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Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
N 31
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal
N ° 31
August 1982
Veröffentlicht mit der Unterstützung des Kulturamtes der
deutschsprachigen Gemeinschaft
Vorsitzender : Herbert Lennertz, Stadionstr. 3, 4721 Neu-Moresnet.
Sekretariat : Lütticher Str. 36, 4721 Tülje, Neu-Moresnet.
Lektor : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße 33.
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kirchstraße, 35, Kelmis.
Postscheckkonto N° 000-0191053-60
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet-Dorr, Kelmis.
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhltalviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
Druck. Jacques Aldenhoff, Gemmenich.
Inhaltsverzeichnis
Peter Zimmer, Kelmis Bergmannslos &)
Alfred Bertha, Hergenrath _Hergenrather Schulchronik Al
Walter Meven, Hergenrath Eine königliche Ordonnanz des
Jahres 1786 40
D' K. Pabst, Kerpen-Türnich Grenzkorrekturen 48
M. Th. Weinert, Aachen Die alte Stadt 64
Leo Homburg, Fossey Submissionsausschreibungen im Korres-
pondenzblatt des Kreises Eupen 65
Peter Claes, Brüssel Ahnenliste einer Brüsseler Familie
die bis zu Lyns van Kelmis reicht. 68
Ein Stück Vergangenheit 87
Leonie Wichert-Schmetz Vorfrühling 88
Bad-Driburg
Alfred Bertha, Hergenrath Die Pfarrkirche Walhorn 89
Freddy Nijns, Walhorn Amtsübergabe bei der Göhltalvereinigung 104
A. Bertha u. Hub. Jenniges Auf dem Büchermarkt 107
(Brüssel)
G. Tatas ($), Gemmenich Der Pennengsfötzer 111
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BERGMANNSLOS 41. Forts.)
von Peter Zimmer
Der Streckenausbau
Entsprechend der Größe der Grubenfelder gab oder gibt es in Bel-
gien mehr als eine Grube mit Strecken, deren Längen im Ganzen mehr als
100 Km betragen. Da ihr Ausbau dem Schutz der Bergleute dienen und
das Loslösen und Herunterfallen von Gestein verhindern soll, muß er
dem Druck und den Gebirgsbewegungen angepaßt werden. Deshalb wird
er, je nach den Verhältnissen, starrer - nachgiebiger - gelenkiger und
nachgiebiger/gelenkiger Ausbau genannt. Er besteht aus Holz-, Stahl-und
teilweise aus einem gemischten Mauer-, Beton- und Betonform-
steinausbau. Der starre Ausbau paßt sich den Bewegungen des Gebirges
nicht an. Durch den nachgiebigen oder gelenkigen wird eine
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Diese Zeichnung, eine mit Holz ausgebaute Förderstrecke, führt uns einen Teil der
bergmännischen Facharbeit vor Augen, die erlernt werden mußte. Unten auf der Soh-
lenstrecke das Anfertigen und Anbringen der Fußhölzer, auf denen die angeschärften
Stempel angebracht wurden. Oben : Wie die schräg geschnittenen und ausgekehlten
Stempelköpfe aussahen, worauf die angeblätterten Kappen und darüber zwei €
Quetschhölzer, sowie an jeder Seite am Bau drei Rundhölzer angebracht werden
DDR (alle Bilder sind Reproduktionen von Alfred Jansen)
6
gleichmäßige Belastung des Ausbaues erreicht, sodaß durch stellenweise
Belastungen weniger Verformungen an demselben auftreten. Ebenfalls
ist das Größenverhältnis der Strecken sehr verschieden, je nach dem Ver-
kehr, der in denselben stattfindet, den Einrichtungen, die angebracht
werden müssen, sowie der Menge Luft, die durchziehen muß : einer Breite
von 2.20 m entspricht eine Höhe von 1.65 m. Manchmal überschreiten
ihre Breiten und Höhen aber auch den Maßstab von 4.35 m zu 3.25 m.
Sie ermöglichen den Zugang zu den Streben, in welchen die Kohlen-
schichten, die manchmal nur eine Höhe von 0,35 m aufweisen, zwischen
dem Gestein abgebaut werden.
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Auf diesem Bild ist deutlich ein gemischter Holz- und Stahlausbau vor Ort, und zwar
am Kopfe des Kohlenstrebs, zu erkennen.
Nachdem man einen Teil der Kohle in den Streben abgebaut hat,
wird der offen gewordene Hohlraum wieder mit Gestein zugefüllt, oder,
beim metallischen Ausbau des Strebes, die Metallstempel zur Wiederbe-
nutzung weggenommen, was man in der Bergmannssprache ”rauben”
nennt. Bei diesem Verfahren fällt das hangende Gestein herunter und
füllt den Hohlraum. Die aus den Streben an das Tageslicht geförderte
7
Kohle nannte man in der Lütticher Gegend, wenn es sich um Brocken
handelte, ”Hoie” und wenn es staubartige Kohle war ”Fouaie”. Die-
ses Brennmaterial wurde anfänglich von Schmieden und armen Leuten
unter dem Namen ”houille” benutzt. Die Kohlebrocken brannte man
stückweise in Öfen, (sogenannten Fournaises); der Grieß und die staubar-
tigen Kohlen wurden zu diesem Zwecke mit Lehm vermischt und mit
Wasser angefeuchtet, dann zusammengeknetet und zu Steinkohleku-
chen, (”hochets”) geformt. In den Lütticher Wohnungen waren es Frau-
en, ”botresses” genannt, die den ”Fouaie” kneteten und ”hochets” form-
ten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zündete man noch in den Lütticher
Straßen sowie auf Plätzen anläßlich öffentlicher Festlichkeiten große
Kohlenfeuer, ”fouäs” genannt, an. Auch verteilte man dieses Brennmate-
rial gleichzeitig mit Kleidungsstücken im Winter unter hilfsbedürftige
Menschen.
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Stahlrahmenausbau vor Ort am Eingang vom Kohlenstreb, dessen Kohlenschicht et-
wa 0,40 m. hoch war. Rechts oben sieht man eine Seilscheibe sowie darunter ein
Stahlseil, mit dem von einem Haspel, welcher unten in der Strecke stand, ein eisernes
schlittenartiges Gerät, ”scraper” genannt, gezogen wurde. Mit diesem scraper wur-
den jahrzehntelang aus den 50 bis 60 m langen Streben der Gruben Halles und Xha-
wirs von Werister die Kohlen gefördert. Früher mußten 14-jährige Jugendliche die
Kohlen aus diesen niedrigen Streben rutschen.
9
mußte unter mehrmaligem Umschaufeln mit Lehm vermischt und mit
Wasser besprengt werden. Während dieses Vorganges trampelten Frauen
oder Kinder mit Holzschuhen an den Füssen auf diesem Gemisch herum,
bis aus demselben eine fest aneinanderklebende Masse geworden war.
Das auf diese Weise angefertigte Brennmaterial schüttete man besonders
an kalten Wintertagen in kleinen Mengen auf ein glühendes Holz - oder
Kohlefeuer. Es war das billigste und sparsamste Heizmaterial, weil es
langsam und stundenlang brannte. Deshalb wurde es meistens in Fami-
lien mit geringem Einkommen verwendet. Nachdem man dann aber da-
mit begonnen hatte, immer wieder neue Modelle von Kohleöfen und
Herden herzustellen, lieferten auch die Kohlenzechen verschiedene Sor-
ten von Hausbiandkohlen. Außer ”Mascherang”, Grieß und Schlamm
waren es Nuß- und Stückkohlen in unterschiedlichen Größen von 0 - bis
5 mm, 5 bis 10 mm, 5 bis 12 mm, 12 bis 22 mm, 20 bis 30 mm u.s.w. Da-
durch wurde die Kohle zu einem von Reich und Arm hochgeschätzten
und sehr begehrten Wärmespender und zu einem wichtigen Energieträ-
ger für das gesamte Wirtschaftsleben.
Bewetterung und Beleuchtung der Steinkohlenbergwerke
Anfänglich war die Bewetterung, das heißt die Zufuhr von
Frischluft zu den Abbaurevieren, noch auf natürliche Weise mög-
lich, da die Abbautätigkeit nur in geringer Tiefe stattfand. Nachdem
man dann aber zur Gewinnung der Kohle immer tiefer in das Innere
der Erde eingedrungen war, mußten neue Mittel und Wege gefun-
den werden, um die Abbaureviere mit genügend Frischluft versor-
gen zu können. Zu diesem Zwecke wurde dann unter Tage an Wind-
oder Wetterschächten Feuer angezündet die ununterbrochen
brannten. Diese Feuer hatten ihren eigenen Schacht, der über Tage
in einen hohen Kamin mündete, aus dem Tag und Nacht Rauch-
schwaden strömten. Sie trugen dazu bei, die Luftzirkulation in den
Gruben zu beschleunigen. Um das gleiche Resultat zu erzielen, zün-
dete man vielfach auch über Tage in einem eisernen Kübel Feuer an
und sobald dasselbe gut brannte, drehten zwei Jungen diesen Kübel
mit einem Haspel, der über dem Mundloch des Schachtes stand und
zwei entgegengesetzte Hörner hatte, den Schacht andauernd hinun-
ter und herauf. Um das Jahr 1490, nach der Erfindung der Buch-
druckerkunst, besagt eines der ältesten Bücher, daß die Bergleute
mit wahrer Zauberkunst die Luft in das Bergwerk hineingepreßt
hätten. Auch sind in früheren Zeiten über den Mundlöchern der
12
Bei dieser Luft fühlt der Mensch sich matt, wird bewußtlos und
kann ersticken. ”Giftige Wetter” setzen sich zusammen aus giftigem
Kohlenoxyd und Schwefel-Wasserstoffgasen. Die Erstgenannten
sind die gefährlichsten, weil sie geruchlos sind. Die anderen dagegen
machen sich schon in kleinen Mengen durch üblen Geruch bemerk-
bar. Sie verursachen heftige Kopfschmerzen, starkes Herzklopfen,
Schwächegefühl und können, wenn sie längere Zeit eingeatmet wer-
den, zum Tode führen. ”Schlagende Wetter” nennt man das brenn-
bare Grubengas Methan. Es ist leichter als die atmosphärische
Luft und kann an jeder Stelle in der Kohlengrube eintreten. Bei ei-
ner Schlagwetterexplosion entsteht eine sehr hohe Temperatur, es
bildet sich Wasserdampf, der als Wasser niederschlägt. Außerdem *
kühlen die explodierten Gase schnell ab.
Durch diese Einflüsse folgt nach der plötzlichen Ausdehnung
eine Zusammenziehung der Gase, wodurch kräftige Rückschläge
entstehen, die zur Folge haben, daß der Ausbau zusammenbricht,
Förderwagen plattgedrückt, Schienenwege auseinander gerissen
werden und ganze Strecken völlig zu Bruch gehen. Die Geschwin-
digkeit der Ausbreitung einer solchen Explosion steigt, je nach dem
vorhandenen Wetterzug, bis auf 330 Meter je Sekunde. Anderer-
seits ist der Wetterstrom eine wirksame Bekämpfungsmaßnahme zur
Verdünnung des ausgetretenen Methans. Er muß so stark sein, das
der Gehalt dieses Gases in den Grubenwettern unter 1% bleibt.
Falls der Anteil von Grubengas in dem Luft-Gas-Gemisch zwischen
5-14% beträgt, sind solche Gemische sehr gefährlich, weil sie, sobald
sie mit der Luft vermischt sind, sich nicht mehr entmischen lassen
und für die Atmung einen zu geringen Sauerstoffgehalt haben.
Bezüglich der Zufuhr von Frischluft, (Frischwetter) bleibt
noch zu erwähnen, daß dieselbe von über Tage aus in der Regel bis
zur tiefsten Sohle des Bergwerkes strömt und dann durch Richt-
strecken und Querschläge zu den Abbaurevieren gelangt und ab
dort als verbrauchtes Wetter zu den oberen Sohlen aufsteigt und
durch den Ausziehschacht die Grube verläßt. Um die Wetterströme
zu regeln und zu führen, werden unter Tage an verschiedenen Stel-
len Wettertüren, Schleusen, Dämme sowie Blindschachtdeckel an-
gebracht.
Ähnlich wie die Versorgung mit ausreichender Atemluft war
und ist die Beleuchtung eine unerläßliche Voraussetzung für berg-
männische Arbeit. Wie der Ing. Hanskarl Schiffhauer im Saar-
brücker Bergmannskalender aus dem Jahre 1967 berichtet, waren
14
große Gefahr für Schlagwetterexplosionen, die, wie die Chronik er-
wähnt, erstmals belgische Gruben im Jahre 1696 heimsuchten. Ein
solches Unheil soll sich aber bereits im Jahre 1594, wie vom Histori-
ker Fisen berichtet wird, in der belgischen Grube Wez bei Lüttich
ereignet und 98 Opfer gefordert haben.
Seit dieser Zeit hat man erfolglos viele Versuche unternom-
men, um die Zündung solcher Wetter durch das damalige bergmän-
nische Geleucht, sowie durch Funken, die beim Anzünden einer of-
fenen Lampe unter Tage entstanden, verhüten zu können. Als dann
schließlich auch im Jahre 1812 in England eine Schlagwetterkata-
strophe stattgefunden hatte, wurde der englische Chemiker Sir
Humphry Davy beauftragt, sich mit diesem Problem zu befassen. G
Davy war es dann, der 1815 die erste Sicherheitslampe mit Kerzen-
licht erfand. Diese Lampe war luftdicht verschlossen, und über der
Kerze befanden sich eine Art von Luftkanälen, die später durch ein
engmaschiges Drahtnetz ersetzt wurden. Man kann sagen, daß diese
Erfindung Tausenden von Bergleuten das Leben gerettet hat. An
dieser Davyschen Lampe wurden aber im Laufe der Jahre bezügich
der Sicherheit sowie der Art der Luftzu- und -abfuhr verschiedene
Änderungen vorgenommen. Im Jahre 1820 ersetzte schließlich der
Engländer Clanny das Kerzenlicht durch ein Dochtgeleucht, wel-
ches in einem mit Öl gefüllten Lampentopf brannte. Um die Lam-
penflamme baute er einen Glaszylinder und darauf einen Draht-
korb; hierdurch wurde eine Verbesserung der Lichtleistung erzielt.
In den belgischen Gruben verwendete man die vom Berginge-
nieur Müseler verbesserten Davylampen. Sie trugen den Namen
”Müseler Öllampen”. Im inneren Drahtkorb derselben war ein
Blechzylinder angebracht, der ”Müseler Blechschornstein” genannt
wurde. Dieser Schornstein gab der Lampe eine größere Sicherheit.
Die sogenannte Pielerlampe entwickelte im Jahre 1873 der Bergmei-
ster F. Pieler. In dieser Lampe wurde statt Öl Alkohol zum Brennen
verwendet.
Die Benzin-Sicherheitslampe erfand 1884 C. Wolf aus
Zwickau. Sie war mit einer Zündvorrichtung und einem
Magnetverschluß versehen, damit die Bergleute sie nicht unter Tage
öffnen und anzünden konnten. Nachdem dieselben dann doch eine
Möglichkeit gefunden hatten, sie gewaltsam zu öffnen und ohne die
Zündvorrichtung wieder zum Brennen zu bringen, entstanden
durch diese leichtsinnigen und unüberlegten Handlungen, sowie
15
durch zerbrochene Glaszylinder und Drahtkörbe, große Katastro-
phengefahren, sodaß man zu der Erkenntnis kam, daß nur elektrische
Lampen dieses Unheil verhüten könnten.
Da aber die schon im Jahre 1857 vom deutschen Optiker Hein-
rich Goebel in New-York erfundene Kohlenfadenlampe für den
Bergbau unbeachtet geblieben war und 22 Jahre später der amerika-
nische Physiker Thomas Alva Edinson nach dem gleichen Prinzip
eine Glühlampe für die Allgemeinheit entwickelt hatte, konnte erst-
malig im Jahre 1906 eine stoßfeste Metalldraht-Glühlampe aus Wol-
framdrähten hergestellt werden. Fritz Färber von der Concordia
Dortmund und andere Mitarbeiter bemühten sich seitdem, nach die-
sem System eine brauchbare Grubenlampe anzufertigen. Ihr erster
Erfolg war, daß die Lampen 1907 für Rettungsmannschaften im
deutschen Bergbau eingesetzt werden konnten. Da jedoch die Ak-
kumulatoren, die diesem Leuchtkörper als Stromquelle dienten, bei
längerem Gebrauch schnell unbrauchbar wurden, waren diese Lam-
pen für den Bergbau zu unwirtschaftlich, zumal er zu dieser Zeit
schwere Schlagwetterkatastrophen zu beklagen hatte. Aus diesen
Gründen versuchten viele Bergbauindustrieländer auf irgendeine
Weise einen Betrag zu mehr Sicherheit im Bergbau zu leisten.
So kam es, daß der englische Labour Abgeordnete Sir Arthur
Markham dem englischen Innenministerium im Jahre 1912 als Preis
für die beste Gruben-Sicherheitslampe 1000 englische Pfund zur
Verfügung stellte. Daraufhin wurden 197 Grubenlampen verschie-
dener Art und aus vielen Ländern kommend von einer Jury auf
Lichtstärke, Stoßfestigkeit und Sicherheit geprüft und begutachtet.
Der Ing. Hanskarl Schiffhauer der, wie schon erwähnt, 1967 das
bergmännische Geleucht beschrieb, berichtet, daß schon viele dieser
Lampen bei der Prüfung auf Stoßfestigkeit ausschieden und nur ei-
nige diese Eigenschaft zu besitzen schienen. Als man eine derselben
zu diesem Zwecke im Prüfungsraum über den Fußboden warf, er-
losch sie schon, bevor sie die Wand des Raumes erreichte. Eine ande-
re rollte nach dem Wurf weiter über die Dielen, ihre Glühbirne hielt
aber nicht dem Anprall gegen die Wand stand. Nur eine Lampe aus
Dortmund, die Max Stöck aus einem Fenster der 2. Etage zum Hof
hinunter auf ein Basaltpflaster warf, schlug unten auf, sprang noch-
mals hoch und rollte in die Gosse. Erstaunt machte die Jury die
Feststellung, daß sie leicht verbeult war, aber immer nocht brannte.
Es war eine CEAG - Lampe R 1911! Dieser große Erfolg führte da-
zu, daß die elektrische Grubenlampe bald in vielen Bergbauländern
Verwendung fand.
7
Nur in Deutschland geschah dies langsamer, denn diese Lampe
war zwar schlagwettersicher, konnte aber nicht wie die Davysche
Benzinlampe solche Wetter anzeigen. Aus diesem Grunde veranstal-
tete im Jahre 1913 der Verein für bergbauliche Interessen einen
Wettbewerb, um eine Lampe ausfindig zu machen, die beiden An-
sprüchen gerecht würde, Das Resultat dieses Wettbewerbs war die soge-
nannten Verbundlampe. Sie hatte neben der Benzinflamme, die
zum Ableuchten diente, auch eine elektrische Glühbirne als Leucht-
körper. Damit war aber das Problem noch immer nicht zufrieden-
stellend gelöst, und man hielt an dem Standpunkt fest, daß weiter
für Beleuchtung und Wetteranzeige zwei verschiedene und vonein-
ander getrennte Gegenstände erforderlich waren. Infolgedessen sind
die elektrischen Grubenlampen allgemein kurz nach dem ersten
Weltkrieg im deutschen Steinkohlenbergbau eingeführt worden.
Seit dieser Zeit ist dies auch allmählich in anderen Ländern gesche-
hen. Erst nach dem 2. Weltkrieg war es soweit, daß die Bergleute
überall mit den heute noch gebräuchlichen elektrischen Kopflam-
pen ausgerüstet werden konnten. Ebenso brennen heute unter Tage
an den Schächten sowie in den Strecken elektrische Lampen, wie vie-
lerorts in Alleen, Straßen und auf den Autobahnen. Anhand dieser
kurz zusammengefaßten Angaben kann man feststellen, welche Lei-
stungen die bergmännische Wissenschaft und Forschung in den ver-
gangenen Jahrhunderten zur Fortentwicklung der Bergtechnik und
zur Sicherheit der im Schoße der Erde beschäftigten Menschen voll-
bracht hat.
Mit welchen Geräten kann der Prozentsatz des vorhandenen
Grubengases gemessen werden?
Genau wie früher, so kann auch heute noch mit der Benzin-
wetterlampe das Grubengas in der Grube festgestellt werden. Zu
diesem Zweck hält man die Lampe in Augenhöhe mit der einen
Hand fest und stellt mit der anderen die Lampenflamme so ein, daß
sie nur ganz klein brennen kann. Um diese klein eingestellte Flam-
me bildet sich zunächst ein kleiner, blauer, schmaler Lampensaum. Je
nachdem, wieviel Gasgehalt vorhanden ist, bildet sich über dem ur-
sprünglichen Flammensaum ein blaßhellblau gefärbter, durchsichti-
ger Flammenkegel, an dessen Höhe und Breite man den Prozentsatz
von Methangehalt erkennen kann.
Bei 1% wächst die Aureole in die Höhe, sodaß der Betrieb ein-
gestellt werden muß. Sobald 3% vorhanden sind, steigt die Spitze
des Flammenkegels bis zum unteren Rand des Glaszylinders der
18
Lampe und bei 5% und mehr erlischt die Flamme und es besteht
Explosionsgefahr.
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Im oberen Teil dieses Bildes kann man erkennen, wie der Flammenkegel einer
Benzin-Wetterlampe den Prozentsatz von vorhandenem Grubengas anzeigt. Im rest-
lichen Teil des Bildes sieht man, wie Bergleute der Grube Werister im Gebrauch die-
ser Lampe unterrichtet werden.
Die Wetterlampe hat auch den Vorteil, daß sie auf Mangel an
Sauerstoff reagiert. Falls dieser unter 17% liegt, erlischt auch die
Flamme, wodurch die Bergleute gewarnt werden. Andererseits
weist sie aber auch den Nachteil auf, daß mit ihr keine laminaren
21
desselben herbeiführen. Durch diesen Wasserdampf kann die Explo-
sionsflamme soweit heruntergekühlt werden, daß eine meist nach-
folgende Kohlenstaubexplosion in den meisten Fällen nicht mehr
stattfinden kann.
Staublungenerkrankungen
In längst vergangenen Zeiten trat diese Krankheit nur bei älte-
ren Bergleuten als eine sogenannte Bergkrankheit in Erscheinung,
ohne daß man die Ursachen kannte; die dazu führten. Infolge der
Mechanisierung im Bergbau wurde sie dann immer häufiger und so-
gar bei jungen Bergleuten festgestellt. Nachdem die ärztliche Wis-
senschaft durch Röntgenbilder zu der Feststellung gekommen war,
daß der Grubenstaub,vor allem der Kieselsäure enthaltende Fein-
staub, die Krankheit verursachte, und nachdem man erkannt hatte,
daß die Lunge dadurch angegriffen und verändert wurde, Atembe-
schwerden und Versagen des Herzens eintraten und sich ein schnel-
ler Verbrauch der Lebenskraft bei den Bergleuten bemerkbar mach-
te, erhielt sie den Namen ”Silikose”.
Seit dieser Zeit machte man dann auch große Anstrengungen,
um den Staub, die Entstehungsursache dieser Krankheit, an Ort
und Stelle wirksam zu bekämpfen. Das geschah durch Verwendung
von Wasser beim Bohren der Bohrlöcher. Es wurde von einer Was-
serleitung aus durch einen Spülkopf in die Hohlbohrstangen geleitet
und konnte an der Schneide des Bohres ausfließen. Durch diesen
Vorgang wurde der von der Bohrkrone losgeschlagene Staub ange-
feuchtet und verhindert, daß große Staubwolken beim Bohren auf-
traten. Wo dieses Verfahren aber nicht angewendet werden konnte,
benutzte man Absauggeräte, die den trockenen Staub sofort an der
Bohrschneide aufsaugten. Auch verwendete man nach den
Schießarbeiten Wasser, um das Haufwerk vor dem Verladen zu be-
rieseln. Bei der Kohlengewinnung wurde ebenfalls zur Staubverhü-
tung in den Streben eine sogenannte Kohlenstoßtränkung, vor dem
Abbauen der Kohlen vorgenommen. Auch an den Stellen, wo die
Kohlenförderung das Aufwirbeln von Staubmassen verursachte, ka-
men zur Staubbekämpfung Berieselungsanlagen zum Einsatz.
Außerdem dienen zum persönlichen Schutz des Bergmannes Staub-
masken, die durch einen Filter die Atemluft von Staub reinigen. Das
Tragen dieser Masken während der Arbeit bringt aber gewisse Un-
bequemlichkeiten mit sich, die jedoch der Bergmann wie viele ande-
re Schwierigkeiten zu überwinden versteht.
22
Mit der Mechanisierung im Steinkohlenbergbau mußten aber
auch viele andere neue Mittel und Wege gefunden werden, um die
Gefahren, welche die Gesundheit und das Leben der Bergleute be-
drohten, wirksam bekämpfen zu können. Erwähnenswert ist in die-
sem Zusammenhang das Wasser, welches zur Staubbekämpfung im
Bergbau seine Nützlichkeit bewiesen hat, zuvor aber der erste Tod-
feind der Bergleute war und jahrhundertelang geblieben ist. Es hat
nämlich zu jeder Zeit Bergwerke gegeben, die unter starken Was-
sereinbrüchen schwer zu leiden hatten. Als Beispiel hierfür kan
man die Grube ”Beaujonc” bei Lüttich nennen. Dort wurden durch
einen Wassereinbruch am 28. Februar 1812 eine große Anzahl von
Bergleuten mit dem Steiger Hubert Goffin und dessen kindlichem
Sohn Mathieu unter Tage eingeschlossen. Hubert Goffin verzichte-
te darauf, sich selbst und sein Kind zuerst zu retten. Im Lichter-
schein einer Kerze hat er damals vier Tage und Nächte lang helden-
mutig gekämpft und unter großer Kraftanstrengung den Einge-
schlossenen den Weg in die Freiheit gebahnt. Seine Heldentat rette-
te rund 70 Bergleuten das Leben. Für seine große Hilfs- und Opfer-
bereitschaft verlieh ihm damals Kaiser Napoleon das Kreuz der Eh-
renlegion. Zur Erinnerung an diesen mutigen Bergmann wurde im
Jahre 1912 in Ans bei Lüttich, auf dem Platz vor dem Gemeinde-
haus, ein eindrucksvolles Denkmal errichtet, welches Hubert Goffin
und seinen Sohn Mathieu darstellt. Auch erinnern verschiedene
Straßen in der Lütticher Umgebung an seinen Namen.
Aber nicht nur in belgischen Gruben war das Wasser ein Tod- .
feind der Bergleute, sondern auch in anderen Bergbauländern. So
mußten zum Beispiel im Jahre 1825 in der Grube Gouley im Aache-
ner Steinkohlenrevier infolge eines Wasserdurchbruches zwei Ju-
gendliche im Alter von 14 bis 15 Jahren fünf Tage lang in dieser
Grube schmachten, ehe sie gerettet werden konnten. In derselben
Grube verloren 1834 durch einströmendes Wasser 63 Bergleute ihr
Leben. Erst nachdem man zur Hebung des Wassers aus den Berg-
werken Dampfmaschinen gebaut hatte, konnte auch dieses Element
wirksamer bekämpft werden.
Seitdem werden große Mengen des zufließenden Wassers
durch Pumpen aller Art aus den Bergwerken gehoben und abge-
saugt, was eine Trockenlegung der Abbaureviere ermöglicht. Auch
hat man im Laufe der Zeit verschiedene andere Methoden erfun-
den, um Wasserdurchbrüche in Gruben bewältigen und verhindern
zu können. Dadurch sind viele dieser Gefahren weitgehend gebannt
worden.
24
während des 1. Weltkrieges ein Mittel gefunden, um dieses giftige
Gas unschädlich zu machen.
Auf Grund dieser Erfindung gelang es auch in Deutschland im
Jahre 1926, die ersten Atemfilter gegen Kohlenoxyd herzustellen.
Sie genügten jedoch nicht den Anforderungen des Bergbaus. Infol-
gedessen dauerte es bis zum Jahre 1950, ehe ein brauchbares Gerät
für den Bergmann entwickelt werden konnte. Carl von Hoff war ei-
ner der verdienstvollen Männer, dessen Streben dem Schutz des
Bergmannslebens in hervorragender Weise galt.
Er verstarb kurz vor der Vollendung seines 75. Lebensjahres,
am 25. März 1969. Der Knappenruf, das Mitteilungsblatt des deut- f
schen Bundes der Berg-, Hütten- und Knappenvereine, würdigte im
September 1969 die außerordentlichen Verdienste dieses Mannes,
der über 4 Jahrzehnte lang maßgeblich die Geschicke des deutschen
Grubenrettungsdienstes mitbestimmt und geleitet hatte. Ganz be-
sonders wurden seine Hilfeleistungen hervorgehoben, die er als Ret-
tungsmann heldenhaft unter dem Einsatz seines eigenen Lebens im
In- wie Ausland vollbracht hat. Den Erkenntnissen dieses Mannes
ist es auch zu verdanken, daß jeder Bergmann heute unter Tage ei-
nen Filterselbstretter an der Arbeitsstelle ständig bei sich trägt. Er-
wähnenswert ist ferner, daß Carl von Hoff im Jahre 1954 für seinen
verantwortungsvollen Einsatz bei Rettungswerken vom Bundesprä-
sidenten Professor Heusch mit dem goldenen Grubenwehr-
ehrenzeichen ausgezeichnet wurde. Auch vom belgischen König
wurde er für seinen aufopferungsvollen Einsatz bei der schreckli-
chen Bergwerkskatastrophe auf der Grube Bois du Cazier in Marci-
nelle, Belgien, mit dem Ritterkreuz des Leopoldordens belohnt.
Ebenfalls wurde ihm damals vom Bundespräsidenten das große
Bundesverdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland verliehen.
Seit diesem furchtbaren Schachtbrand gehört auch der
Kohlenoxyd-Filterselbstretter in Belgien, genau wie die Grubenlam-
pe, zur Ausrüstung der Bergleute. Jeder Bergmann muß dieses Gerät
vor der Einfahrt in den Schacht in Empfang nehmen und nach
Beendigung der Schicht wieder an derselben Stelle abgeben. Es wird
entweder während der ganzen Schicht an einem Lederriemen um
den Leib geschnallt getragen oder vor Ort am Arbeitsplatz griffbe-
reit abgelegt. Es ist aber kein Arbeits- sondern ein Schutz- und
Fluchtgerät. Beim Auftreten von Kohlenoxydgas verhindert das
25
Gerät, daß der Bergmann dieses Gas einatmet. Kohlenoxyd ist völ-
lig ungiftig, aber es raubt dem Menschen, falls es in größeren Men-
gen und während längerer Zeit eingeatmet wird| den zum Leben
notwendigen Sauerstoff. Auch kann es Gesundheitsschäden verur-
sachen und bewirken, daß der Mensch beim Einatmen von 0,5%
dieses Gases nach 5 bis 10 Minuten erstickt. Weil es völlig farb-,
geschmack- und geruchlos, sowie fast genauso schwer wie die Luft
ist, sodaß wir es nicht mit unseren Sinnen wahrnehmen können,
muß es als besonders heimtückisch angesehen werden.
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Der obere Teil eines Filterselbstretters. In der Mitte oben sieht man die Beißzapfen
am Atemmundstück, links die Nasenklemme mit zwei Gummischeiben, die zum Zu-
klemmen der Nase hochgehoben werden, Ganz unten in der Mitte das Ausatemventil
und links das Halteband mit Schnalle.
Unter Tage ist jedoch dann immer Kohlenoxyd zu vermuten,
wenn ein brandähnlicher Geruch zu verspüren ist. Es entsteht
durch unvollständige Verbrennung von Kohlenstoff infolge Luft-
mangels. Sogar in einer Wohnung kann dieses Gas auftreten, wenn
26
der Ofen nicht genügend Zug hat und die unvollständig verbrann-
ten Gase aus Türen und undichten Stellen des Ofens austreten kön-
nen. In den Gruben tritt es in der Regel bei Bränden, Schlagwetter-
und Kohlenstaubexplosionen in Erscheinung. Auf welche Weise
schützt nun der Filterselbstretter den Bergmann vor Kohlenoxydga-
sen? Da sich in diesem Gerät außer Filter und Trockenmittel auch
ein Kohlenoxyd-Katalysator befindet, in welchem das Kohlenoxyd
sehr schnell in Kohlensäure umgesetzt wird, kann das Gerät den
Bergmann, wenn er es richtig angelegt hat, mindestens eine Stunde,
meistens aber 2 Stunden lang und mehr davor bewahren, daß er
Kohlenoxyd einatmet. Andererseits kann er aber auch während die-
ser Zeit ohne Übereilung die Gefahrenstelle verlassen und sich in Si- +
cherheit bringen. Deshalb wird es auch Fluchtgerät genannt.
Um dasselbe vor schädlichen Einwirkungen und Einflüssen,
denen es in der Grube ausgesetzt ist, zu schützen, ist es stets in einer
Stahlbüchse verpackt, die im Ernstfall ohne Schwierigkeiten geöff-
net werden kann. Das eigentliche Gerät wird dann mit dem Mund- .
stück angefaßt und herausgezogen. Beim Anlegen ist es wichtig, daß
die Mundstückplatte so zwischen die Lippen und Zähne einge-
führt wird, daß man sie durch die Beißzapfen, die sich an derselben
befinden, mit den Zähnen festhalten kann. Wenn dies geschehen ist,
setzt man die Nasenklemme auf und ist vor Kohlenoxydgasen ge-
schützt. Um die Zähne beim Mittragen zu entlasten, bindet man
anschließend das Gerät mit Haltebändern über der Scheitelmitte
fest. Damit beim Anlegen kein unnötiger Zeitverlust entsteht, muß
jeder Bergmann die hierzu erforderlichen Handgriffe genau kennen.
Zu diesem Zwecke werden regelmäßig in gewissen Zeitabständen
Übungen mit den Bergleuten durchgeführt.
Bemerkenswert ist noch, daß durch die Umwandlung des Koh-
lenoxyds im Katalysator des Filtergerätes die Atemluft bis zu 60° C
erwärmt werden kann, wodurch das Atmen etwas behindert wird,
was aber nicht gesundheitsschädlich ist. Andererseits muß aber
auch darauf hingewiesen werden, daß seit 3 Jahrzehnten im Berg-
bau die Folgen von Unglücksfällen dieser Art auf ein Mindestmaß
beschränkt werden konnten. Trotz dieser und anderer Erfindungen
und Verwirklichungen, die zur Sicherheit der Bergleute am Arbeits-
platz und zur Erleichterung ihrer Arbeit beigetragen haben, ist ihr
Beruf gefahrvoll und mühsam geblieben, so daß alle, die diese Tätig-
keit jahrzehntelang ausübten und auch heute noch ausüben, Ach-
tung und Wertschätzung seitens der Mitmenschen verdienen.
(Fort. folgt)
% 27
Hergenrather Schulchronik
(4. Forts. und Schluß)
von Alfred Bertha
Generationenwechsel
Die nach dem 1. Weltkrieg in den Schuldienst getretene Leh-
rergeneration erreichte nach und nach die Altersgrenze und schied
aus dem Unterricht aus.
Frl. Bertrams verließ den Schuldienst schon 1953, um einer
jüngeren Lehrperson Platz zu machen.
Frl. Schifflers zog sich am 9.10.1963 aus dem Schuldienst zu-
rück.
Frau Generet ging mit dem 31.1.1964 definitiv in den Ruhe-
stand. Ihre Stelle übernahm Frl. Karin Müller (Frau Cremer), die
mit dem Schuljahr 1963-64 ihr Amt antrat.
Nach Abdankung der provisorisch ernannten Lehrerin Frl.
A.E. Lavalle kam am 1.9.1964 mit Frl. Pia Pavonet (Frau Dujardin)
eine 2. junge Lehrkraft an die Hergenrather Volksschule.
Die wieder gestiegenen Schülerzahlen (105) ließen im Herbst
1965 die Ernennung einer weiteren Lehrperson zu : Frl. Antoinette.
Fryns wurde mit dem Unterricht im 4. Schuljahr betraut.
Von nun an war es vordringliches Ziel der Verantwortlichen,
die Eltern dazu zu bewegen, ihre Kinder auch nach dem 4. Schul-
jahr in der Gemeindeschule zu lassen, da nur so eine Trennung von
5. und 6. Schuljahr möglich war.
Der Erweiterungsbau
Inzwischen war der geplante Erweiterungsbau der Schule ver-
wirklicht worden. Architekt Jacquemin hatte den Anbau so gestal-
tet, daß das äußere Bild der Schule erhalten blieb; es sollte kein Stil-
bruch begangen werden.
Die Rohbauarbeiten wurden von der Eynattener Baufirma
Hub. Mauel u. Söhne ausgeführt (1). Durch diesen
(1) Billigster Submittend war die Hergenrather Baufirma Peter Bauens gewesen, de-
ren Forderung für den Rohbau sich auf 2.569.000 F. (ohne Taxe) belaufen hatte.
Aus gesundheitlichen Gründen mußte Peter Bauens jedoch auf die Ausführung der
Arbeiten verzichten. Die Fa Mauel hatte sich daraufhin bereit erklärt, den Bau für
die gleiche Summe auszuführen. Das Angebot wurde berichtigt auf 2.857.616 Fr.
28
Vergrößerungsbau wurden 4 Klassenräume sowie Toiletten und ein
Turnsaal (Letzterer unter'm Dach) hinzugewonnen. Mit Schulbe-
ginn 1968-1969 konnten die neuen Räume bezogen werden. Der
Kindergarten sowie das 1. und 2. Schuljahr blieben weiterhin im
Altbau an der Aachener Straße.
Pilotprojekt Hergenrath
Schon kurz nach der Eingemeindung Hergenraths nach Kelmis
(1.1.1977) wurde im neuen Gemeinderat über einen Schulneubau in
Hergenrath beraten. Für die meisten Hergenrather war es eine
Überraschung, als sie aus der Tagespresse (1) erfuhren; daß in ihrem f
Ort eine Schule ganz ungewohnter Bauart und nach einem neuen
pädagogischen Grundgedanken entstehen sollte.
Trotz der anfänglichen Bedenken der Opposition (Sozialisten
und Liberale), die gerne die Schulpolitik hinsichtlich der Nutzung
der verschiedenen der Gemeinde gehörenden Schulgebäude über-
dacht hätte und auch an die Folgekosten eines solchen Baues erin-
nerte, kam es schließlich doch zu einem einstimmigen Beschluß des
Gemeinderates, vor allem auch nachdem Bgm. Willy Schyns darauf
hingewiesen hatte, daß die staatlicherseits für Schulneubauten ver-
fügbaren zinsgünstigen Kredite schon fast alle vergeben und ”Eile
geboten” sei, wolle man noch 1977 etwas erhalten.
Bei der ersten Aussprache im Gemeinderat über das Neubau-
projekt wurde dieses auf 12 bis 16 Millionen Fr veranschlagt, wo-
von 60% durch Staatszuschüsse und die restlichen 40% durch ei-
nen zinsgünstigen Kredit mit einer Laufzeit von 30 Jahren finan-
ziert würden.
In den nun folgenden Monaten nahm das Pilotprojekt konkre-
tere Formen an und am 7.10.1977 konnte Schulschöffe Jos. Bindels
dem versammelten Gemeinderat die vorliegenden Pläne erläutern.
Das Architektenbüro Poncelet-Steffens legte den Plan eines
Parterre-Baues vor, der neben drei Schulklassen auch eine Küche,
(2) einen Eßraum, hygienische Einrichtungen und - mit getrenntem
Eingang - eine Turnhalle in den Maßen von 14 x 26 m vorsah. Die
(1) Grenz-Echo vom 22.3.1977
(2) Das Angebot, in der Schule zu einem mäßigen Preis ein warmes Mittagessen zu
bekommen, nutzen täglich 80-90 Kinder, Wenn ”pommes frites” auf dem Speisezet-
tel stehen, sind es deren mehr als hundert,
29
Kostenschätzung belief sich nun auf 26.371.145 Fr. (einschl.
MWS). Während die Mehrheitsfraktion das Projekt verteidigte und
die Notwendigkeit eines Schulneubaus auch mit den steigenden Be-
völkerungszahlen Hergenraths begründete, beklagten die sozialisti-
schen und liberalen Gemeindevertreter, daß sie an den Planungen
und Entwicklungen nicht hätten teilnehmen können. Auch seien sie
nach Rücksprache mit Sachverständigen zu dem Schluß gekommen,
dem Projekt in der geplanten Größenordnung nicht zustimmen zu
können.
War man ursprünglich davon ausgegangen, daß der Neubau
schon zu Beginn des Schuljahres 1978-79 bezogen werden könne, so
mußte diese optimistische Zeitschätzung doch recht bald realisti-
scheren Vorstellungen weichen. Einen ersten Rückschlag gab es, als
der Bauunternehmer Jos. Schaus aus Champagne, dem bei der Sub-
missionseröffnung am 7.2.1978 als Mindestforderndem der Zu-
schlag für 20.593.992 Fr (1) erteilt worden war, eines plötzlichen
Todes verstarb.
Der Vervierser Unternehmer Jose Marot, dessen Forderung
21.827.708 Fr betragen hatte, wurde nun mit der Ausführung der
Arbeiten betraut (2), konnte aber den für das Mauerwerk festgesetz-
ten Fertigstellungstermin - den 3.8.1979 - nicht einhalten. Der lange
Winter 1978/79 und häufiges Regenwetter verzögerten den Fort-
gang der Arbeiten, so daß dem Unternehmer eine Verlängerung von
40 Arbeitstagen zugestanden wurde.
Bei Beginn der Betriebsferien (Juli 79) waren 2 Pavillons mit
Dachstühlen versehen und drei Wochen nach Wiederaufnahme der
Arbeit waren die Dächer im Rohbau fertig.
Aus unerklärlichen Gründen schob sich der Beginn der Dach-
deckerarbeiten aber so lange hinaus, daß schließlich vor Beginn der
Schlechtwetterperiode die Dächer nur notdürftig mit Plastikfolie ab-
gedeckt werden konnten. Bei stürmischem Herbstwetter wurden
diese Folien z.T. weggerissen und das Holz der Dachstühle erlitt er-
hebliche Wasserschäden.
Im Innern wurde indessen weiter gearbeitet, Kacheln ange-
bracht, die Heizung montiert u.s.wW.
(1) Los 1 : Maurer- und Schreinerarbeiten. Preis ohne M.W.S.
(2) Dabei wurde ein Preis von 21.085.708 Fr vereinbart.
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Die Turnhalle von der Rückseite gesehen.
Foto A, Jansen
Schließlich fand man eine Lösung darin, daß man die äußere
Höckerlinie (der Turnsaal hat Doppelmauern) absägte und durch
einen Ringanker aus Beton ersetzte.
Mitte Mai 1980 waren die sehr arbeitsintensiven Dachdeckerar-
beiten abgeschlossen, und am 28. Mai 1980 erfolgte eine erste Bau-
abnahme. Nach Abschluß der erforderlichen Nachbesserungen
konnte die neue Schule mit Schulbeginn 1980/81 bezogen werden.
Am 6. September 1980 erfolgte die offizielle Einweihung des Baues
in Anwesenheit von 200 geladenen Gästen, und am 19.10.1980
konnte die gesamte Bevölkerung bei Gelegenheit des Schulfestes,
das zum ”Tag der offenen Tür” erklärt worden war, sich den Neu-
bau genau ansehen.
32
Diesem von der Architektur her gesehen sehr eigenwilligen
Bau (man witzelte darüber und nannte ihn Kral oder Negerdorf) mit
seinen 21 Pavillons liegt ein pädagogisches Konzept zugrunde, das
in Belgien die Bezeichnung ”System 5-8” erhalten hat.
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Diese Schirme, als Schutz vor Regen gedacht, verbinden den alten mit dem neuen
Schulbau.
Foto A. Jansen
Damit will man andeuten, daß die fünfjährigen Kinder, die im
letzten Kindergartenjahr sind, nicht mehr streng von den Kindern
des 1. und 2. Schuljahres getrennt sind. Dem Besucher der neuen
Hergenrather Schule fällt auf, daß die Klassen keine Zwischenwän-
de besitzen. In diesen offenen Klasseneinheiten haben die Kleinen
die Möglichkeit, schon am Unterricht der Erst- und Zweitklässler
teilzunehmen, was ihnen jede Scheu und Angst vor dem, was mit
der Einschulung auf sie zukommt, nehmen soll.
Ein weiterer Grundgedanke des neuen Systems ist, daß die
Kinder mehr von der Umwelt und von einander als vom Lehrer ler-
nen sollen. Anschauungsunterricht und Gruppenarbeit sind die
33
Methoden, auf die man sich vorwiegend stützt. Die Gruppenarbeit
prägt natürlich auch das soziale Verhalten der Kinder. Die Rolle des
Lehrers wird dabei eher als die eines ”Animators” gesehen.
Schließlich sind Lernziele vorgegeben, die am Ende des Schul-
jahres erreicht sein müssen. Allerdings kann der Lernrhythmus des
einzelnen Kindes viel stärker als im traditionellen Unterrichtssystem
berücksichtigt werden. Das Kind setzt sich selbst ein Ziel, das es in-
nerhalb einer bestimmten Frist erreicht haben möchte.
Das ”System 5-8” ist noch im Experimentierstadium und es ist
absolut verfrüht, ein abschließendes Urteil darüber zu fällen. Zu
früh auch, um zu sagen, ob dieser Schultyp, von dem in ganz Bel-
gien im September 1980 nur 39 bestanden, in nicht allzuferner Zu-
kunft richtungweisend für das gesamte Schulwesen sein wird. Die
anfängliche Euphorie in Inspektorenkreisen scheint inzwischen ei-
ner etwas zurückhaltenderen Beurteilung gewichen zu sein. ”5-8”
wird als eine Schulform neben anderen angesehen.
Auch das Ausland schaut mit Interesse auf das belgische Expe-
riment, das das Unterrichtsministerium im Frühjahr d.J. durch
Filmaufnahmen in Hergenrath dokumentarisch festhalten ließ.
Durch den Schulneubau konnten der Kindergarten und die
beiden ersten Volksschulklassen, die bisher noch in der alten Schule
an der Aachener Straße untergebracht waren, mit den übrigen Klas-
sen vereint werden.
Um mehr Sicherheit beim Anfahren des Schulbusses zu errei-
chen, wurde die Schulhofmauer, die diesen gegen die Altenberger
Straße abgrenzt, etwas zurückgenommen. So entstand eine Park-
bucht für den Bus. Das Problem Sicherheit auf dem Schulweg be-
schäftigt aber trotz Schülerlotsen und Bürgersteigen viele Eltern, da
die Bahnhofstraße und die Altenberger Straße ein hohes Verkehrs-
aufkommen haben und gerade morgens und nach Schulschluß sich
daraus eine Gefahrenquelle für die Kinder ergibt.
Die neue Turnhalle hat bei den Sportfreunden, besonders je-
nen aus Kelmis, großen Anklang gefunden und ist beinahe immer
ausgebucht. Bedauert wird, daß der Saal nicht die Maße hat, um of-
fizielle Wettkämpfe, z.B. Netz- oder Korbball, auszutragen. Auch ei-
ne Unterkellerung wäre angesichts der Hanglage mit geringen
Mehrkosten durchzuführen gewesen. Daß die Sonnenuhr die Uhr-
zeit auch nicht annähernd genau anzeigt, ist nur ein kleiner Schön-
heitsfehler. Schwerer wiegen andere Baumängel, die nach dem Kon-
kurs der Fa. Marot (1981) zu beheben sind.
34
Und wenn jetzt jemand fragt, was denn die ganze Sache geko-
stet habe? Nun, die anfänglichen Schätzungen von 14-16 Millionen,
dann mehr als 26 Millionen, erwiesen sich als zu niedrig. Der Bau ko-
stete die stolze Summe von 35 Millionen Fr.
Soviel zur Modellschule Hergenrath. Als Schulleiter fungiert
seit Sept. 1968 Hauptlehrer Walter Laschet, der 1962, nach dem
Ausscheiden von Lehrer Emile Generet aus dem Schuldienst, das 3.
u. 4. Schuljahr übernommen hatte. Emile Generet war von 1920 bis
zu seiner Pensionierung (mit einer durch den Krieg bedingten Un-
terbrechung) Hauptlehrer gewesen. Seine Stelle nahm nun Lehrer
Jos. Tonteling ein, der 1968 in den Ruhestand trat. Er starb am
28.1.1970 f
Häufigen Lehrerwechsel gab es im dritten Schuljahr, das Jung-
lehrer Albert Schoenauen 1968 übernahm; zum Schuljahr 1969-70
wurde aber schon wieder eine Neubesetzung dieser Lehrerstelle fäl-
lig, da Albert Schoenauen den Unterricht verließ, um beim Rund-
funk tätig zu werden. Lucien Nicolai unterrichtete das 3. Schuljahr
1969-70. Ihm folgte von 1970-1973 Frau El@onore Pirson-
Laverdeur; nach deren Versetzung in den Ruhestand kam als Jung-
lehrer Raymond Coonen (Neu-Moresnet), der seitdem die Klasse
führt.
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Das 3. Schuljahr mit Frau Pirson im Schuljahr 1970-71
35
Frl. Antoinette Fryns schied 1972 nach 7-jähriger Tätigkeit in
Hergenrath aus dem Unterricht aus. Das ”verwaiste” 4. Schuljahr
übernahm nun Martin Christen, der einige Jahre an der Volksschul-
abteilung des College Notre-Dame in Gemmenich unterrichtet hat-
te.
Vervollständigt wurde das Lehrerkollegium schließlich 1976
durch die Ernennung von Frl. Veronique Bindels, da die gestiege-
nen Schülerzahlen die lang angestrebte Aufteilung der 5. und 6.
Schuljahre ermöglichten. Seitdem sieht das Lehrerkollegium Her-
genrath wie folgt aus : S
1. Schuljahr : Frau Pia Dujardin-Pavonet
2. Schuljahr : Frau Karin Cremer-Müller
3. Schuljahr : Herr Raymond Coonen
4. Schuljahr : Frau Veronique Aldenhoff-Bindels
5. Schuljahr : Herr Martin Christen
6. Schuljahr : Herr Walter Laschet
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Das Lehrerkollegium 1982
Von links nach rechts : Walter Laschet, Raymond Coonen, Martin Christen, Karin
Cremer, Veronique Aldenhoff, Mariette Schumacher, Irmgard Krott, Pia Dujardin,
Gaby Bonni und Marie-Louise Hackens.
Foto : R. Coonen
Zudem fungieren für je 2 Wochenstunden einige Fachlehrerin-
nen, und zwar :
— Frau K. Laschet und Frau M. Zinzen für katholischen Religions-
unterricht;
36
— Frau Flückinger (Neu-Moresnet) für protestantischen Religions-
unterricht;
— Frau Warimont für Sittenlehre.
Die Schülerzahl seit 1969
Schuljahr Mädchen Jungen Summe
69-70 72 5% 129
70-71 75 51 126
71-72 57 49 106
72-73 54 54 108
73-74 56 64 120
74-75 62 58 120
75-76 53 71 124 .
76-77 60 A 132
77-78 RL 58 130
78-79 65 47 H2
79-80 35 64 119
80-81 55 66 121
Im Schuljahr 81-82 zählte unsere Gemeindeschule 114 Kinder.
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. Lehrer und Schüler der Hergenrather Gemeindeschule 1982
Foto : R. Coonen
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Der Kindergarten
Schon im August 1938 war die Entscheidung, einen Kinder-
garten in Hergenrath zu eröffnen, prinzipiell gefallen, wenn auch
manche Stimmen laut wurden, die zu bedenken gaben, bei der wei-
ten Streuung des Dorfes sei eine solche Einrichtung wenig sinnvoll.
Als jedoch klar wurde, daß der Kindergarten erst dann mit
Staatssubsidien rechnen könne, wenn die Möglichkeit bestehe, sich
ein Urteil über den Besuch desselben zu bilden, konnte die Gemein-
de sich nicht mehr entschließen, das unkalkulierbare Risiko auf sich
zu nehmen.
Erst 1959 wurde das Projekt Froebelschule wieder aufgegrif-
fen und beschlossen, eine solche für die 3-6jährigen zu eröffnen. Als
geeigneten Schulraum sah der damalige Gemeinderat das Pfarrsäl-
chen an. Um eine möglichst gute und praktische Einrichtung dieses
Raumes zu gewährleisten, wurde der Beschluß gefaßt, mehrere Kin-
dergärten der Nachbardörfer aufzusuchen und sich an den dort ge-
machten Erfahrungen zu orientieren.
Dies war im September 1959. Schon Anfang Dezember dessel-
ben Jahres konnte die erste provisorisch ernannte Kindergärtnerin
ihren Dienst in Hergenrath antreten, Es war Frl. Maria Magdalena
Arens aus Deidenberg, die den Kindergarten dann bis zum 1.9.1961
leitete.
Ihre Nachfolgerin wurde die aus Schoppen stammende Frau
Wwe Johanna Margaretha Marichal-Duchers, die bis zum 1.9.1965
in Hergenrath blieb. Inzwischen war die Zahl der Kleinkinder, die
den Kindergarten besuchten, ständig angestiegen und so bestand die
Möglichkeit, 2 Lehrerinnen anzustellen. Frau Marie-Louise
Hackens-Graeven und Frl. Marguerite Jongen wurden beide zum
1.9.1965 ernannt.
Inzwischen hat der Kindergarten drei Klassen, deren erste
schon 2 1/2-jährige Kinder aufnimmt. Die Vierjährigen gehen in die
2. Klasse, die Fünfjährigen in die dritte. Im Schuljahr 1981-82 be-
suchten 67 Kinder den Hergenrather Kindergarten, dessen dritte
Klasse seit dem Schuljahr 80-81 in dem Neubau untergebracht ist,
während die beiden ersten Klassen von der alten Schule an der-
Aachener Straße gleichzeitig in die Schule an der Altenberger Straße
verlegt wurden.
Als Kindergärtnerinnen fungieren Frau Irmgard Krott, Frl.
Mariette Schumacher, Frau Marie-Louise Hackens und Frl. Bonni.
38
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Leseübungen im 3. Kindergartenjahr (1980)
Der Elternrat
Der junge und dynamische Hergenrather Lehrkörper wird von
einem engagierten und ideenreichen Elternrat tatkräftig unterstützt,
und zwar immer dann, wenn es um die Finanzierung
außergewöhnlicher Anschaffungen und Tätigkeiten geht. Dazu ge-
hörten z.B. neue Teppichböden für den Kindergarten, Spielzeug
und didaktisches Material, Beihilfen zu den ”Schneeklassen” u.ä.
Die notwendigen Geldmittel werden vorwiegend durch das all-
jährliche Schulfest und den traditionellen Wintermarsch eingenom-
men.
Neueste Initiative des Elternrates : eine 40 Seiten starke Zeit-
schrift mit dem Titel ”Schulteam”, in der Elternrat, Lehrer und vor
allem Schüler über ihre Arbeit im verflossenen Schuljahr berichten.
39
Abschließende Bemerkung
In diesem und drei voraufgegangenen Aufsätzen haben wir
versucht, die Geschichte der Hergenrather Gemeindeschule von ih-
ren Anfängen bis heute nachzuzeichnen. Diese Schulchronik erhebt
jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit; auch mag sich hier
und da ein Irrtum eingeschlichen haben. Wir sind dankbar für jeden
Hinweis, der der Vervollständigung oder Berichtigung dienen könn-
te.
Allen, die uns Bildmaterial oder sonstige Unterlagen zur Verfü-
gung gestellt haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
40
Eine königliche Ordonnanz des
Jahres 1786
von Walter Meven
Am 25. August des Jahres 1858 wurde die bis dahin zu Mores-
net gehörende Kapellengemeinde Kelmis, durch den Bischof von
Lüttich zur selbständigen Pfarrgemeinde erhoben.
Die Pfarrgemeinde Kelmis mit der wenig später der Himmel- .
fahrt Mariens geweihten Kirche kann im nächsten Jahr auf ein 125-
jähriges Bestehen zurückblicken.
Bereits im Jahre‘ 1786 können wir der Beantwortung eines
königlichen Fragenkatalogs durch die Gemeindevertreter entneh-
men, daß das damals noch als königliche Herrschaft bestehende
Gemeinwesen der Wunsch hegte, eine eigene Pfarrkirche zum Nut-
zen der Einwohner zu besitzen. Je nach Zugehörigkeit mußten diese
entweder nach Moresnet oder gar nach Montzen in die Kirche
gehen, um ihrer Sonntagspflicht zu genügen. Allein die Tatsache,
daß der ursprünglich zur Pfarre Moresnet gehörende Weiler Kelmis
mit den bedeutenden Galmeivorkommen und seinem damit
naturgemäß wachsenden Abbaufeld sich bald in die Sprengel der
Nachbarpfarreien ausdehnte, beweist uns, daß die Bevölkerung der
Umgebung hier eine wichtige Erwerbsquelle fand.
Der verständliche Wunsch der an Zahl zunehmenden Beschäf-
tigten des Galmeibergs, sich am Orte oder in der Nähe des Arbeits-
platzes mit ihrer Familie anzusiedeln, brachte eine stetige aber lang-
same Entwicklung zum eigenständigen Wohnplatz mit sich.
Doch erst die Erhebung zur königlichen Herrschaft, im Jahre
1650, nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, durch König
Philipp IV. von Spanien, läßt eine zunehmende Selbständigkeit des
Gebietes um Kelmis erkennen.
Die Ausbeutung der Bodenschätze behielt sich der König in
seinen Landen persönlich vor. Aus diesem Grunde finden wir in den
Akten und Urkunden für den hier behandelten Ort häufig die
Bezeichnung S.M. Galmeiberg. Nur er konnte ihn verpachten und
setzte zur besseren Kontrolle einen eigenen ”königlichen Kontrol-
leur” und einen Rentmeister ein, die ihm seine Anteile sicherten.
41
Für das Jahr 1655 ist bereits eine eigene Administration mit
zwei Bürgermeistern, sieben Schöffen, einem Einnehmer und einem
Feldschütz belegt.
Ein neues, für die königliche Herrschaft Kelmis zuständiges
Schöffengericht mit einem Drossard als Vertreter des Königs ist für
das Jahr 1654 bezeugt. Die neue Herrschaft wurde damit aus der
Zuständigkeit des Montzener Schöffengerichts entlassen. Drei Ka-
pellen sind uns im Bereiche und im Einzugsgebiet der Herrschaft be-
kannt geworden :
Die erste war die damals unter der Botmäßigkeit des Montze-
ner Pfarrers stehende und noch heute erhaltene Rochuskapelle, die
vor 1646 erbaut und auch vom genannten Pfarrer bedient wurde.
Die zweite Kapelle befand sich im Hause des königlichen Kon-
trolleurs, das wir unweit des heutigen Parkcafes in das Abbaufeld
der Grube verlegen müssen. Sie war möglicherweise in einer ge-
schlossenen fränkischen Hofanlage einbezogen, die im Jahre 1843
niedergerissen wurde.
Auf die Anfrage der Gemeindevertreter und der Einwohner
der Herrschaft Kelmis, in einer Kapelle den Gottesdienst halten zu
dürfen, gestattete König Philipp ”in der Kapelle unweit von Kelmis”
eine hl. Messe zu lesen. Vermutlich handelt es sich hier um die Ro-
chuskapelle. Die Gemeinde erhielt auch die Genehmigung zum Ver-
kauf von 18 Bunder Gemeindeland gegen eine jährliche Rente, wel-
che zur Zahlung des Gehaltes eines Kaplans dienen würde. Der Ka-
plan sollte täglich die hl. Messe in der Kelmiser Kapelle lesen.
Die Kriegswirren des ausgehenden 17. Jh. setzten die Käufer
des Gemeindelandes jedoch außer Stande, ihren Verpflichtungen
nachzukommen. 1686 ordnete der Finanzrat an, der Einnehmer sol-
le dem Kaplan jährlich 50 Pattacons aus den Einnahmen der Kelmi-
ser Grube zahlen.
Bis zum Ende des ”Ancien Regime” blieb die Besoldung des
Kaplan - falls ein solcher vorhanden war - zu Lasten der Bergwerks-
gesellschaft. (S.F. Pauquet ”Exploitation de la Vieille Montagne au
XVII siecle” S. 38-39)
Das Jahr der Bewilligung, 1662, könnte mit dem Wiederauf-
baujahr des durch die Franzosen zerstörten Hauses des königlichen
Kontrolleurs, aufgrund einer Takenplatte, die das eben genannte
Jahr trägt, übereinstimmen. Eine Kapele in diesem Hause ist uns
aber erst wesentlich später in einem Aktenstück überliefert.
42
Für das Jahr 1724 finden wir in einem Kassenbuch der herzog-
lichen Regie folgenden Eintragung :
Für den Küster, der auch die Messe dient 2-8-0
Item zwei weiße Kerzen für die Kapelle 0-12-0
In einer weiteren Eintragung aus dem Jahre 1760 ist von zwei Ker-
zenleuchtern die Rede und davon, daß die Regie den Pfarrer für die
königliche Kapelle bezahlt. Leider sind keine älteren Eintragungen
überliefert.
Die dritte Kapelle ist uns heute noch als ehemals in der
Kapellstraße gelegen überliefert. Ihr Grundstein wurde am 29. April
1845 gelegt und am 4. September des gleichen Jahres wurde sie ein-
geweiht. Insgesamt mußte sie dreimal vergrößert werden, nämlich .
im Jahre 1852 und in den nachfolgenden Jahren noch zwei weitere
Male.
Das Jahr der Pfarrerhebung ließ auch den Plan reifen, eine
größere Pfarrkirche zu bauen.
Die großherzigen Geldgeschenke des belgischen und des
preußischen Herrscherhauses sowie der Bergwerksgesellschaft hal-
fen sie finanzieren. Am 3. Oktober 1865 wurde sie ihrer Bestim-
mung übergeben.
Die königliche Ordonnanz vom 29. Mai 1786 forderte die örtli-
chen Verwaltungen in Form eines 13 Punkte umfassenden Fragen-
kataloges auf, über das Pfarrleben in ihren Gemeinden Auskunft zu
geben. Der Kelmiser Drossard W.J.F. Birven gab daraufhin dem
Schultheißen J. Pigast den Auftrag, eine Häuser- und Einwohner-
zählung in Kelmis vorzunehmen. Pigast entledigte sich dieser Auf-
gabe am 4. und 5. August 1786. Seine Erhebung erlaubte es dem
Drossard, auf die gestellten Fragen zu antworten.
Unsere Kelmiser Leser wird es gewiß interessieren, etwas über
das Pfarrleben in ihrem Ort vor rund zweihundert Jahren zu erfah-
ren.
Frage 1 : Nummer der Tabelle?
— Keine Angabe
Frage 2 : Name des Ortes, der der Gerichtsbarkeit Sr Majestät un-
tersteht :
— Kelmis, Herrschaft und Gerichtsbarkeit Sr Majestät
Frage 3 : Einwohnerzahl des Ortes?
— 520 Katholiken, sowohl Kommunikanten (1) wie Kinder
(1) Gläubige, die über 12 Jahre alt sind
44
Frage 4 : Pfarre, Bistum, Dekanat. Weg dahin.
— 101 Häuser gehören zur Pfarre Moresnet, 9 zur Pfarre
Montzen. Bistum Lüttich.
Manche Einwohner haben bis zur Pfarrkirche eine Entfer-
nung von etwa 1 Stunde, andere 3/4 oder 1/2 Stunde Weges
zurückzulegen. Die Herrschaft Kelmis erstreckt sich nämlich
über eine Länge von 1 und eine Breite von annährend 1/2
Wegstunde, und die Pfarren von Moresnet und Montzen lie-
gen in der Verlängerung derselben.
Frage 5: Hindern Überschwemmungen, hohe Berge oder große
Schneemassen die Einwohner daran, zur Pfarrkirche zu ge-
hen? .
— Sie müssen große Bäche oder Wasserläufe durchqueren,
die manchmal so stark über die Ufer treten, daß der Gang zur
Pfarrkirche unmöglich wird oder doch mit großen Gefahren
und Mühen verbunden ist.
Frage 6 : Muß der Pfarrer durch fremde Pfarren hindurch?
— Keine Angaben
Frage 7 : Ist ein mit der Seelsorge betrauter Geistlicher ansässig?
— 101 Häuser gehören zur Pfarre Moresnet, 9 zur Pfarre
Montzen.
Frage 8 : Wird der Gottesdienst an allen Sonn- und Feiertagen ge-
feiert? Wenn nicht, warum?
— Die Messe wird nur am Kirmessonntag und -montag sowie
am St. Rochus-Fest in einer kleinen zur Pfarre Montzen gehö-
renden Kapelle gefeiert.
Frage 9 : Müssen die Gläubigen eine fremde Pfarre aufsuchen?
— Keine Antwort
Frage 10 : Möchten sie einen eigenen Pfarrer oder einen residieren-
den (”festen”) Kaplan?
— Die Einwohner möchten einen eigenen Pfarrer.
Frage 11 : Haben sie eine Kirche oder Kapelle?
— Es besteht eine kleine Kapelle, am Rande der Herrschaft
gelegen, wo der Pfarrer von Montzen, wie unter Nr. 8 angege-
ben, die Messe liest.
Die Kapelle besitzt eine kleine Glocke und man ist sicher, daß
auch einige Stiftungen bestehen, deren Einkommen dem Pfar-
rer von Montzen für genannte Gottesdienste zukommen.
Frage.12 : Besteht in der Nähe ein Kloster? ein Wallfahrtsort?
— Keine Angaben
45
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(Abb. 2)
Die in Abb. 1 mit A und B bezeichneten Gebäude werden hier mit t und u und in einer
Vorderansicht gezeigt. In diesem Bau befand sich die Hauskapelle, die in den ”Be-
merkungen” zum Fragenkatalog erwähnt wird und wo an Sonn- und Feiertagen” zur
Bequemlichkeit des Rentmeisters und des Kontrolleurs”” die Messe gelesen wurde.
(Paris, Nationalarchiv, s. Literatur- u. Quellenangabe 6)
47
Frage 13 : Will der Herr der Herrschaft oder die Gemeinde zum Un-
terhalt eines eigenen Pfarrers oder Kaplans beitragen?
— Wir beziehen uns auf das, was die Bürgermeister bzgl. des
Baues einer Kirche sagen können.
Bemerkungen : Etwa in der Mitte der Herrschaft, am großen Stein-
weg von Lüttich nach Aachen, liegen zwei Sr. Majestät gehörende
Häuser, genannt der Galmeiberg (”Calmijnbergh”), wo an Sonn-
und Feiertagen zur Bequemlichkeit des Rentmeisters und des Kon-
trolleurs die hl. Messe gelesen wird, wofür der Benefiziant jährlich,
so sagt man, 160 Lütticher Gulden erhält.
22. Sept. 1786
W.J.F. Birven, Drossard von Kelmis
Nach der Zählung des Schultheissen J. Pigast gingen 328 Kommu-
nikanten und 143 Kinder zur Pfarrkirche von Moresnet, während
36 Kommunikanten und 13 Kinder zu Montzen gehörten.
Somit kam man in Kelmis auf eine Einwohnerzahi von 464 Erwach-
senen (über 12 J.) und 156 Kindern; der Schultheiß zählte 112 Häu-
ser, wovon 9 zur Pfarre Montzen gehörten. Der Drossard gibt eine
Häuserzahl von 110 an. !
Benutzte Literatur u. Quellentexte
1) Firmin Pauquet, ”Die älteste Besiedlung im Gebiet der ehemaligen Herrschaft
Kelmis” in ”Im Göhltal” Nr. 2, S. 28
2) Firmin Pauquet, ”Hundert Jahre Pfarre Kelmis” 1958
3) Walter Meven, ”Ein Reglement der Gemeinde Kelmis aus dem Jahre 1697” in ”Im
Göhltal” Nr. 30 S. 54.
4) Klaus Pabst, "Neutral Moresnet” in ”150 Jahre Regierung Aachen und Regie-
rungsbezirk Aachen” S, 45 ff.
5) Stadtarchiv Aachen, Bank Walhorn, Aktenbündel Nr. 6
6) Hub. Beckers ”Der Zustand der Galmeigrube Altenberg i.J. 1816” in ”Im Göhltal”
Nr. 26, S. 5-10.
48 z
Grenzkorrekturen im Westen
von Dr. Klaus Pabst
Nach großen Kriegen gerät die Landkarte Europas fast immer
in Bewegung. So haben auch nach dem zweiten Weltkrieg, wie
schon nach dem Ersten, sämtliche kriegführenden Nachbarn, dazu
sogar Österreich, Gebietsansprüche an das besiegte Deutschland ge-
stellt.
Was daraus in Osteuropa wurde, ist allgemein bekannt und
braucht hier nicht noch einmal dargestellt zu werden. Auch das
Schicksal des Saargebiets, das 1947 wirtschaftlich mit Frankreich
verbunden, nach einer Volksabstimmung aber 1956 an die Bundes- *
republik zurückgegeben wurde, wird vielen noch in Erinnerung
sein. Daß aber auch Belgien, die Niederlande und Luxemburg zeit-
weise und in nicht ganz unbedeutendem Umfang deutsches Gebiet
annektierten, ist - abgesehen von den damals direkt Betroffenen - heu-
te schon fast vergessen.
Zum Glück, werden manche sagen, denn was nützt es, an
längst vergangenen Streit zu erinnern ? Doch kann auch dieses Ka-
pitel deutsch-belgischer und deutsch-holländischer Nachkriegsbezie-
hungen nicht einfach aus der Geschichte ausgeklammert werden,
zumal es nicht nur Schattenseiten aufweist. Die Art und Weise et-
wa, wie diese Grenzfragen in den fünfziger und sechziger Jahren in
gut nachbarlichem Einvernehmen zwischen allen Betroffenen hof-
fentlich für immer beigelegt wurden, kann man getrost als Muster
praktizierter europäischer Verständigung bezeichnen. Sie ist es
schon deshalb wert, der Vergessenheit entrissen zu werden.
Es ist nicht uninteressant, wie unterschiedlich territoriale Fra-
gen in den drei späteren Benelux-Ländern behandelt wurden. In
Holland haben sie in Politik und Öffentlichkeit jahrelang eine sehr
große Rolle gespielt; die niederländischen Forderungen - und später
auch die tatsächlichen Grenzveränderungen - waren die umfang-
reichsten und wurden auch als letzte, gegen den Widerstand großer
Teile des Parlaments, wieder aufgegeben. Brüssel dagegen hat seine
Wünsche eher zurückhaltend geäußert, auf relativ kleine Grenzver-
änderungen beschränkt und das schließlich provisorisch annektierte
Gebiet als erstes wieder zurückgegeben. Neben einer allgemein
größeren Verständigungsbereitschaft mit Deutschland; als sie nach
dem Krieg in Holland herrschte, haben dabei auch Erfahrungen
49
mitgewirkt, die Belgien nach dem ersten Weltkrieg mit der Integra-
tion der Kantone Eupen, Malmedy und St. Vith gesammelt hatte
und die den Niederländern fehlten. Luxemburg schließlich stellte
seine Ansprüche nicht zuletzt unter den historischen Gesichts-
punkt einer teilweisen Wiederherstellung des alten Herzogtums, das
bis zur Französischen Revolution ja weit in die Eifel hineinreichte,
dann aber vom Wiener Kongreß arg verkleinert worden war.
Nicht zufällig waren es während des Krieges die Niederländer,
die als erste territoriale Forderungen an Deutschland stellten. Im
Juli 1944, als die alliierte Invasion Frankreichs gerade begonnen
hatte, forderte der Außenminister der niederländischen Exilregie-
rung in London, van Kleffens, erstmals eine territoriale Entschädi-
gung für den wahrscheinlichen Fall, daß ein Teil seines Landes wäh-
rend der bevorstehenden Kämpfe unter Wasser gesetzt und damit
für längere Zeit unbrauchbar gemacht werden würde. Im besetzten
Holland wurde diese Forderung bald von einem Teil der Unter-
grundpresse übernommen, und nach der Befreiung des Landes setz-
te in der Öffentlichkeit alsbald eine allgemeine Diskussion über die-
ses Thema ein. Nur wenige Stimmen, vorwiegend auf der politi-
schen Linken und in betont christlichen Kreisen, sprachen sich
grundsätzlich gegen Annexionen aus. Sie hielten es für verwerflich,
der deutschen Kriegsforderung nach ”Lebensraum” jetzt eine hol-
ländische gegenüberzustellen; manche sahen auch weiter in die Zu-
kunft und wollten Hollands künftige Beziehung zu einem wieder-
aufgebauten Deutschland nicht von vornherein durch Grenzstrei-
tigkeiten vergiften.
Die Befürworter von Annexionen betrachteten eine
Vergrößerung der Niederlande dagegen als sinnvollste Form deut-
scher Wiedergutmachungsleistungen, da sich die Unmöglichkeit
größerer Reparationen in Geld oder Wertsachen ja schon nach
dem Ersten Weltkrieg erwiesen hatte. Neues Land könnte dagegen
holländischen Bauern als Siedlungsland dienen - die Vertreibung der
Eingesessenen wurde dabei ausdrücklich gefordert -, und die Erdöl-
und Kohlefelder entlang der deutschen Westgrenze seien eine will-
kommene Erweiterung der Rohstoffbasis für die niederländische In-
dustrie. Sogar die Hoffnung, in Deutschland Ersatz für das fragwür-
dig gewordene Kolonialreich in Indonesien zu finden, spielte bei den
Annexionsforderungen eine gewisse Rolle.
50
Auch über den Umfang der anzustrebenden Annexionen gin-
gen die Meinungen weit auseinander. Einige Maximalisten wollten
Hollands Grenze schon an die Weser oder Elbe verlegen, wo sie
dann mit denen Polens und der Tschechoslowakei zusammentreffen
sollte. Die Mehrheit dagegen faßte einen breiten deutschen Grenz-
streifen mit mehreren Millionen Bewohnern ins Auge, der von der
Emsmündung im Norden bis unmittelbar vor Aachen im Süden ver-
lief und sowohl wichtige landwirtschaftliche Erzeugungsgebiete wie
Kohle-, Öl- und Tonfelder (letztere für die Ziegelherstellung)
umfaßte.
Zur Propagierung und Durchsetzung dieser Forderungen, A
auch gegenüber der eigenen Regierung, entstanden in vielen hollän-
dischen Orten, nicht nur in der Nähe der deutschen Grenze, soge-
nannte ”Annexionskomitees”, die sich auf nationaler Ebene zum
”Niederländischen Komitee für Gebietserweiterung” zusammen-
schlossen. Ihre Mitglieder waren zumeist Geschäftsleute, Bürger-
meister und Kommunalpolitiker, die sich von solchen Annexionen
wirtschaftliche Vorteile versprachen, aber auch Gewerkschaftler aus
dem limburgischen Kohlengebiet, hohe Regierungsbeamte und
nicht zuletzt nationale Idealisten, die von einem künftigen Groß-
Niederland träumten. Die Existenz vieler derartiger Komitees zeigt,
daß die Annexionsidee damals nicht nur in den Köpfen einiger Poli-
tiker bestand, sondern auch im Volk eine relativ breite Basis gefun-
den hatte.
Das wurde durch eine Umfrage bestätigt, die im Winter
1945/46 im Auftrag der Regierung in ganz Holland stattfand.
44,5% der Befragten sprachen sich dabei für die Annexion deut-
scher Gebiete aus und 41,5% dagegen. 11,5% wollten ein zeitlich
befristetes niederländisches Protektorat über deutsche Grenzgebie-
te, und nur 2,5% hatten überhaupt keine Meinung - ein Zeichen da-
für, wie sehr sich die ganze Nation mit der Frage beschäftigte. Die
meisten Annexionsfreunde gab es übrigens in den Südprovinzen
Limburg und (Niederländisch-) Brabant, die wenigsten in Amster-
dam und im Norden. Parteipolitisch waren die Annexionisten am
stärksten bei Katholiken und Liberalen, am wenigsten dagegen bei
Kommunisten und Sozialisten vertreten. Als Ergebnis dieser Mei-
nungsbildung entschloß sich die niederländische Regierung
schließlich, bei den alliierten Großmächten keine Annexionen
großen Stils zu verlangen, wohl aber sogenannte ”Grenzkorrektu-
ren”, die aber immer noch beträchtliche deutsche Grenzgebiete mit
- je nach Zählung - 120 bis 150.000 Bewohnern umfaßten.
SE
Ganz anders lagen die Dinge in Belgien, das im Krieg weniger
als Holland gelitten hatte, in seiner Kongokolonie eine damals noch
sicher scheinende Rohstoffquelle besaß und auch nicht, wie die Hol-
länder, erwarten konnte, jenseits seiner Ostgrenze nennenswerte In-
dustrie oder Bodenschätze vorzufinden. Vor allem haben aber wohl
die Schwierigkeiten, die die Integration ehemals deutscher Gebiete
schon nach dem 1. Weltkrieg bereitet hatte, gegen eine Wiederho-
lung in größerem Stil, etwa durch Annexion von Aachen oder
größerer Teile der Eifel gesprochen. Und von einer Ausweisung der
deutschen Bewohner, mit der in Holland viele diese Schwierigkeit
lösen wollten, ist in Brüssel nie ernsthaft die Rede gewesen, wie man
zur Ehre der damaligen belgischen Kabinette sagen muß.
Anders als die Niederländer erklärte die belgische Exilregie-
rung unter Hubert Pierlot deshalb 1944, daß die Wiederherstellung
der belgischen Vorkriegsgrenzen, das heißt also die Rückgabe der
1940 von Deutschland annektierten Kreise Eupen und Malmedy,
ihre einzige territoriale Forderung an Deutschland sei. Erst nach
der Befreiung, im Winter 1944/45, kamen in Belgien von privater
Seite weitergehende Annexionsgedanken auf. Baron Pierre Not-
homb, der Vater des jetzigen Innenministers, der schon im Ersten
Weltkrieg zu den Befürwortern eines größeren Belgien gehört hatte,
gründete damals ein ”Comite Belge du Rhin”, ein ”Belgisches
Rheinkomitee” also, das neben einigen Gebietserweiterungen vor al:
lem die dauerhafte Sicherung belgischer Wirtschaftsinteressen im
Rheinland propagierte. Wenn dabei auch einige der
”großbelgischen” Gedanken von 1918 wieder zum Vorschein ka-
men, so dürften die Hauptmotive der belgischen Industriellen, auf
die sich das Komitee im wesentlichen stützte, doch wirtschaftliche
gewesen sein. Das läßt sich auch aus den späteren Forderungen der
belgischen Regierung ablesen, die - dank dem politischen Einfluß
Nothombs und seiner Freunde - sehr stark von den Vorstellungen
des Rheinkomitees beeinflußt sind.
In der belgischen Öffentlichkeit allerdings fand Nothomb mit
seinem Kreis bei weitem kein so starkes Echo wie die niederländi-
schen Annexionskomitees. Annexionen waren 1945/46 eben kein
Thema, für das sich die Belgier in ihrer Gesamtheit besonders inter-
essierten. Soweit sie in der Presse diskutiert wurden, überwog die
Ablehnung; wer die ersten Nachkriegs-Jahrgänge des ”Grenz-Echo”
durchblättert, wird dafür genügend Beispiele finden. Politisch ent-
scheidend war in dieser Lage jedoch die Haltung des damaligen Lei-
9
ters der belgischen Außenpolitik, des Außenministers Paul Henri
Spaak, der schon vor dem Krieg ein entschiedener Gegner territo-
rialer Annexionen gewesen war. Spaak hat, wie aus Berichten des
amerikanischen Botschafters in Brüssel hervorgeht, anscheinend so-
gar versucht, auch seine Kollegen in Den Haag und Luxemburg von
allzu weitgehenden Gebietsforderungen abzubringen.
Erst im November 1946 haben die drei Benelux-Regierungen
ihre Gebietsansprüche amtlich formuliert, um sie der
Außenministerkonferenz der vier Großmächte, der Vereinigten
Staaten, der Sowjetunion, Englands und Frankreichs zur Beratung
vorzulegen. Belgien verlangte - mit der Begründung einer verkehrs-
technischen Verbesserung der bisherigen Grenze, vor allem entlang ®
der in vielen Schleifen verlaufenden ”Vennbahn” Raeren-
Kalterherberg - St-Vith - Teile des Aachener Stadtgebiets in Bild-
chen, Lichtenbusch und Sief sowie die Eifeldörfer Roetgen, Lam-
mersdorf, Mützenich, Kalterherberg, Losheim und Hemmeres bei
St. Vith, dazu größere Waldgebiete in der Nähe von Elsenborn. Ins-
gesamt waren das etwa 70 qkm mit ungefähr 4300 größtenteils deut-
schen Bewohnern, sehr viel weniger also, als Niederländer und Lu-
xemburger verlangten. Wie der Brüsseler Historiker Professor Jac-
ques Willequet schreibt, soll Spaak aber auch diesen Forderungen
nur zugestimmt haben, um seinen Kollegen in Den Haag und Lu-
xemburg nicht durch einen Totalverzicht politisch in den Rücken
zu fallen. Wichtiger als Grenzveränderungen waren ihm damals
Bergwerkskonzessionen im Aachener Raum und die Übertragung
der großen Braunkohlenkraftwerke zwischen Köln und Aachen so-
wie der Wasserkraftwerke in der Eifel unter belgische Oberhoheit.
Die Sicherung der belgischen Kohlen- und Stromversorgung hatte
in Brüssel eindeutig Vorrang vor einem in jedem Falle problemati-
schen größeren Landgewinn.
Die belgischen Wünsche fanden deshalb in London, Paris und
Washington ein offenes Ohr, während die holländischen allgemein,
außer in Frankreich, als zu weitgehend empfunden wurden.
Schließlich hatte der amerikanische Außenminister ja kurz vorher
den Wiederaufbau Deutschlands als Ziel der amerikanischen Politik
verkündet, und in Washington dachte man schon an den späteren
Marshallplan. In eine solche Politik paßten weitgehende Annexions-
forderungen der kleineren Verbündeten aber nicht mehr hinein. Da
half auch die Feststellung der luxemburgischen Note nicht viel wei-
ter, daß die Bewohner der Südeifel ”sämtlich die luxemburgische
53
Sprache” sprächen und schon deshalb eigentlich Luxemburger sei-
en. über die niederländischen Wünsche war man sogar in Brüssel be-
sorgt, weil die belgische Regierung fürchtete, sie könnten im Aache-
ner Raum auch Belgiens Interessen beeinträchtigen. denn große Tei-
le des Wurmkohlenreviers lagen ebenso im Bereich der holländi-
schen Annexionswünsche wie immer noch die Ölfelder von Bent-
heim, die Gronauer Textilfabriken, die gesamte Emsmündung und
die Nordseeinsel Borkum.
Zu einer Entscheidung der vier Großmächte über die Anne-
xionswünsche kam es aber nicht mehr, denn der ”kalte Krieg” zwi-
schen Amerikanern und Russen setzte allen gemeinsamen Beratun-
gen ein Ende. Erst die Londoner Sechsmächtekonferenz vom Juni
1948, die ohne die Sowjets, dafür aber mit den Vertretern der
Benelux-Länder stattfand, brachte die Grenzfrage einen entschei-
denden Schritt weiter. Sie setzte eine Kommission zur Prüfung der
belgisch-niederländisch-luxemburgischen Ansprüche ein, die aber
von vornherein nur über sogenannte technische Grenzveränderun-
gen beraten durfte, die ohne negative Folgen für die Wirtschaft des
nunmehr beschlossenen westdeutschen Bundesstaates zu verwirkli-
chen waren.
Damit war der größte Teil der holländischen und luxemburgi-
schen Wünsche von vornherein abgelehnt. Vor allem die Engländer
haben sich, wie der holländische Außenminister Stikker später
schrieb, ”allen niederländischen Grenzberichtigungen mit Ausnah-
me der unwesentlichsten” energisch widersetzt. Zu Stikkers Ärger
schlugen sie sogar vor, Holland könne ja auch seinerseits ein paar
Grenzvorsprünge an Deutschland abtreten, wenn es wirklich an ei-
nem geraden Grenzverlauf interessiert sei. Das war zwar genau die
Lösung, auf die sich beide Nachbarn fünfzehn Jahre später tatsäch-
lich geeinigt haben. Aber 1949, nur vier Jahre nach dem Ende des
Krieges, war die Zeit dazu wohl noch nicht reif.
Im März 1949 verkündeten die beteiligten Mächte schließlich
das Ergebnis der Beratungen dieser Grenzkommission. Die belgi-
schen Grenzforderungen wurden bis auf den Wald bei Elsenborn
vollständig akzeptiert. Holland sollte als ”technische Grenzverände-
rungen im Interesse örtlicher Wirtschafts- und Verkehrsverbesse-
. rungen” immerhin noch etwa 70 qkm mit 10.000 Einwohnern er-
halten. Dazu gehörten vor allem der Gebietsvorsprung des Selfkant
nördlich von Aachen, der die Landverbindung zwischen Südlim-
burg und den übrigen Niederlanden bis auf wenige Kilometer ein-
58
| geengt hatte, und die Gemeinde Elten am Niederrhein, dazu aber
auch eine Reihe kleinerer Grenzänderungen u.a. im Aachen-
Herzogenrather Kohlenrevier. Luxembourg schließlich sollte sich mit
dem Dorf Roth bei Vianden und dem benachbarten Kammerwald
zufriedengeben.
Der deutschen Seite blieben dagegen nur Proteste übrig, da die
deutsche Außenvertretung damals noch in Händen der Besatzungs-
mächte lag. Die Deutschen und insbesondere der nordrhein-
westfälische Ministerpräsident Arnold wiesen vor allem auf den Wi-
derspruch hin, der darin lag, einerseits eine deutsche Bundesrepu-
blik im Rahmen eines freien Europa zu gründen, andererseits aber
Annexionen zu diktieren, die noch auf den Rechten der Sieger von
1945 beruhten. Arnold forderte für alle betroffenen Deutschen das
Selbstbestimmungsrecht und bot den Nachbarländern zum Aus-
gleich ihrer berechtigten wirtschaftlichen Interessen deutsche Lei-
stungen in anderer Form an : so z.B. Mithilfe bei der Trockenlegung
der Zuiderzee oder den Bau einer neuen Vennbahnstrecke auf deut-
sche Kosten ganz auf belgischem Staatsgebiet. Auch andere deut-
sche Politiker versuchten etwa durch persönliche Gespräche mit
Parteifreunden in Belgien und Holland, die beiden Länder zur Zu-
rücknahme ihrer territorialen Forderungen zu bewegen.
Im Falle Belgiens ist das teilweise sogar gelungen. Am Karfreitag
1949 gab Spaak überraschend den Verzicht auf die Dörfer Roetgen,
Lammersdorf, Mützenich und Kalterherberg und damit auf den
größten Teil des Belgien bereits zugesprochenen Gebietes bekannt.
Arnold hat ihm dafür in einer großen Rede in Monschau am Oster-
sonntag öffentlich gedankt. Wenige Tage später hat auch Luxem-
burg auf Roth verzichtet und sich mit dem Kammerwald begnügt.
Nur die Holländer ließen sich nichts abhandeln, und im niederländi-
schen Parlament wurde sogar kritisiert, daß von den großen Hoff-
nungen auf Landerwerb nicht viel mehr als Elten und der Selfkant
verwirklicht wurden.
Am 23. April, einem Samstagmorgen, steckten belgische und
niederländische Beamte dann zusammen mit den Briten überall die
neuen Grenzen ab. Nicht wenige Bewohner von Bildchen und Los-
heim, von Elten und im Selfkant werden sich noch der Verwirrung
dieses Tages und der allgemeinen Ratlosigkeit erinnern, als aus den
tausenden von Gerüchten, die seit Wochen über eine Grenzverände-
rung umliefen, endlich Ernst geworden war. Vor allem die sozialen
und wirtschaftlichen Probleme in den jetzt von Belgien oder Hol-
56 ST
Grenzberichtigung It. Art. 1 des Vertrages vom 24. Sept. 1956
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land verwalteten Gebieten waren in der ersten Zeit des Übergangs
gewaltig und haben den Betroffenen manches persönliche Opfer ver-
langt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen : Erst wenige Monate
zuvor hatte ein schmerzhafter Währungsschnitt in Deutschland wie-
der stabiles, aber auch knappes Geld geschaffen. Jetzt mußten die
gerade erworbenen DM schon wieder in Gulden oder Franken ge-
tauscht werden, und zwar zu einem Kurs, der von neuem Verluste
brachte. Kaufleute und Unternehmer mußten ihre gerade wieder in
Gang gebrachten Geschäfte in Deutschland aufgeben, um sich in
Belgien oder Holland neue Kunden zu suchen. Deutsche Landwirte
sahen sich vor allem in Holland einer preislich und qualitativ weit
überlegenen Konkurrenz gegenüber. Wer sein Gehalt in Aachen '
oder Monschau verdiente, wurde plötzlich zum Grenzgänger in ei-
ner Zeit, als jeder Grenzübergang noch besondere Papiere und je-
der Geldumtauch noch eine staatliche Genehmigung erforderte.
Völlig unklar war zunächst auch, wer den Rentnern und Pensionä-
ren ihren Lebensunterhalt zahlen sollte; erst nach Monaten und
zum Teil Jahren wurde darüber zwischen deutschen und belgischen
bzw. niederländischen Behörden Einigung erzielt.
Diese Dinge belasteten auch das Verhältnis zwischen General-
major Bolle, der Bildchen, Losheim und Hemmeres nun mit einem
kleinen Stab von Zivilbeamten von Eupen aus verwaltete, und sei-
nen neuen Untertanen zunächst sehr. Dabei war die Stimmung für
einen Anschluß an Belgien dort, ausgenommen Bildchen, vor dem
23. April zum Teil sogar recht günstig gewesen. Anders als im Self-
kant, wo 1949 im Grunde niemand Holländer werden wollte, gab es
in den Städten und Dörfern der Eifel so manchen, der seinen deut-
schen Paß recht gern mit einem belgischen vertauscht hätte. Das
hatte überhaupt nichts mit nationalen Überzeugungen zu tun, son-
dern war eine Frage wirtschaftlichen Überlebens in diesem immer
schon benachteiligten, jetzt auch durch den Krieg schwer zerstörten
Grenzgebiet. In der Stadt Monschau hofften vor allem manche Ho-
teliers und Geschäftsleute auf eine Annexion, die ihre Stadt zum
Ziel belgischer und holländischer Touristen machen sollte. In den
Grenzdörfern glaubten viele Landwirte mit Recht, durch einen
Anschluß an Belgien ihr dort gelegenes, nach dem Krieg als feindli-
ches Eigentum beschlagnahmtes Land wieder freizubekommen. An-
dere, für die das nicht galt, wollten dagegen bei Deutschland blei-
ben; so vor allem Arbeiter und Pensionäre, denen die soziale Versor-
gung in Deutschland günstiger schien. Man konnte in dieser Zeit in
vielen Orten von einer ”deutschen” und einer ”belgischen” Partei je
59
nach wirtschaftlicher Interessenlage sprechen, die sich oft bitter be-
kämpften. Auch die mehr oder minder günstigen Möglichkeiten
zum Kaffeeschmuggel, den manche Eifeler des Profits wegen, viele aber
auch aus wirtschaftlicher Notlage betrieben, haben bei der Entschei-
dung für oder gegen Belgien oft eine Rolle gespielt.
Den deutschen Behörden in Aachen und Düsseldorf war dies
alles, wie entsprechende Berichte zeigen, recht gut bekannt. Trotz-
dem hatten sie nicht mit einem Fall gerechnet, der hier noch er-
wähnt werden soll, weil er die Stimmung an der Grenze schlagartig
beleuchtet. Das Dorf Mützenich bei Monschau gehörte zu den Or-
ten, die an sich belgisch werden sollten, auf die Spaak aber am Kar-
freitag 1949 verzichtet hatte. Das war nun gar nicht im Sinne vieler
Mützenicher, deren Gemeindewald nebst manchem Privatbesitz
schon seit langem auf belgischem Boden lag. Ohne Wissen der deut-
schen Behörden bat der Gemeinderat deshalb Spaak und den belgi-
schen König, ihren Verzicht auf Mützenich zu widerrufen oder we-
nigstens für eine Volksabstimmung zu sorgen, damit der Wunsch
des Dorfes, belgisch zu werden, erkennbar würde. Der belgische
Außenminister hat darauf nicht offiziell reagiert - das konnte er
nach den Regeln der Diplomatie auch gar nicht; um so deutlicher
handelte aber die Landesregierung in Düsseldorf, die Bürgermeister
und Gemeinderat prompt ihrer Ämter enthob und gegen einige Betei-
ligte sogar ein Verfahren wegen Landesverrats erwog. Es mußte Mi-
nisterpräsident Arnold in der Tat peinlich sein, wenn das nationale
Selbstbestimmungsrecht, auf das er sich häufig berief, in Mützenich
zu ungunsten Deutschlands gefordert wurde.
Viele Mützenicher waren trotzdem bereit, ihrem alten Ge-
meinderat die Stange zu halten. Als dessen kommissarisch ernannter
Nachfolger, der Monschauer Kreistag, seine erste Sitzung in Mütze-
nich abhalten wollte, wurde er im Dorf mit deutlichen
Mißfallenskundgebungen empfangen, und es war nur der Besonnen-
heit der Kreistagsvorsitzenden Maria Flink zu verdanken, daß es
nicht zu einer gewaltigen Schlägerei zwischen den Anhängern
Deutschlands und Belgiens kam. Durch entsprechende Subventio-
nen aus der Landeskasse konnten die Gemüter später wieder beru-
higt werden; aber die Warnung des damaligen Grenzlandreferenten,
nach Lage der Dinge könne die Landesregierung an der belgischen
Grenze ”noch mehr Mützenichs” erleben, war sicher nicht aus der
Luft gegriffen.
60
In der städtischen Wohnsiedlung Aachen-Bildchen gab es sol-
che Gegensätze dagegen nicht. Hier wohnten vor allem mittlere Be-
amte und. Angestellte, die ihr Gehalt in Deutschland erhielten und
zu einem sehr ungünstigen Zwangskurs in Franken umtauschen
mußten. Sie litten auch mehr unter den täglichen Hindernissen des
Grenzübergangs, zumal die alte belgische Grenze bei Tülje neben
der neuen im Aachener Stadtwald bestehen bleib. Lieber heute als
morgen wollten sie wieder zu Deutschland zurück. Daran ändert
auch eine gelehrte Untersuchung des Historikers Guillaume Gron-
dal aus Verviers nichts, der nachwies, daß eigentlich ein noch
größerer Teil des Aachener Stadtwaldes belgischer Boden sei, weil er
in vornapoleonischer Zeit zum alten Herzogtum Limburg gehörte.
In den folgenden Jahren entwickelten sich Bildchen, Losheim
und Hemmeres einerseits, der Selfkant und Elten andererseits sehr
unterschiedlich aufgrund der völlig verschiedenen Verwaltungsziele
und -methoden Hollands und Belgiens. Die Alliierten hatten ihnen
diese Grenzkorrekturen ja noch nicht endgültig, sondern nur vor-
läufig unter dem Vorbehalt eines späteren Friedensvertrags mit
Deutschland zugebilligt. Man sprach deshalb offiziell auch nie von
”Annexionen”, sondern stets von ”belgisch” oder ”holländisch ver-
waltetem Gebiet”, entsprechend den ”Gebieten unter polnischer
Verwaltung” östlich von Oder und Neiße. Belgien hat diesen Vorbe-
halt dadurch respektiert, daß es Bildchen und Losheim nie voll ein-
gegliedert hat, sondern bis zur Rückgabe von einem besonderen Mi-
litärgouverneur verwalten ließ. Man verfuhr also ganz ähnlich wie
in Eupen und Malmedy während der Übergangszeit bis 1925. Das
hatte für die Bewohner, die staatsrechtlich immer Deutsche geblie-
ben sind, manche Nachteile, da sie weder in Deutschland noch in
Belgien vollberechtigte Bürger waren und auch kaum eine Bank
oder ein Industrieunternehmen bereit schien, in einem Gebiet mit so
unsicherem politischen Status zu investieren. Außenpolitisch signa-
lisierte Belgien damit jedoch seine Bereitschaft, Bildchen und Los-
heim irgendwann einmal an Deutschland zurückzugeben, und er-
leichterte die Verhandlungen, die bald darüber geführt werden soll-
ten.
Holland dagegen betrachtete seine ”dem Reich angefügten Ge-
biete” wie die amtliche Bezeichnung hieß, trotz der alliierten Vorbe-
halte weitgehend als endgültige Erwerbung und handelte danach.
Nach zweijähriger Übergangszeit wurden die ”Drostämter Tüddern
und Elten”” niederländische Gemeinden und als solche voll in die all-
61
gemeine Verwaltung des Königreichs integriert. Die niederländi-
sche Gesetzgebung wurde auf fast allen Gebieten eingeführt und die
wirtschaftliche Verflechtung mit Südlimburg und dem Raum von
Arnhem nachdrücklich vorangetrieben. Die deutschen Einwohner
wurden laut Eintragung im Reisepaß ”als Niederländer betrachtet”
und genossen im ganzen Land dieselben Rechte und Pflichten wie
alle anderen Bürger, mit Ausnahme des Wahlrechts und der Militär-
dienstpflicht. Durch geschickte Auswahl der Verwaltungschefs-
Landdrosten genannt - und durch eine großzügige, im Vergleich zu
den Methoden etwa der deutschen Zollbehörden betont unbürokra-
tische Administration, durch fühlbare Verbesserung des Wohnungs-
baus, der Infrastruktur und durch soziale Leistungen versuchten die
Niederländer auch im Hinblick auf eine später vielleicht einmal
stattfindende Volksabstimmung die Sympathien ihrer neuen Bürger
zu gewinnen. "Wenn wir die Deutschen dort schon mit übernehmen
müssen, dann wollen wir sie wenigstens gut behandeln, damit sie
später bei uns bleiben wollen”, so hat ein niederländischer Beamter
diese Politik einmal zusammengefaßt. Und sie hatte offensichtlich
Erfolg. Die anfängliche weitgehende Ablehnung der holländischen
Verwaltung verwandelte sich allmählich in Zustimmung weiter
Kreise. Dazu trug auch bei, daß die Holländer Sprache und Natio-
nalgefühl ”ihrer” Deutschen respektierten. So blieben in den Schu-
len die deutschen Lehrer im Amt und deutsche Lehrpläne in Kraft;
Niederländisch wurde lediglich als zusätzlicher Sprachunterricht ge-
geben. In Bildchen und Losheim dagegen unterrichteten belgische
Lehrkräfte teils auf Französisch nach den gleichen Lehrplänen wie
in Eupen oder in St. Vith.
Zur Brüsseler Auffassung dieser Grenzkorrekturen als Proviso-
rium paßte, daß die belgische Regierung der Bundesrepublik schon
Ende 1950 inoffiziell - noch war Deutschland außenpolitisch ja
nicht souverän geworden - neue Grenzverhandlungen anbot. Sie er-
klärte sich zur Rückgabe von Bildchen bereit; allerdings nicht um-
sonst, sondern gegen deutschen Verzicht auf den Roetgener Ortsteil
Schwerzfeld, wo die Weser einige hundert Meter weit deutsches Ge-
biet durchfloß. Denn nach Fertigstellung der Eupener Talsperre war
Brüssel sehr daran interessiert, die Zuflüsse vollständig in die eigene
Hand zu bekommen. Auf dieses Tauschangebot ging Bonn damals
noch nicht ein. Aber 1954 begannen neue Verhandlungen, die - 10-
kal unterstützt durch eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Aa-
chener Regierungspräsidenten und dem belgischen Bezirkskommis-
62
sar Hoen - am 24. September 1956 mit einem umfaßenden Aus-
gleichsvertrag abgeschlossen wurden. Außer der Grenzfrage regelte
er eine ganze Reihe weiterer Kriegsfolgeprobleme, und es ist deut-
lich, das Belgien das deutsche Interesse an einer Rückgabe von Bild-
chen und Losheim als Hebel für eine Reihe finanzieller Zusagen der
Bundesrepublik genutzt hat. Ähnlich war es ja auch kurz zuvor
beim deutsch-französischen Saarvertrag geschehen, der den Diplo-
maten wohl teilweise als Vorbild für den deutsch-belgischen Vertrag
diente.
Mit dem genannten Abkommen gab Belgien den größten Teil
seiner Erwerbungen von 1949 vollständig an die Bundesrepublik zu-
rück. Lediglich die kleine Siedlung Losheimergraben, die Straße -
Aachen-Monschau auf der Höhe von Fringshaus und einige Wald-
stücke bei Kalterherberg blieben, diesmal unter Zustimmung der
Bundesregierung, endgültig beim belgischen Königreich. Im Tausch
dafür erhielt Deutschland das seit 1920 belgische Lammersdorfer
Venn, in dem die Quellbäche der für die Aachener Wasserversor-
gung wichtigen Dreilägerbachtalsperre liegen. Mit Rücksicht auf
die noch offenen Grenzfragen im Osten hatte die Bundesregierung
großen Wert auf einen echten Gebietstausch gelegt, damit man ihr
später keinen einseitigen Gebietsverzicht im Westen vorwerfen
konnte. Die Weserfrage löste man ohne Grenzveränderungen da-
durch, daß der Fluß auf belgischem Boden ein neues Bett erhielt.
Dagegen war die Verkehrsbedeutung der Vennbahn, mit der Bel-
gien noch 1946 seine Grenzansprüche begründet hatte, im Zeitalter
des Autoverkehrs derart zurückgegangen, daß sie nur noch am
Rande eine Rolle spielte. Obwohl das Abkommen auch wieder einen
Personenverkehr auf dieser Strecke zuließ, ist er niemals wieder
aufgenommen worden.
Am 28. August 1958 gab General Bolle Bildchen, Losheim und
Hemmeres - ”Bollenien”, wie es gelegentlich in der belgischen Presse
genannt worden war - wieder an die deutschen Behörden zurück.
Diesmal vollzog sich der Übergang ohne große Zeremonien und
auch ohne die Auseinandersetzungen, die die Abtretung 1949 be-
gleitet hatten. Europa wurde langsam Wirklichkeit. Zwar läuteten
an diesem Tag in Losheim die Glocken, aber offiziell gefeiert wurde
nicht. Denn man wollte auch innerhalb des Dorfes die alten Gegen-
sätze nicht wieder aufleben lassen.
Das belgische Vorbild veranlaßte im gleichen Jahr auch das
Großherzogtum Luxemburg, auf den Kammerwald, seine einzige
63
und im übrigen nie formell in Besitz genommene Erwerbung von
1949, wieder zu verzichten. Nur mit Holland sollten die Verhand-
lungen noch fast sechs Jahre länger dauern, da Elten und Tüddern
schon sehr stark in die Niederlande integriert und die mit einer
Rückgabe zusammenhängenden Entschädigungsfragen sehr viel
komplizierter als im Falle Belgiens lagen. Außerdem gab es im nie-
derländischen Parlament auch grundsätzliche Einwände gegen den
Rückgabeplan. Denn die beiden Drostämter besaßen als letzter Rest
der einstigen Nachkriegsforderungen für viele Holländer auch sym-
bolischen Wert, und innere Vorbehalte gegen Deutschland bestan-
den in den Niederlanden viel länger als in Belgien fort. 1963 kehrten
aber auch Elten und der Selfkant im Rahmen einer gründlichen
Grenzbereinigung, die aus mehr als sechzig einzelnen Grenzverän-
derungen bestand, in die Bundesrepubik zurück.
Als der deutsch-belgische Grenzvertrag von 1956 durch die
belgische Abgeordnetenkammer ratifiziert werden mußte, erfuhr
Spaak dort außer grundsätzlicher Zustimmung auch Kritik. Man
warf ihm vor, durch die Rückgabe von Bildchen und Losheim auch
alle die vielen Vorsprünge und Ungereimtheiten wiederherzustellen,
die die belgische Vorkriegsgrenze dort in der Tat besaß. Zitieren wir
deshalb zum Schluß, was Spaak darauf erwiderte : Grenzverände-
rungen, so meinte er, beseitigen Anomalien nicht, sondern ersetzen
sie ein paar Kilometer weiter lediglich durch neue. Und deshalb sei
es besser, ein paar krumme Grenzlinien zu behalten, als die Freund-
schaft mit dem Nachbarn aufs Spiel zu setzen. Eine Weisheit, meine
ich, die in der Geschichte Europas leider nur selten befolgt worden
ist.
(1) Die "amtlichen Karten”, die das Grenz-Echo am 21.2.1949 veröffentlichte, ent-
halten noch die Ansprüche, auf die Spaak 6 Wochen später verzichtet hat: Röt-
gen, Lammersdorf, Mützenich; es fehlen aber die später nachgeschobenen belgi-
schen Wünsche, die im April ausgeführt wurden: Lichtenbusch/Freyenter Wald,
Sief und Bieley (nordöstlich von Elsenborn).
64
Die alte Stadt (Limburg)
von M.Th. Weinert
Mit ihrem Turme und dem Mauerring
liegt auf dem Hügel eine alte Stadt. :
Die Häuser haben schlafende Gesichter,
und Sonne, Mond und Sterne werfen Lichter
in schmale Fenster vieler Menschenalter
und in die kleinen Gärten, wo die Falter
still um die gleichen, bunten Blumen schweben.
Der Brunnen auf dem großen Platz ist leer,
bei dem die Mädchen früher sangen,
die Kirchenturmuhr steht still,
als sei das Leben -
in einer einzigen Stunde nur vergangen,
als Hörnerruf gedroht vom Tale her,
und hügelan die hellen Feuerzungen
und blanken Schwerter in die Stadt gesprungen.
65
Submissionsausschreibungen im
Korrespondenzblatt des Kreises
Eupen
von Leo Homburg
”Zu dem Bau des größeren und kleineren Aachener Busch-
Tunnels sind 90.000 Quadratfuß 1 Zöllige, und 50.000 Quadratfuß
1 1/2 Zöllige Weidenbretter, sowie 6000 Quadratfuß Buchen-Dielen
erforderlich, ...”
”An 4 Baustellen in der 4ten Bausektion zwischen Aachen und
der belgischen Grenze sind etwa 5.000 eichene Querschwellen in
den bekannten Dimensionen sowie 1.200 laufende Fuß Eichenholz
zu Erdwagen erforderlich.”
Diese und ähnliche Anzeigen im Eupener Korrespondenzblatt
der Jahre 1840-41 veranlaßten viele der im Einzugsgebiet der neuen
Bahnlinie wohnenden Baumbesitzer, größere Mengen Holz zum
Verkauf anzubieten. Die Durchsicht der Baumverkaufsangebote
der Jahre 1840 und 41 zeigt eine starke Zunahme derselben für die-
se beiden Jahre. Sie ist auch ein Zeugnis für die großen Baumbestän-
de auf den Bauerngütern der damaligen Zeit. Zudem geben diese
Verkaufsangebote uns die Namen der Gutsbesitzer, deren Güter,
wenn sie noch bestehen, durchweg in andere Hände gegangen sind
und deren Namen vielfach der Vergangenheit angehören. Im Fol-
genden haben wir eine Reihe dieser Holzangebote zusammenge-
stellt.
1) Am Montag, dem 28.9.1840, verkauft Johann Hubert Timmer-
mann 36 Lose Eichen-, Buchen-, Kirschen- und Weidenbäume ste-
hend auf seinen Grundstücken in Lichtenbusch.
2) Am 19.10.1840 verkauft Landrat von Reimann 56 Lose Eichen,
Buchen, Kirschen, Eschen und Linden, stehend auf seinem Gute
Belven, Gem. Walhorn.
3) Am 22.10.1840 verkauften die Kinder der verstorbenen Witwe
Jos. Groment 48 Lose Eichen, Eschen, Kirschen und Buchen, ste-
hend auf deren in Lontzen, Grünstraße, gelegenen Grundstücken.
4) Am 26.10.1840 verkauft Franz Philipps 29 Lose Eichen, Buchen,
Eschen und Kirschen, stehend auf Tannenbusch und in der Heide
zu Rabotrath.
66
5) Am 28.10.1840 verkauft Aegidius Jos. Bischoff 47 Lose schöne
Eichen-, Buchen-, Eschen- und Kirschbäume, stehend auf seinen zu
Hauset und Eynatten gelegenen Grundstücken.
6) Am 23. November 1840 läßt Frau Wwe von Grand-Ry auf Kra-
pol, Gem. Walhorn, in der Wohnung des Pächters Servatius Wint-
gens, 80 Lose Eichen, Buchen, Eschen, Espen und Kirschen, ste-
hend auf Krapol, im Krapolder Busch, auf Karnol und am Kreuz
verkaufen.
7) Am 25.11.1840 verkauft Franz Birven 196 Lose Eichen, Buchen,
Eschen, Kirschen und Weiden, Erstere ”zum Mühlenbau und zu
Querschwellen besonders geeignet”. Diese Bäume standen auf den
Gütern Mützhof, Reulenhaus, Stump und Prestert. f
8) Am 21.12.1840 verkauft Wwe Keutgen auf Eselbach zu Lontzen
57 Lose Eichen, Buchen, Eschen und Kirschen, stehend auf ihren
zu Eselbach gelegenen Grundstücken.
9) Am 25.1.1841 verkauft die Kirchenverwaltung Walhorn 213 Bu-
chen, Nutz- und Brennholzstämme aus dem Kirchbusch in Walhorn
”ganz nahe an der Eisenbahnlinie”.
10) Am 8. Februar 1841 verkauft Karl Opdenhoff, Rentner zu Na-
mür, 13 Lose Tannen-, 6 Lose Weiden- und 1 Los Kirschbäume, ste-
hend in Hergenrath auf den Grundstücken genannt Schampelheide,
Gillesheide und Hochheide.
11) Am 22.1.1841 verkaufen die Erben des Joh. Jos. Kittel 41 Lose
Eichen, Buchen, Eschen, Kirschen, Linden und Weiden, stehend
auf den in Hergenrath ”im Winkel” gelegenen Grundstücken.
12) Am 25.2.1841 verkauft M.J. Milliard 58 Lose Eichen, Eschen,
Kirschen, Weiden und Canadas, stehend auf seinem Gute ”Verret”,
nahe der Eisenbahn in Herbesthal, Gem. Lontzen.
In den Sommermonaten finden keine Holzverkäufe statt. Diese be-
ginnen wieder im Oktober 1841.
13) Am 25. Okt. 1841 verkauft Dieudonne Ahn (Lontzen-Busch) 41
Lose Eichen, Buchen, Weiden und Eschen, stehend auf seinem Gut
”Bockenhoff” in Rabotrath. Auf demselben Gut ”Bockenhof”, in
der Wohnung des Pächters Haemel, waren am 2. Januar 1840 82
Lose ”schöne Eichen-, Eschen-, Buchen-, Kirsch-, Elsen- und
Nußbäume”, stehend auf den der Geschwister Xhonneux aus Thi-
mister gehörenden Grundstücken in den Gemeinden Walhorn und
Lontzen, öffentlich verkauft worden.
14) Am 27. Okt. 1841 werden auf dem Gute ”Stinkert” zu Lontzen
auf Anstehen des Besitzers Th. Kriescher 31 Lose Eichen, Buchen,
Eschen; Kirschbäume und Canadas verkauft.
67
15) Am 21. November 1841 verkauft Joh. Jos. Dobbelstein zu Wal-
horn die auf seinem Gute genannt ”Himmelsplatz” stehenden, in 56
Lose eingeteilten Eichen, Buchen, Canadas und Weißbäume.
16) Am 30.11.1841 verkauft Carl Lamperts aus Homburg 24 Lose
Eichen, Eschen und Kirschen, stehend auf seinem zu Eynatten gele-
genen Gut ”Stangs”.
17) Am 27. Dezember 1841 verkauft Nikolaus Birven, Rentner zu
Aachen, 40 Lose Eichen, Eschen, und Buchen ”zu Eisenbahn-
schwellen geeignet”, stehend auf seinem Gute ”Vlattenhaus”, wo
der Pächter Teller über die Lose Auskunft geben kann. Auch auf
belgischer Seite stehendes Holz wurde im Korrespondezblatt des
Kreises Eupen in jenen Jahren vermehrt zum Verkauf angeboten
68
Ahnenliste einer Brüsseler Familie,
die bis zu Lyns van Kelmis reicht.
von Peter Claes
Im Monat Mai 1939 schlossen Therese Fryns und Peter Claes,
beide aus Kelmis und ehemalige Vorsitzende der Christlichen Arbei-
terjugend (J.O.C), den Bund fürs Leben. Die damaligen wirtschaftli-
chen Verhältnisse zwangen uns, nach Brüssel überzusiedeln. Nichts-
destoweniger ist mein Interesse für unsere Heimat und unsere Ah-
nen nie erlahmt. Vierzig Jahre lang habe ich mühsam Namen für
Namen in unsere Ahnenliste eingetragen, sodaß ich im Jahre 1975
auf der Ausstellung ”Im Göhltal früher und jetzt” in Kelmis meine
erste Ahnentafel, die 97 Vorfahren umfaßte, zur Schau stellen
konnte. Ein Jahre später trat ich in den Ruhestand. Dadurch wurde
es mir vergönnt, mich eingehender mit der Ahnenforschung zu
befassen. Seitdem habe ich in belgischen, deutschen und niederländi-
schen Archiven nach Urkunden gefahndet, die sich auf die Vorfah-
ren unserer Kinder beziehen. Infolgedessen habe ich die Gesamtzahl
der mir bis heute bekannten Vorfahren auf 183 bringen können.
Da die Schwiegereltern (Robert LEVACQ-DELALIEUX) unserer
Tochter Marie-Jos& sich auch mit Ahnenforschung befassen und
bisher 374 Vorfahren ihrer Kinder entdeckt haben, können unsere
Enkelkinder David und Astrid LEVACQ-CLAES insgesamt
(183+1+374+1) 559 Ahnen nachweisen.
Ein sehr erfreuliches Ergebnis! Die Krönung meiner Nachforschun-
gen ist jedoch die Tatsache, daß der älteste mir bekannte Vorfahre
Lyns van Kelmis heißt, also den Namen meines Geburtsorts trägt.
Wie ist es dazu gekommen? In erster Linie gaben die amtlichen
Personenstandsregister der Gemeinden Aufschluß über die Vorfah-
ren, da sie Geburten, Trauungen und Sterbefälle verzeichnen. Diese
Register bestehen jedoch leider erst seit Einführung der französi-
schen Gesetzgebung im Jahre 1794; was vor diesem Zeitpunkt ge-
schehen ist, muß in den Kirchenbüchern ermittelt werden, in denen
die Taufen, Trauungen und Todesfälle von den örtlich zuständigen
Pfarrern eingetragen worden sind. Diese Bücher sind vom Trienter
Konzil (1563) eingeführt worden, sodaß man sie praktisch erst seit
Anfang des 17. Jahrhunderts findet. Darüber hinaus gibt es nur
69
spärliche Quellen für die Familienforschung, u.a. die Gudungsbü-
cher. Bevorzugt sind dann diejenigen, die andere Urkunden und
Unterlagen gleich welcher Art zu Rate ziehen können. Meine Chan-
ce war die Abhandlung ”Exploitation de la Vieille Montagne au
XVII: siecle”, die Firmin Pauquet in ”Publications de la Societe
d’Histoire et d’Archeologie du Plateau de Herve” im Jahre 1970 ver-
öffentlicht hat. Er spricht darin u.a. über die leitenden Beamten des
Galmeibergwerks zu jener Zeit. In diesem Zusammenhang weist er
auf einen Artikel von W. Goossens in ”De Maasgouw, 1904, hin,
worin eine von Jan Franck (1597-1690) begonnene und von P.A.
Heyendal fortgesetzte Genealogie besprochen wird. Diesen
aufschlußreichen Artikel habe ich im Aachener Stadtarchiv gefun-
den. All dies hat es mir ermöglicht, die nachstehende Ahnenliste
aufzustellen. Voriges Jahr nun veröffentlichte der Aachener Genea-
loge Eberhard Quadflieg in der Zeitschrift ”Genealogie”, Heft 4,
”Die Ahnen des Komponisten Cesar Franck”. In dieser Studie fand
ich die jeweiligen Ergebnisse meiner Entdeckung bestätigt. Das
spornte mich nun an, die Ahnenfolge unserer Familie zu veröffentli-
chen.
Die Lektüre ist zwar etwas trocken und eintönig; um jedoch
die Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen, ist es unumgänglich,
jede einzelne Filiation (Nachweis der Abstammung) aufzuzeichnen.
Hiermit hoffe ich, der Heimatkunde und der Familienforschung im
Göhltal allesamt zu dienen. Unsere eigene Familie ausgenommen,
spielt sich nämlich die betreffende Familiengeschichte fast
ausschließlich im Dreieck Aachen-Lüttich-Maastricht ab, konkreter
ausgedrückt : im ehemaligen Herzogtum Limburg.
Mit viel Sorgfalt und peinlicher Gewissenhaftigkeit habe ich
dieses Verzeichnis aufgestellt, das zweifelsohne manche Familie im
Göhltal interessiert, enthält es doch 82 verschiedene Familienna-
men. Doch über den familiengeschichtlichen Rahmen hinaus bringt
manche Fußnote geschichtlich Wissenwertes über Kelmis und die
Bank Montzen. Ein Sternchen hinter der Ahnennummer weist je-
weils auf die betreffende Anmerkung hin. Ich freue mich sehr,
durch diese Genealogie einen Ansporn zur Ahnenforschung zu ge-
ben, die in hiesiger Gegend kaum gepflegt wird, aber auch einen Bei-
trag zur Geschichte im Göhltal zu leisten. Nichtsdestoweniger bin
ich für jede eventuelle Ergänzung oder Berichtigung äußerst dank-
bar. +
70
Zum besseren Verständnis der Zusammenhänge sind allerdings
noch einige praktische Hinweise und Erläuterungen erforderlich.
Die Ahnenliste bezieht sich also auf unsere drei Kinder. Sämtliche
Ahnen sind numeriert und zwar folgenderweise : Unsere Kinder tra-
gen die Nummer 1; ihr Vater erhält den Platz unter Nr. 2 und ihre
Mutter unter Nr. 3. Beide bilden die erste Ahnengeneration. Von
den Großeltern unserer Kinder tragen die Eltern ihres Vaters die
Ziffern 4 und 5, die ihrer Mutter hingegen die Ziffern 6 und 7. Dar-
aus ist leicht zu erkennen, daß die Väter stets die geraden Zahlen
und die Mütter die ungeraden tragen. Außerdem ist jeder Vater an
seiner Zahl zu erkennen, da sie stets das Doppelte der Zahl seiner
Kinder beträgt (2 ist Vater von 1, 32 ist Vater von 16). Die Nummer |
der Mutter erkennt man daran, daß der verdoppelten Zahl ihrer
Kinder eine 1 zugefügt wird. Mithin trägt die Urgroßmutter mütter-
licherseits die Zahl 13 [3 (= Mutter) x 2 = 6 (= Großvater), 6x2
= 12 (Urgroßvater) + 1 = 13 (= Urgroßmutter)]. Ebenfalls geht
daraus hervor, daß jede Generation gegenüber der nächtsjüngeren
die doppelte Anzahl Ahnen umfaßt (2, 4, 8, 16, usw.).
Zur Raumersparnis werden nachstehende Abkürzungen und
Symbole benützt.
* geboren /1801 vor 1801
= getauft 1801/ nach 1801
co verheiratet ? unsicher, zweifelhaft
<& geschieden ebd. ebenda
+ gestorben (D) Deutschland
DO begraben (N) Niederlande
Römische Ziffern dienen zur Bezeichnung der Jahreszahl der repu-
blikanischen Zeitrechnung (vom 22.9.1792 bis zum 31.12.1805) so-
wie der Rangordnung der Eheschließungen (II. ° = zweite Ehe).
Ein Sternchen hinter der Nummer weist auf eine dazu gehörende
Fußnote hin.
79
4634 RAERMECKER, Steven, Bauer auf dem ”Hoff” zu Mores-
net, * ebd. um 1540, + Aachen (D) 1615, II. % ebd. (St. Foil-
lan) 1604 Stickelmans, Mergen, I. °° Moresnet um 1565
4635 van KELMIS, Barbara, + Moresnet vor 1604.
4636 REUL, Daniel, zu Homburg-Hockelbach, + ... (1617-1627),
°o ... vor 1535
4637 ..., Catharina.
4638 van der HEYDEN, Hendrick, Meyer des Hofs ”Ter Hey-
den”, Montzen, ° ebd. vor 1560.
4639 von CRONENBERG ...
4696 = 4632
4697 = 4633
4698 = 4634
4699 = 4635
4700 = 4636
4701 = 4637
4702 = 4638
4703 = 4639
XIII. Ahnen-Generation
9264 FRANCK, (Peter ?) zu Moresnet um 1540
9266 HEISTERBOOM, (Lambert ?) zu Moresnet-Lanzenberg um
1543
9270* van KELMIS, Lyns (Laurenz), Bauer auf dem ”Hoff” zu
Moresnet, * ebd. um 1510-1520.
9392 = 9264
9394 = 9266
9396 = 9270
Zum Schluß obliegt mir noch die angenehme Pflicht, Herrn
Firmin Pauquet, Kulturinspektor des Gebietes deutscher Sprache,
recht herzlich für seine tatkrätige Mithilfe zu danken. Den Herren
Eberhard Quadflieg (Aachen) und Heribert Reul (Kevelaer) bin ich
ebenfalls dankbar für ihre Mitteilungen. Trotz diesem geschätzten
Beistand bestehen noch unzählige Lücken in dieser Ahnenfolge;
deshalb werde ich mich weiterhin bemühen, noch anderen Ahnen
auf die Spur zu kommen. Vollständig kann natürlich keine Ahnenli-
ste werden.
Brüssel, den 17.3.1982
80
CR
SNESZ
€
SO =
A
R
N ous sousignes Conseiller & Receveur-General des Domaines,
& Controlleur de la Montagne:des Calmines de Sa Majeste
Imperiale & Cacholique Apostolique du Duche de Limbourg. certi-
fions & attestons, que la Calmine que se trouve dans les tonneaux
sous les N” jusqu'au „ & sur lesquels est imprime la
marque de Sadite Majeste telle qu’elle est au frontispice de cette,
est de la veritable & hbonne Calmine tiree de ladite Montagne.
nommee, communement en Flamend AUDENBERGH. laquelle
Calmine appartient au Sr. Jean-George Stock, marchand de Frane-
fort, comme V’aiant achete de Sadite Majeste, En foi de quoi nous
avons signe cette a la Montagne desdites Calmines le de X
1722
Auf die Galmeitonnen zu sprägende Marke
81
Ahnenliste einer Brüsseler Familie, die bis zu Lyns van Kelmis
reicht
Fußnoten
(10) Peter Königs betreute um die Jahrhundertwende die Rochuskapelle in Neu-
Moresnet. Meine Mutter und ihre Geschwister läuteten dort täglich den ”Engel des
Herrn”.
(16) Joannes Baptist Claes war von 1851 bis 1884 bei der ”Vieille Montagne” in
Neutral-Moresnet beschäftigt. Er stammte aus der Nähe der Abtei Averbode, die die
beiden ersten Priester der Pfarre Kelmis gestellt hat (Pfarrer Flemminckx und Ka-
plan Segers).
(70) Peter Laps ist beim Glockenläuten zur Beerdigung des Gilles Mager am
3.11.1825 in Walhorn tödlich verunglückt.
(72) Sehr wahrscheinlich war Nicolaus Schillings von 1778 bis 1782 Drossart von
Wittem (N.), da seine Ehefrau Anna Hagen und zwei ihrer Kinder 1781 dort an der
Ruhr gestorben sind. In der Sterbeurkunde ist die Betreffende als Gattin des Dros-
sarts Schillings eingetragen und demnach in der Kirche von Mechelen (N) beigesetzt
worden. H. Mosmans, Autor des Buches ”De Heeren van Wittem” hat sich wohl
geirrt bei seiner Vermutung, daß der Drossart Nicolaus Schillings, Nachfolger von
Petrus Brandt, aus Aachen stamme.
Unser Ahne N. Schillings (72) war auch der Bruder des Richard Lambert, Notar in
Montzen (1759-1796), dessen Ernennungsurkunde durch die Kaiserin Maria-
Theresia noch heute in gut erhaltenem Zustand besteht.
(104) Laurenz Cloot war der Bauherr eines am Hollensberg in Kelmis gelegenen
Hauses, das heute noch besteht. Der Keilstein der Haustür trägt folgende Anga-
ben : ”1783 LVC”, Von diesem Vorfahren wissen wir ferner, daß seine sieben Kühe
und zwei Färsen im Jahre 1783 auf der Gemeindewiese weideten, wofür er 8 Gulden
Gemeindesteuer bezahlte.
(144) Nach den von P. Xhonneux aus Bleiberg im Dekanatsarchiv Montzen geprüf-
ten Unterlagen war N. Schillings-Xheneumont der vorletzte Drossart der Bank
Montzen. Auffallend ist noch, daß sämtliche Drossarte dieser Bank mit dem Namen
Schillings - 6 an der Zahl - den Vornamen Nikolaus trugen.
Erwähnenswert ist ebenfalls folgende schriftliche Anmerkung zur Person des angeb-
lich ersten Drossarts, Lodowik Nicolas Schillings (1499-1540) :
”Den eerste met alle seine narvolger in het jaar 1499 Lodowik Nic. Schillings Dros-
sard van Monzen 42 jare drossard gewest capitain van Spanien en van den Konig ge-
kregen vor alle seine familien”.
Johann Joseph Schillings, Pfarrer von Hergenrath (1791-1803), war ein Sohn des
Ehepaares Schillings-Xheneumont. A. Bertha spricht sich in dem Artikel ”Aus der
Pfarrgeschichte Hergenraths” (Im Göhltal Nr 18) sehr anerkennend über diesen Prie-
ster aus und schildert ihn als Verweigerer des Eids auf die (französische) Republik.
Der verstorbene E. Flas aus Gemmenich sowie Dr. E. Minke, Eupen, behaupten hin-
gegen, er habe den Eid geleistet. Leider ist es mir bisher noch nicht gelungen, diesen
Widerspruch zu klären.
1146) Sein Bruder Johann Joseph geb. in Walhorn am 7.3.1699 war Chorherr der Ab-
‚ei Rolduc (Klosterrath). Er hat dort eng zusammen mit dem Abt Nikolaus Heyendal
zearbeitet. Infolgedessen ist er beauftragt worden, die erste Biographie seines Onkels
/u schreiben. Von 1738 bis 1757 war J.J. Hagen Pfarrer in Eupen, danach wurde
‚uch er zum Abt von Rolduc berufen.
{289) Maria Jansen de Stock war in erster Ehe mit Thomas de Chaineux verheiratet,
der von 1692 bis 1693 Kontrolleur des Galmeibergwerks Altenberg war. Sein Nach-
folger in diesem Amt hieß Leonard Nyssen und war auch ein Nachkomme von Lam-
83
bert Franck (2316), dessen Tochter Christina Jan Nyssen van den Jongenbosch aus
Kelmis ehelichte. Infolgedessen stehen wir mit allen Personen, die in der Zeit von
1605 bis 1703 als Kontrolleure in Altenberg fungiert haben, in verwandtschaftlicher
Beziehung.
(293) Anna Catharina war die Schwester des Eupener Pfarrers Nicolaus Heyendal
(1695-1697), der später einer der markantesten Äbte der Augustinerabtei Rolduc
wurde, unter dessen Leitung von 1712 bis 1733 das Kloster eine neue Blütezeit erleb-
te,
Bemerkenswert ist noch, daß der Betreffende am 19.9.1716 im Königlichen Haus zu
Kelmis an der dort tagenden Ständeversammlung (Etats de Limbourg) teilgenommen
hat. Hier wurde ihm ein Subsidium von 60 Talern zur Veröffentlichung einer seiner
zahlreichen Schriften gewährt.
Dem Peter Arnold Heyendal, geb. am 6.2.1687 im Schloß Thor zu Astenet, Neffe
der beiden Vorgenannten und ebenfalls Chorherr in Klosterrath, verdanken wir die
aufschlußreiche Fortsetzung der Genealogie seiner Familie, die sein Urgroßvater Jan
Franck (1158) begonnen hatte.
(578) Lambert Jansen de Stock ist am 23.3.1669 vom Finanzrat zum Beigeordneten
des amtierenden Kontrolleurs des Altenbergs ernannt worden. Er war der Schwieger-
sohn des damals 72 Jahre alten Kontrolleurs Jan Franck (1158), der 1690 im Alter
von 93 Jahren gestorben ist.
(579) Ahnengemeinschaft mit Cesar Franck (1822-1890), französischer Komponist,
sowie mit Peter Arnold Franck (1741-1801) dem Urheber des Gnadenorts Moresnet-
Eichschen.
Der Bruder dieser Ahnin hieß Lambert Franck und war mit Catharina Weerts aus
Montzen verheiratet. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er der Erbauer des stattlichen
Gebäudes im maasländischen Stil gewesen, das nahe der Abzweigung nach Moresnet
an der Lütticher Straße liegt. Der Keilstein des Torbogens trägt nämlich die Jahres-
zahl 1684 und die Initialen LF und CW, siehe Abbildungen auf den Seiten 32/33 ”Im
Göhltal” Nr. 2
2 ’ Br . A
A 7”
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A =. HH i
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Das Haus ”Hirtz”
84
(1158) Jan Franck hat die Genealogie seiner Familie begonnen, die sein Urenkel,
P.A. Heyendal, Chorherr der Abtei Klosterrath 1715 fortgesetzt hat. Vgl. (293).
Sein Grabstein steht zur Zeit noch an der Südseite der Pfarrkirche von Moresnet,
Hier der Wortlaut der Inschrift :
HIER LIGT BEGRAVEN DEN EERENTACHTBAREN IOHAN
FRANCK IN SYNEN LEVEN GRONTHEER TENEYCKEN IN-
DE GULP EN DE WYER CONTREROLLEUR VAN SYNE
MATS CALMYNBERGH
SCHEPEN DER HOOFTBANCKEN VAN WALHORN MON-
TEN EIC.
OBYT IO XBRIS 1690 R.1.P.
LH.S.
Diesem Jan Franck wurde von der Brüsseler Regierung ein Haus neben dem Galmei-
bergwerk zur Verfügung gestellt, das man das "Königliche Haus” nannte. Heft Nr. 2
”Im Göhltal” hat auf Seite 26/17 eine Karte von Firmin Pauquet mit Lageplan dieses X
Gebäudes gebracht. Es stand ungefähr an der Stelle, wo sich heute der Gedenkstein
des Widerstandskämpfers Baudouin de Biolley im Kelmiser Gemeindepark befindet.
”1174 = 1158” bedeutet Ahnengleichheit, die eintritt, wenn Geschwister in einer
Ahnenfolge vorkommen. Im vorliegenden Falle handelt es sich um den Vater von
Anna C. (579) und Margaretha FRANCK (587) sowie deren Bruder Lambert. Letz-
terer ist der Stammvater des Komponisten Cesar Frank und des Stifters des Gnade-
norts Moresnet-Eichschen, Arnold Peter Franck (Vgl. (579)). Erberhard Quadflieg
hat im Heft Nr. 28 ”Im Göhltal” einen Stammtafelauszug dieser Persönlichkeiten
gebracht.
(2317) Ihr Bruder Jan war Meyer zu Hergenrath und verheiratet mit Elisabeth van
Gendt. Von diesem Ehepaar stammt der Aachener Kanonikus Wilhelm Smets (1796-
1848), Dichter und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung 1848. Siehe
”Das abenteuerliche Leben des Nikolaus Smets aus Eynatten” in ”Eupen zwischen
Ost und West” von V. Gielen.
(4634) Ahnengemeinschaft mit Max von Schillings (1868-1933), dem deutschen
Komponisten, dem 1912 der Adelstitel verliehen wurde.
(9270) Sehr interessant hierzu sind schließlich folgende Aufzeichnungen, die Firmin
Pauquet aufgrund amtlicher Belege aus dem Allgemeinen Reichsarchiv Brüssel und
dem Staatsarchiv Lüttich in der Zeitschrift "Im Göhltal” Nr. 5 veröffentlicht hat :
1. Kelmiser Hof unter Montzen im 15. und 16. Jh.
Im bereits veröffentlichten Verzeichnis aus dem Jahre 1445 wird
der Kelmiser Steuerpflichtige Alart in der Pfarre Montzen genannt.
Der Sohn dieses Alart, Leonairt, ist keine unbekannte oder unbe-
deutende Persönlichkeit; schloß er doch am 24. Oktober 1470 vor
dem Limburger Oberhof mit dem Pächter aller limburgischen Gal-
meigruben, Jehan Le Wautier, ein Abkommen über den Abbau die-
ser Gruben ab. Erhält der aus Rijssel gebürtige Middelburger
Großkaufmann Le Wautier das Monopol des Altenberger Galmei-
handels durch seinen Pachtvertrag vom 15. März 1469, so leitet
doch der einheimische Leonairt, Ailairtz son van Kelmysse, den
Bergwerksbetrieb ...
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... Am 27. Februar 1480 tritt Leonard von Kelmis, der jetzt Bürger
der Stadt Limburg ist, selbst für einen Zeitraum von 12 Jahren als
Pächter aller herzoglichen Galmeigruben auf. Dafür muß er dem
herzoglichen Rentmeister jährlich 1410 rheinische Gulden zahlen
Zum Verkauf des abgebauten Galmeis kommt er mit dem Aa-
chener Kupferschläger Daniel van der Kannen am 1. Januar 1480
überein. Leonard van Kelmis begnügt sich übrigens nicht damit,
Bergwerksdirektor zu sein. Als Bürger unserer Hauptstadt Limburg
ist es nicht wunderlich, daß er auch als Kaufmann bezeugt ist : am
9. Juni 1467 läßt Lenaert van Kelmes inden lande van Limborch
mit einem Wagen des Fuhrmannes Geerdt van der Capellen - Henri-
Chapelle - 25 Ringe Kupferdraht, einen kleinen Ring, 36 Stück Ei-
sen und 8 Rollen Messing auf den Jahrmarkt zu Bergen op Zoom
liefern. Die Kombination seiner bergmännischen und kaufmän-
nischen Tätigkeit berechtigt die Frage, ob er vielleicht nicht auch als
Kupferschlägermeister tätig gewesen ist. Jedenfalls besitzen seine
Erben, die Vlemincks, Mühlen im Herzogtum Limburg.
6 HL &
5 a NN Pr3
N
Das Haus Clooth.
Türsturz mit den Initialen LVC und der Jahreszahl 1783,
86
Quellen- und Literaturverzeichnis
Stadtarchiv Aachen
Staatsarchiv Lüttich
Allgemeines Reichsarchiv Brüssel
Viktor Gielen : Die Mutterpfarre und Hochbank Walhorn
Viktor Gielen : Geschichtliche Plaudereien über das Eupener Land
Viktor Gielen : Eupen zwischen Ost und West
W. Goossens : Aanteekeningen over de familie Heyendal in ”De Maasgouw” 1940
Firmin Pauquet : Exploitation de la Vieille Montagne au XVII“ siecle in ”Publica-
tions de la Societe d’Histoire et d’Archeologie du Plateau de Herve”
Firmin Pauquet : Die älteste Besiedlung der ehemaligen Herrschaft Kelmis in ”Im
Göhltal” Nr. 2
Hermann Wirtz : Eupener Land
J.J. Heinen : Pfarrgeschichte Eupens, 1895
Dr. J.M. Gijsen : Nikolaus Heyendal 1658-1733, Abt von Rolduc n
Prof. Ch. De Clercq : Rolduc, son abbaye, ses religieux, son seminaire 1975
Genealogie, Deutsche Zeitschrift für Familienkunde, Heft 11, 1976, und Heft 4,
1981
87
Ein Stück Vergangenheit
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Diese Aufnahme zeigt die Eisenbahnstrecke Moresnet-Bleyberg bei
Schimper. Vorne links das Schrankenwärterhaus.
Foto H. Engels
88
Vorfrühling
von Leonie Wichert-Schmetz
Im lila Dunst
Schwebt gelb der Mond.
Der Heckenrauch £
Steigt aus den Tälern auf.
Der aufgebrochnen Scholle Ruch
Mischt sich mit ihm.
Ein Weidenzweig streift
Sanft durch mein Gesicht.
Der Weidenkätzchen Samt
Erinnert mich
Im warmen Hauch des Frühlingswinds :
So war der letzte Abend
In der Heimat doch.
Wo bleibt denn der Narzissen
Gelbe Flut,
Die unterm goldnen Mond
Sich wellt im Wind?
89
Die Pfarrkirche von Walhorn
von Alfred Bertha
Vorbemerkung : Am 17. Oktober 1979 jährte sich zum 100.
Male der Todestag des Walhorner Pfarrers Anton Mennicken. In
Nummer 25 dieser Zeitschrift (S. 43-46) ging Pfr. i.R. Viktor Gielen,
selbst Pfarrer von Walhorn von 1957-1965, auf die Begleitumstände
des Todes von Pfarrer Mennicken ein und wies auch auf die Ver-
dienste hin, die derselbe sich um die Renovierung der altehrwürdi-
gen Walhorner Pfarrkirche erworben hatte.
In diesem Zusammenhang halten wir es für angebracht, eine
von Pfarrer Mennicken persönlich für die Eupener Zeitung verfaßte
Baubeschreibung der Walhorner Kirche einem größeren Leserkreis
erneut zugänglich zu machen.
Ergänzend dazu bringen wir dann auch eine Würdigung der
unter Mennicken durchgeführten Arbeiten aus kunsthistorischer
Sicht aus der Feder des damaligen Kanonikus am Aachener
Marienstift Dr. Franz Bock.
In einer nicht signierten Pfarrchronik - Eintragung aus dem
Jahre 1895 - finden sich weitere Einzelheiten zu den im vorigen Jahr-
hundert vorgenommenen Änderungen. Sie runden das Kapitel der
Restaurierung der Pfarrkirche ab und ergänzen es in mancherlei
Hinsicht.
1. Baugeschichtliche Beschreibung der Walhorner
Pfarrkirche
von Pfr. A. Mennicken (1863-1879)
Die Pfarrkirche von Walhorn
darf wohl in einer ausführlichen Beschreibung an die Leser der
”Eupener Ztg.” sich wenden, weil sie die älteste, die Mutterkirche
fast des ganzen Kreises ist und mit Ausnahme von Lontzen und
Eupen, auch Hergenrath, Hauset, Eynatten, Raeren und Kettenis
zu ihr gehörten. Zweifelsohne hat in frühern Zeiten an der Stelle,
wo die Pfarrkirche jetzt steht, eine ältere, in romanischer Form,
gestanden, die am Ende des 14. Jahrhunderts dem in edlem deut-
schen Style gebauten Chore den Platz räumen mußte. Im 15. Jahr-
hunderte wurden dann die Schiffe in ihrer jetzigen Gestalt, bis zu
90
dem jedenfalls um mehrere Jahrhunderte ältern Thurme - der in sei-
ner Urform ein geschichtliches und darum nicht anzutastendes Inte-
resse bietet - weitergeführt und dabei Vorsorge getroffen, daß die
Kirche in Kriegszeiten zu Verteidigungszwecken hergerichtet werden
konnte, weshalb auch in der nördlichen Mauer Schießscharten
angebracht wurden. Als Beweis für die Behauptung, daß die Kirche
in zwei Zeitabschnitten gebaut worden, ist einmal auf das zum Baue
verwendete, verschiedenartige Stein-Material, dann aber auch auf
den obersten nordöstlichen Pfeiler hinzuweisen, welcher, nachdem
er von der Kalk- und Stuck-Masse gereinigt war, deutlich bekundete,
daß nur die in die Kirche einfallende Hälfte mit Quadern, hingegen
die andere, zum Muttergottesaltare gerichtete Hälfte größtentheils -
aus kleineren Mauersteinen ausgeführt war. Die Sakristei hatte ihre
Stelle im nordöstlichen Kompartiment des Seitenschiffes, da wo
jetzt der Muttergottesaltar sich befindet und war nach Westen
durch eine starke Mauer abgeschlossen. Der südöstliche Theil des
Seitenschiffes, in welchem der Mutter-Anna-Altar stand und noch
steht, war ebenfalls nach Westen durch eine Mauer abgegränzt und
bildete eine eigene St.-Anna-Kapelle. Unter dem Triumphbogen, an
der Stelle der jetzigen Kommunionbank, war der Altar zum h.
Kreuze errichtet; außerdem standen noch und zwar am zweiten,
nordöstlichen Pfeiler der Muttergottesaltar und mit diesem parallel
am südlichen Pfeiler, ein Altar zu Ehren des h. Job. Im Triumphbo-
gen prangte das Kreuz, zweifelsohne von den beiden Statuen der h.
Maria und des h. Johannes umgeben, welche letztere im Laufe der
Zeit spurlos verschwunden sind. Der Boden im Innern war meistens
mit großen, breiten Steinplatten belegt, weil fast jede Familie der
Pfarre ihr eigenes Grab in der Kirche hatte, und wer sich dieser
Begünstigung nicht erfreute, gleiches Recht durch eine kleine Ver-
gütung an die Kirchenkasse, für die im Frieden hingeschiedenen
erwerben konnte. Denken wir uns nun die Kirche in dieser Gestalt
mit einem dem Gebäude entsprechenden Mobilar ausgerüstet, viel-
farbig bemalt, dann müssen wir jedenfalls den früheren Bewohnern
der alten "Bank Walhorn” das Zeugnis ausstellen, daß sie Sinn und
Opferwilligkeit besaßen, zur Herrichtung eines würdigen Tempels
des Allerhöchsten. Leider hat der Unverstand der spätern Zeit die-
sen altehrwürdigen Kirchenbau der Art entstellt, daß die charakte-
ristischen Eigenthümlichkeiten des monumentalen Bauwerkes gänz-
lich vernichtet worden sind. Da es.an geschichtlichen Nachrichten
fehlt, so ist es nicht möglich genau den Zeitpunkt anzugeben, wann
man’ mit dieser Zerstörung den Anfang gemacht hat. Indessen
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erhebt eine noch erhaltene Urkunde vom Jahre 1576 bereits Klage
über die zerbrochenen Fenster, weshalb die Annahme nicht unbe-
gründet erscheinen dürfte, daß man bald nach dieser Zeit angefan-
gen das Stab- und Maaßwerk der schlanken Spitzbogenfenster der
Schiffe und des Chores abzubrechen und, um mehr Licht dem
Innern zuzuführen, sich entschlossen habe, die Fenster der Neben-
schiffe bedeutend zu erbreiten und dieselben in einen flachen Rund-
bogen ausmünden zu lassen. Nachdem einmal der Anfang zur
Verunstaltung der Kirche gemacht war, schritt man in dem Zerstö-
rungswerke von Generation zu Generation immer weiter. Zunächst
wird berichtet, daß der alte, in den gothischen Kirchen allüberall an
dieser Stelle befindliche Kreuzaltar bereits im Jahre 1683 entfernt
und die an ihm haftende Verpflichtung auf den St.-Anna-Altar
übertragen wurde. Zweifelsohne ist damals auch das Triumphkreuz
nebst den beiden anderen Statuen entfernt worden. Die Jahre 1723-
24 brachten der Kirche großes Unheil! In unbegreiflicher Weise
setzte man Kelle und Meißel an sämmtliche Kapitäle des Schiffes
und des Chores, vernichtete sie und bewarf dann die Pfeiler rundum
der Art mit Mörtel, daß sich in der Jetztzeit nicht einmal feststellen
ließ, ob sie aus Quadern oder Bruchsteinen errichtet waren.
Nur für Eins schien man Sinn und Empfänglichkeit zu haben,
daß nämlich diese Pfeiler recht weiß getüncht seien. Ein Posten aus
der damaligen Kirchenrechnung gibt darüber Auskunft und dürfte
wohl allgemeineres Interesse beanspruchen, weshalb er hier folgen
soll : ”Item betaelt voor 150 Eyeren tot Eupen om het ”’witt”” daer-
van te gebruyken aen de pilleren in de Kerk.”” (Was mit dem ”Gel-
ben” geschehen, sagt jener Posten nicht.) Bis dahin war der Haupt-
eingang zur Kirche von der Südseite her und bestand derselbe in
einem hohen gothischen Portal, das seine Entstehung wahrschein-
lich aus der Zeit des Chorbaues herleitete, nun wurde dieses auch
heruntergerissen und der Eingang nach Westen verlegt. Deshalb
mußte vorerst das auf dem Kirchhofe, vor der Westmauer der Kir-
che stehende -Beinhaus entfernt werden, bevor das im Rundbo-
genstyl erbaute neue Eingangsthor, das sich bis auf unsere Tage
erhalten hat, in Ausführung genommen werden konnte. Noch hatte
der Vandalismus nicht alles geleistet, was zu leisten war! 1769
stellte sich das Bedürfnis nach einer neuen, geräumigen Sakristei
& ein; dieselbe wurde gegen alle kirchliche Regel an die äußere, östliche
Chormauer angefügt, mit einem hohen Mansarddache versehen
und das östliche Chorfenster, weil es zu diesem Anbau nicht Stel-
lung nehmen konnte, ganz einfach, als zwecklos vermauert. Der ur-
92
sprüngliche Hauptaltar, wahrscheinlich aus dem Schluß des Mittel-
alters mag sich bis zu diesem Zeitpunkte erhalten haben; jetzt
mußte auch er, weil er zu dem modernisierten Chore nicht mehr
paßte, einem neuen die Stelle räumen. Das Altargemäuer, der alte
Altartisch, wurde sorgfältig nach drei Seiten mit einer starken,
eichenen Verschalung, in Kastenform umgeben, der alte Aufsatz
durch einen neuen für die Zeit passenden ersetzt und auf die Fläche
des vermauerten Fensters ein großes Ölgemälde, die Steinigung des
h. Stephans darstellend, in einem Rahmen angebracht. Gleichzeitig
verschwanden die frühern Seitenaltäre, der Altar des h. Job auf
immer, die beiden andern erstanden bald wieder in gräcisirenden
Formen nach dem Muster des Hauptaltares. Endlich folgte im Jahre
1790 eine Veränderung und Verunstaltung des Dachstuhles über
dem Chore! Das Mauerwerk des Chores wurde nämlich ohne Noth
höher aufgeführt, das Dach auf dem Chore über die Hälfte kleiner
und kürzer gemacht, ”eine Veränderung und Verkürzung”, wie es
in den Baunotizen heißt, ”die nicht allein die Zierde des Kirchenge-
bäudes ausmacht, sondern auch für die ganze Zukunft in Ansehung
der zu sparenden Kosten in Unterhaltung des Daches sehr vortheil-
haft sein wird.” Ob damals auch der alte gothische Dachreiter, dem
jetzigen, einer Pfefferdose nicht unähnlich gestalteten, hat weichen
müssen, läßt sich mit Gewißheit nicht bestimmen; nur so viel steht
fest, daß an lezterm im Jahre 1815 eine sehr bedeutende Reparatur
vorgenommen worden ist. — In kurzer Zeit bekam dann das
gesammte Mobilar der Kirche eine dem modernen Geschmack ent-
sprechende Umwandlung. Die alten Belegsteine, von denen jeder
ein Stück Geschichte der alten ”Bank Walhorn” umfaßte, mußten
dem neuen schachbrettartigen Belege weichen, Kanzel, Commu-
nionbank und Orgelbrüstung wurden 1792-93 und die Sitzbänke
zum Theile 1809 zum Theile 1816 neu beschafft. Wände und
Gewölbe erhielten in mustergültigem Küchenstyle eine weiße, die
Stirnbogen und Gurten eine gelbe Tünche, und die Kirche prangte
nach dem Urtheile der unkundigen Menge in unübertrefflicher
Schönheit namentlich an hohen Festtagen, an welchen noch eine
Anzahl von ”Papierblumen” die Altäre, und was sonst als Träger
für dieselben sich hergab, förmlich belasteten. - Das sollte jedoch
nicht immer so bleiben.
u
Nachdem wir auf Grund der vorhandenen schriftlichen Nach-
richten die allmälige und stufenweise Verunstaltung der schönen
93
gothischen Hallenkirche in Walhorn innerhalb der letzten Jahrhun-
derte nachzuweisen versucht haben, sei es uns vergönnt, nun auch
auf die seit sechs Jahren unternommene Wiederherstellung der Kir-
che in ihrer alten Form und Gestalt die Aufmerksamkeit hinzulen-
ken. Die Restauration einer Kirche auf dem Lande hat mit eigen-
thümlichen Schwierigkeiten zu kämpfen; denn abgesehen von dem
sehr bedeutenden Kostenpunkte und dem Mangel an Sachkenntniß
seitens der Menge für ein derartiges Unternehmen, ist es nament-
lich die zur andern Natur gewordene Gewohnheit, mit der der
fromme Sinn der Gläubigen seit frühester Jugend bis zum Greisenal-
ter alles an und in der Kirche Befindliche lieb gewonnen hat, dem
schonend Rechnung zu tragen ist, weil er sich allzuleicht verletzt
fühlt. Da aber die Scheiben sämmtlicher Fenster der Nebenschiffe,
was allgemein einleuchtete und anerkannt wurde, dringend eine
Erneuerung erheischten, so mußten vor Instandsetzung derselben
der geistlichen Oberbehörde zugleich auch Plan und Kostenberech-
nung zur Anfertigung des Stab- und Sprossenwerkes in Stein behufs
der Genehmigung vorgelegt werden. Der Ortspfarrer von der
Ansicht geleitet, daß in dieser wichtigen Angelegenheit nicht über-
eilt und rathlos vorzugehen sei, wandte sich im Jahre 1867 an den
Kanonikus Herrn Dr. Bock in Aachen mit der Bitte: er möge
gütigst nach Walhorn kommen und sich gutachtlich äußern über die
Art und Weise der neu einzusetzenden Fenster. Bereitwilligst ent-
sprach der gefeierte Kunstkenner nicht nur dieser Bitte, sondern er
hat auch seit jener Zeit unablässig, in der uneigennützigsten Weise,
sich als treuer Beirath bei der allmäligen Umgestaltung der Kirche
erwiesen, wofür ihm hier aus tiefstem Herzen der innigste Dank aus-
gesprochen wird. Kanonikus Dr. Bock erklärte nach eingehender
Besichtigung des alten Gotteshauses : nur durch eine gründliche, im
Geiste der ersten Erbauer zu veranstaltende Restauration könne die
Kirche wieder zur ersten Schönheit erhoben, dann aber auch als
Muster einer imponierenden gothischen Landkirche hergestellt wer-
den. Da jedoch der Kirchenvorstand der Ansicht war bei einem
Unternehmen von so hoher Bedeutung nicht umsichtig genug vor-
gehen zu können, so hielt er es für nötig, auch noch das Gutachten
eines andern tüchtigen Fachmannes einzuholen und zwar das
des Regierungs- und Baurath Cremer in Aachen.
Nachdem dieser sich in Übereinstimmung mit Kanonikus Dr.
Bock ausgesprochen hatte, wandte sich der Pfarrer an den damals in
Aachen wohnenden Hugo Schneider, einen anerkannt tüchtigen
Architecten und ersuchte denselben, vorerst die Zeichnungen und
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Kostenberechnung zur Herstellung neuer Fenster und dann auch
die übrigen Zeichnungen sowohl für das Bauwerk, als sämtliches
Mobilar, vor und nach anzufertigen. Die geistliche Oberbehörde,
durch ausführlichen Bericht über das Unternehmen in Kenntniß
gesezt, ertheilte die Genehmigung zur Herstellung der neuen Fen-
ster nebst Sprossenwerk nach der vorgelegten Zeichnung. Im Som-
mer des Jahres 1868 wurden dann sämmtliche Fenster ausgenom-
men, neue spitzbogige Fensterbogen mit Stab- und Maaßwerk aus
französischem Sandstein eingesetzt und gleichzeitig eine Verglasung
aus starkem grünlichem Doppelglase in Karniß-Verbleiung mit ver-
schiedenartig gezeichneten Mustern, aus dem Atelier von Dr. Oidt-
mann in Linnich angebracht. Auch erfolgte in diesem Jahre noch .
die Freilegung der mit Mörtel beklebten Pfeiler, welche sich nun in
schlanker gefälliger Form, in gänzlich unverletzt gebliebenen Qua-
dern dem Auge des staunenden Beschauers darstellten. - Der am 7.
Dez. 1868 tobende Orcan, welcher an so vielen öffentlichen und
Privatgebäuden arge Verwüstung und großen Schaden angerichtet
hatte, raffte auch mehrere Ruthen Dachfläche der Kirche zu Wal-
horn spielend hinweg, deren Herstellung für schweres Geld im fol-
genden Jahre besorgt werden mußte. Vor Ausbruch des Krieges im
Jahre 1870 waren die Arbeiten an der Kirche aufs Neue in Angriff
genommen worden und zwar zunächst an der Sakristei, welche
mehrere Fuß unter dem Dachstuhle erniedrigt, ein neues Satteldach
erhielt. Dadurch kam das vor hundert Jahren vermauerte östliche
Chorfenster wieder zum Vorschein, welches nach vollständiger
Bloßlegung und Einsetzung des Stab- und Maaßwerkes ein herrli-
ches Gemälde in gebranntem Glase aufnahm, die Wiederkehr des
Herrn in seiner Glorie am jüngsten Tage vorstellend, ein Geschenk
der edlen Damen Fräulein Adele und Sophie von Grand Ry aus
Eupen, gezeichnet von Professor Klein in Wien und ausgeführt im
Atelier von Fritz Baudri in Köln. Die Strebepfeiler, welche mit viel-
fach beschädigten Schieferdächern ärmlich versehen waren, erhiel-
ten jetzt Abdachungen von massivem Blaustein und die Lucken in
den Chormauern unter dem Dache drei Vierpaßfenster aus franzö-
sischen Sandsteinen. Das Kreuzgewölbe über dem Muttergottesal-
tar war aus Holz und Lehmfachwerk kläglich ausgeführt; jetzt
wurde es durch ein neues aus Schwemmsteinen mit massiven Gur-
ten aus Blaustein ersetzt. Der theilweise gemauerte, oberste nordöst-
liche Pfeiler erhielt eine durch Zement den übrigen Pfeiler nachge-
bildete Form und zwar deshalb, weil die Einsetzung eines neuen,
aus Quadern, theils mit zu großer Gefahr hinsichtlich des Gewölbes,
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theils mit allzuerheblichen Kosten verbunden war. Dann wurden im
Innern der Kirche die im Laufe der Zeit aufgeklebten Gipsmassen,
bestehend in Engelsköpfen, Blumenknäufen an den Gurtträgern des
Chores u.s.w. beseitigt, der massenhafte Bewurf durch Abschaben
der Mauern und Gewölbekappen entfernt und theilweise durch
neuen ersetzt, die Rippen ausgebessert und die Pfeiler wieder mit
Kapitälen versehen. Zuletzt nahm das neuausgebesserte Triumph-
kreuz seine alte, seit Jahrhunderten verlassene Stellung wieder ein,
um jeden die Kirche Besuchenden sofort daran zu erinnern, "wer
der Herr in diesem Hause sei”. Im folgenden Jahre konnte bereits
mit Beschaffung des neuen Mobilars ein ernster Anfang gemacht
‘werden. Die Kanzel, welche nach Art eines Schwalbennestes an
einen Pfeiler unorganisch befestigt war, hatte einen Käufer in Bel-
gien gefunden. Dieselbe erstand jetzt in neuer gothischer Form auf
einer vom Boden aus errichteten Grundlage in achteckiger Form.
Oben mit offenen Giebelfeldern verziert, erhielten diese letzteren als
statuarischen Schmuck fünf zwei Fuß hohe Bilder, nämlich das Bild
des segnenden Heilands mit der Inschrift : ich bin der Weg, die Wahr-
heit und das Leben; Joh. XIV. 6 und die sitzenden Darstellungen
der vier Evangelisten, Spruchbänder tragend. Hauptanschaffung
für dieses Jahr waren indeß die beiden Seitenaltäre und zwar jener
der heiligen Mutter Gottes und jener der Mutter Anna. Die Altarti-
sche sind aus französischem Steine gefertigt, ruhend auf je zwei
Säulchen, auf der Vorderseite mit der entsprechenden Inschrift ver-
sehen. Jeder Altaraufsatz ist geschmückt mit dem betreffenden
Bilde und zwei Gruppen, Ereignisse aus dem Leben der Heiligen
darstellend. Das Bild Maria trägt das Jesukind auf dem linken Arme
und hält mit der rechten Hand die Lilie, ist zudem geschmückt mit
der Krone und dem Königsmantel. Die eine Gruppe stellt dar die
Verkündigung der seligsten Jungfrau durch den Erzengel Gabriel
und die andere die Krönung der Mutter durch den ewigen Sohn.
Das Bild der Mutter Anna hält auf dem rechten Arme das göttliche
Jesukind und auf dem linken ihr Töchterchen, die h. Jungfrau, eine
Darstellung, wie sie zur Zeit der Erbauung der Kirche allgemein im
Gebrauche war, und ”Selbstdritt” genannt wurde. Die beiden Grup-
pen stellen vor die Begegnung Anna’s und Joachim’s am goldenen
Thore Salomons und die Unterweisung der Tochter in der h. Schrift
durch die Mutter,
Das Jahr 1872 brachte dem Bauwerke der Kirche nichts
Neues, dagegen ist für das folgende Jahr wieder recht Erfreuliches
zu bemerken. Die Haupteingangsthür war im Laufe der Zeit morsch
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geworden und da auch das Portal von vornherein in der Konstruk-
tion verfehlt war, so wurde dasselbe vollständig niedergelegt und
durch ein neues ersetzt. Eine doppelte Einfassung von solidem
Blaustein mit einem Sturz aus französischem Sandstein bildet jetzt
den Eingang, welcher durch eine neue einfache mit massiven Eisen-
beschlägen versehene Thür verschlossen wird. Über dem Thore erhebt
sich ein Bogenfeld, in welchem in erhobener Arbeit, ebenfalls in
französischem Steine, die Darstellung der h. Dreifaltigkeit darge-
stellt ist. Als nach Beendigung dieser Arbeit die Errichtung des
Hauptaltars noch in Angriff genommen und die Holzverschalung
entfernt wurde, da zeigte es sich, daß die Alten es verstanden hat>
ten, einen Altar genau nach der kirchlichen Vorschrift zu errichten,
es kam nämlich ein massiver, den Altartisch vollständig bedecken-
der Stein zum Vorschein, welcher ein gothisches Profil und auf der
Vorderseite die Jahreszahl 1504 trug. Obwohl eine neue Altarplatte
angefahren und zur Verwendung bereit lag, so gebührte doch dem
Steine, auf welchem bereits Jahrhunderte lang das h. Opfer darge-
bracht worden war, der Vorzug und wurde derselbe deshalb beim
neuen Altare wieder benutzt. In Übereinstimmung mit den Seiten-
altären wurden auch hier Säulen zur Stütze des Tisches und auf
der Vorderseite in den französischen Stein drei Vierpässe ange-
bracht, mit der Bestimmung, auf Kupferplatten Gemälde aufzuneh-
men, welche Vorbilder des hl. Opfers aus dem alten Bunde darstel-
len. Der hochemporragende Altaraufsatz, das Zelt, in welchem der
Herr der Heerschaaren unter uns wohnt, ist mit Kunst und Pracht
ausgeführt in der Weise jedoch, daß das in der Rückwand stehende
Glasgemälde nicht nur nicht beeinträchtigt, vielmehr gehoben wird.
Das Tabernakel ist in Form eines Baldachins gebaut, dessen Doppel-
thür reich geschmückt und mit dem Spruche aus der geheimen
Offenbarung 21, 3 geziert : Siehe die Hütte Gottes bei den Men-
schen : er wird bei ihnen wohnen. Zu beiden Seiten des Tabernakels
befinden sich die vier lateinischen Kirchenväter : Ambrosius, Hie-
ronymus, Augustinus und Gregor I und zu beiden Seiten des Expo-
sitoriums je zwei Engelfiguren die Leidenswerkzeuge des Herrn tra-
gend,’nämlich Krone, Geißel, Hammer und Zange und Kreuz.
Wir haben diese Artikel geschrieben in der Absicht der Restau-
ration der Kirche zu Walhorn neue Freunde und Gönner zuzufüh-
ren und dann auch, um den die Kirche Besuchenden das
Verständniß und die Beurtheilung des Neuangeschafften zu erleich-
tern. Herr Kanonikus Dr. Bock wird auf unsere Bitte die Gefällig-
keit haben in einem folgendem Artikel eine sachliche und künstleri-
97
sche Beurtheilung der bis jetzt an und in der Kirche zu Walhorn
vorgenommenen Arbeiten und neu angeschafften Mobilien folgen
zu lassen. _
2. Die Kirche von Walhorn in ihrer heutigen Restaura-
tion
von Kan. Dr. F. Bock
Walhorn, in der Nähe der Bahnstation Astenet gelegen,
gehörte in früheren Jahrhunderten zu den zinspflichtigen Besitzun-
gen des Aachener Kronstiftes, indem es dem hiesigen Krönungs-
münster den großen Zehnten zu entrichten hatte. Daher kam es
auch, daß die Walhorner Kirche aus den Mitteln des zinsherrlichen
Stiftskapitels gebaut wurde. Und zwar geschah dies zu einer Zeit,
wo Klerus und Volk den Sinn und das Verständnis für die schönen
Formen eines monumentalen Bauwerkes sich noch zu einem guten
Teile bewahrt hatten, und wo die Zinsherrschaft nicht knauserig
nach Hellern zu rechnen pflegte, wenn den Patronatsangehörigen
ein neues Gotteshaus gebaut werden sollte. In den nachfolgenden
Jahrhunderten änderte sich beides: viele von dem ehemaligen
Kronstift gebauten Kirchen der Umgegend können durch ihre
Form und durch die näheren Umstände ihrer baulichen Fertigstel-
lung von der veränderten Sinnes- und Geschmacks-Richtung Zeug-
nis ablegen.
Die Walhorner Hallenkirche gehört zwei verschiedenen Baue-
pochen an. Am Schlusse des 14. Jh. nämlich wurde von der alten
hier gestandenen Kirche zuerst der Chor niedergelegt und nach dem
neuen Stile umgebaut; zwei einfache, anscheinend noch romanische
Kämpferprofile zu beiden Seiten der Chorapsis, in gleicher Höhe
mit den Kämpfern an den Pfeilern des Triumphbogens, außerdem
ein Pfeiler in dem nördlichen Chorzwickel dürften Zeugnis dafür
ablegen, daß man einzelne Teile des alten Baues bestehen ließ und
bei dem neuen verwendete. Für den Neubau des Langschiffes aber
schienen die Geldmittel erst einige Generationen später flüssig
geworden zu sein; wenigstens gehört das heutige Langschiff seinem
größten Teile nach der Mitte des 15. Jh. an. Die Grenze der beiden
Bauteile macht sich im Äußern und Innern schon in dem Material
98
kenntlich. Die Bauformen sind einfach, aber würdig, die Verhält-
nisse harmonisch und edel.
Im vorigen Jahrhundert war die ganze Kirche einer umfassen-
den Renovation unterworfen worden. Doch trug dieselbe vollstän-
dig den Stempel ihrer Zeit; manche baulichen Schäden wurden
mehr verkleistert als verbessert; unpassende Stellen wurden mit
unpassender Schnörkelverzierung aus Kalk und Gips überladen; die
neu angeschafften Mobilien, die vielleicht manches alte Stück ver-
drängten, waren dem Stile der Kirche so fremd als nur irgend
möglich. Alle Hochachtung vor dem frommen und opferwilligen
Eifer der damaligen Walhorner, die sich, natürlich nach dem Ge-
schmacke ihrer Zeit, der Verschönerung ihrer Kirche so nachhaltig
annahmen; allein heutzutage glauben wir doch einige Fortschritte
zu der Erkenntnis gemacht zu haben, daß jedes alte Baumonument
nur in seinem eigenen Stil und Charakter auszustatten und wieder-
herzustellen sei.
Da nun außerdem jene Arbeiten an der Walhorner Kirche aus
dem vorigen Jh. durch Länge der Zeit und teilweise unsolide Aus-
führung bereits sehr schadhaft geworden waren, so beschloß der jet-
zige Pfarrer Mennicken, eine durchgreifende, gediegene und
zugleich archäologisch richtige Wiederherstellung seiner Kirche ein-
zuleiten. Architekt Schneider in Aachen entwarf die Pläne sowohl
für Wiederherstellung des Bauwerkes selbst als auch für die Neufer-
tigung sämtlicher Kirchenmobilien. Unterstützt durch die tätige
und ausdauernde Mithilfe des Bürgermeisters Kerres gelang es dem
Pfarrer, die Wiederherstellung der Architektur im Innern und
Äußern in verhältnismäßig kurzer Zeit zu vollenden.
Bei der Reparatur der Mauern fand sich an der nördlichen
Seite eine Reihe von Schießscharten vor, welche dafür beweisend
sind, daß die Kirche, wie so häufig im Mittelalter, für den Fall der
Not auch in ein Fort umgewandelt werden konnte. Auf denselben
Zweck weist auch die Bauart des massiven Turmes hin, der wie ein
rechter Lug in’s Land die nordwestliche Ecke der Kirche sehr pikant
flankiert. Wahrscheinlich wurde auch in Walhorn die Regel befolgt,
daß der Zinsherr nur die Kirche baute, der Turm aber von der
Gemeinde übernommen wurde. Bei der eben erfolgten Restauration
wurden die in kräftigen Quadern von Blaustein ausgeführten Säulen
aus ihrem dicken, langjährigen Mörtelüberzuge wieder losgeschält,
ebenso die Gewölbegurte und Stirnbogen von dem Schmutze der oft
wiederholten Tünche gereinigt. Die Fenster erhielten alle wieder ihr
Stab- und Maßwerk und neue Verglasung.
99
Eine Hauptzierde der Kirche bildet ohne Zweifel das mittlere
Fenster des Chores, dessen Entwurf und Zeichnung dem auf diesem
Felde oft genannten Maler Klein aus Wien zur Ehre gereicht. Die
Mittel zur Herstellung dieses prachtvollen Fensters wurden von den
edeln Damen und Geschwistern Fräulein Adele und Sophia von
Gran’Ry aus Eupen bereitwilligst gespendet. Da es ausgesprochene
Absicht war, in Walhorn, an der Grenze der Kölner und Lütticher
Diözese, ein mustergültiges Fenster aufzustellen, welches geeignet
wäre, der Glaswirkerei nach altem Schnitt wieder Bahn zu brechen,
so wurde in dem Atelier des Herrn Fr. Baudri in Köln besondere
Mühe darauf verwendet, die gegebene Zeichnung genau nach den
Intentionen des bekannten Wiener Künstlers auszuführen. Profes-
sor Klein hatte auf seiner letzten Reise an den Rhein Gelegenheit,
die eben vollendete Glasmalerei in dem Institut in Köln zu besichti-
gen; derselbe konnte nicht umhin, der trefflichen und stilgetreuen
Ausführung seine volle Anerkennung auszusprechen.
Das Fenster, in der Abschlußseite des Chores angebracht, ist
darauf berechnet, gleichsam als hinterer Aufsatz (retable) des neu zu
errichtenden Hochaltares aufzutreten. Dasselbe zeigt die im Mittel-
alter an dieser Stelle so oft wiederkehrende Darstellung : den Herrn
der Herrlichkeit (maiestas Domini), wie er wiederkommen wird am
Ende der Zeiten. Den Sohn Gottes umgeben die fürbittenden Pfarr-
patrone : rechts der hl. Stephanus, links der h. Antonius. Über der
mit großer Würde und hieratischem Ernst aufgefaßten Figur des
Heilandes sind in den Bekrönungen des Fensters die verschiedenen
Chöre der Engel repräsentiert, welche als Begleiter des Erlösers
seine Leidenswerkzeuge tragen. Auch fehlt, nach mittelalterlichen
Vorbildern in dem unteren Felde das Familienwappen der hochher-
zigen Geschenkgeberinnen nicht.
Nachdem man in letzten Zeiten auf dem Gebiet der Kirchli-
chen Glasmalerei bald allzu rigoristisch an die alten Typen sich
anlehnte, indem man sogar deren Fehler und anatomische Härten
zu imitieren versuchte, bald aber mit Verkennung des eigentlichen
Zweckes der gemalten Gläser die Fenster zu transparenten Bildern
sogar mit Perspektive durchaus nach modernen Prinzipien gestal-
tete, ist unserer Ansicht nach in dem Walhorner Chorfenster von
Maler Baudri der richtige Weg eingeschlagen worden, um die beiden
bezeichneten extremen Richtungen auszusöhnen und den Ge-
schmack für eine rationell und künstlerisch richtige Verwendung
gemalter Fenster in einem mittelalterlichen Bauwerk anzubahnen.
100
Wenn die geistliche und weltliche Ortsbehörde von Walhorn,
unterstützt durch den Opfersinn einzelner besonders begüterten
Familien der Umgegend, auch fernerhin zur Vollendung des Res-
taurationswerkes sich gegenseitig die Hand bieten, so kann in weni-
gen Jahren in Walhorn ein monumentales Bauwerk zur ehemaligen
Schönheit wieder hergestellt werden, das mit Recht als vollgültiges
Muster für neu zu erbauende Kirchen größerer Landpfarren
betrachtet werden darf.
3. Handschriftliche Aufzeichnungen aus dem Walhorner
Pfarrarchiv
Der verstorbene Pfarrer Anton Mennicken hat sich um die
Restauration der Kirche die größten Verdienste erworben. Nicht
nur hat er unter den Pfarrgenossen und in der Umgegend bei Freun-
den und Gönnern ‚unermüdlich gesammelt, sondern auch selbst
bedeutende Geldmittel beigesteuert. Derselbe starb am 17. Oct.
1879. Bei seinem Tode war mit Ausnahme des Turmes und der
äußeren und inneren Restauration der Kapelle arı der Süd-Westseite
der Kirche die Restauration der Kirche vollendet.
Die früheren Altäre und Möbel in Roccoco wurden durch drei
neue Altäre, welche bei Gelegenheit der Firmung i.J. 1877, am 24.
August, der Hochwürdigste Herr Weihbischof Dr. Baudri konse-
krierte mit Kommunionbank, Kanzel, 10 neuen Bänken und sonsti-
gen kleineren Möbeln, alles im gotischen Stile und reich vergoldet
und polychromiert, ersetzt. Auch hat derselbe die Paramente etc.
bedeutend verbessert und vermehrt.
Pfarrer Mennicken hinterließ bei seinem Tode eine Summe
von gesammelten und geschenkten Restaurationsgeldern, welche er
bei seinem Neffen, dem Kaufmann Joseph Mennicken in Eupen,
verzinslich deponirt hatte mit der testamentarischen Bestimmung,
daß dieselben seinem Nachfolger im Amte zur Fortsetzung der Res-
tauration übergeben werden sollen. Am 18. Januar 1887 wurde der
bisherige Pfarrer von Seligentahl, Dek. Siegburg, Joh.B.Jos. Labeye
zum Pfarrverwalter und am 24. August 1888 zum Pfarrer von Wal-
horn ernannt. Am 25. Jan. 1888 wurde demselben vom Kaplan Jos.
Mennicken in Bonn als Erben des Pfarrers Mennicken oben
erwähnte Kapitalsumme mit Zinsen in der Höhe von 3.431,44 Mk
101
ausbezahlt, mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß die Gelder
nicht in die Kirchenkasse fließen, sondern zur Disposition des Pfar-
rers Labeye zur weiteren Verwendung für die Restauration der Kir-
che bleiben sollten.
Während der Pfarrvakatur (es dauerte noch immer der ”Kul-
turkampf” fort) unternahm der Kirchenvorstand unter dem Vor-
sitze des Bürgermeisters Dominicus Kerres die Restauration des
alten Turmes. Derselbe hatte wahrscheinlich noch vor dem Bau der
alten Kirche als Wachtturm gedient. Kunst- oder Geschichtsinteresse
hatte derselbe gar nicht. Auch später bei der teilweisen Abtragung
hat sich nichts an Inschriften oder geschichtlich Merkwürdigem
gefunden.
Es war einfaches Mauerwerk ohne Profilierung und Orna-
mente mit einem plumpen an den 4 Seiten etwa 4 Fuß überstehen-
den Dache. Dr. Bock wollte ihn erhalten wissen. Allein bei genauer
Untersuchung fanden sich am Mauerwerke und dem Dache so viele
Schäden, daß sich eine gründliche Restauration nicht mehr abwei-
sen ließ. Dieselbe wurde nach den Plänen und unter der Leitung des
Regierungsbaumeisters (Name nicht angegeben) aus Aachen in den
Jahren 1884 und 85 ausgeführt. Zunächst wurde das alte Mauer-
werk, soweit es schadhaft war, abgetragen, (es schien, daß seiner
Zeit ein gewaltiger Blitzstrahl in das Mauerwerk gefahren war) 40
Fuß neu aufgebaut (1 Fuß = 31 cm) 4 große Fenster mit Maßwerk
und Schallöchern angebracht. Die Mauerabschlüsse mit 4 Giebeln
und Kranzblumen versehen und eine zierliche Haube mit Blitzablei-
ter aufgesetzt. Wie alle Restaurationsarbeiten unter Pfr. Mennicken
aus den besten Materialien solid und kunstgerecht ausgeführt wor-
den sind, so macht auch der Turm durch sein solides Material und
seine schöne Form den besten Eindruck.
Die alten Glocken, nebenbei bemerkt die schönsten und har-
monischsten der ganzen Gegend, eine Zierde und der Stolz der
Pfarre, wurden im Turme wieder aufgehängt. Da die alte Uhr
unbrauchbar geworden war, ließ man für 1300 M von dem Uhrma-
cher (kein Name angegeben) eine neue Uhr mit 4 Zifferblättern und
Halbstundenschlag aufstellen. Die Gelder zur Restauration ent-
nahm der Kirchenvorstand teils einer Anleihe von 6000 M bei dem
Bürgermeister Kerres, teils aus den gerade zurückgezahlten Kapita-
lien aus dem Stiftungs- und Fabrikfonds. Zur Zurückzahlung wurde
ein Amortisationsplan aufgestellt und von der vorgesetzten Behörde
genehmigt. Die Anleihe bei Bürgermeister Kerres ist zurückgezahlt.
102
Jetzt Ende 1894 sind auch alle Stiftungen von Messen und andere
Kapitalien und Lasten mit verzinslich ausgesetzten Kapitalien mit
Hypothek belegt. Der Rest der Obligationsgelder so wie die Sparkas-
sengelder gehören jetzt Anfang 1895 sämtlich in den Fabrikfond.
Nach der letzten Rechnung von 1893-94 hat die Kirchenverwal-
tung durch Umlage und Ersparnisse auch einen Vorschuß von
6.531,23 Mk aufzubringen, wenn der Fabrikfond auf den Status
quo antea gebracht werden soll.
Wie oben bemerkt, war bei Tode des Pfarrers Mennicken die in
der Südwestecke der Kirche gelegene Kapelle im Inneren und
Äußeren noch nicht restauriert. Die Kapelle war von der Kirche
durch eine bis unten reichende Mauer mit einer seitwärts befindli-
chen kleinen Türe getrennt, grade wie an der Turmseite. Wie sich
später zeigte, war die Mauer ohne Verband mit der Kirchenmauer
aufgeführt worden. Zunächst wurden unter der Leitung des Pfar-
rers Labeye zwei neue Fenster, ein kleines unten in der Kapelle und
ein großes darüber in der Zeichnung der anderen Fenster aber in
Blaustein angebracht und dieselben mit buntem Glas in Bleiverzie-
rungen versehen, darauf in der großen Mauer eine Bogenöffnung
angebracht und die letztere gegen die Kirche mit einem zierlichen
gothischen Gitter von Eisen für 450 M abgeschlossen. In der
Kapelle befand sich ein Altar mit Marmoraufsatz in Renaissance
mit dem Wappen derer von Eynatten (wahrscheinlich der Ge-
schenkgeber) und der Jahreszahl. Darin war ein Bild der Mutter
Gottes mit dem Jesukinde, von den Leuten nicht gekannt, weil sel-
ten gesehen. (Die Kapelle war nur für Taufen geöffnet.) Das Bild
hatte absolut keinen Kunstwert oder Devotionswert, es war sogar
häßlich und abstoßend. Es wurde entfernt. Der Altar wurde reno-
viert und zum Teil vergoldet, ein neues Holzantependium ange-
bracht. In dem Altar wurde eine Kopie des Muttergottesbildes von
Genazano Unsere liebe Frau vom guten Rate, Sommer 1889 aufge-
stellt, welches von den Pfarrgenossen sehr geschätzt und verehrt
wird. Besonders gereicht auch der Umstand sehr zur Verehrung der
Mutter vom guten Rate, daß in der Kapelle jetzt das hl. Meßopfer
dargebracht werden kann, der Festtag Mariä vom guten Rate am
26. April gefeiert und an den neun folgenden Sonntagen eine ent-
sprechende Andacht im Anschluß an den Unterricht gehalten wird.
Die Kapelle wurde im Renaissancestil polychromiert, weil auch der
Altar in dem Stile gehalten ist. Wie schon oben angedeutet, diente
die Kapelle zur hl. Taufe. In der Kapelle befand sich ein Taufstein
oder besser ein Taufkessel, häßlich und unwürdig. Derselbe wurde
103
durch einen neuen gotischen in Raerener Blaustein ersetzt, geliefert
vom Steinbruchbesitzer Hubert Schiffer in Raeren für 350 Mk und
mit einem hölzernen gotischen vergoldeten Deckel versehen 172
Mk.
Die Kirche ist mit großen quadratischen Schieferplatten grau
und schwarz versehen. Im Sommer 1889 wurden dieselben im
Chore und in der Kapelle durch Mettlacher Platten ersetzt, vor dem
Hochaltare in der Form eines schönen gemusterten Teppichs für
1003 Mk.
Gleichzeitig mit den Malerarbeiten in der Kapelle wurde auch
am Hochaltare einzelnes weiter vergoldet, in der Kirche der An-
strich stellenweise restauriert und verbessert und die Kapelle zur
schmerzhaften Mutter am Lindchen renoviert, das Muttergottesbild
polychromiert und am Altartische das Bild des göttlichen Heilandes
im Grabe angebracht. Mit Ausnahme des häßlichen Dachreiters in
Pfefferdosenform im Äußeren und der Brüstung der Orgelbühne im
Inneren wäre somit der Bau der Kirche in seiner Schönheit wieder
hergestellt. Einen der Kirche würdigen Dachreiter anzubringen wird
die nächste Aufgabe sein. Die alte Orgelbrüstung könnte man am
Ende lassen als Andenken und Bild der Form und der Verzierung
und des Anstriches der alten Altäre und Möbel, wenigstens aber
solange, bis Mittel da wären, um die Orgel zu teilen und das Fenster
in der Westmauer für die Kirche nutzbar zu machen; Betreffs der
Möbel bleiben nur noch die zwei Beichtstühle und die unteren Kir-
chenbänke durch bessere und dem Stile entsprechende zu ersetzen.
Die Kirche mit Turm und die Möbel waren am 1. Juli 1857 bei
der Rheinischen Provinzial Feuer Sozialität zusammen für 25.430
Reichstaler versichert. Nach der Restauration des Turmes wurde
der letztere neu und höher versichert.
Dies ganze war aber zuletzt nach der Restauration und mit
Rücksicht auf den gefallenen Geldwert zu gering geworden. Des-
halb wurde mit derselben Gesellschaft am 16. Okt. 1893 eine neue
Versicherung von Kirche und Turm (ohne Fundamente) in der
Höhe von 13.000 Mk und der Sakristei von 2.400 Mk abgeschlos-
sen; eine gleiche für die Kirchenmöbel und Utensilien den 13. Okt.
1893 in der Höhe von 49.550 Mk.
104
Amtsübergabe bei der
Göhltalvereinigung
Nach 13-jähriger Amtszeit legte Peter Zimmer bei der diesjäh-
rigen Generalversammlung den Vorsitz unserer Vereinigung nieder.
Im Rahmen einer kleinen Feier im engeren Kreis des Verwal-
tungsrates (7.3.1982) würdigte Vize-Präsident Freddy Nijns die Ver-
dienste Peter Zimmers um die Göhltalvereinigung in folgenden hu-
morigen Versen :
Merci an ose Här Präsident!
Leef Plattdütsche Lüj!
Vär sönt hüj heej nu alle äjekiert,
Öm ene Geste te make di seech jehürt
Vör ene Maan, dä os lang hat präsidiert.
Derüm völ Ier vör dem, dä Ier jebührt!
Der Naam van däm, dä &ch öch wel sage,
Es öch jot bekannt al hel lang Jöre;
Drütien mol twelf Mond hat hej jedrage
D’Jeschicke vant Jöhltal va Kälmes bes Roare.
Leeve Peter Zimmer, lot det över öch kome :
Vär sönt öch völste völ at schöldig,
Vör wat där in ose Verein hat ondernome
Met völ Moot en Ernst, witzig en jedöldig!
Där wot vör os jet wi ne luese Pap.
Wat wür ’t Jöhldal woade ohne dat joot Stöck?
Vör de Vereinijung wor Där ömmer op Trap,
ne jowe Schnap, makde vär du met jrut Jlöck!
Hl beleft be os, wu där koamt överaal,
Hau men Öch jär, weil där vielseitig woart;
Över Öch huet me nex andesch wi jowe Kaal;
Där woat en söt eben enge van di betste Soat!
De Vereinijung hat Öch ooch jebrukt als Reiseleiter,
Der Karneval als Büttenredner öch gepräse,
Vör de Kranke als Lourdeshelfer ömmer heiter,
Än in de Kommunalpolitik op de högste Chäse!
105
E Kälemes en anderswo hat Där völ jedue :
Als Köhler, als Vereins- en Theatermaan,
Als Dechter, Börjemeester, Schäepe än esue,
Ohne te verjäte, dat Där woat d’r lefste Ehemaan!
Vör dat Beispiel, va ne jowe Mensch &n os dage,
Dat där os dörch de Johre hat jejove,
Mote vär Öch alle völmols DANKE/MERCI sage.
Än dorop wät da löts och noch enge jehove!
Wat kös vär neet alles nu noch vertelle
Över di Daag, wu vär schönn braaf te same soote;
Da möss vär völ Tiet en Jedold ha welle,
Än het wür os dono joot of schläet te moote!
Wenn Där och afdankt als ose jowe Präsident,
Doch blift Där noch bej os su lang het jeet,
Denn dat €s vör ür Gesondheet ejot Medikament :
Me verjet nämlech de Sörg, su lang me jet deet!
Vär welle de Jöhltalvereinijung opräet hauwe
Met ose nöje Chef, dem vär os hant jewählt
Vör ne lange Tiet, denn häe &s noch jenge Auwe.
Bes nu jeet alles joot, häe hat noch neet jefählt!
Vär welle mä hoape dat ose leve Ierepräsident
Os noch stets bejsteht met singe jowe Roat,
Sue lank wi häe kann en alles noch kennt,
Denn dovör €&s me bestemmt niemols te oat!
Os Jöhltalvereinijung döt jar neet onderjue,
Su lank vär allemol noch läve ohne te bäve,
Denn doröver würe ander wer hiel hiel vrue,
En zäete, vär heje het hej völste bont jedräve!
Lot os dat hüj hej feierlech verspräeke
En der Moment wue vär va Boss nu wächsele;
Vär welle os hüj äl neet dr Koopp terbräeke,
Te wete wi vär der janze Bull jönt drächsele!
Het Läve wor vör Öch, leve Peter Zimmer, ne Reise
En os schön Heimat, wue spieder ligge wätt ür Grab.
Der Dölle knottert onderwägs; mä Där äl, der Weise,
Söt jejange dä Tiet vrue en tevrä met üre Wanderstab!
Mi Jedechtje kann öch jar net jenoch iere,
Wenn het ooch hiel wärm ut ming Siel drengt.
107
Auf dem Büchermarkt
Wer in irgendeiner Weise den Einstieg in die Geschichte des
ostbelgischen Raumes wagt, wird zu den ”Kunstdenkmälern” grei-
fen müssen. Das umfangreiche Standardwerk, das 1935 der
Freiburger Kunsthistoriker Dr. Heribert Reiners in Zusammenar-
beit mit dem damals erst 27 Jahre alten Dr. Heinrich Neu heraus-
gab, und das jetzt im Reprintverfahren auf dem Büchermarkt von
Eupen - St. Vith erschienen ist, ist in übersichtlicher Form eine bis-
her in der Heimatforschung nicht übertroffene Gesamtdarstellung
unseres Landstrichs. Was damals in der Reihe der von Paul Clemen
herausgegebenen Kunstdenkmäler der Rheinprovinz als Inventari-
sation der Kunstdenkmäler Eupen-Malmedys den krönenden
Abschluß vorheriger Bestandsaufnahmen bildete, ist im Grunde bis
zum heutigen Tag die wichtigste Quelle der Heimatforschung ge-
blieben. Dr. Reiners lieferte den kunsthistorischen Teil. Dr. Neu
stellte vor allem für das Gebiet des ehemaligen Kreises Malmedy die
archivalischen und gedruckten Quellen zusammen und lieferte die
Texte über die Geschichte der Orte, Kirchen und Burgen. Ihm ge-
lang es, die Literatur zur Heimatgeschichte Eupen-Malmedys in ei-
ner bis 1935 gültigen Vollständigkeit zu gliedern und zu ordnen.
Ihm gelang es auch, die ersten fundierten Hinweise auf alte Fund-
stellen zu liefern. Somit wurden 15 Jahre nach der Annexion die
”Kunstdenkmäler” das erste umfaßende Werk der sogenannten Ost-
kantone, wo sich Eupen und St. Vith erstmals in einer Schicksalsge-
meinschaft verbunden sahen. Die Kunstdenkmäler wurden zum
Symbol hiesiger Heimatgeschichte, das erste Nachschlagewerk, der
unentbehrliche Leitfaden.
Darüberhinaus sind die ”Kunstdenkmäler” selber zu einem
Stück Vergangenheit geworden. Schon der gehandelte Antiquariat-
preis von 6 bis 10.000 Fr. beweist dies. Ließ er doch in den vergan-
genen Jahren manchen gewichsten Buchmakler aufhorchen. Der
Ausgabe bleibt auch in seinem Reprint ein Stück Vergangenheit, denn
rund Dreiviertel der Bauten, Denkmäler und Kunstgegenstände
sind seit 1935 aus dem Bild unserer Städte und Dörfer, aus den Kir-
108
chen, Kapellen, Bürgerhäusern und Bauernhöfen - besonders süd-
lich der Vennabdachung - verschwunden. Freilich hat zu diesem
Kulturschwund die verheerende Ardennenoffensive im blutigen
Winter 44/45 beigetragen; doch einen größeren kulturellen Sub-
stanzverlust bewirkten in den letzten 20 Jahren die Urbanisten, die
Kunst- und Antiquariatsjäger sowie die Dorfpastöre, die im post-
konzilären Eifer ihre Kirchen ”abstauben” und manches Kunstwerk
in einer Seitenkapelle oder Sakristei verschwinden ließen, bis es
schließlich in der Villa eines Neureichen einen ungewöhnlichen
Platz fand.
Die Neuauflage der Kunstdenkmäler in ihrer ursprünglichen
Form kann jedoch nicht vorbehaltlos als ”kulturelle Tat” gefeiert
werden. Sie bereichert kaum die aktive Heimatkunde, da die Fehler
von 1935 - und das Werk von Reiners-Neu enthält einige - somit
multipliziert werden. Sicherlich wäre eine Überarbeitung der Kunst-
denkmäler und ihre Aktualisierung auf den heutigen Stand der hei-
matkundlichen Forschung sinnvoller gewesen. Die Möglichkeit war
übrigens vor 6 Jahren gegeben, als der Ko-Autor des Standardwer- 5
kes, Professor Dr. Heinrich Neu, kurz vor seinem plötzlichen Tode
uns seine Absicht anvertraute, die Kunstdenkmäler zu überarbei-
ten.
Spätere Vorstöße hiesiger Geschichtsvereine bei den zuständi-
gen Kulturbehörden des deutschen Sprachgebiets in dieser Richtung
fanden keine zustimmende Resonanz. Schade, denn die Aktualisie-
rung der Kunstdenkmäler wäre weit sinnvoller gewesen als die Ver-
marktung eines zwangsläufig überholten Standardwerkes. (1)
Hubert Jenniges (2)
* x * a * * *
(1) "Die Kunstdenkmäler von Eupen-Malmedy” 508 S., Leinen, 3.100 Fr., Druck u.
Verlag L. Schwann, Düsseldorf.
(2) Der Autor schrieb vorstehende Rezension als Beitrag zum ”Kulturmagazin” des
BRF vom 1. Mai 1982
109
Von nunmehr 15 Jahren erhielt das Kgl. Institut für die Kunst-
denkmäler von den Kulturministern den Auftrag, ein kurzgefaßtes,
aber doch vollständiges Verzeichnis der Kunstdenkmäler unseres
Landes anzufertigen. Für jeden der 222 Gerichtskantone des Lan-
des sollte vordringlich ein Inventar der sakralen Kunstgegenstände
als der am meisten gefährdeten angelegt werden.
Neun Kunsthistoriker und ebensoviele Fotografen begannen
sogleich mit dieser umfangreichen Arbeit und konnten 1972 die er-
sten Ergebnisse veröffentlichen.
Aus dem deutschsprachigen Gebiet erschien 1974 das Inventar
des Kantons Eupen und 1977 dasjenige des Kantons St. Vith. Beide
stammten aus der Feder von Jean-Jacques Bolly und waren in fran-
zösischer Sprache abgefaßt. Da die zuständigen Stellen dem
Wunsch von Kulturhauptinspektor Pauquet, die beiden Verzeich-
nisse ins Deutsche übersetzen zu lassen, sehr positiv gegenüberstan-
den, konnte schon 1977 mit den Vorarbeiten einer deutschsprachi-
gen Veröffentlichung begonnen werden. Auch fanden im Kultur-
amt eine Reihe von Gesprächen mit den im deutschsprachigen Ge-
biet tätigen Geschichtsvereinen statt mit dem Ziel, ein umfangreicheres
Werk über den deutschen Sprachraum Belgiens zu veröffentlichen.
Diese Gespräche verliefen aber ohne konkretes Ergebnis.
1981 erschien dann die deutsche Übersetzung von Bolly’s In-
ventar für den Kanton Eupen. Im Mai d.J. folgte der zweite Ausgabe,
d.h. das Inventar des Kantons St. Vith, beide in der Übersetzung des
Eupener Kunsthistorikers Norbert Kreusch. Gegliedert sind die In-
ventare nach Gemeinden, wobei ein sehr übersichtliches Inhaltsver-
zeichnis das Nachschlagen erleichtert.
Diese Verzeichnisse der sakralen Kunst unseres Gebietes stel-
len eine wertvolle Ergänzung der Kunstdenkmäler von Reiners und
Neu dar. Doch so wie Reiners und Neu heute nur noch bedingt zu-
verlässig sind, muß auch vor Bolly-Kreusch gewarnt werden. Wir
haben uns erlaubt, die Zuverlässigkeit dieser Verzeichnisse stichpro-
benweise nachzuprüfen, ohne den Versuch zu machen, Ort um Ort
systematisch durchzusehen.
Stichprobe 1 : Eynatten. Das Inventar (S.56) zählt 24 Grabdenkmä-
ler mit Angabe der Inschrift auf. Davon sind drei heute nicht mehr
vorhanden. Von den Namensangaben auf den restlichen 21 sind
110
nachweislich neun falsch. Hier zwei Beispiele : ”Grabkreuz des
Lambert Schseers” sagt das Inventar. Die Inschrift lautet jedoch :
”Lambert Schepers Tochter Treingen” (d.h. Katharina, die Tochter
des Lambert Scheper(s). Ein weiteres Beispiel : Ein Kreuz von 1694
wird als das der ”Cathrina Laur, Ehefrau des Conrad Staumeke” an-
gegeben. Die Inschrift lautet richtig : ”Catharina Lauss Bergh, gewe-
sene Haussfraw von Coonrad (oder Leonard) der Steinmetzer”!
Stichprobe 2 : Hauset. Das Inventar erweist sich in seinen Angaben
bzgl. der Kirchenfenster (S. 59) vollständiger als die französischspra-
chige Ausgabe, gibt aber bzgl. des Mobilars und anderer Gegenstän-
de eine Menge Fehlinformationen. Z.B. : die von Wings aus Wegberg
(nicht Wechberg) um 1860 gelieferte Kommunionbank ist im Zuge S
der Liturgiereform entfernt worden. Bolly-Kreusch lassen es auch
an der angestrebten Vollständigkeit fehlen. So sind allein für Hauset
2 Kelche, 2 Ziborien, 2 Reliquarien, ein Wein- und ein Wasserkänn-
chen, eine neugotische Monstranz und eine Pyxis nicht inventari-
siert.
Stichprobe 3 : Lengeler. Erwähnt werden 4 Statuen (Inv. S. 66) als
Werke des 18. Jh. In Wirklichkeit wurden diese Skulpturen 1954
durch Johann Hahn aus Espeler nach alten Vorbildern geschnitzt!
Ein weiterer Irrtum : Das Ziborium (S. 63) mit dem Stempel
”FW” ist keine Lütticher, sondern eine Kölner Arbeit aus der Werk-
statt des Goldschmiedemeisters J.F. Weisweiler.
Stichprobe : Born. Eine Kapelle wird in Born nicht erst 1698, son-
dern schon 1605 erwähnt.
Ein Vergleich der Grabkreuzinschriften mit den von Bolly-Kreusch
wiedergegebenen zeigt, daß von 15 Inschriften 5 falsch gelesen wur-
den.
Das Gemälde mit der Darstellung des Martyriums der Pfarrpa-
tronin Luzia ist nicht in der Kirche, sondern im Pfarrhaus. Die im
Hintergrund zu sehende Kapelle ist auch nicht die alte Borner Ka-
pelle, so wie sie vor dem Umbau von 1907 aussah.
Dies sind, wie gesagt, einige Stichproben. Und diese wenigen
Stichproben haben schon manchen Irrtum aufgezeigt. Deshalb un-
ser Urteil : "Bedingt zuverlässig”.
Die beiden Inventarbände sind erhältlich im Grenz-Echo Ver-
lag, Eupen, sowie beim ”Institut Royal du Patrimoine Artistique”
Parc du Cinquanternaire, 1, 1040, Brüssel, zum Preise von 300 Fr.
(Eupen) bzw. 550 Fr (St. Vith).
A. Bertha
11
Der Pennengsfötzer
Gerard Tatas
Wat sadder van dä auwe schro
Raktege Harpagon?
E stinkt va luter Jeld en Jod,
En es doch mager wie en Hot,
Weil häe noch vör sich satt te äete
Te sihr es op sie Jeld versäete.
Dä rieke Pennengsfötzer läft
Mer jüst vör Zense en Jeschäft.
En motte sech, vör en der Stelle
Et Jeld atwerrem no te telle,
Ne Bröl löks sette op en Nas,
Da käeke lever över Jlas
Met en of met et ander Ow,
Dat net der Bröl verschliete sow.
En wedder watte och noch döng?
Vör mer der Hond te spare, stöng
Bestemmt häe lever, no sing Aaat,
E mol of drij, veer op de Naht,
Wenn örjens mer sech rüet en Mus,
En bellde selver öm en Hus.
Et Sondes jehte nojjen Mees,
Öm hover tien en och öm sees,
En bett sech, wie sech dat jehüet,
Bes dat der Büll häe klingle hüet.
Da jehte vör der Tied erut,
Sös kräche sech och noch jätt drut.
Ech ming, dat wür doch allerhand! —
Ech han ne Jizhos och jekannt.
Dä Ärtesopp et janze Johr
Mer ot, och wenn se sur döks wor.
Verlän now hauw die Ärtesopp
Esö völ Hor en Schömel op
Dat häe se net erav mie kräch,
Now denkt öch doch ens an, wat Pech!
Mn
Dä Jizhos sätt sech : »Nondivik!« —
En schött sech ut e Jläske Pik —
Now äet de Sopp, da krisste schnak
Dat Dröpke vör der Nojeschmack.
Häe köjde, schluckde now en zwong
De Sopp eraf sech, wie et jong.
E paarmol mosse sech do bräeke,
Sö bläv se ejjen Hos höm stäeke.
Mä met der Pik e Utsecht ot >
Häe alles op met Heldemot.
Kom wor de Telder läch, du schott
Et janze Dröpke häe wer flott .
Trök met ne Trieter ejjen Fleisch,
En sätt : Dow lecks mech ejjen Teisch!
Dat krisste net, dow bes jo satt,
Da han ech dech ens vies jehatt!«
Watt sadder van dä Mann, lev Lüj?
Do hadder flott ens könne hüj
E Beldsche van ne Jizhos krie —
Natürlich dörch en Lup jesie.