Im Söhltal
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Vorsitzender : Leo Wintgens, Moresnet-Kapelle, Aachener Straße 12
Sekretärin : Frl. Georgette Xhonneux, Neu-Moresnet, Lütticher Straße, 168
Tel. 59.467
Lektor : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße 20 b
Schriftleiter : Fr, Darcis, Pfarrer i. R., Moresnet-Kapelle, Kloster,
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kelmis, Lütticher Straße, 39
Bankkonto 251.251 der Societ& Generale de Banque, Verviers (P.S,.K. 695)
Die Beiträge verpflichten nur ihre Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet - Dorr, Kelmis.
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhlviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
„Druck, : Jacques Aldenhoff, Gemmenich.
Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur; Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal k
j No 4 4 7
DEZEMBER 1968 :
Inhaltsverzeichmis,
Leo Wintgens, Moresnet Robert Hamacher 3
Franz Straet, Gemmenich An meine Zwölfjährige (Gedicht) 5
Gerard Tatas, Gemmenich In Memoriam ”Joseph Herzet” 6
Firmin Pauquet, Kelmis Zwei alte Urkunden aus dem Gebiet
der Bank Montzen 11
A. Janssen, Moresnet Ajene Casinoweher anno dazumal 18
Joseph Bonny, Kelmis Rückblick auf die 65jährige Tätigkeit
des bekannten Humoristen Leonard
Kohl, genannt ”Nades” 21
L. Kohl, (Nades), Kelmis Kelmeser Rabattmarke (Gedicht) 25
Gerard Tatas, Gemmenich ”Stille Nacht, Heilige Nacht”- Wie das E
schönste aller Weihnachtslieder ent-
stand (Gedicht) 26
J. Meerman, Kerkrade-West Die Altersfrage des Namens ”Göhl” 28
Franz Darcis, Moresnet Ein Pfarrer von Gemmenich wurde
Bischof, J. Th. Laurent (1804 - 1884) 30
Josef Franck, Aachen Karl der Große, die Herzöge von Lim-
burg und die Burgen Montjoie, Kon-
zen und Reichenstein 38
Louis Bindels, Kelmis Die alte Bank 40
Hermann Heutz, Hauset De Elektrikerin (Gedicht) 41
Peter Zimmer, Kelmis Entstehung und Tätigkeit des Kelmi-
ser Köhlervereins (Fortsetzung) 42
Josef Bindels, Kelmis Der Wecker (Gedicht) 48
Josef Franck, Aachen Heiraths-Urkunde 49
Peter Emonts-pohl, Die Bergkapelle (Gedicht) 50
Iserlohn (Raeren)
J. Demonthy, Neu-Moresnet Kennst Du Deine Heimat ? S1
Franz Uebags, Kelmis Klubs en Vereine va Kelmes en Nöj-
Moresent ”die ens hant bestaude” 52
(Gedicht)
Fernand Wechseler, Kelmis Erstes ostbelgisches Dichtertreffen 55
Leo Wintgens, Moresnet Sie fahren der Nacht nach (Gedicht) 57
Georgette Xhonneux, Verschiedenes aus unserem Mitarbei-
Neu-Moresnet terkreis 58
Peter Emonts-pohl, Et Rüetge lett de Wowf eruus 59
Iserlohn (Raeren) (Gedicht)
Austauschvereine / Mitteilungen 60
3
Stimmen der Heimat.
Leo Wintgens
Wir erachten es nicht nur als unsere Pflicht, allen Heimatfreun-
den durch Dokumente und Denkmale einen Einblick in unsere Ver-
gangenheit zu gewähren, sondern möchten auch ganz besonders jene
zu uns sprechen lassen, die vor uns in unserer Gegend gelebt und -
vielleicht unbekannt - Bleibendes geschaffen haben. Gewiß werden alle
Leser und Freunde uns bei dieser Aufgabe, dem Aufspüren heimat-
lichen Schrifttums in Hochdeutsch und in der Mundart, nach Kräften
unterstützen. Auch den kleinsten Hinweis nehmen wir dankbar ent-
gegen.
Die biographischen Angaben zu nachstehender Würdigung sowie
die Gedichte wurden uns freundlicherweise von Herrn Fritz Hamacher,
einem Bruder des Dichters, zur Verfügung gestellt.
Robert Hamacher (1889-1922)
Robert Hamacher wurde am 14. Juli 1889 als zweites Kind der
Eheleute Johannes Hamacher und Christine Köhn in Eupen geboren.
Er zog als vierjähriger Knabe mit seinen Eltern nach Walhorn, wo er
mit seinen acht Geschwistern seine Jugend verbrachte. Nach Been-
digung seiner Schulzeit in der Walhorner Volksschule kam er bei der
Spinnerei Oskar Eckmeyer in die kaufmännische Lehre. Die Spin-
nerei ” Zur Hammermühle” roch auf dem Gebiet der Gemeinde
Walhorn gelegen, wurde durch die Göhl betrieben. Vier Jahre später
trat Robert bei der Eisenbahn in Dienst und war an den Grenzbahn-
höfen Herbesthal, Sankt-Vith und Malmedy im Bürodienst tätig.
Als begabter Autodidakt studierte er während dieser Zeit Poetik,
Dramatik und Geschichte sowie Französisch und Latein. Bald faßte
er den Entschluß, als Spätberufener in den geistlichen Stand zu treten.
Zur Heimatgeschichte, die der junge Mann besonders liebte, ver-
faßte er zwei Abhandlungen : ”Das Bankgericht von Walhorn” und
”Walhorn unter französischer Herrschaft”. Er trug dieselben in den
Jahren 1915/16 im vollbesetzten Saal der Gastwirtschaft Albert Schu-
macher in Walhorn vor. Mit der Erlaubnis der Familie wird unser
Geschichtsverein diese für die damalige Zeit beachtlichen Werke eben-
falls auswerten können. Vom regen geschichtlichen Interesse Robert
Hamachers zeugt übrigens auch seine jahrelange Mitgliedschaft im
Aachener Geschichtsverein.
Die literarischen Früchte der Jahre 1911-17, ein Zyklus von
etwa 45 handgeschriebenen Gedichten, wurden im Jahre 1966 von
einem seiner Brüder vervielfältigt und so den Familienangehörigen
nahegebracht. In diesen Ilyrischen Gedichten schlägt das Herz des
Dichters - ein empfindsames Herz, das seiner Liebe entsagen mußte
und, verlassen klagend Rat und Trost sucht. Im Dienste des Höchsten
wollte er schließlich Frieden finden, doch eine tückische Krankheit
warf ihn darnieder, von der er erst nach einem Jahr, am 3. Januar
1922, erlöst wurde.
4
Die Begabung dieses schlichten, tief empfindenden jungen Men-
schen, an dem der Kelch des Schicksals nicht vorüberging, wurde schon
im Jahre 1915 von der damals im Katharinenstift zu Astenet weilen-
den Clotilde von Harbou, der Mutter der bekannten Schrifstellerin
und Schauspielerin Thea von Harbou, klar erkannt. Nachdem sie sei-
nem ersten heimatkundlichen Vortrag ”’Das Bankgericht von Walhorn”
beigewohnt hatte, sandte sie Robert Hamacher am 22. November 1915
folgenden Wunsch für die Zukunft, der leider nicht in Erfüllung gehen
sollte :
”Lieber Herr Hamacher,
Mit vielem Dank sende ich Ihnen Ihr Manuskript zurück.
Sie haben mir gestern einen interessanten Abend bereitet
mit Ihrem Vortrag und ich bin überzeugt, daß eine schöne,
verheißende Zukunft vor Ihnen liegt. Bei diesem Fleiß und
Ihrem Streben kann es Ihnen mit Gottes Hilfe nicht feh-
len! Glück auf !” .
Robert Hamacher schrieb
. seine Gedichte nicht für die
Öffentlichkeit ; selbst seinen
N Eltern und Geschwistern blie-
” ben sie verborgen. Um so
® wahrer dringt aus jeder Zeile
die Stimme des jungen Dich-
4 ed ters an unser Herz. In seinem
A Werk tönt - wie in folgender
Ui Auswahl - erst der bittere
X Schmerz offen in seine Ein-
samkeit ; allmählich verbirgt
er diesen unter Ruheverlan-
gen und Jenseitshoffnung,
. Ö doch ”des Herzens tiefe Wun-
N de, die ihm das Schicksal
”—..) schlug für seine Liebe” war
] en) zu tief, um gänzlich zu ver-
4 heilen.
Robert Hamacher, als er seine ersten Wohl dem, der früh vergessen
Gedichte schrieb. kann.
Lebewohl Wohl dem, der früh
Vergessen kann -
”Lebewohl !” Du Wort des Schmerzens, Befreit von eitler Liebeslust
Dich vergißt die Liebe nicht ... Im Heiligtume seiner Brust
Ach! Ich hört’s gebrochenen Herzens, In stiller Nacht
mit verweintem Angesicht Den süßen Frieden dann durchwacht.
”Lebewohl !” Auf allen Wegen Ich lausche da
Sprech ich’s voller Kummer nach, An manches Herz,
Ach! Es war der letzte Segen, Drin große Träume untergehn,
den die wahre Liebe sprach. Und höre leise Weisen wehn
Vom Sehnsuchtsleid
Nach unbekannter Ewigkeit,
Ss
Ich möcht’ meine Seele hauchen.
Willst du auch froh erscheinen In deinem Herzen entbrennen
Wenn ich in’s Auge dir seh’, Würd’ lachende Lebenslust.
In deinem unschuldigen Herzen Glaube mir, himmlischen Frieden
wohnt ein vereinsamt Weh. Berg’ ich in meiner Brust.
Deine Worte, die trauten, klingen Glaube mir, mir ist verheißen,
wie süßer Himmelsklang, Ein heiliges Land zu sehn,
Aber deine Blicke, sie flehen Wo süße Klänge des Eden
traurig um’s Glück so bang. Die frohen Pilger umwehn.
Ich möcht’ meine Seele hauchen Wo liebliche Bächlein fließen
Tief in dein Herz hinein, Den blühenden Weg entlang,
Aus deinen Augen leuchten Glaube mir, dort kannst du stillen
Würd’ heller Sonnenschein. Des Herzens quälenden Drang.
An...
Und wenn du trägst ein unbefleckt Gewand,
So darfst du ruhig deinen Tag erhoffen ;
Da wirst du wandeln in das heilige Land,
Ins Land der Dichter, das den Reinen offen.
Dort wirst du stillen jenen heißen Drang,
Den dunklen Trieb der Seele wirst du stillen
Und lauschen einem hellen Wundersang,
Aus Quellen trinken, die aus Eden quillen.
An meine Zwölfjährige.
Du bist wie eine Rosenknospe,
die bald im holden Lenz erblüht,
die in der frühen Morgenröte
im ersten Sonnenstrahl erglüht.
Doch, wenn die Frühlingsstürme toben,
dann wünsche ich Dir sichern Hort,
damit im Sommer Du kannst blühen
an einem sonnig warmen Ort.
Auf daß im Herbste jeder sage :
"Dies Röslein hatte Wunderduft.
Es liegt noch, wenn es längst verwelket,
ein Hauch von Wonne in der Luft.”
Franz Straet, Gemmenich
6
In Memoriam Joseph Herzet.
Gerard Tatas
”Man soll sich über jede Kleinigkeit freuen und ein großes Fest
daraus machen !” pflegte Joseph Herzet mit seiner markigen Baßstim-
me zu sagen, und in diesem häufigen Ausdruck lag ein Wesenszug
seiner Persönlichkeit. Er war ein Dorfphilosoph, der die kleinen Freu-
den des Lebens zu schätzen wußte, Vom Schicksal verwöhnt zu wer-
den, war er nicht gewohnt, und er verlangte es auch nicht. Nie hat
er darauf gewartet, daß Fortuna ihr ganzes Füllhorn über ihn aus-
schütte oder daß einmal das große Wunder seines Lebens geschehen
möge. Er griff nicht nach den Sternen des Mammons und des Ruhms ;
er lebte ein bescheidenes, genügsames Alltagsleben, aber es war ein
erfülltes Leben, erfüllt von der Schönheit der Musik. “
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Der Heimatkomponist am Klavier mit seiner Gattin, deren Tod er im Jahre
1962 zu beklagen hatte,
Am 9. April 1968 schied er im Alter von 82 Jahren im Kranken-
haus von Moresnet-Kapelle aus einer Welt, die ihm viele kleine und
auch große Schicksalsschläge versetzt hatte. Als er kaum im Konfir-
mationsalter war, starb sein Vater und ließ, da er hauptberuflich selb-
ständiger Schreinermeister und also zur damaligen Zeit vollständig
ohne soziale Sicherung war, seine kinderreiche Familie in bedrängter
Lage zurück. Eine kleine Hoffnung blieb : Der Vater hatte von der
Organistenstelle, die er an der Pfarrkirche von Gemmenich betreute,
ein spärliches Gehalt bezogen. Als Knabe erlernte auch Joseph schon
das Orgelspiel, und weil er bereits einige Fertigkeit besaß, hoffte seine
7
ganze Familie und er selbst am sehnlichsten, nun die Stelle seines
Vaters übernehmen und damit wenigstens soviel verdienen zu können,
um die größte Not abzuwehren. Diese Hoffnung schlug fehl ; Organist
wurde der Uhrmacher und spätere Bürgermeister Weber, Damit hatte
die Kirchenverwaltung dem jungen, musisch begabten und orientierten
Joseph Herzet einen Stachel ins Herz gedrückt, dessen Wunde nie in
seinem Leben ganz vernarbte.
Mit diesem Stich waren ihm aber auch Empfindungen ins Herz
geflossen, die sich zu Anregungs- und Triebkräften für seine nachhe-
rige Musikerlaufbahn entwickeln sollten : Stolz, künstlerische Ambition
und der zähe Wille, es doch, wenn auch von den Pfarrgewaltigen ver-
schmäht, zum anerkannten Musiker zu bringen. Während der Jahre,
wo er gezwungen war, den Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner
jüngere 7 Geschwister durch die Arbeit in einer Aachener Textil-
fabrik zu bestreiten, stand ihm nur dieses eine Ziel vor Augen - bis
eines Tages sein Wunschtraum an seine Tür klopfte. Er kam in der
Gestalt des Superiors des Klosters von Völkerich, der für die dortige
Schule einen Geigenlehrer anzustellen beabsichtigte und den nur auf
eine solche Gelegenheit Wartenden bat, die Stelle anzunehmen. Viel
zu besorgt, daß sich eine Gelegenheit wie diese nicht mehr so schnell
bieten würde, gab Joseph Herzet seine Zusage, obwohl er das Violin-
spiel nicht beherrschte. Stante pede kaufte er sich ein Instru-
ment und Lehrbücher und begann Tag und Nacht zu fiedeln, um
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Joseph Herzet (rechts) bei Hausmusik in den Anfängerjahren mit seinem Bruder
Jean (am Klavier) und seinem Vetter Anton Tatas.
8
seinen Schülern wenigstens immer um einige Seiten der Violinschule
voraus zu sein. Um dieselbe Zeit gründete er mit einigen Musikern aus
Kelmis ein Tanzorchester, das hauptsächlich im Aachener Raume
Engagements fand und mit diesen beiden Einnahmequellen konnte er
daran denken, sich einen eigenen Herd zu gründen.
Mit Maria Barbay, die ihm zeitlebens in seinem harten Lebens-
kampf eine treue Stütze blieb, stand er im Jahre 1910 am Traualtar.
Jahre hartnäckigen Selbststudiums hatten ihm soviel Wissen und Kön-
nen vermittelt, daß es möglich wurde, von seiner so geliebten Musik
zu leben und drei Kinder aufzuziehen. Er gab Unterricht im Klavier-
und Violinspiel und nach und nach im Spiel der verschiedensten In-
strumente,
Der Durchbruch auf regionaler Ebene war gelungen. Es kamen "
Schüler aus allen umliegenden Dörfern, und nachdem er sich bei dem
von ihm mitgegründeten Theater- und Gesangverein ”Frohsinn” von
Gemmenich als Dirigent die nötige Routine hatte verschaffen können,
boten ihm auch die lokale St. Cäcilia - Harmonie und die Musik-
gesellschaften von Moresnet und Sippenaeken den Taktstock an.
Wie wichtig er seine Aufgabe als neuer Dirigent der damals
schon leistungsfähigen Cäcilia - Harmonie nahm, und mit welcher Be-
scheidenheit er an dieselbe heranging, beweist dieses Anekdötchen :
Als die Kanonen des ersten Weltkrieges verstummt waren und Gemme-
nich sich darauf vorbereitete, seine heimkehrenden Soldaten mit einem
Konzert festlich zu empfangen, sollte Joseph Herzet zum ersten Male
bei den Proben zu diesem Festkonzert dirigieren. Als die Musiker im
damaligen Lokal Wilhelm Herzet versammelt waren, wartete man ver-
gebens auf den Taktstockführer. Dieser stand in ”Pommes-Jatz” (ei-
nem engen, oft als Abort dienenden Gäßchen im Dorfe) und hatte
Herzklopfen und traute sich nicht zum Probelokal. Er wurde bei der
”Suchaktion” einiger Cäcilianer aufgelesen, und ihm Mut zuspre-
chend führte man ihn zum Dirigentenpult. An Stelle dieser anfäng-
lichen Zaghaftigkeit trat aber mit der Zeit ein sicheres Gespür und
routiniertes Verständnis für das Vereinswesen und die Amateurmusik,
die mitunter ganz anderen Bedingungen und Voraussetzungen unter-
worfen ist als die berufsmäßige Kunstausübung. Sein leutseliger und
geselliger Charakter war dabei ein die Sache förderndes Persönlich-
keitsattribut. Besonders dankbar für die Leitung ihres Harmonie-Ve-
reins von 1924 bis 1966 waren ihm die Moresneter Musiker, für die
er eigens einige Märsche komponierte und die sich heute noch gern
an das Konzert erinnern, das sie unter seiner Leitung auf der Brüs-
seler Ausstellung im Jahre 1958 mit einigen süffigen Nebenerschei-
nungen gaben.
9
Eine Kompensation für seinen von der Gemmenicher Kirchenver-
waltung seinerzeit verletzten Musikerstolz fand er, als er mit den Or-
ganistenstellen an der Bleyberger Pfarrkirche und der Kapelle von
Moresnet betraut und zum Dirigenten des Maria-Hilf-Kirchenchors
von Eichschen ernannt wurde. Allein das Beispiel seiner unermüdli-
chen Pflichterfüllung an der Orgel in Bleyberg während 47 Jahren
dürfte Zweifel an der Richtigkeit des Handelns der Honoratioren von
Gemmenich aufkommen lassen. Deshalb war wohl der 22. Mai 1966,
der Tag, an dem im Rahmen. der Hundertjahrfeiern der Pfarre Bley-
berg seine wohl bedeutsamste Komposition, die vierstimmige Messe
mit Orgelbegleitung ”In honorem sanctz familie”, in der Pfarrkirche
mit nachfolgender Ehrung des Komponisten aufgeführt wurde, der
höchste Tag im Leben des nach Selbstbestätigung und öffentlicher
Anerkennung strebenden, mittlerweile 80 Jahre alt gewordenen Herzet.
Die Skala seiner Kompositionen aber reicht von der Kirchen-
musik über Märsche und Stücke für Blaskapellen abwärts bis zu Kar-
nevalsliedern.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sei hier das Ver-
zeichnis seiner Werke gebracht. Kirchenmusiken für vierstimmigen
Männerchor : Jubelmesse zu Ehren Mariä Auxilium Christianorum
(dem Maria-Hilf-Chor von Eichschen gewidmet), Missa pro defunctis,
Komplet, drei Tantum Ergo, Messe zu Ehren der hl. Familie (bei der
Hundertjahrfeier der Pfarre Bleyberg) und Sankt Hubertus Prozes-
sionsmarsch. Märsche für Blasorchester : Them Basses, Moresnet en
Föte, Les Montagnards, Toujours joyeux, Liscio Allegro Final, Pas
d’ Ours, Plaisir tyrolien, Honneur aux Tambours et Clairons, Les bons
Amis und Marche Helvetique. Außer zahlreichen Arrangements für
seine Kapellen und mehreren Volksliedern, u.a. ”Im Heimattal”, be-
stückte er den Karneval am Dreiländereck mit vielen Schlagertiteln,
von denen besonders ”Vrönd, haste Schieve ?”, ”Och Trina!” und
”Hüj wätt sech en jeklutscht !” in Erinnerung geblieben sind.
In diesen Karnevalsschlagern, die er auch zumeist selbst textete,
fand sein bekannter Humor seinen Niederschlag. ”Vom Baume des
Ernstes ist der Humor die Blüte”, schrieb sein großer Kollege, der
italienische Komponist Ferruccio Busoni, und von dieser Art war auch
der milieugebundene, mundartlich - ursprüngliche Humor unseres Hei-
matkomponisten (wie jeder Humor im Gegensatz zum Witz milieuge-
bunden ist) und kam aus der Tiefe seines duldsamen Lebensgefühls. Da
Joseph Herzet nicht Witz sondern Humor besaß, war es selbstver-
ständlich, daß er sogleich auch unter die ”Gecken” ging, als der ”Cer-
cle Les 21” vor 35 Jahren den Sitzungskarneval ins Leben rief,
daß er für sie lustige plattdeutsche Lieder schrieb und mit seiner
Tanzkapelle oftmals die Närrinnen und Narren in dionysischen Schweiß
brachte.
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Jozeph Herzet dirigiert die Kgl. St. Cäciliag-Harmonie von Gemmenich
beim Festival der Kg!. Harmonie von More:net, im Hofe dez
heutigen Restaurants Scharic:-KXohl.
Sein Hauptlebenswerk aber war, daß er unter vizlen Mühen und
Entbehrungen seinem Sohn Jean den Besuch des Vervierser Konser-
vatoriums und somit eine fachmänrische Ausbildung als Geiger er-
möglichte. Wie mühsam und unter welcher Aufopferung der Vater das
Piedestal aufgerichtet hat, auf dem sein Sohn heute steht, wissen nur
wenise und soll hier einmal Erwähnung finden. In Schillers ”Kabale
und Liebe” sagt der biedere und zugleich tieffühlende Musikus Miller
- dessen Wesenszüge auch Joseph Herzet trug - ”Geld macht den Mann
nicht, Geld nicht !” Daß es höhere Werte gibt, für die es sinnvoller
zu leben ist, hat der introvertierte, bodenständige und heimatverbun-
dene Joseph Herzet wohl erkannt, und er hat für sie gelebt. Von der
hektischen Betriebsamkeit der modernen technischen Zeit ließ er sich
nicht entseelen ; den Tanz um das goldene Kalb tanzte er nicht mit.
Dem fragwürdigen Prestige eines snobistischen Parvenus, des Aktuell-
sten unserer ‚Zeitgenossen, der trotz Wohlstand inneren Leere des
selbstgefälligen heutigen Geldverdieners stellte er seinen Gemütsreich-
tum und seine reife Menschlichkeit entgegen. Er hat kaum eine andere
Sprache. als unsere Mundart beherrscht, seine Ausdruckskraft lag in
der. Musik, die da beginnt, wo die Sprache aufhört. Das kulturelle
Gesicht unserer Heimat hat er wesentlich mitgeprägt, alle Kultur-
schaffenden und -genießer am Dreiländereck sollten seiner stets in
Dankbarkeit und Anerkennung gedenken.
1
Zwei alte Urkunden aus dem Gebiet der Bank
MONTZEN
Firmin Pauquet
In seiner Einleitung zur Veröffentlichung des limburgischen Land-
rechtes macht Herr Jean Thisquen auf die Bedeutung der Ver-
Öffentlichung weiterer limburgischer Quellentexte aufmerksam (1).
Aus dem Gebiet der ehemaligen limburgischen Bank Montzen sind bis
jetzt kaum ältere Quellentexte veröffentlicht worden. Hiermit möchte
ich einen bescheidenen Beitrag zur Ausfüllung dieser Lücke bringen.
Die erste, auf Pergament geschriebene, Urkunde ruht im Pfarr-
archiv Montzen, wo sie wohl das älteste aufbewahrte Dokument ist.
Hierin bekräftigen Drost und Schöffen der Bank Homburg und Mont-
zen am 20. September 1559, daß ihr Mitstuhlbruder Johann Cloet von
Streversdorp ein feierliches Hochamt zur Ehre des Heiligen Sakraments
in der Montzener Pfarrkirche gestiftet hat. Die gestiftete Messe ist
jeden Donnerstag außer der Adventszeit, der Fastenzeit und der Feier-
tage zu singen. Die Einkünfte der Stiftung bestehen aus acht Erbren-
ten auf verschiedene innerhalb der Bank liegende Güter, im Wert von
insgesamt 34 limburgischen Gulden und 7 Aachener Mark (2). Bei der
Aufstellung der kirchlichen Einkünfte von Montzen im Jahre 1787,
in Anwendung der kaiserlichen Verordnung Josef II. vom 22. Mai
1786, werden diese Erfrenten gegeven voor eene donderdaegsmisse
noch ausdrücklich erwähnt (3). Wenigstens zwei Güter können mit den
in 1559 erwähnten identifiziert werden :
- op den jungen bosch, jurisdictie van Kelmis, belastet mit 5 limbur-
gischen Gulden zu 6 Lütticher Stüber, d.h. 1 Gulden 10 Stüber (4) ;
hiermit ist wohl das Heynrichs goyt tzo Kelmys des 16. Jhs. gemeint;
- op Merkhoffs goet, jurisdictie van Homborg, belastet mit 10 1/2
Erbgulden, d.h. 3 Gulden 3 Stüber, statt 11 1/2 Erbgulden i.J.
1559;
Die anderen Güter lassen sich nicht ohne längere Forschungen
identifizieren :
- op de goederen ten Eycken, jurisdictie van Montzen, mit 6 Faß, d.h.
6 Gulden belastet.
= op N. Smets, Montzen, mit 1/2 Faß, d.h. 10 Stüber belastet
- op Claes Slemper, ebenfalls Montzen, mit 1/2 Faß, d.h. 10 Stüber
belastet
- op Cornelis Plaire, Montzen, mit 6 1/4 Faß, d.h. 6 Gulden 5 Stüber
belastet
- op den Meyer ter Heyden, Montzen, mit 6 1/4 Faß belastet
- op Laber Urlichs goet, jurisdictie van Homborg, mit 5 Faß und 1
limburgischen Gulden, d.h. 5 Gulden, 6 Stüber belastet
Die Rente von 7 Aachener Mark auf dem Kelmiser Rosenbennt
scheint im Laufe der Jahrhunderte verlorengegangen oder umgetauscht
worden zu sein. Der Stifter bestimmt ferner, daß Priester aus seiner
12
Verwandtschaft, die es begehren möchten und den Dienst auch wirk-
lich wie vorgeschrieben erfüllen wollen, bei der Bestellung der Pfründe
bevorzugt werden. Die Erben und Verwandten des Stifters sollen zu-
künftig auf die genaue Einhaltung der Vorschriften achten und den
Priester bestimmen, der die Pfründe innehaben soll. Falls die Messe
durch Zeitumstände nicht in der Montzener Pfarrkirche zelebriert
werden kann, sollen die Erben die Renten mit Beirat des Pfarrers zur
größten Ehre Gottes anwenden.
Neben dem Stifter wird auch seine Gattin Elssen Ruell genannt.
Ferner vernimmt man die Namen des Drostes, des herzoglichen Beam-
ten, Junker Johann Roee zu Veltjaeren, der sieben herzoglichen Schöf-
fen, Aret Hutzenmecher, Lennart Klynnckenberch, Mees Kremer, Claes
Toepart, Jann van der Heyden, Wyllem Schoenbroet, Johann Cloet van
Streversdorp und des Pfarrers, Herr Johann van Juychem (5). Zur
Bekräftigung der Wahrheit haben die Schöffen ihr Siegel an diesen
Brief gehangen. Leider ist vom Siegel nur ein bescheidenes Stück aus -
braunem Wachs an der Pergamentschnur übriggeblieben.
Die zweite Urkunde ruht im Allgemeinen Reichsarchiv zu Brüssel
(6). Sie ist auf Pergament geschrieben ; die in der Urkunde erwähnten
Siegel sind verloren gegangen.
Der Meyer und die Laten des Grund- oder Lathofes von Alens-
berg zu Moresnet (7) beurkunden am 8. März 1546, daß ihr Herr,
Junker Johann Dobbelsteyn, und seine Ehefrau Anna von Effern dem
Junker Jakob van der Heyden, genannt Belderbusch, mit seiner Gattin
Anna van den Horrick (8) eine Erbrente von 50 Goldgulden (9) auf
alle ihre Besitzungen zu Alensberg übertragen haben. Diese Erbrente
gilt als Gegenleistung für die Auszahlung einer Summe von 1.000
Goldgulden ; sie kann auch wieder durch Rückzahlung des Kapitals
gelöscht werden. Der damalige Meyer hieß Claes Knyphorne von Mo-
resnet, und mit ihm erscheinen vier Latschöffen, nähmlich Johann dye
muedt, Erken van den steyn, Geret van Eymbach und Claes Rader-
mecker van Moresnet. Der Lathof besitzt kein eigenes Siegel und läßt
die Urkunde deswegen von seinem Herrn besiegeln. Da dieser aber
Teilnehmer bei der beurkundeten Handlung ist, läßt er vorsichtshalber
die Urkunde durch zwei seiner Nachbarn mitbesiegeln : es sind der
Herr Johann van den Eycken und der Drost von Homburg und Mont-
zen, Dederych Belderbusch (10).
Für die Herausgabe der beiden Urkunden habe ich die Vor-
schriften der Königlichen Kommission für Geschichte befolgt (11).
Montzen, 20 September 1559,
Wyr, drosset und scheffen der banck Homborch und Montzenn,
myt namenn Jonncker Johann Roee tzo Wylljaerre als drosset der
tzyt, vort Arret Hutzenmecher, Lennart Klynnckennberch, Mees Kre-
mer, Claes Toepart, Jann vann der Heyden, Wyllem Schoennbroet,
als scheffen der vurgennanter bannck
Doennt konnt allenn luydenn myt dyssenn onssenn offenenn
13
bryeff, Cat vur onns koemenn unnd erschenen is Johann Cloet vann
Streveßdorp, onnse mytstoellbroeder, sytzennde inn synnenn ganntzenn
elygenn stoell myt Elssenn Rueil, synne elyger huyßfrouwen, innd
haet der tzyt als hee des mechtyg was innd myt reecht waell doenn
moycht, eynn erff Messe besteycht offzerycht innd bestedycht, vysser
sunnderlycher beweegonnge innd goeder meynnonge, tzo vermeronnghe
Gotz dynnst, tzeer erenn Gott almechtych, Maria synner gebennendy-
der moeder innd aller lyver heyllgenn, tzo sonnderenn troest synner
elderen, syns selffs, synnre huyßfrouwenn innd allenn synnre frundt
innd maegesellenn heyll innd selycheyt, wylche Messe alle donnres-
dachs inn eytlycher weechen gehallden innd gesonngen sall werdenn inn
der paerkyrchenn innd gotzhuyß tzo Monntzenn, vann dem hoychwer-
dychenn helygenn sacrament des waerafftychenn Iychams inndt bloytz
onns lyvenn herrenn Jesu XPI, inn alle der maessenn wye menn dye
haldenn inn synngenn is optenn he’genn Sacramesdach, vyßgenoemenn
dye advennt, dye vastenn innd ander hochtzytlyche daege, dat menn
nae ordynancienn der kyrcher anders haldennde is. Tzo dysser messenn,
op dat sy erfflych ewelych innd tzo allenn tzydenn gehaldenn innd
gedaen werdt, haet der vurß Johann Cloet, inn gestalt inn maennyeren
eyner purer almyssen ganß innd luytter umb Gotz wylle gegevenn innd
overgedragenn vur onns drosset innd gerychtenn vurß dyesse naevol-
gennde rennt innd gulden :
inndenn irstenn vunnff erffguldenn tzo Kelmys, is dat pant innd
onderpannt all Heynnrychs goyt ;
noch vunnff erffguldenn, is onderpant alsulch goyt als Wynneznt
vann Imbach lygende haet bynnen dem kerßpell vann Montzen ;
noch vyer erffgulden, is pannt innd onderpant all symenn stoecks
goet gelegen bynnen dem kerßpell vann Montzen ;
noch elffdennhalffenn guldenn erfflych, is pannt innd onderpant all
Merkoeffs goyt tzo Gulpenn ;
noch dry erffgulden stonnt op Kochs goyt tzo Gulpen ;
noch vyerdennhalffenn erff guldenn, is pant innd onderpannt eynn
bennelt genandt Schevertz hoff ... Thonnys vann Hoppesch,
noch eynnen erff guldenn op all Tyschenn Huytz goytz tzo Hontem,
item noch seve aycher merck tzo Kelmys op eynnen bennelt ge-
noempt Rosennbennt, haldenn Jacop Mombers erffen
Voerder, wylt der egenannte Jann Cloet, soe Heymicher vann syn-
nen maegenn off bewannten sych dartzo ergevenn heet off noch inn
tzocomendenn tzydenn sych dartzo ergeve, dat hee dyssenn dynnst
gedaenn innd gehaldenn kundt inn alle der maessen als vurß innd geor-
denyert is, der sall d...venn eynn neyste seeynn, soe vernn als hee des
begert. Innd weert saych, dat eynnych versoeme aenn dysser messen
geschoege innd der dynnst nyet recht gehaldenn als geordenyert inn
vuurgeschrevenn steyt, soe sullenn altzyt dye erffenn innd nacomlyn-
gen des egenantenn Jan Cloten eynn opfernn daeraenn haven innd
dem pryster ...... halden, dat hee denn dynnst doe als behoerlych is.
Innd ingevalle he sulchs nyet enn dedt, soe moegenn sy eynnen ande-
renn bestellenn, der dem dynst loesslych inn eyrlych halde. Wyders
14
inngevalle, dat sych inn tzocomenden tzydenn dartzo begeve, dat sych
eynnich eyrdom, last ader inndracht enndstundt, dae Got vursy soe,
dat menn denn dynst ader messe inn der kyrchenn van Montzen nyet
gedaenn noch gehaldenn enn kundt, soe sullen dye erffen innd nae-
commlyngenn des egenanntenn Jann Cloetenn gelycke waell dye rennt
op hevenn innd aenn legenn, daer hun bedunckt, myt raet des pastors,
dat sy gotlych innd losslych aengelaycht innd gebruycht werdt tzo erenn
Gotz almechtych innd dem hoychwerdygenn helygenn sacrament. Waer-
by, dat alle dye ghennyghe, wylghe hulff ader bystant tzo dysser mes-
senn innd gotzdynnst gedaen haven off omer doenn, sullen ouch des-
selvygenn moegenn deyllaftych werdenn. Dye wyell dann alle saychenn
innd puntten in alle der maessenn als vurß steyt vur onns drosset innd
scheffen vurgenandt gerychtlychenn alsußß gescheyt innd.erganngenn
synnt,myt wyll innd raet itzeegeen pastors tzo Montzenn, nemlych
heer Johann vann Juychem, des wylchenn hee vur onns gestenndych
geweest is, vur sych innd synne naecomede pastoerenn. Dysses dann
alles inn orkonnt der waerheyt innd tzo merre getzuygenyß alsus ge-
scheyt tzo seynn, soe havenn wyr onnsenn gemeynen scheffsenndomps
syegell aenn dyssen bryff gehanngenn, denn wylgenn wyr daegelychs
tzo dyssenn innd tzo meer annderen saychenn gebruychennde synnt.
Gescheyt, gegevenn innd geschrevenn nae der selyger gebort onn-
sers yvenn heerenn Jesu Christy, als men schreyff dusennt vunnf honn-
dert innd nuenn innd funfftzych, dem twynntzychstenn daych innden
manndt september nemlych op synnt Matheus avennt des helygenn
apostell innd evangelyst.
Moresnet, 8. März 1546.
Ich Clays Knyphorne van Moresnet, als meyer der tzyt des layt-
hoyffs van Alensberch, unde Johan dye muedt, Erken van den Steyn,
Geret van Eymbach unde Clays Radermecker van Moresnet, als laten
des hoyffs van Alensberch, doynt kont ende bekennen, dat vur ons
koemen ys und erschenen der erentreyft und vroeme Joncker Johan
Dobbelsteyn van Alensberch myt synnen goyt moytwyllen unde in der
tzyt, dat he des wayll mechtych unde muegych was, sytzende in synen
aelygen stoyll myt synre weytlycher tugenaffliger hoysfrauwe, joyffer
Anna van Effern,unde hayt verkoycht und myt hant, halme unde mondt
overgedragen unde geguyt, soe wye sych dat myt recht geburt, vur
hoem unde synnen rechten erven, dem erentreyfte und vroeme joncker
Jacob van der Heyden, genant Belderbuysch, setzende in sy aelygen
stoyll myt synre weytlycher tugenayfftyger hoysfrauwe, joyffer Anna
van den Horyck, unde yre beyder erven, vyfftzych bescheyden oyffer-
lynsser rynsser golde gulden, alle goyt aen golde unde swayr unde op-
recht van gewychte, erfflyck unde ewentlych op syne ganse goyt tzo
Alensberch, so wye he dat nuwe hayt off noch naemayts wyders kry-
gen mucht nyet dayr van oysgescheyden, sonder argelyst. Unde dye
vyfftzych golde gulden, we vurs. steyt, sall joncker Johan Dobbelsteyn,
oeder syne rechte erven off helder des goytzs van Alensberch, Jacop
van der Heyden genant Belderbuysch off synen rechten erven, alle
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jayr betzaelen op Synt Andryss avent appostels unbevangen tzo Lycht-
messe neyst daer nar, sonder alle argelyst wayll betzaylt tzo syn oeyn
eynych argelyst oeder uyrpel dayrin tzo suycken. Unde noch soe deck
unde mennychs mayls, als joncker Jacop van der Heyden vurs. off
synne erven, des van noyt hedden, dat ich Johan Dobbelsteyn ader
myne erven nyet alle jayrs wayll betzalden dysse vyfftzych bescheyden
golde gulden, wye vurs. steyt, soe geloyff ich, Johan Dobbelsteyn, vuer
mych unde mynne rechten erven off naekumlychen, dem vorgenanten
Jacop van der Heyden, hoem unde synnen erffen, alle kuysten unde
schaeden, he oeder synne erven, herom hedden moyssen doyn, by dye
vyfftzych golde gulden alle jayrs tzo leggen, sonder argelyst daerinne
tzo suycken. Ych ader mynne erven beheltenyss, dat myr Jacop van
der Heyden vurs. over heun unde synnen rechten erven mych, Johan
Dobbelsteyn, unde mynnen erven, gegout hayt tzo dem ewychen dagen,
wat tzyt unde wanner, dat ich, off mynne erven, in alyger eynre gantzer ‚,
unde ungedeylen tzomme dusent golde gulden bescheyden, wye vurs.
stunt, unde dem paycht naebelanyff pontzgewyss, in de tzyt, unde alle
versetten daryn by und dayruyt doen dem dusent golde gulden wye vurs.
sal Johan Dobbelsteyn off synne erven weder om moegen affleggen
van de loyssen sonder argelyst. Unde dat oych by vurwart unde con-
ditie offt saych voere, dat Jacop van der Heyden vurs. off synne hoys-
frauwe vorgenant honre -- ynnych van den even tzo der koemen were,
dar gol vur sy er dysse paycht geloyst were unde als dan geloyst worde,
so sal men dysse dusent golde gulden vurs. wederom myn ander erff-
tzayll off erffrent leggen in urbar unde behoyff Jacops van der Heyden
unde Anna van den Horyck, erre beyder kynder off rechte erven, son-
der alle argelyst unde nyet aeyn den tzuchter aeder aeeyn dye tzuch-
terse. Kennen wyr, Meyer unde laeten vurss., dat alle saychen vurs.
over uns geschyt unde ergangen synt wye vurs. steyt unde wyr unse
gewonlyche rechte her van ontfangen hayffen. Soe dan wyr meyer
unde laeten gebeden vurs. gheynen eyghennen hoyffssyegell in hayffen,
so haeven wyr, meyer unde laeten, geboden dem vesten und vroemen
joncker Johan Dobbelsteyn van Alensberch, unsen joncker, dat he
synnen sygell unden aeyn dyssen bryff hangen wyll tzo orkent --
Wachert dat ich, Johan Dobbelsteyn gerne gedayn hayn, durch
des meyers unde laeten begerden, unde noch soe dayr beneyffen umb
meyrre seegerheyt mych unde mynne erven unde naekumlychen vood.
tzo overtzingen, so hayffen ich, Johan Dobbelsteyn van Alensberch
gebeden unde bydden mynne Iyeve naeber Johan van den Eycken
unde Dederych Belderbuysch, drossetder tzyt der banck Homborch
unde Montzen, dat zy hunne syegelen beneyffen den mynnen unden
aeyn dyssen bryff hangen wylle.
Wyllych wyr, Johan van den Eycken unde Dederych Belder-
buysch, gerne gedayn haeven durch unde begerden Johan Dobbelsteyn
vurs.
Geschyt unde ergangen int jayr unss heren dusent vyffhondert
unde sesundevertzich, des aychtende daych mertzs.
17
(1) THISQUEN (Jean) et MOORS (Joseph), L’ancienne coutume du duch& de
Limbourg en versions romane et thioises du debut du XVII“ siecle.
PUBLICATIONS DU CENTRE NATIONAL DE RECHERCHES DIA-
LECTALES DE L’EST DE LA BELGIQUE, Fasc. 4, Liege, Gothier 1961,
pP. 6.
(2) Die Aachener Mark ist die allgemein anerkannte Währung im Herzogtum
Limburg. Sie zählt 12 Schillinge zu 12 Pfennigen. Nach YANS soll ihr
Wert im 15. Jh. ungefähr beständig geblieben sein. YANS (Maurice), His-
toire E€conomique du duche de Limbourg sous les ducs de Bourgogne. Les
forets et les mines, Bruxelles, Academie, 1938, S. 26.
Im Rechnungsjahr 1685 - 1686 gibt der limburgische Rentmeister an, daß
der gemeine limburgische Gulden 6 limburgische, d.h. Aachener Mark
wert sei. (Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Limburg, 228, f° 1)
Laut RUWET ist der brabantische Gulden zu 12 Stüber im Jahre 1559
21 Aachener Mark und 3 Schilling wert. Rechnet man die von RUWET
angegebenen Daten um, so beträgt der Preis des Hektoliters Speltzen oder
Hafer, 11,8 Aachener Mark während der Zeitspanne 1555-1559; und der
Preis des Hektoliters Roggen, 27,8 Aachener Mark. RUWET (Joseph),
L’agriculture et les classes rurales du pays de Herve sous l’ancien regime,
Liege - Paris, 1943, S. 82, 96.
(3) Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Rechnungskammer von Brabant,
46802, Nr 70.
(4) Von 1580 bis 1794 bleibt das Verhältnis zwischen Aachener Mark, Lütti-
cher Gulden und brabantischem Gulden unverändert : 20 limburgische oder
Aachener Mark = 4 Lütticher Gulden = 1 brabantischer Gulden.
Im Jahre 1827 wird der Lütticher Gulden mit 1,181 Franken bewertet, das
wäre 0,237 F. für die Aachener Mark.
(5) Am 1. Oktober 1546 gibt der Gemmenicher Lenaert Clinkenberg bei einem
Zeugenverhör an, er sei 50 Jahre alt und seit 2 Jahren Schöffe der Bank
Montzen und Homburg. (Allgemeines Reichsarchiv, Brüssel, Fiskalamt
von Brabant, 1054, fo 94).
Am 19. und am 20. August treten Lenaert Clinckenberg, Einwohner von
Völkerich, und Jan Cloot in einem Zeugenverhör als Bewohner der Bank
Montzen auf. (id.)
Joannes Juchem wird als Pfarrer von Montzen von 1546 bis 1558 bezeugt.
XHONNEUX (Pierre), Monographie historique de la commune et paroisse
de Montzen, inedit.
(6) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Familie Van der Noot, Nr 362.
(7) In der Pfarre Moresnet werden 6 Grundherrschaften erwähnt :
Unser Liebfrauen, welche auf Schenkungen der Könige an das Aachener
Marienstift (1042) zurückgeht ; St Albrecht, durch königliche Schenkungen
an das Aachener St Adalbertstift (1041) hervorgerufen und später im Be-
sitz der Montzener Familie Van der Heyden, genannt Belderbusch ;
Schymper, erster bekannter Herr in 1355; Eynenberg, älteste Erwähnung
in 1260; Alensberg, vielleicht als Splitter von Eynenberg anzusehen, 1384
erwähnt; Ter Schuyren, seit 1718 wenigstens mit Alensberg vereint.
DERYCKEL (Amöede&e), Les communes de la province de Liege, S. 413.
Wegen der Verwicklung ihres Streubesitzes beschließen fünf der sechs
Grundherren am 20. Oktober 1718 ihre Grundhöfe zu vereinigen. Der
Grundherr von Eynenberg tritt dieser Vereinbarung am 1. September 1756
bei. Die elf Gudungsbücher dieser Grundhöfe, die im Lütticher Staatsar-
chiv aufbewahrt waren, sind im letzten Kriege verlorengegangen.
(8) Jakob van der Heyden, genannt Belderbusch, war Drost der Bank Baelen.
Durch seine Heirat mit Anna van den Horick trat er 1530 in den Besitz
der Burg und des limburgischen Lehens Streversdorp in Montzen,
JANNE DOTHEE (Xavier), Le chäteau de Streversdorp et ses anciens
seigneurs, les comtes de Belderbusch, Verviers, Gason, 1955, S. 52.
18
(9) Der Goldgulden der rheinischen Kurfürsten war eine seit der Burgunder-
zeit im Herzogtum Limburg sehr verbreitete Münze. Am Anfang des 15.
Jhs. war der Goldgulden 4 Aachener Mark und 3 Schillinge wert; am
Ende des 15. Jhs., 6 Mark.
(10) Beide Grundherren in der Pfarre Montzen, Der erste besitzt die Grund-
herrschaft Ten Eycken, und der zweite die Grundherrschaft Van der Heyden
und Belderbusch. Für die Fünf Montzener Grundherrschaften bestand
schon seit 1552 ein vereinigter Grundhof, die Gudungsbücher sind im Lüt-
ticher Staatsarchiv aufbewahrt.
(11) Instructions pour la publication des textes historiques, Bruxelles, Academie,
1955. Ich habe allgemein y statt ij gewählt.
Ajene Casinoweher anno dazumal ...
Wenn mich mein Weg ab und zu am Casinoweiher vorbeiführt,
wie im vergangenen Jahr an einem schönen Herbsttage, dann verweile *
ich jedesmal einen Augenblick und beschaue mir dieses schöne Pano-
rama, das sich dem Auge bietet, und unwillkürlich gehen die Gedan-
ken zurück in die Vergangenheit, wo wir als Kinder hier in dieser
Gegend herumtollten und unvergeßliche Abenteuer erlebten.
Links liegt noch immer der ”Klomp”, die evangelische Kirche,
auf seiner Kuppe, darunter das Kriegerdenkmal mit seinen geheimnis-
vollen Steinnischen, Ich stehe am ”Krütz”, einem Mahnmal, ja nicht zu
nahe ans Wasser heranzugehen. Es soll dort jemand im Weiher er-
trunken sein ; es stand schon vor -zig Jahren dort.
Etwas weiter ist der ” Könkel”, ein Strudel, der auch von den
besten Schwimmern gemieden wurde, dann ist daneben die ”Erk”, ein
vierkantig gemauertes Etwas, worunter geheimnisvoll das Wasser plät-
scherte. Weiter am Waldrand, an der rechten Seite jenseits des Göhl-
baches, stand das Häuschen von Fischer, ein niedriges, flaches lang-
gestrecktes Haus, welches wohl dem Schleusener als Wohnung diente.
Hier wurden die Wasser der Göhl aufgestaut und zum Teil durch
einen Wasserviadukt der ”Wäsche vom Berg” zugeführt. An dieser
Wasserrinne, die doch immerhin fast zwei Meter breit und zirka sieb-
zig Zentimeter tief war, turnten wir Burschen mit großem Vergnügen
herum. Zu dem Häuschen führte nur ein schmaler Steg, und die Was-
ser der Göhl stauten sich hinter der Schleuse dunkel und gefährlich,
die Ufer verwachsen mit Schilf und Gestrüpp und von uns Kindern
gemieden.
Da kommen aber auch schon die schweren Zugpferde von der
”Fossey” mit den beladenen Erzwagen. Eine Schmalspurbahn ist durch
den Emmaburgerwald angelegt und bringt das Erz zum ”Berg”. Ge-
ruhsamen Fußes ziehen die schweren Brabanter die Loren der ”Weisch””
zu, ab und zu knallt der Fuhrmann mit der Peitsche und ruft ”jöh”.
Welch eine geruhsame Zeit mit heute verglichen !
19
Die alten Steinbrüche an der Emmaburg kurz ”Felsen” genannt
hatten es uns Kindern immer angetan, am Fuße derselben durchstö-
berten wir die alten verfallenen Kalköfen und suchten nach wilden
Erdbeeren ; wenn wir aber die Felsen hoch kletterten, natürlich durch
den Wald, dann war das ein ganz großes Abenteuer.
Im Sommer stand sonntags mitunter der ”Knoakejupp”, ein Ori-
ginal, das in Altenberg wohnte, am Casinoweiher. Er verkaufte kleine,
selbstgefertigte Windmühlen, an Haselnußstöckchen befestigt, - ein
unheimlich aussehender Mann, dem wir Kinder nur in Begleitung der
Eltern mit einem schlechten Gewissen entgegentraten, denn in der
Woche bekam er oft genug das ”Knoakejupp, Knoakejupp” aus siche-
rer Entfernung zu hören. Etwas weiter stand der ”Rudolf”, der Foto-
graf, sich recht und schlecht durch’s Leben schlagend mit seinen Licht-
bildern, der zuerst, wenn er jemand vor der Linse stehen hatte, hinter
einem schwarzen Tuch verschwand und dann das Märchen vom Vö-
gelchen, das da heraus kommen sollte, auftischte und uns Kinder
starr zum Objektiv schauen ließ. Zwischen der Brücke, die den Weiher
mit der Göhl verbindet, und dem ”Oosseboan” standen früher ganz
mächtige hohe Bäume, deren silbriges Laub stets und ständig zitterte.
”Ajen drej Piepe” war am Mittwochnachmittag immer etwas
los, und die freien Stunden gingen dort im Fluge vorbei. Ab und zu
kamen Leute mit ”Boantobbe ajene Haam” und trugen das köstliche
Wasser nach Hause, denn zu der Zeit war es mit den Wasserleitungen
noch schlecht bestellt. Neben dem ”Oosseboan” waren die ”Luusche”
ein fast undurchdringlicher Schilfwald, sumpfig und gefährlich ; aber
die ”van ut ene Frööschepool” hatten doch mittendrin ein Lager ge-
macht und an schulfreien Nachmittagen wurde ”Räuber en Schampett”
gespielt.
Während des ersten Weltkrieges fuhr man noch Kahn auf dem
Weiher. Die Städter kamen zum Casino, saßen auf der Terrasse bei
Kaffee und Kuchen, genossen das schöne Panorama und fuhren eine
Partie Kahn. Unten am Ufer stand, auf Betonsockel im Wasser gebaut,
das Badehäuschen. Es war reserviert ”för de Heere va jene Berg”.
Später, als wir größer waren und schwimmen konnten, setzten wir
natürlich auch über, denn ins Wasser springen konnte man nur von
dort aus richtig, und wer zum Badehäuschen schwimmen konnte, galt
als Schwimmer. Aufzupassen brauchte man nur ”för der lange Bonni”,
das war der Aufseher.
”Baden verboten” hat schon immer auf einem Schild vorne am
Weiher gestanden, aber im Sommer tummelten wir scharenweise aus-
gelassen im Wasser herum, trotz Verbot, welches auch von Haus aus
galt.
Neben unserem kleinen Badestrand war der Felsenkeller, ein tie-
fes in den Berg gehendes Gewölbe, welches dem Hotel Bergerhof als
20
kühler Lagerraum für die Bierfässer diente. Ein kleiner, mit einer
Eisenplatte verschlossener Schacht, der sich oberhalb auf dem Wege
zum Casino befand, war mit dem Gewölbe verbunden und machte das
Ganze noch geheimnisvoller.
Im Winter war der Weiher zugefroren. ”Der Wejher drät” sagte
man. Dann war jung und alt auf dem Weiher vorzufinden. Da waren
vor allem die Schlittschuhläufer die ”zeigten sich” ; da waren die
Halbwüchsigen, die ”die lang Schliepe ob en Hucke” herunterfegten,
und dann kamen die vielen Spaziergänger, die bloß das Prickeln, auf
einer Eiskruste herumzulaufen, auskosten wollten.
Ich für mein Teil hielt mich immer an den Röcken der Oma fest;
oh bitte ja, die Oma ging auch auf’s Eis. S
Die Kinderjahre vergehen. Man wird älter und erwachsen, es
kommt die Zeit, wo man mit seiner kleinen Freundin ”lans ene Wej-
her” spazieren geht, abends im Sommer, wenn die Frösche an lauen
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Abenden im Schilf quaken und der Mond goldgelb über dem Hergen-
rather Feld steht und sich im Weiher spiegelt ; aber auch das geht
vorüber, und es bleiben nur die Erinnerungen an die schöne Zeit, und
etwas wehmütig kommt man wieder zur Gegenwart. Mein Blick streift
über den Weiher, an einer Seite ganz mit Froschlaich überzogen, das
Badehäuschen ist weg, unser kleiner Badestrand versumpft und ver-
moort. Ein Fischer steht an ”et Krütz” und wirft seine Angel aus. Ich
gehe weiter.
A. JANSSEN
21
Rückblick auf die 65jährige Tätigkeit des bekannten Humoristen
Leonard Kohl, genannt ”Nades”
Bevor wir auf Leben und Werk des Komi-
kers eingehen, möchten wir einige erklärende
Worte zu dem Pseudonym sagen, unter dem
a Leonard Kohl auftritt. War es fehlende Zun-
DO gengewandtheit oder war es Bequemlichkeit,
a NO welche unsere Vorfahren dazu veranlaßte, die
nn S ‚74 Rufnamen ihrer Zeitgenossen umzuwandeln
N oder zu verkürzen ? Wir glauben, daß es beides
X —_. war. So kann ich mich aus meiner Jugendzeit
Ve erinnern, - um nur einige Beispiele zu nennen-,
Pe daß man Johann in ”Schäng” abänderte, Franz
in ”Fränz”, Peter in ”Pitt”, Wilhelm in ”Wel-
4 lem” oder ”Will”, Gerhard in ”Jrädes” und
A Leonard in ”Lenar” oder ”Nades”. So stellen
Da wir also fest, daß das Pseudonym des Humo-
risten direkt dem plattdeutschen Volksmund
entsprungen ist.
Dieses Pseudonym ist für alle Freunde des herzhaften und volks-
tümlichen Humors zu einem Begriff geworden, der in dem tausendmal
zitierten Ausspruch gipfelt : ”Nades es jet ades”. Auch ist es interes-
sant, festzustellen, daß der Vortragskünstler gerade die eben erwähnten
abgeänderten Namen häufig in seinen Vorträgen benutzte. Mit ”Tring”,
”Fing”, ”Pie” oder ”Jrädes ” gab Nades seinen Auftritten den Stem-
pel der im Volke verwurzelten und aus dem Volke hervorgegangenen
Kunst.
Leonard Kohl hat während seiner langen Laufbahn als Komiker
einen gewichtigen Beitrag für das Volkstum im Göhltal geleistet. Seine
Verbundenheit mit unserer Heimat bewies er immer wieder dadurch,
daß der größte Teil seines Repertoirs in Plattdeutsch gehalten war.
Gerade damit erntete er die größten Erfolge. Seine Vorträge, Parodien,
Witze und Gesänge schöpften immer wieder aus den Geschehnissen
und Gebräuchen der ”guten alten Zeit”. Ob als Salonhumorist oder
als derb-bäuerlicher Komiker, Nades war auf jedem Gebiet hervor-
ragend !
Es ist selbstverständlich, daß es zu solchen Erfolgen einer großen
natürlichen Begabung bedarf. Schon in frühester Jugend (mit 14 Jah-
ren) versuchte der Altmeister sich als Komiker, und sein Talent war
so groß, daß man allgemein auf ihn aufmerksam wurde. Es ist tat-
sächlich so, daß Nades keine besondere Maskierung oder Kostümie-
rung benötigte, denn seine Gestik und Mimik waren einmalig. Wir ha-
ben Auftritte erlebt, wo sein bloßes Erscheinen auf der Bühne schon
22
einen Lachsturm im Publikum auslöste. Die Kunst seines Vortrages,
insbesondere die sprachliche und mimische Form, war so außerge-
wöhnlich, daß die Pointe immer durchschlagend das Zwerchfell seiner
Zuhörer traf.
Somit war es nicht verwunderlich, daß der Humorist ein gern
gesehener und viel gefragter Unterhaltungskünstler war. Im ganzen
Göhltal und dessen näherer und fernerer Umgebung gab es keine Kir-
mes oder Fest, wo Nades nicht als Zugnummer auftrat. Auf Vereins-
familienabenden, Hochzeiten und sonstigen Festlichkeiten war Nades
immer der Clou der Veranstaltung. Mit einem Wort : Leonard Kohl,
genannt Nades, ist ein Stück jüngerer Geschichte im Bereich unserer
engeren Heimat und ein würdiger Vertreter des guten alten Volks-
humors.
Daß der Altmeister nicht nur in unserer Gegend ein viel gefrag-
ter Vortragskünstler war, ergibt sich von selbst. Im holländischen und
deutschen Grenzbezirk hat er manches Gastspiel gegeben und Lob und
Anerkennung geerntet. Die Verwandtschaft der plattdeutschen Mund-
arten im Land ohne Grenzen hat gewiß viel dazu beigetragen.
Auch am Rundfunk ist Nades kein Unbekannter. Außer bei zahl-
reichen Übertragungen von Kappensitzungen - z.B. in den deutsch-
sprachigen Sendungen des B.R.T. - hörte man seine Witze und Anek-
dötchen mehrfach über die Ätherwellen, u.a. über den früheren Ver-
vierser Sender und über den ”Regionale Omroep Zuid” (Maastricht).
Aber nicht nur als Humorist hat Nades sich einen Namen gemacht
und für die hiesige Gegend Großes geleistet. Auch als Mitglied des
ehemaligen Theatervereins ”Fidele Freunde” hat er auf der Bühne
gestanden und mit dazu beigetragen, daß diese volkstümlichen und
für die damälige Zeit auf einem hohen Niveau stehenden Konzert-
und Theaterabende weite Kreise der Bevölkerung interessierten und
große Erfolge hatten. Seine Glanzrolle war zweifelsohne der ”Nöl”
in dem vom Aachener Heimatdichter Hein Janssen in Mundart ge-
schriebenen ”Barong Flöckmösch”. Wir können uns erinnern, daß
dieses Stück eine ganze Serie von Aufführungen erlebte.
Seinen Ruf verdankt Nades natürlich auch zum Teil dem Karne-
val. Als Mitglied der Karnevalsgesellschaft ”Ulk” und als tatkräftiger
Mitarbeiter des Karnevalskomitees der Gemeinde Kelmis hat er vieles
getan, um dem Karneval nach dem Kriege 1940-45 neuen Aufschwung
zu geben. Und wenn heute in fast jeder Ortschaft unserer engeren
Heimat eine Karnevalsgesellschaft besteht, so ist es gewiß nicht über-
trieben, wenn man behauptet, daß das günstige Echo, das der Kelmiser
Karneval beim Volk gefunden hatte, die anderen dazu ermuntert hat,
es Kelmis gleichzutun. Daß Nades an dieser Entwicklung seinen Anteil
hat und daß man dies allerorts zu würdigen weiß, beweist die Vielzahl
karnevalistischer Orden, die ihm mit spontaner Begeisterung verliehen
wurden.
23
Diese für die Tradition unserer Heimat einmaligen Verdienste
stellte die Karnevalsgesellschaft ”Ulk” 1953 anläßlich des SOjährigen
Jubiläums des Humoristen festlich heraus. Viele Vertreter des Karne-
vals und der Behörde fanden sich zusammen, um dem Goldjubilar
zu danken für all das, was er auf dem Gebiet der Unterhaltung für
die Bevölkerung unserer Heimat und über deren Grenzen hinaus getan
hatte. Seinen besonderen Ausdruck fand dieser Dank in der Verleihung
der Ehrennadel der Gemeinde Kelmis.
Den Kranken und Pensionierten war und ist Leonard Kohl ein
guter Freund. Manche Stunde hat der Humorist uneigennützig geopfert,
I— - N |
A N —=— N os |
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AL . Leonard Kohl, yo. „Nades“ |
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um den leidenden und älteren Mitmenschen einige Stunden der Auf-
heiterung und der Kurzweil zu schenken. Auch heute noch, im Alter
von nahezu 80 Jahren, ist Nades einer der Hauptakteure beim Kelmi-
ser ”Bund der Pensionierten”, bei dessen Zusammenkünften er Kaffee
und Kuchen mit saftigen Nadeswitzen würzt.
Wir haben versucht, den Komiker und Künstler Nades vorzustel-
len und sein Wirken zu würdigen. Widmen wir nun abschließend dem
Menschen einige Zeilen. Was da besonders ins Auge sticht ist, daß
der Komiker Nades, der stundenlang das Publikum auf der äußersten
Spitze der guten Laune halten konnte, der auf Kappensitzungen die
Anwesenden bis zur Ekstase des ”Spaß an de Fröjd” brachte, privat
ein stiller und in sich gekehrter Mensch ist und den Eindruck eines
dauernd philosophierenden Zeitgenossen macht.
Wir möchten diesbezüglich auf sein tiefsinniges Gedicht ”De Mod-
dersprook” in unserer Zeitschrift ”Im Göhltal” N" 2 hinweisen.
24
Vielen ist vielleicht unbekannt, daß Nades nur nebenberuflich
Humorist war. Mit 16 trat er bei der Filztuchfabrik R. Bruch & C®,
Neu-Moresnet, in Dienst, wo er 48 Jahre tätig war. Er brachte es bis
zum Walkmeister und konnte sein 40-jähriges Arbeitsjubiläum feiern.
Für seine Verdienste wurde ihm seitens des Königs die Medaille des
Kronenordens verliehen.
Im ”Grenz- Echo” würdigte Schulleiter a.D. Ch. Cravatte die
65-jährige Tätigkeit des Humoristen Nades. Wir erlauben uns, seinem
Bericht folgende rückblendende Zeilen zu entnehmen :
”Seine Laufbahn als Komiker hat «Nades» 1901 - 1902 als
”blutjunger Bursche begonnen, und zwar in einem zum Hause
”Nr 27 gehörenden,schuppenähnlichen Anbau in der‘ Kirchstraße.
”Hier tagte ab und zu eine private Gruppe, die bemüht war, sich
”mit eigenen Kräften und Mitteln dann und wann etwas entspan- '
”nende Unterhaltung zu verschaffen. Hier machte «Nades» seine
"allerersten Schritte als Komiker. Seine Begabung brach sich rasch
”Bahn, man wurde auf ihn aufmerksam, und bald kamen die ers-
”ten öffentlichen Auftritte im damaligen Hotel Bergerhof (heute
”Select). Der junge Mann hatte nun auch bereits einen fähigen
”Begleiter in der Person des ungefähr gleichaltrigen Musikers
”Willy Huppermann, der sich später als Harmoniedirigent und
”Komponist einen hervorragenden Namen machte.”
”Um die Jahrhundertwende gab es in Kelmis bereits einen
”erfahrenen, vielgefragten und erfolgreichen Komiker, Pitt mit
”Namen (Peter Herff). Dieser erkannte das Talent des nunmehr
”16-jährigen jungen Mannes und schlug ihm vor, gemeinsam auf-
”zutreten. «Nades» sagte zu, und so entstand das Komikerpaar
”«Pitt en Nades», das während 20 Jahren in weitem Umkreis von
”Erfolg zu Erfolg eilte, bis 1925 der Tod den bedeutend älteren
”Pitt dahinraffte.”
Soweit der Berichterstatter. Wir dürfen abschließend feststellen,
daß das Göhltal in Leonard Kohl alias Nades einen hervorragenden
Zeitgenossen hat, welcher auf ein reiches und erfülltes Leben zurück-
blicken kann. Vielen Mitmenschen hat er unvergeßliche Stunden des
Frohsinns und der Freude geschenkt. Möge unser Nades noch lange
Jahre wohlauf und gesund bleiben, und alt und jung durch seinen
goldigen Humor erfreuen !
Joseph Bonny
Kelmis.
25
Kelmeser Rabattmarke
Ech kenn e Dengske, dat hat veer Ecke,
Dat deht me en e Böckske pläke,
Et brengt Profit en jenge Scha,
Jedderenge welt van die Dengskere ha.
Die Dengskere lije jedderenge en e Hat -
Dör wätt wall denke : Wat es dat ?
Past op, ech sag et Öch op platt,
Et es der Kelmeser Rabatt.
Kelmeser Rabattmärkskere, dat sönd,
Die de Lüj krijje, wenn se e Kelmes jäle jönt.
Hant zum Beispiel os lev Vrowe
E Kelmes en e Jeschäft jejowe,
De Märkskere dönt se da net verjäete,
Do sönd se fanatesch drop versäete.
Es der Jeschäftsman de War anet woore,
Da sage de Vrowens, dat es net jeloore,
An die Persuen baterjen Thek :
”Denk an de Rabattmarke, verjäet et net!”
Wenn vör Mannslüj ens jönt äjäle
En vör kome ohne Märkskere, da dönt se schäle
En sage : ”Wuvör löts dow dech jeng Märkskere jäve,
No stonn ech en hann nex te kläve!
Wenn dow noch eens äjäle jehs,
Da pas op, waste dehs,
Da denk an de Märkskere, leve Man,
Do hant vör doch mär Notze dran.
Dröm merk dech dat en mak et jot,
En denk an ose Markebok.
Denn dovör hat der Werbeverein
Der Rabatt äjevuet en dat es fein,
Denn wenn der Rabatt doch net wüer,
Da säet vör bestemmt : Et Läve es düer,
Vör hant äl Prozente dörch der Rabatt,
Wenn et net rennt, da dröpt et at!”
Jällt vör ühre Notze, wenn dör mott latze,
Dröm es et Betste, dör jällt am Platze.
Now hüer ech op, nun lebet wohl,
Denkt an die Wöet va Leonard Kohl !
” Nades”
26
e£ Stille Nacht, heilige Nacht...
Wie das schönste aller Weihnachtslieder enstand.
von Gerard TATAS
Am Fuß der Alpen liegt ein Dorf verschneit
Und träumt in weißer Wintereinsamkeit
Der stillen Wälder mit.verlaß’nen Wegen
Verzaubert seinem Weihnachtsfest entgegen.
Franz Xaver Gruber, der als Organist
Und Lehrer hier in Arnsdorf tätig ist,
Der sitzt versonnen auch im warmen Stübchen
Am Giebelfenster und schaut zu den Bübchen, x
Die jetzt im Hofe unter seinen Kiefern
Sich lärmend eine bunte Schneeschlacht liefern. N
Beschaulich lächelt Gruber vor sich hin,
Die eigne Kindheit kommt ikm in den Sinn.
Wie damals auch in seinem Elternhaus
Zum Christfest und zum Heil’gen Nikolaus,
Ein Duft von Mandeln in der Luft heut liegt.
Und Gruber denkt, gerührt und’doch vergnügt :
Wie doch der alte, wohlbekannte Duft
Heut’ abend schließt der Jahre breite Kluft.
Und wie er’schnuppernd die Gedanken spinnt,
Wird wieder. er zum weihnachtsfrohen Kind.
In dieser Stimmung dringt nun an sein Ohr
Der laute Gruß des jungen Paters Mohr :
”Grüß Gott, Franz Xaver, lieber alter Freund !
Na, sieh mal an, ich glaub’, du hast geweint ? !”-
”Vor Rührung nur, Hochwürden, und vor Glück,
Ich träumte grad als Bube mich zurück !”
”Ja, Kinder macht das Christfest aus uns allen,
Auch mich, Franz Xaver, hat sie angefallen,
Die Weihnachtspoesie mit Zaubermacht,
Ich habe hier sie zu Papier gebracht.”
So ruft erregt und freudig Pater Mohr
Und legt dem Lehrer einen Zettel vor.
”Hier, sieh mal, Freund; ’s ist wirklich ein Gedicht,
Zwar einfach nür, ganz einfach und ganz schlicht,
Doch innig und aus kindlichem Gemüt,
Mach du daraus ein Kleines Weihnachtslied.
Wie dich ein jeder hier im Dorfe kennt,
Hast du zum Komponieren ja Talent !”
Der Lehret:liest die Worte mit Bedacht
Vom trauten, heil’gen Paar in stiller Nacht,
Und diese Worte, zart und engelrein,
Sie dringen tief in seine Seele ein.
Dann fragt er leis, von Rührung noch benommen :
”Wie. sind Hochwürden denn dazu gekommen ?
27
Ja, sagen Sie, was hat sie über Nacht
Zu einem solchen Dichter denn gemacht ?”
”Ich stapfte gestern abend durch den Wald
Von Oberndorf hierher, die Luft war kalt
Und aus Kristall schien der vereiste Tann”,
- Fing Pater Mohr nun zu erzählen an -
”Ich kam von einer dürft’gen Köhlerhütte
Am Berghang oben, wo nach frommer Sitte
Ein neues Menschlein ich gesegnet habe,
Ein schönes Kind, ein blondgelockter Knabe.
So auf der Mutter Schoß, gesund und prall,
Da glich’s dem Kind zu Bethlehem im Stall.
Und auf dem Heimweg war von diesem Bild
Mein ganzes Herz, mein Denken ausgefüllt.
In Worten faßte ich’s und mittlerweile
Reiht Reim an Reim sich, Zeile sich an Zeile.
Ich kam zu Hause an um Mitternacht
Und schrieb die Verse auf, die ich erdacht.
So, lieber Gruber, und hier hast du sie,
Nun schreib’ dazu ’ne schöne Melodie !
Ich hoffe doch, es wird dir schnell gelingen,
Ich möcht’ das Lied noch in der Mette singen !”
Und damit eilt nach kurzem Abschiedswort
Der Pater Mohr in heller Freude fort.
Franz Xaver Gruber merkt sein Fortgehn kaum,
Er steht befangen wie in einem Traum.
Dann nimmt er die Gitarre von der Wand
Und zupft die Saiten mit geübter Hand.
Da perlen in den Raum gar wunderschöne,
Herzinnig-zarte, süße Jubeltöne,
Und zu der neuen Weise singt er sacht
Die Worte des Gedichtes : Stille Nacht ...
Am Weihnachtshimmel glänzt ein Heer von Sternen
Und unten leuchten flackernd die Laternen
Der Meßbesucher hell das Tal entlang ;
Vom hohen Kirchturm hallt der Glocken Klang.
Die Leute aus dem Dorfe füllen ganz
Die Kirche nun, getaucht in Lichterglanz.
In allen Kandelabern brennen Kerzen
Und lichterfüllt sind auch die Menschenherzen.
Nur schad’, daß grade vor den Weihnachtstagen
Die alte Orgel gänzlich mußt versagen.
So stehen Gruber und der Pater Mohr
Am Schluß der Weihnachtmesse denn am Chor,
Um zur Gitarre, zitternd angeschlagen,
Die neue Weihnachtsweise vorzutragen
Hier an der Krippe mit dem Jesuskind.
Wie doch so aufgeregt die beiden sind !
Als ahnten sie, daß vor den Bauersleuten
Ein Lied geboren wird für alle Zeiten,
28
Für alle Menschenkinder hier auf Erden;
Solange sie die Weihnacht feiern werden.
Ganz leis’ beginnt der Pater : Stille Nacht ...
Und Grubers Baß setzt ein, und nun mit Macht
Schwillt an das Lied, erfüllt das ganze Chor
Und steigt in süßem Jubel hoch empor
Bis zum Gewölbe, so als ob die Worte
Weit öffnen wollten nun die Himmelspforte.
Dann senkt es nieder sich wie Flügelrauschen
Auf all die Menschen, die verzaubert lauschen.
Es tönt und klingt und füllt das Gotteshaus
Mit seinem Glanz und seinem Jubel aus.
So ist ein Lied einst in Tirol entstanden,
Ein Lied zur Weihnacht, das in allen Landen 8
Zur Heil’gen Nacht gehört seit jenem Jahr,
Wie Krippe, Tannenbaum und Engelhaar, )
Wie süßer Marzipan - und Mandelduft
Und Glockenklang in kalter Winterluft,
Fin Lied, das heute noch den Völkerscharen
In aller Welt nach hundertfünfzig Jahren
Das Herz vor Freude höher schlagen läßt
In jedem Jahr am frohen Weihnachtsfest.
Die Altersfrage des Namens «Göhl»
von M. Meerman
In seiner "Historischen Betrachtung” hat Herr Inspektor Pauquet
schon meine Hypothese über die Herkunft des Namens ”Göhl” an-
gegriffen. (Siehe ”Im Göhltal” Nr 3).
Auch von anderer Seite wurde mir klargemacht, daß ich auf den
Holzweg geraten war mit der Annahme, die Wikinger hätten unserem
Fluß seinen Namen gegeben.
Diese Bemerkungen habe ich dankbar entgegengenommen, und
da sie die Angelegenheit in.das rechte Licht rücken, möchte ich einige
davon weitergeben.
Wenn auch in den deutschen und niederländischen Quellen, soweit
mir bekannt, keine Erwähnung des Namens Göhl vor dem Jahre 891
zu finden ist, so gibt es doch eine Möglichkeit nachzuweisen, daß der
Name älter ist. z
Die Göhl hat mehrere Nebenflüsse, und ‚einer davon trägt den
Namen Gülpe. Dieser Name hat sich entwickelt aus Guliapa ; ”Gulia-
pa” ist zusammengesetzt aus dem Namen ”Göhl” (alt-germanisch gulo)
und dem Wort apa.
29
”Guliapa : Gülpe(n). Ort und Fluß in holl. Limburg.
1161 Golepe, 1226 Galopia. Es handelt sich um dasselbe Bestim-
mungswort wie in dem Flußnamen der Ceule, in die die Gülpe fließt.
Man kann es der indogermanischen Wurzel gheu ”gießen” zurechnen
mit l-Ableitung und Ablaut.
Apa wird als Verdeutlichung (ähnlich wie später bach/behe) an
ältere, nicht mehr verstandene Namen angefügt.” (H. Dittmaier : Das
Apa Problem).
In Bezug auf die Altersfrage des Namens Gülpe ist das Wort Apa
wichtig. Denn dieses Apa ist sehr alt ; es ist nicht möglich, dieses Alter
in einer Jahreszahl festzulegen; hier muß man mit Jahrhunderten
rechnen. Es hat einst im westgermanischen Wortschatz eine nicht ge-
ringe Rolle gespielt, ist jedoch später untergegangen.
Die Meinungen über das Entstehen und den Gebrauch von Apa
gehen auseinander. Für die Beantwortung unserer Frage dürften jedoch
die beiden folgenden in Betracht kommen :
Dr Heinrich Dittmaier kommt in seinem Buch zu dem Ergebnis,
daß Apa ein rein germanisches Substantiv ist, dessen Urgebiet zwischen
Rhein und Weser, Main und nördlichem Weserbergland liegt.
In Belgien und den Nord-Departements Frankreichs geht Apa
vermutlich auf eine istwäonische (Weser-Rhein Germanen) Über-
schichtung der Belgier und Kelten zurück.
Die Träger von apa werden hier dann die Franken, die das Wort
südwärts und nordwärts tragen.
Hans Kuhn hält seinerseits Apa für ein vor-germanisches Element.
(H. Kuhn, Vor- und frühgermanische Ortsnamen in Norddeutschland
und den Niederlanden).
Aus dem Vorhergehenden ist zu entnehmen, daß die Flußnamen
mit apa in den Jahrhunderten vor der Völkerwanderung entstanden
sind.
Wenn alle apa-Namen also vor-mittelalterlich sind, dann ist die
Gülpe vor-mittelalterlich und deshalb muß auch der Name Göhl (wo-
von Gülpe eine Ableitung ist) vor-mittelalterlich sein.
Quellennachweis :
Dr Heinrich Dittmaier, Das Apa-Problem, Untersuchung eines Westeuropäischen
Flußnamentypus. Löwen 1955.
Hans Kuhn. Vor- und frühgermanische Ortsnamen in Norddeutschland und den
Niederlanden. Westfälische Forschungen 1959,
Dr P.L.M. Tummers, Limburgse Waternamen. Bijdragen en mededelingen der
naamkunde - commissie van de Koninkl. Nederl. Akademie van
wetenschappen te Amsterdam. Nr 24. 1968.
30
Ein Pfarrer von Gemmenich wurde Bischof,
Johannes Theodor Laurent. 1804-1884
von Fr. Darcis, Pfarrer i. R. Moresnet
Der letzte Biograph des Apostolischen Vikars von Hamburg und
Luxemburg, Professor Dr. Joseph Goedert, Archivar und Bibliothekar
der Stadt Luxemburg, hat seine langjährigen Laurent-Studien in seinem
preisgekrönten biographischen Werk (in französischer Sprache) mit fol-
genden Worten begonnen :”Man wird in der Luxemburgischen Kirchen-
geschichte vergebens einen Mann suchen, der in den religiösen Angele-
genheiten seiner Zeit eine solche Aktivität ausgeübt hat, wie Joh. Th.
Laurent, Titular-Bischof von Chersones und Apost. Vikar yon Luxem-
burg von 1841 bis 1848. Eine bedeutende Persönlichkeit, begabt mit
einem wunderbaren Talent, mit Tatkraft und Wirksamkeit, ganz be-
seelt vom Atem der Zeit in einer wirren und weltoffenen Epoche.” .
Und Professor J. Goedert schließt seine geschätzte Arbeit folgen-
dermaßen : ”Er (J. Th. Laurent) war der erste und auch der größte
von allen, die bisher den Luxemburger Bischofsthron innehatten und
in manchmal stürmischen Zeitläufen die kirchlichen Geschicke des
Landes leiteten. Keiner von allen - und es gab imponierende Gestal-
ten - hat mit derartiger Prestanz den hohen Posten versehen, mit sol-
cher Energie und Zielstrebigkeit in die geistig-kirchlichen und notge-
drungen auch politischen Dinge eingegriffen wie Bischof J. Th. Lau-
rent.”
Graf von Liedekerke; zu dieser Zeit Gesandte des holländischen
Königs beim HI. Stuhl, spricht von seiner tiefen theologischen Kennt-
nis und seinem gesunden Urteil über die Gesamtlage in Luxemburg.
(Cf. Möller)
1. Sein Lebenslauf.
Johann Theodor Laurent wurde am 6. Juli 1804 in Aachen gebo-
ren. Sein Vater, Franz Laurent, stammte aus Marnach bei Clerf, in
Luxemburg. Dieser war dem kaiserlichen Heere Österreichs einverleibt
worden und nach dem Frieden von Campo Formio zwischen Österreich
und Frankreich (1797) in Ungarn gelandet, wo er etwa 5 Jahre dem
Fürsten Auersperg diente. Dann kam er nach Aachen und vermählte
sich daselbst am 14. März 1803 mit Gertrude Schönen. Ihre Ehe
wurde mit 14 Kindern gesegnet, von denen nur vier Söhne das Man-
nesalter erreichten.
Als Ältester mußte Joh. Theodor, als er 12 Jahre alt war, mit-
verdienen, um den Unterhalt der Familie zu bestreiten. Man schickte
ihn zu einem Schreinermeister in die Lehre.
Nach zwei Jahren vergeblichen Bemühens mußten Meister und
Lehrling sich der Erkenntnis beugen : die Untauglichkeit für’s Hand-
werk war offensichtlich.
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KV
Msgr. Joh. Th. Laurent,
Als Vierzehnjähriger erhielt er vom Vater die Erlaubnis, die un-
terbrochenen Studien wieder aufzunehmen. Durch Privatstunden wur-
de in einem Jahr die verlorene Zeit wiedergewonnen. Nach vier wei-
teren Jahren Gymnasialstudien entschloß er sich endgültig für den
Priesterstand. Darum besuchte er ein Jahr lang die Vorlesungen des
Herrn Käntzeler in Aachen. Zu dieser Zeit, am 16. Juli 1823, starb
seine fromme Mutter. Für den jungen Priesterkandidaten war dies eine
schwere Prüfung.
Im Jahre 1824 sah er sich genötigt, seine Studien an der Univer-
sität Bonn fortzusetzen. (1) Dort studierte er nicht nur Theologie,
sondern auch Philosophie, Geschichte und Philologie, Aber nach zwei
Jahren wollte er dort nicht weiter studieren. Die Gründe dafür gibt
er dem Generalvikar Mgr. Barett von Lüttich bekannt : ”Die theolo-
gische Fakultät befriedigt weder meine Wünsche noch meine Bedürf-
(1) Aachen war damals kein Bistum und die Priesterkandidaten erhielten ihre
Ausbildung an der Universität Bonn.
32
nisse. Ein rationalistisch - philosophiches System untergräbt dort die
Grundbedingung aller religiösen Erkenntnis und zerstört das Funda-
ment allen kirchlichen Lebens. Diese Zustände widerstreben allen Ge-
sinnungen und Neigungen, welche ich von Kindheit an gehegt habe.”
(Die Lehre des Professors Hermes und anderer war nicht katholisch
und römisch genug.) ”Unter diesen Umständen, so fährt er fort, hat
das Priesterseminar zu Lüttich meine Aufmerksamkeit auf sich ge-
zogen, und so regte sich in mir der Wunsch, in diesem Seminar meine
Studien zu vollenden.”
Er wurde tatsächlich ab 1826 in das Lütticher Seminar aufge-
nommen. Der junge Seminarist war begeistert vom Leben, der Tages-
ordnung, den Professoren des Seminars und deren Lehre. ”Auf meine
Soutane freue ich mich wie cin Kind,” schreibt er an einen Freund
und an seinen Vater : ”Ich vergönne mich im Seminar so gut, daß
ich mein Leben in demselben zubringen könnte.” .
Am 14. März 1829 wurde Joh. Th. Laurent vom Bischof von
Namur in dessen Kapelle zum Priester geweiht. (In Lüttich war der
Bischofssitz vakant.) Am folgenden Tag beschreibt er sein Glück in
einem langen Brief an seinen Vater : ’Ich bin Priester in Ewigkeit,...
den ganzen Tag war ich versunken in Betrachtung des Gnadenwun-
ders, welches der Hl. Geist in mir unwürdigem Gefäße gewirkt; ...
Wonach ich schon 10 Jahre lang gestrebt und verlangt, das ist nun
erfüllt.”
Am Ende dieses Schreibens teilt er mit, daß er zum Kaplan in
Heerlen ernannt ist und fügt hinzu : ”Ich gehe froh und getrost,
wohin der Herr mich ruft. Am 22. März 1829, am dritten Fasten-
sonntag, feiert er seine Primiz in der Pfarrkirche St. Peter in
Aachen. Was seinen Aufenthalt in Heerlen (1829 - 1835) cha-
rakterisiert, ist rastlose, hingebende Tätigkeit in der Seelsorge. Kein
Wunder dann auch, daß er dort allgemein beliebt war.
Da seine Gesundheit durch Überanstrengung zu wünschen übrig-
ließ, wurde er am 25. März 1835 von Mgr. van Bommel, Bischof von
Lüttich, zum Pfarrer von Gemmenich ernannt. Dort, an der deutschen
Grenze, hatte er reichlich Gelegenheit, die religiösen und kirchlich-
politischen Verhältnisse im Rheinland zu verfolgen. Durch seinen
Freund, den norwegischen Konvertiten Nikolaus Möller, wurde der
Nuntius Fornari in Brüssel auf den Pfarrer von Gemmenich aufmerk-
sam. J. Th. Laurent tritt also in Verbindung mit dem päpstlichen
Nuntius, dem er die Lage der Kirche im Rheinland schildert. Er hat
sogar eine bemerkenswerte Denkschrift über die beobachteten Miß-
stände an Papst Gregor XVI gerichtet.
Auf Hinweis des Nuntius Fornari wird J. Th. Laurent zum Apos-
tolischen Vikar von Hamburg und Dänemark ernannt und am 27.
Dezember 1839 zu Lüttich zum Bischof geweiht. In Gemmenich
herrscht Freud und Leid, in Aachen allgemeine Begeisterung.
Aber der Widerstand des Hamburger Senats und der protestan-
tischen Regierungen machte es dem Apostolischen Vikar unmöglich,
33
sein Amt anzutreten. Laurent gelang es jedoch, den Lyoner ”Verein
zur Verbreitung des Glaubens” zu regelmäßiger Unterstützung der
nordischen Mission zu veranlassen. Auch hatte er bei der preußischen
Regierung erreicht, daß wenigstens ein Teil der Fürstenberger Mis-
sionsstiftung der nordischen Mission zufloß.
Im April 1840 macht er eine Romreise und besucht mehrmals
den Papst. Mgr. van Bommel hatte ihn dazu bewogen. Erstens, damit
er den Hl. Vater über die deutschen Angelegenheiten informiere ;
zweitens, um Hilfsmittel für die nordische Mission zu erhalten und
auch, um durch diplomatische Verhandlungen sein Amt in Hamburg
antreten zu können. Dies war aber vergebens.
Dann wurde J. Th. Laurent am 1. Dezember 1841 zum Aposto-
lischen Vikar von Luxemburg (Großherzogtum) ernannt : ”in unseres
seligen Vaters Geburtsland” <o schreibt er seinem Bruder.
Schon im Februar 1842 wurde von ihm der Gallikanische oder
Konkordatseid verlangt. Der Bischof weigerte sich, und so kam er zum
ersten Mal in Konflikt mit der Regierung. Seine vielfältigen Unter-
nehmungen stießen andauernd auf Schwierigkeiten seitens der liberalen
konservativen und französisch gesinnten Regierung. Hier standen sich
zwei Gewalten gegenüber : die Regierung als Verteidiger des alten
”Status quo” und der Bischof, der mit der Zeit ging und eine freie
Kirche wollte, wie es übrigens vereinbart worden war zwischen dem
König der Niederlanden, Willem II, und dem HI. Stuhl. Aber auf
diesem Weg bekämpfen ihn seine politischen Gegner sowie die Frei-
maurer. Er wird zum Schluß ein Opfer der Politik und gezwungen,
sein Amt im Jahre 1848 niederzulegen. Aber die Kirche Luxemburgs
war von den gallikanischen Einflüssen frei geworden. ”Ihre heutige
Stellung ist weitgehend auf die Einwirkung von Mgr. Laurent zurück-
zuführen”. (J. Goedert)
Es wurden ihm von Rom aus mehrere hohe Ämter angeboten,
aber der Bischof zog sich als Pensionär des Luxemburger Staates in
seine Heimatstadt Aachen zurück, wo er jahrzehntelang auf den ver-
schiedensten Gebieten eine recht segensreiche Tätigkeit entfaltete.
Seine geschätzten Predigten erschienen. in acht Bänden im Druck. (1)
Als am 3. Oktober 1865 die Kirche von Kelmis Konsekriert
wurde, hielt Mgr. Laurent die Festpredigt. Weiter widmete er sich der
Erziehung der Kinder seines Bruders, bei dem er wohnte. Er half Clara
Fey bei der Stiftung der Schwestern vom Armen Kinde Jesu in jeder
ihm nur möglichen Form bis zu seinem Tode. Er beriet ebenfalls
Mutter Franciska Schervier bei der Stiftung der Franziskanerinnen.
(1) Die wichtigsten sind : Jesus Christus, die Wahrheit, der Weg und das
Leben. Köln 1850.
Die zeitlichen Segnungen des Christentums. ibid. 1851.
Christologische Predigten. Mainz 1860,
Die heiligen Geheimnisse Mariä. ibid. 1856.
Mariologische Predigten. ibid. 1870.
Hagiologische Predigten. ibid. 1866-71.
34
Im Jahre 1884, am 20. Februar, starb er ziemlich plötzlich im
Mutterhaus der Schwestern vom Armen Kinde Jesu in Simpelveld
(Holland) und wurde daselbst begraben. Die Schwestern halten sorg-
fältig sein Andenken in Ehren.
Der Rektor vom Haus Loreto in Simpelveld verfaßte den Toten-
zettel : ”Ein demütigeres Kind Mariä, einen gehorsameren Sohn der
Hl. Kirche, einen erleuchteteren Lehrer, einen kräftigeren Führer,
einen rüstigeren Kämpfer, einen ernsteren Dulder, einen frommeren
Beter, einen gütigeren Vater, einen treueren Freund, ein edleres Man-
nesherz haben wir nicht gekannt. Gott sei sein großer Lohn.”
Durch die preisgekrönte Biographie Prof. Dr. J. Goederts wurde
nach mehr als 100 Jahren Bischof Laurents Wirken auch in Luxem-
burg die verdiente Anerkennung zuteil.
I. J. Th. Laurent, Pfarrer von Gemmenich. "
1835 - 1839
Am 25, März 1835 wurde J. Th. Laurent vom Lütticher Bischof
Mgr. van Bommel zum Pfarrer von Gemmenich ernannt. Er freute
sich darüber wegen seines blinden Vaters, der jenes Dörflein und die
Gegend kannte. Als er zum ersten Mal ganz kurz in Gemmenich er-
schien, wurde er von vielen herbeigelaufenen Leuten mit freundlichen
Gesichtern und von einer Schar Kinder mit Kußhändchen bewill-
kommt.
Er war der Nachfolger des Hochw. Herrn Lambert Franck, ge-
boren zu Gemmenich am 20. Juli 1757 (+ 11. 7. 1839). Dieser alte
Herr war etwas kindisch geworden und auf Drängen der Gemeinde
war er seines Amtes enthoben worden. Unter seiner Verwaltung hatten
sich viele Mißbräuche eingeschlichen, und das Vermögen der Kirche
war gänzlich in Unordnung geraten. Nach dem Zeugnis des Lütticher
Bischofs war die Gemeinde ziemlich verwildert und in verschiedene
Parteien gespalten.
Die Aufgabe des neuen Pfarrers war also von vornherein eine
äußerst schwierige. Die Einführung fand statt an einem Mittwoch.
”Ich fürchte nur, mit zuviel Spektakel”, schreibt er seinem Bruder.
Am 11. Mai gibt er diesem seine ersten Eindrücke bekannt : ”Meine
Gesundheit hält sich gut. Der Sonntag macht mich wohl immer müde.
Die Pfarre ist voll Arbeit, aber bei weitem nicht so wie in Heerlen.
Die Kirche ist schön und hell, und es singt und spricht sich gut und
leicht darin ; sie ist mit Geschmack eingerichtet (seitdem wurde sie
vergrößert). Mein Haus ist ein altes Bauernhaus, das sich aber bequem
genug einrichten läßt, ... wo ich hier sitze, ist wie eine Warte und
sieht nach drei Seiten ins Tal hinab und wieder den hohen Busch hinan.
Es liegt im Abhang des Hügels, den die Kirche krönt, und unterhalb
hängt der Garten breit und geräumig; unten drin ein kleiner Teich,
33
N m N jenseits ein kleiner Bach, der die
AS u Grenze bildet”. (Das Haus stand bis
A 1954, wo jetzt der tiefere Friedhof
ist) ”So wohne ich seitwärts im Ein-
ES AR gang der breiten Talschlucht, die
= 9 sich vom Aachener Wald hinunter
Ka ee BA öffnet bis zum Geulbach (sic), jen-
PB en seits dessen die Gegend wieder
Di % steigt... Es wäre ein wahres Idyl-
KL 7 A lenland, ein heimlich Tal des Frie-
2 dens, fänd sich unter den niedern
ä A Strohdächern des Jammers und
Das alte. Pfarrhaus Elends nicht so viel, begegneten
Eine Teil-Hinteransicht mit Turmspitzee;nem der Menschen nicht so viele,
in deren Angesicht sich nicht der Friede spiegelt. Möge doch von dem
Tempelhügel sich Friede und Segen ergießen durch die Täler hin und
in alle Hütten einkehren.”
Zu dieser Zeit war aus allen Gemeinden umher viel Bettelvolk
in Gemmenich zusammengelaufen, um dessen Religion, Sitten und
Haushalte es schlecht bestellt war; aber den Kern der Einheimischen
bildeten unschuldige und fromme Leute, voll Hochachtung für die
Priester ; die Kinder waren besonders lieb und hold.
Der neue Pfarrer führte anfangs keinen eigenen Haushalt, sondern
ging beim alten Pastor in die Kost, worüber dieser einige Tage nach
Laurent’s Ankunft sein Wohlgefallen folgenderweise zu erkennen gab :
”Der neue Pfarrer ist ein charmanter Kerl.” Viel Dank wußte der alte
Herr dem neuen Pfarrer dafür, daß er ihm gestattete, sonntags das
feierliche Hochamt zu halten.
Der Vikar von Gemmenich, der noch mit Laurent im Seminar
gewesen war, wurde bald so kränklich, daß des Tages Last nur zu früh
wieder auf den Pfarrer allein fiel. Viel Trost scheint Laurent anfangs
in Gemmenich nicht gefunden zu haben, denn er schreibt : ”Auf alle
Belebung und Erhebung guter Gesellschaft und freundlichen Verkehrs
muß ich da ganz und gar verzichten, und tröstende und erbauende
Rückwirkung meines Wirkens wird mir nur sehr selten und sparsam
zu Teil. Gott wolle es ändern, wenn es mir selig ist, Er gebe mir Mut,
Geduld und Stärke.”
Er vermißte in Gemmenich die zutrauliche Anhänglichkeit, die
er in Heerlen stets gefunden hatte, und meinte, in Gemmenich weniger
gehört und verstanden zu werden. Die Kinder aber waren sein Trost
und seine Hoffnung. Diese Enttäuschung hinderte den neuen Pfarrer
jedoch nicht, mit apostolischem Eifer seinen seelsorglichen Pflichten
nachzukommen und vor allem die eingerissenen Mißbräuche und Är-
gernisse zu bekämpfen. Auch hat er sich bemüht, die Vermögenslage
der Kirche zu ordnen. Mehrere Register (Lagerbuch der Schenkungen
und Stiftungen, sowie das Buch der Beratungen des Kirchenvorstandes
36
und Lagerbuch der Einnahmen), von seiner Hand geschrieben, geben
Zeugnis über den großen Umfang dieser Arbeit.
A Sein Pfarrhaus muß wohl re-
ES = 2 A paraturbedürftig gewesen sein, denn
A A “3 ex °r schreibt an seinen Bruder : ”Mit
Ka DE 2 meiner Hütte geht es unerträglich
3 KO Ze = #73 langsam. Solch ein Gemeindewesen
% ? WE hie ist doch ein fauler Haufen, wenn
8 7 ud d nicht ein Mann an der Spitze steht,
MA 3 — 0 8 der für die anderen denkt und han-
CR 5 gm delt.” Aber als im August die Re-
AD 8 2 paraturen im Pfarrhaus vollendet
; a N waren, fand er das Haus bequem
N und angenehm und den Garten
EEE A AM 5 schön. Er freute sich darauf, seinen
2 alten Vater bald einmal in Gem-
Das alte Pfarrhaus menich zu Gast zu haben. Gott
Eine Teil-Vorderansicht mit Friedhof fügte es anders. Am 3. September
1835 starb der blinde Mann unerwartet. Bis zu seinem Tode bewahr-
te Laurent seinen geliebten Eltern das kindlichste und dankbarste
Andenken.
An den Pfingsttagen fand das Vierzigstündige Gebet statt und der
Pfarrer hatte es so feierlich wie möglich gemacht. Die Pfarrkinder
hatten fleißig mitgemacht, und 480 waren zu den Sakramenten gekom-
men, ”nur freilich eben die nicht,” sagt er, ”welche es am meisten
bedurften, und die ungefähr ein Drittel des ganzen betragen. So ist
mein Leben gemischt aus Trost und Leid.”
Bald durfte Laurent auch mal von dem Erfolg seiner Bemühungen
sprechen : ”Mir scheint, so schreibt er, daß die Pfarre auf die Kehr
kommt, die Frequentation der Sakramente ist sehr gewachsen, und
die Gemeinde scheint mit mir gut zufrieden zu sein.” Auch auf An-
dersgläubige machte sich bald der Einfluß des eifrigen Pfarrers be-
merkbar. Als er einen Protestanten in die katholische Kirche aufge-
nommen hatte, schrieb er folgendes : ”Das ist der erste von den armen,
irrenden Brüdern, den ich den Trost habe, in den Mutterschoß der
Kirche zu bringen. Gott sei Dank dafür !”
Im Buch der Beratungen des Kirchenvorstandes berichtet Pfarrer
Laurent ausführlich über den Besuch des Lütticher Bischofs Mgr.
van Bommel in Gemmenich bei Gelegenheit der Firmung am 12. Sep-
tember 1837. Dorf und Kirche waren bei dieser Gelegenheit herrlich
geschmückt. Der Bischof wurde feierlich abgeholt. Über 600 Kom-
munionen teilte er während der hl. Messe aus. Er sprach zu den Firm-
lingen in niederdeutscher Sprache, und am Schluß der Feier zu allen
Gläubigen in hochdeutscher Sprache.
Wenn Laurent nicht nach Aachen gehen konnte, so kam zuweilen
eine Karawane von Freunden nach Gemmenich. Durch seinen Bruder
37
war er befreundet mit Kaplan Fey und dessen Familie. Später half er
Clara Fey bei der Stiftung der ”Schwestern vom armen Kinde Jesu”.(1)
Auch von dem benachbarten Redemptoristenkloster Wittem (Holl),
erhielt er oftmals Besuch. So wurde er befreundet mit dem Pater De-
champs, dem künftigen Kardinal von Mechelen, Der Kardinal nannte
sich in vertraulichen Briefen : ”dein Freund von Gemmenich.”
Am 17. September 1839 erreichte ihn die Ernennung vom Papst
Gregor XVI zum Apost. Vikar von Hamburg. Die Bischofsweihe fand
am 27. Dezember 1839 in der Kathedrale zu Lüttich statt. Am folgen-
den Tage wurde er auch eingeführt als Kanonikus der Lütticher Diö-
zese (2). Von Lüttich begab sich der neue Bischof noch einmal nach
Gemmenich.
”Mein Empfang”, so schreibt er am 11. Januar 1840 seinem Bru-
der, ”war ein merkwürdiges Fest. Alle Hügel waren schwarz von Men-
schen, die Bäume hingen voll, und bis in die Kirchenfenster stiegen
sie hinauf. Mit zwei Wagen und einer Escorte von vierzig bis fünfzig
Reitern holten sie mich anderthalb Stunden weit ab; an der Grenze
der Pfarre kam mir die Prozession entgegen mit 16 Geistlichen aus
der Gegend, der Dechant an der Spitze. Die Pfarrkinder verrieten sich
vor andern durch lautes Weinen ; die Kinder, die ich zur Kommunion
geführt, gingen vor mir her und weinten alle, mit ihnen die Schar der
kleinen Engel. Triumphbogen bedeckten den ganzen Weg, die Kirche
war wie ein Wald geschmückt ; sie war voll zum Ersticken und draus-
sen noch ebenso, so daß ich Gott anrief, Unglücksfälle abzuwenden.
Alle Tage, sechs oder sieben, wo ich noch in der Pfarre blieb, war
meine Messe besucht wie an den hohen Feiertagen das Hochamt, und
das Volk wurde meines Segens gar nicht satt. Der endliche Abschied
war äußerst schmerzlich, so wie ich keinen mehr zu erleben wünsche.
Bald soll ich aber wieder dahin zurückkehren, um die Kirche zu
weihen. Das hat die Gemeinde als ein ewiges Andenken von mir be-
gehrt, und ich konnte es nicht abschlagen. Die armen Leute haben
mir in der letzten Zeit unendlich viel Ehre und Liebe erwiesen, und
die mir je Verdruß verursacht, haben alles wieder reichlich gut ge-
macht. Ende gut, alles gut !”
Bibliographie :
a) Leben und Briefe von Johannes Theodor Laurent von Karl Möller, Prof.
an der kath. Universität zu Löwen (3 Bände) Verlag der Paulinus Druckerei
in Trier (1887-89)
b) Joh. Th. Laurent, von Prof. Dr Wilhelm Nicolay'; Frankfurt/Main. Heraus-
gabe von Dr Peter Louis ; Verlag St. Ansgarius in Leverkusen - Bürrig (1954)
c) Die Kirche in Luxemburg von Prof. E. Donckel. Verlag St. Paulus-Druk-
kerei, Luxemburg (1950)
d) J. Th. Laurent, Vicaire Apostolique de Luxembourg par Jos. Goedert.
Biographie Nationale, 8”° Fascicule. Verlag : Victor Buck, Luxembourg
ST
e) Kleine Lebenskisse von J. Th. Laurent. Verlag : F.N. Palm (Archiv des
Mutterhauses in Simpelveld. (Holland)
(1) Clara Fey war eine Schwester des Kaplans Fey.
(2) Die kath. Universität Löwen verlieh ihm den Titel eines Doktors der
Theologie, ”honoris causa”,
38
Karl der Große, die Herzöge vor Limburg und die Burgen
Montjoie, Konzen und Reichenstein,
von Josef Franck
Über die Geschichte Monschaus ist oft geschrieben worden,
und als einen wichtigen Baustein für eine neue wissenschaftliche Dar-
stellung einer vielfach verschlungenen Epoche darf man die hervorra-
gende tiefgründige Arbeit von Eberhard Quadflieg in der Festschrift
des Aachener Geschichtsvereins betrachten, wie sie in den Aachener
Nachrichten als Sonderbeilage anläßlich der Festwoche vom 6. - 14.
10. 1956 (600 Jahre Stadtrechte) hervorgehoben wurde. Diesen von
E. Quadflieg u. anderen mit Bienenfleiß zusammengetragenen 345
Urkunden und der Vielzahl der literarischen Hinweise etwas hinzufü-
gen zu wollen, hieße Eulen nach Athen tragen. Hier soll nur von der
Erbauung des Schlosses Montjoie durch Karl den Großen vor mehr
als 1100 Jahren kurz die Rede sein :
Als älteste schriftliche Überlieferung der Gründung des
Schlosses durch den Frankenkaiser bezeichnet Dr. Peter Schönhofen
in seinem Werk von Okober 1915, das er Herrn Kommerzienrat Bern-
hard Scheibler in Monschau gewidmet hat, die Facti Species des Frei-
herrn von Wiser von 1719. Die erste Ausgabe ist 1718 in französi-
scher Sprache erschienen und trägt den Titel : ”Le triomphe de V’ini-
quite tourne en triomphe de la verite par la ‚gräce de Dieu et la justice
imperiale.”
Hier begegnet. man u.a. auch der Erklärung des Namens
Montjoie als ”Freudenberg” (Mont de joie). Sie ist demnach nicht erst
z. Zt. der französischen Herrschaft in den Rheinlanden entstanden.
Auch O. Studienrat Hans Steinröx erklärt in seiner Festrede zu 600
Jahre Monschauer Stadtrechte, daß die Burg schon i. J. 1198 als
Monsjoci urkundlich erwähnt wird,
Der sog. Oberwald des Landes Monschau bildete einen
Teil der unermeßlichen Jagdgründe des kaiserlichen Hofes. Karl d. G.
soll bei Ausübung des Weidwerkes inmitten dieser riesigen Wälder in
der Nähe von Mützenich die Nacht zugebracht haben. Wo sich heute
die Burg von Montjoie erhebt, hat Karl d. G. eines seiner zahlreichen
Jagdschlösser erbaut. Freiherr von Wiser, der bei dem Kommandanten
des Schlosses, dem Baron de Rouveroy, einem ehrlichen Wallonen
(so Schönfeld S. 16), der kein Wort Deutsch verstand, zu speisen pfleg-
te (Schönhofer S. 57), sagt hierzu in seinen Facti Species (S. 60) :
Das Schloß selbsten ist von Carolo Magno in zeit, da die
gantze Gegend eine lautere Wüsteney und Waldung voller laufend und
fliegenden Wildpräts ware, als ein Jagt-Hauß erstlich gebawet, und
wegen solcher ergözung Montjoie genennet worden, wie dann unweit
davon auff‘ dem so genannten Fent (d.h. Venn) noch ein großer Stein
39
gezaigt wird, so diesem mächtigen Kayser zum Rast-Bethe (= Rast-
bette oder Bettstatt) gedienet haben solle.”
Das stimmt auch überein mit den hochbedeutsamen Auf-
zeichnungen des Höfener Lehrers Johannes Huppertz vor mehr als 150
Jahren, und zwar nach alten Chroniken, die besagen : ”Charlemagne,
ainsi dit la chronique d’Aix-la-Chapelle, a fait bätir le chäteau de
Montjoie.”
Auch das Siegel der Schöffen von Montjoie im 16. Jh.
zeigt den Kaiser, der in der Rechten ein Zepter, in der Linken ein
Kirchenmodell trägt. Dieses Siegel dürfte als ein interessantes Doku-
ment für die Legende über die Gründung von Montjoie durch Karl
d. G. angesehen werden können, zumal Karls Bettstatt im nahen Venn
schon lange vorher urkundlich nachgewiesen wird. (So auch E. Quad-
flieg in Sonderbeilage d. Aachener Nachrichten 1956).
Die meue Schloßkapelle wird erst 1369 erwähnt, als die
Burggrafen von Schönforst, ein altes Limburgisches Rittergeschlecht
(auch von Schönhoven genannt) in Montjoie herrschten. Es kann also
vorher auch schon eine ”alte” Kapelle vorhanden gewesen sein. Der
erste dem Namen nach bekannte Schloßgeistliche war Leinhart von
Lontzen im Eupener Lande (Schönhofer S. 22).
Die Mutterkirche (Pfalzkapelle) des Monschauer Landes
war die Kirche zu Conzen, einem der zahlreichen Königshöfe der
Karolinger ; sie soll ebenfalls von Karl d. G. gegründet worden sein.
Der Erbauer der neuen Burg Konzen, so darf man nach H. Steinröx
(1956) vermuten, war Walram II. von Limburg, Sohn des Grafen Hein-
rich I. von Limburg (1082 - 1119).
Die ferner von dem limburgischen Vorfahren Richwin im
10. Jh. errichtete Burg Reichenstein wurde von Walram von Limburg
und Jutta von Montjoie i. J. 1210 in ein Kloster umgewandelt. Nicht
ohne Absicht brachte Prof. Rehmann mit seinem Aachener Domchor
bei einem Konzert in der Stadthalle Monschau am 19. 5. 63 u. a. drei
altflämische Legenden in flämischer Sprache 8- bezw. 4-stimmig zur
Aufführung, und zwar :
Die himmlische Prozession von L. de Vocht
Cäcilia im Himmel von F. van Hoof und
Jezus en Sint Janneken von A. Meulemanns.
Die Herzöge von Limburg verblieben im Besitz von Kon-
zen-Monschau, bis im Jahre 1266 Walram II. kinderlos starb und die
Zeit der Limburger zu Ende ging. Als dann begann die neue Epoche
der Valkenburger.
40
Die alte Bank.
Dem hastenden Leben der Straße glücklich entronnen, schlenderte
ich aufatmend durch das große Parktor, dessen breitgeöffnete Flügel,
wie zum Schlage ausholende Schwingen eines riesigen Vogels, den
heranwachsenden Rossen der Straße den Eintritt verwehrten.
Einen Augenblick lang ließ ich meinen alles umfassenden Blick
irrend umherschweifen.
Wie endlose Schlangen aus der Drachenzeit, schlängelten die
schmalen Pfade ihre dunklen Leiber in unzähligen Windungen elegant
über den mit bunten Blumen bestickten grünen Teppich dahin.
Ein erfrischender Wind und die sengenden Strahlen der Sonne, in ihr
Spiel versunken, bildeten ein wahrhaft harmonisches Paar ; dazu mal-
ten die Schatten der blauschillernden Tannen ihre reichlich verworre- *
nen Karikaturen auf den leuchtenden Rasen.
Ein anhaltendes Summen ließ mich aufblicken zu einem pracht-
vollen Blütenstrauch, dessen von abertausend schneeweißen Blumen
geschmücktes Hochzeitskleid in unnachahmbarer Schönheit im Spiegel
der Sonne glänzte, und die zum Festmahl geladenen Gäste umschwärm-
ten lüstern die honiggefüllten Becher.
Nur einige Schritte entfernt stand eine alte Bank, und man hatte
mir sogar erzählt, die würde heute noch durch eine andere ersetzt.
So ließ ich mich denn ein letztes Mal auf sie nieder ; sie ächzte
und stöhnte, als müßte sie all ihre Kräfte aufbieten, um nicht unter
meiner Last zusammenzubrechen.
Unmerklich hatte des Sandmännchens Fee ihre zarten Hände
über meine Augen gelegt, und ein Zauberkönig aus dem Reiche der
Vergessenen ließ noch einmal die längst verflossenen Jahre mit all
ihrem Geschehen an mir vorüberziehen ; ja selbst die alte Bank er-
wachte aus ihrer stummen Gelassenheit und erzählte mir folgende Ge-
schichte.
Früher noch, als ich jung und kräftig war, so sagte sie, da trug
ich ein buntes weißgrünes Kleid, und zwei starke Männer brachten
mich voller Stolz an diesen Platz.
Niemand besuchte mich während des ganzen Tages. Schon brei-
tete die Dämmerung ihren dunklen Schleier über den Park, als ein
verliebtes Pärchen des Weges kam; vorsichtig betasteten sie die
Farbe meines neuen Kleides, dann saßen sie engumschlungen auf
meinem Schoße, und selbst der Mond, der verstohlen durch die Blätter
der Bäume äugte, beneidete mich sicherlich um diese süße Last.
An den darauffolgenden Tagen hatte ich dann immer Besuch,
meistens waren es verliebte junge Leute, manchmal aber auch Kinder,
und letztere turnten dann wie die Wilden auf mir herum. Das eine
ertrug ich freudig, das andere mit Geduld,
Mein sonderbarster Gast jedoch kam immer um die Mittagsstun-
41
de. Ein Bettler war es, der wie ein Ritter der Armut den ihn umla-
gernden Spatzen mit einer großzügigen Geste einige Brocken seiner
kargen Habe hinwarf, und wie eine hungernde Sklavenschar stürzten
sich alle kreischend und streitend auf diese kümmerliche Gabe.
Nach einigen Monaten aber kam der Tag, an dem mein Gast zum
ersten Male ausblieb ; traurig und klagend erhoben die Glocken ihre
Stimme und da wußte ich, nun würden auch die Spatzen vergeblich
auf ihn warten.
So folgte Jahr auf Jahr. Jedes war begleitet von neuen Gesich-
tern, und von jedem wußte die alte Bank etwas zu erzählen.
Jedes Jahr, so fuhr sie dann fort, trug man mich den Winter über
in einen großen Schuppen, nur letzten Winter nicht, da prasselten
Regen und Hagel auf mich nieder, da zerrte der Sturm an meinen
müden Gliedern, und tief durchdrang mich der Frost mit eisiger Kälte ;
dann kam Frau Holle und deckte mich zu mit ihrem weißen Kleid,
bis die Frühlingssonne ...
Jäh wurde ich durch eine rauhe Männerstimme aus dem Banne
dieser Erzählung gerissen : da standen zwei Parkwächter und brachten
die neue Bank.
”Können Sie die neue ja gleich mal probieren”, sagten sie la-
chend. Dann trugen sie die alte von dannen.
Verträumt sah ich ihnen nach, bis sie meinen Augen entschwun-
den waren, dann betastete ich vorsichtig die Farbe der neuen, doch
da fiel mir ein, daß auch die Geschichte der anderen so begann und
ich ging tief in Gedanken versunken nach Hause.
Louis Bindels
De Elektrikerin.
E Hosent wor e Donderwär.
Der Rän, dä vol e Tobbe neer.
Der Donder diech de Panne rappele
en diech vör Angst de Kenger zappele.
Op emol jof et e söne Schlaach,
daß dat Nett am Boden laach.
Het Liet wor vutt e Hosent janz.
Du saat het Nett an singe Franz :
”Sök de Käez, denn ech ben bang.”
Der Franz, dä suet de Käez en jong
nojene Kälder daan alleng.
Häe kromde ajen Secheronge,
Mär het wor hem net jelonge
Liet ze krije ejjen Huus.
Du kom het Net en schol hem us :
”Du Tuppes, hür met Vrötele ‚op,
waisch dech de Heng en kom erop.
Der Strom es do, du örem Wiet.
Jrad kom ene Auto, de hauw Liet.”
Heutz Hermann.
(Hauseter Mundart)
42
Entstehung und Tätigkeit des Kelmiser Köhlervereins,
(Fortsetzung von N° 2)
Um das Jahr 1928, zu einer Zeit, wo die Achtung und Wert-
schätzung des Bergmannsberufes sowie Arbeitsbedingungen und sozia-
le Vorteile viel zu wünschen übrig ließen, wo der Bergmann im all-
gemeinen als minderwertiger Mensch betrachtet wurde, was dazu bei-
trug, daß er die Selbstachtung verlor, bildete sich aus den Reihen
älterer und jüngerer Kelmiser Bergleute (durch ihre Tätigkeit in den
Kohlenzechen in der hiesigen Gegend ”Köhler” genannt) eine Gruppe
von Idealisten, die sich der Christl. Grubenarbeitergewerkschaf
anschlossen, um für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Achtung
des bergmännischen Berufsstandes einzutreten. $
Diese Gruppe wurde von dem großen Jugend- und Arbeiter- ,
freund Kaplan Wenders und einigen Gewerkschaftspropagandisten
betreut und wuchs zu einer Elitemannschaft heran, die durch ihre
Pionierarbeit der Christl. Gewerkschaft in verschiedenen Kohlenzechen
des Lütticher Beckens den Weg ebnete.
Als Herr Kaplan Darcis einige Jahre später Nachfolger von Ka-
plan Wenders wurde, fand diese Köhlergruppe in ihm einen geist-
lichen Ratgeber, der nicht nur wie sein Vorgänger die Nöte und
Anliegen der Köhler verstand, sondern sich auch persönlich im Kampf
für soziale Gerechtigkeit dieses Berufsstandes überall einsetzte und sich
die Sympathie aller Köhler erwarb.
Dies hatte zur Folge, daß im Jahre 1933 aus dieser anfänglich
kleinen Gruppe im Rahmen der Christl. Gewerkschaft neben dem Berg-
mannsverein ein Köhlerverein entstand, dessen Tätigkeit auf lokaler
wie regionaler Ebene dazu beitrug, dem Köhler den Platz in der
menschlichen Gesellschaft einzuräumen, der ihm zustand.
Im selben Jahre erhielt der Verein seine Vereinsfahne und ver-
anstaltete bei dieser Gelegenheit eine große Arbeiterkundgebung, an
welcher über 50 Vereine teilnahmen.
Seit dieser Zeit pflegte er auch gemeinsam mit dem Bergmanns-
verein der Bergleute des ”Alten Berges” bergmännische Tradition,
bis sich im Jahre 1938 dieser Verein wegen Schließung der Erzgruben
auflöste. (Siehe Bericht ”Im Göhltal” Nr 2)
Der zweite Weltkrieg brachte dann die Vereinstätigkeit völlig
zum Stillstand. Manche Kelmiser Bergleute mußten ihre alten Arbeits-
plätze aufgeben und fanden Beschäftigung auf den Zechen im Aache-
ner Raum ; andere verließen ihre Heimat, um im Lütticher Becken
weiterzuarbeiten.
Im November 1944, als die letzten Kriegswirren auch über unsere
Gegend herrschten und die Köhler seit September arbeitslos waren,
fand schon die erste Vereinsversammlung statt, um mit der Gemein-
deverwaltung das Problem der Arbeitsaufnahme im Lütticher Becken,
Fahrgelegenheit und Lebensmittelversorgung zu besprechen,
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Die Nachkriegszeit brachte dann eine reze soziale Vereinstätig-
keit mit sich, um die gerechten Forderungen der Bergleute verwirk-
lichen zu helfen. Der Bergmann wurde zum ersten Arbeiter des Landes
proklamiert ; daß er als solcher behandelt wurde, dafür setzten sich
speziell für unsere Gegend mutizc Bergleute des Köhlervereins ein.
Viele unselige Erreignisse w“hrend und kurz nach dem Kriege,
Folgen von Völkerfeindschaft, welche die Kelmiser Köhler durch den
Wechsel der Arbeitsstätten von Land zu Land miterlebten, und nicht
zuletzt die Zusammenarbeit unter Tage mit Menschen aus anderen
Ländern Europas erweckte in ihnen den Drang, eine völkerver-
bindende Tätigkeit im Rahmen ihres Vereins zu entfalten und sich
durch denselben in den Dienst der Mitmenschen zu stellen.
Zu diesem Zwecke gründeten sie eine Unterstützungskasse, or-
ganisierten Wohltätigkeitsveranstaltungen, verteilten, zur längst ver-
gessenen Zeit des Kohlenmangels, Gratiskohlen an bedürftige Fami-
lien, machten Sammlungen für Menschen, die durch Katastrophen
schwer heimgesucht wurden und stellten sich in den Dienst der Kran-
ken, sowohl in der Pfarre, wie an Wallfahrtsorten und vor allem all-
jährlich in Lourdes, wo sie Kranke aus vielen Ländern betreuen.
Mit zahlreichen Bergmannsvereinen der Montanländer wurden
Verbindungen angeknüpft, worüber der Verein bei Gelegenheit der
Jahrhundertfeier der Pfarre Kelmis im Jahre 1958 zum ersten Male
öffentlich Zeugnis ablegte.
Sie gedachten bei dieser Gelegenheit zuerst der Toten und errich-
teten im Gemeindepark einen Gedenkstein zu Ehren der Vorfahren,
zu Ehren jener Männer und ersten Bewohner der Ortschaft, die einige
Meter entfernt den Galmei abbauten, worüber der vielgereiste Freiherr
von Poellnitz im Jahre 1736 nachstehendes berichtete :
44
”Man führte uns zuerst zu dem Bergwerk, aus dem man Galmei
gewinnt ; es liegt nicht sehr weit von Aachen, seine Umgebung gleicht
stark einer Wüste ; sie ist eine unfruchtbare Gegend auf der fast ver-
branntes Gras steht, verbrannt sowohl durch die Schärfe der Minerale,
wie durch die metallischen Dämpfe, die davon ausgehen. Hier gibt es
nur einige elende Hütten, die während der Nacht den Bedauernswer-
ten, die das Erz aus dem Innern der Erde hervorholen, als Schlupf-
winkel dienen.
Dieser Gedenkstein wurde im Beisein von hohen kirchlichen und
weltlichen Persönlichkeiten und hunderten Bergleuten aus den Nach-
barländern enthüllt. Unser Hochw. Herr Bischof Van Zuylen, damals
Weihbischof, rief den Kelmisern und Auswärtigen ermutigend zu :
”Wir bewundern Euer schönes Werk. Eure Anwesenheit legt
Zeugnis ab vom Willen brüderlicher Zusammenarbeit.” %
Auch der verstorbene Bürgermeister und Abgeordnete Peter Kof-
ferschläger sagte :
”Bleibt eng zusammenstehen, reicht Euch brüderlich die Hand ;
der heutige Tag möge für Euch ein Tag bleiben der innigen Verbun-
denheit.”
Einige Tage später erhielt der Verein ein Dankschreiben vom
jetzigen Landesvorsitzenden der Knappenvereine Josef Rogatzki aus
Nordrhein-Westfalen, in welchem es unter anderem hieß :
”Tief beeindruckt haben wir uns von Euch trennen müssen, möge
diese geschlossene Freundschaft ein Bestandteil unseres Handelns sein
und einen Wert für alle Zeiten besitzen. Hocherfreut und voller Dank-
barkeit denken meine Kameraden noch lange Zeit an La Calamine,
an den Tag, wo die Grundmauer zur internationalen Völkerverständi-
gung gesetzt wurde.
Fünf Jahre später legte der Verein erneut Rechenschaft ab von
seiner Tätigkeit auf diesem Gebiet. Mehr als tausend Bergleute weilten
damals in Kelmis. Die Festschrift zum ersten Bayerischen Bergmanns-
tag, welcher vom 26. bis 29. Juli dieses Jahres in Wackersdorf und
Schwandorf stattfand, berichtet darüber in folgenden Sätzen :
”Seit in La Calamine im Juni 1963 das große Erlebnis des inter-
nationalen Knappentreffens war, läßt es uns nicht mehr los”, das Wun-
der der menschlichen Begegnung.” Fünfzehnhundert Bergknappen aller
Länder unserer westlichen Nachbarn standen damals Hand in Hand,
während die Nationalhymnen zu diesem Bekenntnis der Brüderlich-
keit erklangen. Vergessen Kampf, Streit, Haß. Vergeben das angetane
Leid-! Nur der eine Klang beseelte die Herzen : ”Wir sind alle
Brüder !”
Sogar Prof. Dr. Wolfgang Paul, Professional Relations Director-
American Division United European Mining, aus Redmond, Oregon,
U.S.A., schrieb 1966 in einem Beitrag für die Festschrift des Knap-
penvereins Luisenthal (Saar) unter anderem : ”Wollen wir hoffen und
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fleißig daran arbeiten, daß eines Tages auch der Weltbund der Berg-
mannsvereine Wirklichkeit wird. In der Tat trägt der Bund nicht nur
Bausteine zur Kulturgeschichte der Menschheit und zur Förderung
der internationalen Kameradschaft unter Montanisten bei, sondern,
wie der Vorsitzende des Bergmannsvereins St. Leonard aus La Cala-
mine hervorhob, zur Achtung und Wertschätzung des Bergmannsbe-
rufes und nicht zuletzt auch zum Aufbau einer echten Völkerverstän-
digung. Wahrlich eine edle und noble, eine sehr wichtige, ja notwen-
dige Aufgabe ! ”
Dies dürfte eine klare Antwort sein auf die Frage, die uns heute
oftmals gestellt wird : Was wollt ihr mitten im Zechensterben mit
euren Bergmannsvereinen ? Totes Brauchtum pflegen? Vergangene
Zeiten am Leben erhalten ? Nein, uns geht es um etwas anderes als
nur Brauchtum und Tradition, uns verbindet das gemeinsam Mensch-
liche in der toten materiellen Welt, uns geht es um echte Bruderschaft,
um die höchsten Werte des Lebens auf der Erde.
Auf diesen Grundlagen entwickelte sich seit Jahrzehnten die
Tätigkeit des Kelmiser Vereins, der auf einem Boden uralter Berg-
männischer Tradition gewachsen und besonders dazu berufen ist, Fä-
den über Grenzen zu spinnen, die, wie das Fest der Völkerfreund-
schaft vom 17. bis 19. Mai bewiesen hat, zu starken Seilen werden.
Wer die Festlichkeiten anläßlich des 75jährigen Vereinsjubiläums
miterleben konnte, wird dies keinen Augenblick bezweifeln. Die Feier-
stunde im Schützenlokal, wo früher bei festlichen Anlässen die Kel-
miser Bergleute mit ihren Familien zusammenkamen, wo einst die
prächtige Bergwerkskapelle ihre Konzerte gab, wurde Bekenntnis in-
ternationaler Verbundenheit. Auf dem gleichen Fleckchen Erde, das
vor 150 Jahren durch seine Bodenschätze ein Zankapfel zwischen den
Völkern darstellte, wie Bürgermeister und Abgeordneter Willy Schyns
46
sagte, trafen sich nun Persönlichkeiten der kirchlichen wie weltlichen
Obrigkeit, des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens, und nahmen
Kenntnis von der kameradschaftlichen Zusammenarbeit der Bergleute
über Landesgrenzen hinaus, die durch Ansprachen der Verantwort:
lichen der bergmännischen Vereine, umrahmt von Musik und Gesang-
vorträgen der ”Knappschaftskapelle Amberg” und ”Inter Nos”, Schin
op Geul, klar zum Ausdruck kam.
Im Gemeindepark und auf dem Kirchplatz gedachte man in Ehr-
furcht und Dankbarkeit jener Männer, die durch Einsatz ihres Fleißes,
ihrer Tatkraft und ihres Lebens zur Ehre und zum Ruhme der Ort-
schaft beigetragen haben.
Auch der Festzug mit 120 Fahnen und 25 Musikgruppen aus
vielen Bergbaurevieren des In- und Auslandes war ein beglückendes
Zeichen, daß viele Vereine bereit sind mitzuarbeiten, um Menschen ,
über Landesgrenzen hinaus einander näher zu bringen.
Der Bergmanns-Festgottesdienst, zelebriert von Bergmannspfarrer
Max Pollmann aus Luitpoldhöhe, musikalisch umrahmt durch die
Knappschaftskapelle Amberg, mit der Messe von Schubert, stellte die
Tiefgläubigkeit und das große Gottvertrauen der Vorfahren in den
Vordergrund und erbrachte den Beweis, daß dieses Vermächtnis auch
heute noch in allen Landen von den Bergleuten hochgehalten wird.
Für alle Bergleute betete der Bayerische Landesvorsitzende Oskar
Braun das Bergmannsgebet, welches früher vor der Einfahrt vom Stei-
ger für seine Belegschaft, in den sogenannten Betstuben der Bergwerke
gebetet wurde :
Vater ich rufe dich,
fahr ich in den tiefen verborgenen Gründen,
droht mir Verderben aus brausenden Schlünden,
Vater der Güte, ich rufe Dich !
Vater du, höre mich,
wenn ich entfernt von der Menschengewühle
kühn und verwegen die Erde durchwühle,
Herrscher der Welten, dann führe mich !
Vater du, führe mich,
führ mich hinab in die Tiefe der Erde,
führ mich zurück zum friedlichen Herde,
Vater dein Wille nur führe mich !
Gott ich erkenne dich,
so in des Erzes hell glänzenden Schimmern,
wie in der Baue zerschmetternden Trümmern,
Schöpfer der Welten, erkenne ich Dich !
Vater ich preise dich,
brech ich des Erzes kristallne Wände,
Reich die Masse den Drang der Hände,
Gott, in der Teufe, da preis ich dich !
Gott, dir ergeb ich mich,
brausen die Wasser und schlagen die Wetter,
winkt mir im Unglück kein helfender Retter,
Gott, deinem Willen ergeb ich mich !
47
Vater dir weih ich mich,
soll ich zerschellen im finsteren Schachte,
eh noch mein Geist des Scheidens gedachte,
ewiger Vater, dir weih ich mich ;
Vater Du, segne mich !
Der Bergmannspfarrer hob in seiner Festpredigt die Völkerver-
bindende Tätigkeit der Bergmannsvereine hervor, die in Kelmis ihren
Ursprung gefunden hat und sagte unter anderem :
”Wir weilen heute bei unseren belgischen Brüdern in La Cala-
mine, um das große Bruderschaftserlebnis, das größte Gemeinschafts-
erlebnis, haben zu dürfen. Wir sind von Herzen froh geworden und
danken dem Herrgott, daß wir heute in La Calamine weilen dürfen.
”Wir sind alle Brüder”, wurde uns in La Calamine immer wieder
gesagt, reichet Euch die Bruderhand und arbeitet mit am Aufbau
einer wahren Völkerverständigung.
Die Zeichen stehen auf Sturm, wir alle brauchen dieses große
Bruderschaftserlebnis von La Calamine für unsere weitere Zusammen-
arbeit im Dienste der Völker, damit wir mit glühendem Herzen das
Gebot unseres Herrn und Heilandes erfüllen können : Ich bin euer
Meister und Ihr seid alle Brüder !
Unsere Gemeinschaft wächst im Sturm, wenn wir alle ohne Aus-
nahme, die wir heute nach La Calamine gekommen sind, zusammen-
stehen und zusammen halten, wie Eisen und Stahl. Wir sind dann
eine Großmacht von Bergmännern, die jeder ernst nehmen muß. Nicht
in einer gewaltsamen Revolution, sondern in einer friedlichen Evolu-
tion wollen wir das Antlitz unserer Zeit prägen und erneuern. Den
geraden Weg zeigt uns unsere Patronin die hl. Barbara, leuchtend wie
die Sterne des Himmels sind ihre Tugenden, ihr lebendiger Glaube,
ihre glutvolle Gottes- und Nächstenliebe und die Tapferkeit ihres Her-
zens.
Es sei mir gestattet, die Worte des unermüdlichen Rufes von La
Calamine wiederholen zu dürfen : Brüder reichet Euch die Bruderhand
und tragt bei zum Aufbau wahrer Völkerverständigung. Nun liegt es
an uns, die Aufgabe und das Vermächtnis von La Calamine in die
Tat umzusetzen. Baut auf die hl. Barbara, ruft ihren starken Gottes-
glauben hinein in eine heidnische Welt. Wenn wir zusammenhalten,
dann müssen wir doch die Kraft haben, die Brandfackel der Gottes-
liebe hineinzuschleudern in eine oft heidnische Welt, damit wir dort,
wo uns der Herrgott hingestellt hat, immer sein werden die mutigen
und lebendigen Zeugen für Christus den König !”
% Anmerkung der Redaktion : Mit Kulturinspektor F. Pauquet (siehe Leitar-
tikel ”Im Göhltal” 1) möchten wir auch unsere auswärtigen Freunde und
Bekannten darauf hinweisen, daß die einzige ortsgebundene Benennung un-
serer Ortschaft Kelmis ist. Übrigens soll auch im nahen Aachen ein Ge-
bäude, in dem Galmei verarbeitet wurde ”Kelmishaus genannt werden.
(ZAGV Ausgabe 37 S. 281)
48
Das große Fest der Völkerfreundschaft ist vorbei, es war eine
Bilanz 75jähriger Vereinstätigkeit. Nur die neugeknüpften Ausgabee sind
geblieben und werden weiter bleiben, wenn alle, die es mitmachten
und miterlebten, dafür Sorge tragen, damit es nicht, wie soviele sagten,
einmalig war, sondern sich noch oft in ähnlicher Art im Göhltal wie-
derholen wird !
Dazu wünscht der Verfasser dieses Berichtes, allen Menschen die
guten Willens sind, von Herzen Glück-Auf !
P. Zimmer, Kelmis,
nn
Der Wecker.
Der Wecker es dat Düvelsvie, 7
Däm drett me op et ovends spie,
Sett em bej sich ajje Bett, .
Ihe me sich ejjen Decke drett,
En an der Mörje, Donderquispel,
Dow mings, dow stöks dech en en Distel,
Esue verschreckt dech dat Örgel,
Dow schnaps em dech da met de Jörgel,
Dees em underje Kösse stüre,
Vör em mär net mie te hüre,
Ov net dow wäds janz överschnapt,
En werps em ajjene Mur e Pratt.
Da mingste och noch, dow hötts räet,
Dow bes dinge ege Folterknäet,
Denn wenstem net wells hüere kriene,
Bruckstem jo net optedriene.
Dobej hat et da noch Minsche,
Di sow me sage an’t verkinsche,
Trotzdem se wete, dat dat Denk
Hön an der Mörje Ärger bringt,
Stelle da di Väjevüre,
Vörem bäeter noch te hüere,
Es dat da net e Wonder,
Och noch ene Tälder dronder.
Wenn enge ohne Söng te due,
Et kann behoopte, häe wür vrue,
Vörem hüre avteloope,
Dä kann vör mich sie Bett verkoope,
Dä hat se net mie op en Rej,
Ech han nämlich vasjestoot,
Nu wät et wal Tiet, dat ech Schwijj,
Schellt och dröver Jong en Oot,
Jedder Minsch, ov Vrow ov Man,
Jedderenge welt ene Wecker han.
En ech vrog öch räet erut,
Wu köem vör ohne Wecker ut,
Wenn vör rechteg ihrlech sönd,
E röpt os wie ene jowe Vrönd,
Mit et Bimmele van sing Klocke,
Lockte os einfach uten Flocke,
Op Stond, Minüt jenau exakt,
Wu vör em et ovends drop jesatt,
Denn ohne Wecker wädste net wacker !
Dröm how em net kapott, der Zacker,
BINDELS Joseph
(Neu-Moresneter Mundart)
Als Ergänzung zu dem Bericht ”Cäsar Franck, ein See
zwischen den Nationen” (Im Göhltal 1 u. 2) stellte uns der Verfasser
Josef Franck, freundlicherweise nachstehende Urkunde zur Verfügung.
Nr 159 Heiraths-Urkunde
Gemeinde Aachen Kreis Aachen Regierungs-Departement Aachen
Im Jahr tausend acht hundert zwanzig, den zwanzig vierten August
erschienen vor mir Mathias Volders Bürgermeister von Aachen,
als Beamten des Personen-Standes, der Nicolas Joseph Franck
zwanzig sechs Jahre alt, gebohren zu Gemenich im Belgischen,
ohne Gewerb wohnhaft zu Gemenich, Sohn des Bartholomeus
Franck, verstorben, und der Isabella Randaxhe einwilligend
wohnhaft zu Gemenich.
Und die Jungfrau Maria Catharina Barbara Friens
dreissig ein Jahre alt, geboren zu Aachen Regierungs-Departement
Aachen, Standes — — ‚wohnhaft zu Aachen Regierungs-
Departement Aachen, Tochter des verstorbenen Johan Peter Friens
und der Anna Maria Hensen einwilligend wohnhaft zu Aachen
Regierungs-Departement Aachen.
Dieselbe haben mich aufgefordert die zwischen ihnen verabredete
Heirath gesetzlich abzuschließen ; und in Erwägung, daß die vorge-
schriebenen öffentlichen Ankündigungen dieser Heirath wirklich vor der
Hauptthüre des Gemeinde-Hauses zu Aachen Statt gehabt haben, näm-
lich die am dreissigsten Juli und die andere am sechsten August,
daß ferner die Urkunden dieser Ankündigungen gebührend öffentlich
angeschlagen gewesen, und endlich daß mir kein Widerspruch gegen
diese Verheirathung eingereicht worden ist; habe ich, um besagter
Aufforderung zu willfahren, und nachdem ich die zu gegenwärtiger
Handlung beigebrachten und gegenwärtiger Urkunde angefügten Be-
läge, namentlich : die Geburtsurkunden der eheschließenden Personen,
die Bescheinigung der zu Gemenich ohne Einwendung geschehenen
Heiratsankündigung,
so wie auch das sechste Kapitel des vom Ehestande handelnden Titels
des bürgerlichen Gesetzbuches laut vorgelesen hatte, hierauf den vor-
benannten Bräutigam und die vorbenannte Braut befragt : ob sie ein-
ander eheligen wollten ?
Da nun jeder von beiden insbesondere diese Frage bejahend be-
antwortet hat : so erkläre ich im Namen des Gesetzes, daß
Nicolas Joseph Franck und Maria Catharina Barbara Friens
hiedurch miteinander gesetzlich verheirathet sind.
so
Worüber ich gegenwärtige Urkunde errichtet habe in Gegenwart
des Herrn Gerard Friens dreissig sieben Jahre alt, Standes Tuch-
fabrikant, zu Aachen wohnhaft, welcher ein Bruder der neuen
Ehegatt in, des Cornelius Breuer, zwanzig ein Jahre alt, Standes
Handlungsdiener, in Aachen wohnhaft, welcher ein Halbbruder des
neuen Ehegatten, des T’homas Lambert Franck, dreissig acht Jahre
alt, Standes Tuchfabrikant, in Burtscheid wohnhaft, welcher ein
Bruder des neuen Ehegatten und des Xavier Friens, zwanzig sie-
ben Jahre alt, Standes Kaufmann, zu Aachen wohnhaft, welcher ein
Bruder des neuen Ehegatten zu seyn erklärten ; und haben die
besagten Zeugen, so wie die neuen Ehegatten, diese Urkunde,
nachdem dieselbe ihnen vorgelesen worden, mit mir unterschrieben.
M. Volders
T. L. Franck, Gerhard Frings, Corneille Breuer, Xav. Frings
M.Jos. Franck C. Frings
(Stempel) Die Übereinstimmung vorstehender Abschrift
Der Standesbeamte mit der Urschrift wird hiermit beglaubigt :
des Standesamtes Aachen, den 3 Juni 1960
Aachen Der Standesbeamte
In Vertretung
Bezahlt N° 160 Klug
Die Bergkapelle,
Auf der Höhe die Kapelle Wenn der Abend still und leise
schaut ins weite Land hinaus, seiner Dämmrung Schatten streut,
und im Grund die Silberquelle tönt die innig zarte Weise,
murmelt in dem Blätterhaus : der Kapelle fromm’ Geläut :
Refrain : Refrain :
Salve regina ceelorum, Salve regina ccelorum,
consolatrix afflictorum ! consolatrix afflictorum !
Rinnt im Tal das klare Bächlein Nur im Baum ein leises Regen.
durch die grüne Wiesenflur ; Vöglein ging zur Ruhe schon,
grüßt die Burgen, grüßt das Dörflein; und es klingt wie Abendsegen
klingt es wie Erinn’rung nur : leis verhallend Glockenton :
Refrain : Refrain :
Salve regina ceelorum, Salve regina ccelorum,
consolatrix afflictorum ! consolatrix afflictorum !
Peter Emonts-pohl
* VWVertont von dem Raerener Dirigenten Walter Meessen unter dem Titel :
”Abendglöcklein”,
51
” Kennst Du Deine Heimat ? ”
Unter dieser Frage bringen wir laufend
interessante Fotos zum Erraten,
In N° 3 unserer Zeitschrift machten wir den Anfang dazu.
Wir zeigten zwei Bilder von Gebäuden im Göhltal unter der Be-
zeichnung A. und B.
Es war zu erraten, wo sie standen. Zu A. in Gemmenich, Kelmis
oder Moresnet ; zu B : in Walhorn, Hergenrath oder Hauset.
Das Haus A. steht in Moresnet, neben dem Pastorat und gehört
der Familie Cohnen.
Das Haus B. steht in Hergenrath, an der Abzweigung der Straße
nach Aachen. Es gehört der Ö. U. K. von Neu-Moresnet ; der derzei-
tige Pächter ist der Landwirt Rotheut.
Über Ursprung und sonstige Daten der Gebäude berichten wir
in einer der nächsten Nummern der Zeitschrift ”Im Göhltal”.
Für heute haben wir etwas ganz Besonderes anzubieten.
Bild A. Wo könnte dieses Straßenbenennungsschild angebracht sein ?
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Bild B. Wo könnte dieses Ortsbenennungsschild angebracht gewesen
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Könnte dieses Schild in Gemmenich, in Moresnet oder in Kelmis gehangen
haben? und bis wann ?
Hier können sich alt und jung beim Raten ergänzen.
Und nun viel Spaß ! Wie gewohnt eine Postkarte mit der Lösung :
Die: Ortschaft und womöglich die Namen der Gebäude, wo die Schilder
angebracht sind oder waren.
Schickt diese an meine Adresse, Jac. DEMONTHY,
92, Jansmühle, Neu-Moresnet.
Die Lösungen müssen vor dem 1. März 1969 eingesandt werden.
Euer Fotofreund
JADE
Klubs en Vereine va Kelmes en Nöj-Moresent
u ”die ens hant bestande”,
Kelmes es e Dörp, wu ömmer völ passiet,
E männech, Feske woet hej at deks jeviet,
Weil eben ne Hoop Vereine in os Dörper bestonge,
Die met Liev en Siel a hönn Heemet honge.
Ne jruete Deel, dä bläv noch bes hüj bestue, .
Mä de metste, lejder, die mosste at vör Johre jue.
Als Kelmeser es os dat bestemmt net ejal.
Et es now lans, es war einmal.
Vör männech enge wür et, jlöv 'ech, ‚enteressant
Te weete, wat vör Vereine hej bestande hant,
Vereine en Klubs, die ech now han opjeschräve,
Hat et e Kelmes en Nöj-Moresent zur Zeit jejäve.
53
Der Panoptikum, Lüj, die koste Pikske häve,
21 Klütte drenke op e Been, sonder te bäve,
En wenn de dat net koss, da worste drut.
Dat wor now enmol, dat stong ejen Statut,
Fidelia-Juseps-en Lambertes-Vereine pflechde Jesank.
Ömmer vonte hönn Konserte Bijvaal en Aaklank,
Se songe met Jees de Nüetschere vaje Blatt,
Sue ervröjde se männech enge met e schwur Hatt.
Alles lachde över der Piepe-Klub met die äede Piepe,
Vör dä Böhninger te schmölle, moss me sech jot stiepe,
Wenn da dat Tubäkske avong, dat et open Tong bäet,
Vol enge ov der andere öm, et wor em schläet.
Tipp-Topp en Fidele Freunde wore ömmer jow Dilettante,
No die Vörstellonge koeme Liebhaber va alle Kante.
Wie schönn wür et, wenn esö jet hützedags noch bestöng,
Da wöss wenestes jedder Oma en Opa, wue häe at ens jöng.
Turner hau et e Kelmes en an de ander Sij, jans enorm :
De Jemeinde, Union, Patrenasch en Einigkeit jruet e Form.
Wor et Renge, Stämme, ajen Reck ov Barren en och Sprenge,
Dat es bekannt, do könne vör allemol e Liet va senge.
Alle Nüng, Jut Holz, Kranz en Brett läch kosste kejele,
Worpe hönn Kugele, mä no Heem, soch me se sejele.
Do jong et deks esö bont her, der jlövt et net, o wie,
Me höj jedaht, die Vänte kejele selävens net mie.
VElo-Klub Calaminia, En avant en och de Wanderlust
Orjanisiede Course jeddes Johr bess utjangs Aujust.
De Renner flitzde över die knubeleie Strote,
Sujar wore der, die haue hönn Rätschere henger jelote.
Fußball-Klub Excelsior en Rot-Weiß, die kämpfde wie ene Hahn,
Enge op ene Voossölder, der andere ove ajene Kahn.
Jrön-Wett woet en et Läve jerope en spälde jett met Kopp,
Et es bewäse, se jonge twei Johr hengeree eropp.
Musik hau vör en os Dörp, mie wie märr op eng Stell,
Besondesch te erwähne es de Bergwerkskapell en Huskapell.
De Huskapell, reng privat, spälde ut Spass, wenn se koste,
Die ander dojäje wore van et Werk verpflecht, die mosste.
Dörjen Strote maschiede vröjer der Krejer-Verein e Schrett,
Bej jedder Jelägenheed jonge völ Lüj e Frack en Zylinder met;
Musik jong vörop, völ auw Jedende derbater schwengde met de Heng.
Och dat, jenau wie hiel völ andesch nohm dörch der Krech e Eng.
Ose Mandoline-Klub, ihrlech jesat, dä zupfdene mie wie jot,
E bestong ut Mätschere en Jonge, die haue märr Musik ejje Blot.
Schad, dat esö jett, wie der Schnije ömmer te flot verjeht,
Bestemmt deht dat en jruete Zahl auw echte Börjer Leed,
Ene Club des Douzes tauchde op emol en os Neske op,
Als Abzeichen droge die a hönne Rock verdammt ene Duedekopp.
Et worener mär twelf, dat sätt der Nam, wal twelf echte.
Die Kadete schlope open Insel en liehde met Däjens fechte,
Cercle Union wore Lüj die nex andesch wie Franzüsches kosste,
Die hauwe-n-et schwur he, jlövt mär, dat se dat sälver wosste.
Der könnt et jlöve, die Jesellschaft hauw Sän en och Zweck,
Jüst wie all die ander es se och at hiel völ Johre ewek.
54
Rote Husare wore och överal bekannt vör Helau en Alaaf,
Jonge och wie me e Kelmes sätt, jauw de Bach eraf;
Se makde Sitzonge met Humor en hiel fing Sake,
Besondesch hauwe se Schloder, extra‘ Fastelovendswäjel te make.
Heimkehr, Richtung, Vereine va alle jow bekande Duvepitte
Spelde met hönn Duve, wie et hüj hej es noch de Sitte,
Stonge ajjen Thek, plande en diskutiede, wie dat esö jeht,
Enge Sondech dronke se va Fröjd, der andere va Leed.
Hahnekrienerej woed och bedräve an ose lösteje Eck,
Bej Quadvleg wor jedder Sondeg Kriene, me woed jeck.
No der Konkur wore de. Hahne väedeg, bono hov duet,
Weil dervör krächte die Kokelöresse Dröpkere jevuet.
Der Schach-Klub ejjene Kino Pax wor sonder Bahei, prima adrett,
Op jedder Döschke log zur Zeit vör alle Koppele e Brett, .
Doröver honge de Späler an et spinze en schäl van et Lure,
En schiebde krütz en quer, hen en her, die hölte Fijure. 0
Der Reit-Klub, dem dör vör onder jeng Ömstäng hej verjäete,
Bej jedder Fest hant die ömmer op hön Päed jesäete,
Ne Festzog sonder der Reit-Klub vöre ajjene Kopp
Wor jenau wie en Schrubbvrow ohne Schrübber en Top.
Typesch wore die Bröer va Nöj-Moresent, met Nam, ”der Mascherang”,
Vör dön hau et Karnevalskomitee opene Zog me läve jenge Bang.
Jedderenge va os hat sech at männeje Mole de Frog jestoht' :
Wuvör make die Jonge net mie met, sönt se vleks at te oht ?
Attaque, esö hosch der Honds-Klub, jot jestoht
Met Honn va alle Rasse, söjar met jruet Verloht.
Opene Patrenagehof wor et Sondes ömmer Dressur,
No bestehte net mie, dat velt jedder Honnspitt schuer.
De Bahkover, dat es wuhr, dat die ens hej bestonge,
Se haue leider net hiel lang vör os jesonge.
Op dat Senge wore die Jonge mie wie versäete,
Äver allmements hau enge de Prov veriäete.
Onder jen Kerkböm entstong der Mondmonekas-Klub,
Die wore prima, ihrlech, et es jenge Flupp,
Se spälde schönn Stöcker op hiel lang Denger,
En derno lore se hön överal en der Henger.
Süßholzraspler en Klub der Ungeküßten wore och presang,
Vör Artois en Pikske te drenke kante die neks va Bang,
Klübkere wore-n-et, met Mumm, Humor en Witz,
Et Lokal haue se open Pavei bej de Vrow Schmitz.
En et Johr 1947 jrönde sech ne jruete Supporter-Klub,
Dä schenkde wölle Varöse en at ens ene lähre Knupp.
Nöj Beije, ne Tuhn woet jemakt hiel flott,
Die Pöhl op der Plei wore noch lang net rott,
Du hosch et at, der Supporter-Klub es och kapott.
Sue, now hat der se ens allemol jot kenne jeliet,
Ech dong et Möglechste, ech han et wenegstens probiet.
Ech sat neks Schlämms, et wor hopsächlech vör de Jong,
Dat die ens eckesch weete, wat. hej. alles vör Fings bestong.
Franz Uebags,
(Kelmiser Mundart)
56
”In seinen Gedichten ist immer wieder die Rede von einer
”kurzen Liebe, die sein Herz zum Lodern brachte. Wie diese
”Liebe endete, erfahren wir aus den Gedichten nicht. Wohl
”aber liegt der dadurch verursachte tiefe Schmerz fast in jeder
”Gedichtzeile offen zu Tage - wie glühende Lava, möchte man
”fast sagen. Zugleich aber verklärt sich sein Schmerz in christ-
”licher Weise, In seiner Seele scheinen sich Liebeserinnerung,
”Sündenbewußtsein, Sehnsucht nach dem Jenseits und Todes-
”ahnung schmerzlich verquickt zu haben. Soviel vermag eine
”Jünglingsseele nicht unausgesprochen mit sich herumzutragen.
”Wenn einem solchen jungen Mann nur einiges Sprach- und
”Dichtertalent eignet, so muß er sich in Gedichten, in ergrei-
”fenden Gedichten Luft schaffen. Das hat Robert Hamacher
”getan, bevor er 1922 im Alter von 33 Jahren seinem Vorge-
”fühl entsprechend starb. d
Ich kann nicht umhin, im Zusammenhang mit solchem
”Dichterwerk eines Autodidakten, der nur Volksschulbildung
”genossen hatte, und überhaupt im Zusammenhang mit der
”Schreibtätigkeit aller heute hier Vortragenden die Frage zu
”stellen : Wie ist das möglich ? Die Antwort steht vorne unten
”auf dem Festprogramm; es handelt sich um ein Zitat aus einer
”Schrift der englisch benannten Internationalen Gesellschaft
”für vergleichendes Studium der verschiedensten Zivilisations-
”und Kulturformen.Wir lesen es : ”Das Höchste, was wir er-
”reichen können, können wir immer nur aus unserer eigenen
”schöpferischen Tradition und Kultur vollbringen.” Mit ande-
”ren Worten : unseren Gedanken und Gefühlen Ausdruck ver-
”leihen und überhaupt schon richtig denken können wir nur
”in der uns angewachsenen Sprache, in unserer Mundart und
”in der Hochsprache, die unserer Mundart am nächsten steht.
”Diese Überzeugung möchte ich jedem hier Anwesenden mit
”auf den Weg geben ; er möge sie sogar weitersagen, ich bitte
”drum. Ich habe seit langem genügenden Einblick in den Schul-
”betrieb in meinem Geburtsdorf, um zu wissen, auf welch
"tiefes Durchschnittsniveau (ich sage : Durchschnittsniveau,
”denn Ausnahmen gibt es immer und überall) - auf welch tiefes
”Durchschnittsniveau die geistigen Fähigkeiten von Kindern
”herabsinken, denen die Grundbegriffe in einer Sprache zuge-
”führt werden, die sie nicht empfinden. Dies muß man auch
”als guter Belgier sagen dürfen. Mehr noch : als guter Belgier
”muß man es sogar sagen. Denn es gereicht einem Lande weder
” zur Ehre noch zum Wohle, wenn ein Teil seiner Einwohner
”geistig verkümmert. Das heißt übrigens gar nicht, daß wir
”Ostbelgier kein Französisch lernen sollen. Aber eine breite
”Kultur und Kunst gedeiht - bis auf einige Ausnahmen wie die
”französischschreibenden flämischen Dichter Verhaeren und
”Maeterlinck - nur in der eigenen Sprache und aus der eigenen
”Tradition heraus, die auch wir - gerade im Rahmen unseres
”dreisprachigen Vaterlandes - pflegen und entwickeln sollen.
”In diesem Sinne wird dieses Treffen veranstaltet. ”
57
Diesen Gedanken haben sich alle vortragenden Dichter zu Herzen
genommen um sie dem aufgeschlossenen Publikum mitzuteilen.
Trennten auch größere Abstände die verschiedenen Herkunfts-
orte, so wurden ihre Söhne doch durch diesen Gedanken vereint und
Ostbelgien zu ihrer Heimat.
Von Norden bis Süden, vom Heerlener Raum bis zur luxembur-
gischen Grenze, ist die Muse gewandert und hat bei vielen Gehör und
Einlaß gefunden So zeigte sie dem einen die Schönheit der heimat-
lichen Natur, dem anderen die ungeheure Gewalt der Gefühle und wie-
der einem anderen die ungelösten Probleme der Menschheit. Jeder
aber wollte den Menschen einen Teil seines eigenen Ichs mitgeben.
Daß das Publikum dies verstand, bekundete es durch den reichen
Beifall, den es den Vortragenden spendete.
Als einen ausgezeichneten Abend, eine glanzvolle Premiere be-
zeichnete das Grenz-Echo die Veranstaltung, und die Aachener Volks-
zeitung meinte dazu, daß die Vorträge dieses Abends den Wunsch
wach werden ließen, noch enger zum Schutz und zur Erhaltung der
Muttersprache und der Mundart beizutragen. Ein Brief aus dem Ka-
binett des Erstministers nannte das Dichtertreffen ”einen Meilenstein
in der Entwicklung des kulturellen Lebens Ostbelgiens”. Hoffen wir,
daß es nur der erste einer langen Reihe sein wird !
Fernand Wechseler
Sie fahren der Nacht nach.
Sie fahren der Nacht nach
und haften am Gestern.
Sie fahren der Nacht nach,
sie hasten zurück
und glauben sie finden
im Gestern das Glück.
Doch Tag wird’s im Osten
sie merken es nicht.
Es taget im Osten,
es steiget das Licht,
das morgen bringt Segen
den Menschen, die eilen
dem Morgen entgegen ...
Leo Wintgens
58
Verschiedenes aus unserem Mitarbeiterkreis
* Unserem Vorstandsmitglied, Herrn Josef Brandt aus Eynatten, gra-
tulieren wir hiermit nochmals zu seiner Hochzeit. Am 14. August
dieses Jahres heiratete er in der Eupener St. Joseph-Pfarrkirche Frl.
Liesel Tychon aus Eupen.
* Nach der hiesigen Presse möchte auch unsere Vereinigung hiermit
die langjährige verdienstvolle Tätigkeit von Herrn Dr. Otto Eugen
Mayer, Konservator des Töpfereimuseums Raeren gebührend wür-
digen. Am 8. August 1968 wurde der unermüdliche Altertumsfor-
scher, der sich u. a. besonders intensiv mit dem Studium des Raere-
ner Steinzeugs befaßt, 80 Jahre. Seine Forschungsergebnisse hat
Dr. O.F. Mayer u.a. in den Zeitschriften des Aachener und Eupener
Geschichtsvereins veröffentlicht. Auch unserer jungen Vereinigung
hat er seine Unterstützung nicht versagt. Wir wünschen Herrn Dr. *
Mayer noch viele erfolgreiche Jahre im Dienste der ostbelgischen
Geschichtsforschung.
* Dem Mitglied unserer Vereinigung, Herrn Dr. jr. Edgar Ohn, Eupen,
gratulieren wir hiermit nachträglich herzlichst zu seiner Ernennung
zum stellvertretenden Richter in Verviers.
* Zum Doktor in germanischer Philologie promovierte am 28. Juni
1963 unser Vorstandsmitglied Jules Aldenhoff aus Gemmenich
durch die erfolg-
reiche Verteidi-
gung seiner These
” Schwankungen
in der Verbalfle-
xion. - Der Ge-
brauch um 1800
_- t verglichen mit
A ee { 9 dem von heute ”.
> N ” _ Auswärtiger Exa-
ad A “ \ minator war der
A { RO schwedische Pro-
\ = fessor, Dr. Ivar
\ . A 8 Ljungerud. Der
in ” ——_ Prüfungsausschuß
a a Prof. Dr. Ivar
EN PS A Lijungerud und
5 rd Zi BU DS die Professoren
A | HA, 4 schen Abteilung
TERRA Eder Universität
TE S fi Lüttich) erkannte
Dr. Jules Aldenhoff im Kreise unseres Vorstandes Herrn Aldenhoff
4 den Doktorgrad
mit größter Auszeichnung zu. Ein glänzender Erfolg des seit mehreren
Jahren ’als Assistent an der Universität Lüttich wirkenden Wissen-
schaftlers aus unserer Heimat. Wir gratulieren Herrn Dr. Aldenhoff
hiermit nochmals zu seiner Promotion.
59
* Zu seiner Ernennung zum Diözesaninspektor gratulieren wir auch
unserem Vorstandsmitglied, Hw. Willy Brüll, bisher Pfarrer in Her-
genrath. Wir wünschen ihm viel Glück in seiner Arbeit auf den
neuen und alten Tätigkeitsfeldern.
* Hw. J. Hilligsmann, der schon ehe er wieder ins Göhltal zurück-
kehrte Mitglied unserer Vereinigung geworden ist, wünschen wir
herzlich willkommen als Pfarrer von Hergenrath.
* Ebenfalls als Mitglied unserer Vereinigung geht unsere herzliche
Gratulation an Hw. Jacques Pirson, Pfarrer in Welkenraedt, an-
Jäßlich seines kürzlich begangenen silbernen Priesterjubiläums.
* Am Donnerstag, dem 5. September 1968 wurden unserem Vorsit-
zenden Leo Wintgens Drillinge geboren. Im Eupener Sankt-Niko-
laus-Hospital erblickten Willy, Roger und Hubertine das Licht der
Welt. Wir gratulieren den glücklichen Eltern und wünschen den
kleinen Erdenbürgern ein langes und glückliches Leben !
Georgette XHONNEUX
Et Rüetge lett de Wowf eruus.
Peter Emonts-pohl
Et Lißje wow der jangsen Daag
op Wej en Strooß merr speele,
en woeten düster Bowsch en Haag,
da fong et aan ze queele :
”Mamm daasch ech noch jett speele juen,
et eß doch noch-ent Naat ?”
Doch met ene reselütze Tuen,
besörgd de Mamm da saat :
”Et Rüetge lett de Wowf eruus,
dat sönd de schlemmste Deere ;
dröm blief des Oevends e-jen Huus,
et küeß dech jett passeere.”
En wie et Liß et Lißje woet
met Backe wie Rabaue,
du huet et neet mieh op dat Woet ;
et baade ooch jee Raue.
De Stroße op, de Stroße aaf
keck men et Lißje noo,
en överal huet men de Klaaf :
”Now eß der Woof jo do.”
-”Et Rüetge lett de Wowf eruus,
dat sönd de schlemmste Deere ;
dröm blief des oevends e-jen Huus,
et küeß dech jett passeere.”
Anmerkung : Früher kamen die Wölfe vom Venn her, also aus der Richtung
von Roetgen. In Raeren wurden die Kinder, die bei hereinbrechender
Dunkelheit noch draußen spielen wollten, von der Mutter ins Haus ge-
lockt mit den Worten : ”Et Rüetge lett de Wowf eruus !”
Roetgen läßt die Wölfe heraus !
Raerener Mundart
60
Liste der Austauschvereine,
- Geschichtsverein zw. Venn und Schneifel, Vors. Kurt Fagnoul, St. Vith,
Aachener Str. 71.
- Eupener Geschichts- u. Museumsverein, Vors. Leo Hermanns, Eupen, Oestr.
- Langohr-Veltmans-Vreuschemen Komitee, Halle, Melkerijstr. 35.
- Instituut voor Dialectologie (Leuvense Bijdragen), Hoofdredacteur Prof. Dr.
T.L. Pauwels, Naamse Vest, 40, Leuven.
+ Eupener Eifel-Ardennen Verein, Sekretariat : am Kloster (Siedlung) Eupen.
- Malmedy Folklore ASBL, Bibliotheque. c/o M. Lang, Malmedy.
- Tablettes d’Ardenne et Eifel, c/o M. Lang, Malmedy.
- Aachener Geschichtsverein (Stadtarchiv), 51, Aachen, Fischmarkt, 3.
- Bischöfliches Diözesanarchiv, 51 Aachen, Klosterplatz.
- Institut für Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande an der Universität
Bonn, Bonn, Poppeldorfer Allee 25. .
- Geschichtsverein des Kreises Monschau, Vors. Oberstudienrat Hans. Steinröx,
5101 Konzen, Trierer Str. 41. S
- ”Oecher Platt”, Peterstraße 56, 51 Aachen.
- Limburgs Geschied- en oudhheidkundig Genootschap te Maastricht, Postb. 83,
Maastricht.
- Vereniging ”Veldeke”, Postbus 188, Heerlen.
- Rene Schickele - Kreis, 12, rue Marechal Joffre, Straßburg.
Mitteilungen.
Werte Mitglieder und Leser!
* Anfang 1969 möchten wir unser Archiv und unsere Vereinsbibliothek der
Öffentlichkeit zugänglich machen.
In unserer nächsten Ausgabe werden wir die LISTE DER SPENDER
veröffentlichen, die uns in der Form von Geschenken und Leihgaben Material
für neue Forschungen zur Verfügung gestellt haben.
Noch einmal herzlichen Dank !
* Wir bitten hiermit alle Mitglieder baldigst mittels der beiliegenden
Zahlkarte oder bei unseren Vorstandsmitgliedern ihren Beitrag für
das Jahr 1969 zu entrichten.
Trotz der umfangreicheren Zeitschriften und steigenden Kosten
möchten wir auch im nächsten Jahr unsere aüßerst niedrigen Sätze
halten : Normaler Beitrag : mindestens 100 Frs.; Jugendliche : 50 Frs.;
Gönner : mindestens 200 Frs. Dies wird jedoch nur möglich sein,
wenn Sie alle ”treu” bleiben und in Ihrem Freundeskreis neue Mit-
glieder, neue Leser werben !
Wir hoffen auch im dritten Jahr unserer Tätigkeit auf Ihre Un-
terstützung und aktive Mitarbeit, und wünschen Ihnen allen ein frohes
Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr ! 5
q Der Vorstand.