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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal
N" 32
Februar 1983
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender : Herbert Lennertz, Stadionstr. 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat : Lütticher Str. 56, 4721 Tülje, Neu-Moresnet.
Lektor : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße 33.
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kirchstraße, 35, Kelmis.
Postscheckkonto N° 000-0191053-60
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet-Dorr, Kelmis.
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhltalviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
Druck. Jacques Aldenhoff, Gemmenich.
3
Inhaltsverzeichnis
A. Jansen, Moresnet Die zur Beseitigung der Steilrampe von
Ronheide geplante neue Fisenbahnlinie
Aachen-Herbesthal 5
P. Zimmer, Kelmis Bergmannslos 18
L. Wichert-Schmetz, Seltener Sonnenstrahl 35
Bad-Driburg
W. Meven, Hergenrath Eine belgische Königin im Eifeldorf
Zweifall 36
A. Bertha, Hergenrath Die Hergenrather Kalkwerke 39
W. Palm, Nettetal Beurlaubung u. Entlassung des Landwehr-
mannes Johann Joseph Palm aus Hergen-
rath 54
J. Leclercg, Les premiers habitants de La Calamine 57
Cornesse/Pepinster
A. Bertha, Hergenrath Vom Waisenhaus zum Gymnasium 71
L. Homburg, Fossei Auf den Spuren der Vergangenheit : Die
Bewohner des Hofes Fossei 83
M.Th. Weinert, Aachen Der Sessel 93
A. Jansen, Moresnet Ein Stück Vergangenheit 94
A. Bertha, Hergenrath Schelme, Diebe und Vagabunden in
Raeren 95
M.Th. Weinert, Aachen Park hinter dem Kloster Val-Dieu 3
A. Bertha, Hergenrath Auf dem Büchermarkt 98
F. Nijns, Walhorn Tätigkeitsbericht 1982 102
5
Die zur Beseitigung der Steilrampe
von Ronheide geplante neue
Eisenbahnlinie Aachen-Herbesthal
von Alfred Jansen
Nimmt man eine Landkarte zur Hand, die einerseits die Stadt
Aachen und den Aachener Wald, andererseits die Ortschaften Kel-
mis und Neu-Moresnet - Hergenrath abdeckt, so erkennt man, daß
die Grenze, die Belgien von Deutschland trennt, sich hinter dem
Zollamt Bildchen wie eine Nase nach Westen vorschiebt. Diese
kleine, vielleicht dreihundert Meter breite und knapp einen Kilome-
ter lange Landfläche, hat als Grenze an der Ostseite den Schienen-
strang Aachen-Belgien, während im Westen der Hergenrather Weg
und die Atherstraße das deutsche Hoheitsgebiet vom. bel-
gischen trennen.
Auf dieser ”Landzunge” kann der aufmerksame Beobachter
feststellen, daß er, wenn er auf der Atherstr. rechts nach Heide und
Schampelheide abbiegt oder weiter vom Hergenrather Weg auf den
Luerweg und den Kesselweg zugeht, unter zwei Tunnel hindurch
muß, deren Existenz dem Passanten doch einige Rätsel aufgibt, da
dieselben keinerlei Zweck erfüllen.
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Tunnel in Hergenrath (Atherstr.)
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Tunnel in Hergenrath (Luerweg)
Diese beiden Tunnel, deren Stirnwand so wie auch die seitli-
chen Stützmauern und der Sockel aus rechteckigem Bruchsteinwerk
bestehen, mit einer lichten Breite von 6 m und einer lichten Höhe von
4,40 m haben sich so in das Landschaftsbild eingefügt, daß sich
heute fast niemand mehr die Frage stellt : ”Zu welchem Zwecke
sind diese Bauwerke dort errichtet worden?” Man muß schon bis ins
erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zurückgehen, um auf diese
Frage eine Antwort zu erhalten.
Am 13. August 1903 wurde zwischen den Regierungen von
Preußen und Belgien ein Vertrag ausgehandelt, der vorsah, die
Eisenbahnverkehrswege schneller zu gestalten, um Personen und
Güter rascher an ihren Bestimmungsort zu bringen. Belgien war an
dem Projekt sehr interessiert, da der Transitverkehr von England
nach Deutschland dem Land ganz erhebliche Vorteile bringen
konnte. Nach eingehendem Studium der in Frage kommenden Ver-
besserungen, wurde auch die von Aachen nach Ronheide laufende
und steilansteigende Bahnlinie in Betracht gezogen.
8
pro Tag bewältigt, also auch Leerfahrten, die nicht nur erhebliche
Unkosten verursachten, sondern auch empfindlich den normalen
Reiseverkehr störten.
Von belgischer Seite aus hatte man ein anderes Projekt ausge-
arbeitet. Man wollte eine neue Strecke bauen, und zwar von Löwen
über Tongern , Vise und Gemmenich nach Aachen. Diese Trasse
hatte bestimmt ihre Vorteile, war in letzter Linie viel kürzer als die
bestehende, verlief gradliniger und hatte auch keine nennenswerten
Steigungen zu überwinden. Außerdem wäre so nebenbei die Rampe
von Ans (bei Lüttich) beseitigt worden, und die neue Strecke hatte
auch nicht die Nachteile der Verbindung Herbesthal-Lüttich, die
mit ihren zahlreichen Kurven durch das Wesertal höheren Ge-
schwindigkeiten eine Grenze setzte. 5
Dieses Projekt rief aber bei den Stadtverwaltungen und der Be-
völkerung von Lüttich und Verviers heftige Proteste hervor, es kam
sogar in Lüttich zu Demonstrationen der Bevölkerung, die folge-
richtig argumentierte, die geplante Strecke brächte Lüttich sowie
auch der Nachbarstadt Verviers unübersehbare Nachteile wirt-
schaftlicher Art, zumal von Lüttich aus, dem Maastal entlang, die
Strecke nach Paris großen kommerziellen Wert besaß.
Die Bedenken fanden bei der belgischen Regierung Verständnis und
man versuchte, eine andere Lösung zu finden.
Als nun von preußischer Seite aus die Behebung der Steilrampe
von Ronheide in Aussicht genommen wurde, stimmte die belgische
Regierung dem zu, und das Projekt einer neuen Bahnlinie über
Tongern wurde zuerst einmal beiseite geschoben.
Ein Aufatmen ging nun auch durch die Eupener Handelskam-
mer, die besorgt die Planungen verfolgt hatte und die mit dem Fort-
fall des Herbesthaler Bahnhofs ebenfalls vor großen Schwierigkeiten
gestanden hätte.
Der Plan, den die ”Preußische Eisenbahn Coeln” hatte ausar-
beiten lassen, um die Rampe zu beheben, sah folgendes vor :
Vom Hauptbahnhof aus wäre die neue Strecke wie folgt verlaufen :
In der Rechtskurve nach Aachen-West direkt hinter der Brücke, die
die Goethestraße überquert, nach links über die Mariabrunnstraße,
quer über den Barbarossaplatz, Körner- und Schillersiraße überque-
rend, dann ganz schräg über die jetzige Hohenstaufenallee und mit der-
selben ziemlich parallel verlaufend, weiter‘ den jetzigen Brüsseler
Ring schneidend, direkt auf Grundhaus zusteuernd, wo dann bei ei-
ner Erdvertiefung von 19 m der Eingang des 2160 m langen noch zu
bauenden Tunnels erreicht werden sollte.
9
Der Ausgang des Tunnels war zwischen der Straße Aachen-
Lüttich und dem bestehenden Bahnkörper vorgesehen, lief dann
1400 m schnurgerade weiter, bog in einer weiten Linkskurve hinter
dem jetzigen Zollamt Bildchen auf die eingangs erwähnten Tunnel
zu, um nach deren Überquerung sich wieder in den alten Bahnkör-
per einzugliedern.
N Diese Ersatzstrecke sollte 8,2 Km lang sein und vom Aachener
Bahnhof aus zunächst im Verhältnis 1 : 100 bergan steigen und den
Tunnel mit einer Steigung von 1 : 125 durchqueren. Für dieses Pro-
jekt war eine Summe von rund 5 Millionen Mark vorgesehen.
Was kam nun alles mit diesem Projekt auf die Stadt Aachen
zu? Die Brücke an der Marienbrunnstraße mußte, um die Links-
kurve einzuleiten, verbreitert werden, über die Körnerstraße und
Schillerstraße. (Siehe Abb. 4) war eine Brücke vorgesehen, desglei-
chen über die Limburgerstraße und Klemensstraße sowie über den
jetzigen Brüsseler Ring, der damals noch Fuhrweg war.
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Ausschnitt aus dem Projektplan, die Abzweigung an der Mariabrunnstr, und Körner-
Schillerstr.
10
Zu diesem Zweck mußten die Straßen tiefer verlegt werden,
z.B. war für die Körnerstraße ein Gefälle von 1 : 26,3 auf 300 m und
für die Schillerstraße ein Gefälle von 1 : 28 ebenfalls auf 300 m vor-
gesehen.
Das galt mit Abweichungen auch für die anderen Unterführungen.
Dann mußten der Paubach und der Ponellbach durch Kanalisatio-
nen unter den Bahnkörper hindurch geleitet werden, der
Kannegießerbach mußte ebenfalls ein neues Bett erhalten.
Dann war an der Körnerstraße noch eine über den Bahnkörper füh-
rende Brücke für Fußgänger vorgesehen.
Im Raum Bildchen-Hergenrath waren nicht nur die beiden
schon erwähnten Tunnel zu bauen. Der Oberlauf des Tüljebaches
mußte ein neues Bett bekommen und 18 Rinnsale, die alle von links
kommend dem Tüljebach zufließen, sollten in Kanalisationsrohre
von je 0,30 m Durchmesser geleitet und unter den neuen Bahnkör-
per hindurch geführt werden. Außerdem hätten 81 Eigentümer für
die neue Strecke Teile ihres Grundbesitzes hergeben müssen.
Man sieht, so ganz unproblematisch war die Ausführung dieses
Projektes nicht. Wie standen nun die Aachener Bevölkerung im all-
gemeinen und die unmittelbar von der Enteignung betroffenen Ei-
gentümer insbesondere zu dem Projekt? Beschwerden und Proteste
wurden laut, ein ins Werden begriffener Stadtteil sowie das schöne
Waldgebiet würde zerstört. Die Presse ergriff ebenfalls Partei für ih-
re Leser, die außerdem den Fortfall des Bahnhofs von Ronheide be-
fürchteten, der für die Aachener Bevölkerung eine ganz große Be-
deutung hatte.
Die Liebe der Aachener zu ihrem Stadtwald braucht nicht
noch besonders hervorgehoben zu werden. Sie besaßen nun mit dem
Bahnhof Ronheide ein bequemes und vor allen Dingen ein sehr billi-
ges Verkehrsmittel (20 Pfennig), um von der Stadt in den Wald zu
gelangen, um mit Kind und Kegel Sauerstoff aufzutanken.
Und das sollte nun mit der neuen Strecke alles fortfallen!
Die unmittelbar an der Strecke liegenden Eigentümer erhoben
Einsprüche. So befürchtete der Besitzer der Weißen Mühle durch
die Umverlegung des Kannegießerbaches Wassermangel für seine
Mühle.
Andere befürchteten eine Senkung des Wasserspiegels und der
Restaurateur Bausch, Grundhaus, unter dessen Haus sozusagen der
neue Tunnel gegraben werden sollte, hatte berechtigte Bedenken, da
er Einsturzgefahr seines Hauses befürchtete.
11
Es wurden noch viele Beschwerden vorgetragen, die aber von
amtlicher Seite lapidar beantwortet wurden mit dem Hinweis, die
Interessenten möchten ihre Ansprüche im Entschädigungsverfah-
ren geltend machen. -
Beschwichtigend lenkte die Stadt ein, ich zitiere einen Auszug
des Stadttiefbauamtes worin es heißt : ”Zu dem vorliegenden Eisen-
bahnprojekte ist im allgemeinen zu bemerken, daß die Beseitigung
der Steilrampe von Aachen-Ronheide auch im städtischen Interesse
liegt, da der vorhandene stellenweise hohe Damm dieser Eisenbahn-
strecke zwei Stadtteile, einerseits zwischen Eupener Straße und Rae-
rener Straße andererseits zwischen Kamper- und Lütticher Straße
von einander abschließt, die Schaffung von Verkehrswegen und da-
mit die Entwicklung dieser Stadtteile behindert. Die Herstellung die-
ser Straßenunterführungen unter dem vorhandenen Eisenbahn-
damm würde unverhältnismäßig hohe Kosten erfordern und die
Straßenbaukosten in einer Weise steigern, daß dadurch die Bebau-
ung der betroffenen Straßen behindert würde ...” Geplant war,
wenn die neue Strecke in Betrieb genommen würde, den Bahn-
damm von Ronheide ganz abzutragen.
Da die ”Königliche Preußische Eisenbahn” mit der Unterstüt-
zung der Stadt Aachen rechnen konnte, gingen die Vorbereitungsar-
beiten zügig voran : die Strecke wurde in Angriff genommen.
Diesseits des Aachener Waldes wurden die schon erwähnten
Tunnel gebaut und jenseits, am Grundhaus, wurde mit der ”Ent-
sümpfung” des Geländes begonnen. Seitens der‘ Eisenbahnverwal-
tung waren unzureichende Untersuchungen über die Beschaffen-
heit der Gebirgsformation, durch die der neue Tunnel getrieben
werden sollte, gemacht worden, was sich als Fehlplanung erweisen
sollte. Ende Januar 1909 taucht zur größten Überraschung der Aa-
chener Bevölkerung die Nachricht auf, die Eisenbahnverwaltung sei
bei dem Bau des erforderlichen neuen Tunnels auf ungeahnte tech-
nische und folgerichtig auch auf finanzielle Schwierigkeiten
gestoßen, und man beabsichtige den allgemein als feststehend zu be-
trachtenden Plan für die Ersatzlinie wesentlich abzuändern.
Man war bei den Arbeiten für die neue Tunnelanlage wider Er-
warten auf Fließsand gestoßen und es hatte sich herausgestellt, daß
die Unkosten für den Tunnel mindestens noch einmal soviel ausma-
chen würden, wie die ganze Strecke sonst gekostet hätte. Was nun?
Die Stadt Aachen, ihrerseits in dem ganzen Projekt sehr enga-
giert, beschloß nun, auf eigene Kosten Bohrungen über die Boden-
verhältnisse im Aachener Wald vorzunehmen. Es wurde eine Kom-
mission aus berufenen Fachleuten gebildet, der u.a. der Geheime
12
Regierungsrat Professor Bräuler, der Königliche Baurat Frentzen,
Professor Dr. Holzapfel, Professor der Geologie an der Universität
Straßburg, der Geologe Vogel, Assistent an der Technischen Hoch-
schule Aachen, und der Bergwerksbesitzer Honigmann angehörten.
Dieser Ausschuß sicherte sich nun die Mitarbeit zweier Spezifialfir-
men aus Süddeutschland. Es waren die Firmen ”Phil. Holzmann”
und ”Grün und Bilfinger”, die nun auf dem Gelände im Wald Boh-
rungen vornahmen zwecks Erkundung der Bodenverhältnisse. De-
ren Bericht liest sich in den Akten wie folgt :
Aachen, den 2. August 1909. Im Einvernehmen mit der engeren
Kommission für die Vornahme der Bohrarbeiten wurden von vier in
Aussicht genommenen Bohrlöchern die zwei Mittleren in Angriff
genommen. Davon steht das eine (Bohrloch I) Ansatzpunkt 274,83 S
m + NN. (Horizontale 180 m.) am Nordabhang des Aachener Wal-
des am Karlshöherweg. Es würde bei.ca. 67 m Teufe die Sohle des
projektierten Tunnels erreichen.
Das andere Bohrloch, bezeichnet mit N° 2, Ansatzpunkt
297,97 m + NN. wurde am Südhang am oberen Backersweg ange-
setzt, das bei 85 m die Talsohle erreichen würde. Die Arbeiten be-
gannen an beiden Bohrlöchern am 11. Juni, der Anfangsdurchmes-
ser der Verrohrung beträgt 240 mm.
Am 28. Juli wurde in Bohrloch I, in 42,7 m Teufe gleich
231.93 m + NN. also 24,30 m über der Tunnelsohle, Wasser er-
bohrt; das bis dahin durchteufte Gebirge bestand abwechselnd aus
trockenen Sanden mit eingelagerten festen Partien, die mit dem
Freifallmeißel durchörtert werden mußten, während die übrigen Ar-
beiten mit der Schappe (Löffelbohrer) durchgeführt werden konn-
ten.
Das Wasser wurde unter einer aus Sandstein gebildeten
Schicht angetroffen. Am 29. morgens war das Wasser 60 cm gestie-
gen, woraus der Schluß gezogen werden muß, daß die zuletzt durch-
bohrte Sandschicht für Wasser undurchlässig ist.
Von hier ab wurde, da die Verrohrung in dem bisherigen
Durchmesser Schwierigkeiten verursachte, mit einem Durchmesser
von 140 mm. weiter vorgegangen. Die weiter vorgehende Bohrung
wird erst erkennen lassen, ob hiermit der Generalgrundwasserspie-
gel erreicht ist, oder ob es sich um nur einen Spezialgrundwasser-
spiegel handelt.
Das Bohrloch II traf am 29.v.M. in 45,15 m Teufe, entspre-
chend 252 m + OO, also 40,00 m über der Talsohle auf Wasser.
13
Da der Ansatzpunkt dieses Bohrloches um 26,25 m höher als
der vom Bohrloch I liegt, so wurde im ersteren Loche das Wasser in
einem Horizont angetroffen, der ca. 21,35 m höher liegt, als im
Bohrloch I. Es darf vermutet werden, daß es sich in Bohrloch II um
einen Spezialwasserspiegel handelt, der nicht im Zusammenhang
mit dem im Bohrloch I gefundenen Wasserspiegel steht.
Indessen kann auch hier erst das weitere Vorschreiten der Arbeit si-
cheren Aufschluß geben.
Im Bohrloch I wurden mehrere feste Partien durchfahren, in
Bohrloch II bisheran nur Sande. Die durchbohrten Schichten beider
Bohrlöcher lassen keine Übereinstimmung erkennen. Eine söhlige
Lagerung ist also nicht vorhanden.
Die Proben aus den beiden Bohrlöchern werden sorgfältig ge-
sammelt, und es wird über die Bohrergebnisse eine Bohrtabelle ge-
führt und im Bohrlochplan nachgetragen, sodaß die Ergebnisse stets
überprüft werden können”. Das heißt im Klartext, der Bau des Tun-
nels durch diese losen Gesteins- und Sandmassen wäre technisch
nur sehr schwer durchzuführen und wenn, dann nur mit großer fi-
nanzieller Hilfe.
Insgeheim hatte die Kommission der Stadt Aachen doch ge-
hofft, das Ergebnis der Bohrungen würde ein positiveres Resultat
aufweisen, als dies jetzt der Fall war. Die Überprüfung der unter
dem schönen Aachener Wald sich befindenen Erdmassen hatte zur
Folge, das das Projekt von der Eisenbahnverwaltung fallen gelassen
wurde. In erster Linie auch aus finanziellen Erwägungen, denn man
errechnete einen Mehrkostenpreis von rund 5 Millionen Mark.
Als man sich von der Überraschung erholt hatte, ordnete die
Bahnverwaltung an, nach dem Motto, ”wer a sagt muß auch b sa-
gen”, es solle eine neuer Plan erstellt werden.
In einem Brief an die ”Königliche Eisenbahndirektion Coeln”
steht u.a. zu lesen : ”Es soll nun nach mündlicher Mitteilung des
Herrn Regierungs- und Baurat Wolf, wie mir in einer Besprechung
mit dem Herrn Präsidenten der Königlichen Eisenbahndirektion be-
stätigt wurde, ein Projekt ausgearbeitet werden, wonach in einer
größeren nach Westen ausholenden Schleife der nördliche Eingang
des Ronheider Tunnels wieder erreicht und dieser Tunnel beibehal-
ten werden soll.” Das Schlug nun aber bei der Presse und bei der Be-
völkerung buchstäblich dem Faß den Boden aus!
So druckte eine Aachener Zeitung am 11. Februar 1909 einen
eingesandten Artikel, worin es u.a. hieß : ”..... und vom Bahnhof aus
14
eine im großen Bogen gehende Schleife auf die Höhe des alten Tun-
nels zu führen. Diese Schleife würde, wie es heißt, am Israelitischen
Friedhof die Lütticher Straße schneiden, nach Hahnbruch über
”Villa Modesta” etwa bis Blockhaus schwenken, von dort über den
Preußweg wieder zur Lütticher Straße zurückkehren und über die
Villen am Klotzweiderweg hinweg an den Landhäusern Marwedel
und Honigmann vorbei sich dem alten Tunnel nähern.”
Der Einsender geht dann ausführlich darauf ein, daß die Pla-
nung mit einem aufgeschütteten Bahndamm das schöne Land-
schaftsbild total zerstören würde. Weiter ruft er die Bevölkerung auf,
sich dies nicht gefallen zu lassen. Diesem und anderen Artikeln ähn-
lichen Inhalts aus der Presse war am 25.1.1909 eine Sitzung des .
Bauausschusses vorangegangen, die die ”Umleitung” zum Thema
gehabt und wo der Vorsitzende energisch Protest gegen diesen Plan
erhoben hatte, da derselbe in unübersehbarer Weise den Interessen
der Aachener Bevölkerung schaden würde.
Man erkennt aus den Daten, daß die Eisenbahnverwaltung, so
wie die Schwierigkeiten beim Tunnelbau sich zeigten, ohne das Re-
sultat der von der Stadt durchgeführten Bohrungen abzuwarten,
schon die Idee der nach Westen ausholenden Schleife in Betracht
ZOg.
Nun lenkte die Eisenbahnverwaltung ein und schlug die Befah-
rung der Strecke Aachen-West bis Templerbend vor, dann parallel
mit der Gemmenicher Strecke, alsdann wieder in einem großen Bo-
gen den Wald entlang zum Eingang des altes Tunnels, Die Strecke
wäre damit noch einen Km länger geworden. Das rief die Direktion
des Hüttenwerks von ”Rothe Erde” auf den Plan.
In einem Brief vom 15.5.1909 an den Oberbürgermeister Velt-
mann schreibt der Direktor des Hüttenwerks u.a. : ”Infolge der mir
gemachten Mitteilung, daß die ”Königliche Eisenbahn” die Richtig-
keit meiner Angaben für die Mehrfrachten, welche das neue Eisen-
bahnprojekt für das Hüttenwerk herbeiführen wird, bestreitet, habe
ich neue Erkundigungen eingezogen.
Das Hüttenwerk bezieht monatlich 2500, also im Jahr 30.000
Tonnen belgische Kohlen und Briketts. Als Ersatz für das in näch-
ster Zeit erschöpfte Kalkwerk Büsbach hat das Hüttenwerk Rothe
Erde einen großen Kalk- und Dolomitsteinbruch bei Dolhain erwor-
ben, es wird von dort später bis zu 70.000 Tonnen Kalk und Kalk-
steine und Granit beziehen.
16
Die Ausfuhrmenge hat im Jahr 1908, einschließlich Thomas-
mehl, 100.000 Tonnen betragen. (Thomasmehl = phosphorsäure-
haltiges Düngemittel aus feingemahlener Schlacke, die bei der Stahl-
gewinnung nach dem Thomasverfahren anfällt.) Weiter heißt es in
dem Brief, daß diese Mengen in Zukunft noch überboten würden
und der Hüttendirektor rechnet dem Oberbürgermeister vor, daß
die um 3,5 Km längere Strecke das Werk pro Tonne und Kilometer
viele Hunderttausend Mark im Jahr kosten würden.
Diese Verteuerung hätte den gesamten Frachtverkehr getrof-
fen, einschließlich Personenbeförderung, und so konnten solche Ar-
gumente nicht in den Wind geschlagen werden.
Hochgestellte Aachener Persönlichkeiten wurden in Berlin Ö
vorstellig, um dort eine Lösung des Problems zu finden.
Es würde aber in diesem Bericht zu weit führen, wollte man die
ganze Polemik dieser Geschichte hier anführen. Es ist in der Sache
noch viel geredet und geschrieben worden, aber die verschiedenen
Interessen waren zu unterschiedlich, als daß eine Einigung hätte er-
zielt werden können.
Erwähnenswert ist aber noch die Denkschrift des Herrn Ober-
bürgermeisters von Aachen vom 10. Sept. 1909. In derselben erläu-
tert das Oberhaupt der Stadt in drei Kapiteln die ”allgemeine Bedeu-
tung der gegenwärtigen Eisenbahnlinie Aachen-Brüssel und die
hierauf gerichteten Bestrebungen der belgischen sowie der preußischen
Staatsbahnverwaltungen”, die ”Vorarbeiten zur Änderung der Li-
nienführung der Strecke Aachen-Herbesthal und zur Beseitigung
der Rampe von Ronheide, ihr Verlauf und ihr gegenwärtiger Stand”
und schließlich ”die Vorschläge, die dem Herrn Minister für öffentli-
che Arbeiten zur Verbesserung der Eisenbahnlinie von Aachen
nach der belgischen Grenze zu unterbreiten sind.”
Diese Vorschläge, ”auf welche Weise sonst die erstrebte Ver-
besserung der Eisenbahnverbindung von Aachen nach der belgi-
schen Grenze ohne wesentliche Schädigung der Aachener Interes-
sen und ohne Verlängerung der Bahnstrecke erzielt werden kann”,
sahen hauptsächlich drei Wege dazu vor :
1) Die Eisenbahnverwaltung kommt auf ihren ursprünglichen, in
Aussicht genommenen Plan, der die neue Anlage eines Tunnels vor-
sieht, zurück und sucht bei dem preußischen Landtage um die Be-
willigung der erforderlichen Mehrkosten nach.
2) Von einer Verlegung der gegenwärtigen Eisenbahnstrecke
Aachen-Hergenrath wird überhaupt abgesehen. Statt dessen wäre in
17
Erwägung zu ziehen, auf der Steilrampe Aachen-Ronheide eine
Verbesserung des Verkehrs durch Einführung des Seilbetriebs mit
elektrischem Antrieb herbeizuführen.
3) Es wird die direkte Linie nach der belgischen Grenze von Aachen
nach Gemmenich für den internationalen Verkehr ausgebaut.
Wenn der erste Vorschlag am ehesten zu rechtfertigen war, so
scheiterte er an den enormen Mehrkosten des Projektes.
Der zweite Vorschlag war widersinnig, man erfaßte sicher
nicht, welchen Belastungen so ein Seil von über zweieinhalb Km
Länge ausgesetzt gewesen wäre. Man-hätte ebensogut eine Zahn-
radbahn bauen können.
Dagegen wäre der dritte Vorschlag von belgischer Seite be-
stimmt begrüßt worden, stieß aber bei der preußischen Bahnverwal-
tung auf Ablehnung, da er einer völligen Preisgabe der Strecke
Aachen-Herbesthal gleich gekommen wäre, zumal im Bahnhof Her-
besthal gewaltige Investitionen gemacht worden waren und die
Stadt Eupen ebenfalls sehr benachteiligt worden wäre. So wurde ein
Vorschlag nach dem andern verworfen.
Mittlerweile eilte die Zeit davon, der erste Weltkrieg brach aus und
jetzt hatte das Militär das Sagen.
Wie alles gelaufen ist, wissen wir heute. Die Linie Aachen
-Gemmenich - Vise - Tongern besteht, die Rampe von Ronheide be-
steht heute noch und auch die beiden Tunnel im Grenzland, die heu-
te bestenfalls den Wanderer vor einem plötzlichen Regenschauer
schützen.
Quellennachweis
Aachener Stadtarchiv : Akten f. den Umbau der Linie Aachen-Hergenrath, Ausgabe Ef
II, III. Eine Entwurfskizze der "Königlichen Eisenbahn Coeln” im Maßstab von
1: 2500 im Besitze des Verfassers.
Alle Fotos und Reproduktionen vom Verfasser,
Nachtrag : Nach Drucklegung dieses Beitrags erfuhr ich, daß nicht
zwei, sondern 3 Tunnel diesseits des Aachener Waldes gebaut wor-
den sind. Der 3. Tunnel ist aber 1965 abgerissen worden. Eigenartig
ist Ach daß auf dem ”Proiektplan” bloß 2 Tunnel eingezeichnet
sind.
18
Bergmannslos @. Forts.)
von Peter Zimmer
Das Grubenpferd
Neben Frauen und Kindern haben auch einst die Pferde im
Bergbau eine bedeutende Rolle gespielt, zuerst über Tage zum Zie-
hen der Pferdegöpel. Diese Göpel wurden an einem langen Schwen-
gel von einem oder sogar von mehreren Pferden gedreht. Danach
wurden sie auch unter Tage zur Streckenförderung eingesetzt. Be-
züglich des Letzteren muß aber darauf hingewiesen werden, daß es
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Steinkohlenförderung mit Pferdegöpel. Links ein Arbeiter, welcher die Kübel über
der Öffnung des Schachtes vom Seil abhängt und zwei andere, die mit dem Leeren
derselben beschäftigt sind. Rechts erkennt man das Pferd und den Pferdeführer im
Göpel und darüber die Dreheinrichtung mit dem Förderseil.
völlig falsch ist, sie als wehrlose Opfer menschlicher Grausamkeit zu
bezeichnen. Auch die Behauptung, sie seien alle blind geworden und
hätten Tag wie Nacht über ihre Kräfte hinaus arbeiten müssen, ent-
spricht nicht der Wahrheit. Alle Pferde waren in den Gruben in ein-
wandfreien Stallungen untergebracht, wo sie reichlich mit Nahrung
versorgt wurden und behaglich ausruhen konnten. Ebenfalls waren
diese Stallungen ausreichend beleuchtet und mit Trinkwasser verse-
hen. Stallknechten, die sie sauber hielten, oblag auch die Pflege der
19
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Ein Pferdestall in der Grube Werister, Hier waren die Pferde einzeln voneinander
durch Bretterwände getrennt.
Pferde. Normalerweise kamen auch die Pferde immer nur an der
gleichen Stelle im Revier zum Einsatz und wurden auch nur wäh-
rend einer Schicht zur Förderung benutzt. Ferner standen sie unter
der regelmäßigen Kontrolle eines Tierarztes, der zu jeder Zeit, falls
ein Pferd eine Verletzung erlitten hatte oder erkrankt war, benach-
richtigt wurde, in die Grube einfuhr und für die erforderliche Be-
treuung sorgte. Solche Pferde kamen erst dann wieder zum Einsatz,
wenn der Tierarzt seine Zustimmung dazu gab. Erfahrene Huf-
schmiede, die ihr Handwerk ausgezeichnet verstanden, überwachten
fast täglich den Zustand der Pferde und deren Behandlung. Nur
Bergleute, die mit Pferden umgehen konnten und die erforderliche
Geduld dazu unter Beweis stellten, wurden als Pferdeführer oder
Fuhrmann in den Bergwerken zugelassen. Sie machten auch jedes
Pferd mit der ungewohnten Umgebung vertraut und versuchten,
das Tier langsam an die Arbeiten unter Tage zu gewöhnen.
21
und die Kupplungen waren locker. Sobald es dann zu ziehen be-
gann, zog es eine Kupplung nach der anderen stramm, und die zu
ziehende Last begann immer schwerer zu werden.
Durch diesen Vorgang bemerkte das Pferd sofort, wenn man
ihm einen Wagen mehr als vorgeschrieben angekoppelt hatte, es
blieb sofort stehen und verweigerte den Dienst. Selbst wenn der Pferde-
führer beim Anziehen des Zuges das Pferd zu täuschen versuchte,
indem er alle Kräfte anwandte, um hinter die letzten Wagen zu
drücken, blieb es an den Stellen, wo die Strecke eine kleine Steigung
aufwies, wodurch die Last schwerer wurde, sofort wieder stehen, bis
der Pferdeführer auf’s neue die Wagen wieder fest aneinander
gestoßen hatte. Dadurch entstand ein so großer Zeitverlust, daß man
am Füllort auf leere und am Schacht auf volle Wagen wartete und
eine Unterbrechung in der Förderung eintrat. Dies führte zum
Schluß dazu, daß der Pferdeführer bestraft wurde und keiner sich
dazu verleiten ließ, den Pferden Arbeiten aufzubürden, die über ihre
Kräfte hinausgingen.
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Eine aus Guß angefertigte Platte, welche die Pferdeförderung unter Tage um das
Jahr 1900 darstellt.
Auch die geringsten Veränderungen in den Förderstrecken,
der Bruch eines Stempels oder einer Kappe, kleine Steinbrocken und
Holzstücke, die neben oder zwischen den Schienen durch Gebirgs-
druck gefallen waren, undichte Stellen an Luft- und Wasserleitungen,
22
wurden vom Grubenpferd bemerkt, ehe der Pferdeführer selbst die-
se eventuellen Hindernisse gesehen hatte. Es machte ihn, indem es
rechtzeitig stehen blieb und sogar in abschüssigen Strecken den Zug
auf irgendeine Weise zum Stillstand brachte, darauf aufmerksam.
Es setzte erst dann den Zug wieder in Bewegung, wenn der Pferde-
führer die Veränderung in der Strecke in Augenschein genommen
und, falls nötig, die Fahrbahn freigeräumt hatte. So wurden oftmals
durch das aufmerksame Verhalten der Grubenpferde das Entgleisen
oder Umkippen von Wagen sowie auch andere Unfälle verhütet.
Viele andere Begebenheiten über das Verhalten der Gruben-
pferde könnten noch erzählt werden. Sie beweisen, daß die Pferde 3
auch unter Tage treue und zuverlässige Freunde und Mitarbeiter im
Steinkohlenbergbau gewesen sind. In diesem Zusammenhang bleibt
noch zu erwähnen, daß es nach der Einführung der Wagenförde-
rung auf Schienen, was durch Menschenkraft geschah, noch Jahr-
zehnte gedauert hat, bis das Pferd um das Jahr 1850 fast überall in
den Gruben als Zugkraft zum Einsatz kam. Erst nach dem 1. Welt-
krieg wurde es nach und nach durch Lokomotiven aus den Gruben
verdrängt. In verschiedenen Gruben geschah dies jedoch erst einige
Jahre nach dem 2. Weltkrieg.
Man kann also sagen, daß während vieler Jahrzehnte die Gru-
benpferde Tag und Nacht im Schoße der Erde, wie auch einst viele
Mädchen und Knaben, gearbeitet und ihre Kräfte hergegeben ha-
ben. In manchen Gruben haben sie auch monatelang ausharren
müssen, ehe sie das Tages- und Sonnenlicht noch einmal zu sehen
bekamen. Schön und lobenswert wäre, wenn dies im jetzigen Atom-
zeitalter nicht in Vergessenheit geraten würde.
28
Brauchtum und Rechte der Bergleute
Schon frühzeitig wurden zahlreiche Sitten und Bräuche von
den Bergleuten gefördert und gepflegt. Erinnert sei hier an das ge-
meinsame Gebet vor Beginn einer jeden Schicht, an die Gottesdien-
ste, die frühmorgens in Kirchen an jedem ersten Sonntag des Quar-
tals für Bergleute stattfanden und durch bergmännische Gesänge so-
wie Predigten auf den Alltag der Bergleute hinwiesen. Von diesem
Brauchtum sind heute nur noch vereinzelte Bergmannsgottesdien-
ste übriggeblieben. Auch von den Verehrungen der hll. Barbara,
Maria, Mutter Anna, Katherina, Prokop, Wolfgang, Leonhard, Ru-
pert, Nikolaus, Joachim sowie des Propheten Daniel, die in verschie-
denen Bergbaurevieren als Schutzpatrone des Bergbaus galten, wird
heute nur das Sankt Barbara und Sankt Leonhard Brauchtum hoch-
gehalten. Die bergmännische Tracht, von der einfachen Arbeitsklei-
dung bis zur Paradetracht, ist ebenfalls während verschiedener Epo-
chen dem Stil der Zeit angepaßt und geändert worden. Heute be-
steht die Festtagskleidung der Bergleute in einigen Ländern aus ei-
ner schwarzen Kleidung, Schachthüten mit Federbüschen oder Tel-
lermützen. In Belgien tragen oder trugen sie bei festlichen Anlässen
als einheitliche Tracht einfache blaue Arbeitsanzüge, Grubenhelme
aus Leder oder Kunststoff sowie rotweiß- oder grauweiß-karierte
Halstücher.
Früher besaßen die Bergleute auch bedeutende Vorrechte und
Freizügigkeiten. Sie konnten unbehindert von einem Land in das
andere ziehen. Dabei genossen sie sicheres Geleit und Schutz gegen
jede Gewalt. Sie waren vom Militärdienst befreit und hatten das
Recht, Waffen zu tragen. Daher tragen auch heute noch bei festli-
chen Anlässen hohe Bergbeamte und verdienstvolle Bergleute ver-
einzelt einen Degen. Meistens sieht man sie aber bei solchen Veran-
staltungen mit einem Häckel in der Hand, welches im Bergbau als
Ehren- und Würdezeichen dient. In früheren Zeiten gab es ebenfalls
gewisse Bestimmungen zwecks Einhaltung des sogenannten Berg-
friedens in Hütten und Bergwerken, auf dem Arbeitsweg sowie in
den Wohnungen der Bergleute. Wer z.B. diesen Frieden brach, Gru-
ben oder Bergleute beraubte oder denselben Schaden zufügte, Dieb-
stähle ausführte und Gewalttaten verübte, wurde sehr schwer
24
bestraft. Sogar das Schimpfen und Fluchen galt als Bruch des Berg-
friedens. Bemerkenswert ist aber, daß anfänglich der Kohleberg-
mann die Sitten und Bräuche der anderen Bergleute nicht kannte
und auch deren besondere Vorrechte nicht teilte.
Die Kohlengräber, Köhler und Knechte wurden erst durch die
verbesserten und revidierten Bergordnungen der Jahre 1737 und
1766 allen Bergleuten, die andere Bodenschätze abbauten, gleichge-
stellt. Im Aachener Steinkohlenrevier haben die Kohlenbergleute
schon im Jahre 1598, wie aus der Geschichte dieses Reviers hervor-
geht, gemeinsam an einem Festzug teilgenommen. Als Festtags-
tracht trugen damals die jugendlichen Schlepper grobe blaue Kittel
und über ihren Schultern lederne Ziehhalfter, die in den Gruben F
zum Ziehen der Kohlenschleifkörbe benutzt wurden. Die Kohlen-
hauer waren mit kurzen blauen Kitteln bekleidet und trugen auf ih-
ren Schultern Bickel und Spitzhacke sowie als Kopfbedeckung klei-
ne Lederhüte. Ferner sah man in diesem Festzug Kohlenwieger mit
Lachtermaß und Wasserwage und Meisterknechte, die als Standes-
abzeichen ”Schlägel und Eisen” trugen, sowie ”Köhler”, die bei die-
sem Anlaß schöne blaue Kittel aus feinstem Brabantertuch mit sil-
bernen Krampen trugen.
Durch diese schon frühzeitig gemeinsam gepflegten Sitten und
Bräuche entwickelte sich im Laufe der Zeit im Lebensbereich der
Bergleute eine hochstehende Standeskultur sowie ein großes
Gemeinschaftsbewußtsein. Gemeinschaftstänze, Musik, Gesang
und andere musische Freizeit-Beschäftigungen bildeten in Verbin-
dung mit der Liebe zur Natur den erforderlichen Ausgleich für die
mühevolle und schwere Arbeit im Schoße der Erde. Heute ist dies
allerdings nur noch vereinzelt der Fall. Auch eindrucksvolle Kunst-
werke, die diese Bräuche und das Leben und Schaffen der Bergleute
aus zahlreichen Revieren verschiedener Länder darstellen, wurden
in Form von Gemälden, Stichen, Plastiken, Graphiken, Medaillen
und Prunkgeräten aus Zinn, Glas, Gold, Silber und Porzellan ange-
fertigt. Viele davon sind im Laufe der Zeiten gesammelt worden
und werden erfreulicherweise heute noch in Museen aufbewahrt.
Ebenfalls erinnern heute noch Sammlungen von Bergmannslie-
dern an das große Standesbewußtsein und Gottvertrauen sowie an
die Kameradschaft der Bergleute. In diesen Liedern wird auch auf
die Gefahren und den Großmut der Grubenarbeiter hingewiesen
und an deren und deren Angehörigen Freud und Leid erinnert. Aus
dem bergmännischen Liederschatz ist vieles heute unmodern gewor-
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Im Jahre 1868 ließ die Altenberger Bergwerksgesellschaft verschiedene Einzelauf-
nahmen ihrer Arbeiter und Arbeiterinnen anfertigen, welche dem Generaldirektor
Louis-Alexandre Saint Paul de Sincay überreicht wurden.
1. Der Bergmann Charles Mann der Abteilung Moresnet in damaliger Tracht. Er
trägt als Kopfbedeckung einen rundförmigen Hut mit Nackenschutz, der an der lin-
ken Seite gut sichtbar ist. Auf der Schulter die Keilhaue, welche zum Abbau von Gal-
mei benutzt wurde, ferner einen breiten Ledergürtel mit dem Symbol des Bergbaus;
an demselben war das sogenannte Hinterleder befestigt, welches man an der linken
Seite auf dem Bild erkennen kann.
2. Der Zimmerhauer Pierre Brandt vom Moresneter Betrieb. Er trägt eine Tracht,
wie sie heute fast in ähnlicher Form von Bergleuten getragen wird. In der einen Hand
hält er die sogenannte Froschlampe, in der rechten die Mütze sowie einen Stock, der
auch Meterlatte genannt wurde.
Repr. Alfred Jansen
26
den und dadurch in Vergessenheit geraten. Trotzdem werden ver-
schiedene Lieder auch heute von den Bergleuten bei festlichen An-
lässen gesungen.
Als das Maschinenzeitalter begann und die Massenproduktion
in den Vordergrund trat, hat auch das bergmännische Brauchtum
nach und nach viel an Bedeutung verloren. Nur : ”Schlägel und Ei-
sen”, das uralte und vornehmste Gezeug und Symbol der Bergleute,
wird heute noch stolz und allgemein als Standesabzeichen getragen.
Ebenso ist der sinnvolle Bergmannsgruß ”Glück-Auf” erhalten ge-
blieben.
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Bergmännisches Gezähe, Oben : In der Steinzeit wurden Hirschgeweihe als Keilhaue
benutzt. Später dienten Geweihstücke oder Feuersteine als Spitze, während der Stiel
aus Holz bestand. Bis ins 18. Jahrhundert benutzte man, wie in der Bildmitte abgebil-
det, ”Schlägel und Eisen”. Das ”’Eisen” gleicht einem spitzen Hammer, war aber ein
Meissel mit Stiel. Mit dem sogenannten Schlägel (Hammer) wurde auf das Eisen
geschlagen.
Der Sozialkampf der Bergleute
Nachdem der Bergmann eine lange Zeit hochgeachtet und be-
vorzugt in der menschlichen Gesellschaft gelebt hatte, trat eine Pro-
letarisierung der im Kohlenbergbau Beschäftigten ein. Durch diesen
28
Vorgang erlebten die Betroffenen nicht nur einen sozialen Abstieg,
sondern sie wurden auch von der Umwelt als minderwertige Men-
schen betrachtet. Glücklicherweise wuchsen aber zu dieser Zeit aus
ihren Reihen mutige und selbstbewußte soziale Kämpfer heran. Ei-
ner von diesen vielen war Heinrich Kämpchen, der 1847 in Alten-
dorf im Ruhrgebiet das Licht der Welt erblickte. Als Bergmanns-
sohn suchte er schon im Alter von 13 Jahren Beschäftigung in ei-
nem Steinkohlenbergwerk. Durch unermüdliches Selbststudium er-
wachte bei diesem einfachen Bergmann der humanitäre Geist der
klassischen Dichtung. Bescheiden und unverheiratet hat er als
”Kostgänger”, wie es damals im Volksmund hieß, jahrzehntelang im
heutigen Bochum-Linden gelebt und gearbeitet. Am 6. März 1912
verstarb er als Bergmannsdichter und unermüdlicher Pionier der da-
maligen Arbeiterbewegung.
”Seine Gedichte und Lieder sind eine menschliche Stimme aus
dem Dunkel des Daseins der Bergarbeitergenerationen jener Zeit.”
So steht in einem Gedichtband zu lesen, welcher im Jahre 1962 von
der ”Industriegewerkschaft Bergbau und Energie”, Bochum, heraus-
gegeben wurde. Viele seiner Gedichte haben die Arbeit im Schacht
und den Sozialkampf der Bergleute zum Inhalt. Kämpchen war ein
treuer Kampfgefährte der damaligen Bergarbeitergeneration, dazu
katholisch getauft und erzogen. Er hat seine bergmännischen und
sozialen Gedichte auf die damalige Realität der Dinge aufgebaut.
Seine dichterischen Aussagen sollten erschüttern, gleichzeitig aber
auch zu Mut, Beharrlichkeit und Einigkeit aufrufen. Deshalb mußte
er besonders darauf bedacht sein, daß der Geringste sie ver-
stand. Anhand seiner Dichtungen können wir heute klar erkennen,
warum, wie und wofür die Bergleute damals in vielen Ländern ge-
kämpft haben. Denn in seinem internationalen Knappenlied heißt
es wie folgt :
Wir sind keine rohe verwilderte Schar
wir wollen nur menschliche Rechte;
wir krümmen keinem Kinde ein Haar,
doch sind wir auch klar zum Gefechte;
zum Kampfe für unser gutes Recht, ein
Freier zu sein, doch kein höriger Knecht!
Glück-Auf! Kameraden, durch Nacht zum Licht!
Seid brüderlich alle umschlungen! X
Gelobt es : ”Wir wollen nicht enden die Schicht,
bis daß den Sieg wir errungen!”
28
Den schönen Sieg, der uns allen frommt :
daß der Bergmannsstand wieder zu Ehren kommt!
Aus diesen Zeilen geht deutlich hervor, daß die Kohlengräber
damals unterdrückt und mißachtet in der menschlichen Gesellschaft
lebten und arbeiteten.
Daß dies auch in vielen anderen Ländern der Fall war, bewei-
sen folgende Verse seines Gedichtes ”International” :
Ob ”Welsch, ob Deutsch, ob von dem Land der Briten”
wir haben unter gleichem Druck gelitten!
Der Völkerzwist, der uns solang geschieden,
er soll verschwinden vor dem Völkerfrieden! ;
Wo Kohlengräber hausen - dort und hier -
sie sind vereinigt und beseelt wie wir.
Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern!
In keiner Not uns trennen und Gefahr,
vergessen jeden Zwist, der vordem war.
Erwähnenswert sind auch einige Zeilen aus seinem Gedicht
”Bergmannsleben” und der Rat, den er seinen Mitmenschen gab :
Bergmannsleben, Bergmannsleiden, viel beklagt und viel besungen,
der nur kann dich ganz verstehen, der die Keilhau selbst geschwun-
gen. Armes Kohlengräberdasein! Aschenbrödel, ausgestossenes-und
jedwedem möcht ich raten, der dich rühmend will besingen : In die
Tiefe soll er steigen und die Keilhau soll er schwingen! Hat er dann
noch Lust zu singen und den Bergmannsstand zu preisen, will ich
mich von ihm belehren lassen gern- und unterweisen!
Heinrich Kämpchen wurde auf dem katholischen Friedhof in
Bochum-Linden beerdigt und seine Gewerkschaft setzte ihm auf sei-
nem Grab, welches erhalten und gepflegt blieb, einen geschliffenen
schwarzen Marmorstein, mit dem von ihm selbst verfaßten Grab-
spruch :
Blickt hin zur Gruft, die ihr vorübergeht, .
ein Sohn des Volkes schläft hier, ein Poet!
Für Recht und Freiheit hat sein Herz geglüht,
er war ein Kämpfer und sein Schwert das Lied!
Außer durch bergmännische Gedichte und Gesänge, kann
man auch heute noch durch viele Kunstwerke, wie vorhin schon er-
wähnt, manches über das Leben und die Arbeitsverhältnisse der
Bergleute in vergangenen Zeiten erfahren.
In dem im Jahre 1958 durch den Glück-Auf-Verlag Essen, her-
ausgegebenen und empfehlenswerten Buch ”Der Bergbau in der
29
Kunst” von Heinrich Winkelmann und einigen Mitarbeitern wer-
den die künstlerischen Arbeiten zahlreicher Künstler verschiedener
Länder in Wort und Bild gewürdigt. Da ihre Werke, Aussagen und
Mahnungen dazu beigetragen haben, den Bergmannsberuf näher
kennen und achten zu lernen, ist es sicherlich angebracht, einige Na-
men dieser Künstler hier zu nennen und kurz über deren Werke zu
berichten.
L6onard Defrance, (1735-1805) aus Lüttich weist in seinem
Gemälde ”La Houilliere”, in allen Einzelheiten auf die Förderanlage
eines Lütticher Steinkohlebergwerks hin. Es ist eine der frühesten
Darstellungen der oberirdischen Einrichtungen einer Kohlengrube.
Man sieht, welche schwere Arbeit Männer und Frauen bei der Koh-
lenförderung leisten müssen, Bergleute vor der Einfahrt in den
Schacht sowie ein Treibpferd im Pferdegöpel.
Der wallonische Kupferstecher, Zeichner und Medailleur Leo-
nard Jehotte (1772-1851) zeigt in einem eindrucksvollen Bild Hu-
bert Goffin und seinen kindlichen Sohn Mathieu, eingeschlossen in
der Grube Beaujonc bei Lüttich.
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Hubert Goffin und Sohn, beim Kerzenlicht eingeschlossen in der Grube Beaujonc bei
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Zeichnung von Leonard Jehotte
32
Der im Jahre 1889 geborene flämische Graphiker, Frans Ma-
sereel hat in unzähligen Holzschnitten die soziale Ungerechtigkeit
in der Welt und die tragischen Konflikte, die dadurch hervorgerufen
wurden, wiederzugeben versucht. Auch der wallonische Maler Pier-
re Paulus, der 1881 in Chätelet geboren wurde und 1959 verstarb,
hat in seinem großen Gemälde ”Das schwarze Land”, die rauch- und
staubgeschwängerte Atmosphäre seiner Heimat dargestellt, sich
gleichzeitig aber auch allen Menschen, die in dieser rauhen und har-
ten Gegend hoffnungsvoll lebten und arbeiteten, zugewandt.
Auf den Spuren van Goghs wandelte ebenfalls Charley Too-
rop, (1891-1955) die Tochter des holländischen Symbolisten Jan
Toorop. Sie war eine warmherzige Frau mit starkem Einfühlungs- z
vermögen und eine sozialkritische Malerin. Im belgischen sogenann-
ten ”Schwarzen Land” fand auch sie die malerischen Reize, Dörfer
mit engen Gassen und Straßen, sowie Arbeiterwohnungen, die man
am Fuß, am Abhang und auf den Gipfeln der Hügel errichtet hatte.
Sie erkannte darin nicht nur das Pittoreske, sondern fühlte auch die
Pflicht, durch ihre künstlerische Arbeit die Not der dort lebenden
Menschen zu schildern, Mahnungen zu äußern und auf die Not-
wendigkeit von Verbesserungen hinzuweisen.
Anhand dieser kurzen Angaben sowie der noch bestehenden
Werke zahlreicher Künstler anderer Länder, die an dieser Stelle
nicht erwähnt wurden, deren künstlerisches Schaffen aber überwie-
gend dem gleichen Ziel diente, kann man ohne Übertreibung sagen,
daß die Kunst im Bergbau wesentlich dazu beigetragen hat, daß die
zur vierten Klasse degradierte Arbeiterschaft den Mitmenschen
ganz nah vor Augen geführt werden konnte. Dies hat sicherlich
auch dazu geführt, daß ihr Kampf um bessere Arbeitsbedingungen
und einen würdigen Platz in der menschlichen Gesellschaft als be-
rechtigt angesehen und dementsprechend unterstützt wurde,
So bildeten sich dann auch nach und nach die ersten sozialen
Bewegungen der Bergleute, die in Deutschland zur Zeit des Kultur-
kampfes sogar im Zeichen katholischer Führung standen. Dort ist
nämlich der Streik der Bergleute aus dem Jahre 1872 unter dem Na-
men ”Jesuitenstreik” in die Geschichte eingegangen. Aber nicht nur
katholische, sondern auch viele andere Persönlichkeiten haben den
Kampf und die Forderungen der ”Köhler” unterstützt und mitorga-
nisiert. Dadurch konnten in mehreren Ländern auf nationaler, re-
gionaler und lokaler Ebene Vereinigungen und Organisationen ins
Leben gerufen werden, die sich zum Ziel setzten, fähige Männer die-
ses Berufstandes als Sozialkämpfer auszubilden. Dieselben haben
35
Seltener Sonnenstrahl
von L. Wichert-Schmetz
Am Abendfenster beugt sie ihr Gesicht
In einem breiten Streifen Licht
Und weiß nur, daß sie glücklich ist,
Weil durch die dicht gebaute Stadt
Ein Strahl zu ihr den Weg gefunden hat
In ihres Fensters Ärmlichkeit.
Und wen’ge Tage nur im Jahr
Ward sie der Sonne noch gewahr
Und weiß, daß auch zu dieser Frist,
Die Liebe selten bei ihr war.
Und allgemach schon bleicht ihr Haar.
Im Dunkeln welkt sie vor der Zeit.
36
Eine belgische Königin im Eifeldorf
Zweifall
von Walter Meven
Das Eifeldorf Zweifall erhielt am Sonntag, dem 5. September
1880, unverhofft hohen königlichen Besuch. Wie kam eine kleine
Ortschaft zu einer solch hohen Ehre? Die Königin Marie-Henriette
von Belgien (1), wohl vom Rheuma geplagt, hatte sich zu einem
aufenthalt im nahen Bad Aachen entschlossen, um ihre Beschwer- .
den zu kurieren. Häufig unternahm sie Ausflüge bei dieser Gelegen-
heit mit ihrem Hofstaat in die nähere und fernere Umgebung der
Stadt. So wählten sie am 5. September 1880 das romantisch gelege-
ne Nideggen zu ihrem Ausflugsort, wohin sie über Kornelimünster
und Roetgen gelangten. Bevor sie ihr Ziel erreichten, wurden sie
von einem heftigen Donnerwetter überrascht. Bis auf die Haut
durchnäßt erreichte die hohe Gesellschaft das Burggelände Nideg-
gens. Ein kleiner Kaufladen im Ort erlangte ebenfalls eine seltene
Berühmtheit. Er wurde überraschend zum Hoflieferant der belgi-
schen Königin. Die königliche Kundin erstand dort ein neues Ko-
stüm, das sie sogleich gegen ihr regennasses austauschte. Nach einer
kurzen Besichtigung der Bergfeste drängte man zum Aufbruch,
denn der Tag neigte sich schon dem Abend zu. Durch den Hürtgen-
wald, so beschloß man, sollte die Heimfahrt führen. Nach einer kur-
zen Wegstrecke tat sich aber dichter Nebel auf, so arg, daß die illu-
stre Gesellschaft die Orientierung verlor. Nachdem es schon dunkel
geworden war, wählten sie unbewußt die Abfahrt Jägerhaus und ge-
langten ins nächste Dorf, nach Zweifall. Am Ortseingang erkundig-
te sich der Kutscher nach dem Namen des Ortes und bat darum, zu
einem Gasthof geführt zu werden. Man geleitete sie zum Gasthof
Drilling (heute Mentzerath) in dem die Königin sich zum Bleiben
entschloß. Ein berittener Diener wurde nach Aachen entsandt, um
dem daheimgebliebenen Gefolge, das schon beunruhigt die Rück-
kehr der Königin erwartete vom Geschehen zu unterrichten.
(1) Marie-Henriette lebte von 1836 bis 1902. Sie wurde in Budapest als Tochter von
Erzherzog Josef von Ungarn geboren und starb in Spa.
Als Herzogin van Brabant heiratete sie 1853 den Erbprinzen Leopold von Belgien.
1865 Königin von Belgien als Gattin Leopolds II.
37
Die Nachricht von der Anwesenheit der Königin verbreitete
sich im Fluge. Die Ortseinwohner versammelten sich mehr und
mehr vor dem Gasthause, um einmal eine wirkliche Königin zu se-
hen. Diese mußte sich den versammelten Einwohnern mehrere Ma-
le am Fenster grüßend zeigen.
Die Schützengesellschaft wollte ebenfalls der Königin ihre Re-
ferenz erweisen und postierte nach kurzer Beratung mit dem Bür-
germeister des Ortes eine Wache für die Nacht vor dem Hause, in
dem der königliche Gast wohnte. Die Königin dankte dem in voller
Uniform erschienenen Vorstand der Schützengesellschaft für ihr Er-
scheinen und nahm das Angebot der Bewachung huldvoll entgegen.
Von Breining her hatte man sogar eine Musikkapelle herbeige-
holt, um dem Aufzug der Wache das nötige Gepränge zu geben.
Früh am Morgen machte sich die Königin reisefertig und wollte
nicht davonfahren, ohne den Ort besichtigt zu haben. Mit klingen-
dem Spiel und unter der Begleitung der Schützen wurde ihr dieser
Wunsch erfüllt.
Vor dem endgültigen Abschied von Zweifall bedankte sich die
Königin für die liebevolle Aufnahme sowie für das sichere Geleit
der Schützen, und setzte ihre Rückreise nach Aachen fort. Die Pres-
se berichtete eingehend über das für den Ort so große Ereignis, und
so blieb es nicht aus, daß in den nächsten Wochen viele Besucher
nach Zweifall kamen, um den Gasthof kennenzulernen, wo einmal
eine Königin nächtigte.
Der spätere Dank der Königin blieb nicht aus. Der Regierungs-
präsident sandte der Bruderschaft ein Schreiben folgenden Inhalts :
... ” Ihre Majestät, die Königin der Belgier, hat durch die Aufmerk-
samkeit, welche die Schützengesellschaft zu Zweifall Allerhöchst-
derselben während ihres Aufenthaltes vom 5. zum 6. dieses Monats
erwiesen hat. Allerhöchst sich angenehm berührt gefunden und mir
aufgetragen, der Schützengesellschaft ihren verbindlichen Dank
auszusprechen.
Aachen, den 7. September 1880
Der Regierungspräsident
von Hoffmann”
Am 8. September kam die Königin gelegentlich eines Ausflugs
erneut in das Gasthaus Drilling und schenkte dem Wirt aus dank-
barkeit eine Tafeluhr aus schwarzem Marmor mit einem Bronceauf-
satz. Die Königin gab auch noch ihr Einverständnis, das Gasthaus
38
von nun an ”Gasthof zur Königin der Belgier” zu nennen. Viele
Jahre hat das Haus diesen Titel geführt, bis es in den zwanziger Jah-
ren in ”Gasthof zum Walde” umbenannt wurde.
Die Tafeluhr hat, wie so viele Dinge, den Zweiten Weltkrieg
nicht überstanden. In den schlimmen Herbsttagen des Jahres 1944
wurde sie bei einer Brückensprengung zerstört.
39
Die Hergenrather Kalkwerke
von Alfred Bertha
Als im Jahre 1955 die Hergenrather Kalkwerke den Betrieb
einstellten, bedeutete dies das Ende eines Unternehmens, das viele
Jahrzehnte lang eine herausragende Rolle im Wirtschaftsleben des
Eupener Landes gespielt hatte.
Begonnen hatte alles am 15. Mai 1907, als August Vandenesch
aus Eupen an die Gemeindeverwaltung von Walhorn ”ein Gesuch
nebst Zeichnung in duplo” einreichte "betreffend Erwerbung eines
Grundstücks zur Anlage eines Steinbruchs aus dem Gemeindewalde
der Gemeinde Walhorn in der Gemeinde Hergenrath gelegen mit
der ergebenen Bitte, das Geeignete gefl. veranlassen zu wollen”.
Bei der Gemeindeverwaltung von Walhorn stieß der Plan des
Vandenesch von vornherein auf Zustimmung; am angegebenen Ort
- in der sog. Asteneter Brennhag - war vor Zeiten ein Steinbruch in
Betrieb gewesen. Es galt nur, die Frage mit dem Oberforstamt, dem
Landratsamt und dem Kreisbauamt abzusprechen und zu einem
möglichst vorteilhaften Pachtvertrag mit dem Anpächter zu kom-
men. Verkaufen wollte die Gemeinde nur, wenn ein gleich großes
Gelände angekauft werden könnte.
Schon am 12. Juni 1907 schrieb Vandenesch, er sei mit den
ihm am 10. desselben Monats zugesandten Pachtbedingungen ein-
verstanden. Der Pächter sollte demnach für jeden in Anspruch ge-
nommenen Ha jährlich 200 M Pacht zahlen sowie für die Wiederin-
standsetzung des Geländes nach Ende des Abbaus eine Garantie-
summe von 800 M pro Ha stellen.
Vandenesch wollte sofort ein Gelände von 2 Ha in Angriff
nehmen; zusätzlich benötigte er einen 3 m breiten Streifen für die
Anlage einer Gleisbahn als Verbindung zwischen Steinbruch und
Eisenbahn. Nach seinen Vorstellungen mußte der Vertrag minde-
stens 30 Jahre für die Gemeinde bindend sein, damit sich die für die
Rentabilität erforderlichen kostspieligen Anlagen amortisierten.
Ab August 1907 führt Vandenesch die Korrespondenz von
Stolberg aus als Betriebsleiter bei Franz Heinrich Alff, Abteilung
”Kalkwerk Bärenstein”. Diese Fa besaß ein patentiertes Verfahren
zum Betrieb von Schachtöfen zum Brennen oder Rösten von Kalk,
Zement, Erzen und dgl.
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Ein dem Gesuch beiliegendes Meßtischblatt veranschaulicht die Lage des Steinbruchs
42
Noch ehe der Gemeinderat zu einem Beschluß kommen konn-
te, war aus Hergenrath lautstarker Protest gegen das Projekt zu hö-
ren. Ein von 30 angesehenen Bürgern unterzeichnetes Protest-
schreiben wurde am 20. August 1907 an den Regierungspräsidenten
in Aachen gerichtet. Dieses Schreiben zeigt, daß naturschützerische
Bemühungen (- wenn auch mit privaten Interessen verbunden -)
nicht erst in unseren Tagen aufgekommen sind. Hier der Protest
”gegen die Verunstaltung des Geulbachtales durch Kalkofen und
Steinbrüche” im Wortlaut :
Die politische Gemeinde Walhorn, Kreis Eupen, besitzt einen
in der Gemarkung Hergenrath belegenen Waldkomplex Ktbl. 2 n
Parz. N° 171/47, der aus der beigefügten Skizze ersichtlich ist.
Die Vertretung der Gemeinde Walhorn steht in Unterhand-
lung mit einem Unternehmer, dem Herrn Vandenesch zu Eupen,
um diesem einen Abschnitt des gedachten Waldgeländes (2 ha.) zur
Anlegung eines Steinbruches und Kalkofens abzutreten.
Die gehorsamst Unterzeichneten sehen sich genötigt, gegen
dieses Projekt energisch Widerspruch zu erheben, und sie nehmen
sich die Freiheit, ihren Protest schon jetzt Ew. Hochwohlgeboren
als dem Vertreter staatlicher Aufsicht über Gemeindewaldungen
und dem berufenen Hüter der Interessen der Allgemeinheit, vorzu-
legen, wenngleich sie wohl wissen, daß für Ew. Hochwohlgeboren
die formale Handhabe, der Angelegenheit näher zu treten, vielleicht
noch nicht gegeben sein dürfte. Möglicherweise bietet aber der & 14
des Gesetzes vom 15. Juli 1907 betreffs Schutz gegen die Verunstal-
tung landschaftlich hervorragender Gegenden eine solche schon
Jetzt.
Gleichzeitig mit der gegenwärtigen Eingabe haben die Unter-
zeichneten an die Gemeinde Hergenrath den Antrag gerichtet, auf
Grund des & 4 des angezogenen Gesetzes den in Frage stehenden
Waldkomplex sowie das anschließende Gelände ortsstatutarisch der
landhausmäßigen Bebauung vorzubehalten; sie wollen auch nicht
unterlassen hervorzuheben, daß sie bemüht sein werden, die Öffent-
lichkeit und insbesondere den Eifelverein für die Sache zu interessie-
ren, denn der Touristenweg, den die Stadt Aachen in Verbindung
mit dem Eifelverein in dankenswerter Weise nach Hergenrath und
weiter durch das Geultal nach Altenberg hat herstellen und zeich-
nen lassen, wird durch die projektierte Anlage ebenfalls berührt und
geschädigt.
43
Wie die Unterzeichneten so Beistimmung zu ihrem Protest in
weitesten Kreisen zu finden erwarten, so erhoffen und erbitten sie
von Ew. Hochwohlgeboren eine wohlwollende Prüfung und Förde-
rung des Zweckes dieser Eingabe.
Zur Begründung ihres Protestes erlauben sich die Unterzeich-
neten folgendes auszuführen :
Das Gelände, um welches es sich hier handelt, bildet außer Zweifel
einen der landschaftlich schönsten Punkte der näheren Umgebung
Aachens.
Das Geultal, vom Viadukt der Aachen-Herbesthaler Bahn bis
zur Eyneburg und Altenberg wird jährlich von Tausenden durch-
wandert, es bildet eine der beliebtesten Sonntags-Ausflugspartieen
der Aachener Bevölkerung. Von der bewaldeten, leider mit zu dich-
tem Unterholz bewachsenen und deshalb schwer zugänglichen
Bergkuppe erschließt sich ein außerordentlich anziehendes Land-
schaftsbild in die Talsenkung hinein, von dem monumentalen Ei-
senbahnviadukt bis zur Eyneburg, den Höhen um Henri-Chapelle
und dem Aachener Wald. Der Bergabhang selbst mit seiner wunder-
baren Frühjahrsflora bildet das Entzücken aller Freunde der Natur.
Und gerade von diesem eigenartigen Bergvorsprung soll die Ge-
meinde Walhorn die erwähnten 2 ha abtreten, damit daraus ein wü-
ster Steinbruch und ein die herrliche Vegetation tötender Kalkofen
werden soll!
Das Bedürfnis der näheren und ferneren Umgebung Hergen-
raths nach Kalk wird durch die weiter unten im Tal und völlig ab-
seits belegene Kalkofen-Anlage, die auch aus diesem Grunde nur in
beschränktem Umfange betrieben werden kann, überreichlich ge-
deckt. Es erscheint uns auch nach den dabei zu Tage tretenden Um-
ständen durchaus glaubhaft, daß für den Unternehmer Herrn Van-
denesch nicht die eigene Erwerbstätigkeit Selbstzweck und Antrieb
zu dem Projekt geboten hat, sondern daß die ganze Anlage den In-
teressen einer großen Industrie-Gesellschaft zu Stolberg, der Chemi-
schen Fabrik Rhenania, dienen soll, der Herr Vandenesch persön-
lich näher steht. Es ist ja nicht unbekannt geblieben, daß diese Ge-
sellschaft sich im vorigen Jahre darum bemüht hat, Kalkstein-
Gelände im benachbarten Astenet zu gleichem Zwecke zu erwer-
ben. Diese Bedrohung seines Friedens und seiner dem Sommer- und
Erholungsaufenthalt in mehrfacher Hinsicht gewidmeten ländli-
chen Abgeschiedenheit hat aber Astenet von sich abgewehrt, und so
ist sie nun auf uns abgelenkt.
44
Wir Hergenrather lieben aber die Reize unseres Landschaftsbil-
des viel zu sehr, um sie in solcher Weise verunstaltet zu sehen, und
noch weniger wünschen wir die Belästigungen und Schäden ruhig
hinzunehmen, die ein Steinbruchbetrieb mit seinen Sprengungen,
seinen Trümmerhalden, seiner bekanntlich nichts weniger als ange-
nehmen Arbeiterschaft mit sich bringt.
Trägt Astenet den Charakter größerer Begüterungen, herr-
schaftlicher Landsitze und klösterlichen Frieden, so erwarten wir
die Entwicklung Hergenraths in einer ganz anderen Richtung.
Wenn Hergenrath nach der Fertigstellung des großen neuen
Tunnels die erste Station vor Aachen geworden ist und in 8 bis 10
Minuten zu erreichen sein wird, dann wird Hergenrath nicht G
ausschließlich Ausflugsziel sein, sondern sich immer mehr - wozu
die ersten Anfänge schon vorliegen - der landhausmäßigen Bebau-
ung erschließen und zum Sommeraufenthalt wie zum dauernden
Wohnen von allen denjenigen bevorzugt werden, die zwar beruflich
an die Großstadt gebunden, sich aber aus Freude an der Natur im
Rahmen beschränkterer Mittel ein eigenes Heim schaffen wollen.
Wir wüßten wenigstens keinen Ort in der näheren Umgebung Aa-
chens, der für solche Zwecke mehr geschaffen wäre als gerade Her-
genrath. Es würde kurzsichtig heißen, dieser Zukunft die Erwägung
gegenüberzustellen, daß der Aachener im Allgemeinen gegenwärtig
noch das Wohnen in der Stadt vorzieht. Die Lebensgewohnheiten
und Anschauungen ändern sich sehr schnell - es bedarf wirklich
nicht der Aufzählung der vielen größeren und kleineren Städte im
Reiche, wo diese Entwicklung, wo dieser Zug aufs Land hinaus sich
Geltung verschafft hat und zwar, nachdem der Bann einmal gebro-
chen war, überraschend schneller als es erwartet wurde.
Und nun ist wiederum gerade der in Frage stehende Gelände-
abschnitt - wie das von autoritativster Seite festgestellt ist - land-
schaftlich, klimatisch und von Verkehrserwägungen aus für eine
Solche Verwendung so geschaffen, wie man es idealer nicht finden
könnte, Landschaftlich - weil Wald, Wiese, das eingeschnittene Tal,
die reizvollsten Lösungen zuläßt; klimatisch - weil der Hang sich
nach Osten, Süden und Westen öffnet, und, wie die Flora bekundet,
milde und zugleich erfrischende Luft vorherrschend ist, und da das
Gelände endlich in 2 Minuten von der Station zu erreichen, ja un-
mittelbar an dieser beginnt, so kann auch in der letzterwähnten Be-
ziehung etwas besseres, bequemeres kaum irgendwo gefunden wer-
den.
45
In der Tat haben auch diese seltenen Vorzüge schon vor eini-
ger Zeit den Anlaß zu projektmäßiger Bearbeitung gegeben, und
diese Erwägungen haben nur der ungünstigen Zeitverhältnisse we-
gen nicht schneller gefördert werden können.
Der Steinbruch und das Kalkwerk an derjenigen Stelle des Ge-
ländes, die den Angelpunkt des ganzen Bebauungsplanes darstellt,
die Zerstörung des so charakteristisch gebildeten Bergplateaus
müßten hierdurch jede Möglichkeit, das Gelände der Allgemeinheit
zu erschließen, beseitigen.
Nicht nur das, sie würden eine ganz außerordentliche Entwer-
tung der angrenzenden Grundstücke mit sich bringen, es muß diese
Entwertung ganz besonders die im Geultale und in dessen Nähe be-
reits vorhandenen Wohnungen und Arbeitsstätten treffen, und des-
halb ist niemand berechtigter als die Besitzer derselben, gegen die
einseitig fiskalische Ausbeutung des Geländes Widerspruch zu erhe-
ben. Sie haben ein gutes Teil ihres Vermögens in ihren Besitzungen
stecken, sie wohnen selbst darauf und sollen sich nun den notorisch
überaus belästigenden Steinbruchbetrieb gefallen lassen. Wie soll es
ihnen ermöglicht werden, ihre Angestellten und Arbeiter, zum
größten Teil jugendliche Personen beiderlei Geschlechts, ihre Fami-
lienangehörigen vor dem in Steinbrüchen vorzugsweise beschäftig-
ten ausländischen Arbeiterpersonale zu schützen, zumal dieses so
unendlich leicht sein Domizil nach jenseits der Grenze verlegen
kann?
Für die Gemeindeverwaltung Hergenrath ergeben sich aus ei-
nem solchen Betriebe so viel Belästigungen, Arbeit, polizeiliche und
Verwaltungstätigkeit, Armen-, Schul-, Krankenversicherungs- und
Wegelasten, daß die Steuern des Unternehmers niemals ein Äquiva-
lent dafür bieten werden, zumal die Anlage jede andere für die Ge-
meinde viel günstigerere Entwicklung dauernd ausschließt.
Wir nannten den Standpunkt der Walhorner Gemeindevertre-
tung einen einseitig fiskalischen, und das ist er auch in der Tat. Mag
die Areal-Abtretung gegen Barzahlung, mag sie im Wege des Aus-
tausches erfolgen, mag die höhere Rente für Walhorn alsbald oder
erst später sich zeigen, in jedem Falle ist der finanzielle Effekt oben-
drein immer ein verhältnismäßig geringfügiger. Er wird schwerlich
ein Äquivalent bieten für die dauernde Wertverminderung des Rest-
besitzes sowie für den Schaden, den Kalkofengase naturgemäß dem
Waldbestande zufügen, zumal sie hier nicht frei aufsteigen können,
sondern im Tal lasten müssen, und er dürfte unter keinen Umstän-
46
den im Verhältnisse stehen zu der Wertminderung, die den Nach-
barn, und zu dem Verluste an idealen Gütern, der der Allgemeinheit
zugefügt wird.
Die Gemeinde Walhorn gehört zu den reichsten des Bezirkes.
Sie hat geringe Ausgaben, guten Besitz und sehr potente Steuerzah-
ler, sie hat vor den Nachbargemeinden vieles voraus. Sie hat es
wahrlich nicht nötig zum Schaden der Allgemeinheit das schönste
Stück Berg- und Waldland, das sie besitzt, wenn es auch jetzt nicht
gerade große Erträge bringt, gegen Gewinn der Zerstörung preiszu-
geben. Sie könnte sich andererseits ein großes Verdienst erwerben,
wenn sie diesen Waldhang der Öffentlichkeit zugänglich machen
wollte, und es soll daher auch an die Gemeinde Walhorn der Antrag‘
gerichtet werden, zu gestatten, daß das Plateau des fraglichen Berg-
vorsprunges durch einen Rundweg, der ein entzückendes Panorama
eröffnen wird, der Allgemeinheit erschlossen werde.
Kalksteinlager gibt es im Regierungsbezirke, besonders im Eu-
pener Kreise so unendlich viele, daß es nicht erforderlich ist, gerade
ein hervorragendes Bild landschaftlicher Schönheit zu zerstören,
und für den Unternehmer wie seine etwaigen Hinterleute wird es ei-
ne Kleinigkeit sein, das, was sie hier nutzbar machen wollen, an an-
deren Stellen zu erhalten.
Wenn dieser Gesichtspunkt von Bedeutung ist, um ein Vorge-
hen im Sinne des $ 14 des eingangserwähnten Gesetzes zu ermögli-
chen, so wollen wir einen entsprechenden Antrag hiermit gestellt
haben.
Zunächst werden wir es dankbar begrüßen, wenn Ew. Hoch-
wohlgeboren dieser Sache Ihr Interesse widmen, vielleicht selbst
von der Lokalität Augenschein nehmen wollten.
Gegen die Kalkofenanlage selbst Einspruch zu erheben, bleibt
uns ja der geordnete Weg seiner Zeit vorbehalten. Heute ist es unse-
re Absicht vorzubeugen und nach Möglichkeit dem weiteren Fort-
gange der Verhandlungen entgegenzuwirken.
In ausgezeichneter Hochachtung
und Ergebenheit
gez.
Kittel, Bürgermeister, Joh. Leon. Laschet, Bauunternehmer, Paul
Ruyters & Co., Gustav Braun, Spinnereibesitzer, Penney, Direktor,
Jos. Engelen, Bautechniker, Dr. jur. Thieler, Fabrikbesitzer in Fa.
Jos. Schmetz, Emil Müller, Postsekretär, Joh. Camotte, Sebastian
47
Heinen, August Kirschgens, Kunstwollfabr., Heinrich Nägeler, Fa
Schweinem & Klein, Streichgarnsp., Jos. Klöters, Direktor, H. Ri-
chartz, Jos. Küpper, Kaufmann, Johann Laschet Rendant, Pet. Jos.
Laschet, Holzhändler, Rud. von den Driesch, Jos. Schmetz, Inge-
nieur, Jos. Rausch, Spediteur, Joh. Kever, Jos. Willems, Leon.
Palm, Baugeschäft, Nic. Schmetz, Kaufmann, Th. ten Hövel, Direk-
tor, A.E. Buch, Betriebsführer, J. Urlichs, Betriebsführer, A. Di-
schner, Kaufmann, L. Schmetz.
Eine gleichlautende Abschrift des Protestschreibens sandten
die Unterzeichner an das Bürgermeistereiamt in Walhorn mit der
Bitte, ”im Sinne des Protestes zu handeln, zumal ein Aachener Herr
200 Morgen für eine Villenkolonie in hiesiger Gegend sucht und für
das in Frage kommende Terrain ganz andere Preise erzielt werden
können als das in Rede stehende Angebot.”
Um nun allen umherschwirrenden Gerüchten entgegenzutre-
ten, wies der zukünftige Pächter in einem vom 14. Oktober 1907 da-
tierten Schreiben an die Gemeinde darauf hin, daß das Terrain nur
zu Steinbruchzwecken ohne Kalkofenanlage dienen werde.
Dennoch verstummten die Proteste nicht. Am 22. Oktober
1907 meldete sich die Ortsgruppe Aachen des Eifelvereins zu Wort.
Diese 500 Mitglieder zählende Ortsgruppe würde es "lebhaft bedau-
ern”, wenn die landschaftlichen Schönheiten des Göhltales bei Her-
genrath verunstaltet würden. Fast mit gleicher Post ging der Protest
des Aachener Wanderclubs ein, ”der die Reize des Landschaftsbil-
des im Göhl-Tale bei Hergenrath wohl zu schätzen weiß”; der
Wanderclub wünschte ”deren unversehrte Erhaltung” und schloß
sich deshalb dem Protest der Hergenrather Bürger vom 20. August
an.
Durch den Landrat von Eupen, Herrn Gülcher, erfuhr Vanden-
esch, daß die Kgl. Regierung zu Aachen mit der Steinbruchangele-
genheit befaßt sei. Er wandte sich deshalb am 3.1.1908 an den Re-
gierungsrat Osteroth ”zwecks näherer Aufklärung der Sache”. Un-
ter anderem führt Vandenesch aus, die Beschwerdeschrift des Herrn
Dr. Thiele sei nur Konkurrenzmache, worüber sich ein guter Teil
der Einwohner von Hergenrath empöre. Der Herr Bürgermeister
von Hergenrath habe vorher nichts von einem Villenprojekt
gewußt. Das in Frage kommende Terrain eigne sich auch nach dem
Gutachten des Oberförsters nicht im Geringsten zur Villenanlage,
denn links laufe die Bahnstrecke Aachen-Herbesthal, geradeaus
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Aus der beigelegten Skizze des Aachener Wanderclubs ersehen wir, daß der als
”Touristenweg” bezeichnete Wanderweg von der ”Promenade” kommend über die
Bahnhof- und Asteneter Straße zur Göhl führte und dem Bachlauf bis ”Altenberg”
folgte.
stünden die bedeutenden Wollfabriken Hammermühle mit den wi-
derlichen Ausdünstungen. An der Straße vom Bahnhof nach Her-
genrath liege die Ziegelbäckerei des Herrn Dr. Thiele, am Bahnhof
selbst Fabriken und Tongräbereien, sodaß das ganze angebliche Vil-
lenterrain von gewerblichen Anlagen eingeschlossen sei.
Der befürchtete Zuzug von Kroaten sei sehr naiv, denn der
Steinbruchbetrieb werde 6-8 Mann beschäftigen und brauche solche
Arbeitskräfte also weniger als die Ziegelbäckerei des Hrn. Dr. Thie-
le.
Tagtäglich führen, so Vandenesch, etwa 3-400 Leute von Her-
genrath nach auswärts das tägliche Brot zu verdienen, sodaß sein
Unternehmen bei den Hergenrather Arbeitern wahre Freude her-
vorgerufen habe.
Das angebliche Konsortium zur Gründung einer Villenkolonie
suche Anrteilscheine zwecks Gründung einer Gesellschaft zur Aus-
beutung des gen. Steinbruchs zu verkaufen; das bedeute, daß diese
Herren unter dem Deckmantel der Villenkolonie dasselbe Ziel ver-
folgten wie er, Vandenesch.
49
Anschließend nennt Vandenesch einige bedeutende Unterneh-
men, deren Hauptverarbeitungsprodukt nur ein kohlensaurer Kalk-
stein sein könne; und zwar
Chemische Fabrik Rhenania
Spiegelmanufaktur
Fensterglashütte
Hohlglashütte
Chemische Fabrik Honigmann
Aachener Hüttenverein, alle in Stolberg ansässig.
Die mit Rentabilität auszubeutenden Kohlenkalklager im Re-
gierungsbezirk Aachen seien nach einhelliger Meinung der Fachleu-
te bald erschöpft. So habe das Hüttenwerk Rothe Erde, das über
100 Arbeiter im Steinbruchbetrieb in Stolberg beschäftigte, bereits
größere Lagerstätten in Dolhain an der Vizinalbahn erworben. Bei
solchen Betriebsverlegungen gehe Arbeit und Geld ins Ausland.
Am 30. Mai 1908 ließ der Regierungspräsident den Landrat zu
Eupen wissen, er habe gegen eine Verpachtung des Steinbruchs
nichts einzuwenden. Nachdem Vandenesch nun um Festsetzung
der Pachtbedingungen gebeten hatte, holte die Gemeinde bei ande-
ren Gemeinden der Kreise Eupen und Malmedy Erkundigungen
ein, ob dort Steinbrüche betrieben würden und welche die Pachtbe-
dingungen seien. St. Vith und Weismes schickten Abschriften sol-
cher Verträge, die dann als Vorlage zur Festsetzung der Pachtbedin-
gungen des Kalksteinbruchs dienten.
. Da Vandenesch diese Bedingungen als unannehmbar ansah,
nahm er von seinem Vorhaben Abstand und die Gemeinde schritt
zu einer öffentlichen Ausschreibung der Steinbruchverpachtung.
Bei Eröffnung der Submission am 14.1.1909 konnte die Ge-
meinde sich nicht entschließen, auf eines der vier eingegangenen
Angebote, darunter auch eines von August Vandenesch, einzuge-
hen.
Ernsthafte Verhandlungen gab’ es dann mit einem neuen
pachtwilligen Interessenten, Ewald Mies aus Aachen. Diese Ver-
handlungen zogen sich über viele Monate bis August 1909 hin.
Dann verzichtete gen. Mies auf eine Anpachtung des Steinbruchs,
weil er sich nicht mehr länger durch die Gemeinde vertrösten lassen
wollte. Nach Einholung von Gutachten des Kreisbauamtes Eupen
und des Oberförsters wurde schließlich am 10. November 1909 der
folgende Pachtvertrag mit August Vandenesch abgeschlossen und
am 14.1.1910 notariell getätigt :
50
$ 7.
Die Gemeinde Walhorn verpachtet einen 6,7 ha großen in der
Waldparzelle Flur 2 N° 171/47 belegenen Steinbruch sowie einen
10 - 15 ar großen, an der Eisenbahnstrecke Hergenrath-Astenet an
der Parzelle 154/48 angrenzenden Lagerplatz vorbehaltlich der Ge-
nehmigung des Kreisausschusses unter folgenden Bedingungen.
82
Der Pächter bezahlt pro Kubikmeter gebrochener Steine 30 Pfennig
bezw. pro Waggon a 10 000 Kilo 1,65 M.
83
Der Anpächter bezahlt den garantierten Pachtpreis von 900 M jähr-
lich gleich 1800 M auf zwei Jahre als Kaution im Voraus, diese fällt
ohne Weiteres der Gemeinde zu, falls der Betrieb und Versand in-
nerhalb eines Zeitraumes von einundeinhalb Jahren nicht eröffnet
ist.
$ 4.
Die Pachtzeit wird mit Rücksicht auf größere Anlagen auf 30 Jahre
zugesichert. Jedoch ist der Gemeinde anheimgegeben, nur dann auf
die zweiten 15 Jahre den Vertrag aufrecht zu erhalten, wenn nach
Ablauf der ersten 15 Jahre nicht eine Anlage an Baulichkeiten, Ma-
schinen und Gleisanlagen errichtet ist, welche einen Wert von
25.000 M darstellt.
CS
Nach Ablauf der ersten 15 Jahre wird eine Mindestpacht von 1200
M jährlich garantiert,
86
Den Waldbestand nach $ 1 hat der Pächter zur Forsttaxe von 2350
M sowie des Lagerplatzes im Betrage von 52,50 M gleich 2402,50
M zu vergüten und zwar
500 M zahlbar 3 Monate nach Betriebseröffnung, 1000 M zahlbar 6
Monate nach Betriebseröffnung, den Rest von 902,50 M 9 Monate
nach Betriebseröffnung.
87
Der Anpächter hat für die Anlage der Beförderungsmittel selbst zu
sorgen; doch stellt die Gemeinde das erforderliche Terrain soweit es
Gemeindeeigentum ist, unentgeltlich und zwar auch für
Bahnanschluß.
5%
88.
Die Abtragung muß etagenweise bewirkt, jedoch darf nicht tiefer
wie 40 m abgetragen werden. Das Haldenmaterial darf nur an zwei
Stellen aufgeschüttet werden, unschöne Anblicke sind nach Mög-
lichkeit zu vermeiden. Das angrenzende Terrain darf nicht in Mitlei-
denschaft gezogen werden.
8 9.
Für den gewonnenen Kalk hat der Anpächter per Waggon gleich
10 000 kg 3,20 M und per Waggon gleich 12 000 kg entsprechend
mehr in gleichem Verhältnis wie zu 10 000 kg zu zahlen; auch ist bei
Fuhrabnahme per cbm 50 Pfennig zu entrichten.
$ 10
Die Aufzeichnungen über die per Fuhre sowie per Bahn zum Ver-
sand kommende Anzahl kg und cbm an Steinen und Kalk sind dem
diesseitigen Amte wahrheitsgemäß mitzuteilen. Für jede unrichtige
Angabe ist eine Conventionalstrafe von 100 M zu zahlen, außerdem
ist die Gemeinde berechtigt, im Wiederholungsfalle unter Verzicht
auf die Conventionalstrafe vom Vertrag zurückzutreten. Bei nach-
gewiesenem Versehen des Anpächters tritt das Recht auf Conven-
tionalstrafe bezw. Vertragsrücktritt nicht ein.
ST
Die Abrechnung erfolgt am Schluß eines jeden Geschäftsjahres.
Das erste Geschäftsjahr beginnt mit dem ersten Versandtermine.
Der Gemeinde stehen 14 Tage lang nach Rechnunglegung am
Schlusse des Geschäftsjahres die Geschäftsbücher zur Controlle im
Gemeindelokale oder an der Betriebsstätte zur Verfügung.
Außerdem ist der Bürgermeister oder eine von ihm zu benennende
Person; die aber nicht Steinbruchsbesitzer oder Steinhändler sein
darf, berechtigt, jederzeit von den Geschäftsbüchern Einsicht zu
nehmen und auf der Betriebsstätte zur Controlle der abgehenden
Fuhren und Waggons pp. zu verweilen.
(WE
Sämtliche durch den Anpächter errichtete Gebäude und maschinel-
len Anlagen bleiben dessen ausschließliches Eigentum.
8 13
Streitigkeiten aus diesem Vertrage, welcher Art sie sein mögen, un-
terliegen unter Ausschluß des Rechtsweges der Entscheidung eines
52
Schiedsgerichtes. Dasselbe besteht aus dem jeweiligen Landrat des
Kreises Eupen als Vorsitzenden sowie aus 2 Beisitzern, von denen
jeder der Contrahenten einen zu ernennen hat.
8 14
Der Vertrag ist notariell zu tätigen, sämtliche dabei entstehenden
Kosten, wie Vertragsstempel pp. fallen dem Anpächter zur Last.
Wal orn, zen ZOO, Speisen LE
Der Bürgerucistar Der Anpichter |
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KA
OPER EM s
EUPEN , den 4. Dezember 1909.
20 Namens des Kreisausschusses,
‘ 7 Der Vorsitzende,
ELLE NM C
VA BE AST} „Mr UM
\ueurt
Schon am 28. März 1911 bat Vandenesch um eine Verlänge-
rung des Pachtvertrags um weitere 20 Jahre, da er nur so größere
Kapitalien zum Ausbau des Werkes erlangen könne. ”Durch diesen
Ausbau, Ofenanlage wie auch maschinelle Einrichtungen, würde
ich in den Stand gesetzt, das Werk lebensfähiger zu gestalten, wo-
durch wiederum der Gemeinde die weitgehendste Sicherheit und ein
enormer Gewinn geboten wird, schrieb der Pächter. Die Anlageko-
sten hätten nicht, wie ursprünglich kalkuliert, 25.000 M, sondern
das Doppelte betragen; diese könnten in 30 Jahren nicht amortisiert
werden. Er sehe sich deshalb gezwungen, zur Rentabilität des Un-
ternehmens Kalköfen, Aufzüge, etc. zu errichten, was weitere
75.000 - 100.000 M erfordere.
Der Anpächter verpflichtete sich, der Gemeinde für die zusätz-
liche Pachtzeit jährlich eine Mindestsumme von 2.000 M zu zahlen,
behielt sich aber das Recht vor, falls das Terrain nicht mehr abbau-
würdig sei, vorzeitig vom Vertrag zurückzutreten.
53
Das Kreisbauamt und auch der Landrat waren mit einer Ver-
längerung des Pachtvertrages im Sinne des Antragstellers einver-
standen. Das Kreisbauamt wies jedoch darauf hin, daß bei der Anla-
ge eines größeren Betriebes der Steinbruch wohl früher als vorgese-
hen erschöpft sein werde, der Gemeinde also für eine Reihe von
Jahren eine Mindestpachtsumme entgehe, was der Unternehmer
durch ein Preisangebot gutmachen müsse.
Dem Wunsche des Unternehmers entsprechend wurde am 10.
Mai 1911 ein leicht abgewandelter Pachtvertrag unterzeichnet, in
dem die 20-jährige Verlängerung zugesichert wurde, wenn bis dahin
die Gesamtsumme der Pachtabgaben 140.000 M. erreicht habe.
Aus dem weiteren Schriftverkehr in Sachen Kalksteinbruch
Brennhag ist ersichtlich, daß Vandenesch noch im Jahre 1911 seine
Rechte an die Westdeutschen Kalkwerke A.G. in Köln abgetreten
hat, jedoch als Betriebsführer im Dienste dieser Fa verblieb (1). Die
gen. Firma schrieb am 12. September 1911, aller Wahrscheinlich-
keit nach komme sie mit 1. Oktober in Betrieb, sodaß voraussicht-
lich noch bis zum Ende des Jahres 1911 900 Waggons zum Versand
gelangten. Innerhalb der Westdeutschen Kalkwerke bildete der
Steinbruch in der Brennhag den Betrieb ”Hergenrather Kalkstein-
brüche G.m.b.H. - Hergenrath”, während die erstgenannte Fa ihrer-
seits ein Tochterbetrieb der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke
A.G. in Dornap war, die die Aktienmehrheit bei den Westdeutschen
Kalk-Werken besaß.
(Schluß folgt)
(1) Der Vertrag zwischen Vandenesch und den Westdeutschen Kalkwerken wurde am
19. Dezember 1912 unterzeichnet. Die "Bergisch Märkische Bank Köln” teilte dem
Walhorner Bürgermeister auf dessen Anfrage am 10.4.1912 mit, daß die Westdeut-
schen Kalkwerke A.G. ein Grundkapital von 2.000.000 M besitzen und die Gesell-
schaft zur Zeit für Kredite, die sie in Anspruch nehme, gut sei.
54
Beurlaubung und Entlassung des Landwehrmannes
Johann Joseph Palm aus Hergenrath
Unser Mitglied Dipl.-Architekt Willy Palm aus Nettetal, des-
sen Vater aus Hergenrath stammt und der daher noch viele Ver-
wandte im Göhltalraum zählt, schickte uns zwei Fotokopien über
die Beurlaubung seines Urgroßvaters 1828 sowie dessen Entlassung
aus dem Soldatenstand i.J. 1831.
Wir teilen die Meinung des Einsenders, daß diese Dokumente
bei manchen unserer Leser Interesse finden werden. Sie zeigen, was A
man vom beurlaubten und auch von dem aus dem aktiven Dienst
entlassenen Soldaten erwartete.
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Bezirks « Feldwebel zu melden, um von demfelben aufgezeichnet zu ‚werden; Welche“ De {8 dem:
höcde und dem BataiNons«Commandeur von benen. im Dit EEE
mentliche- Lifte mit Bemerkung ihres Gewerbes einfenden. PCH Ö N
Der Wehemann verbleibt undefchadet feiner bürgerlichen Berhäleniiek his” Some fi
® diefer Dbliegenheit ganz entbunden‘ wird, je nachdem er zum Feflext über, weiten a Me 8
* ydct , auf Grfocdern zu denen Uebungen im Frieden pünktlich. (ich seinzufigdeit' 3” fo“ Wi.
feine ehrenvolle Beflinmung it, fi zur Bertheidigung des Böterlandes‘ gu Helena
“Der BWehrmann fichr, während er in feiner Heimarh if, fo+gut al8 jeder anders” Geklohbte.
Sordat ‚unter feiner Ortö-Obrigkeit , indefjen fol er in perfönlihen Fällen nach militaisifchen Bes
fegen behandelt werden. 7 A
Macht jih der Landwehrmann eines Vergehens fhuldig, weidhes härtere Strafen wld die des
fivengfSen Arreftes nach (ih zieht; und Kriminal-Unterfuchung zur Folge hat, fo wird ein foldjer
auo der Landwehr ausgeftoßen , und verliert das Recht, das Mationol- Abzeichen zu tragen.
Der Landwehrmann it befonders verpflichtet , feiner Obrigkeit in feinen bürgerlichen Berhältnifo
fin Xchtung und Folge zu leiffenz und die ihm zuflehenden Dbliegenheiten pünktlich und ohne Wis
devrede zu erfüllen. A
55
„Die nächften mititairıfhen Vorgefehten des Landwehrmannes find feine Offiziere und der Felde
soebel des Compagnie» Bezirk3 , zu weldem der Landmwehrmann gehört, und dann ift c8 der Was
taillon6 „Commandeur,
Der Landwehrmana ift verpflichtet, feine Montirungsfiücle forgfältig zu fhonen, damit er bef
einer. Einberufung y volifändig bekleidet, crfiheinen Tann. Nimmt er feine Montirungsflücke nicht *
gehörig in Mcht oder vernichtet Diefelben muthwillig während feines Aufenthalts in der Heimalfp -
fo follen diefe auf feine Rofken wieder angefchaft werden, V 7
G8 wird dem Landmwehrmann befonders zur Pflicht gemacht füh überall mit Auflond, Drde
nung und Würde, und fo zu betragen; wie dies feiner ehrenvollen Beflimmung und jedem rechte
fihaffenen Staatsbürger und Unterthan gebührt,
Wicd er im Dient Iuvalide, fo foN für ihn, gleidh wie für die Soldaten tes fehenden Peew
xe8; geforgt werden, und wicd ihm nad) vollendeter tadeNofer Dienfkzeit in der Landwehr des
ıften und 2ten Aufgeboth&; die Kubzeichnung zugeftanden , bet feierlichen Gelegenheiten feine Unis
focm: tragen zw dürfen. A 7
ecennber
Yadeny den /7 ton SLEECIEL. 182f. C
2 Dr anca RE
-Oberft-Lieutenant und Fonfmandeur des 25, LandwehiNRegte,.
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* 4% Garde-Landwehr-Negiment. %
"3 Bataillon (Düffeldorffches.) A Zn }
Az“ Compagnie,
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Der SGarde-Landwehrmann WERE BL SEN
S BZ MERAN Man Ef gu be and WEL ; A Hase re
EA GfaA ah} Dr S PBalız SEM ALE Ehe Aemghal zur Dun) ul ef
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Ze wird, in der Vorausfegung auf weitere Drdre, nach feiner ‚Heimath pen 0atf ;
' ' a: DB ' &. > A
Awnı A Eupen Fagenatngpr X in Sehen) a
entlaffen, daß er fid auch in feinen bürgerliden Verhältniffen der Auszeichnung Werth. 5: ps
f made, bie ihm, in militairifher Hinfiht, durdy feine Ernennung zum Gardbe-Lands; 5 1)
SE wehrmann, geworden ift. Gehorfam gegen Drt6: und Landes: Obrigkeit, pünktliche A DR
;" , Befolgung vorhandener Sefehe, fittlidhes und wahrhaft anftändiges Betragen, licbliches
56
„+ Benehmen gegen feine Mitbürger, müffen nicht allein ihm, fondern dei gemeinfchaftlidhem
‚Hinwirken, dem Garde-Landwehrmann, bald eine allgemeine Achtung erwerben,
wogegen aber Ungehorfam, Liederlichkeit und Unmafung nicht allein ihm, fondern auch
dem Vruppentheile, dem er dann unwürdig zugehört, zur Laßt fällt, Seine Ausftopung
au ‚demfelben ift die unvermeidliche Folge feines fehlechten Betragens, fo wie die hierin
liegende Befdhimpfung vor allen feinen Landsleuten,
G8 ift eine chrenvolle Beftimmung des Garde-Landwehrmanns, da der erfie
"au feyn, wo der König ruft, das Vaterland feines Schuße® bedarf; daß cr alfo feine
) bürgerlichen Verhältniffe möglichft fo vinyıickiei hat, diejem Zwecke zu entfprechen, vers
? fteht fie von felbft, Eben fo ndihig if e& aber auch, daß er außer den allgemeinen
„Uebungen feinen Beruf als Soldat vor Augen hat, (ih um Kenntnip und Handhabung
feiner Waffen bemüht, feinen Körper ftavk und gewandt erhält, die Anfirengungen des
Krieges zu eriragen, den Forderungen feiner militairifhen Dbern zu genhgen.
Damit jede Aufforderung an den Garde-Landwehrmann gelange, muß er im,
oben angegebenen Orte zu erfragen feyn, wogegen e8 ihm unbenommen bleibt, wenn 66
feine bürgerlichen‘ Handthierungen verlangen, fh auf einige Zeit, natürlich mit den orl6-
_ obrigFeitliden Päffen verfehen, daraus zu entfernen.
Der Landwehrmann gehört dem Lande, fo wie dem Soldatenfiandez die in
der Landes -Verfaffung geltenden SGefeße find in feinen bürgerlichen Verhältniffen, die
feinigenz bei militairifhen Zufammenberufungen in Beziehung zu feinem Kreis-Feldwebel
und den Öffizieren, find c& die Kriegs: Urtikel,
Sein {teter Wahlfpruch fey:
4 $ Y 17 N 166
„Mit Gott für König und Baterland!
BD f Er frage ihn im Herzen, dann wird er im Kriege wie im Frieden, die Hoffnung,
„der Troft feiner Mitbürger foyn, und fein Sewiffen ihm im fpäten Alter fagen:
„Ich war der Ehre werth, der Garde-Landwehr zuzugehdren,“
A E
Gegeben, Düffeldorf den Z tm ZZ 1877,
7
Der Major und Bataillons-Commandeur,
ZEN f ; 7
AR Ms An DA Dil
u U z ME SPD
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57
° °
Les premiers habitants de
La Calamine.
par J. Leclercq*
Le touriste qui s’attarde ä La Calamine est frappe par l’activite
commerciale de son centre, par l’extension des quartiers residentiels
sur sa peripherie et le caractere rural du reste de l’entite. L’aspect
actuel de cette cite florissante et dotee d’une infrastructure moderne
se substitue a celui d’un centre industriel et minier dont le souvenir
est encore vivace,
Au cours des trois dernieres decennies, le demantelement des
installations ferroviaires, le comblement de la vieille excavation de
mine dite ”de Kull”, l’aplanissement des anciens terrils et crassiers
ont efface les dernieres traces importantes du passe.
Ce passe, parfois tourmente, a vu le d&veloppement et la pros-
perite de l’endroit se fonder sur la presence dans son sol du plus riche
gisement de minerai calaminaire d’Europe. Apres traitement, ce
minerai donnait du zinc, jadis d’une importance primordiale pour le
travail des batteurs de cuivre de la region et indispensable dans la
fabrication du laiton.
Epuisee en 1884, la mine de La Calamine a fait l’objet, des
1344, d’une mention officielle attribuant sa propriete a la ville d’Aix-
la-Chapelle qui la tenait d’une donation imperiale et la conserva jus-
qu’en 1439. Bien qu’elle ne soit pas encore confirmee, l’hypothese
prevaut actuellement que son exploitation pourrait remonter a la
periode carolingienne, voire meme ä l’epoque romaine.
Les noms de La Calamine et de Hergenrath apparaissent pour
Ja premiere fois dans un acte officiel en 1280, sous la forme ”Kelms”
et ”Heyenrot”. Lors du recensement de la population en 1445, La
Calamine comptait 30 contribuables repartis sur les paroisses de
Montzen, Moresnet et Walhorn, alors que 19 autres etaient domici-
lies a Hergenrath. Erigee en Seigneurie avec cour scabinale auto-
nome, en 1650, La Calamine beneficiera d’une administration com-
munale propre qui subsistera jusqu’en 1794 (1).
* 241, Grand Ry Cornesse, B - 4860 PEPINSTER
(1) PAUQUET, F., 1980. - ”Erste urkundliche Erwähnung der Orte Hergenrath und
Kelmis am 22. März 1280”, Zeitschrift ”Im Göhltal”, 27, 4 - 9.
58
Bien qu’aucun document connu actuellement ne mentionne
VPexistence d’une agglomeration avant la fin du XIII“ siecle, il est cer-
tain que le territoire de La Calamine €tait dejä habite anterieure-
ment. Devant le mutisme de !l’Histoire ä ce sujet, le recours ä d’au-
tres disciplines scientifiques s’est avere indispensable pour tenter de
retrouver les premiers habitants de ce terroir. C’est ainsi que l’archeo-
logie a permis de soulever un coin du voile recouvrant son plus loin-
tain passe.
Les plus anciennes occupations actuellement connues sur le
territoire de l’actuelle commune de La Calamine ont &te localisees ä
Hergenrath. Il s’agit des stations mesolithiques decouvertes a Flön-
nes (1959), Auf der Heid (1964) et Busch/Brand (1966) par l’auteur. d
Le Möesolithique est apparu apres le Tardiglaciaire, au Prebo-
real, et a perdure jusqu’ä la fin du Boreal, voire meme au debut de
l’Atlantique.
Des le Preboreal, entre 8.200 et 6.800 B.C. (2), le rechauffe-
ment climatique a entraine une modification profonde de la vegetation
et de la faune. Un couvert forestier, compose principalement de pins
et de bouleaux, a remplace les herbacees de la toundra a Dryas (3).
Pendant le Boreal (6.800 a 5.500 B.C.), le climat &tant devenu chaud
et sec, le developpement du noisetier, la chute du bouleau puis l’ap-
parition de la ch&naie mixte (chene, orme et tilleul) se sont manifes-
tes.
Ces modifications du climat et du milieu avaient entraine la
migration vers le Nord du renne et du boeuf musque, ainsi que la
disparition du mammouth, du rhinoceros laineux et des grands
felins. Les vastes espaces ainsi liberes ont ete occupes entre autres
par l’elan, le cerf, le chevreuil, le bison, l’aurochs, le sanglier et le cas-
tor.
Les mesolithiques ont €te les dernieres peuplades de chasseurs a
sillonner nos regions ä la poursuite du gibier. Ils se sont installes de
preference dans des endroits bien degages, orientes au Sud, parfaite-
ment draines et situes ä proximite des points d’eau. Les seuls
temoins connus de leurs habitations sont quelques rares dallages de
galets et des traces de foyers, avec ou sans pavement.
(2) B.C. signifie avant J.C.; il suffit d’ajouter 1.950 aux nombres donnes pour obtenir
la datation ä partir de l’Epoque actuelle.
(3) ”Dryas ‚octopetala”, arbrisseau de la famille des rosacees caracteristique de la
toundra et des Etages superieurs de la vegetation alpine.
59
Dans nos regions, seul leur outillage lithique nous est parvenu.
Il est caracterise par une grande extension des microlithes (silex tail-
les de tres petites dimensions) souvent de forme geometrique : seg-
ments de cercle, triangles et trapezes d’une longueur moyenne d’en-
viron 20 mm et d’un poids inferieur a 2 grammes. L’abondance de
ces objets est liee a Futilisation intensive de l’arc et de la fleche
arm6e et barbelee de microlithes. Gräce ä cette ”premiere machine”,
les mesolithiques ont pu, dans une foret assez claire, abattre les
aurochs, les cerfs et les sangliers qui constituaient l’essentiel de leur
alimentation. De plus, il convient de souligner que la presence du
chien est attestee dans certains sites.
Au Mösolithique, les sepultures sont a inhumation en position
repliee, dans des fosses parfois entourees de bois de cerf, accompa-
gn6ees d’un mobilier funeraire en os et en silex. Une mention speciale
doit Etre reservee a la decouverte, a Offnet en Baviere, de deux peti-
tes fosses contenant un depöt de cränes orientes vers l’Ouest et sau-
poudres d’ocre rouge.
Outre les recherches effectuges par l’auteur (4), des fouilles de
sauvetage ont ete entreprises a Flönnes en 1964, par M. Fr. Hubert,
assistant au Service National des Fouilles (5), et en 1965, par Mile
H. Danthine, professeur d’archeologie prehistorique a l’Universite
de Liege. Ces travaux, effectues dans 2 concentrations distinctes,
ont permis de recueillir plus de 4.000 silex tailles comprenant envi-
ron 300 instruments. L’outillage se compose d’outils du fonds com-
mun (grattoirs, percoirs, burins, lames et lamelles retouchees, de 29
armatures microlithiques (pointes de divers types) et de 36 microli-
thes geometriques (segments de cercle, triangles et trapezes).
Sur le site de Auf der Heid, les fouilles de Fr. Hubert et les
recherches de l’auteur ont livre un ensemble d’environ 900 silex tail-
les dont une trentaine d’outils. Ce materiel, semblable ä celui de
Flönnes, est actuellemet conserve au Service d’Archeologie Prehis-
torique de l’Universite de Liege (6).
(4) LECLERCOQ, J., 1975. - ”La station mesolithique de Flönnes a Hergenrath”, Bul-
letin des Chercheurs de la Wallonie, XXIII (1974-1976), 285-313.
(5) HUBERT, Fr., 1967, - "Un gisement mesolithique a Hergenrath”, Archaeologia
Belgica, 99, 1 - 70.
(6) LECLERCOQ, J., 1968. - ”Decouvertes archeologiques dans le canton d’Eupen”,
Revue Vervietoise d’Histoire Naturelle, 1-3, 7 - 9.
62
elle que les stations de Hergenrath sont connues a l’etranger et qu'el-
les servent de reference quant au Mesolithique de notre region. Se
fondant sur les caracteres specifiques de chaque site, le Dr. Rozoy a
propose€ un classement chronologique et leur attribution a differen-
tes phases de cette culture. Selon, lui, Busch/Brand se situerait a la
fin du stade ancien, tandis que Flönnes appartiendrait au stade
moyen. Ces sites dateraient des environs de 7.000 B.C.
(Busch/Brand), 6.800 B.C. (Flönnes 1) et 6.000 B.C. (Flönnes 2).
L’extension de l’exploitation du Busch/Brand, en direction du
Nord-Est, a mis au jour des silex tailles au lieu-dit Brennhaag. Ces
artefacts ont Ete decouverts en septembre 1979 par des membres du
”B.N.D. Forschungsgruppe” qui ont note la presence de 3 concen-
trations (9). Le materiel recueilli compte un millier de silex tailles,
dont une trentaine d’outils comprenant des grattoirs, des percoirs et
des armatures microlithiques. Cet outillage est comparable ä celui
des autres stations de la region. Selon une communication verbale
de A. Gob, il pourrait dater de + 6.400 B.C. a environ 5.800 B.C.
Au debut de 1982, un collectionneur hollandais et J. Franzen
de Vaals ont decouvert une station mesolithique a proximite de La
Calamine. Toutefois, ce dernier s’etant refuse a toute autre declara-
tion, nous sommes completement depourvus d’indications quant ä
sa localisation et a son materiel qui a &t& exporte en Hollande.
Un evenement d’une importance capitale a marque le 5° mille-
naire avant notre &re : l’apparition des premiers agriculteurs n&oli-
thiques d’Europe occidentale.
Dans nos regions, le Neolithique est connu par trois cultures
distinctes qui s’y sont developpees entre le 5° et le 2° millenaire.
Nous trouvons ainsi successivement :
1. - ’Omalien ou Danubien (Neolithique ancien), de la fin du 5° jus-
que vers le milieu du 4° millenaire,
2. -le Michelsberg (Neolithique moyen), de la fin du 4° au debut du
3° millenaire,
3. -le Seine-Oise-Marne (Neolithique recent), de la fin du 3° au
debut du 2° millenaire.
Le Neolithique s’est developpe pendant l’Atlantique, periode ä
climat tempere et humide, plus chaud que l’actuel, qui s’est &tendue
(9) LECLERCQ, J., FRANZEN, D. & J., FIGIEL, B., 1981. - ”Vorgeschichtliche
Entdeckungen in Hergenrath-Brennhaag”, Archeologie, 1981/2, ...
63
de 5.500 a 2.500 B.C. Cette epoque est caracterisee par le recul du
pin et le developpement de la chenaie mixte. Les forets abritaient
une faune sauvage comprenant entre autres le cerf, le chevreuil, le
sanglier, le bison et l’aurochs.
Le Neolithique marque egalement un changement radical dans
le comportement de I’Homme : abandonnant le stade de predateur,
il devient producteur. A partir de cette €poque, il se livra ä la culture
de l’orge et du ble, a la domestication de la chevre, ä l’elevage du
boeuf, du porc et du mouton. Devenus sedentaires, les neolithiques
construisirent des habitats permanents, des silos, des fours ä pain,
voire meme des fortifications.
Ils pratiquerent le polissage de certains outils lithiques, tout
particulierement les haches, pour en ameliorer l’efficacite et travail-
lerent la corne, l’os et le bois pour la confection d’outils, de reci-
pients et d’objets de parure. Ils inventerent de nouvelles techniques
telles que la poterie qui leur permit de fabriquer une multitude de
recipients, et le tissage qui marque le debut de l’industrie textile.
Apres avoir pratique l’inhumation individuelle dans des fosses
creus&es en pleine terre pendant les periodes anciennes et moyennes,
les neolithiques ont creuse des hypogees et construit des megalithes
(dolmens et allees couvertes) pour servir de sepultures collectives. Le
maximum d’extension de ces monuments caracterise la phase finale,
6galement denomm6ee Chalcolithique, qui coincide avec l’apparition
du cuivre.
A ce jour, on ne connait la presence du Neolithique sur le terri- >
toire de La Calamine que par des decouvertes isolees depourvues de
tout contexte significatif.
La plus ancienne de ces trouvailles est celle d’une hache en
silex poli mise au jour en 1953, lors d’un travail forestier a proximite
du chateau d’Eyneburg ä Hergenrath. Entree dans les collections du
”Töpferei Museum” de Raeren, elle a €te publiee par le Dr. O.E.
Mayer qui ne l’a pas date, considerant que l’utilisation du silex poli
s’est prolongee au delä du Neolothique (10).
(10) MAYER, O.E., 1953. - ”Bodenfunde und Grabungen 1953”, Zeitschrift des Eu-
pener Geschichtsvereins, 3, 45.
65
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Fouilles de Mlle H. Danthine a Flönnes en 1965.
Des 1979, des objets attribuables au Neolithique ont ete
recueillis dans la sabliere de Hergenrath-Brennhaag par J. & D.
Franzen de Vaals. Selon leurs declarations, ce materiel compren-
drait : 5 pointes de fleches, 6 grattoirs et racloirs, 2 lames retouchees
sur leur pourtour, 2 fragments de haches polies et 4 debris de meu-
les. Voisinant avec des artefacts mesolithiques, dans des terrains
bouleverses et remanies par le bouteur, cet ensemble ne permet
aucune datation precise.
Dans notre region, le Neolithique recent est marque par la pre-
sence du groupe ”Seine-Oise-Marne” qui s’est developpe entre envi-
ron 2.500 et + 1.700 B.C. Toutefois, l’influence de la civilisation de
la ceramique cordee, originaire d’Europe de l’Est, s’est manifestee
jusqu’a l’Ouest du Rhin.
Les porteurs de la ceramique cordee etaient des guerriers semi-
nomades pratiquant la chasse et l’elevage, dont les habitats perma-
nents paraissent exceptionnels. Ils ont vecu a la fin du 3° et pendant
le 2° millenaire.
67
Les sepultures de l’Äge du Bronze sont tres variees. Elles com-
prennent des cistes recouverts d’un leger tertre, des tumulus, des
tombes plates, des coffres renfermant des urnes cineraires, et parfois
des cercueils en tronc de chene. Il est ä noter que le rite de l’incinera-
tion s’est developpe des le debut de l’Äge du Bronze pour atteindre
son apogee ä la fin de la periode, tandis que les inhumations perdu-
raient jusqu’au Bronze moyen inclus.
Cest au profeseur J. Liese que l’on doit la de&couverte, vers
1900, d’une necropole s’etendant dans le bois d’Aix-la-Chapelle.
Recouvertes par des tumulus, les sepultures etaient situges sur des
hauteurs, en bordure des pentes ou sur des replats.
En 1914, J. Liese fouilla un groupe de 22 tumuli ä
Moresnet/Bittweg (14). Il y distingua 3 categories de monuments
funeraires, a savoir :
1. - les tombelles a noyau de pierres et entourges d’un cercle de
pierres,
2. - les tombelles entourees d’un cercle de pierres,
3. - les tertres de limon avec traces de bois brüle.
En conclusion de ses travaux, il attribua l’Erection des tom-
belles de la region d’Aix-la-Chapelle aux neolithiques porteurs
de la ceramique cordee qui auraient sejourne ä cet endroit jus-
que pendant l’Äge du Bronze (15).
En 1926, E. Rahir et J. Breuer entreprirent la fouille de 6
des 26 tombelles situges dans la partie du Preuswald remise ä la
Belgique, conformement aux dispositions du Traite de Versail-
les de 1919.
Au cours de leurs travaux, ils mirent au jour des empierre-
ments supportant des ossements humains incineres et des debris
de charbon de bois, un mur de pierres sches et quelques silex
tailles gisants a la surface du sol primitif. A proximite de ces
sepultures, ils d&couvrirent une importante levee de pierres et de
terre s’etendant en ligne droite sur environ 320 m en territoire
belge. Cet ouvrage se prolonge sur une distance assez grande en
Allemagne et aboutit des 2 cötes a une declivite.
(14) LIESE, J., 1923/1925. - ”Hügelgräber im Aachener Stadtwald”, Zeit-
schrift des Aachener Geschichtsvereins, 45, 276.
(15) LIESE, J., 1930. - "Das Aachener Land in der Steinzeit”, Aachen, J.A. Mayer’-
sche Buchhandlung, 107-108 et 11.
69
L’absence de mobilier funeraire valable hypotheque gravement
les possibilites de datation precise des tombelles de Moresnet. Jus-
qu’ici, des dates n’ont pu Etre proposees qu’en fonction des structu-
res monumentales et des rites funeraires rencontres. Un element
important de comparaison a toutefois ete fourni par la mise au jour
de 2 poignards, d’une pointe de lance et d’un bracelet en bronze
dans des sepultures situges sur.le Klausberg. (18) (19).
De nouvelles recherches et la de&couverte d’objets typiques
s’averent indispensables pour une datation incontestable des tombel-
les situges en Belgique.
En terminant cet apercu des occupations du territoire de La
Calamine ä fravers les äges, il convient de souligner que c’est ä la
recherche archeologique que l’on doit la decouverte des vestiges
anterieurs ä 1.280.
Les tombelles de Preuswald t&moignent d’une presence
humaine pendant l’Äge du Bronze entre 1.800 et 1.100 avant J.C.,
tandis que des objets isoles indiquent le passage des neolithiques,
vraisemblablement entre le 4° et le 6° millenaire.
Actuellement, les plus anciens vestiges ont te trouves ä
Hergenrath-Flönnes, Auf der Heid, Busch/Brand et Brennhaag. Ils
attestent la presence dans la region des derniers chasseurs pendant la
plus grande partie du Mösolithique, entre 7.000 et 5.800 avant notre
&re.
Malgre les lacunes dans nos connaissances, nous postulerons
qu’au moins depuis 9 millenaires, des centaines de generations ont
trouve sur le territoire de La Calamine le gite et la nourriture indis-
pensables ä leur lutte pour l’existence.
Cornesse, octobre 1982.
(18) KAEMMERER, W,., 1975. - "Geschichtliches Aachen”, Aachen, Brimberg, 6.
(19) En page 10 de son ouvrage ”Viertausend Jahre Aachen” (1925), le professeur W.
Hermanns &crit : "Dans une de ces tombes se trouvait un magnifique poi-
gnard : temoin d’une €poque s’occupant du travail du minerai et qui avait
probablement dejä appris a fondre et a forger la calamine d’Altenberg (Kel-
mis)”.
70
ZUSAMMENFASSUNG
Die erste offizielle Erwähnung der Existenz der Orte Kelmis
und Hergenrath geht auf 1280 zurück. Jedoch wurden durch archäo-
logische Forschungen Spuren von vorgeschichtlichen Siedlungen
entdeckt.
Die Hügelgräber im Preuswald bezeugen die Gegenwart von
Menschen im Laufe der Bronzezeit (zwischen 1.800 und 1.100 vor
Chr.), während einzelne Gegenstände andeuten, daß wahrscheinlich
zwischen dem 4. und 2. Jahrtausend neolithische Einwanderer in die
ser Gegend gelebt haben.
Bis jetzt wurden die ältesten Spuren in Hergenrath (Flönnes,
Auf der Heid, Busch/Brand und Brennhaag) entdeckt. Sie bestäti-
gen, daß diese Gegend zwischen 7.000 und 5.000 vor Chr. von den
letzten Jägern aus der Mittelsteinzeit besiedelt war.
71
Vom Waisenhaus zum Gymnasium
von Alfred Bertha
Clara Fley ist eine der großen Gestalten des Bistums Aachen
im 19, Jh. Die Industrialisierung hatte auch in Aachen zu sozialen
Spannungen und zur Schaffung eines Arbeiterproletariats geführt,
das vielfach in Elendsquartieren hauste. Vor allem die Kinder dieser
Elendsviertel hatten es mehreren Aachener Frauen, darunter Clara
Fey, angetan. 1837 begannen sie damit, Mädchen aus Armenvier-
teln im ehemaligen Dominikanerkloster zu einer ”Arbeitsschule” zu
versammeln. Einige dieser Frauen entschlossen sich, in diesem Klo-
ster ein gemeinsames Leben zu führen, um so noch besser sich der
armen Kinder annehmen Zu können. So legten am 6. Oktober 1844
die ersten Schwestern der neuen Klostergemeinschaft ihr Gelübde
ab. Ordensvorsteherin wurde die 1815 geborene Clara Fey.
Der neue Orden nannte sich ”Schwestern vom armen Kinde
Jesu”, ein Name, den die Regierung nicht ohne Widerstreben akzep-
tierte, da sie das ”arm” zu auffällig fand und es ”als Verbeugung vor
dem Proletariat” auffaßte. (1) Am 17.5.1847 erhielt der Orden die
staatliche Genehmigung, am 28.1.1848 bestätigte ihn auch Kardinal
von Geissel.
Die Schwestern widmeten sich in Aachen ihrer selbstlosen
Aufgabe, bis Bismarks ”Kulturkampf” sie zwang, die alte Kaiser-
stadt zu verlassen. Nur das Burtscheider Haus, in dem alte und *
kranke Schwestern wohnten, durften sie behalten. Im grenznahen
belgischen Moresnet bezogen die aus Deutschland vertriebenen
Schwestern ein kleines, der Baronin von Resimont gehörendes
Haus, auf das diese ein Stockwerk hatte aufbauen lassen für die
”Hauskinder” (d.h. Kinder für die kein Unterhalt gezahlt wurde)
und Pensionärinnen von Burtscheid. Aus den Unterlagen im
Ordensarchiv in Simpelveld (Holl.) geht hervor, daß die ersten
Schwestern am 22. Mai 1877 in Moresnet einzogen. Ihnen folgten
am 13. Juni die Kinder, und zwar 60 ”Hauskinder” und 70 Pensio-
närinnen. Am 1.10.1877 kamen noch die Schwestern der Kuetgens
-Nellessenschen Stiftung dazu. Am 21.6.1877 hatte man auf Bosch-
hausen die erste hl. Messe gefeiert.
(1) "Aachener Ordensgründer im 19. Jh.” von August Peters in ”Kirchenzeitung für
das Bistum Aachen”, 35. Jahrgg., Nr. 36, 7. Sept. 1980, S. 36-37.
7
Im folgenden Jahre gründeten die Schwestern ein neues Haus
in Simpelveld. Dieses sollte fürderhin und bis auf den heutigen Tag
Mutterhaus sein.
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Das heutige Mutterhaus der Schwestern vom arme Kinde Jesu in Simpelveld (N)
In Moresnet entstand 1878 ein Neubau, der 1890-91 um ein
Stockwerck erhöht wurde. Diesen Backsteinbau aus an Ort und
Stelle gebackenen Feldbrandziegeln bewohnt heute die Familie Jos.
Jongen. In einem Dachbalken steht noch die vom Bauschreiner
Malmendier aus Moresnet eingeritzte Jahreszahl 1890 zu lesen.
Es ist nicht leicht zu sagen, welche baulichen Veränderungen
die Schwestern in Moresnet-Boschhausen vorgenommen und was
sie an Baulichkeiten bei ihrer Ankunft vorgefunden haben. Am frü-
heren Haupteingang finden wir eine Rundbogentür mit der Jahres-
zahl 1661 und im Innenhof eine Stalltür mit den Initialen P.P./B.P.
und der Jahreszahl 1703. Die Moresneter Kirchenbücher geben
73
Auskunft über die Erbauer dieses Gebäudeteils, das wohl ursprüng-
lich nicht als Stallung gedacht war. Am 6. Oktober 1693 heirateten
Peter Pelser und Barbara Pelser. Diesen Eheleuten wurden in den
Jahren 1694-1713 9 Kinder geboren.
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Das Kloster Boschhausen um die Jahrhundertwende.
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Blick auf Moresnet Kapelle (um 1900)
78
Im Jahre 1881 zählte Moresnet 971 Einwohner. Davon waren
605 in Belgien und 366 im Ausland geboren. 96 Personen hatten ihr
normales Domizil im Ausland und wurden nicht zu den Einwoh-
nern gezählt. Die Aufschlüsselung nach sprachlicher Zugehörigkeit
ergab :
589 Deutschsprachige,
239 Zweisprachige Deutsch-Französisch
47 Französischsprachige,
13 Flämischsprachige,
10 Zweisprachige Flämisch-Französisch,
11 Zweisprachige Flämisch-Deutsch,
5 Dreisprachige.
673 Personen waren des Lesens und Schreibens kundig; 298 waren
Analphabeten. -
Die Franziskaner in Moresnet-Kapelle zählten 41 Ordensmit-
glieder. Die ”Schwestern vom arme Kinde Jesu” waren zu 20. Unter
den 96 Personen mit normalem Domizil im Ausland” zählten auch
die Pensionärinnen der Schwestern auf Boschhausen.
Eine Aufstellung im ”Fond Doutreloux” im Bischöflichen Archiv in
Lüttich aus dem Jahre 1884 gibt folgende interessante Zahlen für
Boschhausen :
1 Oberin,
10 Lehrschwestern,
12 Arbeitsschwestern.
Diese Schwestern unterhalten eine Erziehungsanstalt (maison d’edu-
cation) für Mädchen mit Waisenhaus, Kindergarten und Pensionat.
Die Zahl der Kinder betrug 120, wovon 20 kostenlos unterrichtet
wurden, 55 zahlten den vollen Pensionssatz, 45 einen Teil dessel-
ben. Die Kinder waren bis auf 5, welche aus der Pfarre Moresnet
stammten, Deutsche. (”Les enfants appartiennent a l’Allemagne, ex-
cepte 5 qui sont de la paroisse”.
Raummangel führte 1898 zur Anmietung des Hauses de La-
saulx, das aber 1896 wieder gekündigt wurde. Dies mag mit dazu
beigetragen haben, daß der Orden 1901 ander Ortsgrenze von
Gemmenich ein kleines Bauerngut mit einem ausgedehnten Stück
Heideland erwarb.
Auf Bitten des Pfarrers Ernst von Gemmenich wurde 1903 in
diesem Bauernhaus ein Kindergarten (”Bewahrschule”) eröffnet.
Schon im ersten Jahre hatten die Schwestern etwa 100 Kinder im
Vorschulalter in ihrer Obhut. 8
76
Im folgenden Jahre begann man mit der Anlage des Gartens
und dem Bau einer neuen Klosteranlage, deren Erdgeschoß noch
1904 fertiggestellt wurde. 1905 wurde der erste Bauabschnitt des
neuen Klosters, der auf Gernmenich zu orientierte Trakt, abge-
schlossen. (1) Es wurde beschlossen, die Hauskinder, d.h. die nicht
zahlenden Kinder, zu entlassen. Die ganz Kleinen wurden nach
Simpelveld, die Schulkinder in andere Häuser des Ordens gebracht.
Wiederum auf Drängen des Pfarrers von Gemmenich eröffne-
ten die Schwestern im November 1906 eine Volksschule für Mäd-
chen. Diese war anfangs zweiklassig (Unter- und Oberstufe, 8 Schul-
jahre) und begann mit etwa 120 Schülerinnen. Am 15.9.1907 erhielt
sie die offizielle staatliche Anerkennung. :
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Der 1890-91 errichtete Bau ist heute Wohnhaus der Familie Jos. Jongen
(1) Bei den Aufräumungsarbeiten nach dem Großbrand von 1963 sagte ein schon
betagter freiwilliger Helfer beim Anblick von Eisenbolzen, die das Dachgebälk gehal-
ten hatten : ”Die habe ich angebracht.” Und auf die Frage, wann das denn gewesen
sei, antwortete er : ”Das war 1905”.
77
Im Frühjahr 1907 wurde der zweite Bauabschnitt des Klosters
in Angriff genommen. Im Innern des jetzigen Gebäudes ist derselbe
klar vom ersten Bauabschnitt zu unterscheiden, da unterschiedliche
Materialien verwendet wurden. In der letzten Oktoberwoche 1908
war der Bau soweit vollendet, daß die Schwestern mit dem Umzug
von Moresnet nach Gemmenich beginnen konnten. Die geräumige
Klosterkapelle wurde am 13. Nov. 1908 feierlich geweiht.
Nach Beendigung des Umzugs, der sich bis Januar 1909 hin-
zog, beherbergte das Gemmenicher Kloster, dem die Schwestern
den Namen ”Maria Hilf” gegeben hatten, 160 Pensionärinnen und
weit über 100 Schwestern.
1913 hatte Gemmenich 215 interne Mädchen und besaß neben
der ”höheren Töchterschule”, die bis zum Abitur führte, eine Haus-
haltungsschule, die auch externen Mädchen zugänglich war.
Maria-Hilf war ein besonders von den begüterten Familien be-
vorzugtes Pensionat. Um aber jedes Aufkommen von Minderwer-
tigkeitsgefühlen bei ärmeren Kindern zu verhindern, trugen die
Mädchen einheitlich blauen Rock und weiße Bluse.
In der Ordenschronik sind für die folgenden Jahre keine beson-
deren Geschehnisse vermerkt. Im letzten Kriegsjahr (1918) scheint
der Unterricht jedoch unterbrochen gewesen zu sein, denn ”Maria-
Hilf” ist von französischen Flüchtlingen belegt. Im Juni. 1918 sind
deutsche Kinder aus der Lütticher Gegend im Gemmenicher Klo-
ster.
Nach den Sommerferien wird das Pensionat wieder geöffnet.
Die veränderte politische Lage führte 1919 zur Umstellung auf
Französisch als Unterrichtssprache. Der Ausweisungserlaß vom
14.1.1919 traf die deutschen Schwestern nicht : sie durften weiter-
hin in Gemmenich wirken, und sowohl der Kindergarten wie auch
die Volksschule und das Pensionat genossen einen hervorragenden
Ruf, was auch durch die Schülerzahlen belegt wird : im Kindergar-
ten zählte man 60-80 Kinder, die vierklassige Volksschule, die 1922
auf acht Klassen (1) ausgebaut wurde, besuchten bis zu 160 Kinder,
während das deutsch-belgische Pensionat rund 150 Mädchen zähl-
te. (2)
(1) Die 8. Klasse bot auch Kochunterricht.
(2) Das Pensionat gliederte sich in eine ”Ecole moyenne”, die mit 2 Klassen begann
und 1923 mit einem ”Cours superieur” (Oberstufe) weitergeführt wurde, sowie einer
Haushaltungsschule für In- und Externe. Daneben bot Maria-Hilf Fortbildungs- und
Handelskurse sowie eine Handarbeitsschule für Externe.
78
Mitte der zwanziger Jahre kamen die meisten Schwestern noch
aus Deutschland. 1926 zählte Maria Hilf 120 Schwestern.
Für die Volksschule entstand 1927 ein Neubau, der am
9.11.1928 seiner Bestimmung übergeben wurde.
Nachdem die deutsche Regierung den deutschen Mädchen das
Studium im Ausland untersagt hatte, mußten die Schwestern 1939
das Pensionat schließen. Zwei Monate nach Kriegsausbruch, im Juli
1940, traf dasselbe Schicksal auch die Volksschule. Es erschien ein
Inspektor in Begleitung eines uniformierten Deutschen und erklärte
der Schwester Oberin wörtlich : ”Von jetzt an haben Sie hier nichts
mehr zu bestimmen!” Damit sahen die Schwestern keine Möglich-
keit mehr, in Gemmenich ihre Erziehungsaufgabe weiterzuführen; ®
sie zogen sich nach Brüssel in das dortige Ordenshaus (rue de la Po-
ste) zurück. Die Kinder gingen von nun an in die Gemmenicher Ge-
meindeschule.
Das nun leerstehende große Klostergebäude wurde 1941-42
durch Damen aus dem Altersheim der Borromäerinnen in Aachen
belegt. Im Frühjahr 1942 nimmt Maria-Hilf 200 Fürsorgejungen
aus Dormagen auf. Im folgenden Jahre siedelte die Burtscheider
Krankenabteilung nach Gemmenich über. Im Februar 1944 wird
Gemmenich Ausweichheim eines Neusser Kinderheimes.
Nach Kriegsende, Mai-Juni 1945, kehrten die Schwestern nach
Gemmenich zurück. Sie nahmen den Volksschulunterricht wieder
auf, und auch das Pensionat wurde wieder eröffnet. Die Mädchen
kamen nun nicht mehr aus Deutschand, sondern vorwiegend aus
der Vervierser Gegend. Es gelang jedoch nicht, das Pensionat wie-
der auf den Vorkriegsstand zu bringen. Ende der 40° Jahre
schließlich sahen sich die Schwestern gezwungen, das Pensionat zu
schließen. Das Haus war zu groß geworden. Man beschloß ”Maria-
Hilf” zu verkaufen und das Volksschulgebäude um eine Wohnetage
aufzustocken.
Neue Besitzer von Maria-Hilf wurden die Oblatenpatres, die von
1929-1948 in Dampicourt und von 1948-1950 in Seroule/Heusy eta-
bliert gewesen waren. Mit dem Kloster der Schwestern kauften die
Patres einen dazugehörenden kleinen Bauernhof (3 ha) und weitere
drei kleine Häuser. Den Bauernhof verkauften sie wieder, als die
daran notwendigen Reparaturen sich so aufwendig erwiesen, daß sie
die Pachteinnahmen vieler Jahre verschlungen hätten.
Maria-Hilf wurde von den Oblatenpatres als ””’Kleines Semi-
nar”” geführt, d.h. daß es erstes Ziel der Schule war, für Ordensnach-
wuchs und geistliche Berufe zu sorgen.
79
1961 wurde ein neusprachlicher Zweig an das bis dahin rein
altsprachliche Gymnasium angegliedert. Dadurch gewann die
Schule an Attraktivität und wandelte sich nach und nach zu einem
ganz normalen Gymnasium, das inzwischen im Raum Gemmenich
und weit darüber hinaus einen guten Ruf erworben hat. Die gewan-
delte Zielsetzung fand auch in der Namensänderung (1969 vorge-
nommen) ihren Ausdruck : das ”S&minaire Apostolique” wurde in
College Notre-Dame umbenannt.
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S Das College Notre-Dame
Auch heute noch erinnert manches in Gemmenich an die
deutschen Schwestern und an das ehemalige Pensionat. Im Park des
College Notre-Dame ließen die Schwestern eine kleine Grotte
bauen. Sie trägt eine Betonplatte mit der Inschrift : Geschenk der
Pensionärinnen und deren Eltern 1910” und ein Bronzeplättchen
mit der Aufschrift : ”Peter Vincentz, Grottenbauer, Crefeld, Fern-
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80
Im Innern des Klosters findet man noch einige Emailleschild-
chen mit deutscher Beschriftung : ”Aufzug, Vorsicht! Gefahr” oder
Namen wie ”Maria Zell” über der Tür eines ehemaligen Schlafsaa-
les.
Ganz bedonders sehenswert ist aber der schöne alte Baumbe-
stand des Parks, wo man neben einheimischen Hölzern wie Birke,
Buche, Eiche, Ahorn und Kastanien auch exotische Arten wie
Sequoia und Zedern findet.
Der ehemalige große Obst- und Gemüsegarten dient heute als
Schafweide und Bruder Georges Lechat hat in Schafzüchterkreisen
einen guten Namen. Er kümmert sich auch um die zahlreichen Bie-
nenvölker. S
Kehren wir noch einmal zurück nach Boschhausen, das die
Schwestern vom armen Kinde Jesu, wie gesagt, 1908 aufgaben, um
in Gemmenich den Neubau ”Maria-Hilf” zu beziehen. (1) Nach dem
Wegzug der Schwestern kamen die ”Brüder der Kongregation von
der göttlichen Liebe”. Diese eröffneten im ehemaligen Mädchenpen-
sionat ein ”Colleg der göttlichen Liebe, deutsche Gymnasialanstalt,
geleitet von deutschen Priestern”. Aufnahmen jener Zeit zeigen die
Jungen mit ihren geistlichen Lehrern.
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Das ”Colleg der göttlichen Liebe”, Boschhausen
(1) P. Wynants, ”Religieuses 1801-1975”, S. 161, irrt offensichtlich, wenn er
schreibt : ”Passent 4 Gemmenich et remplacees par Franciscaines de la Misericorde
de Luxembourg (de 1907 a nos jours).” Die Franziskanerinnen haben von Anfang an
in Moresnet-Kapelle gewirkt.
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Gruppe an der Mariengrotte
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In den Kriegsjahren 1914-18 muß es sehr schwer gewesen sein,
die Jungen ausreichend zu ernähren. Jean Jongen, der Besitzer
des Gutes und ehemaligen Klosters Boschhausen, fand im Eßraum
an die Wand gekritzelt : ”Entfettungsanstalt”.
Postkarten geben als Adresse des Gymnasiums an : ”Maria-
Buschhausen. Post Preussisch-Moresnet b. Aachen”.
Wir haben bisher keine Unterlagen über das Wirken der ”Brü-
der der Kongregation von der göttlichen Liebe” gefunden. Es ist
nicht festzustellen, wie lange diese in Boschhausen geblieben sind.
Als die Familie Jongen das ehemalige Kloster i.J. 1920 kaufte, hatte
es schon einige Jahre leer gestanden, und es hat die neuen Besitzer
viel Mühe gekostet, aus den alten Gebäuden und den verstreuten $
Parzellen einen ertragreichen Gutshof zu schaffen.
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Wo heute der Bahndamm der Eisenbahnstrecke Aachen-Montzen die Sicht nimmt,
befanden sich vor dem 1. Weltkrieg Gemüsegärten. Zwischen dem Kloster und der
Gartenhecke verläuft die Straße Moresnet/Dorf - Moresnet/Kapelle,
83
Auf den Spuren der Vergangenheit :
die Bewohner des Hofes Fossei
von Leo Homburg
Im Laufe der Jahrhunderte hat der Name Fossei die verschie-
densten Schreibformen angenommen : Fossey, Fosheyde, Foseid,
Fohse u.a. Seit der Gemeindereform von 1977 (damals kam die Fos-
sei mit Hauset zu Raeren) schreibt man ”Fossei”. Der Hof hat seinen
Namen auch an umliegende, viel später erbaute Höfe und Häuser
weitergegeben, so daß heute mit der ”Fossei” der gesamte Ortsteil in
der Umgebung des alten Hofes bezeichnet wird.
Wenn wir der Generationenfolge auf der Fossei auf die Spur
wollen, so bietet sich uns als ältestes Quellenmaterial eine Eintra-
gung im Walhorner Gudungsbuch an, in der Johann Willems auf
der ”Fosheyde” wohnend erwähnt wird.
Die nächste und bekannte Familie auf dem Hofe Fossei ist die
Familie Proist. Simon Proist war 1536 Schöffe der Bank Walhorn.
1557 kaufte er einen großen Bend auf Prestert. Bartholomäus Proist
von der Fossei erhielt am 25.9.1575 die Genehmigung, auf seinem
Bend eine Papiermühle zu errichten und dafür das Wasser der Göhl
zu benutzen. An die Familie Proist erinnert noch ihr in einen Ka-
minbalken geschnitztes Wappen. (1)
Eintragungen im Walhorner Pfarrarchiv geben 1596, 1608 und
1632 die Familie Wilhelm Raaf als auf dem Hof Fossei wohnend an.
Diese Familie Raaf wurde 1645 durch die Familie Friedrich Koffer-
schläger abgelöst. Erhaltene Dokumente jener Zeit tragen meist die
Schreibweise Kauferschleger.
Über Friedrich Kofferschläger und seine Zeit finden wir in den
Aufzeichnungen des Hauseter Rentmeisters Peter Mees einige inte-
ressante Einzelheiten. So z.B., daß Peter Mees bis zum 10. Juni
1657 als Kriegssteuer von Hauset 150 Pattacons an die Franzosen
in Diedenhofen zahlen mußte, die ausgeplünderten und abgebrann-
ten Bauern aber dieses Geld nicht aufbringen konnten. Daraufhin
(1) Vgl. dazu die Abbildung eines Kruges des Raerener Töpfers Emont Emonts mit
Ma in H. Hellebrandt ”Steinzeug aus dem Raerener und Aachener
86
Friedrich Kofferschläger konnte seine Felder wieder bestellen.
Wohl um den Kaufpreis des Pferdes zu zahlen, fuhren er und sein
Sohn Wilhelm (geb. 25.5.1647) immer wieder Holz für Peter Mees
zur Mühle in Astenet. Diese Mühle (war es die Preismühle?) war ei-
ne Kupfermühle; von hier aus fuhr Kofferschläger für Mees Kupfer
nach Aachen, ebenso Getreide (”Vruchten”) zum Mälzen. Bei einer
Abrechnung vom 20. Juli 1669 bringt Mees diese Fahrten bei der
Verrechnung der noch rückständigen Steuern aus dem Jahre 1662
in Anrechnung, wie auch, daß Kofferschläger ihm sein Pferd 10 Ta-
ge ausgeliehen hatte. Peter Mees selber betrieb ein ziemlich umfan-
greiches Fuhrgeschäft (Holz, Kupfer) sowie einen nicht unbedeuten-
den Schafhandel. C
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Kaminplatte auf dem Hof Fossei
(Foto A. Jansen)
87
Friedrich Kofferschläger starb am 13.10.1675, seine Ehefrau
am 2.8.1682. Ihr Sohn Wilhelm, der auf dem Hofe wohnen blieb,
heiratete 1678 die in Walhorm geborene Gertrud Kersten. (Der
Grabstein des Vaters der Gertrud Kersten, der am 10.2.1688 starb,
steht noch auf dem Walhorner Friedhof.)
Von den Kindern:aus dieser Ehe sind zu erwähnen der am
6.11.1681 geborene Michael sowie der am 4.8.1684 geborene Peter.
Sie wurden beide 1697 in Walhorn gefirmt.
Als Wilhelm Kofferschläger am 17.12.1717 starb, war die Fos-
sei Sitz einer Großfamilie geworden. Die beiden Söhne Michael und
Peter waren inzwischen verheiratet, der erste mit Maria Boden
(26.4.1708), letzterer mit Maria Pütz (1720). Beide waren vorläufig
auf dem Hof bei ihren Eltern wohnen geblieben.
Am 8.10.1720 starb auch die Mutter Gertrud Kofferschläger
geb. Kersten, und 1722 löste sich die Großfamilie Kofferschläger
auf. Michael baute auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen
neuen Hof. Der Türsturzbalken trug die Initialen A.17.M.K. IHS
M.B.22 (Anno 17/Michael Kofferschläger IHS Maria Boden/22). (1)
Der Neubau hatte Michael Kofferschläger gezwungen, eine größere .
Summe Geld zu leihen. 1729 schuldete er der Witwe Hannotte noch
200 Gulden.
Somit war es zur ersten Aufteilung des Grundbesitzes der Fos-
sei gekommen, wobei die Gebäude des alten Hofes nicht berührt
wurden. Von den 6 Kindern der Eheleute Michael Kofferschläger
und Maria Boden waren noch 4 auf dem ”alten” Hofe geboren. Der
Sohn Johannes ging mit 16-17 Jahren beim Aachener Schreinermei-
ster Gottfried Währen in die Lehre und nach Abschluß seiner Lehr-
zeit zog er auf Wanderschaft über Köln nach Italien. Nach seiner
Rückkehr wurde er in die Aachener Schreinerzunft aufgenommen
und erhielt am 16.4.1748 das Bürgerrecht.
Kehren wir zum alten Hof zurück. Peter Kofferschläger starb
schon am 14.3.1727 im Alter von 42 Jahren. Der am 17.3.1722 ge-
borene Sohn Wilhelm heiratete am 24.4.1748 Maria Anna Dahlen
aus Baelen. Sie hatten 5 Kinder, als sie 1760 den Hof verließen. 115
Jahre hatten die Kofferschläger dort gewirtschaftet.
(1) Dieser Balken ging beim Umbau des Hofes verloren.
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Unter dem Putz des Wohnzimmers kam ein Stein mit der Jahreszahl 1441 zutage.
(Foto A. Jansen)
Ihr Nachfolger auf dem alten Hofe wurde noch im selben Jah-
re von den Hirtz : Joseph von den Hirtz und dessen Ehefrau Maria
Katharina Jaquemin sowie der Sohn Joseph mit seiner Ehefrau Ka-
tharina Küchen. Beide Ehepaare hatten in Walhorn geheiratet. Der
jungen Familie von den Hirtz wurden auf der Fossei 3 Kinder gebo-
ren: Theresa, Ägidius und Lambert. Joseph von den Hirtz sen.
starb 1783, Maria Katharina Jaquemin 1793.
Und wieder wechselt die Fossei den Besitzer. 1802 treffen wir
dort die Familien Frank und Reul, und zwar Johann Frank (geb.
1757) und Ehefrau Elisabeth Hennen sowie die Eheleute Peter Jo-
seph Reul und Maria Katharina Reneriken. Letzteren wurde 1802
eine Tochter mit Namen Margaretha geboren.
Die Familie Reul verließ den Hof wieder bald, während die
Frank dort wohnen blieben. Ein Sohn, Lambert, wurde napoleoni-
scher Soldat. Ein anderer, Johann Leonard, heiratete Barbara Mei-
ster. Diesen Eheleuten, die auf dem Hofe wohnten, wurde am
90
Die zweite Anzeige lautet :
”Dienstag, den 29. April, Morgens 10 Uhr, wird unterzeichneter
Notar im Sterbehause der Witwe Johann Frank in der Fossey, Bür-
germeisterei Hergenrath, auf Anstehen der Kinder und Erben des
selben öffentlich auf Kredit verkaufen: 9 Kühe, 2 Rinder, 2
Schaafe, Keller- und Hausmobilien, bestehend in Schränken, Ti-
schen und Stühlen, ferner Karren, Karrenachsen etc.
P.J. Hennen”
Schon vor diesem Verkauf war am 1.4.1834 ein neuer Besitzer
auf Fossei eingezogen. Es war der 1797 in Moresnet geborene Wil-
helm Arnold Schmetz, verheiratet mit Maria Magdalena Bage.
Neben der Landwirtschaft betrieb W.A. Schmetz auf einer Wiese
seines Hofes eine Ziegelbrennerei, die in den Jahren 1842-43 die Zie-
gel zum Bau der Hammerbrücke lieferte und auch einen Teil der
zum Bau der Hergenrather Pfarrkirche benötigten Steine herstellte.
1847 teilte W.A. Schmetz den Hof. Er behielt sich den seitwärts
stehenden 24 m langen und 4,5 m breiten Stall. Heute sind vom
alten Hofe aus noch die zugemauerten Türen und Fenster zu sehen.
Dem alten Hof gegenüber baute Schmetz ein neues Wohnhaus. Im
Türbogen stehen die Initialen W.A.S./M.M.B.1847. Neben den
alten Stallungen behielt sich W.A. Schmetz auch ungefähr 20 ha
Grund, alles in einem Stück am Hofe liegend.
Beim alten Hof verblieben ungefähr 14 ha, davon die Hälfte
weit entfernt vom Hof; dazu das alte Wohnhaus, der Pferdestall, die
Scheune und die alten, kleinen Viehställe. Diesen Teil des Hofes
verpachtete W.A. Schmetz seinem 1800 in Moresnet geborenen
Bruder Wilhelm Joseph der mit Helene Maria van der Heyden aus
Montzen (geb. 1807) verheiratet war. Dieses Ehepaar hatte 4 Kin-
der, alle in Rabotrath geboren, und zwar Hubert (1840), Maria
Hubertine (1842), Maria Theresia (1844) und Anna Maria (1846).
Wilhelm Joseph Schmetz starb 1866 in der Fossei. Als die
Witwe Ende April 1875 den Hof verließ, wohnten bei ihr noch die
Tochter Hubertine sowie der Sohn Hubert mit dessen Ehefrau
Hubertine Connotte.
Der Hof blieb jedoch im Besitz der Familie Schmetz. Mathias
Joseph Schmetz, der neue Bewohner war ein Sohn des Wilhelm
Arnold Schmetz. Er war geboren in Preußisch-Moresnet (auf Platz-
siegel) i.J. 1830 und verheiratet mit Helena Maria Janssen aus Vos-
sendal. Diese Schmetz brachten 5 Kinder mit auf den Hof, alle in
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Der alte Hof Fossei heute
(Foto A. Jansen)
Henri-Chapelle geboren : Wilhelm Arnold (1861), Maria Magdalena
(1862), Johann Hubert (1863), Peter Joseph (1866) und Nikolaus
Joseph (1867).
Kaum hatte Mathias Joseph Schmetz den Hof bezogen, da ver-
kaufte der Vater denselben an die Grubengesellschaft der Vieille
Montagne, die mit dem Abbau der Fosseyer Erzvorkommen
begann.
Von 1876-79 wohnten bei den Schmetz noch der Grubenstei-
ger Hubert Pons nebst Ehefrau Maria Magdalena Köttgen und
Sohn Hubert. Sie stammten aus Lontzen.
Mathias Joseph Schmetz blieb noch bis Ende April 1880 auf
dem alten Hofe wohnen, dann zog er mit seiner Frau und den 5
Kindern auf den 1847 erbauten neuen Hof, wo bis dahin seine
Schwester Antoinette (geb. 1836) mit Familie gewohnt hatte. Diese
hatte 1860 den 1831 in Walhorn geborenen Nikolaus Cormann
geheiratet. Das Ehepaar Cormann-Schmetz verzog am 1. Mai 1880
mit seinen 9 Kindern zum Kirchbusch nach Astenet.
92
Wilhelm Arnold Schmetz, der auch beigeordneter Bürgermei-
ster von Hergenrath war, blieb auf dem von ihm erbauten Hofe bis
zu seinem Tode i.J. 1890 wohnen. Seine Ehefrau Maria Magdalena
Bage war schon 1872 gestorben.
Nachdem Mathias Jos. Schmetz auf den Nachbarhof gezogen
war und der alte Hof nun leerstand, wurde dieser an die Familie
Xhonneux verpachtet. Wilhelm Xhonneux aus Henri-Chapelle und
seine aus Vicht stammende Ehefrau Johanna Welter sowie zwei
Brüder des Mannes, Heinrich und Albert Xhonneux, waren dem
Angebot der Bismarkschen Regierung gefolgt, wonach in Milch-und
Viehwirtschaft erfahrene Bauern aus dem belgischen Raum hiesige
leerstehende Höfe beziehen konnten und dabei ihr Vieh und Mobi-
lar zollfrei einführen durften. Zudem durften sie ihre Staatsangehö-
rigkeit behalten.
Der Pachtvertrag zwischen der Vieille Montagne und dem
Pächter Xhonneux, abgeschlossen am 4.2.1880 vor dem Aachener
Notar Braun, gibt uns die genaue Größe des alten Hofes an : Es wa-
ren 13 ha, 15 ar und 18 qm. Die Jährliche Pachtsumme betrug 13
Mark pro Morgen, d.h. 760 Mark oder 837 Franken und 25 Centi-
mes. Diese Summe war in monatlichen Raten ”in gutem Kurs hal-
tendem Geld” zu zahlen, und zwar erstmals am 31. Mai 1880. Der
Vertrag galt für eine Dauer von 3 Jahren.
Den Eheleuten Xhonneux-Welter wurde am 3.5.1893 auf der
Fossei eine Tochter geboren. Wilhelm Xhonneux starb 1921. Die
Mutter und die Tochter Emma verließen den Hof zum 1. Mai 1926.
Ihnen folgten am gleichen Tage die Eheleute Wilhelm Pons (ein
Sohn des Grubensteigers Hubert Pons) und Hubertine Hänsgen mit
drei Kindern. Nur 1 Jahr sollten sie auf der Fossei bleiben.
Am 1. Mai 1927 begann meine eigene Zeit auf dem alten Hof,
den ich bis 1952 als Pächter bewirtschaftete und dann käuflich er-
warb. Inzwischen haben meine Frau Maria geb. Laschet und ich
mehr als 50 Jahre auf dem alten Hof verbracht. 4 Kinder wurden
uns dort geboren, wovon der älteste Sohn, Kuno, geb. 1938, den
Hof heute bewirtschaftet. Er hat denselben modernisiert und den
Erfordernissen moderner Weidewirtschaft angepaßt. Wo Ende der
20er Jahre weder Baum noch Strauch stand, steht der viele hundert
Jahre alte Hof Fossei heute im Schatten von über 50 Jahre alten
Bäumen.
93
Der Sessel
von M.Th. Weinert
Da steht er, neu gewandet in Brokat,
darin die Flöten spielen, weil der König reitet,
und vor dem Jungfräulein, das ihn begleitet,
kniet hier und da ein Ritter in der Rüstung,
und Frauen winken hoch von einer Brüstung
recht feierlich, wie im Ornat.
Dies alles wiederholt sich zart
in Gold und Grün und matten, roten Tönen,
ein wenig fremd zunächst, sich daran zu gewöhnen :
Dies ist der Sessel, darin Urgroßvater saß,
die lange Pfeife rauchend las,
der gleiche Stuhl, in dem der Alte sann,
wie langsam Tag und Nacht die Zeit verrann,
bis wieder Enkel um ihn lachten, stritten,
auf seinen Knieen fröhlich ritten ...
Dies Holz des Schnitzwerks unter seiner Hand,
hat die des Sohns, des Enkels dann umspannt.
Nun ist’s an mir, den alten Griff zu fassen,
spür tastend mich Vergangenem verwandt,
und - kann ich Enkel auf den Knieen reiten lassen,
so ist der alte Sessel wie ein Ausgabe.
94
Ein Stück Vergangenheit
{Repr. A. Jansen)
Diese Eisenbahnbrücke in Bleyberg, die zur Strecke Aachen
- Gemmenich - Bleyberg - Herbesthal gehörte, (erbaut 1870) wurde
1940 beim Einmarsch der deutschen Truppen gesprengt, dann wie-
der aufgebaut und 1957 abgerissen.
95
Schelme, Diebe und Vagabunden
in Raeren
von Alfred Bertha
Die Archivalien der ehemaligen Hochbank Walhorn (1) enthal-
ten neben zahlreichen Unterlagen über Kriegslasten, Steuerangele-
genheiten, Bankversammlungen u.ä. auch manche Hinweise auf die
polizeiliche Tätigkeit des Walhorner Drossards. Vor allem Drossard
Johann Stephan Heyendael wollte, Recht, Sicherheit und Ordnung
in der Bank Walhorn herrschen sehen und er hat gegen manche
Mißstände energisch durchgegriffen.
Von Joh. Stephan Heyendael liegt uns ein Schreiben vor, in
dem er sich mit der Anwesenheit von fahrendem Volk bzw. Land-
streichern auf dem Gebiet der Gemeinde Raeren befaßt. (2) Der
Drossard gibt den beiden Raerener Bürgermeistern, den ”geschwo-
renen Regleurs” von Raeren und Neudorf, Anweisungen, wie sie
mit den Vagabunden umgehen sollen. Er schreibt :
”Liebe Freunde,
Ich habe gehört, daß sich an den äußersten Ortsgrenzen von
Raeren und Neudorf fremdes Pack aufhält. Es sind allem Anschein
nach allesamt Schelme, Diebe und Vagabunden, manchmal sechs,
sieben, acht, neun, zehn oder zwölf Mann, die bis heute zwar nur
Äpfel, Birnen, Möhren, türkische Bohnen, dicke Bohnen und ähnli-
ches gestohlen haben (ich habe wenigstens nichts anderes vernom-
men) diese gestohlene Ware dann aber anderen Canaillen (= Pöbel,
Gesindel), die in dieser Bank wohnen, verkaufen. Letztere gehen so-
dann damit auf den Markt nach Eupen und verkaufen sie dort, als
ob dieselbe in ihrem Garten gewachsen wäre, obschon, mit Verlaub
zu sagen, sie nicht mal soviel Garten haben, daß sie darin scheißen
könnten.
Deshalb bitte ich Sie als ”geschworene Regleurs” (vereidigte
Bürgermeister) der beiden Orte (”Quartiere”) sowohl in meinem wie
in Ihrem Namen, sobald Sie von der Anwesenheit dieses Verbre-
cherpacks in der Gegend hören sollten, die Rottmeister aufzubieten;
(1) Staatsarchiv Lüttich. Einige Unterlagen befinden sich im Stadtarchiv Aachen.
(2) Staatsarchiv Lüttich, Bank Walhorn, Nr. 253
96
diese sollen so schnell wie möglich einige der stärksten Kerle aus den
zwei Dörfern zusammenrufen, um dieses Pack (”quaet volck”) mit
”grausamen Schlägen so, daß ihnen ”de Commele vant gatt vallen”
aus dieser Bank zu vertreiben. Man soll sie aber nicht totschlagen,
sondern, nachdem sie tüchtig Prügel bezogen haben, ihnen drohen,
daß sie, falls sie sich nochmal in dieser Bank blicken lassen, ohne
weiteren Prozeß gehängt werden.”
Den 14. August 1739
97
Park hinter dem Kloster (Val-Dieu)
von M.Th. Weinert
Hinter dem Gitter der Park.
Seitliche Wege, die sich verlieren
in grünen Winkeln,
um wieder zusammenzufinden.
In der Mitte : der Rasen,
Herzstück, mit mächtigen Bäumen.
Heuhaufen dazwischen, rund getürmt,
wie das Heu auf den Wiesen der Kindheit ...
Kein Ende des Parks zu sehen,
nur Stille, die dauert.
Durch’s Gitter zu schauen,
wie in den Garten des Paradieses,
ohne Einlaß.
98
Auf dem Büchermarkt
von Alfred Bertha
Konnten die beim Wiener Kongreß versammelten Herrscher
und Staatsmänner die Ära Napoleons als eine beiläufige Klammer
im Text der Geschichte abtun? War ihr Versuch, möglichst nahtlos
an die vorrevolutionäre Zeit anzuschließen, nicht Selbstbetrug? Es
war ja nicht nur die Landkarte Europas von Napoleon umgekrem-
pelt worden; viel tiefgreifender waren die von der französischen Re-
volution ausgegangenen Ideen, die sich nicht auslöschen ließen, wie
die Laternen des Kirchenstaates, dessen von den Franzosen einge-
richtete Straßenbeleuchtung bei der Befreiung wieder abgerissen
wurde.
Französische Verwaltung und französisches Recht, die Ideen
von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, der Wille der Völker,
an der Ausübung der Macht beteiligt zu sein, ihr Wunsch nach Un-
abhängigkeit, sozialer Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit : all dies
ließ sich nicht durch die abschließende Kongreßakte von 1815 weg-
wischen.
Doch vorerst blieben den Völkern Europas nur ihre Träume.
Vorerst siegten die reaktionären Ideen eines Metternich und die
Landkarte Europas wurde ohne Rücksicht auf historische Bindun-
gen neugestaltet. Für das linksrheinische Gebiet und das Land von
Eupen - Malmedy - St. Vith bedeutete dies von nun an Zugehörig-
keit zum Königreich Preußen.
Hier nun setzt
Viktor Gielen : ” Aachen im Vormärz” 216 S. Text,
12 S. Abbildungen auf Kunstdruckpapier, Leinen
mit Schutzumschlag, Grenz-Echo Verlag, Eupen,
586 Fr
an. Das neue Buch des ”schreibenden Pastors” beschreibt mit wis-
senschaftlicher Genauigkeit jene Jahre von 1815 bis 1848, die oft
als Biedermeierzeit bezeichnet werden. Wie ein Puzzle-Spiel fügt der
Autor das Bild Aachens (und des Eupener Hinterlardes) zusammen.
Er beleuchtet das Geschehen auf dem politischen, religiösen und
wirtschaftlichen Gebiet, zeigt uns die zurückhaltende Stimmung der
Bevölkerung gegenüber den neuen Landesherren, den Preußen, be-
schreibt das Kulturleben der Stadt in all seinen Äußerungen (Zei-
tungen, Malerei, Gesang, Literatur), den Frühkapitalismus mit sei-
99
nen verheerenden sozialen Folgen sowie die als Reaktion darauf
entstandenen karitativen Einrichtungen der alten Kaiserstadt.
Immer wieder läßt Viktor Gielen die zeitgenössischen Quellen
zu Wort kommen : wir blättern mit ihm in alten Zeitungen, lesen
Landratsberichte und biographische Aufzeichnungen berühmter
Männer und stellen am Ende fest, daß es dem Autor gelungen ist,
sein Puzzle zu einem anschaulichen Fresko der 33 Jahre nach Na-
poleon bis zum Ausbruch der März-Revolution von 1848 zusam-
menzufügen.
”Aachen im Vormärz” : ein beachtliches Werk, das sich naht-
los an ”Aachen unter Napoleon” anfügt und ohne Zweifel viele be-
geisterte Leser finden wird.
II KORK a Ra I a ak RR Ra ak OR RR
Es ist ”schier unmöglich, die vielen Abbildungen auf Mu-
seumsstücken genau zu betrachten”, schreibt Dr. Michel Kohne-
mann im Vorwort zu einem umfangreichen Werk über die Auflagen
auf Raerener Steinzeug (1). Dem Betrachter von in Vitrinen ausge-
stellten Krügen ist in der Tat selbst bei freistehenden Schaukästen
jeweils nur eine Seite des ausgestellten Objektes zugekehrt. Der Fo-
tografie sind dieselben Grenzen gesetzt. So kann also nur der Zeich-
ner durch eine zeichnerische Abbildung ”den gebogenen bzw. run-
den Fried in eine zweidimensionale Zeichnung umsetzen”.
Nimmt man die ”Auflagen auf Raerener Steinzeug” in die
Hand und gibt man sich die Mühe, dieses Bildwerk etwas eingehen-
der zu betrachten, dann glaubt man dem Herausgeber gerne, wenn
er sagt, es steckten 4 Jahre mühevoller Kleinarbeit in diesem Buch.
Diese Kleinarbeit konnte nur im Rahmen der Arbeitsbeschaf-
fungsmaßnahmen nach dem Spitaels-Plan geleistet werden.
werden.
360 Seiten hat der großformatige Ausgabe. Da jedoch viele Fries-
abbildungen auf zwei- oder gar dreifach gefalteten Blättern wieder-
gegeben sind, liegt die wirkliche Seitenzahl bedeutend höher.
(1) Auflagen auf Raerener Steinzeug, Ein Bildwerk von M. Kohnemann, 360 S., Vlg.
Pro D. u. P., St. Vith, 1.450 F.
100
Es gibt bisher kein Werk, das in der Art des vorliegenden einen
kompletten Katalog aller Auflagen auf Raerener Steinzeug bietet.
Dabei hat der Herausgeber sich vorwiegend auf die im Raerener
Töpfermuseum vorhandenen Stücke beschränken müssen. Es wäre
begrüßenswert, wenn das Raerener Steinzeug in den verschiedenen
Museen der Welt und in Privatsammlungen auf dieselbe Art darge-
stellt werden könnte.
Aber auch so wird uns schon viel geboten. An die 1200 Abbil-
dungen hat Dr. Kohnemann thematisch geordnet nach Wappen,
Medaillons, Bauchfriesen, Halsfriesen, Bartmännern und ”Varia”.
Es wird offensichtlich, daß manches von uns als Kunstgeschirr an- ,
gesehene Stück in Wirklichkeit Gebrauchsgeschirr war, so z.B. die
vielen nach Flandern exportierten Bauerntanzkrüge.
Wir sind erstaunt ob der Vielfalt und des Formenreichtums der
Appliken. Da stehen neben den Wappen herrschaftlicher Häuser
oder großer Städte Szenen aus der Mythologie, aus der Bibel, aus
dem Alltagsleben. Da treten Bauern und Soldaten auf, werden Sinn-
sprüche in die Friese eingeflochten und wird moralisierend der Zei-
gefinger erhoben. Ein köstliches Vergnügen ist es, dieses Buch
durchzublättern. Ein hohes Lob verdienen die Zeichner(innen) und
auch der St. Vither Verlag Pro D & P Grafische Betriebe verdient
Anerkennung für die geleistete Arbeit.
Die "Auflagen auf Raeren Steinzeug” werden nicht nur in der
Fachwelt Beachtung finden.
OO IOIE IR EIER
”Etwas von dem Besonderen in der Landschaft unseres Grenzrau-
mes sowie Eindrücke und Erinnerungen persönlicher Art” will
Maria-Therese Weinert in dem kurz vor Weihnachten im Grenz-
Echo Verlag erschienenen Gedichtband
”Im Grenzland zuhause”
wiedergeben.
Unseren Lesern ist Maria-Therese Weinert keine Unbekannte.
Viele ihrer Gedichte wurden im Laufe der letzten Jahre in unserer
Zeitschrift und anderswo veröffentlicht. Das günstige Echo aus der
Leserschaft mag die Autorin nun bewogen haben, etwa 50 ihrer be-
sten Gedichte gesammelt herauszugeben.
101
Mit den Augen der Lyrikerin sieht M.-Th. Weinert Stationen
ihres Lebens; es werden Erinnerungen wach, es entstehen Moment-
aufnahmen der Natur. Da sind alltägliche Dinge, die zu uns spre-
chen und da sind besinnliche Verse, die uns zum Nachdenken anre-
gen wollen.
Alle Gedichte Maria-Therese Weinerts haben eine starke Aus-
sagekraft, die auch darauf zurückgeht, daß die Autorin es sich mit
der Sprache nicht leicht macht. Ihre Verse sind gefeilt und haben ei-
ne bemerkenswerte lyrische Dichte, die das Wesentliche der Aussa-
ge hervorhebt. Wo sprachliches Können und lyrisches Empfinden
sich paaren, da kommt es zu echten ”Perlen”, wie dem folgenden
Gedicht, das stellvertretend für viele andere stehen möge :
Magnolie am Dom
Auf des Rasens Oval,
vor der Mauer
schwärzlicher Folie,
aus dunklem Stamm
blüht die Magnolie,
heben sich Kelche,
schimmern opal
und flamingofarben
wie Vögel, welche
aus fernen Himmeln
herniederfielen,
um auf diesen dunklen Stielen
sitzend zu ruhn
und zu warten,
welche Geheimnisse
in diesem Garten
sich tun.
Das 116 Seite starke Bändchen wurde von Gabriela De Ridder
sehr einfühlsam illustriert und ist erhältlich zum Preis von 254 F.
102
von Freddy Nijns
Rückblickend auf 1982 dürfen wir feststellen, daß dieses Jahr mit seinem vielsei-
tigen Veranstaltungsprogramm sehr erfolgreich verlaufen ist.
1. VERANSTALTUNGEN :
Januar : Am 30. Januar 1982 wurde die jährliche Generalversammlung im ”Hotel
Waldburg”, Hergenrath, durchgeführt. Im vollbesetzten Saal konnte Präsident Zim-
mer neben den vielen Mitgliedern auch zahlreiche Gäste aus nah und fern begrüßen,
unter ihnen den Referenten des Nachmittags, Prof. Dr. Tony Hackens, von der
Kath. Universität Neu-Löwen, einen gebürtigen Hergenrather. Er dankte allen Mit-
gliedern für ihre treue Unterstützung, gedachte der Toten und erinnerte an das be-
reits 15-jährige Bestehen der Vereinigung. Vizepräsidentin Frau Dr. De Ridder ver-
las dann den langen Bericht über die zahl- und abwechslungsreichen Tätigkeiten ”
1981. Sie wies darauf hin, daß Herr W. Palm, Lütticher Str. 56, Tülje, Neu-
Moresnet, das Sekretariat innehat, daß die Mitgliederzahl auf über 700 gestiegen sei
und daß Herr Zimmer 13 Jahre der Vereinigung vorsitze. In der Aussprache über
den Jahresbericht wurden einige Vorschläge laut, z.B. längere Fahrten später in die
Schulferien verlegen, Vennwanderungen, Brauchtum, Folklore, Volksfeste, Wall-
fahrten, alte Lieder, alte Spiele.
Schatzmeister Fr. Steinbeck erläuterte den Kassenbericht, der mit einem Boni ab-
schnitt. Der Kassierer dankte allen Stellen, die Zuschüsse gewährten, besonders dem
Kulturrat. Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder Meven, Gatz, Barth, Steinbeck,
Homburg und Jansen wurden durch Akklamation für 2 weitere Jahre wiederge-
wählt. Mitgründer J. Demonthy wurde Ehrenverwaltungsratsmitglied. Es meldete
sich keiner, um den Posten des 2. Schriftführers zu besetzen. Der Präsident dankte
Fr. Dr. De Ridder, die ihr Mandat abgab, für unermüdliche Mitarbeit und die vielen
Dienste, die sie der Vereinigung geleistet hat. Fr. Dr. De Ridder dankte ihrerseits al-
len, mit denen sie jahrelang zusammengearbeitet habe und bat den neuen Vorstand,
solidarisch weiterzumachen und das gesteckte Ziel hochzuhalten, damit die reiche
Kultur unserer Gegend nicht verloren gehe. Da sie nun immer mehr andere Aufga-
ben und Verpflichtungen habe, werde sie sich nur mehr mit einer speziellen Arbeit
für unsere Heimat beschäftigen, nämlich der Galmeiflora.
Präsident P. Zimmer kündigte dann an, daß er sein Amt aus Gesundheitsgründen
niederlege; er bleibe aber im Verwaltungsrat. Er dankte allen für ihre Treue und
Sympathie und wünschte seinem Nachfolger viel Erfolg für die Zukunft. H. Len-
nertz war vorhin vom Vorstand gewählt worden, wie auch die beiden Vize-Pr.
Bertha und Nyns. Der neue Vorsitzende übernahm dann die Leitung der Generalver-
sammlung, dankte für das Vertrauen, lobte den ausscheidenden Präsidenten und
überreichte ihm ein Geschenk. Mit Spannung erwarteten die 100 Zuhörer den Vor-
trag von Prof. Dr. Tony Hackens über "Geschmack und handwerkliches Können im
antiken Schmuck”. Nach der Vorstellung des Redners durch Vize-Präsident Nyns
gelang es dem Referenten sowohl dem Auge des Zuschauers durch viele Farbdias
und Makrophotographien die Ergötzung einer versteckten Wunderwelt zu schenken,
wie auch dem Historiker, einen weiten Horizont zu öffnen in der Geschichte der
handwerklichen Technik, Langanhaltender Beifall belohnte den berühmten Archäo-
logen und Numismatiker aus Hergenrath u. Löwen.
Februar : Zu einem interessanten Vortrag lud die Vereinigung am 28.2.82 im Re-
staurant Kockartz, Hauset, ein. Herr Ulrich Noppeney, Kunsterzieher aus Übach-
Palenberg, zeigte anhand von Lichtbildern die Wohnkultur zwischen Kaiserpfalz
und Maasufer, Teil II : die Innenausstattung, d.h. Möbel, Innendekoration, Sakrales,
usw. Lebhafter Beifall der zahlreichen Zuhörer belohnte den mit profunder Sach-
103
kenntnis gegebenen Einstieg in das kunsthistorisch faszinierende Thema des Woh-
nens und der Wohnkultur.
März : Am 7. des Monates fand im Park-Cafe im engeren Kreis des Verwaltungsra-
tes eine kleine Feier zu Ehren des langjährigen ehem. Präsidenten der Göhltalverei-
nigung Peter Zimmer statt.
Am 13.3.82 besichtigten 52 Teilnehmer unter Leitung von P. Zimmer die unterirdi-
schen Einrichtungen der Steinkohlengrube Zolder in der Provinz Limburg. Die Ar-
beit bei 800 m unter der Erdoberfläche beeindruckte nachhaltig alle Mitgefahrenen.
Am 27,3.82 hielten im Saal Kockartz, Hauset, Fr. Dr. De Ridder und Herbert
Emonts-pohl einen Lichtbildervortrag über die Studienreise der Vereinigung nach
Coburg im vorigen Jahr gelegentlich des 150. Jahrestages der Gründung der belgi-
schen Dynastie. Die Reise war ein schönes historisches Erlebnis, das in fast 300 Bil-
dern festgehalten wurde. Mit dem passenden Kommentar erlebten die Mitgereisten
und alle anderen Interessenten die Fahrt, die Besichtigungen, die Empfänge, in ei-
nem Wort, die ganze Reise. Der Vortrag wurde mit einer leisen Barockmusik unter-
malt. Nicht nur Coburg wurde gezeigt, sondern auch Bayreuth, Bamberg, Würzburg
und am ”Eisernen Vorhang” die Grenze zur DDR. Eine unvergessene Reise und le-
bendige Erinnerungen.
April : Am 25.4.82 waren wir mit unserer Studienfahrt auf den Spuren der Römer
nach Iversheim, Münstereifel und Pesch. H.-J. Gatz leitete die Reise und zeigte uns
dort die römischen Kalköfen, das Heimatmuseum und den Tempelbezirk. In allen
drei Orten wurden die Teilnehmer von sachkundigen Führern erwartet, die einen in-
teressanten Rundgang garantierten.
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Herm. Jos. Gatz führte am 25.4.1982 eine rd. 50 Personen zählende Gruppe nach
Münstereifel. Auf dem Besuchsplan standen auch die römischen Kalköfen von Ivers-
heim und die heidnische Tempelanlage von Pesch. Hier gab die Fremdenführerin
(Mitte) sachkundige Erläuterungen.
Foto A. Jansen
105
Am 27.6.82 leitete Fr. Dr. De Ridder die Abteienfahrt durch die Eifel als letzte Ex-
kursion vor der Sommerpause. Über Nideggen und Heimbach und vorbei an Maria-
wald gelangte man zum Kloster Steinfeld, eine frühere Prämonstratenser Abtei,
(heute ein Salvatorianer Kolleg), dessen Basilika den Marmorsarkophag des hl.
Hermann-Joseph, Schutzpatron der Eifel, enthält. Über Blankenheim, den Nürburg-
ring, Monreal und Mayen kam man in Maria Laach an mit dem Benediktinerklo-
ster und seiner Abteikirche mit der typischen Architektur der Romanik. Diese
Fahrt, diagonal durch die Eifel, gab ein abgeschlossenes Bild der Landschaft mit ih-
rer Architektur und ihren besonderen kirchlichen Stätten, die die Gegend und ihre
Menschen prägten.
Juli : Höhepunkt der Studienreisen 1982 war wohl zweifellos die vom 30. Juli bis 2.
August organisierte viertägige Fahrt zum ”Venedig des Nordens”. War Brügge doch
eine Reise wert, besonders wenn man als Führer der 48 beteiligten Mitglieder einen
Herrn Ulrich Noppeney hat! Einquartiert waren wir im Europazentrum ”Schloß Rij-
kevelde” im Brügger Vorort Sijsele. Am 1. Nachmittag ging es über die ”Riante Pol-
derroute” nach Damme, Lissewege und Ter Doest, eine malerische , ländliche Idylle.
Am 2. Tag waren wir zuerst bei Memling und den primitiven Meistern im Sint-Jans-
Hospital, dann genossen wir etwas Ruhe und Frieden im Beginenhof und am Minne-
water; wie romantisch! Es folgte die Liebfrauenkirche mit der Madonna von Michel-
angelo, den Grabmälern von Karl dem Kühnen und Maria von Burgund; auf dem
großen Markt standen die Hallen mit dem imposanten Belfried usw. Am 3. Tag fuh-
ren wir nach Zeebrügge und fast bis zur holländischen Grenze, wo die
Fußwanderung durch den versandeten Zwin etwas Abwechslung in die Studienreise
brachte. Eine Stippvisite zur Hl. Blut-Basilika durfte nicht fehlen, auch nicht eine
Boots- oder Droschkenfahrt, um ein bißchen zu träumen auf den Kanälen oder in den
Gäßchen. Einige Museen wurden auch besucht und einige Stunden für die üblichen
Einkäufe von ”Spezialitäten” waren eingeplant worden. Wir brachten alle einen
unvergeßlichen Eindruck von der herrlichen Stadt Brügge mit nach Hause und kön-
nen so eine Reise nur wärmstens empfehlen! Einen herzlichen Dank dem Leiter der
Studienreise zum Juweel Brügge, H.U. Noppeney u. seinem ”Assistenten” Herrn W.
Meven.
August : am 29,8.82 fand eine zusätzliche Grubenbesichtigung in Argenteau/Blegny
- Trembleur statt mit Ehrenpräsident P. Zimmer. Diese 1980 stillgelegte Grube, wo
Bergleute aus dem Göhltal arbeiteten, ist eine touristische Sehenswürdigkeit gewor-
den. Durch das Tal der Berwinne ging es nach Dalhem und Mortroux, wo es ein
Käse- und Radmuseum gibt. In Gottestal machte man Halt in der Zisterzienser Ab-
tei, bevor man über die malerische Ortschaft Clermont zurück heimwärts fuhr. Die
Bemerkung einer Mitfahrerin : "Das Herverland, eine zu wenig bekannte schöne
Landschaft!”
September : Am 26. des Monats starteten 51 interessierte Mitglieder und Gäste zu ei-
ner Studienfahrt ins Aachener Land. Ziel und Zweck : Herrenhäuser und Architek-
tur oder Wasserburgen und Herrensitze wie Colynshof, Weikern und Tönnesrath. U.
Noppeney führte die Gruppe zum Lousberg mit dem Belvedere und dem Kersten-
schen Pavillon, zum Gut Kalkhofen, zu einem Patrizierhof in Weiden, zum Peterhof
in Oidtweiler, zum Rittersitz Zweibrüggen. Später im Tag stellte der Reiseleiter und
Kunsterzieher die imposantesten Wasserburgen des Aachener Landes vor: Burg
Trips und Wasserschloß Leerodt, sowie Schloß Schönau, Haus Hirsch und
schließlich den Seffenter Hof. Voller Eindrücke kehrten die Fahrtteilnehmer nach
Hause zurück, den Blick etwas besser geschärft für die Schönheiten der heimischen
Architektur.
Oktober : Zusätzlich zu den vielseitigen Veranstaltungen programmierte die Verei-
nigung am 2. und 3. Oktober im ”Haus Reinartz”, Neu-Moresnet, eine Münzausstel-
lung des Numismatikers P. Ramjoie, Kettenis, die einen guten Anklang fand. Es
wurden u.a. Raritäten aus dem ehem. Neutral-Moresnet, Privatgeld aus Ostbelgien,
106
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Münzausstellung in Neu-Moresnet
2. von links Herr Peter Ramjoie
Foto A. Jansen
Banknoten mit verschiedenen Abstempelungen, satirische Medaillen, Geld aus
Preußen, Höllengeld aus Indien, Sklavengeld aus China, usw. gezeigt und vom Aus-
steller selbst kommentiert.
Als Vorbereitung auf die eigentliche Vennwanderung hielt Herr Gillessen, Raeren,
am Freitag, dem 15. Oktober, im Park-Cafe, einen Dia-Vortrag über das Hohe Venn,
worin er auch Instruktionen für die auf den 17. Oktober festgesetzte Vennwan-
derung unter seiner Leitung gab. Ca 40 Personen - unter ihnen 9 aus Brügge und 2
aus Hasselt - trafen sich auf Baraque-Michel, wo sie eine Wanderkarte erhielten, be-
vor sie die Tour anfingen, die über Kapelle Fischbach, die neue Veckee, Kreuz der
Veriobten, die alte Veckee und über die Hoegne-Brücke wieder zur Baraque Michel
zurück führte. Solche Wanderungen mit guten Führern werden sich in Zukunft wie-
derholen. Es besteht Nachfrage!
November : Zum 1. Mal befaßte sich bei uns ein Kunsthistoriker mit dem eigenarti-
gen Thema der Entwicklung der flämischen und limburgischen Predigtstühle in der
Zeit der Gegenreformation. Der Lichtbildervortrag von U. Noppeney im ”Haus Rei-
nartz” am 13. November zeigte die Entwicklung vom frühchristlichen Ambo über
die Kanzel des Mittelalters zum barocken Predigtstuhl, mit den Sonderformen in
Flandern, Brabant und Limburg : da gibt es Natur- und Baumpredigtstühle u. Welt-
kugeln. Die seltenen Dias zeigten schönste ornamentale und figürliche Schnitzereien.
Der Redner verstand es, die Besonderheiten des flämischen Predigtstuhles vor Augen
zu bringen : den Bilderreichtum des ikonographischen Programms und die Weltof-
fenheit der flämischen Kunst.
107
Am nächsten Tag war unser unermüdlicher Ehrenpräsident P. Zimmer wieder mit
45 Teilnehmern zur Steinkohlengrube Beringen unterwegs, um dort die unterirdi-
schen Einrichtungen zu besichtigen. Ausgerüstet wie ein Bergmann stiegen sie 800 m
hinab in den Schoß der Erde. 2 1/2 St. hielten sie sich dort auf, um festzustellen, wel-
che Leistungen die Bergleute vollbringen, bevor der Bodenschatz ”Kohle” an das Ta-
geslicht gelangt, um als Energie- und Wärmespender für die Allgemeinheit zu dienen.
Für P. Zimmer war es die 25. Leitung einer Grubenbesichtigung mit insgesamt mehr
als 1000 Teilnehmern aus den Ostkantonen und dem Dreiländereck!
Dezember : Die letzte Veranstaltung 1982, am 11. Dezember, war wieder ein Dia-
Vortrag im Park-Cafe mit dem Titel ”Westwerke zwischen Maas und Rhein”. Refe-
rent Noppeney, Kunstpädagoge, behandelte die Westwerke von Aachen, Maastricht,
St-Pantaleon in Köln, des Münsters in Essen, Münstereifel und Münstermaifeld.
Diese Westwerke hatten als Funktion einmal Schutz- und Wehrarchitektur zu sein,
zum anderen als königliche Repräsentativ-Architektur die himmlische Hierarchie
symbolhaft nahezubringen, Der volle Saal bewies, daß ein solch seltenes Thema kein
trockenes Randthema der Kunstgeschichte ist.
Im ganzen wurden 1982 16 Veranstaltungen abgehalten. Alle Veranstaltungen fan-
den mit der freundlichen Unterstützung des Kulturamtes der Provinz Lüttich und
des Kulturamtes für das Gebiet deutscher Sprache statt. Wir danken ihnen sowie al-
len Referenten und Leitern der Studienfahrten!
2. Sekretariat : Im Jahre 1982 wurde das Sekretariat und die Mitgliederkartei durch
Herrn Willi Palm vorzüglich geführt. Er erhält alle Post im Büro auf Tülje, Nr. 56.
Briefwechsel : unsere Vereinigung erhielt 1982 193 Postsendungen; die Postausgän-
ge beliefen sich auf 1460,
3. Veröffentlichungen 1982 : die Hefte 30 und 31 wurden den Mitgliedern zugestellt.
In der hiesigen Presse wurden diese Veröffentlichungen durch den Protokollführer
und Pressereferenten ausführlich kommentiert. Die Gestaltung dieser Zeitschriften
”Im Göhltal” obliegt unserm Lektor und Vize-Präsidenten Herrn A. Bertha.
4. Pressemitteilungen 1982 : Über alle 16 Veranstaltungen und die Generalversamm-
lung wurde in der hiesigen Presse durch den Protokollführer ausführlich berichtet,
obwohl dies manchmal mit Schwierigkeiten verbunden war (zu spät oder gar nicht
gebracht, zu sehr gekürzt, verbessert, vergessen, verloren!)
5. Göhltalmuseum : im vorigen Jahr wurden endlich die Umbauarbeiten am Göhltal-
museum, Maxstraße, Neu-Moresnet aufgenommen. Sie sind weit fortgeschritten.
Das ehem. Neu-Moresneter Gemeindehaus ist im Innern vollständig umgestaltet
worden. Dort sollen wir künftig Einzug halten, tagen und ausstellen. Wir freuen
uns auf die öffentliche Einweihung des langersehnten Museums noch in diesem Jahr.
6. Vorstand- und Verwaltungsratssitzungen : der Vorstand trifft sich jeden ersten
Dienstag des Monats zu einer Arbeitssitzung und der Verwaltungsrat 4 bis 6 mal im
Jahr.
Mitgliederkartei : wir haben augenblicklich 659 zahlende Mitglieder und etwa 60
Tausch- und Pflichtempfänger; das macht ein Total von 719 (100 mehr als 1980).
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