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Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
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= Die Münzen, Scheine, Medaillen und Zeichen
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Dan erscheint Anfang Februar 1984.
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Erhältlich bei allen Banken und Sparkassen und bei InED, Gospertstr. Eupen,
oder durch Überweisung auf Konto Nr. 750-9035443-51 — Preis 235 Fr
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal
Nr 34
Februar 1984
Vorsitzender : Herbert Lennertz, Stadionstr. 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat : Lütticher Str. 36, 4721 Tülje, Neu-Moresnet.
Lektor : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße 33.
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kirchstraße, 35, Kelmis.
Postscheckkonto N° 000-0191053-60
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser,
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet-Dorr, Kelmis,
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhltalviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form. *
Druck. Jacques Aldenhoff, Gemmenich.
Inhaltsverzeichnis
W. Meven, Hergenrath Chiminiaco - Gimnich - Gemmenich 3
A. Jansen, Moresnet Die Eisenbahnstrecke von Aachen -
West nach Welkenraedt über Gemmenich,
Bleyberg und Moresnet 25
M.-Th. Weinert, Aachen Der Hase 44
F. Goor, Herbesthal Die Walhorn-Asteneter Wasserleitung 45
L. Homburg, Fossey Kreuz am Wegrand 68
J. Leclerc, Gemmenich Der Bombenangriff auf den Bahnhof
Montzen am 27. & 28. April 1944 71
Die Redaktion In Memoriam IE
L. Wichert-Schmetz Späte Jahre 74
P. Zimmer, Astenet Bergmannslos 76
P. Zimmer, Astenet Die Kelmiser ”Koul” einst und jetzt 93
”Lied von Kelmis” 96
J. Heuschen, Astenet Winter 99
A. Bertha, Hergenrath Industrie und Gewerbe
im Landkreis Eupen 100
F. Nijns, Walhorn Jahresbericht 1983 110
5
Chiminiaco - Gimnich - Gemmenich
von Walter Meven
Gemmenich ist im Bereich des Göhltales die dem Dreiländereck zu-
nächst gelegene Gemeinde. Von der Göhl aus, der Grenze gegen die
vormals selbständigen Nachbargemeinden Sippenaeken, Hombourg
und Montzen, stößt sie in östlicher Richtung zwischen dem hollän-
dischen Vaals und dem Gnadenorte Moresnet bis zum Dreilän-
dereck, dem höchsten Punkte (322 m) der Niederlande, vor. Bis zur
Angliederung des ”Neutralen Gebietes” an das Königreich Belgien
(1919) wurde dieser Punkt auch Vierländerblick genannt. Die hier
vorhandene Lichtung, bereits im Mittelalter in einem Rentregister
des Jahres 1370 als ”"Gemmenicher Loch” erwähnt, gewährt einen
umfassenden Blick auf das in welliges Hügelgelände gebettete Dorf,
seine Weiler Völkerich, Terstraeten, Tersassen, Grünebempt, Botze-
laer und Nouvelaer sowie die zahlreichen Einzelgehöfte. In der Nä-
he der Gemarkung Schimperbusch stand die sogenannte Kroddelei-
che, die als Galgeneiche aus der Reformationszeit stammen sollte.
Diese Flur liegt heute in dem Teil der Gemeinde Gemmenich, der
1843 an Holland abgetreten wurde. Ein von Aachen kommender
Verkehrsweg nach Lüttich, der auf einen alten Weg aus römischer
Zeit zurückgeht, durchquerte den Wald und verband Gemmenich
mit diesen beiden Städten; er mußte allerdings später gegenüber der
weiter östlich über Kelmis und Heinrichskapelle führenden Straße
in den Hintergrund treten. Dieser Weg verlief von Aachen aus über
Hambruch (heute Hanbruch) nach Gemmenich, Sippenaeken, Teu-
ven, St. Martins Voeren, s’Gravenvoeren, Berneau und Vise. Hier
überquerte er die Maas und führte weiter südlich über Herstal nach
Lüttich. Bei s’Gravenvoeren mündete der alte Postweg, der von Aa-
chen über Gülpen verlief, in die eben beschriebene Straße ein. (1)
Die Schreibweise des Namens der Gemeinde hat im Laufe der
Zeit erheblich geschwankt. Aus den in den älteren lateinischen Ur-
kunden vorkommenden ”Chiminiaco” (1041) (2) bzw. ”Giminiaco”
(1042) entwickelte sich sowohl eine niederdeutsch-flämisch-
holländische Form ”Geminich” wie eine hochdeutsche Form ”Gi-
menich” mit einer abkürzenden Wendung ”Gimnich”. Die jetzige
amtliche Schreibweise ”Gemmenich” entspricht der heute in der
einheimischen Umgangssprache üblichen Form. Die neuere Ortsna-
menforschung glaubt als ursprünglich römisch-keltische Grundform
6
”Geminiacum” annehmen zu dürfen. Dies soll nach Carnoy soviel
wie das ”Gut des Geminius” oder ”an einer Wegabzweigung gele-
gen” bedeuten. Die Ortsnamendeutung ist in der einschlägigen Lite-
ratur zum Teil uneinheitlich. Bach sieht für die Orte mit der -acum
Endung die Möglichkeit der Namensgebung in der Zeit der fränki-
schen Landnahme. Zu einer anderen Erkenntnis kommt P. Tum-
mers. Er erläutert, daß aus der gallo-römischen -iacum Endung wäh-
rend der Landnahme durch die Franken die Ortsnamenendung -ik
und -ich geworden ist. Corsten sagt, daß der römische Fiskus für sei-
ne Fiskalgüter die Endung -iacum bei der Namensgebung zwingend
vorschrieb.
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Gemmenich, die St. Hubertus Pfarrkirche vor dem Umbau von 1906
In der Geschichte erwähnt wird Gemmenich zuerst im 9. Jahr-
hundert. Es gehörte ais karolingischer Königshof zu jenen 43 Kö-
nigsvillen, deren Nona (Neunten) König Lothar Il. der Aachener
Marienkirche geschenkt hatte, wie die im Jahre 888 von dessen
7
Rechtsnachfolger Arnulf von Kärnten ausgestellte Bestätigungsur-
kunde ausweist. (3) Auch die Villa selbst gelangte, nachdem sie vor-
übergehend dem Herzog Heinrich von Bayern gehört hatte, durch
eine Urkunde Heinrichs Il. vom 8. August 1042 an das Marienstift
Aachen. Mit diesen Königsgütern erwarb das Marienstift gewisse
Rechte. Bei den zugehörigen Kirchen das Ernennungsrecht der
Priester - auch Kollatur genannt - und auch den Neunten oder
Zehnten des Pfarrsprengels. Sie mußten sich auch verpflichten, für
den Unterhalt der Bausubstanz der Kirchen Sorge zu tragen. Neben
einer Zehnt- oder Kapitelsglocke hatte, nach einer Entscheidung des
Maastrichter Landkapitels vom 28.4.1451, der Zehntherr für den
Unterhalt von Stier, Bock und Eber zu sorgen. (4)
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Im Ortsteil Völkerich finden sich schöne Beispiele Maasländischer Architektur. Die-
ser heute den Franziskaner-Brüdern gehörende Bau stammt aus dem Jahre 1733,
8
Kaiser Friedrich II. hat die Urkunde von 1042 im Jahre 1226
ausdrücklich bestätigt. Allerdings wies der Besitz damals infolge der
inzwischen seitens der Herrscher getätigten Vergabungen einen be-
deutend minderen Umfang als zur Karolingerzeit auf. So hatte
Heinrich III. bereits 1041 einen Teil dem Aachener St. Adalbertstift
geschenkt, um dessen wirtschaftliche Lage zu verbessern. Einen
weiteren hatte seine Nichte, die Gräfin Ermentrudis, erhalten, von
der ihn der Erzbischof von Köln erwarb, dessen Nachfolger Anno
IL. ihn dann der Kölner Mariengradenkirche überließ. Auch der
große, bis nach Vaals und Vijlen reichende Wald, gehörte nicht
mehr zum Königshof. Er war dem ursprünglich aus Gemmenich
stammenden gleichnamigen Herrengeschlecht, dessen Angehörige :
an der Kaiserpfalz zu Aachen eine bedeutende Rolle spielten und
u.a. mehrfach das Aachener Schultheißenamt bekleideten, verliehen
worden. Ein späterer Nachkomme, der Ritter Arnold von Gymnich
aus der Kerpener Linie, vermachte 1320 zwei Drittel dieses Waldes
nebst zahlreichen dazugehörigen Pächten und Zinsen an die Abtei
Burtscheid, während das restliche Drittel an die Herren von Wittem
gelangte. (5) Bei dem der Abtei Burtscheid gehörigen Teil handelte
es sich um den sogenannten ”Kerper Busch”. Immerhin war der
dem Marienstift zugefallene Besitz noch so umfangreich, daß sich
-nach einer Aufzeichnung des 12. Jahrhunderts - zusätzlich zwei
Kapellen in seinem Bereich befanden. Die Lage und der Standort
dieser Kapellen, die zur Bequemlichkeit der Anwohner gebaut wur-
den, ist uns leider nicht überliefert. Handelte es sich um Kapellen in
Montzen und Moresnet oder stand eine gar in Vaals? Weitere An-
zeichen der wachsenden Besiedlung bietet uns ein dem 13. Jahrhun-
dert zugehöriges Zinsregister der Abtei Burtscheid. Es spricht von
Häusern im oberen Teil des Dorfes von Alschenberg und Völkerich
und von einer ”Curia (= Hof) Reuß”. Gegen Ende desselben Jahr-
hunderts erscheint auch der Herzog von Limburg hier begütert, von
dem die damals erwähnten Höfe Oesassen, Oversassen und Nieder-
sassen lehnrührig waren. Sie unterstanden bis gegen Ende des 18,
Jahrhunderts dem Lehnhof von Limburg. Andere, aber kleinere An-
wesen, gehörten zur Herrschaft Einrade bei Vaals. (6)
Von besonderer Bedeutung ist die frühe Erwähnung Völke-
richs und Bleibergs. ”Gombert de Fulkerich”, im Dienste des Her-
zogs stehend, erhält am 30. September 1363 eine Entschädigung
weil er beim ”Huynchin de Odenkirchen” in Gefangenschaft gera-
ten war. Eine Steuerrolle des Maes von Holset aus dem Jahre 1375
erwähnt bereits eine ”Bank von Fulkerich”. Hier befand sich der
9
Sitz der Schöffenbank, die zu den sieben alten Gerichtsbanken des
Herzogtums Limburg gehörte, aber wohl noch vor Ablauf des 15.
Jahrhunderts in die vermutlich bei der endgültigen Eingliederung
des Moresneter Gebietes (1447) errichtete Bank Montzen aufging.
(7) Ihr Bezirk deckte sich nicht völlig mit dem uns bekannten Ge-
meindegebiet von Gemmenich. Zum Teil reichte er erheblich darü-
ber hinaus, vor allem im Nordosten. Hier berührte er unmittelbar
das Aachener Reich, und zwar auf der Grenze, die von der Vaalser
Kirche über den St. Huprechtsberg bis zu einem im Preuswald lie-
genden Stein verlief. Dort begann die Bank Walhorn.
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Völkerich, Im Türsturz die Initialen SB und die Jahreszahl 1707
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Neben einer rein verwaltenden Tätigkeit übte die Völkericher
Bank nur die niedere Gerichtsbarkeit aus. Auch Sachen der freiwilli-
gen Gerichtsbarkeit unterlagen ihr, soweit es sich nicht um vom
Limburger Lehnhofe abhängige oder zu gewissen Grundhöfen, wie
z.B. dem St. Hubertushof in Gemmenich, gehörende Güter handel-
te. In Kriminalsachen war der Amtmann des hohen Gerichts zu
Limburg zuständig; als Richtstätte ist das ”Gemmenicher Loch”
nachweisbar. Zwei weitere Richtplätze die ”Hamjot” und ein sol-
cher bei Alensberg sind uns als Richtplätze der Grundherrlichkeiten
bekannt geworden.
: In waldrechtlicher Beziehung bestanden besondere Genossen-
schaften, von denen sich diejenige des an den Schimperbusch
stoßenden, zum Teil auf Vaalser Gebiet liegenden Malensbusches,
an dem jedoch die Einwohner von Völkerich berechtigt waren, am
längsten erhalten hat. Als gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges
die spanische Regierung das Limburger Land in erbliche Einzel-
herrschaften mit voller Jurisdiktionsbefugnis aufteilte und zum Ver-
kauf aussetzte, wurde die neue Herrschaft von Alexander de Strae-
ten aus der alteingesessenen und auch in der Umgegend begüterten
Familie gleichen Namens am 27. Oktober 1648 erworben. Die
Raubkriege Ludwigs XIV. von Frankreich nehmen in dieser Zeit
das Herzogtum Limburg arg mit. So werden allein im Dorf Gemme-
nich im Jahre 1684 57 Anwesen zerstört. Bereits 1589 war Gemme-
nich von den Holländern belagert worden, so daß der Scholaster des
Aachener Marienstifts sein Geld nicht erhalten konnte.
Nach dem Tode von Alexander de Straeten übernimmt am 2.
März 1679 Michael Henry de Walhorn-Straeten die Herrschaft.
Madame Budier, die Witwe von Michael Henry de Straeten-
Walhorn, erwirbt im Namen ihrer beiden Töchter die ”Seigneurie
Hautaine de Gemmenich”, wogegen Marie-Francoise von Walhorn,
Dame de Crapol, Protest einlegt. (19.12.1683) Der letzte Inhaber
der Herrschaft war Pierre Godefroid-Ignace de Lassaulx, der sie von
einem Onkel am 17. Februar 1767 übernahm. Die einrückenden
Franzosen setzten bekanntlich der Feudalherrschaft ein Ende und
verwandelten Gemmenich in eine Mairie. Diese gehörte zur Unter-
präfektur Malmedy im Ourthe-Departement und war zunächst dem
Kanton Aubel zugeteilt. Mit dem Einverleiben unseres Gebietes in
das französische Kaiserreich verpflichteten die Franzosen die Ein-
wohner zum Militärdient. Manche Gemmenicher nahmen sogar am
großen Feldzug nach Rußland im Jahre 1812 teil. Nach dem Sturz
12
Napoleons (1815) fiel die Gemeinde an die Niederlande und ging bei
deren Teilung 1839 an Belgien über. Ein kleiner Teil der Ortschaft
war bis zum 24.2.1817 Preußen angegliedert. Bei der endgültigen
Grenzregulierung im Jahre 1843 wurde ein Gebietsstreifen von
Gemmenich abgetrennt und der holländischen Nachbargemeinde
Vaals überwiesen.
Kirchlich hat Gemmenich immer zum Diözesanverband Lüt-
tich, ”"Konzil” von Maastricht, im Archidiakonat Hasbanien gehört,
das auch die Stadt Aachen zu seinem Zuständigkeitsbereich zählte.
Als Eigenkirche des Königsgutes läßt die Gemmenicher Kirche auf
ein hohes Alter schließen. Sie ist spätestens 1380 als Pfarrkirche
nachweisbar, dem hl. Hubertus geweiht und war eine ”ecclesia me-
dia”, gehörte demnach weder zu den kleineren und bedürftigen,
noch zu den besonders wohlhabenden Pfarrkirchen. Nach der Über-
lieferung hat auch dem sogenannten Hubertusknupp, dort, wo die
heutige Pfarrkirche errichtet ist, ein Jagdpavillon gestanden, der
später zu einer Kapelle umfunktioniert wurde. (8)
Nach einem Güterverzeichnis des Marienstiftes Aachen von
vor 1200 gehörte zur Kirche in Gemmenich der Zehnte des gesam-
ten Gutes ... (”In Giminiaco est capella, ad quam pertinet decima et
nona de labore dominicali, insuper decima eiusdem predii. In eodem
predio sund constructe II capelle ob commodiatem civium”.) Leider
ist bei den Eintragungen über den Besitz in Gemmenich keine ge-
naue Datierung möglich. Nur in diesem Güterverzeichnis wird der
Kirchenbesitz des Marienstifts im Fiskus Gemmenich als Einheit
dargestellt. Nach den Aufteilungen, die zwischen dem 12. und 14.
Jahrhundert erfolgt sind, erschienen die bis dahin zum Fiskus Gem-
menich gehörenden Orte, Montzen, Moresnet und Vaals als unab-
hängige Pfarren. Bereits im Jahre 1440 erscheinen diese Orte in ei-
nem Feuerstättenverzeichnis als selbständige Kirchspiele. Vor der
Aufteilung der Kirchen von Montzen und Vaals an die Dignatäre
des Kapitels, wobei die Kirche von Moresnet an den Dekan und die
Kirche von Gemmenich an den Scholaster des Marienstiftes fielen,
wurden alle möglicherweise von den Pröbsten verwaltet.
Im oben zitierten lateinischen Text ist von zwei weiteren Ka-
pellen die Rede, die, wie bereits weiter oben erwähnt, zur Bequem-
lichkeit der Anwohner erbaut wurden, welche man als die Kirchen
von. Moresnet und Montzen vermutete. Die moderne Forschung
kommt jedoch auf Grund der Tatsache, daß Gemmenich und Vaals
Teile eines gemeinsamen Fiskus waren, zu dem Schluß, daß es sich
18
um die Kirchen von Vaals und Montzen handeln kann. (9) Mores-
net, So vermutet man, sei eine spätere Gründung, die von Montzen
abgetrennt wurde. Im Jahre 1725 berichtet der Montzener Pfarrer
Birven von einer Bittprozession, die alljährlich an einem bestimm-
ten Tage von Moresnet nach Montzen pilgerte und dort von Geist-
lichkeit und Volk empfangen wurde. (7)
Hier kann man eine Reverenz der Filialkirche an die Mutter-
kirche erkennen. Die sogenannten Bannkreuzprozessionen wurden
vom Bischof den Filialkirchen nach der Abtrennung von der Mut-
terkirche auferlegt. An einem festgesetzten Tage hatten sie mit
Kreuz, Fahnen und Abgaben in bestimmten Kirchen zu erscheinen.
(10) Für die Walhorner Mutterkirche ist uns diese Tatsache eben-
falls überliefert. Hier gestaltet sich die Klassierung der Kirche schon
aus der urkundlichen Erwähnung als ”moderkerke” eindeutig. Auch
das Vorhandensein von sogenannten Leichenwegen, die von den Fi-
lialkirchen zur Mutterkirche verliefen, sind ein Beweis der ehemali-
gen Abhängigkeit. Für den Fiskus Gemmenich gestaltet sich jedoch
die eindeutige Bestimmung der Mutterkirche recht schwierig. Die
Pfarrkirche hatte früher als wesentliches Merkmal das Tauf-
Begräbnis- und Zehntrecht. Leider finden wir für den hier bespro-
chenen Raum keine Leichenwege, die, wie bereits erwähnt, zu einer
bestimmten Kirche führten. Selbst die in diesen Orten noch vorhan-
denen alten Grabsteine lassen diese Fragen offen. Erwähnen muß
man hier jedoch, daß es zwischen dem Gute Krakauen und Kosen-
berg einen ”Liekweg” gibt, der seinen weiteren Verlauf über die
Bambuschstraße in Richtung Moresnet vermuten läßt.
Es gibt aber genügend Beispiele in der näheren und ferneren
Umgebung, namentlich in den Ardennen, wo die Königsdomänen-
kirche für die im Filialbezirk liegenden Dörfer und Weiler Mutter-
kirche wurde, die meist in nachkarolingischer Zeit entstanden wa-
ren. Für Gemmenich könnte dieses Beispiel ebenfalls zutreffen, wo-
bei man auch an eine Änderung des Pfarranges denken sollte, wie
ebenfalls einige ähnlich gelagerte Fälle zeigen. (10)
Die in den diesbezüglichen Akten und Urkunden häufig anzu-
treffende Wendung : ”NN. sub Gemmenich” lassen den Schluß zu,
daß die Mutterkirche für den hier besprochenen Raum in Gemme-
nich zu suchen ist. Die Bank Montzen ist eine verhältnismäßig späte
Einrichtung, die man im Vergleich zu Walhorn als eine recht frühe
Gründung, von daher nicht als Sitz der Mutterkirche ansehen kann.
Auch das junge Stephanspatrozinium der Montzener-Kirche spricht
dagegen.
15
In einer Auseinandersetzung zwischen dem Marienstift und
Vaals in den Jahren 1402/03, befiehlt Herzog Philipp von Burgund
dem Seneschall von Limburg, diesen Streit zwischen dem Marien-
stift und Vaals ”sub Gemmenich” zu schlichten. Ahnliche Hinweise
lassen sich auch für Moresnet ”sub Gemmenich” belegen.
Die im Erzdiakonat Hasbanien im 12. und 13. Jahrhundert er-
folgte Trennung einiger Filialkirchen von der zugehörigen Mutter-
kirche und die Zuweisung von Sondervermögen an die Dignatäre
des Marienstifts lassen infolgedessen vermuten, daß gewisse Kir-
chen eine Rangänderung erfahren haben. Dabei ist für Gemmenich
denkbar, daß die dem hl. Hubertus geweihte Kirche den Rang als
Mutterkirche eingebüßt hat. (S. dazu R. Nolden, Besitzungen und
Einkünfte des Aachener Marienstifts, ZAGV, 86-87, S; 316.
Fußnote 8).
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Eines der ältesten Steinkreuze des Gemmenicher Raumes steht auf Schroubbel i.d.
Nähe des Friedhofs.
16
Die Kirche von Gemmenich ist dem hl. Hubertus geweiht, an
dessen Verehrung neben der alten Bezeichnung ”St. Huprechts-
berg”, die wir schon in der ältesten Grenzbeschreibung für den jetzt
außerhalb der Gemeinde gelegenen Vaalser Berg finden, vor allem
der bereits erwähnte ”St. Hubertushof” erinnert. Das Hubertuspa-
trozinium ist regional bedingt, Hubertus wurde 705 Nachfolger des
Lambertus auf den Bischofsstuhl von Maastricht (Tongern) und
nahm die Verlegung des Bischofssitzes nach Lüttich vor, Er starb
727. 825 wurden seine Gebeine in das Ardennenkloster überführt,
das daraufhin seinen Namen in ”St. Hubert” änderte. (11) Die Kir-
che selbst scheint allein auf Grund der Tatsache, daß sie mit allen
anderen Kirchen des Herzogtums Limburg anläßlich des Todes von,
Herzog Philipp dem Guten im Jahre 1467 an drei Tagen zu läuten
hatte und gemäß ihrem Rang als ”ecclesia media” keine unbedeu-
tende Kapelle zu sein. Der Küster Jan Herrn wurde, wie das Rech-
nungsbuch des Rentmeisters ausweist, für das Läuten an diesen Ta-
gen besonders entschädigt. Leider können wir über die Größe und
das Aussehen dieser Kirche keine Angaben machen. Lediglich das
Vorhandensein von Fundamentresten, die beim Neubau der Kirche
im letzten Viertel des Achtzehnten Jahrhunderts zu Tage traten,
zeugen davon, daß der ”Hubertusknupp” immer ein religiöses Zen-
trum des Gemeinwesens war. Die frühe Besiedlung dieses Hügels
beweist eine Eintragung im Kataster Maria Theresias. Es heißt da :
.... "gelegen an die ”Gimmenich” beim Garten des Pastors. Es könn-
te ein Hinweis auf die Ursprünge einer ersten Besiedlung des Ortes
sein.
Die Belagerung Gemmenichs im Jahre 1589 scheint für den
Kirchenbau nicht ohne ernste Folgen gewesen sein. Pfarrer Henri-
cus Aubel hat nämlich, nach einer Eintragung in den Kapitelsproto-
kollen des Aachener Marienstifts, wiederholt den ”ruinösen Zu-
stand” seiner Kirche angemahnt. Es heißt da : ...”Was die Repara-
tion chori ecclesiae in Gemmenich berührt ist Goswin zu schreiben,
derweil ein Ehrwürdiges Kapitel den Zehnten zu Gemmenich nit
hatt, sondern dieselbigen den Herrn Scholaster vor zwei und dem
Herrn Pastor allda vor ein dritteteil zustehen. Der Herr Scholaster
auch das seine ratione manus p. ... Ecclesiae wirklich geleistet, dar-
um auch das ruinöse chori durch andere verursacht, welche unbil-
lich solche reparation ein Ehrwürdiges Kapitel aufzudrengen, son-
dern wäre solches bei denen zu suchen welche dazu gehalten.” Das
Kapitel wehrt sich gegen eine Beteiligung, weil vom Jahre 1613 an
die Einkünfte nur noch zwischen dem Scholaster dem Pfarrer aufge-
teilt werden. Danach erhielt der Scholaster zwei Drittel und der
(8
Pfarrer ein Drittel zugewiesen. Bis zu dieser Neuregelung hatte das
Kapıtel die eine Hälfte erhalten, während der Scholaster und der
Pfarrer sich die andere geteilt hatten. Jedoch vom Jahre 1624 an er-
hielten das Kapitel und der Scholaster je zwei Fünftel, der Pfarrer
das verbleibende Fünftel. Somit waren die Bitten des Pfarrers auf
Unterstützung durch das Kapitel des Marienstiftes nicht unberech-
tigt. Dieses versuchten jedoch, die gewünschte Beteiligung an den
Baukosten nach dem Verursacherprinzip abzuwälzen. Im Kapitels-
protokoll vom Juni 1626, findet sich eine weitere interessante Ein-
tragung : ... ”Als der Pastor in Gemmenich Dominus Henricus Au-
bel supplizierende Angaben nachdem der Chorus Ecclesiae ganz
und gar ruinöß, dahero abgebrochen und wiederumb de neue aufge-
baut werden mußte, und das seine geringen Mittel dazu nit ausreich-
ten, mußte er anderer guter Herren und Leute Beisteuer implorie-
ren. Derwegen dann auch ahn ein Ehrwürdiges Kapitel seine demü-
tige Pitt, ihm zu gunsten und etwas großgünstiglich beizusteuern.
Hierauf folgt ein Ehrwürdiges Kapitel Ihme Supplikanten, allein ex
mera gratia, zu mahl keine Schuld hat derwegen er auch nit in con-
sequentiam zu ziehen, vor diesmall 10 Reichstaler annuiert und als
Priulium zahlen.”
Geht man davon aus, daß Pfarrer Henricus Aubel nach seiner
Einführung im Jahre 1619 die Kirchenbücher anlegte (Tauf-Heirats-
und Sterbebücher), so kann man annehmen, daß er der erste residie-
rende Pfarrer in Gemmenich war. Die Führung dieser Bücher wur-
de den Pfarrern durch das Konzil zu Trient zwingend vorgeschrie-
ben. Die tatsächliche Durchführung ließ jedoch, wie wir aus der Er-
fahrung wissen, noch Jahrzehnte auf sich warten. Ob Ulricq Lohe, der
uns aus einem ”Jahrgedächtnis - und Einkünftsbuch” bekannt ist -er
wird 1617 erwähnt - bereits solche Bücher geführt hat, ist leider
nicht festzustellen. Sie könnten, wie in so vielen Kirchen des Her-
zogtums, den Brandschatzungen des Jahres 1589 zum Opfer gefal-
len sein.
Ein Pfarrer Johannes Erckelenz (oft auch irrtümlicherweise Er-
kelius gelesen) der in der Literatur erwähnt wird, scheint allenfalls
ein nicht residierender Pfarrer gewesen zu sein, denn sein Name
taucht häufig im Zusammenhang mit Verwaltungsaufgaben des Ka-
pitels auf. So auch in der Bank Walhorn, die er im Auftrage des Ka-
pitels zu visitieren hatte. Pfarrer Johannes Erckelenz verdanken wir
eine aus älteren Büchern und Registern zusammengestellte Liste der
i.J. 1551 in Gemmenich zu lesenden Jahrgedächtnisse sowie der
Einkünfte des St. Barbara-Altars, der Kirchengüter und der Bruder-
schaften des Hl.Hubertus und der Hl. Anna.
18
Bei dem von ihm angelegten Verzeichnis, in dem etwa 70
Meßstipendien aufgeführt sind, handelt es sich in erster Linie um ei-
ne Kontrolle der Einkünfte aus diesen Stiftungen. Einer Eintragung
aus dem Jahre 1617 entnehmen wir, daß der Stifter Jan Rump mit
seinem Sohn Peter zur Stiftung eines Kapitals von 25 Talern ersatz-
weise 2 Faß Roggen ”zu Nutz des Pastors und obgemelter Verstor-
bener Gedechtniß” vor den Hauptaltar sein Versprechen in die
Hand des Pastors Ulricq Lohe geben mußte. i
Aus dem genannten Verzeichnis können wir auch einige bisher
namentlich nicht bekannte Gemmenicher Seelsorger entnehmen,
und zwar :
— Leonardus Palm, ”rector et pastor”, verstorben im Okt 1500; %
— Ger(h)ardus Pyr, Vorgänger von Joh. Erckelenz;
— Pfr. Laurentz, 1608 erwähnt.
Pfarrer Henricus Aubel vermerkt in seinen Kirchenbüchern ei-
nige Details, die auf die schlimmen Verhältnisse in der Zeit der Reli-
gionskriege einen Hinweis geben. So fielen im Böhmischen Kriege in
den Jahren 1620 und 1621 fünf Angehörige seiner Pfarre : ”Crin pe-
ters sohn op daß heidtgen, Theiß Filius Jois Krain, Wintgen in die
Schmeidt, Adam Jan, Jenneß Sohn und Henricus moeß.” Mit dem
Eindringen der Kalvinisten in unsere Heimat, die im Jahre 1636 ei-
nen ”Glaubenskrieg” gegen die hier angestammte katholische Bevöl-
kerung führten, mußte auch Pfarrer Henricus Aubel seine Pfarre bis
zum Jahre 1639 verlassen. Er ging ins Exil in die nahegelegene
Reichsstadt Aachen, die einen befestigten Schutz bot. Ihm folgten
viele Bürger unserer Gegend, so daß zwei Drittel der Bevölkerung
auswanderten, ihre Höfe im Stich ließen und damit auch ihr Land
brach lag.
In der Tat finden sich namentlich in den Kirchenbüchern der
Pfarre St. Peter, Aachen, einige Hinweise auf die vor den Niederlän-
dern geflüchteten Einwohner unseres Gebietes, die durch den Gem-
menicher Pfarrer H. Aubel in Aachen getraut werden. So. z.B. Pe-
trus Kerff und Barbara Geuljans, beide aus Gemmenich, oder Jo-
hannes Heern aus Gemmenich und Maria Melckers aus ”Pardshei-
de Moresnet auf der Kelmiser straet”.
Der Neubau, beziehungsweise die Reparatur der Kirche,
scheint trotz der großen Not, die damals herrschte, durch den Opfer-
willen der gläubigen Bevölkerung verwirklicht und durchgeführt
worden zu sein. Nach einem Protokoll des Archidiakons, der im Juli
19
des Jahres 1658 die Gemmenicher Pfarre zu visitieren hatte, heißt es
nämlich, daß das Chor ”neu und schön ist”, jedoch der Rest der Kir-
che sei alt und seine Mauern müßten weiß gestrichen werden.
Die Visitationsaufgaben fielen nach einem Weistum des Jahres
1331 dem Decanus Christianitatis zu. Es war der Landdechant des
Dekanates Maastricht, damals der Pfarrer von Vise. Ein solches
Protokoll aus dem Jahre 1624 bezeugt sogar, daß es damals in Gem-
menich eine Schule gab, in der der Küster den lernbeflissenen Kin-
dern Unterricht zu erteilen hatte. Den Reichen für Geld, den Ar-
men um Gottswill, (8) Der Bevölkerungszuwachs im achtzehnten
Jahrhundert ließ den Wunsch reifen, ein neues und größeres Gottes-
haus zu bauen, das den wachsenden Anforderungen gerecht werden
sollte. Der in der näheren und weiteren Umgebung besonders her-
vorgetretene Architekt Moretti, dem zu Ehren in Vaals eine Straße
benannt wurde, erhielt vom Kirchenmomber den Auftrag, ein neues
Gotteshaus zu planen und zu bauen.
Auf Bitten des Pfarrers von Gemmenich und der gewählten
Gemeindevertreter begab sich der Aachener Architekt Joseph Mo-
retti am 21.3.1764 nach Gemmenich, um den baulichen Zustand
der dortigen Pfarrkirche zu untersuchen. In seinem Bericht schreibt
Moretti, er habe die Kirche in schlechtem Zustand gefunden,
Mauern und Turm seien baufällig, die Kirche auch zu klein, um die
Gläubigen, 630 Kommunikanten und 270 Kinder, aufzunehmen.
Sie haben eine Grundfläche von 789 Quadratfuß. Sie könne nur 140 Gläu-
bige fassen, und er wage zu behaupten, daß sie, aus der Nähe be-
trachtet, nicht wie eine Kirche aussehe. Anderen Messungen zufol-
ge hatte die Kirche 33 Fuß Länge und 24 Fuß Breite (= 792
Quadratfuß). Moretti fertigte einen Plan des alten Gotteshauses an.
Derselbe ist leider bisher nicht gefunden worden. Der Pfarrer von
Herve, P.A. Michelet, Offizial von Hasbanien, bestätigt die Aussa-
gen Morettis, desgleichen die zu Zeugen berufenen Pfarrer J.B.
Probst aus Montzen und F.J. Jordeux, Pfarrer von Charneux.
Moretti baute eine Kirche im
Stile der Zeit, die in ihren ursprünglichen Formen und Proportionen
sehr harmonisch wirkte. Leider hat man bei der Vergrößerung der
Kirche im Anfange dieses Jahrhunderts (1906) diese Harmonie so
erheblich gestört, daß man diesen ”Annexbau” als fremd empfindet.
20
Ein ausgedehnter Rechtsstreit war dem Neubau vorausgegangen,
sodaß sie erst im Jahre 1840 durch Monsignore Laurent konsekriert
werden konnte. Dieser Gemmenicher Pfarrer ist als Titularbischof
von Chersones sowie als apostolischer Vikar von Hamburg und Lu-
xemburg bekannt geworden. Er hat in den Jahren von 1835 bis
1839 in Gemmenich gewirkt.
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Diese Tür eines Bauernhofs auf ”Schroubbel” stammt aus der alten Kirche.
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Ein imposanter Fachwerkbau : die Wirtschaftsgebäude des Hofes Tersassen
(Nicolaye-Taeter). Die Bezeichnung ”Tersassen”” steht neben derjenigen von ”Rid-
dersassen”, die von einem Nachbarhof beansprucht wird.
Zwei Kapellen werden bereits im Jahre 1624 in Gemmenich er-
wähnt. Die in Völkerich und Terstraeten befindlichen Kapellen
sind der hl. Maria beziehungsweise der hl. Anna geweiht. Die hl.
Anna und Mutter Mariens, erfreute sich im Herzogtum Limburg
über Jahrhunderte einer besonderen Verehrung.
Die Landwirtschaft und insbesondere die Viehzucht, bildeten
einmal die Haupterwerbsquelle der Bevölkerung, deren Produkte ih-
rer ausgezeichneten Qualität wegen einen reichen Absatz fanden.
Auch die Gemmenicher Bauern hatten einst in der nahen Stadt Aa-
chen ihren festen Kundenstamm, den sie einmal in der Woche mit
dem Korb im Arm oder ihn auf dem Kopfe tragend, belieferten.
23
Die Galmeigrube und die Kalk- und Steingewinnung sowie die
Tuchindustrie in der Umgebung boten einer weiteren Bevölkerungs-
gruppe Arbeit und Brot. Die sich ständig verändernden Verhältnisse
auf dem Arbeitsmarkt, besonders die Schließung der traditionellen
Erwerbsstätten, brachten ein Auspendeln der Erwerbstätigen in an-
dere Berufszweige der weiteren Umgebung mit sich. Der Aachener
Arbeitsmarkt und auch die Technische Hochschule sind ein begehr-
ter und traditioneller Arbeitsplatz für viele Menschen unserer Ge-
gend.
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Die letzte durch Wasserkraft betriebene Mühle an der Göhl : die ”Alte Mühle”
an der Ortsgrenze Gemmenich - Sippenaeken.
24
Seit dem Jahre 1939 hat sich die Bevölkerungszahl nur unwe-
sentlich verändert. Von etwa 1000 der Franzosenzeit hat sich die
Zahl der Einwohner auf etwa 2500 erhöht, während sie sich bis
1975 nur auf 2561 vermehrt hatte. Man kann daraus schließen, daß
die Einwohner sehr bodenständig geblieben sind.
Ein bedeutender Sohn der Gegend, der Komponist Caesar
Franck, dessen Vater aus Völkerich gebürtig war, hat stets gern auf
dem Stammsitz seiner Vorfahren geweilt. Seine Familie findet schon
im ersten Kirchenbuch des Jahres 1619 Erwähnung.
Nach der Gebietsreform im Jahre 1976 verlor die Gemeinde
Gemmenich ihre Selbständigkeit. Die Fusion mit den Nachbarge-
meinden bestimmte, daß von nun an das Gemeinwesen Gemme-
nich zur Großgemeinde Bleiberg (Plombieres) gehört.
Quellen und Anmerkungen
1) Maria Cranshoff, Aachen als Mittelpunkt bedeutender Straßenzüge zwischen
Rhein, Maas und Mosel in Mittelalter und Neuzeit, in ZAGV, 51, S. 24 ff.
2) Th. J. Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, 1, 75
3) Ebd., 1, 178
4) Stadtarchiv Aachen, Handschriften 332, Blatt 2 (C)
5) J. Oppenhoff, Vaalsbruch und Malensbruch, in ZAGV, 56, S. 29
6) Pfarrarchiv Holset, Rentregister der Herrschaft Einrade
7) F. Pauquet, der Königshof Geminiacum, in Jahrbuch Eupen-Malmedy-St. Vith,
1. 1966, S. 163 ff.
8) E. Flas, Quelques siecles de vie paroissiale, Gemmenich 1975, S.5
9) Reiner Nolden, Besitzungen und Einkünfte des Aachener Marienstiftes, in
ZAGV, 86-87
10) M. van Rey, Die Lütticher Gaue Condroz und Ardennen im Frühmittelalter,
Rheinisches Archiv, 102, Bonn, 1977.
11) H. Müller-Kehlen, Die Ardennen im Frühmittelalter, Veröffentlichungen des
Max-Plank-Instituts für Geschichte, Bd. 37, Göttingen 1973.
12) Pfarrarchiv Gemmenich
— Vorstehender Beitrag fußt auf einem Manuskript von D' W. Mummenhoff,
das uns freundlicherweise vom Aachener Geschichtsverein überlassen wurde.
— Reproduktionen und Fotos von Alfred Jansen, Moresnet.
25
Die Eisenbahnstrecke von Aachen-
West nach Welkenraedt über Gem-
menich, Bleyberg und Moresnet
| von A. Jansen
| Aus der Geschichte des Bleyberger Bergbaues (s. dazu : Peter
| Zimmer, ”Bergmannslos” in ”Im Göhltal” Nr. 33 S. 43) wissen wir,
| daß es sich hier um einen ausgedehnten Industriekomplex handelte,
wo nicht nur Bergbau betrieben, sondern wo auch das Erz an Ort
und Stelle verarbeitet wurde. Im Jahre 1864 baute die Werkleitung,
die durch Fusion jetzt den Namen ”Escombrera” trug, zusätzlich ei-
ne Hochofenanlage, die es ermöglichte, aus Spanien und aus ande-
ren Erdteilen herangeführte Erze zu verarbeiten. Möglich war dies je-
doch nur durch die Entwicklung der Eisenbahn, deren Netz sich im
vorigen Jahrhundert von Tag zu Tag verdichtete.
Die Strecke Aachen-Lüttich bestand schon seit 1843, und es ergab
sich so die Möglichkeit, mittels Pferdefuhrwerken von einem nahe-
liegenden Bahnhof das Material zum Werk nach Bleyberg zu schaf-
fen.
Auf lange Sicht war dies nun doch keine Lösung, und so er-
suchte der damalige Bergwerksdirektor Remy Paquot den belgi-
schen Staat um die Erlaubnis, eine Bahnstrecke von Welkenraedt
| bis Bleyberg und eine eventuelle Verlängerung bis Aachen bauen zu
dürfen.
Warum bis Aachen? Aachen mit seinem Hinterland war Ab-
satzgebiet für die Produkte aus Bleyberg und in umgekehrter Rich-
tung kam aus dem Aachener Kohlenbecken das Brennmaterial für
die Hochöfen, das bis dato per Pferdefuhrwerk über den Hügel-
| rücken am Dreiländerpunkt herangeschafft wurde.
Dem Antrag wurde stattgegeben, und durch Königlichen
Beschluß vom 26.6.1869 erhielt Remy Paquot die Bewilligung zum
| Bau einer Eisenbahnlinie, die von Welkenraedt bis zur preußischen
Grenze führen sollte. Unter anderem ist in dem Vertrag die Bedin-
| gung enthalten, daß die neue Linie durch die Ortschaften Moresnet,
Bleyberg und Gemmenich bzw. in deren Nähe laufen solle.
Herr Paquot verpflichtete sich, die Strecke auf eigene Kosten
zu bauen; dafür beließ ihm der belgische Staat während 90 Jahren
1
26
die Hälfte der Bruttoeinnahmen jeglicher Art, die auf der Strecke
eingefahren würden.
Zusammen mit dem Bankhaus Jules Delloye Tiberghien aus
Brüssel wurde nun die ”Societe Anonyme de chemin de fer Belgo-
Prussienne” gegründet. 4000 Aktien und 10.000 Pfandbriefe brach-
ten das notwendige Kapital zusammen.
Mit dem Bau der Strecke wurde die ”Bergisch-Märkische Ei-
senbahn”, Elberfeld, beauftragt.
Warum diese Gesellschaft? Ganz einfach, weil der Bahnhof ”Tem-
plerbend” diesem Unternehmen gehörte und der ”Templerbend”
s Ausgangspunkt für das Teilstück bis zur belgischen Grenze war.
Von preußischer Seite kam man dem Projekt sehr entgegen, da
durch diese Bahnlinie ein ausgiebiger Warenaustausch in Aussicht
war. So unternahm man jenseits der Grenze die notwendigen Schrit-
te, dem Plane zum Erfolg zu verhelfen.
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Der Bahnhof Templerbend
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Welche Arbeiten fielen an und welche Hindernisse waren zu
beseitigen, um diese Strecke zu verlegen?
Vom Ausgangspunkt Templerbendbahnhof bis zur Grenze
war außer dem aufzuwerfenden Bahndamm der Bau von zwei
Brücken vorgesehen, und zwar über die Junker- und über die Vaal-
ser Straße. Weit umständlicher erwiesen sich die Grundenteignun-
gen, die für die Bahnstrecke notwendig waren. Die vorgesehene
Trasse verlief teils auf Aachener und teils auf Laurensberger Gebiet.
Für den Aachener Teil wurden 26 Enteignungsverfahren eingelei-
tet, wovon die Baufirma Nepomuk Brockhoff besonders betroffen
war. Dieselbe setzte denn auch dem Eisenbahnplan einen erhebli-
chen Wiederstand entgegen, allerdings ohne Erfolg.
Auf den Laurensberger Teil entfielen 23 Enteignungen. Als im
Jahre 1913 Vorkehrungen getroffen wurden, die Bahnstrecke dop-
pelgleisig zu verlegen, wiederholte sich zwangsläufig bei den Enteig-
nungen dieselben unangenehmen Begleiterscheinungen wie in den
Jahren 1870-72. Außerdem wurde zusammen mit der zweiten Gleis-
anlage auf Laurensberger Gebiet eine Wegunterführung bei Km 2,2
beschlossen. (Vermutlich war es die Unterführung des Gemmeni-
cher Weges.)
Dem Bau der Strecke bot sich aber noch ein anderes Hindernis,
und zwar der Durchbruch durch die Stadtmauer zwischen Königs-
tor und Vaalsertor. Es mutet fast wie ein Witz an, daß vor gut ei-
nem Jahrhundert die Eisenbahn, für die damalige Zeit ein hochmo-
dernes Verkehrsmittel, sich durch eine aus dem Mittelalter stam-
mende Stadtmauer einen Weg bahnen mußte. Doch damit nicht ge-
nug, das Militär mußte ein Gutachten erstellen, ob dieser Mauer-
durchbruch nicht eine Schwächung der Stadtverteidigung darstellte.
Diese Bedenken wurden aber in einem Brief vom 24.5.1871 an die
interessierten Verwaltungen zerstreut. Es heißt darin u.a. : ”Nach-
dem das Königliche Oberkommando in Coblenz infolge unserer An-
frage die Erklärung abgegeben hat, daß in militärischer Hinsicht ge-
gen den Durchbruch nichts einzuwenden ist, erteilen wir hiermit die
Erlaubnis ...”
Diese Hürde war also genommen. Blieben nur noch die Zoll-
und die Steuerbehörde, die ebenfalls ihre Bedenken anmeldeten und
befürchteten, daß durch die Bresche in der Mauer der Schmuggel
Auftrieb bekommen könnte. Es galten nämlich in der damaligen
Zeit besondere Einfuhrbedingungen für Mahl- und Schlachtproduk-
te.
28
In welchem Dilemma sich die verschiedenen Instanzen befan-
den, ergeht aus dem folgenden Brief :
”Gemäß der mir von einem Mitgliede der genannten Direktion ge-
machten mündlichen Mitteilung hofft man, daß die Bezahlung be-
sonderer Bewachungskosten wenigstens für die Zeit der Benutzung
des Durchbruchs bei Tage nicht werde gefordert werden. Da in der
That auf der fraglichen Seite der Stadt kein gewerbsmäßiger Ein-
schleif von mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Gegenständen statt-
findet, weil von derselben bis zur Landesgrenze nur die kleine Ort-
schaft Vaalserquartier, sowie einzelne Höfe liegen und dort nirgends
eine Mehl- oder Fleischhandlung oder ein Metzger sich befindet, da
ferner unweit jener Stelle die vom Bahnhof Templerbend nach dem
Marschiertor führende Eisenbahn den Stadtverschluß durchbricht,
Ohne daß der Durchgangspunkt durch ein Thor abgeschlossen, auch
der Zugang nach dem Bahnhof Templerbend auf den von Außen
kommenden Geleisen ebensowenig abgesperrt ist; und da endlich
der obere Theil der Stadt und ganz Burtscheid vollständig offen ist;
so scheint es mir unbedenklich von der Annahme eines Hülfs-
Steuer-Aufsehers zur Bewachung des besagten Durchbruchs bei Ta-
ge Abstand zu nehmen und diese Stelle lediglich der allgemeinen
Aufsicht zu unterwerfen, zumal der Thorwächter an dem kaum 120
Schritte weit entfernten Königsthor hierzu mit verwendet werden
kann. Dagegen möchte es sich immerhin empfehlen den gen. Durch-
bruch für die Dauer des Baues mit einem Bretterthor zu versehen,
welches der gedachte Thorwächter für die Nacht unter amtlichen
Verschluß zu halten hätte. Außerdem wäre der Bauunternehmer
durch die Eisenbahndirektion protokollarisch dahin zu verpflichten,
daß er nach Kräften jedem Versuche seiner Arbeiter sowie des Pu-
blikums, den Durchbruch zu einer Steuerdefraudation zu benutzen,
entgegen zu treten habe. Sollte später der Durchbruch während des
Baues auch zur Nachtzeit offen gehalten werden müssen, so wäre
wohl die Annahme eines Diätars (Angestellter auf Zeit) auf Kosten
der Eisenbahndirektion zu verlangen.”
Man tat sich schwer in der guten alten Zeit.
Die wohl größte zu überwindende Schwierigkeit bei der projek-
tierten Bahnlinie war zweifelsohne der Tunneldurchbruch durch
den Berg am Dreiländerpunkt.
Lange zuvor, noch ehe unten in der Stadt die Meinungsver-
schiedenheiten beigelegt waren, hatte man oben im Berghang mit
den Ausschachtungsarbeiten begonnen. Dieses Bauwerk wurde in-
29
nerhalb von zwei Jahren geschaffen. Die Untersuchungen der Boden-
verhältnisse ergaben zwar kein kompaktes Gestein, man konnte
aber nach guter Absicherung und Verbauung den Tunneldurch-
bruch in Angriff nehmen.
Bis zum eigentlichen Tunneleingang mußte auf einer Länge
von zirka 300 m das Gelände tief eingeschnitten werden. Der
Durchbruch durch den Berg ergab eine Gesteinsmenge von 65.909
cbm. Aber wohin mit dieser Masse? Eine Gleisverbindung mit dem
Bahnhof Templerbend bestand noch nicht. Es mußte also in der Nä-
he des Tunneleinganges ein Gelände ausfindig gemacht werden, wo
die Gesteinsmassen aufgeschüttet werden konnten.
Eigentümerin des ganzen Areals rund um den Tunneleingang
war die Königliche Forstverwaltung des Regierungsbezirks Eupen,
und so wandte sich die Bergisch-Märkische Eisenbahnverwaltung
an dieselbe, um in irgendeiner Form eine Lösung zu finden. Die
Forstverwaltung bot der Eisenbahngesellschaft einen Pachtvertrag
an, worin es hieß, man wolle für die einmal zu zahlende Summe von
48 Talern, 11 Silbergroschen und 9 Pfennigen obengenannter Ge-
sellschaft eine Parzelle von einem Morgen, (= 0,25532 Hektar) ver-
pachten zwecks Ablagerung der ”Tunnelausbruchmasse”.
| Die Eisenbahnverwaltung war mit dem Vorschlag einverstan-
den und in dem aufgestellten Pachtvertrag heißt es in Art. I:
”Die Königliche Forstverwaltung verpachtet der Königlichen
Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Direktion im Forstdistrikt
Preuswald, Jagen 53, Schlag 20, einen Morgen = 0,25532 ha.
große Fläche zur Ablagerung ...” (Jagen ist ein von geraden recht-
winklig sich kreuzenden Schneisen begrenzter Waldteil.)
Dies läßt die Vermutung zu, daß der Preuswald zur Zeit des
Tunnelbaues viel ausgedehnter war, als dies heute noch der Fall ist.
Nach Beendigung des Tunnelbaues fiel die gepachtete Fläche samt
Abraum wieder an die Forstverwaltung. Was daraus geworden ist,
kann man bis auf den heutigen Tag noch sehen. Wenn man an ”Gut
Reinartskehl” durch die Bahnunterführung geht, dann nach rechts
abbiegt, steht man nach 100 m vor einem zirka 50 m breiten und 15
bis 20 m hohen steil aufragenden Hügel : Es ist die ehemalige Ab-
raumhalde des Tunnelbaues (Siehe Foto).
Doch zurück zu diesem Tunnelbau. Das Mauerwerk desselben hat
unterschiedliche Dicken von 0,77 bis 0,94 m und stellt einen Inhalt von
20.000 m’ dar. Während einer gewissen Zeitspanne schafte man bis zu
100 m pro Tag. An Holz hat man für den Bau 3957 m* und an Bohlen
43.348 m? verbraucht. Diese Holzmenge diente “ausschließlich
31
große aus Ziegelsteinen gebaute Mauerflächen umrahmen den Tun-
nelbogen und stützen das steilabfallende Erdreich ab. Dagegen ist
der Eingang auf preußischer Seite ganz anders gestaltet. Derselbe
wird beiderseits von sechseckigen Türmen flankiert, die in der obe-
ren Hälfte Schießscharten andeuten und mit einer Zinnenkrone
abschließen. Zwischen die Türme, über dem eigentlichen Tunnelein-
gang, sind 13 rundbogige Kragsteine angebracht; das darüber be-
findliche Mauerwerk schließt ebenfalls mit Zinnen ab. Das Ganze
gleicht auf den ersten Blick dem Zugang zu einer mittelalterlichen
Burg. Es drängt sich der Vergleich mit dem Bahnhof Templerbend
auf.
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Der Eingang des Tunnels auf deutscher Seite
Eine viel umfangreichere Infrastruktur ergab sich auf belgi-
scher Seite schon wegen der viel längeren Strecke sowie durch das
sehr hügelige Gelände, welches die Bahnstrecke durchqueren
mußte. Da war zuerst die Überbrückung des Weges von Gemme-
nich zum Dreiländerpunkt, dann die Brücke, die vom Bleyberger
Weg zur ”Schrubbel” abzweigte. Etwas weiter folgte die Unterfüh- |
rung des Weges Völkerich-Sippenaeken, sodann die schmale Durch- |
fahrt des Belle-vue Weges. In Bleyberg wurde dann ein achtbogiger /
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Die Schrubbel-Überführung in Völkerich. Hier ist die Bahnlinie inzwischen durch
Anschüttung nivelliert worden.
Viadukt mitten durch das Industriegelände gebaut (siehe Göhltal-
heft N° 32, S. 94 ”Ein Stück Vergangenheit”) Noch in Bleyberg
selbst benötigte man drei Brücken um der Mäander des Göhlbaches
Herr zu werden. Außerdem wurde an der letzten Brücke zusätzlich
eine Unterführung für Weidevieh eingeplant.
Natürlich war die ganze Trasse durch Dämme und Gelände-
einschnitte einzuebnen. Zum Schluß war dann noch die Überque-
rung der Straße Aachen - Lüttich zu bewerkstelligen.
Ansonsten kreuzte die Bahnlinie an elf Stellen das Straßennetz,
es waren : die Straße nach Vaals am Bahnhof in Gemmenich, dann
jenseits derselben Haltestelle die Straße nach Sippenaeken, es folgte
die Straße nach Bleyberg in Höhe der ”Overloker”. An der Ruine
”Schymper” durchlief ein Fuhrweg die Eisenbahnlinie; man konnte
ihn als Wieseneingang bezeichnen. Moresnet benötigte zwei Über-
T
36
Als Herr Remy Paquot die Konzession für die Errichtung der
Eisenbahnlinie erwarb, verpflichtete er sich, das Unternehmen
”Vieille Montagne” in Altenberg mit seinem Erzbau in das Eisen-
bahnnetz einzubeziehen. Die Strecke wurde jeden Tag von einem
Güterzug befahren; in den zwanziger Jahren wurde sie auch für den
Personenverkehr eingerichtet. Eine Lok mit vier kleinen, sozusagen
aus der Gründerzeit stammenden Waggons, machte den Pendelver-
kehr, Moresnet - La Calamine, wie es jetzt hieß. .
Bis zu diesem Zeitpunkt mußten die Leute, die im Innern des
Landes ihrer Beschäftigung nachgingen, morgens und abends den
Weg nach Moresnet und zurück machen, um ein Transportmittel
bis zu ihrer Arbeitsstätte zu haben. (Siehe Göhltalheft N° 33, Berg-
mannslos, P. Zimmer, S. 53).
Bleyberg war die letzte auf der Strecke vorgesehene Haltestelle.
Dieser Bahnhof war der bedeutendste auf der ganzen Linie, allein
schon wegen des sich dort befindlichen Erzabbaues und der von
außerhalb zum Verarbeiten herangeführten Mineralien. Im Gegen-
satz zu den andern Bahnhöfen, die als Mittelstück ein doppelge-
schossiges Gebäude aufwiesen, an dessen Seiten sich Erdgeschosse
anreihten, war Bleyberg von anderer Konstruktion. Einen langge-
streckten flachen Mittelbau flankierten zwei mit einer Etage verse-
hene Gebäudeteile, deren Kanten aus großen Quadersteinen bestan-
den und deren Giebelwände treppenförmig endeten, was dem gan-
zen Komplex einen imposanten Eindruck verlieh. Zudem war der
Bahnsteig zusätzlich mit einem schützendem Glasdach versehen.
Das langgestreckte Mittelstück zierte außerdem in der Mitte ein
treppenförmiger Aufsatz. Übrigens war der Bahnhof der Klasse I
zugeteilt.
Von Bleyberg aus wand sich die Eisenbahnlinie in einer
Rechtskurve über den Viadukt nach Gemmenich hinauf. Und die
Überraschung ist fällig : für die Ortschaft Gemmenich ist kein Bahn-
hof vorgesehen. Es klingt fast unglaublich : der Schienenstrang ver-
läuft sozusagen mitten durch das Dorf, aber kein Zug hält dort. In
der Folge setzte nun ein sich über Jahre hinziehender Papierkrieg
ein; daß Gemmenich dann schließlich doch noch zu einem Bahnhof
gekommen ist, ist nicht zuletzt dem Bemühen der Gemeindeverwal-
tung von Vaals und der Unterstützung des Gouverneurs von Maas-
tricht zuzuschreiben. Die Frage stellt sich nun : Was für ein Interes-
se hatten die Holländer an einer Bahnhaltestelle in Gemmenich?
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Der Bahnhof Bleyberg. Wie auf der großen Anschlagtafel (rechts im Bild) zu lesen
ist, bestand Verbindung nach ”’London via Ostende 3 mal täglich”.
Um sich ein klares Bild von der allgemeinen Lage im Süden der Nie-
derlande machen zu können, muß man sich in die zweite Hälfte des
vorigen Jahrhunderts zurück versetzen. Es war der Aufstieg der Ei-
senbahn. In Deutschland, Belgien, Frankreich und Holland wurden
Züge gebaut, Schienen verlegt und man hatte längst erkannt, daß
Handel und Wandel gepaart mit der Industrialisierung der Betriebe
eine Blütezeit bevorstand.
Was Wunder, daß jede Stadt und Gemeinde sich nun bemühte,
irgend einen Vorteil aus der sich anbahnenden Wirtschaftslage anzu-
streben! So versuchte denn auch der Gemeinderat von Vaals im Ok-
tober 1859 in einem Brief ”Aan de tweede Kamer der Staten Gene-
raal”, dieselbe darauf hinzuweisen, daß durch die geplanten und
schon gebauten Eisenbahnlinien, - abgesehen von der Linie
Roermond-Sittard-Maastricht-, Südlimburg in keiner Weise in das
Eisenbahnnetz einbezogen worden war. Das Schreiben hatte keinen
Erfolg; durch Vaals sind niemals Eisenbahnschienen verlegt wor-
den. Nun baute man im Jahre 1870, sozusagen vor der Haustür der
39
Gemeinde und in deren Hinterland, eine Bahnstrecke, die nur den
Nachteil hatte, an dem nächstgelegenen Ort, d.h. Gemmenich, kei-
ne Haltestelle zu besitzen. Es ging aber noch ein Jahrzehnt ins Land,
ehe sich der Gemeinderat von Vaals entschloß, dem belgischen Mini-
ster für öffentliche Arbeiten ein Gesuch zwecks Errichtung einer
Haltestelle in der Ortschaft Gemmenich zu unterbreiten.
In einem Brief vom 12. Oktober 1882 bestätigte der Gouver-
neur der Provinz Lüttich dem Bürgermeister der Gemeinde Vaals
die Weiterleitung der Anfrage, mit bester Empfehlung an den zu-
ständigen Minister. Unterstützt wurde die Vaalser Eingabe auch
durch ein Schreiben des niederländischen Gesandten vom 16. Dez.
1882. Doch vergebens, denn am 16. Juli 1884 wurde dem Gemein-
derat von Vaals mitgeteilt, daß der Bitte um Errichtung einer Halte-
stelle in Gemmenich ein abschlägiger Bescheid erteilt werden müsse.
Begründet wurde dies mit dem Hinweis, daß Bleyberg Zollstation sei
und infolgedessen sich zwischen der preußischen Grenze und Bley-
berg keine Haltestelle befinden dürfe, In wieweit sich der Gemeinde-
rat von Gemmenich eingesetzt hat, um nach Fertigstellung der
Strecke einen Bahnhof im Ort zu erhalten, habe ich nicht in Erfah-
rung bringen können.
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Der Bahnhof Gemmenich
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Irgendwie ist dann doch die Genehmigung zustande gekom-
men; irgendwann haben dann doch die Züge in Gemmenich gehal-
ten.
Das ”Journal d’Aubel” vom 21.3.1980, schreibt unter dem Ti-
tel : ”Il-y-a cent ans on lisait dans le "Journal d’Aubel : ”Gemmenich
va enfin etre dote d’une halte. On sait, que le chemin de fer
Verviers-Bleyberg-Aix passe au centre du village sans s’y arreter.
Toutes les demarches faites par les autorites communales sont res-
tees steriles. Or, voici que les autorites de Vaals, ville frontiere de
Hollande, appuy&es par M. le Gouverneur de Maestricht, intervien-
nent ä leur tour, pour demander l’etablissement d’une station ä
Gemmenich. Leurs demarches ont te couronnees de succes et le *
gouvernement accorde aux etrangers ce qu'il avait cru devoir refu-
ser aux Belges.”
Lapidar ins Deutsche übersetzt : Gemmenich erhält endlich
seinen Bahnhof, dank dem Einsatz der niederländischen Behörden.
Die Zeitung irrt nur im Datum, denn nachweisbar war bis 1884 im
Ort noch keine Haltestelle.
Am 26. Juli 1889 bestand aber der Bahnhof, denn die Gemein-
de Vaals bat in einem Brief an das zuständige Ministerium in Bel-
gien um Verbesserung der ohnehin unzulänglichen Bahnhofsanla-
gen. (Vermutlich waren die sanitären Einrichtungen gemeint.)
In dem Antwortschreiben vom 21.11.1889 an die holländische
Behörde, bedauert man, am Bahnhof Gemmenich, des unbedeuten-
den Verkehrs wegen, keine Verbesserung in Aussicht stellen zu kön-
nen und erwähnt, daß in Belgien noch viele Bahnhöfe mit einem
größeren Verkehrsaufkommen keinesfalls besser ausgestattet seien.
Bliebe zum Schluß dieses Kapitels noch zu erwähnen, daß das
Bahnhofsgebäude, das sich unter so schwierigen Verhältnissen sein
Dasein erzwang, das einzige ist, das heute noch steht. Alle anderen
Bahnhöfe auf der stillgelegten Strecke sind abgerissen worden.
Schlußbetrachtung
Von der ganzen Strecke ist das große Mittelstück infolge
Rationalisierungsmaßnahmen 1956-1957 stillgelegt worden. Um
präzise zu sein : es handelt sich um den Streckenteil von oberhalb
Birken bis zum Gemmenicher Tunnel. Dadurch fielen die Bahnhöfe
Birken, Moresnet, Bleyberg und Gemmenich aus. Was die noch in
Betrieb befindlichen Teilstücke angeht, so weist die Strecke von
Aachen-West bis zum Tunnel einen regen Güterverkehr auf, da die
41
am Tunnel beginnende Abzweigung auf Montzen-Vise, die im er-
sten Weltkrieg gebaut wurde, heute noch einen der wichtigsten Ver-
| kehrswege zwischen Belgien und Deutschland darstellt.
. Das andere Teilstück, das, von Welkenraedt kommend, ober-
| halb der ehemaligen Haltestelle ”Birken” nach Montzen abbiegt,
| wird eingleisig geführt und dient einem Pendelverkehr für Eisenbah-
ner sowie als Versuchsstrecke für Dieselloks, die in Montzen einer
| Reparatur oder einer Überholung unterzogen wurden. Hier und da
passiert auch noch ein Güterzug die Strecke.
Der Rest der Strecke ist fast nicht mehr auszumachen, wenn
nicht hier und da ein Geländeeinschnitt oder eine Brücke über den
Göhlbach die ehemalige Trasse andeutet.
| Die Eisenbahnlinie hatte von Welkenraedt bis Aachen-
Templerbend eine Länge von rund 20 km. Erwiesenermaßen befuh-
ren Personenzüge dieselbe 1879, und zwar durchgehend bis Ver-
viers. Die Fahrzeit betrug 54 Minuten und im Fahrplan war die
Strecke unter der N° 56 vermerkt. Sie ist bis in die zwanziger Jahre
befahren worden; danach wurde die Verlängerung bis Verviers ein-
gestellt. Die Züge fuhren dann über die Linkskurve bis Herbesthal,
das ja dem Versailler Vertrag zufolge belgisch geworden war und
wo das Rangieren der Züge keine Schwierigkeiten bot. Die Gleise
der Rechtskurve wurden entfernt, nur das Schrankenwärterhaus,
das als Bahnhof gedient hatte, steht noch.
Die Strecke selbst ist etappenweise hergestellt worden. So wur-
de der Abschnitt Welkenraedt - Bleyberg am 7.12.1870 dem Ver-
| kehr übergeben. Die Abzweigung in Moresnet nach Altenberg er-
| folgte am 12.3.1871. Der Abschnitt Bleyberg - Templerbend wurde
| dann im Jahre 1872 in Betrieb genommen. Mit der Stillegung des
| Bleyberger Bahnhofes wurde auch die nach Aubel abzweigende Li-
nie, die am 2.10.1875 an das Schienennetz angeschlossen worden
war, in Mitleidenschaft gezogen.
Die schon erwähnte Abzweigung am Gemmenicher Tunnel be-
dingte dortselbst den Bau eines Stellwerkes sowie den Bau einer
Überführung der Strecke nach Montzen. So ist es auch zu erklären,
weshalb bis zum vorigen Jahr die Gleise nach dem Austritt aus dem
Tunnel auf weiten Abstand voneinander rückten, um erst nach ei-
ner großen Linkskurve wieder parallel weiterzulaufen. Die Gleise
der Bleyberger Linie besetzten das Mittelstück der gesamten Schie-
nenstränge und unterliefen in einer Rechtskurve den rechten Schie-
nenstrang der Montzener Linie.
43
Quellenverzeichnis :
Staatsarchiv Düsseldorf
Stadtarchiv Aachen
Stadtarchiv Vaals (Holland)
Verwaltung der Bundesbahn, Aachen
X. Delvoye, ”Welkenraedt, sa Gare, ses voies ferrees”
Pierre Xhonneux, ”La paroisse de Plombieres”
Journal d’Aubel (Mitteil. Jos. Leclerc, Gemmenich)
Madame Guy Paquot, Rotheux
Fotos und Reproduktionen vom Verfasser.
44
Der Hase
von M. Th. Weinert
Der Hase auf dem Stoppelfeld
er hat kein Haus, er hat kein Geld,
er macht sich keine Sorgen.
Und da er nichts vom Borgen hält,
ist jedes Feld ihm eigene Welt,
er denkt nicht mal an morgen.
Zwar rennt er manchmal her und hin,
es geht um Kopf und Kragen,
eh’ er’s gedacht sitzt er schon drin,
in eines andern Magen.
Dennoch der Hase hat’s nicht schlecht,
es lebt nicht jeder Erdenknecht
so frei in unsern Tagen ...
45
Die Walhorn-Asteneter Wasserleitung
von Franz Goor
In der Walhorner Gemeindechronik lesen wir für das Jahr
1880 : ”Durch den seit einigen Jahren in der Fossey durch die Ge-
sellschaft Vieille Montagne betriebenen Bergbau auf Zink wurde
der Ortschaft Astenet das bis dahin so ergiebige Quellwasser genom-
men, genannt Dipelterquelle.”
Am 15. Mai 1880 überbrachten Asteneter Bürger ihrem Bür-
germeister Kerres folgendes Schreiben :
”Seit langer Zeit bemerkten die Unterzeichneten die Abnahme und
das zeitweilige Versiegen unserer sonst so reichen Quelle, genannt
Dipeter; dem einzigen guten Trinkwasser, das die Ortschaft Astenet
besitzt. Nur durch Vertiefen des Brunnens von Seiten der Altenber-
ger Bergwerksgesellschaft gelang es, leider nur für kurze Zeit, dem-
selben wenn auch in geringen Mengen, und nur durch Pumpen er-
reichbar, Wasser zu verschaffen.
Gegenwärtig ist der Brunnen dem Versiegen sehr nahe, und
bleibt den Einwohnern zum Trinken und häuslichen Gebrauche nur
Bachwasser, durch industrielle Unternehmungen, Viehtränken ...
verunreinigt, übrig. Daß der Genuß dieses Wasser, bei Regen total
trübe, der Gesundheit schädlich sein muß, ist nicht zu bezweifeln.
An Sie, verehrter Herr Bürgermeister, wenden wir uns nun ver-
trauungsvoll mit der Bitte, die Altenberger Gesellschaft, die unzwei-
felhaft durch ihre Arbeiten in der Fossey an dem Versiegen unserer
Quelle die Schuld trägt, auf jede mögliche Weise dazu zu veranlas-
sen, dem Dipeter ebenso gutes und reichliches Wasser zu zu führen,
als wir uns dessen vor nicht langer Zeit noch zu erfreuen hatten.
Mit besonderer Hochachtung unterzeichnen ergebenst :
Dr Lamberts, H. Römer (Postverwalter), Gottl. Pohlen, Hubert
Timmermann, J.J. Radermacher, L.J. Schaaf, Laurenz Hansen, Ni-
colas Rodheudt, Simon Spees, N. Hick, Peter Jos. Pauquet, V.H.
Taeter, P. Havenith, Kasper Groteklaes, N. Stickelmann, Kloth, M.
Jos. Thönissen, M. Hamers, Joseph Fober, Stickelmann, W. Koffer-
schläger, Wilh. Doum, M. Schumacher.
Bürgermeister Kerres wandte sich an die Altenberger Gesell-
schaft, und es entstand ein reger Briefwechsel zwischen ihm und
dem Werksdirektor, Ingenieur Bilharz. Am 08. Juni 1880 schreibt
46
Ing.-Dir. Bilharz : ”..., daß meine Gesellschaft gerne bereit ist, noch-
mals hülfreiche Hand der Gemeinde zu leisten, um dem gedachten
Brunnen tiefer liegende Wasseradern zu erschließen, um so demsel-
ben die doch wohl zum großen Theile in Folgen der so langen an-
dauernden Trockenheit zurückgegangenen Quellwasser wieder zu-
zuführen.
Sie hatten bei Gelegenheit meines Dortseins mich auf ein in der Nä-
he des Dorfes Walhorn befindliches Quellgebiet aufmerksam ge-
macht, indem Sie an die Möglichkeit dachten, dasselbe für das Dorf
Astenet nutzbar zu machen.”
Bereits am 17. August 1880 unterzeichnen Bürgermeister Ker-
res und Ing.-Dir. Bilharz nachstehenden Vertrag :
17. Aug. 1880
Beschreibung und Bedingungen
Anlage einer Wasserleitung von Walhorn nach Astenet betreffend
Art. 1. Die für die Ortschaft Astenet projektierte Quellenwasserlei-
tung wird von der anonymen Gesellschaft für Bergbau und
Zinkhüttenbetrieb des Altenbergs auf deren eigene Rech-
nung bewerkstelligt und dient als Ersatz für den augenblick-
lich versiegten Quellbrunnen am sogenannten Dipelter.
Dieselbe wird aus dreizölligen (lichtes Maaß) Röhren herge-
stellt, beginnt an der nördlichsten, der auf Gemeindegrund
entspringenden Walhorner Quellen und endigt in dem auf
Parcellen Nr. 326/125 Flur I der Gemeinde Walhorn gelege-
nen Brunnen der oben genannten zur Zeit nahezu versiegten
Dipelter Quelle.
Die ganze Länge der Leitung wird nach dem, auf beiliegen-
dem Situationsplan eingetragenen trace, ca. 1815 meter betra-
gen und der Höhen-Unterschied zwischen Anfang und End-
punkt 22,19 meter erreichen.
Gedachte Quelle ist in einem Brunnenschachte gefaßt, der
einen sogenannten ”Überlauf” und eine ”Einrichtung zum
Absperren der Leitung” erhält.
Die Leitung selbst wird von dem Brunnenschacht aus
(Punkt A des Situations-Planes) bis da, wo das trace die von
Walhorn nach Astenet führende Straße trifft, (Punkt B), d.i.
so weit sie in Privat-Eigentum zu verlegen ist, aus gußeisernen
innen und auswendig asphaltierten, mit Hanf und Blei ver-
dichteten Muffenröhren hergestellt.
47
Vom Punkte B aus bis Punkte C, d.h. bis in der Nähe des
Eisenbahnkörpers der Rheinischen Bahn, besteht sie aus auf
eichenen Schwarten gelegten Thonmuffenröhren, welche auf
2 Atm. Druck probiert sind.
Vom Punkt C ab, wo ein Abzweig nach der Rheinischen
Eisenbahn Station Astenet vorgesehen ist, bis zum Dipelter
Brunnen-Schacht besteht dieselbe wiederum aus eisernen
Röhren; (3 zölligen von C bis D; 2 zölligen von D bis zum
Endpunkt der Leitung).
Art. 2. Die Gemeinde Walhorn vermittelt die Vereinbarung mit den
Grundbesitzern in deren Eigentum die Röhren verlegt wer-
den, erwirkt höheren Orts die Erlaubnis zur Verlegung der
Strecke B-C im Straßengraben oder dessen Böschung und
sorgt für Einwilligung der Rheinischen Eisenbahn zur Unter-
führung der Leitung auf der betreffenden Bahnstrecke bei
Station Astenet.
Art. 3. Die Gemeinde Walhorn übernimmt die polizeiliche Überwa-
chung der Anlage in ihrem ganzen Umfang von dem Zeit-
punkte ihrer Inbetriebsetzung resp. Übergabe an dieselbe.
Art. 4. Die Gesellschaft des Altenberg’s behält sich das Eigentums-
recht der verwendeten gußeisernen Rohre vor, so zwar, dan
sie zur Aufnahme derselben berechtigt ist, sobald im Dipelter
Brunnen die Wasser wieder in der früheren Ergiebiskeit
regelmäßig austreten.
Art. 5. Im Falle es gewünscht wird, auf die nach Punkt D verlänger-
te Leitung einen offenen d.i. freifließenden Brunnenstock zu
setzen, so kann doch derselbe zu keiner Zeit Gegenstand eines
Servitutes werden, und hören selbstredend von dem, im Art.
IV vorgesehenen Moment ab, alle weiteren seitens der Gesell-
schaft übernommenen und mit der Anlage zusammenhängen-
den Verbindlichkeiten auf.
Art. 6. Mit den betreffenden Arbeiten wird sofort nach Genehmi-
gung des vorgelegten Projektes begonnen, und soll die ganze
Anlage in kürzester Zeit beendet sein.
Art. 7. Vorstehendes Übereinkommen ist in duplo aufgenommen
und von den beiden Parteien genehmigt und unterschrieben
und erhält jeder derselben eine Ausfertigung in Original.
Geschehen zu Walhorn und Preußisch Moresnet, den 17. Aug. 1880
Der Bürgermeister, % Der Ingenieur Direktor,
Kerres Bilharz
49
Bemerkungen zu diesem Vertrag
1. Er bestimmte die Rechtslage zwischen den 2 Parteien, der Ge-
meinde Walhorn und der Altenberger Gesellschaft.
2. Im Laufe der Jahre haben beide Parteien immer wieder versucht,
ihn so günstig wie möglich für den jeweils vertretenen Stand-
punkt auszulegen.
3. Es ist erstaunlich, daß dieser Vertrag in so kurzer Zeit zustande
kam. Dies war auf die Bereitwilligkeit der Altenberger Gesell-
schaft zurückzuführen, die das Versiegen der Asteneter Quelle
verursacht hatte. Diese Tatsache hat sie jedoch nie schriftlich zu-
gegeben.
4. Der Vertrag bestimmt das Eigentumsrecht über
- die Anlage : Sie blieb Eigentum der Altenberger Gesellschaft,
die sich verpflichtete, diese der Gemeinde kostenlos zur Verfü-
gung zu stellen;
- die Wasserquellen, die Eigentum der Gemeinde Walhorn blie-
ben.
5. Das Eigentumsrecht des in Punkt 5 genannten Brunnenstockes
wurde nicht genau bestimmt und wurde Gegenstand zäher Ver-
handlungen.
6. Die Instandhaltungspflicht der Anlage wurde nicht präzisiert und
gab Anlaß zu tiefen Meinungsverschiedenheiten. Im allgemeinen
hat jedoch die Altenberger Gesellschaft die Reparaturen durch-
geführt und deren Kosten getragen.
7. Laut Artikel 2. sollte die Gemeinde die Erlaubnis der Grundei-
gentümer einholen zwecks Verlegung der Wasserleitungen in de-
ren Wiesen. Wer jedoch eine eventuelle Schadenersatzleistung
zahlen mußte, wurde nicht im Vertrag erwähnt. Ebenso mußte
die Gemeinde die Genehmigung bei der Eisenbahn einholen.
8. Ebenfalls nicht erwähnt wurde die Bewilligung und die Errich-
tung von Zweigleitungen und Anschlüssen.
9. Nach $148 des allgemeinen Berggesetzes für die preußischen
Staaten vom 24. Juni 1865 hätte die Altenberger Gesellschaft ei-
ne vollständige Entschädigung leisten müssen.
”Der Bergwerksbesitzer ist verpflichtet, für allen Schaden, wel-
cher dem Grundeigentume oder dessen Zubehörungen durch den
unterirdisch oder mittels des Tagebaues geführten Betrieb des
Bergwerks zugefügt wird, vollständige Entschädigung, ohne Un-
terschied, ob der Betrieb unter dem beschädigten Grundstücke
stattgefunden hat oder nicht, ob die Beschädigung von dem Berg-
werksbesitzer verschuldet ist, und ob sie vorgesehen werden
konnte oder nicht.”
4
50
Nachstehende Bekanntmachung konnte man am Samstag,
dem 18. Sept. im ”Korrespondenzblatt des Kreises Eupen” sowie in
der Ausgabe vom 16. Sept. 1880 des Amtblattes "Öffentlicher An-
zeiger von Aachen” lesen :
Bekanntmachug
Die Gemeinde Walhorn beabsichtigt eine, seitens der an-
onymen Bergwerksgesellschaft zu Altenberg auf deren Ko-
sten zu bewirkende, für die Ortschaft Astenet dienende Lei-
tung von Quellwasser vermittels Legung eines Rohrstranges,
j auszuführen, welches Wasser aus einer bei Walhorn, Orte
”Gradberg” befindlichen, in einem Brunnenschacht bereits
aufgefangenen Quelle entnommen wird.
Indem die Ausführung dieser Anlage hiermit zur allge-
meinen Kenntnis gebracht wird, fordere ich diejenigen, wel-
che auf Grund der $$ 640, 641 und 642 des bürgerlichen Ge-
setzbuches Einsprache gegen das Projekt zu haben glauben,
hiermit auf, mir solche innerhalb einer Präklusivfrist von 14
Tagen, vom Tage des Erscheinens dieser Aufforderung im
Anzeiger des Regierungs-Amtsblattes vorzubringen, mit dem
Bemerken, daß der diesbezügliche Plan nebst den desfallsigen
Schriftstücken zu Jedermanns Einsicht in meinem Büreau
Station Astenet offen liegen.
Walhorn, den 9. September 1880
Der Bürgermeister Kerres
Am 20. September übermittelte man Bürgermeister Kerres fol-
gendes Schreiben : -
”.... daß die Gesellschaft des Altenberg’s bereit ist, die Quell-
wasserleitung ganz auf ihre Kosten herzustellen und auch für
die von den Grundeigenthümern, in deren Grund & Boden
die Röhrentour verlegt werden soll, etwa zu fordernden Ent-
schädigungen aufkommen wird, indem sie dagegen an den
Gemeinde- Vorstand resp. Euer Wohlgeboren die Bitte richtet
ihr in dieser Beziehung zur Seite zu stehen und zugleich be-
stimmt erwartet, daß ihr sowohl während der Legung als auch
nach der Inbetriebsetzung der Leitung der nöthige Polizeili-
che Schutz zu Theil werde.
gez. Bilharz
541
Nach Abschluß der 14-tägigen Präklusivfrist lagen zwei Ein-
sprüche gegen die Verlegung der Wasserleitung vor. Sie tragen die
Eingangsdaten des 27.9. und des 29.9.1880 und wurden eingereicht
durch den Spinnereibesitzer H.W. Drolinvaux bzw. die Preismüh-
len-Besitzer Heinrich und Amalia Nütten. Drolinvaux schreibt
ua. :
”In Erwägung, daß das Wasser der in dem Brunnenschachte
der aufgefangenen Quelle zu Grodbach, welches beabsichtigt
ist als Wasser zu der Leitung zu dienen, ein Theil des von mir
benutzten Wassers ausmacht, welches mir und den früheren
Inhabern seit langen Jahren als Triebkraft auf das Wasserrad
gedient, so erlaube ich mir gegen die betreffende Anlage for-
mell Einspruch zu erheben und mir alle Rechte auf das Was-
ser vorzubehalten.
Da ich ohne eine gehörige Menge Wasser meine Spinnerei
nicht ordentlich betreiben kann, so muß ich gegen die Ent-
nahme des bisher von mir benutzten Wassers und zwar auch
des geringsten Teiles desselben entschieden protestiren und
hoffe ich auf Fallenlassen des Projektes.”
gez. H.W. Drolinvaux
Heinrich Nütten legt ebenfalls Protest gegen die geplante
Wasserleitung ein. Hier ein Auszug seines Schreibens :
”.... opponiere ich Namens meiner Frau (sie war eine gebore-
ne Birven) gegen das Legen einer Röhrenleitung über die
Grundstücke Nr. ....., indem durch dieselben die Drainage der
bezeichneten Grundstücke zerstört und die Wiesen in Sümp-
fen verwandelt würden.
Was den Wasserabzug selbst betrifft, bemerke ich, daß die
Preis-Mühle auf den Walhorner Bach (Grötbach) concessio-
niert ist, daher kein Wasser derselben entzogen werden darf.”
Der Gemeinderat sollte diese Einsprüche überprüfen. Die für
den 02.10.1880 einberufene Gemeinderatssitzung war nicht
beschlußfähig. Der Gemeinderatsbeschluß erfolgte auf der Sitzung
vom 04.10. Die Einsprüche der Spinnerei- und Mühlenbesitzer wer-
den zurückgewiesen mit der Begründung u.a., daß sie ausschließlich
privater Natur seien und kein öffentliches Interesse berührten. Die
beiden Etablissements lägen am Hornbach, zwischen Walhorn und
Astenet, der auf Ketteniser Gebiet entspringe, wo hingegen die
$2
Quelle für die geplante Wasserleitung auf Walhorner Grund liege
und die Ortschaft Astenet rechtlich Mitbesitzerin des betreffenden
Grundstücks sei. Das Dorf Astenet sei in jüngster Zeit aller vordem
so reichen und guten Quellen verlustig gegangen und es bestehe
nur auf dem Wege über eine Wasserleitung die Möglichkeit, die Be-
völkerung mit brauchbarem Trinkwasser zu versorgen. Die Gemein-
deväter betrachteten übrigens das Verhalten der Opponenten als
”beispiellos, unerhört moralisch unrecht”, da gerade sie, die Oppo-
nenten, durch ihre Etablissements das Wasser des Hornbaches stark
verschmutzten, was in letzter Zeit zu mehreren Thyphusfällen und
sogar zu einem Sterbefall geführt habe.
Schließlich heißt es im Sitzungsprotokoll : ”Nach gepflogener ”
Beratung beschloß der Gemeinderath, die Oppositions-Schriften der
Gesellschaft des Altenberges zur schleunigen gefäll. Äußerung ins-
besondere in Bezug auf die rechtliche Begründung der Ansprüche
des Herrn Hein. W. Drolinveaux zuzusenden.”
gez. Andre van Grand Ry Gerh. Außems
Fr. Louwens J.J. Keutgen
J.J. Koonen Peter Feykens
Leon. Keutgen Kerres, Bürgermeister, Vorsitzender
Da zu dieser Zeit der Walhorner Gemeinderat aus 13 Mitglie-
dern bestand (7 ”geborenen” und 6 gewählten) fehlten auf der 2. Sit-
zung immer noch 5 Mitglieder. Recht unverständlich ist der
Beschluß, da der Gemeinderat die Einsprüche widerlegte und es
Aufgabe der Gemeinde war, die Erlaubnis der Eigentümer einzuho-
len.
Nicht lange brauchte Bürgermeister Kerres auf die Stellung-
nahme des Altenberger Bergwerkes zu warten (10. Okt.). Ihr ent-
nehmen wir einige Auszüge :
”...ersehe ich zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß der dortige
Gemeinderath es meiner Gesellschaft überlassen will, selbst die et-
waigen Schwierigkeiten zu haben, ...
-.., was doch wohl so viel heißen will, daß die Gemeinde, die in ih-
rem eigentlichen Interesse geplante Anlage in Schutz nimmt, gegen
ungerechte Reklamationen vertheidigt und in jeder Beziehung för-
dert und erleichtert, ...
„. Was die Zumutung Ihres Gemeinderathes betrifft, meine Gesell-
schaft möge sich über die rechtliche Begründung der erhobenen An-
sprüche juristisch äußern, so erscheint dieselbe um so befremdlicher,
53
als demselben bekannt ist, daß der Zweck der öffentlichen Informa-
tion einzig der war, Reklamationen gemeinschädlicher Art zu pro-
vocieren, somit jeder andere, persönliches Interesse berührender
Einspruch, überhaupt ausgeschlossen ist.”
Da es zu keiner Einigung kam, schaltete man Landrat Sternickel
ein. Dieser bewirkte eine Entscheidung seitens der Königlichen Re-
gierung :
”03.Februar 1881 Königl. Regierung, Abtheilung des Innern
... Nachdem die Oppositionen, welche in Folge der Bekanntma-
chung des Bürgermeisters Kerres vom 10. Sep. v.J. gegen die projec-
tierte Anlage an sich und insbesondere gegen die für einige Interes-
senten etwa eintretende Wasserentziehung erhoben worden, durch
unsere Verfügung vom 9. November v.J. als unbegründet abgewie-
sen worden sind ..., kann dieser Teil des Verfahrens als abgeschlos-
sen gelten und es kommt nunmehr darauf an, den zu erwartenden
resp. zum Theil bereits ausgesprochene Widerspruch einzelner
Grundbesitzer gegen die Benutzung ihrer Grundstücke für das Un-
ternehmen zu beseitigen.
Zu diesem Zweck bedarf es der Einleitung und Durchführung
des Expropriationsverfahrens ...”.
Dazu gab die Regierung in Berlin am 8. Juni 1881 ihre Einwilli-
gung :
”Auf Ihren Bericht vom 31. Mai d.J. will Ich der Gemeinde Wal-
horn im Kreise Eupen des Regierungsbezirkes Aachen behufs Anla-
ge einer Quellwasserleitung von dem Orte Walhorn nach dem Orte
Astenet hinsichtlich der von der Leitung berührten Grundstücke
das Eigenthumsrecht hiermit verleihen. Der eingereichte Plan er-
folgt anbei zurück.”
Berlin, den 8. Juni 1881
gez. Wilhelm
Zugleich für den Minister des Innern
ggz Maybach von Puttkamer
Bürgermeister Kerres konnte eine weitere Ergänzung des Ver-
trages vom 17. Aug. 1880 erreichen. Ing.-Dir. Bilharz bestätigte am
04. Aug. 1881 : ”In Verfolg unserer gestern gepflogenen Unterhal-
tung erkläre ich Ihnen gerne heute hierdurch schriftlich, daß die Ge-
sellschaft, welche die Wasserleitung auf ihre Kosten von der Wal-
horner Quelle bis an den Dipelter-Brunnen nach dem mit Ihnen aus-
führlich besprochenen und auch in Ihrem Besitz befindlichen Plan
herstellt, auch für die fernere Instandhaltung der ganzen Rohrlei-
tung, die ihr Eigenthum verbleibt, Sorge tragen wird.”
54
Expropriations- Verzeichnis genehmigte Verlegungen
Name des Eigen- Flur Nr laut Vertrag vom
thümers As Met
Heinr. + Amalia 4 409 212 63 XXXXXXXXXX
Nütten 4 414 Vi28710:93107 (XXKXKXXAKX
Qual 3S28 10-382 4775 :7 4 KXXANKXKKAX
2 90 Diss 30x 1 ANKAKARNAN
2. 282/74 389 18 XXXXXXXXXX
2 3321101170, 14. XXXXXXAXKXX
Außems Johann 4 411 8 31.7.80 .
4 412 AA
Doum Aloys 413 174 94 29.7.80
Gemeinde Walhorn I + II Prämienstraße
Königl. Rhein. Ze IA 44 20.8.80
Eisenbahn
Dr. Lamberts 1 380128 27 90 16.8.80
von Grand Ry 1 326055: 91 07 16.8.80
82 50
Mit der Rheinischen Eisenbahn kam es am 20.8.1880 zu einem
Vertrag. Darin lesen wir :
”_... theile ich Ihnen hierdurch ergebenst mit, daß die Königl. Direc-
tion dem Projekt zugestimmt hat und einer kostenfreien Gestaltung
der Durchführung eines eisernen Rohres für die Wasserleitung an
der in Ihrem Schreiben vom 11.d.J. bezeichneten Stelle, vorbehalt-
lich der projectmäßigen Ausführung der Leitung, nichts im Wege
stehen wird.
gez. Bahn- und Betriebs-Inspektor der Rhein. Eisenbahn
Rücker
Dazu ist auch noch folgender Revers vom 1. November 1880
erwähnenswert : ”Die Aktien-Gesellschaft für Bergbau und Zink-
hüttenbetrieb des Altenbergs zu Preußisch-Moresnet beabsichtigt
für die Gemeinde Walhorn eine Quellwasserleitung zur Speisung
des auf dem Grundstück N' 326/155 Flur 1 der Gemeinde Walhorn
in der Nähe des Rheinischen Bahnhofes Astenet befindlichen soge-
nannten Dipeter Brunnens anzulegen und an die dazu bestimmte
Rohrleitung in der Straße von Hergenrath eine Zweigleitung zur un-
entgeltlichen Entnahme des für das Beamten-und Arbeiter-Personal
der Station Astenet erforderlichen Quellwassers anzuschließen un-
55
ter der Bedingung, daß der Eisenbahn-Verwaltung ein Anspruch
auf dauernde Beibehaltung der Quellwasserleitung bzw. auf dauern-
de Lieferung von Wasser mittelst dieser Leitung nicht erwächst, daß
vielmehr der Aktien-Gesellschaft frei steht, die Leitung wieder auf-
zunehmen, sobald der Dipeter Brunnen das erforderliche Wasser
wieder liefert und daß die Eisenbahn-Verwaltung auf jeden Ent-
schädigungsanspruch verzichtet, falls in dem vorliegenden Falle die
Quellwasserleitung wieder aufgenommen werden sollte. Die unter-
zeichnete Königl. Direktion acceptiert diese Bedingungen und hat
zur Anerkennung dessen gegenwärtigen Revers aufgestellt.” Die
Verlegung der Wasserleitung erfolgte im Jahre 1881. Der Brunnen-
stock, in Bahnhofsnähe, wurde vom Aachener Unternehmer Nic.
Schauff aufgestellt. Die Zweigleitung zum Bahnhofsgebäude hin
wurde vorerst noch nicht verlegt. Erste Schwierigkeiten werden be-
reits im Dezember 1881 erwähnt. Am 29. Juli 1884 richtet Dr. Lam-
bertz ein Schreiben an Bürgermeister Kerres :
”... daß das Wasser derart spärlich fließt, daß eine Zeit von fast ein
und einer halben Minute zum Füllen eines Eimers nöthig ist. Dabei
ist das Wasser in Folge des Stagnierens in den Röhren so schlecht
und warm, daß es nicht einmal mehr bey der Butterbereitung, und
eben so wenig zum Trinken gebraucht werden kann.
Es liegt dies offenbar an der total verfehlten Röhrenleitung,
und den zu engen Röhren. ... Die ganze Ortschaft Astenet leidet
darunter, so daß man von allen Seiten berechtigte Klagen hört.
Die Sache leidet gar keinen Aufschub mehr, und das umso we-
niger, als kein Trinkwasser durch den Bergbau uns entzogen, mehr
zu beschaffen ist. Namentlich ist hierbey die unzweifelhaft heran-
nahende Cholera sehr in Betracht zu ziehen.”
Die Behebung dieses Übels erforderte eine Neuverlegung der
Rohre in Höhe von Preismühle. Neue Verträge mußten ausgehan-
delt werden :
am 25. Juni 1886 mit Gerhard Rehm, der die Erbschaft von
Heinr. und Amalia Nütten übernahm;
am 07. Juli 1886 mit Frau Dr. Fr. Lambertz, die Grundstücke in
Preismühle hatte;
am 07. Juli 1886 mit Charlotte von Hodiamont;
am 20. Juli 1886 mit Herrn Beckers aus Eynatten.
Die Arbeiten umfaßten :
— die Herausnahme der alten Leitung (560 laufende Meter) verbun-
56
den mit dem Auswerfen des Röhrengrabens und anschließendem
Zuwerfen;
— die Neuverlegung unter Benutzung der herausgenommenen
Röhren und sonstigen Materialien (630 1 Meter).
Diese verschiedenen Arbeiten wurden im Laufe des Jahres 1886
durchgeführt.
Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit
In einer vom 15. Dez. 1902 datierten Verordnung des
Regierungs-Präsidenten, lesen wir :
”... 3. Die Kreisärzte werden die Wasserleitung jährlich mindestens
einmal einer unvermutheten Besichtigung unterziehen ...”
Wie wichtig diese Untersuchungen waren, ergibt sich aus den er-
folgten Berichten. Wir entnehmen Auszüge aus den Bemerkungen
der Jahre 1903 und 1906 :
1903 : ”Es muß dringend bei Strafe untersagt werden, in den Dorf-
teichen unterhalb Walhorn Gedärm und sonstige Schlachtabfälle zu
reinigen zumal an der anderen Seite der Straße in dem aus dem
Teichabflusse entstehenden Bache Gelegenheit dazu vorhanden ist.
Um eine Verunreinigung des Entnahmegeländes der Leitung unterhalb
Walhorn sicher zu verhüten empfehlen sich zwei Maßnahmen :
1. Errichtung einer bis auf den festen Felsen hinabreichenden
Beton-Mauer am unteren Ende der Dorfteiche, damit das Hinein-
dringen des durch Vieh usw. verunreinigten Wassers der Teiche in
den Untergrund des Entnahmegeländes verhindert wird.
2. Umzäunung des Entnahmegeländes in einem Kreise von 10 m
Radius um den Brunnenkessel herum; durch diese Maßnahme wird
auch der noch immer möglichen mutwilligen Verunreinigung des
Brunnenkessels selbst vorgebeugt.”
1906 : ”... 2.) Der um die Brunnenkammer angebrachte Zaun ist viel
zu eng, die Umzäunung muß einen Radius von etwa 4 - 5 Meter ha-
ben und aus dichtem Stacheldraht bestehen, damit mutwillige Ver-
unreinigungen des Brunnens verhindert werden.
| 3) Die Brunnenkammer bedarf der Reinigung.”
Die auszuführenden Arbeiten wurden dann vorwiegend von
der Altenberger Gesellschaft übernommen und durchgeführt. Das
gleiche galt auch für die Behebung von Fehlern und Beschädigun-
gen der Wasserleitung wie etwa :
— ein eisernes Luftrohr wurde abgebrochen;
58
— die Wasserleitung war in Preismühle verstopft;
— fehlerhafter Verschluß am Brunnenschacht in Walhorn;
— Verstellung der Hähne im Brunnenschachte des Brunnenstockes
am Bahnhof;
— der Deckel des Luftschachtes der Wasserleitung auf der Strecke
Astenet-Preismühle wurde beschädigt;
Recht interessant dürfte das Ergebnis der Untersuchung des
Trinkwassers aus der ”Diepelter Quelle” sein, die das ”Chemische
und bakteriologische Laboratorium” von Dr. E. Wollenweber, Düs-
seldorf durchführte. Der Asteneter Bauführer Neef reichte am
04.08.1906 eine Wasserprobe ein, deren Analyse folgendes Ergebnis
brachte :
”Äußere Beschaffenheit des Wassers : klar, farblos, ohne Bodensatz.
Mikroskopisch sichtbare Lebewesen sind nicht vorhanden.
Reaktive des Wassers : neutral.
Ammoniak und salpetrige Säure : nicht vorhanden.
Salpetersäure : in Spuren vorhanden.
Chlorgehalt : 0,0142 gr in 1 Liter Wasser
Abdungrückstand (bei 110° getrocknet) : 0,318 g in 1 Liter Wasser.
Derselbe besteht vorzugsweise aus kohlensäurem und schwe-
felsäurem Kalk und Magnesie. Zur Oxydation der organischen Stof-
fe wurden bei einem Liter Wasser 0,0016 gr Kaliumpermanganat
verbraucht, entsprechend 0,0004 gr Sauerstoff.
Auf Grund der Resultate der chemischen Untersuchung ist das
Wasser in seinem derzeitigen Zustand als Trinkwasser nicht zu be-
anstanden.
gez. Dr. E. Wollenweber
Die Wasseranschlüsse
Der Vertrag vom 17.8.1880 sieht Privatanschlüsse an der Lei-
tung mit Ausnahme der Eisenbahnstation nicht vor. Die Gemeinde
Walhorn war der Überzeugung, daß sie die "alleinige Verfügungsbe-
rechtigte” sei und handelte danach. Bei Anschlüssen befragte sie die
ABHG, um eventuelle technische Bedenken zu beheben.
Ingenieur-Direktor Timmerhans vertrat am 17. August 1893 folgen-
den Standpunkt :
”... denn wenn auch die Wasserleitung von Walhorn nach Astenet,
was das Material derselben anbelangt, unserer Gesellschaft gehört,
59
. ee
Ba 22 .
a 4 A
VE EEG KEN
2
A E20 AN
VE ak mn
Der Bahnhof Astenet (oben), hier auf einer Aufnahme von 1915, wurde 1901 an die neue
Wasserleitung angeschlossen,
60
so steht es doch, außerhalb unserer Verantwortung, der Walhorner
Gemeinde frei, nach Gutdünken über dieselbe zu verfügen.”
Am 15. November 1924 stellte derselbe Timmerhans in einem
Brief an den Walhorner Bürgermeister Louvens die Frage : ”Kann
die Gemeinde frei über die Leitung verfügen?” Und er antwortete :
”Auf diese Frage müssen wir mit ”nein” antworten. ”Der Direktor
begründete seine Meinung wie folgt :
”Die Walhorn-Asteneter Leitung ist zu einem gemeinnützlichen
Zwecke angelegt worden und nicht um Privatinteressen zu dienen;
sie ersetzt einen öffentlichen Brunnen an der Stelle, wo dieser ver-
siegt war, liefert der Bevölkerung Trinkwasser und schickt ihren
Überlauf in den Bach. Von dem Augenblick an, wo man auf diese
Leitung Privat-Anschlüsse anbringen will, verliert die Anlage ihren
Charakter und weicht von ihrem Zweck ab.
Der Vertrag ist nicht mehr ohne weiteres anwendbar. Ände-
rungen können an demselben nur mit Einverständnis beider Parteien
vorgenommen werden.
Wenn die Gemeinde über das Wasser verfügt, so ist dagegen die Ge-
sellschaft Eigenthümerin der Leitung.
Wir erachten, wie Ihre Vorgänger, daß weder die Gemeinde Wal-
horn, noch unsere Gesellschaft das alleinige Verfügungsrecht über
die Leitung in Privatanschluß-Angelegenheiten besitzt, sondern bei-
de zusammen, ...”
Sehr zurückhaltend war dann die ”Vieille Montagne”, wenn
sie Gutachten erteilte. So z.B. beim Anschluß-Hermens in Preis-
mühle (jetzt Homburg).
”12. Juli 1893 an Bürgermeister Stick
..., daß dem anbei zurückfolgenden Gesuche des H. Hermens nicht
zu willfahren ist, damit so Präcedenz-Fälle vermieden werden, die
für die Folge zu Verwicklungen und Schwierigkeiten führen könn-
ten. Übrigens ist es nicht ausgeschlossen, daß solche an gewissen
Punkten angeschlossene Ableitung den regelmäßigen Betrieb der
Wasserleitung stören würde.”
Bevor der Bahnanschluß erfolgen konnte, schrieb Ing.-Dir.
Timmerhans an Bgm. Ernst (12.3.1901) :
”..., daß die Walhorner Gemeinde keineswegs die Verpflichtung hat,
von der Eisenbahn diese Abzweigung anlegen zu lassen. ...”
61
Die ersten Wasseranschlüsse in Astenet
1886 - Privathaus des Bgm. Kerres
1893 - Haus Hermens in Preismühle
1901 - Bahnhofanschluß + Empfangsgebäude :
Stationsverwalter Kutsch
Weichensteller Schijns
Bahnwirtin Wwe Radermacher
+ Beamtenwohnhaus :
Stationsassistent Schröder
Weichensteller Küppers
1906 - Katharinenstift (die Klosterleitung)
1920 - Haus Thönissen (Hamacher - Gemeindesekretär)
- Haus des Gastwirten Köttgen
Die üblichen Anschlußbedingungen lauteten :
”1. Der Anschluß ist auf eigene Kosten auszuführen;
2. Die Gemeinde ist für etwaige Ansprüche Dritter, welche durch
die Concessionsertheilung geltend gemacht werden könnten,
schuldlos zu halten;
3. die Concession wird auf jederzeitigen Widerruf ... ertheilt und
kann zu jeder Zeit zurückgenommen werden.
Anschlüsse an die Klosterleitung
— 17. Juli 1914 : Erteilung der Genehmigung, Schloß Neuhaus an
die Klosterleitung anzuschließen. Diesen Anschluß hatte man je-
doch noch nicht im Jahre 1919 abgenommen.
Am 24. Aug. 1919 richteten Bewohner des unteren Teils der
Ortschaft Astenet ein Gesuch an die Gemeinde zwecks Aufstellung
eines ”Trinkwasser-Zapfhahnes” an die zum Katharinenstift führen-
de Wasserleitung :
”Schon bald nach der Anlage der Wasserleitung, die von der Gesell-
schaft des Altenberges zum Ersatz der in den 80er Jahren verschwun-
denen Dipelter-Quelle für Astenet hergestellt wurde und die dem
oberen Teile der Ortschaft den Zapfhahn am Bahnhof brachte,
machte sich der Mangel einer zweiten Zapfstelle für unten am Bach,
wo auch die alten Hofbrunnen versiegt waren, im Winter bei ver-
schneiten und vereisten Wegen und im Sommer bei großer Hitze
und Trockenheit recht fühlbar.
Dem Katharinenstif wurde durch Genehmigung der Anlage einer
Zweigleitung geholfen, dabei aber leider vergessen, für uns hier un-
ten die Anlage einer Zapfstelle auszubedingen. Die Umständlichkeit
62
der Versorgung der Haushaltungen hier mit genügendem Trinkwas-
ser von der hochgelegenen Zapfstelle am Bahnhof oder von der wei-
ter abgelegenen Stelle am alten Dipelter erschwerte besonders wäh-
rend des Krieges beim Durchmarsch der Truppen sehr die Verpfle-
gung und verleitete leider zum Genuß des bequemer zu erreichen-
den gesundheitsgefährlichen Bachwassers. Letztere Gefahr, die be-
sonders groß wäre, wenn, was der Liebe Gott verhüten möge, Epi-
demien auftreten sollten, besteht auch jetzt wieder in der heißen
Zeit, wird auch noch dadurch vermehrt, daß der Auslauf der Was-
serleitung am alten Dipelter nach amtlichen Messungen im Jahre
1889 noch 97 bis 100 Liter gab in der Minute, seitdem immer
schwächer geworden ist und nahezu ganz versagt. -
Wir glauben deshalb nichts Unbilliges zu verlangen, wenn wir
um möglichs baldige Aufstellung eines Zapfhahnes an der oben an-
gegebenen Stelle, und zwar zwischen den beiden Bachbrücken, der
zweckmäßig mit Verschraubung zum Anbringen von Feuerwehr-
schläuchen zu versehen wäre, bitten.”
gez. E. Lambertz, Gerhard Jonas, Leonard Stickelmann, Nick. Ahn,
Peter Köttgen, Engelbert Köttgen, W. Hoen, Jos. Bergmann, Nik.
Rodheudt, Theresia Komoth, Joh. Knops, + 2 unleserliche Unter-
schriften.
Nach einer Unterredung mit dem Rektor des Katharinenstifts
schrieb Herr E. Lambertz am 16. Nov. 1919 an den Bg. der Gemein-
de Walhorn :
”...fand aber bei ihm (Rektor) so wenig Entgegenkommen und den
meinigen so entgegenstehende Ansichten, daß ich den Versuch auf-
gegeben habe ...”.
Der ehemalige Gemeindesekretär Friedrich Hamacher schrieb
am 16. Sep. 1945 einen ”Bericht betreffend die Asteneter Wasserlei-
tung”. Diesem Bericht entnehmen wir einige Auszüge.
Beschreibung der Wasserleitung.
”Das Wasser im Quellbrunnen der Leitung am Grötbach ist kristall-
klar und nach den Ergebnissen der chemischen Untersuchung von
besonderer Güte und keimfrei. Der Brunnen selbst trägt auf dem
Boden eine Schicht von weißem Perlkies, ist gut verschlossen und
abgedichtet. Das Rohr, im trockenen Sommer 1934 um 75 cm ge-
senkt, hat am Eingange ein bewegliches Kupfersieb. Durch heraus-
nahme des Siebs und durch Vorhalten einer Gummiplatte, die auf
63
einem Brett gut befestigt ist, kann die Leitung in Walhorn sehr
leicht abgestellt werden.
Das Hauptrohr der Leitung besteht aus mehreren gußeisernen Roh-
ren von je 3 m Länge, der innere Durchmesser beträgt 80 mm der
äußere 110 mm (ein Stück Rohr liegt im Keller des Gemeindehau-
ses). Das Hauptrohr hat eine unbegrenzte Lebensdauer. Durch die
Güte des Wassers bilden sich im Innern keine Inkrustionen. Leider
liegt das Rohr an den meisten Stellen nur 60 bis 70 cm tief, also
nicht frostfrei. Bei starkem Frost ist also darauf zu achten, daß das
Wasser in der Leitung nicht zum Stillstand kommt, sondern in Aste-
net irgendwo einen ständigen Abfluß hat.
In 1939 wurde auf Veranlassung der belg. Eisenbahngesellschaft
das Hauptrohr unter dem Eisenbahnkörper in Astenet vermittels
langer Stahlrohre auf einer Länge von 30 Meter um- und tiefer ge-
legt. Um die Leitung wurde ein Gußmantel von 200 mm Durchmes-
ser geschoben und am Eingange, vor der Fuhrwerkswaage, ein
schwerer Absperrschieber eingebaut, dessen Schlüsselrad sich in
meiner Wohnung befindet. Der Gußmantel hat auf der Nordseite
des Bahnkörpers einen gemauerten Auslauf.
Vor dem Hause Kerres steht als Wrak der öffentliche Ventilbrun-
nen, der früher als öffentliche Zapfstelle galt und von einem deut-
schen Panzer umgefahren worden ist. Mit Ausnahme des kleinen
Haushaltes der Geschwister Schaaps sind alle Haushaltungen oben
in Astenet mit Wasser versorgt, sodaß der Ventilbrunnen, der nur
-außer Schaaps - von den Kindern als Spiel - Turn- und Matschring
benutzt wurde und der Gemeinde sehr viel Geld kostete, vollkom-
men überflüssig geworden ist. Schaaps holen jetzt das Wasser bei
Goor und es wäre viel einfacher und billiger, das Haus Schaaps mit
einem Zapfhahn zu versehen, als den alten Ventilbrunnen wieder
reparieren und aufsetzen zu lassen, zum Ärger der Eltern kleiner
Kinder, die hier immer eine Matschstelle hatten. Das Bleirohr des
Ventilbrunnens ist in der danebenliegenden Ventilkammer abgebro-
chen. Hierbei floß soviel Wasser aus, daß die Leitung keinen Druck
und die Einwohner kein Wasser mehr hatten. Deshalb habe ich
selbst im September 1944 ein Holzstück zwecks Dichtung in das
Bleirohr getrieben, was jedoch nur teilweise gelang. Seitdem stehen
die Ventile in dem Schacht unter Wasser und ich bitte dringend dar-
um, daß die Abbruchstelle möglichst bald verlötet wird.
Nach langen und schwierigen Verhandlungen gelang es der Ge-
meinde, die Leitung von der Societe V.M. kostenlos zu überneh-
men. Nun konnten alle im Bereiche der Leitung liegenden Häuser
64
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Diese Aufnahme zeigt am rechten vorderen Bildrand den Brunnenstock vor dem
Hause Kerres.
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Das Katharinenstift erhielt 1906 die sog. Klosterleitung.
65
und Grundstücke angeschlossen werden. Der nutzlose Auslauf am
Dippelter wurde geschlossen und das Wasser wurde der Allgemein-
heit zur Verfügung gestellt.
Vom Wassergeld
”Die Anschlußnehmer haben der Gemeinde gegenüber die Ver-
pflichtung übernommen, diejenigen Gebühren für die Wasserent-
nahme zu zahlen, welche seitens der Gemeinde jeweils festgesetzt
werden. Ursprünglich - 1929 - wurden folgende Sätze festgesetzt :
5 F Pauschale pro Anschlußnehmer, 5 F pro Kopf und Jahr der an-
geschlossenen Haushaltungen, 15 F pro Hektar mit Wasser versorg-
te Wiesen pro Jahr, pro Halbjahr 7,50 F.
Später, etwa gegen 1936, wurden die Sätze ermäßigt auf 30 F Pau-
schale, 3 F pro Person, 10 F pro Hektar.
Ab 1907 zahlt das Katharinenstift 300 Mark, nachher 300 F pro
Jahr.
Weil das Katharinenstift durch sein Entgegenkommen es den Ge-
meinden 1929 ermöglichte, die Leitung von der Societe V.M. ko-
stenlos zu übernehmen, weil das Kloster den Anschluß des Anwe-
sens Mützhof an ihre Leitung kostenlos genehmigte, (die Societe
Vieille Montagne wurde hierdurch von der Zahlung einer jährli-
chen Entschädigung wegen Wasserentziehung an den Besitzer vom
Mützhof entbunden), aus diesem Grund sah die Gemeinde von ei-
ner Erhöhung der bisherigen Pauschale von 300 F ab.”
Anschlüsse an die Klosterleitung
”Das St. Katharinenstift hat nachher auch die Anschlüsse der Häu-
ser Ludwig Lambertz, Fritz Lambertz und Dautzenberg, Hoen,
Schmitz und Assent an ihre Leitung auf Antrag der Gemeinde ko-
stenlos - jedoch auf Widerruf - gestattet (nach 1929). Diese
Anschlußnehmer dürfen jedoch ihr Vieh aus der Leitung nicht trän-
ken, weil die Zapfstellen viel tiefer liegen als der Anschluß im Klo-
ster, das Letztere demnach stark benachteiligt würde in der Versor-
gung mit Wasser. Die Gemeinde hat dem Kloster gegenüber die
Verpflichtung der polizeilichen Überwachung dieser Anschlüsse
übernommen.
Die Übergabe der Wasserleitung an die Gemeinde Walhorn
Schon im September 1910 versuchte die Bergwerksgesellschaft der
Vieille Montagne, der Gemeinde Walhorn die Wasserleitung zu
übergeben und unterbreitete dazu folgenden Vorschlag :
66
”Wir sind für immer davon entbunden, an Stelle der Diepelter Quel-
le Wasser zu liefern, ebenso sind wir von der Unterhaltung der Was-
serleitung befreit.
Die Gemeinde wird Eigenthümerin der Leitung sein, sie ver-
pflichtet sich jedoch den Gütern Vaen und Mützhof, welche dem
Herrn Kesselkaul zugehören, kein Wasser zu liefern, es sei denn,
daß dieser letztere auf die Entschädigung verzichte oder verzichten
müsse, welche die Gesellschaft ihm für die angebliche Wasserentzie-
hung zweier Brunnen bezahlt. In diesem Falle, und wenn die Brun-
nen nicht schon Wasser führen, würde die Gesellschaft bereit sein
auf ihre Kosten eine Anschlußleitung bis zu denselben zu erstellen,
wohingegen die Gemeinde auf eine Erhebung von Abgaben für die-
ses Wasser seitens des Herrn Kesselkaul oder seiner Nachfolger Ver-
zicht leistet.
Die Gemeinde würde im Falle der Nichtbeachtung obiger Ver-
pflichtung einen Betrag von jährlich 546,16 Mark an die Gesell-
schaft zu zahlen haben.
Die Gemeinde gestattet der Gesellschaft, unter den gleichen
Bedingungen andere Anschlüsse an die Leitung zu machen, für den
Fall, letztere sich vor Reklamationen für Wasserentziehung befin-
den sollte.
Die Gemeinde verbürgt sich der Gesellschaft gegenüber, für je-
den Schaden, welcher dritten Personen durch die Ausdehnung der
Wasserabgabe entstehen könnte und die ihrerseits glauben sollte,
hierfür gegen die Gesellschaft Rekurs ergreifen zu können.
”Zu den Akten
Walhorn, den 28.9.1910
Der Bürgermeister”
Dieses ”Angebot” wurde vom Gemeinderat abgelehnt (23.
Nov. 1910).
Das Hauptargument lautete :
”... und eine Leitung übernehmen würde, die ... für die Bedürfnisse
des Ortes Astenet nicht genügend groß angelegt ist.
... Die Leitung hat wie angegeben wird, eine zu geringe Röhrendi-
mension und genügt voll für die Paar angeschlossenen Häuser, aber
| keineswegs für den vollen landwirtschaftlichen Betrieb und weitere
Häuseranschlüsse ...”
N Am 10. Dezember 1921 schreibt Josef L. Pirnay (Neuhaus-Astenet)
an Bürgermeister Zimmermann zu Walhorn :
67
”Da diese Wasserleitung seit Jahren ein Schmerzenskind der Ge-
meinde ist, wäre vielleicht die Frage an der Zeit, ob die ganze Lei-
tung nicht in irgendeiner Form von der Altenberger Gesellschaft an
die Gemeinde abgetreten werden könnte. Alle diejenigen, welche an
diese Leitung anschließen, erhalten eine Wasseruhr, und bezahlen
pro Kubikmeter, um auf diese Art die Kosten der Unterhaltung der
Leitung herauszubringen ... gez. Josef L. Pirnay”
Dieser Vorschlag, so meine ich, war nicht uneigennützer Natur.
Herr J.L. Pirnay erhoffte sicherlich eine Verbesserung der Wasser-
leitung, denn sowohl das Katharinenstift wie auch Schloß Neuhaus
hatten immer wieder (bedingt durch die Höhenlage) unter Versor-
gungsschwierigkeiten zu leiden.
Im ”Bericht, betreffend die Asteneter Wasserleitung” schreibt
der Gemeindesekretär Friedrich Hamacher, am 16. Sept. 1945 :
”Nach langen und schwierigen Verhandlungen gelang es 1929 der
Gemeinde, die Leitung von der Societe Vieille Montagne kostenlos
zu übernehmen und nun konnten alle im Bereiche der Leitung lie-
genden Häuser und Grundstücke angeschlossen werden. Der nutz-
lose Auslauf am Diepelter wurde geschlossen und das Wasser wurde
der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.”
68
Ein Kreuz am Wegrand
von Leo Homburg
Als ich 1929 den Hof Fossey bezog, befand sich am von Aste-
net kommenden, alten, schmalen Weg, rechter Hand, kurz vor der
1907 gebauten Prester-Bahnbrücke ein Blausteinsockel mit der Jah-
reszahl 1875 und darauf ein schönes gußeisernes Kreuz. Auf meine
Frage, was es damit auf sich habe, erzählte man mir, dort sei eine
Frau aus Eynatten vom Zug überfahren worden.
Bis zum Bau der Brücke bei Prester, sie steht noch auf Walhor- ,
ner Gebiet, führte der von Lontzen kommende Fußweg bei Prester
über die Bahngleise und dann weiter in Richtung Hauset-Eynatten.
Über 100 Jahre hatte das Kreuz unbeschädigt an seinem alten
Platze gestanden; dann wurde es am 11. März 1977 aus dem Stein-
sockel, dessen oberer Teil dabei abgeschlagen wurde, ausgebrochen
und war verschwunden.
Einige Tage später sagte mir der in der Nähe wohnende Land-
wirt Jos. Hoen, er habe das Kreuz in der nach Hauset führenden
”Krummen Eselsgasse” gefunden. Wenn ich es wieder auf den Sok-
kel setzen wollte, würde er es mir geben.
Am darauffolgenden Tag ging ich, das Kreuz zu nolen und
mußte feststellen, daß inzwischen auch der Sockel entfernt worden
war. Man hatte nämlich mit dem Ausbau des Weges bis zur Hause-
ter Gemeindegrenze begonnen. Ich fragte den Baggerführer, wo
denn der Sockel geblieben sei; er antwortete mir, der zum Teil
zerschlagene Sockel haben keinen Wert mehr gehabt und er habe ihn
untergebaggert! Erst als ich ihm das Kreuz zeigte, das ich wieder auf
den Sockel setzen wollte, baggerte er diesen wieder aus und brachte
ihn auf die andere Straßenseite, die von der vorgesehenen Erbreite-
rung unberührt blieb. Noch am selben Tage wurde er vor einem
Weidenkätzchenbaum wieder eingesetzt.
Der 48 Jahre zuvor erhaltene Hinweis auf die Frau aus Eynat-
ten sollte nun weiter verfolgt werden. In Hauset gab es diesbezü-
glich keine standesamtliche Eintragung. Dafür aber konnte ich in
der dortigen Pfarrchronik folgendes lesen : ”Am 8. November 1875
abends 1/2 6 Uhr wurde die 78 Jahre alte Witwe Jackemin auf dem
Rückweg von der Lontzener Kirmes bei Prestert vom Zuge erfaßt,
getötet und schrecklich zugerichtet. Unweit davon steht nun auf
| einem Steine ein Kreuz aus Eisen.”
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Auch die Walhorner Gemeindechronik vermerkt den Unfall.
Sie schreibt : "Am 8. November 1875 wurde eine alte Frau namens
Jackemin von Hauset bei Prestert auf hiesigem Gebiete vom
Schnellzuge erfaßt und sofort getötet in dem Augenblicke, als sie
den diesseits Prestert von Astenet nach Hauset die Eisenbahn
überschneidenden Fußweg passierte.”
Nachdem ich das Kreuz mit der Stahlbürste gereinigt hatte,
strich ich es an und beschriftete es; den abgeschlagenen Sockelkopf
ergänzte ich durch einen Betonkranz. Dann umgab ich das Kreuz
mit einem Drahtzaun und pflanzte davor eine Dornenhecke. Am 9.
Mai stand das Kreuz auf seinem neuen Platz, dem alten gegenüber.
Die standesamtliche Eintragung des Todes der Witwe Jacke-
min fand ich später in Walhorn. Darin erklären Lambert Jackemin,
ein Sohn der Verstorbenen, und der Hilfswächter Mathias Vankam,
ein Nachbar derselben, ”daß am 8. November d.J., um 5 Uhr nach-
mittags, zu Astenet, Gemeinde Walhorn, verstorben ist die Anna
Katharina Hausmann, Witwe von Laurenz Jackemin, 78 Jahre alt,
Tochter von Nikolaus Hausmann und Anna Petronella Thielen.”
70
Trotz Draht und Dornenhecke wurde das dünne Gußkreuz in
der Nacht zum 28. Februar 1982 von Unbekannten eine Hand breit
über dem Sockel abgebrochen. Ich fand es im Gestrüpp des Bahn-
dammes liegend.
Nachdem ich den 5 Jahre zuvor angebrachten Betonkranz
abgeschlagen hatte, ging ich mit den beiden Kreuzteilen zur
Schmiede, wo ich sie auf einem 3 cm dicken Flacheisen befestigen
ließ. Nach Anstrich und neuer Beschriftung betonierte ich das
Kreuz wieder ein und seit dem 5. April 1982 steht es wieder an sei-
nem Platz bei Prester.
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Der Sockel mit der Jahreszahl 1875
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71
Der Bombenangriff auf den Bahnhof
Montzen am 27.-28. April 1944
von Joseph Leclerc
In Nr. 33 dieser Zeitschrift (S. 4 - 15) hat Herr Hubert Beckers
dem Bombenangriff auf Montzen einen längeren Aufsatz gewidmet.
Da ich selbst Zeuge dieses Angriffs gewesen bin, erlaube ich mir,
dem von Herrn Beckers Gesagten einige Ergänzungen hinzuzufü-
gen und auch die Frage aufzuwerfen, ob nur ”klar überdachte stra-
tegische Gesichtspunkte” für das Bombardement ausschlaggebend
gewesen sind.
Das durch Hitler rechtswidrig annektierte Montzener Gebiet
hatte, wie auch anderswo üblich, regelmäßig Rindvieh und Schwei-
ne abzuliefern. Wie die anderen Viehhalter auch, hatte ich ebenfalls
schon zwangsweise Vieh abliefern müssen. Am 27. April 1944, dem
Tag vor dem Angriff auf Montzen, hatte ich vier fette Schweine am
Bahnhof Montzen abzuliefern. Fast sämtliche Landwirte der Gem-
menicher Gegend waren an jenem Tage mit Schweinen oder Vieh
dort vertreten. Man kann wirklich von einer Großzwangsabgabe
sprechen, die dort stattfand. Der Viehauftrieb, die vielen Pferdekar-
ren, die den ganzen Tag über am Bahnhof Montzen standen, das
Sortieren des Viehs und dessen Einteilung in verschiedene Katego-
rien und schließlich das Verladen der Tiere in einen abnorm langen
Güterzug : dies alles machte Montzen an jenem Tage zu einem idea-
len Angriffsziel. Unsere Pferde wurden durch Hunger und Durst
unruhig und wir selbst hatten Angst, daß die Alliierten von dem Ge-
schehen in Montzen unterrichtet werden könnten. ”Dann”, so sag-
ten wir uns, ”sind die Bomber hier, ehe wir wieder zuhause sind!”
Meine Schweine wurden erst sehr spät abgeladen. So kam ich
an diesem Tage auch entsprechend spät nach Hause. Es hieß nun
noch, die liegen gebliebene Arbeit verrichten, und es war nach mein-
ner Erinnerung etwas nach Mitternacht, als die Leuchtkugeln bis
über meine Wiese am Himmel standen. Die Nachbarn kamen wie
immer gelaufen, um in meinem gewölbten Keller Schutz zu suchen.
In Montzen war der Viehtransport kurz vorher abgefahren; die
alliierten Flieger kamen zu spät. Ich habe damals gehört, daß der
außergewöhnliche Transport durch Verbindungsleute gemeldet
worden war.
72
Der Bombenangriff auf Montzen war gewiß die Hauptursache
für Schäden an Häusern und anderen Einrichtungen. Es sind aber
auch V1 dort niedergegangen. Eine V1 fiel hier in Gemmenich, nur
einige hundert Meter von meinem Haus entfernt in die Wiesen.
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Schloß Belderbusch, Montzen, bevor es beim Angriff auf den Bahnhof Montzen
zerstört wurde.
Es sei auch noch hinzugefügt, daß auf dem Montzener Denk-
mal nicht alle Opfer des dortigen Angriffs verzeichnet sind. So fand
Herr Hubert Habets aus Terstraeten (Gemmenich) den Tod beim
Bombenangriff. Sein Denkmal befindet sich auf dem Friedhof zu
Gemmenich. Hubert Habets war damals als Gehilfe bei Rosalie
Otten-Lemmens und mit einem der Kinder des Hauses auf dem
Schoß fand er den Tod in der Kellertreppe des von einer Bombe ge-
| troffenen Hauses. Die Familie Otten wohnte neben dem histori-
| schen Schloß Belderbusch, das durch den Angriff gänzlich zerstört
; wurde. Der Turm stand zwar noch, war aber stark geneigt und ist
| nach einigen Jahren eingestürzt. Dieses Schloß Belderbusch war im
|
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73
Besitz von Frau Ernst, damals in Brüssel wohnhaft, inzwischen aber
verstorben. Auch das Gut Otten sowie das von einer V1 getroffene
Gut in der Nähe des Dorfes waren Eigentum von Frau Ernst, deren
Tochter in Amerika wohnt, während eine Schwiegertochter in Brüs-
sel ansässig ist.
Nach dem Bombenangriff wurden viele Leute der Umgebung
zu Aufräumungsarbeiten verpflichtet, so auch mein Bruder, der ne-
ben mir wohnte. Ich selber fuhr damals die Milch zur Molkerei nach
Homburg und habe manchen Luftkampf im Schutz einer Brücke
oder neben dem Pferd flach auf der Erde liegend erlebt.
Geld ist der Nerv des Krieges. Ebenso wichtig ist die Ernäh-
rung. Daher meine ich, der Angriff auf den Montzener Bahnhof ha-
be dem großen Vieh- und Schweinetransport gegolten. Dies war
meiner Ansicht nach das ausschlaggebende Motiv der Alliierten.
74
Die Vereinigung trauert um zwei ihrer verdienstvollen
Mitglieder :
Pfarrer Joseph Olbertz,
von 1945-1972 Pfarrer von Kelmis, Gründungsmitglied
unserer Vereinigung, starb in Jülich, am 22.12.1983, im
Alter von 81 Jahren.
Franz Uebags,
unseren Lesern durch zahlreiche Beiträge zur Ge-
schichte des Altenberger Grubenfeldes bestens
bekannt, starb in Verviers am 21.12.1983 im Alter von
71 Jahren.
Die beiden Verstorbenen haben sich um unsere Verei-
nigung und um das Kulturelle Leben unserer Heimat
verdient gemacht.
|
75
Späte Jahre
von Leonie Wichert-Schmetz
Der Kreis wird kleiner,
Enger wird die Welt.
Was übrig ist von meiner
Schar, das fällt
Auch bald dahin.
Einsamer, stiller wird der Sinn.
Und will er sich neu erfüllen,
Bleibt nur eins :
Den Kern befrei’n aus den Hüllen
Des schönen Scheins.
Zu suchen und zu finden,
Was das Wesen ist,
Das kann dich binden
Zu jeder Frist.
Von allen Dingen
Betrachte nur den Kern,
Dann wird der Weg gelingen
zu unserm Herrn.
76
Bergmannslos (Forts.)
von Peter Zimmer
”Bah - das sind doch nur Köhler!”
Sehr häufig hörte man in der hiesigen Gegend diese abfällige
Bemerkung, wenn über Menschen, die diesem Berufsstand angehör-
ten, gesprochen wurde. Viel trauriger war jedoch, daß man sich am
liebsten in der Öffentlichkeit von den Grubenarbeitern fernhielt. In
den Zugabteilen, in Lokalen und bei Veranstaltungen war deren
Anwesenheit vielfach ungern gesehen. Manche Eltern gaben ihren
| Töchtern gar den Rat, die Bekanntschaft mit dem einen oder ande- *
| ren jungen Köhler zu vermeiden. Auch wurden in Volksschulklas-
| sen ältere Schüler, die nicht allzu fleißig waren, oftmals zum Lernen
| angespornt, indem man ihnen sagte : ”Wenn Ihr nicht besser lernt,
werdet Ihr nur Straubfresser der Grube Werister werden!”
Sicherlich waren solche Äußerungen und Verhaltensweisen in
| den meisten Fällen nicht böse gemeint. Häufig waren sie bloß unü-
| berlegt. Trotzdem bedeuteten sie den Köhlern, daß ihr Beruf sei-
| tens der Mitmenschen keinerlei Wertschätzung genoß und daß sie
nur als minderwertige Geschöpfe angesehen und behandelt wurden.
Infolgedessen konnte es nicht ausbleiben, daß sowohl die älteren wie
die jungen im Steinkohlenbergbau beschäftigten Arbeiter sich wie
Ausgestoßene fühlten und dementsprechend Wege gingen, die nicht
zur Hebung ihres Berufsstandes beitrugen.
Glücklicherweise gab es zu dieser Zeit jedoch vereinzelt auch
Mitmenschen, welche sich ihrer annahmen und ihr Los zu verbes-
sern suchten. Einer von diesen war der aus Gemmenich gebürtige
| damalige Kelmiser Kaplan Joseph Wenders, der im November 1981
| im hohen Alter von 90 Jahren in Henri-Chapelle verstarb. Dieser ei-
| frige Seelsorger und Jugendfreund hat in den zwanziger Jahren dies-
| bezüglich in Kelmis wahre Pionierarbeit geleistet. Er war es, der
| 1925 dort eine Abteilung der christl. Jungarbeiterbewegung gründe-
|) te und sich in hervorragender Weise darum bemühte, aus den Rei-
| hen der Köhler mutige Sozialkämpfer heranzubilden. Unermüdlich
N spornte er sie zur Selbstachtung an und prägte ihnen bei jeder Gele-
N genheit ein : ”Nur wer sich selbst achtet, kann verlangen, daß er auch
4 von'den Mitmenschen geachtet wird.” Diese Worte haben die Köh-
ler,.die in ihrer Jugendzeit mit ihm zusammengearbeitet haben, nie-
mals in ihrem Leben vergessen. Sie verfehlten auch ihre Wirkung
79
Mitstreiter zur Erlangung menschlicher Rechte sowie eines würdi-
gen Platzes in der menschlichen Gesellschaft. Er stand ihnen mit
großer Tatkraft jederzeit zur Seite, wo es galt, ihre Ansprüche geltend
zu machen und gab ihnen Gelegenheit, sich während ihrer Freizeit
dem kulturellen Leben zu widmen. Dank seiner opfervollen Tätig-
keit wuchs innerhalb des Köhlervereins eine Mannschaft heran,
welche die Fähigkeit besaß, die Interessen der hiesigen Bergleute auf
regionaler und nationaler Ebene erfolgreich zu verteidigen. Durch
ihren unermüdlichen Einsatz am Arbeitsplatz gewannen sie eben-
falls das Vertrauen und die Sympathie ihrer wallonischen Arbeits-
kollegen, wodurch sie im Herver Land schon während der dreißiger
Jahre als erste der Christl. Grubenarbeitergewerkschaft den Weg
bahnen konnten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß
aus ihren Reihen auch die ersten Delegierten dieser Bergarbeiterge-
werkschaft des Bezirks Verviers hervorgingen, die im Verlaufe der
Jahre Mitglieder der Komitees für Hygiene und Sicherheit im Berg-
bau wurden sowie auch dem Betriebsrat verschiedener Zechen an-
gehörten.
Einige von ihnen nahmen sogar regelmäßig an Tagungen und
Kongressen in Brüssel teil und wurden in den Nationalvorstand der
Gewerkschaft gewählt, wodurch sie die Belange der ”Köhler” aus
den hiesigen Ortschaften tatkräftig in den Vordergrund stellen
konnten. Dadurch schlossen sich immer mehr Grubenarbeiter der
hiesigen Gebiete sowie des Herver Landes der Christl. Gewerk-
schaft an, so daß im Jahre 1933 der Kelmiser Verein schon rund 250
Mitglieder zählte. Ganz besonders muß aber auch hervorgehoben
werden, daß auch die Bergwerksgesellschaften großen Wert auf die
Arbeitskräfte aus den Göhltalortschaften legten, weil diese
regelmäßig, verantwortungsvoll und pflichtbewußt jede Arbeit, die
ihnen anvertraut wurde, ausführten. Dies hatte zur Folge, daß ihre
Vorgesetzten nicht nur den vollen Einsatz am Arbeitsplatz lobten
und bewunderten, sondern auch die Vereinstätigkeiten jederzeit
wohlwollend unterstützten.
Aber auch Kaplan Franz Darcis belohnte ihren
christl.-sozialen Kampfgeist, indem er 1933 für die Kelmiser Köhler
nach einem Entwurf von Kanonikus Lemaire, Hochschullehrer in
Löwen, die erste Vereinsfahne in Antwerpen anfertigen ließ. Das
Fahnenweihfest fand im selben Jahr in Verbindung mit einem
großen Bergarbeitertreffen statt, an dem außer zahlreichen Persön-
lichkeiten und bergmännischen Vereinen aus Limburg auch Arbei-
tervereine der hiesigen Gegend teilnahmen. Nach dem Festzuge, an
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Eine Aufnahme des Bleyberger Köhlervereins anläßlich der Fahnenweihe im Jahre
1938. Von diesen Grubenarbeitern leben heute nur noch einige.
Im selben Jahr verließ auch Kaplan Darcis Kelmis : Er war
zum Pfarrer von Schönberg ernannt worden. Wenn dies auch ein
großer Verlust für den Verein war, so konnte er dennoch überwun-
den werden, weil die Nachfolger von Kaplan Franz Darcis sich ei-
frig bemühten, ihm jedwede Hilfe zu gewähren. Infolge der Welt-
wirtschaftskrise der dreißiger Jahre fanden aber die Forderungen
der im Bergbau Beschäftigten nicht den erhofften Anklang und fie-
len durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges völlig ins Wasser. Der
Krieg führte dazu, daß die Bergleute der Göhltalortschaften ihren
gewohnten Arbeitsplatz aufgeben mußten und nur noch im Aache-
ner Steinkohlenrevier ihre Berufstätigkeit fortsetzen konnten. Da-
durch kam die Vereinstätigkeit zum Stillstand; zahlreiche Köhler
verließen allein oder mit ihren Familien ihre Heimat, um sich im
Herver Land niederzulassen, wo sie in den dortigen Bergwerken ihre
gewohnte Beschäftigung wieder aufnehmen konnten. Die Aufnah-
me bei der wallonischen Bevölkerung war überaus herzlich; Entbeh-
rungen und Verfolgungen während der Kriegsjahre haben die Köh-
ler, von wahrer Vaterlandsliebe beseelt, standhaft erduldet. Viele
|
| 82
von ihnen sind sogar nach dem Kriege dort wohnhaft geblieben, wo-
mit sie bekundet haben, daß sie sich in dieser Gegend heimisch und
| mit den Bewohnern eng verbunden fühlen. Auch die anderen ”Köh-
ler” der hiesigen Gegend, die im Aachener Steinkohlenrevier tätig
waren, erwarteten sehnlichst das Kriegsende, um wieder in ihrem
| früheren Revier die Arbeit aufnehmen zu können. Als dann Mitte
September 1944 das Göhltal durch amerikanische Truppen von der
| Annektion an das dritte Reich befreit worden war, versuchten so-
fort einige Verantwortliche des Köhlervereins, zwecks Arbeitsauf-
nahme mit den Bergwerksbetrieben im Herver Raum in Verbin-
dung zu treten. Da zu dieser Zeit in unserer Gegend noch Kriegswir-
| ren herrschten und wegen Militärtransporten der öffentliche Ver- -
| kehr zum Landesinnern völlig zum Stillstand gekommen war, berei-
| tete ihnen dieses Vorhaben Schwierigkeiten. Schließlich konnte aber
| der Vereinspräsident auf Umwegen erfahren, daß die Grube Ha-
| sard, die im Raum Micheroux-Soumagne lag, sofort alle Kelmiser
| Grubenarbeiter einstellen würde, wenn sie selbst für ein geeignetes
| Transportmittel sorgen könnten. Ohne zu zögern unternahm der
| Vereinspräsident sogleich die erforderlichen Schritte bei der Ge-
| meindeverwaltung sowie beim Autobusbesitzer Herrn Jakob Pauly.
| Nach einer sachlichen Aussprache bezüglich des Angebotes dieser
| Bergwerksdirektion erklärten sich dann diese Herren bereit, mit
dem Vertreter der ”Köhler” in einem durch die Gemeinde beschlag-
nahmten Fahrzeug nach Micheroux zu fahren, um mit der Direk-
tion der Grube ein Gespräch zu führen, wozu auch die amerikani-
sche Militärbehörde die Erlaubnis erteilte.
Das Gespräch erbrachte folgendes Ergebnis : alle Kelmiser Berg-
leute konnten sofort, nach einer ärztlichen Untersuchung auf der
Grube, die Arbeit dort aufnehmen. Herr Pauly stellte für die tägli-
chen Hin- und Rückfahrten seine Autobusse zur Verfügung. Die
— Bezahlung des Busfahrers wurde von der Grube übernommen so-
wie auch die Verpflichtung, das erforderliche Benzin für die Fahr-
ten zur Verfügung zu stellen und alle Reparaturen, die am Bus ent-
standen, in den Werkstätten der Grube ausführen zu lassen.
Dank dem Entgegenkommen der Bergwerksdirektion, der Be-
| reitwilligkeit des Herrn Jakob Pauly, heute Firma Sadar, der Unter-
| stützung seitens der Gemeindeverwaltung und dem Einverständnis
f der, amerikanischen Militärbehörde, welche jedem ”Köhler” einen
| Passierschein ausstellte, konnten die Kelmiser Bergleute schon An-
83
SE
Ein von der amerikanischen Behörde am 3. Oktober 1944 ausgestellter Passier-
schein, mit dem der Verantwortliche der Kelmiser Köhler zwecks Arbeitsaufnahme
zur Grube Hasard fahren konnte.
fang Oktober 1944 täglich mit einem Autobus an Panzer und Mili-
tärkolonnen vorbei unbehindert als erste, noch vor Kriegsende und
ehe wieder normale Verhältnisse eingetreten waren, wieder zur
Grube fahren und ihren gewohnten Beruf ausüben. Nachdem dies
rund eine Woche lang geschehen war, trat erneut eine Schwierigkeit
auf, welche die Unzufriedenheit der arbeitswilligen Bergleute her-
vorrief. Es war nämlich so, daß den hiesigen Bäckern das notwendi-
ge Mehl fehlte, um genügend Brot herzustellen für die ”Köhler”, die
auf der Grube zusätzliche Brotmarken erhielten. Infolgedessen
wandten sich einige ihrer Vertreter an die Gemeindeverwaltung, um
eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Da dieselbe aber ausblieb
und ein Feiertag für die Bergleute, das St. Leonardusfest, heran-
nahte, beschlossen sie, anläßlich dieses Festtages die zuständigen
Gemeindevertreter zu einer öffentlichen Versammlung mit freier
| 84
Aussprache über dieses Problem einzuladen. Diese fand am 6. Nov.
1944 in der Neustraße im Lokale Quadflieg statt. Völlig überrascht
waren die zahlreich erschienenen ”Köhler”, als drei Gemeindever-
treter in Begleitung des Feldhüters das überfüllte Lokal betraten.
Der Polizist sollte, nach seinen eigenen Aussagen, für Ruhe und
Ordnung sorgen. Der Vorsitzende begrüßte diese Herren und brach-
te humorvoll zum Ausdruck, daß es eine Freude für die Kelmiser
Bergleute sei, zum erstenmal in ihrer traditionsreichen Vereinsge-
schichte eine Versammlung unter Polizeiaufsicht abhalten zu kön-
nen, was sicherlich zu einem friedlichen Verlauf derselben sowie zu
einer gerechten Lösung der augenblicklichen Schwierigkeiten füh-
ren werde. Dies war auch tatsächlich der Fall, denn rasch wurde "
| nach einer sachlichen Aussprache die gewünschte Einigung erzielt,
die folgende Regelung mit sich brachte : Die Gemeindeverwaltung
übernahm ab sofort die Verpflichtung, bis zum Wiedereintritt nor-
| maler Verhältnisse, einem Bäcker der Ortschaft, der von den Berg-
| leuten bestimmt würde, für das erforderliche zusätzliche Brot genü-
| gend Mehl zur Verfügung zu stellen.
| Diese Vereinbarung war ein ermutigender Erfolg für alle, die
| zu dieser Zeit schon wieder unter schwierigen Verhältnissen die Ar-
| beit im Steinkohlenbergbau aufgenommen hatten. Erfreulich war
| aber auch für dieselben, als am Ende der Versammlung die Gemein-
devertereter sich äußerten, sie hätten nie zuvor geglaubt, daß die
”Köhler” solche friedfertigen, großherzigen und arbeitswilligen
Menschen seien! Durch diese Äußerungen angespornt, setzten die
Grubenarbeiter trotz vieler Unannehmlichkeiten beharrlich ihre
Arbeit fort, bis nach Kriegsende, im Mai 1945, auch andere Berg-
werksbetriebe ihnen wieder wie früher ihre gewohnten Arbeitsplät-
ze anboten, die sie fast alle ohne zu zögern annahmen.
Neben ihrer beruflichen und gewerkschaftlichen Tätigkeit be-
mühten sich die Bergleute aber auch, auf lokaler Ebene neue Aktivi-
täten ins Leben zu rufen. Nach dem Beispiel der Kelmiser und Bley-
berger Köhler‘ gründeten im Jahre 1946 auch die Gemmenicher
Bergleute in ihrer Ortschaft einen Verein, und zwar den ”Bergmanns-
verein St. Barbara”. Zwischen Kelmis, Bleyberg und Gemmenich
| herrschte Kameradschaft und gegenseitige Hilfsbereitschaft, wo-
durch in den drei Bergbauortschaften eine rege Vereinstätigkeit ent-
stand und die Pflege des bergmännischen Brauchtums eine Blütezeit
| erreichte. Die Bergleute nahmen an weltlichen und kirchlichen Ver-
| anstaltungen teil, gründeten innerhalb ihrer Vereine Unterstüt-
4
|
|
|
|
| 86
| so daß nach 1946 Gemeinderatsmitglieder, Schöffen und Bürger-
| meister aus den Reihen der ”Köhler” hervorgingen, wie dies schon
| vor dieser Zeit in zahlreichen anderen Bergbauortschaften unseres
| Landes der Fall gewesen war.
| Der Jungpriester Hermann Thoma aus Welkenraedt, der 1955
| Kaplan wurde, interessierte sich ganz besonders für die Pfarrange-
| hörigen, die den Bergmannsberuf ausübten sowie für alle kranken
und körperbehinderten Mitmenschen. Als wahrer Apostel der
| Nächstenliebe stand er ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Wenigstens
einmal im Monat empfing er die Mitglieder des Vereinsvorstandes
| sowie die Kelmiser Gewerkschaftsdelegierten der Kohlengruben in
| seiner Wohnung, um mit ihnen Religionsfragen und Arbeitsproble-
| me zu besprechen. Er spornte sie an, einen Krankenbesuchsdienst
| ins Leben zu rufen und gab ihnen Anregungen zur Bewältigung der
| verschiedensten Probleme, die sie an Berufskollegen weitergeben
| und gemeinsam verwirklichen konnten. Auch Pater Gratianus Stu-
| lens, O.F.M., aus Lüttich, welcher sich bemühte, die christl. Berg-
| leute der Provinz Lüttich über die Tätigkeit der limb.
| Grubenarbeiter-Krankenträger zu informieren, kam zu dieser Zeit
| jeden Monat zu diesem Zwecke nach Kelmis und besuchte einige
/ ”Köhler”. Dank diesem Ordensmanne und der Mithilfe von Kaplan
Thoma entstand im Jahre 1956 (neben dem Köhlerverein) auch in
| Kelmis eine solche Vereinsgemeinschaft, deren Mitglieder sich vor
/ allem in den Dienst der Kranken stellten. Als einziger in der Provinz
| Lüttich organisiert er seit 1957 in Zusammenarbeit mit der limburgi-
| schen Grubenarbeiter-Krankenträger-Vereinigung alljährlich eine
| Pilgerfahrt nach Lourdes, woran durchschnittlich 45 Pilger der hie-
| sigen Gegend, eine Gruppe ”Köhler” als Krankenbetreuer sowie we-
| nigstens ein Kranker oder Betagter der Pfarre kostenlos teilnehmen.
| Einmal im Monat besuchten sie auch die kranken und altersschwa-
| chen Einwohner der Ortschaft und gaben zahlreichen Behinderten
| und Betagten einmal im Jahre die Gelegenheit, die Gnadenorte Mo-
resnet und Banneux unentgeltlich zu besuchen und dort einige er-
holsame Stunden zu verbringen. Auch stellten sie sich zur Verfü-
; gung und sie tun es bis zum heutigen Tage, um in der Gemeinde bei
| Beerdigungen die Leichenträgerdienste zu übernehmen. Trotz all
| dieser Aktivitäten, die keinem Vergnügungszweck dienten, mußten
| sie aber leider allzuoft feststellen, daß es innerhalb der Ortschaft im-
| mer noch Menschen gab, die jede Gelegenheit benutzten, um Ööf-
fentlich darauf aufmerksam zu machen, daß sie NUR Köhler und
keine achtbaren Menschen seien. |
|
||
|
| 88
| indem sie anläßlich einer Haussammlung die beachtliche Summe
| von rund 30.000 Franken spendete. Auch die Altenberger Berg-
werksgesellschaft ”Vieille Montagne” ließ dem Verein eine finan-
zielle Spende zukommen. Unentgeltlich verrichteten zahlreiche
”Köhler” nach Feierabend während vieler Wochen die erforderli-
chen Vorbereitungsarbeiten und stellten auch selbst den Gedenk-
stein nicht weit von der Stelle entfernt auf, wo bis 1884 der heimi-
sche Bodenschatz Galmei in der Grube Altenberg abgebaut wurde.
Das Denkmal besteht aus einem großen und einem kleinen Granit-
block, die zusammen ein Gewicht von zirka 7 Tonnen aufweisen.
Diese rauhen Granitsteine lieferte die Firma J. Therer aus Malme-
s dy; sie waren in der Nähe der französischen Grenze gefunden wor- .
den. Außer den Jahreszahlen 1858-1958 und dem Symbol des Berg-
baus, Schlägel und Eisen, wurde an der Gedenkstätte der Glück-
Auf-Gruß der Bergleute angebracht. Am 22. Juni 1958 fand dann
das erste eindrucksvolle internationale Bergarbeitertreffen in Kelmis
statt, dessen Höhepunkte der großartige Festzug mit in- und auslän-
dischen Bergwerkskapellen und bergmännischen Vereinen, die Ent-
hüllung des Gedenksteines sowie die Fahnenweihe der
Grubenarbeiter-Krankenträger waren.
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So sah ursprünglich die von den Bergleuten errichtete Gedenkstätte im Kelmiser Ge-
| meindepark aus.
89
Zahlreiche Vertreter der weltlichen und kirchlichen Behörden
bekundeten damals durch ihre Anwesenheit den Bergleuten ihre
Sympathie. Monseigneur Van Zuylen, der damals noch Weihbi-
schof war, weihte persönlich die erste Fahne des Grubenarbeiter-
Krankenträgervereins und dankte allen Bergleuten mit folgenden
Worten : ”Wir bewundern Euer schönes Werk. Den Kelmiser Berg-
leuten gilt heute unser besonderer Ehrengruß! Ihnen ist zu verdan-
ken, daß die Gemeinde ist, was sie ist. Wir loben ihren Mut und ih-
ren Arbeitsgeist. Wir danken ihnen vor allem für ihren
unerläßlichen Beitrag zum wirtschaftlichen Leben, ganz besonders
aber für ihren unschätzbaren Beitrag zum religiösen Leben unseres
Landes. Von ganzem Herzen danke ich aber auch unseren Brüdern
aus Deutschland und Holland. Eure Anwesenheit legt Zeugnis ab
vom Willen aller zum Frieden und zur Zusammenarbeit.”
Nach der Denkmalsenthüllung, die der älteste Bergmann der
Ortschaft, Herr Leonard Stammen, vornahm, ergriff der Kelmiser
Bürgermeister und Abgeordnete Peter Kofferschläger das Wort und
hielt folgende Ansprache : ”Kelmis ist stolz auf seine Bergarbeiter.
Nur mit ganz wenigen Ausnahmen sind die einheimischen Bewoh-
ner nicht Abkommen der braven Bergarbeiter. Wir sind Bergarbei-
terkinder und wollen mit Stolz an diesem Tage unserer Vorfahren ge-
denken. Wir wollen dem edlen und stolzen Bergmannsberuf ein Lob-
lied singen. Der harte und gefährliche Beruf hat dem Kumpel der
Grube in seinem Äußeren kein lachendes, nicht das Gesicht eines
Filmstars geprägt, aber wir wissen, warum er schuf, es war, um seine
Familie und Kinder zu ernähren, aber auch zum Reichtum für die
Gemeinschart. Er selbst hat meistens den wenigsten Nutzen gezo-
gen. Aber stets sind die Bergarbeiter den Weg der Arbeit und Pflicht-
erfüllung gegangen. Darum soll dieser einfache Granitstein mit
bronzenem Hammer und Pickel uns stets ein Denkmal bleiben, das
die Gemeindeverwaltung immer sorgsam und mit Liebe hüten wird.
Seien sie überzeugt, lieber Herr Vorsitzender, Ihr Kelmiser Kum-
pels : Wir werden Euer Denkmal in Ehren halten, heute und in der
Zukunft! Heute sind wir besonders stolz, Euch alle Vertreter der
Bergleute von Deutschland, Holland und Belgien, bei uns in dieser
Stunde zu begrüßen. Wenn wir unsere Bergleute ehren und Ihr
Euch zu uns gesellt, hier an dieser Ecke, wo drei Länder der Montan
Union zusammenstoßen, so hat dieser Tag auch noch eine weitere
Bedeutung. Als erstes betrachte ich diese Zusammenkunft als ein
Treffen der Kameradschaft und Solidarität. Die Männer der Zechen
aus dem Ruhrgebiet, von holländisch und belgisch Limburg, werden
90
gemeinsam für ihr Los kämpfen müssen, auf daß dem Bergmannsbe-
ruf mehr Ehre und Achtung entgegen gebracht wird. Reicht Euch
brüderlich die Hand, und der heutige Tag möge für Euch alle bleiben
ein Tag der Freude, der innigen Verbundenheit aller Grubenarbei-
ter. Unser herzlicher Gruß verbunden mit unserem Dank begleitet
Euch in Eure Heimat.”
Am 24. Juni 1958 brachte das Grenz-Echo der Öffentlichkeit
den vollen Wortlaut beider Ansprachen zur Kenntnis, wodurch alle
Mitmenschen erfahren konnten, welche Dankbarkeit und Wert-
schätzung den Bergleuten seitens der kirchlichen und weltlichen
Obrigkeit bekundet wurden. Zwei Jahre später, am 13. September ‚,
1960, verstarb leider allzufrüh der Bürgermeister und Abgeordnete
Peter Kofferschläger. In den darauffolgenden Jahren zeigte es sich,
daß man seinen Worten in gewissen Kreisen wenig Beachtung
schenkte. In diesem Zusammenhang braucht man nur auf den Le-
serbrief : "Quo vadis Calaminia?” hinzuweisen, welcher am 3. No-
vember 1962 im Grenz-Echo erschien. Da durch den Inhalt dessel-
ben unter anderem angedeutet wurde, daß ein Bergmann nicht ei-
nen Brief oder ein Zirkular lesen und interpretieren konnte, erteilten
seine früheren Arbeitskollegen dem oder den Schreibern unter der
gleichen Überschrift die gebührende Antwort und setzten ihre unei-
gennützige Tätigkeit standhaft fort, indem sie, brüderlich vereint,
der Öffentlichkeit durch Taten verkündeten, was der unvergeßliche
Bergmannsdichter Heinrich Kämpchen zu seiner Lebzeit in dem
schon erwähnten internationalen Knappenlied zum Ausdruck
brachte. Wie bereits in der Göhltal-Zeitschrift Nr. 4 erwähnt, konn-
te ihre Vereinsgemeinschaft ein Jahr später, im Juni 1963, sowie
auch vom 17. bis 19. Mai 1968, in Kelmis Rechenschaft von ihrer
erfolgreichen Tätigkeiten auf diesen Gebieten ablegen. Hierdurch
wurde nicht nur die uralte Bergbauortschaft Kelmis in sehr vielen
Bergbaurevieren Europas bis zum heutigen Tage lobend erwähnt,
sondern auch die Mitglieder der 3 bergmännischen Vereine aus dem
Göhltal im In- und Ausland liebevoll und mit Ehrenbezeugungen
empfangen. Im Jahre 1972 erhielt auch die Gedenkstätte, an der im
Jahre 1958 die völkerverbindende Zusammenarbeit der berg- und
hüttenmännischen Vereine Europas ihren Ursprung gefunden hat-
te, ein noch sinnvolleres Aussehen. Der ehemalige Kaplan und geist-
liche Betreuer der Kelmiser ”Köhler”, der inzwischen die Stelle als
Pfarrer in Vottem angetreten hatte, stiftete 2 Statuen: einen
Kohlengräber und ein Bergmädchen mit Lampe. Sie wurden durch
92
die Gemeindeverwaltung neben dem Gedenkstein aufgestellt. Das
gleiche geschah mit der von der Göhltalvereinigung in Vottem er-
worbenen Grubenlore, die seit 1973 vor der Gedenkstätte steht.
Wenn man über Bergmannslos berichtet, so darf man auch
nicht die Mütter und Lebensgefährtinnen der Bergleute vergessen,
denn auch sie haben in ihrem Alltagsleben manche schwere Bürde
tragen müssen. Durch die gefahrvolle und gesundheitsschädliche
Arbeit, die ihre Söhne und Männer ausführen mußten, haben sie
oftmals am Tage wie auch in der-Nacht angstvoll auf deren Heim-
kehr gewartet, weil sie nicht wußten, ob sie heil und gesund wieder-
kehren würden. Auch sind viele von ihnen von harten und schwe-
ren Schicksalsschlägen heimgesucht worden, haben an der Berufs- *
krankheit leidende Bergleute manchmal jahrelang liebevoll gepflegt
ihnen hilfreich zur Seite gestanden, Kummer ertragen und Trost ge-
spendet. Die Opferbereitschaft der Mütter und Ehefrauen der mei-
sten Köhler, haben denselben die erforderliche Willenskraft, die
zähe Ausdauer und den Mut gegeben, ein Leben lang diesen schwe-
ren Beruf auszuüben.
Doch leider haben die Frauen oft hören müssen, daß ihre Söhne
und Ehegatten NUR Bergleute waren. Ihrer selbstlosen Mitarbeit
ist es auch zu verdanken, daß das Vereinsleben der Bergleute stets
| erfolgreich erhalten blieb. Es verfolgte ja zum größten Teil keinen
Vergnügungszweck, sondern wollte vor allem dazu beitragen, daß
die europäischen Bergleute den Weg zueinander fanden und in brü-
derlicher Verbundenheit beispielhafte Pionierarbeit beim Aufbau
einer wahren Völkerfreundschaft leisten konnten. Allen Frauen
und Familien der Nichtbergleute, die sich diesem edlen und noblen
Werk der bergmännischen Vereine gewidmet haben und auch heute
noch widmen, sei an dieser Stelle Dankbarkeit, Wertschätzung und
Hochachtung gezollt.
|
|
3
Die Kelmiser ”’KOUL” einst und jetzt
von Peter Zimmer
Demnächst wird höchstwahrscheinlich nur noch selten über
die gewaltige Pinge gesprochen, die jahrzehntelang in Kelmis im
Volksmund ”Koul” (sprich : Kull) genannt wurde.
Diese ”Koul” (Grube) hatte aber einst für die Ortschaft eine
sehr große Bedeutung. In ihrem Gelände, welches heute links der
Schützenstraße und hinter den Gärten verschiedener Häuser in der
Neustraße liegt, befanden sich einst die größten und berühmtesten
Galmeiablagerungen Europas. Sie sind dort jahrhundertelang unter
freiem Himmel, auf einer Gesamtlänge von rund 600 m, sowie unter
Tage in Tiefen von 65 bis 116 m abgebaut worde. Die Grube trug
den Namen ”Altenberg”.
Da diese Grube den besten Galmei lieferte, war sie berühmt
und begehrt und im Laufe der Zeiten kam es mehrfach wegen Be-
sitzrechten und Grenzregulierungen zu Streitigkeiten. Während der
Franzosenzeit baute sogar eine zeitlang die französische Regierung
den dortigen Galmei auf eigene Rechnung ab.
Anfang 1805 verlieh aber Napoleon die Konzession dieser
Grube für 50 Jahre, unter gewissen Bedingungen, an den Lütticher
Chemiker Daniel Dony. Derselbe hatte bereits seit 1780 unermüd-
lich Versuche unternommen, aus dem Altenberger Galmei metalli-
sches Zink herzustellen.
Nachdem er dann nach gut 25 Jahren Forschungsarbeit eine
geeignete Zinkfabrikationsmethode erfunden hatte und aus dem Al-
tenberger Galmei Zink herstellen konnte, stand er plötzlich vor neu-
en großen Schwierigkeiten, nämlich die erforderlichen Verwen-
dungszwecke und Absatzquellen für dieses neue Metall zu finden.
Dabei verlor er aber sein ganzes Vermögen und verbrachte den Rest
seines Lebens völlig entmutigt und von Leid geplagt, bis er am 6.
November 1819 im Alter von 60 Jahren verstarb. Als auch Domini-
cus Mosselmann, der schon 1818 Donys Nachfolger geworden war
und es als seine Lebensaufgabe betrachtete, die schwierigen Proble-
me, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hatte, zu lösen, im Jahre
1837 aus diesem Leben schied, ohne diese Aufgabe ganz gelöst zu
haben, gründeten seine Erben noch im selben Jahr die Altenberger
Bergwerksgesellschaft, die auch heute noch besteht.
94
Dieser Gesellschaft gelang es, bedeutende Absatzmärkte für ih-
re Zinkprodukte zu finden, wodurch sie weltweit bekannt wurde
und Zinkerzgruben in anderen Ländern erwerben konnte, was auch
zur Entfaltung der Ortschaft Kelmis und zum Wohl der dortigen
Bevölkerung beigetragen hat. Während der verflossenen letzten
Jahrzehnte hat aber die ”Koul” in Kelmis den Bewohnern der Ort-
schaft viel Unangenehmes beschert und nicht zur Verschönerung
des Ortes beigetragen. -
Bald wird nun aus einem Teil dieses Geländes, durch die Arbei-
ten, die seit Jahren auf demselben ausgeführt wurden bzw. heute
noch werden, ein schöner, großer Gemeindeplatz.
Über diesen Platz, der sicherlich einen neuen Namen erhält;
können dann Alt wie Jung auf neuangelegten Wegen, umrahmt von
schönen Grünanlagen, außerhalb des Verkehrs erholsame Rund-
gänge machen oder wohltuende Ruhe finden. Gleichzeitig bietet ih-
nen aber auch diese Anhöhe die Gelegenheit, einen Teil der herrli-
chen Kelmiser Umgegend zu bewundern und gesunde, frische länd-
liche Luft einzuatmen.
Unter den zahlreichen Menschen, die voraussichtlich in diesem
Jahr am Kirmessonntag diesen Platz aufsuchen werden, wird dann
auch höchstwahrscheinlich der eine oder andere sein, der sich daran
erinnert, daß genau vor 100 Jahren, am 9. September. 1884, die Gal-
meivorkommen im Altenberg erschöpft waren und die Grube, die
diesen Namen jahrhundertelang getragen ‘hatte, an diesem Tage
stillgelegt wurde.
Wenn diese Grube den Einwohnern von Kelmis, besonders im
Verlauf der letzten Jahrzehnte, mancherlei Unannehmlichkeiten be-
reitete, so darf doch nicht vergessen werden, daß der heimische Bo-
denschatz Galmei für die Ortschaft einst ein großer BERGSEGEN
war und ihr eine interessante und wechselhafte Vergangenheit be-
scherte.
Gerade deshalb müßte jetzt alles, was in Kelmis noch an den
Galmeiabbau erinnert, geschätzt und in Ehren gehalten werden. Im
Verlaufe der letzten Jahre ist in unserer Zeitschrift diesbezüglich
schon auf manches hingewiesen worden. Heute wollen wir noch
einmal das schon 1970 in der Zeitschrift Nr. 8 veröffentliche ”Lied
von Kelmis” erwähnen, welches schon im Jahre 1910 im ”Altenber-
ger Jugendfreund” erschienen ist und dessen Text sinnvoll auf den
ehemaligen Bergbau in Kelmis hinwies. Höchstwahrscheinlich ist
95
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So sahen noch im Jahre 1963 die Koul und die Aschenhalde in Kelmis aus.
dieses Lied nie gesungen worden, weil der Verfasser des Textes und
auch die Melodie in Kelmis nicht bekannt waren. Dank des weit
über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannten Kapellmeisters,
Chorleiters und Komponisten Jean Herzet aus Moresnet, der es als
”Hobby” betrachtete, eine Melodie für das Lied zu komponieren, ist
nun die Möglichkeit geschaffen worden, daß es zukünftig in der
Großgemeinde Kelmis von allen Freunden des Gesanges als Loblied
auf den Galmei, die ersten Bewohner sowie deren Nachkommen,
die das Erz in Kelmis abbauten, gesungen werden kann. Jean Her-
zet vertonte das Lied im Oktober 1983.
Um viele Erwachsene und Jugendliche zum Singen anzuspor-
nen, bringen wir den Lesern unserer Zeitschrift nachstehend die
Noten und den Text zur Kenntnis.
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Das Lied von Kelmis !
veröffentlicht Oktober/November 1910 im Altenberger Jugendfreund
In unserer Heimaterde
erwuchs ein gold’ger Stein,
| das Gotteswort ”Es werde”
ließ ihn so reich gedeihn.
Hier haben ihn gefunden Se
die Väter jeder Zeit;
hier war zu allen Stunden
die Ernte voll bereit.
Und was die Teuren hoben, k
sie waren froh dabei;
wir Söhne wollen loben
den gold’gen Stein Galmei.
Sie sind dahingegangen,
die dieses Gut geschaut,
| die einst mit Mut und Bangen
die Beute abgebaut.
Ihr Schaffen steht in Ehren;
wir haltens treulich hoch;
ihr Preis soll nicht versehren,
ob auch die Zeit verflog.
Noch wächst auf diesen Gründen
der Braven fromm Geschlecht,
die laut ihr Lob verkünden,
sei’s Meister oder Knecht.
Wohl fern dem lauten Treiben
der Welt, die rast und drängt,
soll uns der Friede bleiben,
der Trost und Freude schenkt.
Versanken Zeit und Reihe
ins möoosbedeckte Grab,
von dieser Stätte weiche
der Segen nimmer ab.
| Wir bleiben treu dem Worte,
das drang durch Sturmgebraus :
/ ”Glück auf” ruft nach dem Orte,
dem lieben Kelmis aus!
|
99
Winter
von Jeanne Heuschen
Feuchte Nebelschleier wallen
feierlich drunten im Wiesental.
Der Himmel läßt weiche Flöcklein fallen,
Winter ist’s worden mit einem Mal.
Verstummt ist der Vöglein froher Gesang.
Mancher Seele wird angst und bang ...
Hervorgekrochen kommen Kälte und Eis,
bald liegt das ganze Dorf so weiß
wie unter einem Linnentuche ...
Nur hinter der alten mächtigen Buche
huscht ab und zu mit behendem Sprung
ein buschiges Eichhörnchen, kräftig und jung.
Jetzt schaut es flink nach versteckten Früchten.
Weder Frost noch Schnee können diese vernichten.
Leise tänzelt herab der Schnee,
Dem Hörnchen tut er gar nicht weh ...
Ach, könnten andere Tierlein doch auch
sich so vergnüglich füllen den Bauch!
Jedoch in der so frostigen Natur
finden sie kärgliche Nahrung nur.
O Mensch, hab Mitleid mit ihnen allen!
Dann halten sie zur Sommerzeit
so manche Freude dir bereit!
Sie werden singen, hüpfen und springen,
und dir Frohsinn in’s Herze bringen!
Du bist die geschaffene Kreatur,
zu schützen und pflegen Gottes Natur!
100
Industrie und Gewerbe im Kreis Eupen unter besonderer
Berücksichtigung der Landgemeinden in den ersten
Jahrzehnten der preußischen Verwaltung (1)
von Alfred Bertha
Die Kreisstadt Eupen, die zu Beginn der Preußenzeit schon
rund 10.000 Ew. zählte, stellte auch ein beachtliches wirtschaftli-
ches Potential dar und der Wohlstand der übrigen Kreisorte hing
”teils unmittelbar, teils mittelbar vom Gewerbefleiß des Kreisortes
ab”. S
Aus verschiedenen statistischen Tabellen des Kreises Eupen
läßt sich ersehen, wie sich nach und nach auch in den Landgemein-
den kleinere Industrien angesiedelt und welche Bedeutung die ver-
schiedenen Industriezweige für die jeweilige örtliche Bevölkerung
besessen haben.
1820 war Eupen noch einziger Fabrikort. In 36 Tuch- und Ca-
simirfabriken waren 2.400 Arbeiter beschäftigt. Eine Fabrik mit ei-
ner Belegschaft von 8-10 Mann stellte verschiedene Mineralsäuren
(Vitriol, Salzsäure, Zinnsalze) her.
1826 vermerkt das "Verzeichnis derjenigen Orte, in denen be-
deutende Manufakturen und Fabriken vorhanden sind” außer Eu-
pen auch Raeren und seine Töpferindustrie.
Eine erste vollständige Auflistung aller Betriebe des Eupener
Landes finden wir i.J. 1832. Dabei ergeben sich folgende interessan-
te Zahlen : e
Eupen zählt bei 10.532 Ew. nicht weniger als 3.879 Personen, die
ganz und 1.979 Personen, die teilweise als Fabrikarbeiter beschäf-
tigt sind. Das heißt, daß mehr als 55% der Gesamtbevölkerung di-
rekt vom Wohl und Wehe der Eupener Tuchindustrie abhängig wa-
ren.
Kettenis zählt 1.485 Einwohner, davon sind 468 ganz und 277 teil-
weise in den Fabriken (vorwiegend in Eupen) beschäftigt. Dies ent-
spricht einem Prozentsatz von 50%.
(1) Staatsarchiv Lüttich, Kreisakten Eupen, Nr. 49
102
Sehr ausführliche Tabellen über die industriellen Anlagen lie-
gen für das Jahr 1836 vor. Unter Ausklammerung von Eupen ergibt
sich folgendes Bild :
Raeren : Der Niedergang der Raerener Töpferei, zum Teil durch das
Aufkommen von Porzellan und Fayencen, z.T. durch überhöhte
Salzpreise verursacht, war nicht mehr rückgängig zu machen. Den-
noch wurde das alte Kunsthandwerk weiter betrieben, wenn auch
nur noch 5 von ehemals 32 Töpferöfen in Betrieb waren.-Deren Jah-
resproduktion besaß einen Wert von etwa 2000 Talern. In Neudorf
arbeiteten die Töpfer ”Johann Emonts Botz Sohn Mathias” und
”Jakob Menniken Sohn Leonard”. Ihre jährliche Produktion lag
bei je 30 Talern und die Zahl der Beschäftigten wird mit je einem
angegeben.
Auf Raeren-Botz arbeiteten drei weitere Töpfer, und zwar Leo-
nard Menniken Jacobs, Johann Emonts Botz und Joseph Pitz
Mathissen. Der Erstgenannte beschäftigte 5 Arbeiter, die beiden an-
deren je 2 und die Jahresproduktion hatte einen Wert von 750 bzw.
je 300 Talern.
Fünf Webstühle (Johann Joseph Christen und Mathias Leo-
nard Hermans in Raeren, Reiner Wilhelm Jerusalem in Neudorf,
Heinrich Joseph Lennerts auf Platz und Hubert Schweitzer auf Pie-
fer) arbeiteten für größere Fabriken von Eupen, Cornelimünster
und Aachen. Sie stellten Wolltuche her; der Wert ihrer Produktion
(es war Heimarbeit) konnte nicht angegeben werden.
Die Quadersteinfabrik des Joh. Peter Schumacher auf Botz be-
schäftigte zwei Arbeiter und ihre Produktion hatte einen Wert von
130 Talern.
Neben den genannten Betrieben zählte man in Raeren mehrere
Mühlen. 1818 wird eine Getreidemahlmühle genannt; der Müller
nahm von den Bäckern den 32. Teil als Mahllohn, von anderen
Kunden den 24. Teil. Der Name des Müllers ist leider nicht angege-
ben.
1822 werden in Raeren 8 Wassermühlen betrieben, und zwar :
1. Die Fruchtmühle der Gebrüder Lambert und Nicolas Crott, am
Periolbach gelegen, auf der Flur Iter. Sie hatte zwei Mahlgänge, die
jedoch von Mai bis November wegen Wassermangels nur 3-4 Stun-
den täglich in Betrieb sein konnten. Die Gebrüder Crott waren Ei-
gentümer der Mühle, hatten jedoch ”nur geringen Zuspruch”. Die
Konzessiosn zum Mühlenbetrieb war am 31.8.1768 erteilt worden.
103
1830 heißt es zu der Mühle der Gebrüder Crott : ”Die Mühle
liegt am Periolbach (entspringt im Ketteniser Wald auf dem sog. Pe-
riolberg), der oft fälschlicherweise Iterbach genannt wird, weil die
Flur, wo die Mühle und die umliegenden Häuser liegen, auf’m Iter
heißt.”
2. Die Lohmühle des Peter Winand Schauff, ebenfalls auf dem Pe-
riolbach gelegen. Auch diese Mühle konnte wegen Wassermangels
nicht täglich betrieben werden. Eigentümerin war die Mutter des
Peter Winand Schauff, Witwe Johann Josef Schauff. Die Mühle
hatte ”wenig Zuspruch” und die Besitzerin wird als ”wenig vermö-
gend” bezeichnet.
Von einer offiziellen Genehmigung, einer Konzession zum
Mühlenbetrieb, war nichts bekannt. Man wußte nur, daß die Mühle
”alt” war.
1836 steht zu lesen, P.W. Schauff habe neben seiner Lohmahl-
und Lohstampfmühle einen Nebengang als Quetschmühle (zum
Quetschen von Getreide) eingerichtet.
3. Die Lohmühle von Wilhelm Kever und Johann Wilhelm Laschet
auf Raeren-Blaer. (1) Auch sie wurde vom Wasser des Periolbaches
angetrieben. Die Müller waren zwar Eigentümer, hatten jedoch we-
nig Zuspruch und werden auch als ”wenig vermögend” bezeichnet.
4. Die Mahlmühle des Jacob Radermacher auf dem Periolbach, un-
terhalb der Mühle des P.W. Schauff. Nur bei großem Wasserzufluß
konnten beide Mahlgänge betrieben werden. Der Müller war Eigen-
tümer, nicht unvermögend, hatte jedoch nur wenig zu tun. Die
Mühle sei, so meinte man, etwa 60 Jahre alt.
5. Die Mahlmühle des Engelbert Kütgens. Auch hier herrschte oft
Wassermangel. Der Müller war Pächter, sein Vermögen ganz unbe-
deutend.
6. Die Mahlmühle des Johann Simon Radermacher. Der Müller hat-
te ”unbedeutenden Zuspruch”, lebte aber ”in sehr guten Umstän-
den”. Die Konzession zum Mühlenbetrieb wurde ihm erst am
8.10.1826 erteilt. Diese Mühle wurde Neumühle genannt. Sie lag
auf der ”Saelenpoel” genannten Flur, in der Nähe von Mariental
auf der Iter. 1836 wurde die Neumühle von den Kindern des Joh.
Simon Radermacher betrieben.
(1) In der Nähe der Burg Raeren. Dort fließen Periol- und Iterbach zusammen”
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Der heute ”Neumühle” genannte Bau auf Raeren-Heck (Mühlenstr.)
(Foto A. Jansen)
7. Die Walkmühle des Carl Müller auf Raeren-Hütte, die von
Johannis- bis Michaelistag täglich nur 3-4 Stunden in Betrieb sein
g 138]
konnte. Der Müller war Pächter. Er besaß nur wenig Kundschaft
und nur unbedeutendes Vermögen.
8. Die Mahlmühle des Franz-Joseph Ahn auf Brandenburg. Diese
Mühle, am Heißbach gelegen (1), hatte 3 Gänge, die jedoch in den
Sommermonaten erheblich unter Wassermangel litten. Eigentümer
war der Vater des Müllers, dessen Grundeigentum als ”stark” ange-
geben wird. Die Brandenburger Mühle war vermutlich mit dem
Kloster Brandenburg entstanden.
In ”Bemerkungen zu den Mühlen” heißt es 1830, die Mühle
des Radermacher (Jacob) sei eine alte Lohmühle, welche die Lohge-
rechtsamkeit bei dem vormaligen Hof von Limburg bezahlt habe.
(1PIm Ortsteil Raeren-Heiß nimmt der Iterbach den Namen Heißbach.
|
105
Diese ”Bemerkungen” erwähnen auch die Neudorfer Mühle
des Nicolaus Pelzer (Raeren - Pfau) als ”alt”. 1826 ist Lambert Ra-
dermacher Müller auf der Neudorfer Mühle, von der es zehn Jahre
später heißt, sie werde ”vom Periolbach und bei Regenwetter noch
mit vom Iterbach bewässert, der am Iterberg entspringt. Liegt also
am Zusammenfluß von Periol- und Iterbach.”
Dazu muß angemerkt werden, daß Periol- und Iterbach in der
Nähe der Burg zusammenfließen und daß der Iterbach seine Quelle
in Neuforst hat. Es stellt sich die Frage, ob hier nicht Periol- und
Iterbach verwechselt worden sind.
Die Neudorfer Mühle des Nicolaus Pelzer (sie wurde 1822
nicht erwähnt), sei alt und die des Klosters Brandenburg vielleicht
mit dem Kloster, welches über 300 Jahre gestanden habe, erbaut
worden. Die Brandenburger Mühle war 1826 eine Frucht-, Öl- und
Lohmühle.
Die topographische Beschreibung des Regierungsbezirks Aa-
chen vom Jahre 1827 nennt in Raeren die Botzermühle (Frucht-
mühle), die Neumühle (Fruchtmühle) die Ytermühle
(Fruchtmühle), die Blarmühle (Lohmühle) und die Brandenburger
Mühle.
Walhorn
Bedeutendstes Industrieunternehmen war die zu Astenet gelegene
mechanische Spinnerei der Fa Sternickel und Gülcher. Sie verarbei-
tete jährlich etwa 1000 Zentner Wolle im Wert von 6000 Talern.
Das gesponnene Garn ging in die Eupener Tuchfabriken von Ster-
nickel und Gülcher. In Astenet waren 1830 130 Personen beschäf-
tigt.
Auf der Flur Hammer hatte sich eine Nadelschleifmühle eta-
bliert, die 1820 15 Personen beschäftigte. Besitzer war der Aachener
Industrielle Nikolaus Startz. 1825 betrieb Startz daneben eine Spin-
nerei und 1833 errichtete der Aachener Tuchfabrikant Schwam-
born am Hammer eine ”Walkmühle und Tuchrauherei”, die 1836
23 Arbeiter beschäftigte. Der Betrieb an der Hammermühle war ein
Zweigwerk der Aachener Fabrik desselben Fabrikanten.
Die Dachziegelei des Peter Joseph Hirtz in Walhorn gab im
Sommer 5-6 Mann Arbeit, entließ dieselben jedoch regelmäßig vor
dem Winter. Die Jahresproduktion lag bei 40.000 Dachziegeln im
Werte von 650 Talern.
106
In zwei Steingruben auf Belven, in denen je 5-6 Mann arbeite-
ten, wurden Hausteine gewonnen.
Im Sommer 1835 wurde in Rabotrath eine kleine Gerberei mit
2 Mann in Betrieb genommen, deren Produktion allerdings unbe-
deutend war. Erwähnen wir schließlich noch, daß 7 Weber an je ei-
nem Webstuhl in Heimarbeit als Nebenbeschäftigung jährlich etwa
1000 Ellen Wolltuch herstellten.
| Daneben bestanden die Preismühle (als Frucht- und Farbholz-
| mühle) und die Asteneter Getreidemühle.
| Kettenis : Der Ort verdiente wohl zu Recht den Namen eines We-
berdorfes, standen doch hier 240 Webstühle, welche 300 Menschen -
| beschäftigten. Gearbeitet wurde in Heimarbeit für die Eupener
| Tuchfabriken. Daneben besaß Kettenis eine Färberei mit 5 Arbei-
| tern sowie 3 Gerbereien, die zusammen 7 Personen beschäftigten
} und jährlich etwa 300 Zentner Leder im Wert von 12.000 Talern
| herstellten.
Lontzen hatte keinerlei industrielle Tätigkeiten aufzuweisen. Die
| Gesellschaft der ”Vieille Montagne” wird erst viele Jahrzehnte spä-
| ter die bäuerliche Sozialstruktur der Bevölkerung umprägen.
Hergenrath
| Die 1816 in den Besitz des Aachener Industriellen Jacob Maus über-
| gegangene Hergenrather Fruchtmühle, wurde von dem neuen Besit-
zer zu einer Walk- und Rauhmühle nebst Scheererei umgebaut. Sie
beschäftigte 1836 17 Arbeiter.
Die Lohmühle auf dem Tüljebach, die 1821 noch arbeitete, stellte
ihren Betrieb vermutlich kurz danach ein.
Hauset gehörte, wie schon vorher erwähnt, zur Bürgermeisterei
Hergenrath und besaß mehrere bedeutende Fabrikunternehmen.
Die günstige Lage des Dorfes an der Göhl sowie dessen Nähe zu Aa-
chen hatten einige Industrielle der Reichsstadt dazu bewogen, in
Hauset Zweigwerke ihrer Aachener Unternehmen zu gründen.
Größter Arbeitgeber in Hauset war die ”Fingerhutsmühle” ge-
nannte Spinn- und Walkmühle des Carl Nellessen, in der etwa 60
Personen beschäftigt waren.
Eine andere Spinn- und Walkmühle des Aachener Industriellen
Borstenblei gab etwa 40 Personen Arbeit und Brot. Vermutlich han-
delt es sich um die 1821 als im Besitz der Demoiselle Maria Cathari-
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Die ”Follmühle”” in Hauset, ehemals im Besitz der Textil-Industriellenfamilie Boh-
len, in den dreißiger Jahren Jugendherberge.
Die links neben dem Vordach erkennbare graue Steinplatte befand sich einst über
dem Eingang der Fingerhutsmühle (Gostert), heute Fa Heutz-Homburg und trägt die
Initialen CN (= Carl Nellessen) und die Jahreszahl 1813 (s. Foto).
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na Schyns zu Aachen befindliche Spinnerei genannt ”Kupfermüh-
le”. 1821 bestand in Hauset auch noch eine Walkmühle, genannt
”Lohmühle”. 3
Eynatten hatte nur die Dachziegelei des Johann Jos. Mennicken auf-
zuweisen. Der Jahresausstoß lag bei 12.000 Stück. Die Eynattener
Mühle war eine Getreidemühle, die als Mahllohn den 24. Teil des
gemahlenen Getreides nahm. Sie besaß einen Roggen- und einen
Weizenmahlgang. S
Preußisch-Moresnet : Die Spinn- und Walkmühle des Ludwig
Bruckner auf dem Tüljebach zählte eine Belegschaft von 50 Mann.
Eine Spinn- und Walkmühle wird hier schon 1821 genannt. Wann
die früher bestandene Nadelschleiferei, die 1821 noch in Betrieb
war, die Arbeit eingestellt hat, ist nicht belegt.
Die sogenannte Kelmiser Mühle, die 1822 nach einem Brand wieder
| aufgebaut wurde, war ursprünglich eine Getreidemühle. Als Müller
| wird Peter Heuschen genannt. Eigentümer war 1836 Johann Bap-
| tist Lequieu, der zwei Walkkumpen angebracht hatte. Die am Horn-
| bach gelegene Mühle konnte nicht gleichzeitig mahlen und walken.
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Die Kupfermühle in Hauset, heute ein landwirtschaftliches Anwesen (Gebr. Rocks)
(Foto A. Jansen)
110
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Tätigkeitsbericht
Rückblick auf 1983
Besser noch als zuvor verlief dieses Jahr mit seinen abwechslungsreichen Veran-
staltungen und wurde so zu einem großen Erfolg für die Göhltalvereinigung.
1. VERANSTALTUNGEN :
Januar : am 23. Januar 1983 fand im Haus Reinartz, Neu-Moresnet, die jährliche
Generalversammlung der Vereinigung statt. Neben den vielen Mitgliedern konnte
Präsident H. Lennertz auch zahlreiche Gäste aus nah und fern begrüßen, unter ih-
nen den Referenten des Nachmittags, Pastor i.R. V. Gielen, der über sein letztes
Buch ”Aachen im Vormärz” vorlas und sprach.
Der 2. Vize-Präsident, A. Bertha, stellte Pastor V. Gielen vor, indem er zuerst dessen
Lebenslauf schilderte, dann schlußfolgerte : "Schreiben liegt dem Autor im Blut; er
verbindet die Seelsorge mit Heimatkunde, die erweitert wurde von Walhorn und
Raeren über Eupen bis nach Aachen, Lüttich und Maastricht.” V. Gielen sagte zu
Beginn, daß sein letztes Buch eine Lücke schließe in der Heimatliteratur. Sodann gab
er eine Synthese der Zeit zwischen der Französischen Periode und dem Ausbruch der
März-Revolution. Er schilderte, was mit unserer engeren Heimat geschah in den
| Übergangsjahren mit Auswanderungen nach Holland und den Vereinigten Staaten
| von Amerika, mit der industriellen Revolution, der Arbeitslosigkeit : Elend ist das
| Los des kleinen Mannes, soziale Not, bis die Bürger die Führung ergreifen und ihre
| Rechte verlangen. V. Gielens Vortrag wurde mit viel Beifall bedacht.
Präsident Lennertz dankte dem Redner recht herzlich und auch allen Anwesenden
für ihre Teilnahme an der Generalversammlung und ihr Interesse am Vortrag !
Der Tätigkeitsbericht und der Kassenbericht wurden verlesen; die ausscheidenden
| Vorstandsmitglieder Bertha, Nyns, Jansen, Radermacher, Palm, De Ridder, Hey-
dasch, Schumacher und Zimmer wurden für 2 Jahre durch Akklamation wiederge-
wählt. J. Kessel (Hergenrath) wurde als neues Mitglied in den Vorstand aufgenom-
men.
Februar : über die Raerener Töpferkunst im Lichte der Forschung referierte am 25.
Februar 1983 Dr. Michel Kohnemann (Raeren) im Hotel Waldburg in Hergenrath,
In seinem Vortrag ging er vor allem auf drei Fragen ein : ”Was hat die Forschung
über die Raerener Töpferkunst bisher ans Licht gebracht? Wann geschah dies? Wie
bewertet die Forschung dieses Kunstgewerbe?” Er zitierte die wichtigsten Verfasser
von Publikationen über die Töpferkunst in Westeuropa und appellierte an die Ju-
gend, die Forschungsarbeit in Sachen Raerener Töpferkunst in allen Bereichen fort-
zusetzen, denn ”es gäbe noch manches zu klären.”
April ; ”Oos Moddersprook” : so lautete der Titel eines Vortrages zu dem die Verei-
nigung am 1. April 1983 im Haus Reinartz, Neu-Moresnet, eingeladen hatte. Refe-
rent war Professor J. Cajot, Dialektologe und Deutschlehrer an der Höheren Han-
delsschule in Hasselt. Er erklärte uns Ursprung und Entwicklung der hiesigen Dia-
lekte anhand von 40 ”Mundart-Karten” und Vergleichstabellen; er zählte Monogra-
| phien über das Thema auf und gab eine Fülle von Beispielen. Die ganze Problematik
unserer ostbelgischen Mundarten wurde erläutert. Der Redner beantwortete auch
viele kritische Fragen aus den Reihen der Zuhörer.
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November : die Ausstellung von Ansichtskarten aus Großvaters Zeiten von H.J.
Gatz fand statt am 12. und 13. November 1983. Sie bestand aus 600 Karten mit fol-
genden Themen : unsere Gegend und die große weite Welt, Glückwunschkarten,
Monarchen, Kitschkarten. Gatz ist ein international bekannter Sammler, der sogar
in Kalifornien ausstellte!
Dezember : die letzte Veranstaltung des Jahres 1983 wurde am 11. Dezember organi-
siert. Das Thema der Exkursion hieß : ”Kulturhistorische Geschichte des Aachener
Münsters, im besonderen seine Beziehung zu Karl dem Großen. Referent war Direk-
tor Gülden, ein sehr versierter kunstgeschichtlicher Domführer, der es yerstand, in
humorvoller Art eine sehr starke Gruppe von 75 Teilnehmern mit allen Einzelheiten
des Münsters und der Schatzkammer bekannt zu machen,
2. SEKRETARIAT :
Im Jahre 1983 wurden das Sekretariat und die Mitgliedskartei vorzüglich durch ,
Herrn Willi Palm im Büro auf Tülje geführt.
Briefwechsel : unsere Vereinigung erhielt 1983 161 Postsendungen; die Postausgän-
ge beliefen sich auf 352 (+ Hefteversand : 298).
3. VERÖFFENTLICHUNGEN 1983 :
Die Hefte 32 und 33 wurden den Mitgliedern zugestellt. Diese Zeitschriften wurden
in der Presse ausführlich kommentiert. Die Gestaltung dieser Hefte oblag unserm
| Lektor und Vize-Präsidenten A. Bertha.
| 4. PRESSEMITTEILUNGEN 1983 :
Über alle Veranstaltungen und die Generalversammlung wurde der Presse durch
| den Protokollführer F. Nijns ausführlich berichtet. Leider wurden die Berichte oft
| gekürzt oder auch nicht gebracht.
5. VORSTANDS- UND VERWALTUNGSRATSSITZUNGEN :
Der Vorstand traf sich jeden ersten Montag des Monates zu einer Arbeitssitzung und
der Verwaltungsrat 4 bis 6 mal im Jahr.
6. GÖHLTALMUSEUM :
Die Renovierungs- und Umbauarbeiten an dem ehem. Neu-Moresneter Gemeinde-
haus wurden 1983 zu Ende geführt. Man ist jetzt bei der In-
neneinrichtung und hofft, das Göhltalmuseum im Sommer offiziell zu eröffnen. Die
Statuten sind bereits ausgearbeitet worden und. der Verwaltungsrat der V.o.E.
| "Göhltalmuseum” gegründet; sie besteht aus 9 Kelmiser Ratsmitgliedern (Schyns,
Hardt, Kreusen, Kriescher, Reinartz, Peusgen, De Ridder-Blenska, Volders, Meyer
und Bauens, (Kulturschöffe, der den Vorsitz führt), ferner aus 7 Vertretern der Göhl-
talvereinigung (aus dem Vorstand : Lennertz, Nyns, Bertha, Steinbeck, Palm, Gatz,
Meven), einem Vertreter der Gesellschaft ”Vieille Montagne” (Herrn Ghysens) und
dem Kulturhauptinspektor F. Pauquet. Am 25 Oktober 1983 wählten diese 19 Da-
men und Herren die 10 Mitglieder des Verwaltungsrates der V.o.E.: Bauens, De
| Ridder, Meyer, Reinartz, Peusgen, Lennertz, Nyns, Bertha, Steinbeck, Pauquet. Die
| Ämter wurden bei der ersten Sitzung am 21.11.83 wie folgt verteilt : Vorsitzender
| {nach den Statuten) C. Bauens, Vize-Präs. H. Lennertz, Schriftführer F. Nyns, Kas-
| sierer F. Steinbeck. Augenblicklich sind im Museum eine Lizentiatin in Geschichte
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(u. Archäologie), eine Raumgestalterin, eine technische Zeichnerin und 2 Schreiner
beschäftigt. Das Museum soll Repräsentant der geschichtlichen, kulturellen und
wirtschaftlichen Vergangenheit des Göhltals sein. Darüber hinaus soll es Mittel-
punkt des kulturellen Lebens der Göhltalvereinigung sein. Ein Teil des Materials, das
im Museum ausgestellt wird, stammt aus den Beständen, die die Göhltalvereinigung
angesammelt und gekauft hat; ein Teil wird von Privatsammlern zur Verfügung ge-
stellt. Die Ausstellung wird in großem Masse auf den Zinkbergbau und auf dessen
Einfluß auf die Entwicklung der Ortschaft ausgerichtet sein. Die sozialen und wirt-
schaftlichen Einflüsse sollen dargelegt und durch zahlreiche Dokumente veranschau-
licht werden. Aber auch Gesteinssammlungen, Dokumentationen über die typische
Galmeiflora sowie eine umfangreiche Sammlung alter Bücher, Zeitschriften und Zei-
tungen werden im Museum ihren festen Platz einnehmen. Die nächste Generalver-
sammlung der Göhltalvereinigung wird in den Räumlichkeiten des Museums abge-
halten werden, desgleichen die Sitzungen des Verwaltungsrates; auch das Sekretariat
wird dort Unterkunft finden, Vergessen dürfen wir auch nicht den Hausmeister, der
im ersten Stock wohnen wird, und dessen Zusage wir noch bekommen müssen.
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