Gesamtfläche von
3 ha. Von dieser Höhe aus sieht man das wunderschöne Panorama
des Herverlandes sowie - bei klarem Wetter - die Steinkohlenberg-
werke im Limburger Becken.
Vor den ober- oder unterirdischen Rundgängen können die Be-
sucher dieses einzigartigen Tourismus-Komplexes einer Tonbild-
schau beiwohnen, welche den Arbeitstag eines Bergmanns, auf
Wunsch auch in deutscher Sprache, schildert.
Aus diesen kurzen Angaben geht hervor, daß diejenigen, die
dazu beigetragen haben, dieses ehemalige Bergwerksgelände mit sei-
nen Betriebsanlagen so zu erhalten, daß dieser gesamte Komplex
jetzt und in der Zukunft Zeugnis ablege von der ruhmreichen Ver-
gangenheit des Steinkohlebergbaus im Lütticher Becken, Lob und
Anerkennung verdienen. Der Erhaltung dieser Bergwerksanlagen
ist es nämlich zu verdanken, daß diejenigen, die im Verlaufe der ver-
flossenen Jahrhunderte den Bodenschatz Kohle zum Wohle der All-
gemeinheit abbauten oder auf irgendeine Art und Weise diesen Ab-
bau leichter und weniger gefahrvoll machten, nicht in Vergessenheit
geraten.
(Wer nähere Auskünfte - auch zwecks Besichtigung der Grube
- zu erhalten wünscht, wende sich an folgende Adresse :
Touristischer Komplex, Rue Lambert Marlet, 23,
4570 Blegny-Trembleur.)
Bergmännische Sitten und Bräuche
Wie in Belgien, so sind auch in verschiedenen Bergbaurevieren
anderer Länder Museen und ähnliche Einrichtungen zur Erinne-
rung an die glorreiche Vergangenheit des Erz- und Steinkohleberg-
baus geschaffen worden.
Alle diese sehenswerten Einrichtungen haben aber nicht ver-
hindern können, daß nach und nach in den Gegenden, wo alle Berg-
werksbetriebe stillgelegt worden sind, auch das bergmännische
Brauchtum nicht mehr gepflegt wird. Denn vielerorts haben die
Zechenschließungen nicht nur das Aussterben des Bergmannsberu-
fes, sondern auch die Auflösung zahlreicher Vereine, wie Bergwerks-
kapellen, Spielmannszüge, Chöre und verschiedener anderer Grup-
pen und Bruderschaften mit sich gebracht.
26 Durch den Fortfall dieser Vereinstätigkeiten ist mancherorts
das kulturelle Leben sehr nachteilig beeinflußt worden. Gesunde
und erholsame Freizeitbeschäftigungen sowie zum Teil auch die Ka-
meradschaft und Solidarität, die zu einem friedlichen und glückli-
chen Zusammenleben aller Bevölkerungsschichten beitrugen, sind
daher verloren gegangen. Viele schöne Sitten und Bräuche, die in
uralten Bergbauvereinen heute nicht mehr oder nur sehr selten ge-
pflegt werden, könnten an dieser Stelle angegeben werden, zum Bei-
spiel der sinnvolle Bergmannsgruß ”Glück-Auf”, der früher auch
hier bei uns im Dreiländereck tagein tagaus, bei Sonnenaufgang und
-untergang, über wie unter Tage, am Arbeitsplatz, in den Straßen
und Lokalen und überall dort zu hören war, wo Bergleute sich auf
dem Wege zur Arbeit begegneten oder während ihrer Freizeit zusam-
menkamen, was heute gar nicht mehr oder nur höchst selten der
Fall ist.
Mit diesen Worten nahm der Bergmann auch Abschied von
seinen Angehörigen, wenn er sich zur Arbeit begab. Und der Gene-
raldirektor so gut wie der kleinste Vorgesetzte erachteten es als ihre
erste Pflicht, den Bergmann mit diesen zwei Worten zu begrüßen,
bevor sie mit ihm irgendein Gspräch begannen.
Bis Anfang der dreißiger Jahre beteten die Bergleute der Alten-
berger Bergwerksgesellschaft im Göhltal gemeinsam vor Beginn ei-
ner jeden Schicht ein Bergmannsgebet, welches mit den Worten be-
gann :
”Mit Dir, Allmächtiger, fahr ich an und voll Vertrauen auf Dich,
nicht schreckend ist die dunkle Bahn, denn Du begleitest mich”
- und mit dem Schlußsatz endete :
”Glück-Auf, Glück-Auf, ich zage nicht,
Du nimmst dich meiner an, Amen !”
Diese Grußworte ”Glück-Auf” wählten auch zahlreiche Berg-
mannsvereine, neben dem Namen der Schutzheiligen der Bergleute,
als Vereinsnamen. Hierdurch erbrachten sie den Beweis, welch
großen Wert sie auf diesen uralten Bergmannsgruß legten und heute
noch legen.
Diesbezüglich verdient aus dem ehemaligen niederländischen
Steinkohlerevier das im Jahre 1933 gegründete Schalmeiencorps
Glück-Auf, Heerlerheide, ganz besonders erwähnt zu werden. Die
Mitglieder dieses Corps, in der Mehrzahl Jugendliche, haben ih-
ren Vereinsnamen ”Glück-Auf” nicht aufgegeben trotz verlocken-
der Angebote und der Tatsache, daß der Steinkohleabbau in dieser
77
Gegend schon über ein Jahrzehnt der Vergangenheit angehört. Die-
ses Schalmeiencorps hat seit seinem Bestehen stets regen Anteil an der
Gestaltung des kulturellen Lebens im niederländischen Steinkohle-
revier genommen und über Landesgrenzen hinaus Zeugnis von sei-
ner kulturellen Tätigkeit abgelegt.
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Das Mitglied P. Van Gool (vom Schalmeiencorps Heerlerheide, mit Instrument
und Kopfbedeckung mit dem Bergmannsgruß Glück-Auf
78
Auch waren sie als erste mit dabei, um die ”Europäische Verei-
nigung der Berg- und Hüttenleute” ins Leben zu rufen und tragen
auch heute noch durch ihre treue Mitgliedschaft in dieser Organisa-
tion tatkräftig dazu bei, das Gefühl der brüderlichen Verbundenheit
unter den europäischen Bergleuten und deren Nachkommen leben-
dig zu erhalten, damit sie bei Freud und Leid in allen Wechselfällen
des Lebens den Weg zueinander finden.
Überall, wo sie aufspielen, vertreten sie würdig unter ihrem
Namen ”Glück-Auf”, den ehemaligen niederländischen Steinkoh-
lenbergbau.
Vom selben Geist der Brüderlichkeit beseelt sind auch die Mit-
glieder der Christl. Bergmannsvereine aus Nieder-Samber, (Basse-
Sambre) in Belgien. Unterstützt durch die Pfarrgeistlichen und an-
dere Persönlichkeiten dieser uralten Bergbauortschaften, wo es heu-
te keine Bergwerke mehr gibt, versuchen sie weiterhin, ihre Vereins-
tätigkeiten trotz vieler Schwierigkeiten aufrecht zu erhalten. Fast
alljährlich veranstalten sie dort in einer Ortschaft einen sogenann-
ten Tag der Bergleute, an dem auch Mitglieder bergmännischer Ver-
eine aus verschiedenen Bergbaurevieren Europas teilnehmen.
Durch diese lobenswerte Initiative beweisen die wallonischen Berg-
leute, daß auch sie weiterhin bereit sind, die Pflege der bergmänni-
schen Sitten hochzuhalten und am Aufbau einer wahren Völker-
freundschaft teilzunehmen.
Auch in anderen ehemaligen belgischen Kohlebecken gibt es
noch vereinzelt einen Verein oder eine Bruderschaft, ‘die das
St. Leonard- und Sankt Barbarafest feiern oder sich wie die Limbur-
gischen Grubenarbeiter-Krankenträger der Lourdespilgerfahrten in
den Dienst der kranken Mitmenschen stellen.
Dasselbe kann auch über die drei Vereine der Gemeinden Blei-
berg und Kelmis gesagt werden. Bemerkenswert ist auch, daß Blei-
berg am 10. August 1866 und Kelmis am 25. August 1858 auf
Drängen der Bergwerksgesellschaften und der damaligen Erzberg-
leute zu selbständigen Pfarren erhoben wurden, zuvor aber die Be-
wohner dieser Weiler Angehörige anderer Pfarren waren.
Infolge der Stillegung sämtlicher Bergwerksbetriebe im Herver-
land wird es jedoch für die Bergmannsvereine in Bleiberg, Gemme-
nich und Kelmis immer schwerer, ihre Vereinstätigkeiten aufrecht
zu erhalten. Eine große Anzahl der Mitglieder dieser Vereine kön-
nen wegen Alters oder Invalidität nicht mehr aktiv am Vereinsleben
teilnehmen. Andererseits fehlt es den Vereinen an Mitgliedernach-
81
Zur Zeit hat der Kelmiser Verein, der seit 1970 den Namen
”St. Leonardvereinigung der Bergleute und Schaffenden” trägt,
noch rund 180 Beitrag zahlende Mitglieder. Aber nur zirka 10%
derselben können heute noch regelmäßig aktiv an der Vereinstätig-
keit teilnehmen. Eine beachtliche Anzahl dieser Mitglieder haben
dem Verein schon 50 Jahre und mehr die Treue gehalten, und drei
derselben waren sogar schon als Erzbergleute Anfang der zwanziger
Jahre Mitglied des Altenberger Bergmannsvereins Glück-Auf. Die
meisten anderen sind sofort nach dem 2. Weltkrieg Vereinsmitglied
geworden und haben derart regen Anteil am Vereinsleben genom-
men, daß dasselbe bis in die jetzige Zeit lebendig erhalten blieb. Ge-
nau dasselbe haben auch die Mitglieder des Bleiberger und Gemme-
nicher Köhlervereins getan.
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Die Gemmenicher Köhler versuchen trotz des Aussterbens ihres Berufes ihr Vereins-
leben aufrecht zu erhalten, was auch ihnen zur Ehre gereicht. Foto A. Jansen
Daß hierzu weiter viel Mut und Opferbereitschaft erforderlich
sein wird, geht aus der Tatsache hervor, daß die Handwerker- und
Arbeitervereine, die früher in diesen Arbeiterortschaften ähnliche
Tätigkeiten ausübten wie die Vereine der Bergleute, schon seit mehr
als zwei Jahrzehnten nicht mehr bestehen.
84
Daß die Feststellung, die der Berichterstatter dieser Zeitung da-
mals machte, der Wahrheit entsprach, geht daraus hervor, daß seit
1959 bis zur heutigen Zeit der Kelmiser Verein und auch andere bel-
gische Bergmannsvereine von Jahr zu Jahr immer mehr Einladun-
gen zur Teilnahme an bergmännischen Festen und weltlichen wie
religiösen Kundgebungen erhielten. Die Mitglieder und zahlreiche
Damen des Kelmiser Vereins, die diesen Einladungen Folge leiste-
ten, waren dadurch an unzähligen Wochenenden im In- und Aus-
land bei Brudervereinen zu Gast, wo sie überaus herzlich empfan-
gen, bewirtet und mit zahlreichen Ehrungen bedacht wurden. Die
schönste Ehrung wurde aber der uralten Bergbauortschaft Kelmis
und dem dortigen Verein zuteil, als 5 Jahre später, am 13. und 14.
Juli 1963, das zweite internationale Bergmannstreffen dort statt-
fand und über tausend Bergleute aus mehreren Ländern mit ihren
Angehörigen anläßlich der Feierlichkeiten öffentlich bekundeten,
eine Familie von Brüdern zu sein.
Über den glanzvollen Verlauf dieser Festlichkeiten erschienen
in einigen Zeitungen Schlagzeilen wie ”Keine Grenzen mehr für
wahre Kameradschaft und Solidarität”, und unter der Rubrik :
”Aus dem Eupener Land” brachte das Grenz-Echo einen Artikel
mit der Überschrift : ”Ein internationales Glück-Auf” ! Da derselbe
den Eindruck, den das Fest hinterließ, hervorhob, verdienen einige
Sätze daraus, an dieser Stelle wiedergegeben zu werden.
”Die glanzvoll verlaufene Veranstaltung erfüllte trotz mancher
sprachlichen Schwierigkeiten voll und ganz ihren Zweck. Viele
Kumpel aus nah und fern hatten sich schon am Samstag im Festzelt
eingefunden, wo sich im Beisein zahlreicher Ehrengäste, unter ih-
nen Abgeordneter Schyns, Bergmannspfarrer K. Alberts, Bochum-
Langendreer, und Senator H. Bertinchamps aus Tamines ein bun-
tes Programm abwickelte, in dessen Mittelpunkt Darbietungen der
Bergmannskapelle ”Wilhelmina”aus dem niederländischen Stein-
kohlenrevier standen.
Erster Höhepunkt des Sonntags war der große Festzug. An der
Spitze zogen durch die Straßen die Teilnehmer aus der Bundesrepu-
blik, angeführt durch die Kapelle der IG Bergbau und Energie Es-
sen, begleitet von zahlreichen Musikkapellen und Spielmannszü-
gen. Anschließend folgten die Niederländer und schließlich die Bel-
gier der flämischen und wallonischen Kohlebecken. Zahlreiche
Spruchbänder erinnerten die Zuschauer daran, daß internationale
Freundschaft für Bergleute kein leeres Wort ist.
87
heiten und den Dämonien und wirkte das Wunder der Liebe. Das
Wort dessen, der es selbst lebte und litt, ward wunderbare Wahrheit
unter uns : "Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben
Jäßt für seine Freunde !”
Ebenso sind auch einige Sätze erwähnenswert, die Senator Ber-
tinchamps am 21. Januar 1964 an den Vorsitzenden des Kelmiser
Vereins schrieb : ”Zunächst muß ich Sie lebhaft beglückwünschen
für die große Hingabe, mit der Sie sich für die Bergleute einsetzen,
ganz besonders, um in Luisenthal eine Zusammenkunft vorzuberei-
ten, die dazu dienen soll, eine Union der Europäischen Berg- und
Hüttenmännischen Vereine zu gründen. Ein begrüßenswertes Vor-
haben, welches zu mehr Brüderlichkeit unter den Arbeitern, welche
in diesen Industriezweigen beschäftigt sind, und unter allen Bevöl-
kerungsschichten Europas führen wird. Ich werde mein Möglichstes
tun, um in Ihrer Mitte zu sein.”
Rund zwei Monate später, am 11. und 12. April 1964, erschien
in der Wanne-Eickeler Rundschau ein Bericht unter dem Titel
”Großer Tag für Bergleute” - Knappen gründen heute Bundesver-,
band”. In demselben wurden auch die Köhler aus dem Göhltal 1o-
bend erwähnt.
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Eine Abordnung des Kelmiser Köhlervereins nach dem Gottesdienst in Doveren bei
Hückelhoven. Erste Reihe vorne im Schnee : Schweden Franz (1), Zimmer Peter,
Frenzel Fritz, Volders Alois, Wechseler Christian ($), Loup Peter (1),
Stehend : Wertz Jean ($), Koch Albert, Vandenbrouk Antoine und Lenaerts Mathieu
88
”Hellauf begeistert waren alle Teilnehmer über die 12 Berg-
männer, die aus dem belgischen Städtchen La Calamine in blauer
Tracht, Helm und rotem Halstuch erschienen waren, sowie über die
Worte ihres Vorsitzenden : ”Wir haben uns gegenseitig das Verspre-
chen gegeben, zusammenzuarbeiten, um die Menschen, die densel-
ben Beruf ausüben, Männer, Frauen und Kinder, über Landesgren-
zen hinaus einander näherzubringen, zum Aufbau einer glücklichen
und friedlichen Zukunft.”
Durch die Herzlichkeit, mit der die Göhltalbergleute in zahlrei-
chen Bergbaurevieren Europas empfangen wurden, setzten sie ihre
völkerbindenden Tätigkeiten unermüdlich und erfolgreich fort und
wurden immer wieder auf’s neue durch Briefe und Presseberichte er-
mutigt. Die Westdeutsche Zeitung brachte am Montag, dem 30.
November 1964, unter der Rubrik ”Heimatblick” die Nachricht,
daß auch belgische Knappen aus dem Grenzort Kelmis mit brennen-
den Grubenlampen am Festzug und Gottesdienst zu Ehren der hei-
ligen Barbara in Doveren, Raum Hilfahrt/Hückelhoven, teilgenom-
men hatten. Diesbezüglich erhielt ihr Vereinspräsident am 19. De-
zember 1964 vom damaligen Bergwerksdirektor der Gewerkschaft
Sophia-Jacoba Hückelhoven ein Schreiben, welches durch nachste-
hende Zeilen wesentlich dazu beitrug, daß die Vereinsmitglieder ih-
rem Bestreben treu blieben. Sie lauteten :
”Das Auftreten Ihres Bergmannsvereins in Arbeitskleidung
und mit der Grubenlampe war für uns Bergleute und auch für die
Nichtbergleute außerordentlich imponierend. Ich glaube, daß Ihr
Bergmannsverein, der auf einem Boden mit uralter bergmännischer
Tradition gewachsen ist, besonders dazu berufen ist, Fäden über die
Grenzen zu spinnen, die, so hoffen wir, zu starken Seilen werden
mögen.”
Daß auch Pfarrer Paul Sablon aus Auvelais, Basse-Sambre, der
geistliche Betreuer der christlichen Bergleute, von derselben Hoff-
nung beseelt war, bestätigte sein Antwortschreiben vom 18. Januar
1965 auf die Einladung, die er vom Kelmiser Verein zur Teilnahme
am Bergmannstreffen in Luisenthal, Saarland, am 6. und 7. Februar
1965, erhalten hatte.
In diesem Schreiben teilte der Pfarrer dem Vorsitzenden des
Kelmiser Vereins unter anderem folgendes mit : ”Ich werde alle An-
strengungen machen, damit auch Bergleute aus der Wallonie bei dem
> mm rrrär.
89
Treffen in Luisenthal anwesend sein werden, denn ich glau-
be, daß diese Begegnung, woran Bergleute aus verschiedenen Län-
dern teilnehmen, gerade in der heutigen Zeit besonderes wichtig ist
und sehr nützlich sein kann, weil eine Zusammenkunft von Men-
schen, die andere Lebensgewohnheiten haben und eine andere Spra-
che sprechen, eine andere Staatsangehörigkeit besitzen und even-
tuell bezüglich Weltanschauung ganz anders denken als wir, von
großem Nutzen sein kann, um mit dem Aufbau der wahren Völker-
verständigung zu beginnen und Wege zu bahnen, die zu einem fried-
lichen Zusammenleben aller Völker führen.
Für diese edle und noble Aufgabe, die Ihr zu verwirklichen ver-
sucht, spreche ich Euch mit Bewunderung meinen innigsten Dank
aus.”
Da alle Vertreter der Berg-, Hütten- und Knappenvereine aus
Deutschland, Frankreich, Holland, Luxemburg und der belgischen
Steinkohlenreviere sowie aus dem Göhltal sich spontan in Luisen-
thal bereit erklärten mitzuarbeiten, um diese Aufgabe zu erfüllen,
konnte an diesen Tagen in Luisenthal/Völklingen die Union der Eu-
ropäischen Berg-, Hütten- und Knappenvereine gegründet werden.
Seit dieser Zeit kannte die Kameradschaft und Solidarität unter
den meisten bergmännischen Vereinen in Europa tatsächlich keine
Grenzen mehr. Dies trat schon ein Jahr später, am 5. und 6. Novem-
ber 1966 erneut in Erscheinung, als sich in Kelmis Bergleute aus
Bayern mit ihrem unermüdlichen Landesvorsitzenden, Kamerad
Oskar Braun, und Bergleute aus dem Siegerland, angeführt von dem
unvergeßlichen Kumpel Willi Grün, sowie der erste Vorsitzende des
Bundes der deutschen Knappenvereine, Hugo Biesewinkel, der stets
zur Stelle war, um die Zusammenarbeit der Knappenvereine auf eu-
ropäischer Ebene zu fördern, mit den Bergmannsvereinen aus dem
Göhltal brüderlich die schwieligen Hände reichten und zusammen
an einem Gottesdienst und Festakt im Saale Eden teilnahmen.
Bürgermeister Willi Schyns begrüßte im Namen der Gemeinde-
verwaltung damals die Bergleute und erklärte öffentlich und feier-
lich, daß die Bergleute für manchen Politiker hüben wie drüben be-
züglich der europäischen Zusammenarbeit nachahmenswerte Vor-
bilder seien.
Im Verlaufe des verflossenen Vierteljahrhunderts haben in
zahlreichen Städten und Ortschaften europäischer Bergbaureviere
solche Begegnungen stattgefunden. Dabei sind stets die Mitglieder
90
und Angehörigen der bergmännischen Vereine der Gemeinden Blei-
berg und Kelmis wie Brüder und Schwestern aufgenommen wor-
den.
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Der Vorstand der Europ. Vereinigung am 5. Mai 1984 vor dem Gedenkstein der
Bergleute im Kelmiser Gemeindepark. Von rechts nach links : Jean Doudot (Frank-
reich), A. Agelink, W. Kouwenberg (Niederlande), Witold Zajac (Frankreich); hinter >
ihnen die Delegierten Adler und Weides (Lux.), Bildmitte : Dipl. Ing. Robert Mayer,
Präsident (Lux.), Hans Ruhnau, Vizepräsident, und Ernst Kotzur (Deutschland), so-
wie Frenzel Fritz und Roggemans Victor (Belgien), Foto Grenz-Echo
Unvergeßliche und tiefbeeindruckende Stunden haben diesel-
ben sowohl bei kirchlichen wie bei weltlichen Feierlichkeiten
anläßlich dieser Begegnungen in der Bundesrepublik Deutschland,
in Elsaß-Lothringen, in Luxemburg, Holland und Belgien erlebt.
Dadurch ist heute auch unter den Mitgliedern und Angehörigen der
Berg- und Hüttenmännischen Vereine Europas die Pflege der Bru-
derschaft eine nicht mehr wegzudenkende Tatsache geworden, wel-
che zugleich die völkerverbindende Tätigkeit dieser Vereine leben-
dig aufrecht erhält. Wie tief aber auch das Wort ”Bruderschaft” in
viele Herzen von Nichtbergleuten eingedrungen ist, ging aus einem
Schreiben hervor, welches Bergmannspfarrer Max Pollmann aus
Luitpoldhöhe (Amberg) in Bayern dem Präsidenten des Kelmiser
Vereins als Antwort auf dessen Einladung zur Teilnahme am Fest
der Völkerfreundschaft im Juli 1968 zu Kelmis zukommen ließ.
91
Nachstehende Sätze aus demselben verdienen erwähnt zu wer-
den : "Mit großer Freude danke ich für die ehrenvolle Einladung !
Ihre einmalig herrlichen Worte in Haselmühl/Amberg werde ich nie
vergessen : Wir sind alle Brüder - Nous sommes tous freres !
Sie werden sogar sozusagen die ”Herzmitte” meiner Ansprache in
Kelmis/La Calamine sein.”
Wer in der Göhltalzeitschrift Nr. 4, Seite 47, den Auszug aus
der Ansprache dieses Kath. Bergmannspfarrers gelesen hat und vor
Oder nach 1968 bei Bergmannsfamilien in der Umgebung von Am-
berg in Orten wie Stulln, Schwarzenfeld, Nahburg, Luitpoldhöhe,
Kümmersbruck, Schwandorf, Issigau u.s.w. zu Gast gewesen ist, hat
stets die erfreuliche Feststellung machen können, daß dort sehr viele
Menschenherzen den belgischen Bergleuten und ihren Angehörigen
gegenüber von wahrer Bruder- und Nächstenliebe beseelt waren, die
keine Grenzen kannte. Dasselbe war auch der Fall in zahlreichen
anderen europäischen Bergbaurevieren. .
Unvergeßlich sind die Ehrungen und Dankbarkeitsbekundun-
gen, die während dieser Zeit dem belgischen Verein sowie dessen
verdienstvollen Mitgliedern von verschiedenen kirchlichen und
weltlichen Persönlichkeiten sowie seitens bergmännischer Behör-
den, Vereine und Dachorganisationen des In- und Auslandes erwie-
sen worden sind.
(Schluß folgt)
92
Ein ”’Mienen-Frevel”” in Walhorn
von Alfred Bertha
Am 21. März 1817 erschien vor dem Walhorner Bürgermeister
F.C. Lamberts der Aufseher der Altenberger Galmei-Gruben, Gilles
Joseph Depres, um Anzeige zu erstatten gegen den aus Eschweiler
stammenden und in der Gemeinde Eynatten wohnenden Christian
Cloot, den er beim Erzschürfen auf einem in der Gemeinde Wal-
horn gelegenen und zur Konzession des Altenberger Grubenfeldes
gehörenden Grundstück, die Bottschappen genannt, erwischt hatte.
Der Bürgermeister befragte nun den vorgeführten Christian ;
Cloot, ”aus was für Autorität oder Erlaubnis derselbe sich dieser Ex-
ploitation unternommen”. Daraufhin zeigte Cloot einen von einem
gewissen Herrn Schyns aus Aachen ausgestellten Erlaubnisschein und
erklärte, wenn diese Suche nach Erz ”glücklich und nach Wunsch”
ausfalle, werde er mit dem gen. Schyns in einen ”förmlichen Ver-
trag” eintreten. Er habe inzwischen in der Woche vom 12. bis 17.
März (1817) bereits ungefähr dreißig Zentner Galmei neben der Be-
hausung des Christian Hermens, Abdecker in der sog. Rorer, Ge-
meinde Raeren, calcinieren (rösten) und durch den Fuhrmann Ste-
phan Feyken, wohnhaft ”an der langen Muiss” (Langmüs, Wal-
horn) für einen Franken per Zentner nach Stolberg zu einem gewis-
sen Herrn Schleicher auf dem Orte Beschenberg wohnhaft, fahren
lassen. Auf weiteres Befragen erfuhr der Bürgermeister, daß in der
Gemeinde Kettenis, auf Merolser Heide, noch ungefähr dreißig
Zentner gebrannter Galmei bei dem dort wohnhaften Paulus Hom-
burg lagerten und auf den Abtransport warteten.
Da der Tatbestand des ”Mienen-Frevels” dem Bürgermeister
nach diesem Geständnis als erwiesen erschien, ließ er auf Ersuchen
des Kelmiser Aufsehers den gen. Christian Cloot verhaften. Das
Vernehmungsprotokoll unterzeichneten neben dem Bürgermeister
von Walhorn auch sein Amtskollege von Hergenrath, Gilles Jos.
Schrymecker, und der Aufseher G.J. Depres. Der Verhaftete gab
an, nicht schreiben zu können.
Der durch dieses Protokoll festgehaltene Vorfall dokumentiert
das Vorhandensein von Galmei-Erz auf der Flur ”Bottschappen” an
der Gemeindegrenze Walhorn-Eynatten.
94
Schon am 1. März 1816 hatten zwei Eynattener Bürger, Henri
Jos. Frantzen und Henri Kittel, beim Kreis-Direktor Baron von Du-
ring in Malmedy um die Genehmigung nachgesucht, auf der Flur
Bottschappen nach Bleierz, Eisenstein und Galmei zu graben. Der
Bürgermeister von Eynatten, J.L. Egyptien, um einen ”gutachtli-
chen Bericht” gebeten, meinte, die Bittschrift enthalte ”nichts Vor-
teilhaftes” für seine Gemeinde; die genannten Personen (”Indivi-
duen”) seien auch nicht imstande, ein solches Unternehmen zu be-
treiben ”sowohl in betreff ihrer facultäten als in betreff daß ersterer
noch eine merkliche Summa an die drey Gemeinden seines ehemals
gehabten Bezirks-Empfangs schuldig ist und nicht bezahlen
kann ...” So schlußfolgerte der Bürgermeister, ”daß die gefragte Er-
laubnis an diese individuen nicht kann zugestanden werden.” *
Bürgermeister Egyptien hätte auch anführen können, daß die
Konzession in besagtem Gebiete schon am 24. März 1806 durch kai-
serliches Dekret dem Lütticher Chemiker Jean-Jacques Daniel Do-
ny vergeben worden war und der sog. Aachener Grenzvertrag von
1816 in Art. 31 ausdrücklich festsetzt, "daß kein Regierungswech-
sel, welchen Namen er auch haben möge, die Rechte des Herrn Do-
ny & Comp. betreffend den Betrieb des Galmeiwerks, beeinträchti-
gen solle, dergestalt daß seine Concession in allen Fällen unangeta-
stet bleiben und auch fernerhin dieselben Rechte und Privilegien
genießen solle, welche ursprünglich damit verbunden gewesen
sind ...”
Ungeachtet der politischen Neugliederung des Konzessionsge-
bietes, von dem ein Teil neutral, ein Teil niederländisch (später bel-
gisch) und ein Teil preußisch wurde, blieb die dem Dony erteilte
Konzession ungeteilt bestehen. Die später auftretenden Eigentümer
der Altenberger Anlagen und Rechtsnachfolger Dony’s machten,
wie im Falle des Christian Cloot geschehen, ihre Rechte auch im
preußischen Teil geltend.
Von einer anderen Galmeilagerstätte weiß der Bürgermeister
von Lontzen, P.L. Cormann, 1827 zu berichten. Als kommissari-
scher Bürgermeister von Walhorn schreibt er in einem Bericht an
die Regierung, es gebe in der Gemeinde Walhorn drei Erz-
Lagerstätten, darunter Galmei ”neben der also genannten Doehei-
de, dicht an der Grenze zwischen Eynatten und Walhorn, von der
Langmäusen halb links, wo zwar Galmei, aber dem Ansehen nach
ist dort wenig gearbeitet worden.”
Quelle : Gemeindeakten betr. Berg- und Hüttenwerke und Fabriken, Archiv der
Göhltälvereinigung.
95
Das Faultier
von M.-Th. Weinert
Das Faultier hängt an einem Ast
schon 24 Stunden fast,
der Wind vom Meer brachte Bewegung,
sonst spürte es gar keine Regung.
Der Kakadu vom Nebenbaum
versteht das Faultier jedoch kaum :
”He” ruft er ihm ins Angesicht
”Langweilst Du Dich denn wirklich nicht?”
Er pickt mit spitzgebogenem Schnabel
das faule Tier auf Mund und Nabel.
Doch was soll dieses Tier erschüttern?
Es träumt den Traum von Faultiermüttern,
von Faultiervätern, Faultierkindern,
und niemand kann es daran hindern.
Der Vogel schreit jetzt frech und fix :
”Ja, hast Du denn null Bock auf nix?”
S’gibt keine Antwort auf die Frage,
das Faultier ändert nicht die Lage.
Erst später kann’s der Vogel fassen :
Ein Faultier muß man ruhen lassen.
96
Auf dem Büchermarkt
von Alfred Bertha
Unter den Zuflüssen der Göhl auf belgischem Gebiet ist der Hohn-
bach sowohl durch seine Länge wie durch seine Wassermenge und
die Vielzahl der Benennungen auffallend. Hornbach, Haarbach,
Grötbach, Walhornerbach, Wildbach, Bürbach, Lontzenerbach und
Hohnbach : all diese Namen meinen ein und denselben Wasserlauf,
der sein Quellgebiet westlich Merols 295 m über dem Meeresspiegel
hat und nach einem Lauf von 12 km sich in Neu-Moresnet in der
Nähe der Rochuskapelle in die Göhl ergießt. A
Einige zusätzliche Quellen haben den kleinen Bach unterwegs an-
schwellen lassen, so in der Nähe von Philippenhaus und an der Wal- "
horner Molkerei. Zudem hat er in Lontzen den Fontenesbach, 500 m
weiter den Herbesthalerbach und dann noch den Grepbach und
den Grünstraßerbach aufgenommen. Den Lauf des Hohnbachs hat
M. Meerman in einer ausführlichen Studie über die Göhl und ihre
Nebenbäche beschrieben.(1) Auf die einzigartige Vegetation im
Hohnbachtal bei Neu-Moresnet wurde von niederländischen, deut-
schen und belgischen Wissenschaftlern mehrfach hingewiesen.(2) Es
fehlte jedoch eine systematische pflanzensoziologische und boden-
kundliche Untersuchung dieses Gebietes.
Zwei niederländische Forscher von der Katholischen Universität
Nijmegen und der Höheren Landwirtschaftsschule in Wageningen
legen nunmehr mit
”Het dal van de Hohn” die erste umfassende Auflistung der im
Hohnbachtal anzutreffenden Pflanzenfamilien und Bodentypen vor.
(3)
Nicht weniger als 338 verschiedene ”höhere” Pflanzen wurden von
den Wissenschaftlern im Hohnbachtal gezählt. Hinzu kommen
noch 80 Moosarten.
Die Untersuchung der Pflanzengesellschaften mit ihren steten und
unsteten Begleitern, in die auch der Baumbestand einbezogen wur-
de, führte zu der Feststellung, daß in besagtem Tal eine Vielzahl
mehr oder weniger ausgeprägter ”Pflanzenfamilien” anzutreffen
sind. Eine Vegetationskarte (Beilage) macht den Standort der einzel-
nen Vegetationseinheiten deutlich. Um zu einer Aussage über den
Zusammenhang zwischen einer bestimmten Pflanzengesellschaft
und einem bestimmten Bodentyp zu kommen, mußten eingehende
Bodenanalysen durchgeführt werden.
97
‚Auch von den verschiedenen Bodentypen wurde eine Karte ange-
fertigt. Der Vergleich zwischen Vegetations- und Bodenkarte er-
laubte sodann eine klare Aussage zur Beziehung zwischen Bodenty-
pen und Vegetationseinheiten. Eine ausführliche Tabelle gibt darü-
ber und über den prozentualen Anteil der verschiedenen Böden an der
Gesamtfläche Aufschluß.
Durch Kgl. Erlaß vom 30.12.1983 wurde ein Teil des Hohnbachta-
les unter Landschaftsschutz gestellt. Die Autoren geben der Hoff-
nung Ausdruck, daß ihre Forschungsergebnisse einen Beitrag zum
Erhalt dieses in jederlei Hinsicht so bemerkenswerten Tales bilden
mögen.
Dabei sehen sie die einzigartige Flora des Hohnbachtales nicht so
sehr durch einen eventuellen Kalksteinabbau bedroht, sondern viel-
mehr durch das Abholzen des Laubwaldes und die Anpflanzung
von Nadelhölzern.
Diese Umwandlung führt zum beinahe sofortigen Verschwinden ei-
ner Reihe von Pflanzen wie Hohe Schlüsselblume, Wald-
Bingelkraut, Schwarze Teufelskralle und vor allem des Vogelnestes,
das am Eingang zum Tal gehäuft anzutreffen war.
* * * * *
1) M. Meerman, ”De Geul, zij-rivier van de Maas”, S. 75-82.
2) Ausführliche Literaturhinweise in der hier rezensierten Publikation.
3) M.G.H. Bongers und A.A.M. Govers, "Het dal van de Hohn”, Vegetatie en bo-
dem van een natuurgebied in Noordoost-Belgi&, eine Veröffentlichung der ”Na-
tuurhistorisch Genootschap in Limburg”, Reihe XXXV, Lieferung 1-2, 1985,
Maastricht 1986, 44 S., 5 Beilagen, 240 F.
* * * * *
Literatur in Ostbelgien : Gibt es bei uns, im hoch- und plattdeut-
schen Gebiet Belgiens, literarische Erzeugnisse, die es wohl verdien-
ten, in eine Literaturgeschichte aufgenommen zu werden? Was ist
in der Vergangenheit von Eupenern, St. Vithern, Montzenern in
Versen und Prosa publiziert worden? Wie steht es um das literari-
sche Schaffen der Gegenwart? Auf all diese Fragen können wir eine
Antwort finden in der kürzlich aus der Feder von Dr. Leo Wintgens
erschienenen ”’Grundlegung einer Geschichte der Literatur in Ost-
belgien”” (Untertitel :”Bild der sprachlichen Wechselwirkungen im
Zwischenland”) XV u. 383 S., Druck Grenz-Echo, Eupen, 1986, in
99
Ganz andere Wege geht Dr. Michel Kohnemann in ”’Nachrichten
aus Ostbelgien - Deutsche Literatur in Belgien”, 200 S., 675 F,
dem 9. Ausgabe der im Olms-Verlag in Hildesheim erscheinenden Rei-
he ”Auslandsdeutsche Literatur der Gegenwart”.
Während Leo Wintgens keine reine Textanthologie vorlegen wollte,
sondern ”eine anhand von Auszügen fundierte Einführung in die
Geschichte der regionalen Literatur” zu geben beabsichtigte, will
Dr. Kohnemann in der vorliegenden 200 Seiten starken Publikation
anhand von Werkproben Einblick in das literarische Schaffen in
Ostbelgien geben, ein literarisches Schaffen, das, so der Autor, noch
in den Kinderschuhen steckt. Die hochdeutsche Literatur in Ostbel-
gien hat keine Tradition ... So will sich der Herausgeber denn auch
nicht auf das glitschige Parkett der Wertung vorwagen.
In der allgemeinen Einführung finden wir eine zusammenfassende
Darstellung über die staats- und sprachpolitische Entwicklung Ost-
belgiens, die heutige sprachliche und kulturelle Lage sowie das lite-
rarische Schaffen in den Jahren seit 1920.
Etwa 40 Autoren werden mit Werkauszügen vorgestellt. Sie gehö-
ren alle der Jetztzeit an. Bei der Auswahl wurde besonders auf ”re-
gionalgebundene Ausdrucksweise und Thematik” geachtet und ”in
wieweit die Autoren die besonderen Merkmale von Land und Leu-
ten Ostbelgiens schildern”.
Da beim Anschluß Eupen-Malmedys an Belgien (1920) keine
deutschsprachigen Autoren in Neubelgien ansässig waren und auch
für die Zwischenkriegszeit keine literarischen Erzeugnisse aus die-
sem Gebiet vorliegen, bedurfte es nach dem zweiten Weltkrieg einer
längeren Anlaufphase, ehe der Nährboden für die Ende der 60er
Jahre einsetzende ”Explosion literarischer Produktionen” bereitet
war.
So kann der Herausgeber mit Recht sagen, daß die hochdeutsche Li-
teratur in Ostbelgien erst zwei Dezennien alt sei. Dr. Michel Kohne-
mann gliedert seine ”Nachrichten aus Ostbelgien” in einen Teil ”Ge-
dichte” und einen Teil ”Prosa”. Als Anhang finden sich Kurzbiogra-
phien der Autoren und bibliographische Hinweise zum Thema.
* * * * *
Ein nützliches und aus keiner heimatkundlichen Bibliothek wegzu-
denkendes Werk ist die Bibliographie zu Geschichte, Sprache und
100
Literatur der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, 1945-
1983, die von Werner Miessen erstellt und durch die Belgische
Kommission für Bibliographie (der UNESCO unterstehend) heraus-
gegeben wurde.
Nebst einer Einleitung in den drei Landessprachen enthält das Werk
die bibliographischen Angaben zu den Veröffentlichungen, die in
der Zeit von 1945 bis 1983 incl. zur politischen, wirtschaftlichen
und kulturellen Situation der deutschsprachigen Belgier erschienen
ist.
Das Repertorium kostet 400 F und ist zu beziehen bei der Commis-
sion Belge de Bibliographie, 80-84, rue des Tanneurs, B-1000 Brüssel
durch Einzahlung vorgenannten Betrages auf das .
P.S.K. 000-0071996-22.
101
...“-. ° °
Tätigkeitsbericht 1986
1) Veranstaltungen :
Das Jahr 1986 war wieder reich an Veranstaltungen aller Art, womit die nun-
mehr schon 20-jährige Göhltalvereinigung einen breiten Interessentenkreis an-
sprach.
a) Es begann wie immer mit der Jahreshauptversammlung am 26. Januar im Hotel
Reinartz, 60 Personen waren erschienen. Nach einem Rückblick auf das verflos-
sene Jahr durch Präsident, Protokollführer und Kassierer hielt Frau Wahl einen
Kurzvortrag mit Dias über die altägyptische Kunst als Vorbereitung zu einer
Museumsfahrt nach Brüssel, wo im Februar eine Sonderausstellung über die
ägyptische Frau ”Die Frau im Reiche der Pharaonen” stattfand. Dieses Lichtbil-
derreferat wurde wie die vorigen über Rußland und Israel mit großem Beifall auf-
genommen.
b) Am 23. Februar fuhr ein Bus mit 45 Personen unter Leitung von Frau Wahl und
Herrn Kessel zum Kgl. Museum für Kunst und Geschichte in Brüssel zur
Sonderausstellung ”’Die Frau im Reich der Pharaonen”” und ”Nofret(ete) die
Schöne”; es waren mehr als 90 Exponate altägyptischer Kunstschätze zu sehen.
c) Am Samstag, dem 8. März, besichtigte die Göhltalvereinigung in der Reihe
”Werksbesichtigungen unserer näheren Umgebung”, die Molkerei Walhorn un-
ter Leitung des Unterzeichneten und einiger Angestellten, ”die über die Produk-
tionsanlagen und die Milchverarbeitungsprozesse anschaulich informierte”. Es
war ein Riesenerfolg, denn etwa 150 Interessenten, unter ihnen viele Walhorner,
nahmen teil an der Besichtigung, ein Beweis, daß die Bevölkerung die hiesigen
Firmen und Betriebe besser kennen lernen möchte. Die Reihe wird fortgesetzt!
d) Mit einigen Hundert Dias über Lateinamerika wartete Hauptlehrer Schins aus
Eupen am 20. März vor etwa 30 interessierten Zuhörern im Vortragsraum des
Museums auf. Wir vernahmen viele Einzelheiten über Azteken, Mixteken, Ma-
jas, Inkas, Indios, usw. Der Redner gab seine Reiseeindrücke untermalt mit pas-
sender lateinamerikanischer Musik über Lebensart, Kultur, Sitten, Kolonial-
zeit, usw. wieder. Er wird uns noch mit anderen Themen begeistern.
e) Es fanden sich auch wieder 35 Mitglieder im Museumssälchen ein, um sich auch
in Geschichte unterrichten zu lassen über ”die Frauen um Karl den Großen”
durch Frau Studiendirektorin Fischer-Holz aus Aachen. Aus Termingründen
der Rednerin mußte der Vortrag vom 17. April auf den 2. Mai verlegt werden.
Sie konnte trotzdem alle durch ihre Überzeugungskraft, ihre Phantasie und ih-
ren Humor begeistern für ’Karl aus dem Dreiländereck’ mit seinen Frauen : sei-
ner Mutter, seinen zahlreichen Töchtern und seinen 5 Ehefrauen sowie seinen
vielen Konkubinen.
f) Nur 2 Tage später folgte eine Göhlwanderung zur gemeinsamen Erkundung
des Göhllaufs von der niederländischen Grenze bei Sippenaeken bis Schin-op-
Geul (mit ”eu”!)Die 32 Wanderfreunde wurden geführt von den Herren Jansen
und Bertha unterstützt durch Herrn Bouwens aus Valkenburg. Die Route der 3.
Etappe ging von Epen über Mechelen nach Gulpen, Wijlre und Schin. Es war
ein erholsames Erlebnis; es brauchen ja nicht immer Vorträge oder weite Fahr-
ten zu sein!...
g) Der Tagesausflug vom 25. Mai zum 400 J. alten Wasserschloß in Alden Biesen
bei Genk und zum Freilichtmuseum in Bokrijk unter der Leitung von Herrn
Lennertz ermöglichte es, einen Vergleich zwischen Kommern und Bokrijk zu
ziehen.
102
h) Vom 18. Mai bis 1. Juni lief im Museum die Ausstellung des bekannten Blumen-
malers Pierre-Joseph Redoute. 49 ausgestellte Blumenzeichnungen gaben einen
Überblick über das gesamte Schaffen dieses berühmten Illustrators, auch ”Poet
der Botanik” genannt, der am französischen und belgischen Königshof sehr be-
liebt war.
i) Ein Sondervortrag mit Vorführung und Kostprobe war wohl die Anregung und
Anleitung, um Wein selbst zu produzieren, die in Verbindung mit der Vereini-
gung ”Les amis du barboteur” aus Aubel am 5., 7. und 8. Juni organisiert wurde.
Dieses Getränk mit Tradition, das nicht nur aus Trauben hergestellt wurde, son-
dern in ältester Zeit auch aus Wildfrüchten, hat bis heute nicht an Mythos verlo-
ren. Das Sprichwort sagt : ”Im Wein liegt die Wahrheit”, und Goethe in einem
Vers bekundet : ”Der Wein erfreut des Menschen Herz, und die Freudigkeit ist
die Mutter aller Tugenden !”
j) ”Rund um Ternell” ging es dann am 15. Juni weiter unter fachkundiger Leitung
von Oberforstmeister (inzwischen Inspektor) Ingenieur M. Letocart in einer Ta-
geswanderung ab Rotterwäldchen.
k) Vierzehn Tage später zogen die Göhltaler unter der Obhut der Herrn Jansen €
und Kessel ins Herver Land, angefangen mit dem amerikanischen Militärfried-
hof, weiter zur alten Zisterzienser-Abtei ”Val-Dieu” (Gottestal) mit Hochamt
und ”Casse-Croüte” (Brotzeit); nachmittags fuhr der Bus über Charneux, Chai-
neux, Grand-Rechain, Soiron, Olne, Bolland, Thimister und Clermont. Ein herr-
licher Ausflug durch Ortschaften einer so naheliegenden reizvollen Gegend, den
man wiederholen müßte, wenn die Obstbäume in voller Blüte stehen!
)) Der 1. Höhepunkt der Saison : die 5-tägige Jahresreise der Vereinigung ins
Oberschwäbische Allgäu vom 13. bis 17. August. Es war eine beeindruckende
Studienreise, minutiös vorbereitet durch Frau Wahl und Herrn Kessel. Erinnern
wir nur an einige Namen : die Barockmeister, den Märchenkönig Ludwig II., Il-
ler und Lech, Landsberg, Memmingen, Ulm, Linderhof, Neuschwanstein, Ettal,
Ottobeuren, usw. 50 begeisterte Teilnehmer, ein reibungsloser und flüssiger Pro-
grammablauf bei schönstem Sommerwetter, eine aufgelockerte Atmosphäre, gu-
tes Essen und eine herrliche Gegend, was will man noch mehr, um Menschen
glücklich zu machen und eine Fortsetzung zu verlangen!
m) Der 4. Teil einer Wanderung entlang der Göhl, deren Lauf man in 3 Abschnitten
bereits gefolgt war, führte am 7. September die 25 Wanderfreudigen dieses Mal
”Rund um Valkenburg und Schin-op-Geul.” Wieder war der in Valkenburg an-
sässige Herr Bouwens mit von der Partie und führte die Gruppe durch Valken-
burg zur Burgruine, zu den Kalksandsteinfelsen, zu den Höhlen und Pilzzüch-
tereien, bis nach Meersen.
Dieses Jahr wird das letzte Teilstück durchwandert und dann kennen diejenigen,
die immer mit dabei waren, den ganzen Lauf unseres Flüßchens!
n) Jetzt kam der 2. Höhepunkt des Programms 1986 : die Göhltalvereinigung feier-
te mit großer Aufmachung am 20. September, um 20 Uhr, in der Patronage, ihr
20-jähriges Bestehen mit einer Festveranstaltung unter Mitwirkung des Kelmiser
”Cercle Musical”, umrahmt von verschiedenen Mundart-Vortragskünstlern aus
dem Dreiländereck. Zwanzig Jahre schon, das Viertel eines Menschenlebens !
Aber viel haben wir inzwischen verwirklicht : Einsatz für Landschafts- und
Denkmalschutz, Pflege der Mundart, Erhaltung des Brauchtums, Herausgabe ei-
ner Zeitschrift, Errichtung eines Heimatmuseums, Schaffung einer Heimatbi-
bliothek, u.a.m. Wir haben die Heimatgeschichte wieder ins Bewußtsein ge-
bracht und gezeigt, daß uns das Göhltal lieb ist !
Der bunte Abend füllte den Patronage-Saal. Prominenz war gekommen, an ihrer
Spitze Gemeinschaftsminister Lejoly, Senator Eicher, R.D.G.-Vizepräsident Jos.
Bindels, Provinzialrat Mathieu Grosch, Vertreter der befreundeten Geschichts-
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vereine von diesseits und jenseits der Grenze, Bürgermeister C. Bauens, Pastor
Erich Altdorf, Kulturhauptinspektor F. Pauquet, Schöffen und Ratsmitglieder,
USW.
Nach der musikalischen Eröffnung der Feier durch den ”Cercle Musical” und
Ansprachen des Vorsitzenden unserer Vereinigung, Herrn Herbert Lennertz,
und des Kulturschöffen der Gemeinde Kelmis, Herrn Havenith, hielt der Grün-
dungspräsident Dr. Leo Wintgens einen viel beachteten Vortrag über die Ent-
wicklung der Schriftsprachen in unserem Gebiet vom 15. Jahrhundert bis heute.
Darauf folgten Mundartdichter aus der ”Euregio”, aus Breinig, Aachen, Vaals,
Eupen, Raeren und Kelmis, während die Gruppe Lesmeister aus Aachen mit
folkloristischen Akkordeonklängen für Kurzweil zwischen den Vorträgen sorgte.
Mit einem Konzert des ”Cercle Musical” ging dieser schöne und erinnerungs-
würdiger Heimatjubiläumsabend nach 4 Stunden zu Ende.
o) 8 Tage später waren wir wieder mit der Göhltalvereinigung unterwegs, diesmal
auf Studienfahrt ins Wassereinzugsgebiet der Sambre, d.h. zur Besichtigung von
altem Kulturgut und technischem Fortschritt, wie der Abtei von Aulne, dem
Schiffshebewerk von Ronquieres und dem mittelalterlichen Frauenkloster von Ni-
velles. Die leitende Frau Studiendirektorin Fischer-Holz, Aachen, rundete die
abwechselungsreiche Fahrt durch liebliche Landschaftseindrücke des Samberta-
les ab.
p) Am 12. Oktober fand eine Museumsfahrt statt unter der Leitung von Marga
Wahl. Im Sea "Villa Dynastie Krupp” oder ”Villa Hügel” in Essen
bewunderten 54 Teilnehmer in einer Sonderausstellung 600 Exponate des Dres-
dener Barock : Gemälde, Juwelen, Porzellan, usw. Die Fahrt war schnell ausge-
bucht.
q) Eine Woche später, am Sonntag vor den Wahlen, konnte man sich, gespornt und
gestiefelt, bereit halten für eine herbstliche Tageswanderung ins Hohe Venn mit
dem Spezialisten Herrn Gilles. Es wurde ein neues Landschaftsgebiet im Brack- 8
venn erkundet.
r) Vom 8. bis 23. November stellten verschiedene flämische Künstler ihre Aquarel-
le und Gouachen (Wasserdeckfarben) in den Räumen des Museums aus, in Zu-
sammenarbeit mit der Exekutive der Deutschsprachigen Gemeinschaft, dem
Kulturministerium der flämischen Gemeinschaft und der Göhltalvereinigung.
40 Bilder von 23 Künstlern gaben durch Landschaften, Kompositionen und Figu-
ren einen Einblick in die modernen Strömungen der fläm. Kunst.
s) Die nächste Veranstaltung, am 20. November, war die Projektion von interes-
santen Dokumentarfilmen über das Leben unserer Vorväter und die dazu erfor-
derlichen Hilfsmittel, wie Technik und Handwerk der Vergangenheit, auch
Wind- und Wassermühlen. Diese Dokumentation spiegelte harte Arbeit, aber
auch Beschaulichkeit und Romantik wieder !
t) Und der letzte "dicke Brocken” des Jahres 1986 war die Dia-Vortragsreihe mit
dem verführerischen Titel ”Abenteuer Mexiko” am 4., 11. und 18. Dezember
im Vortragsraum unseres Museums. Und es war wieder die unermüdliche Frau
M. Wahl, die uns diese Lichtbilder- Vorträge meisterhaft hielt, womit sie ja bei
ihrem Stammpublikum und bei anderen sehr gut ankommt. Sie berichtete über
sehr viel persönlich Erlebtes und flocht viele Anekdoten in ihre Notizen ein,
sodaß sich das Interesse an diesen lehrreichen Einzelheiten über ein malerisches
Land mit einem heiteren einzigartigen Menschentypus von Vortrag zu Vortrag
steigerte. Nach diesen 3 Abenden über "Abenteuer Mexiko” wird wohl jeder An-
wesende mit Alexander v. Humbolt gedacht haben : ”Mexiko ist wirklich der
Flecken auf der Welt, den man als Paradies bezeichnen kann.”
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2/ Verröffentlichungen : es erschienen wieder 2 Hefte ”Im Göhtal”, Nr. 38 und 39, mit
einer Fülle lesenswerter, interessanter Beiträge.
3/ Sitzungen : der Vorstand (oder manchmal nur eine freiwillige Arbeitsgruppe) traf
sich jeden Monat und der Verwaltungsrat 5 mal im Jahr 1986.
4/ Presse und Rundfunkberichte : alle Veranstaltungen wurden durch den Presserefe-
renten den Zeitungen und dem Rundfunk mitgeteilt, sowie Kommentare dazu einge-
reicht. *
Fr. Nyns
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