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Landschaft im Grenzraum Nordostbelgiens
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal
N “27
Vorsitzender : Peter Zimmer, Sandweg 8 - 3, Kelmis
Sekretariat : Kirchplatz, 6 - 4720 Kelmis - Tel. 087/65.99.62
Lektor : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße, 33
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kirchstraße, 20, Kelmis
Postscheckkonto N° 000-0191053-60
Die Beiträge verpflichten nur die Verfasser.
Alle Rechte vorbehalten.
Entwurf des Titelblattes : Frau Pauquet-Dorr, Kelmis
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhltalviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
Druck. Jacques Aldenhoff, Gemmenich.
3
Inhaltsverzeichnis
Firmin Pauquet, Kelmis Erste urkundliche Erwähnung der Orte 4
Hergenrath und Kelmis am 22. März
1280
Dr. Gisela De Ridder, Die ehemaligen Zinkgruben des
Kelmis Altenberger Grubenfeldes 10
Walter Meven, Hergenrath Die ”’Herrlichkeit’” Eynatten 24
Alfred Bertha, Hergenrath Die Anfänge der evangelischen 27
Kirchengemeinde zu Neutral- und
Preußisch-Moresnet
Leonie Wichert-Schmetz, Alles hat seinen Ort und seine Zeit 53
Bad-Driburg
Leo Homburg, Fossey Deutsch-belgischer Grenzverkehr im 54
Spätherbst 1939
Gerard Tatas, (+) Die salomonische Antwort 59
Gemmenich
In memorian Gerard Tatas 61
Alfred Bertha, Hergenrath Hergenrather Schulchronik 64
Walter Meven, Hergenrath Aushebung in Raeren und Neudorf 77
Albert Janclaes, Walhorn Ein altes Haus erzählt 80
Gerard Tatas () Ein zweiter Diogenes 88
Walter Meven, Hergenrath Das Amt des Henkers in alter Zeit 90
Alfred Bertha, Hergenrath Auf dem Büchermarkt 106
4
Erste urkundliche Erwähnung der Orte
Hergenrath und Kelmis
am 22. März 1280
von Firmin Pauquet
Es mag ein Zufall sein, daß die beiden Orte Kelmis und
Hergenrath, die seit der Gemeindefusion (1977) der Großgemein-
de Kelmis angehören, vor 700 Jahren erstmalig in derselben
Urkunde erwähnt werden. Immerhin zeugt dies von gewissen %
durch die Nachbarschaft bedingten Gemeinsamkeiten im Laufe
der Jahrhunderte.
Die besagte Originalurkunde gehört zum Bestand der ehe-
maligen Zisterzienserabtei Camp (Gem. Kamp-Lintfort, Land-
kreis Moers, am Niederrhein), der im Hauptstaatsarchiv Düssel-
dorf lagert. (1) Dr Wilhelm Mummenhoff, langjähriger Aachener
Archivdirektor, veröffentlichte dieselbe i.J. 1961 in Regestenform,
d.h. in einer ins Deutsche übersetzten Kurzfassung, im ersten
Ausgabe der ”’Regesten der Reichsstadt Aachen 1251-1300.”
- Datiert ist die Urkunde wie folgt : ’”’Datum feria tertia ante
festum annunctiationis beatae virginis Mariae Anno Domini
Millesimo ducentesimo septuagesimo nono’”’ d.h. ”’Getätigt am
dritten Tage vor dem Feste Mariä Verkündigung i.J. des Herrn
12790
Da damals im Bistum Lüttich, wozu der Ausstellungsort
Aachen gehörte, das Jahr erst mit Ostern anfing und das Fest
Mariä Verkündigung auf den 25. März, also vor Ostern fällt,
entspricht der 22. März 1279 damaliger Zeitrechnung dem 22.
März 1280 nach unserer Zeitrechnung mit Jahresbeginn am 1.
Januar. (2)
Dem Regest von Dr. Mummenhoff folgend, möchte ich aus
dem Inhalt folgendes hervorheben :
(1) Staatsarchiv Düsseldorf, Abtei Kamp, Urkunde nr. 193.
(2) Entgegen Dr. Mummenhoff, der die Urkunde vom 19. März, d.h. 6 Tage vor dem
Feste Mariä Verkündigung datiert, bin ich der Meinung, daß sie vom 22. März d.h. 3
Tage vor diesem Feste - feria tertia ante festum - stammt.
5
Es wird bekundet, daß Aleidis, Witwe des Aachener Bürgers
Willelmus de Roza, einerseits, ihre beiden Söhne, ihr Schwieger-
sohn und der Abt des Zisterzienserklosters Camp als Vertreter des
Ludovicus, des dritten Sohnes besagter Witwe, der sein Probejahr
noch nicht beendet und noch keine Profess abgelegt hat, anderer-
seits, vor den Richtern und Schöffen zu Aachen erschienen sind,
um die Erbteilung zu regeln. Die Witwe Aleidis verzichtet auf alle
ihre Güter und die Erben lassen durch Schöffenurteil feststellen,
daß dieser Verzicht rechtskräftig erfolgt sei.
Im einzelnen wird dann aufgeführt, wie die Güteraufteilung
aussieht; Abt und Konvent des Klosters erhalten u.a. :
”Tres solidos et duos capones qui apud Kelms solvuntur.
Item unum modum siliginis qui apud Heyenrot solvitur”,
d.h. 3 Schillinge und 2 Kapaune (verschnittene Hähnchen) von
einem Gut bei Kelmis und ein Müd (ca 255 Liter) Roggen von
einem Gut bei Heyenrot.
Der Teilung stimmten alle zu.
Der Teilungsakt wurde getätigt vor dem Vogt und Schultheiß,
dem Meier, dem Untervogt und den Schöffen zu Aachen. Zu der
Abmachung wurden außerdem eine Reihe von Aachener Bürgern
und Handwerkern als Zeugen und ”’’Dingmannen”’ hinzugezogen.
10 davon werden namentlich genannt, unter ihnen einer der
beiden Bürgermeister der Stadt.
Die Urkunde wurde auf Bitten der Parteien ausgefertigt als
Chirograph, d.h. in doppelter Ausfertigung, und mit dem Siegel
von Aachen besiegelt. Das an einer grünen Seidenschnur anhän-
gende Siegel ist leider verloren.
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Außer den oben genannten Renten in Kelmis und Hergen-
rath werden dem Kloster Kamp Einkünfte in Helkenrode (heute
Elkenraad) bei Wijlre, Sledenaken (heute Slenaeken) und Hum-
burg (Homburg/Hombourg), zugesprochen. So kam das Kloster
- das erste Zisterzienserkloster auf deutschem Boden, gegründet
1122 - in nicht unerheblichen Besitz von westlich der Kaiserstadt
Aachen gelegenen Gütern und Renten, u.a. im Herzogtum
Limburg und in der späteren Grafschaft Wittem.
Der Aachener Patrizier Wilhelm von Roza, dessen Witwe
noch zu ihren Lebzeiten zu Gunsten ihrer Kinder auf den
6
gesamten Besitz verzichtet, besaß also schon vor 1280 eine
Grundrente von einem Gut, vermutlich einem Bauernhof, in
Keimis und eine andere Rente von einem Gut zu ”Heyenrot”,
woraus wir schließen dürfen, daß Kelmis und Hergenrath zu jener
Zeit besiedelte Orte waren.
Die Erbteilung erlaubt uns, eine Aufstellung des gesamten
Besitzes dieses Aachener Patriziers vorzunehmen. Wilhelm von
Roza besaß nicht nur in der Kaiserstadt, dem wirtschaftlichen
Zentrum der Region, ausgedehnten Besitz, sondern auch in den
umliegenden Gebieten : ein Haus und einen Backofen in Aachen,
ein Haus und landwirtschaftliches Anwesen in Gulpen, 278
Morgen Land in verschiedenen Ortschaften, zahlreiche Geld- und .
Naturalrenten von Häusern in der Stadt und auf dem Lande sowie
eine Herde von 1200 Schafen die wohl in der an die Stadt
angrenzenden ”’Aachener Heide’”” weideten, doch möglicherweise
auch am Westhang des Aachener Waldes in der Kelmiser und
Hergenrather Heide, wo die Aachener Bürger und die Einwohner
der nahen limburgischen Orte gemeinsames Nutzungsrecht be-
saßen. Diese bedeutende Schafherde läßt auf Tuch-"industrie” in
Aachen schließen.
Die Urkunde stellt auch ein Zeugnis der wirtschaftlichen
Verbindungen dar, die zwischen Aachen, dem Zentrum erst des
karolingischen Reiches, dann des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nation einerseits, und den ostlimburgischen Orten
andererseits bestanden.
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Was die Schreibweise des Hauptortes unserer Gemeinde in
dem Dokument von 1280 angeht, so entspricht dieselbe genau der
heutigen plattdeutschen Aussprache des Ortsnamens. Die stum-
men ”e’” sind vom Schreiber der Urkunde nicht notiert worden.
Von ”Heyenrot” läßt sich dasselbe nicht sagen. Zwar ist die hier
vorkommende Form der plattdeutschen Benennung ”’Herjent”’
verwandt, aber von Gleichsetzung kann nicht die Rede sein. Die
Formen ”Hargenroth’” (1290) und ”’Hergenrath’”” die in den
ältesten Nekrologen des Aachener Marienstiftes und der Burt-
scheider Abtei‘ als Familiennamen auftreten, sind hingegen mit
der heutigen Schreibweise identisch oder derselben sehr ähnlich.
Die Endung ”rath’” oder ”rode’” weist in die Zeit der letzten
großen Rodungsperiode im Gebiet des Reichswaldes. Man ver-
7
gleiche Rolduc/Herzogenrath (1104), Nuroth/Nöreth (1213), von
den roideren /Raeren 1400, Welkenrot/Welkenraed (1442) u.a.
Philologische Spitzfindigkeit wird darauf hinweisen, daß
”Heyen”’rot sprachgeschichtlich nicht zu Hergenrath hat werden
können. Der Umtext der Urkunde läßt jedoch keinen anderen
Schluß zu, als Heyenrot und Hergenrath gleichzusetzen.
Die Familie von Hergenrath dürfte ihren Sitz auf dem später
an die Familie Bertholf gekommenen Gut gehabt haben. Unter
‘dem Namen ”’Gut Bertholf” ist der Hof heute noch bekannt.
Aus dem Jahre 1280 stammt auch die erste urkundliche
Erwähnung der Eyneburg, deren Besitzer als Grundherren eine
bedeutende Rolle in der Geschichte der beiden Ortschaften
Kelmis und Hergenrath gespielt haben. Johann von Eyneburg
wird 1280 als Stiftsherr von St. Servatius in Maastricht erwähnt.
”Keleme’” nennt der Bergmann heute noch im Dialekt die
vier Zinkerze : Zinkspat, Zinksilikat, Kieselzinkerz und Zink-
blüte. Wie das dt. ”’Galmei’’, das mittelfranzösische ”’Calamine””,
das wallonische ’”’calmene’”’, so wird auch die plattdeutsche
Bezeichnung vom lateinischen ”’lapis calaminaris”” hergeleitet.
Die Nennung des Ortes Kel(e)m(e)s i.J. 1280 beweist, daß die
Existenz des großen Erzlagers zu jener Zeit bekannt war. Es ist
auch nicht ausgeschlossen, daß der Kelmisberg schon der karo-
lingischen Hütte unter Alkuin in Aachen bekannt war und daß
seither ununterbrochen dort Erz gefördert wurde. Man darf sogar
einen Abbau des Zinkerzes in der keltorömischen Zeit nicht
ausschließen, liegt Kelmis doch im Bereich des Fundus des
römischen Veteranen Geminius. Dieses keltorömische Landgut ist
der spätere karolingische Königshof Geminiacum, aus dem sich
die herzogliche limburgische ’’Bank’’ Völkerich, später Montzen
genannt, entwickelte. Der Passus in der ”’Historia Naturalis’”” von
Plinius dem Älteren (23-79), Buch 34, Kap. 2, man habe
neuerdings in der Provinz Germanien Cadmia entdeckt, könnte
sich, wie vielfach angenommen, auf den Altenberg in Kelmis
beziehen.
Die französische Schreibweise ”’Calamine’”” erscheint zum
ersten Male auf einer der ältesten Karten des Herzogtums
Limburg, die von Gilles Martini i.J. 1603 herausgegeben wurde.
Urkundlich belegt setzt der Bergbau in Kelmis erst 1344 ein.
Wie in den Aachener Stadtrechnungen zu lesen steht, wurde er
8 £
von der Stadt Aachen betrieben. Wie kommt die Stadt in den
Besitz des Bergwerks? Man kann nur vermuten, daß dasselbe mit
anderen Gütern und Gerechtsamen stillschweigend von der
Aachener Kaiserpfalz auf die Stadt übergegangen ist. Die Stadt
bringt stets ihren Besitz am ’’Kalmijnberg’’ mit ihren Gerecht-
samen an Feld, Busch, Heide, Wasser und Weide in ihrer
Gemeinde in enge Beziehung. Diese ”’Gemeinde von Aich’’, auch
Reichswald genannt, gehört zur ehemaligen Foresta, die von der
Pfalz aus verwaltet wurde. Die Westgrenze des Forstes folgte dem
Göhlbach und dern Gemmenicher Bach, wie es die Walhorner
Schöffen 1391 weisen. In diesem Weistum sind auch die Ortschaf-
ten Kelmys und Hergenrath, an der Göhl liegend, ausdrücklich 7
erwähnt.
Es ist hier nicht möglich, auf die Geschichte des Bergbaues
am Altenberge weiter einzugehen. Es sei nur noch erwähnt, daß
Herzog Philipp der Gute von Burgund, kurz nachdem er Brabant-
Limburg erworben hatte, den ”alden kalmijnberge daer die van
Aken inne plegen te graeven’” mit Gewalt innebehielt. Seitdem
bildete das Bergwerk das geschätzte Kleinod der limburgischen
Domänenverwaltung. So blieb es bis zur französischen Revo-
lution.
Sowohl im Gebiet der Bank und Urpfarre Walhorn, wozu
Hergenrath gehörte, als auch im ehemaligen Königshof Geminia-
cum hatten die Grafen (ab 1155 Herzöge von Limburg) schon vor
der Schlacht bei Worringen fest Fuß gefaßt. Durch den Ausgang
dieser Schlacht - es war der 5. Juni 1288 - wurde Limburg mit
Brabant vereinigi und so endgültig nach Westen orientiert.
Kelmis und Hergenrath gehörten seitdem zum Fürstentümerver-
band, aus dem Belgien entstehen sollte. Die Landesgrenze gegen
Aachen wurde am 31. Juli 1431 durch Weistum der Völkericher
und Walhorner Schöffen als dem Waldkamm innerhalb des Pruys-
und Reichswaldes folgend beschrieben.
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Aus der Burgunderzeit stammen die ersten Angaben über
Bevölkerungszahlen in Kelmis und Hergenrath. Letzteres zählte
i.J. 1445 19 Steuerpflichtige, während in Kelmis, damals ein
kleines Dorf an der Rochuskapelle, 30 Steuerpflichtige ansässig
waren, die sich auf Montzener, Moresneter und Walhorner
Pfarrgebiet verteilten.
9
Hergenrath hatte 1441 eine Martini-Kapelle, die 1619 zur
Taufkapelle ausgebaut wurde. Die Kelmiser Rochuskapelle wird
erstmals 1646 erwähnt.
Als der spanische König Philipp IV. nach den Kriegsjahren
sich genötigt sieht, seine herrschaftlichen Rechte (Jagd, Fisch-
fang, Ernennung der Schöffen) in den limburgischen Dörfern zu
veräußern, behält er sich dieselben vor ”in het gehucht van
Kelmis ende tgene daeraen cleeft ter oirsaeke vande importancie
van onzen Calmynberghe aldaer’’.
So entstand am 28. September 1650 die königliche Herr-
schaft Kelmis, deren Gebiet mit dem späteren Neu-Moresneter
Territorium und dem bewohnten Teil von Neutral-Moresnet
(Kelmis) bis zum Roebach übereinstimmte und die als unab-
hängige Verwaltungseinheit bis zur französischen Revolution
bestehen blieb. Erst 1794 wurde sie mit der Herrschaft Moresnet
zur ”Municipalite de Moresnet et Kelmis’’ zusammengelegt.
Auch Hergenrath war nach 1650 mindestens während einer
gewissen Zeit als Herrschaft von Walhorn getrennt, das der Herr
von Walhorn, der die Herrschaftsrechte vom König erworben
hatte, sie aber teilweise weiter veräußerte, so in Eynatten und
scheinbar auch in Hergenrath. Die Frage bedarf jedoch noch
weiterer Forschungen, um endgültig geklärt zu sein.
Die jüngere Geschichte ist allen besser bekannt. Wir werden
hier nicht weiter darauf eingehen. Die 700-Jahrfeier unserer Orte
Kelmis und Hergenrath schien uns ein willkommener Anlaß, die
Urkunde aus dem Jahre 1280 etwas näher zu analysieren und auf
die ältere Geschichte unserer Gemeinde zurückzukommen.
10
Die ehemaligen Zinkgruben des Alten-
berger Grubenfeldes der Gesellschaft der
Vieille - Montagne
von Dr. G. De Ridder
Die erste diesjährige Exkursion unserer Vereinigung führte
zu den ehemaligen Zinkgruben des Altenberger Grubenfeldes der )
Gesellschaft der Vieille Montagne. Trotz Schneeschauer waren
sehr zahlreich Interessenten gekommen, um das etwa 8000 ha
große Konzessionsfeld der Vieille Montagne im Überblick ken-
nenzulernen. Kulturhauptinspektor Firmin Pauquet übernahm
die geschichtliche Führung. Unter den Gästen befanden sich der
Mineraloge Dr. Schmitz und seine Gattin und der Geologe Dr.
Gussone aus Aachen. Vom Kirchplatz Kelmis begab man sich zur
Lütticher Straße, zu den ehemaligen Verwaltungsgebäuden der
Vieille Montagne, die heute Lagerräumen und einer Garage
dienen. Gegenüber diesen Gebäuden befinden sich noch immer
große Galmeihalden, auf denen im Frühling und im Sommer die
Galmeiflora zu bewundern ist.
Bereits zur Römerzeit wurden Erze in der Umgebung
Aachens abgebaut und verhüttet. So berichtet Plinius der Jüngere
77 n. Chr. über Erzlagerstätten in der Provinz Germanien :
Historia naturalis (Lib. XXXIV, cap. 2) ”’Metall bereitet man aus
einem erzartigen Stein, der cadmia genannt wird.”” Über das
Wort cadmia entwickelte sich später ”’Calamine, Calmine, Kel-
me, Galmei’’. Jahrhunderte hindurch wurde am Altenberg in
Kelmis hochprozentiges Zinkerzgestein Galmei, eine sekundäre
Bildung aus ZnCo3 (Smithsonit, Zinkspat) und Zn4 (OH2Si207
Hemimorphit, Kieselzinkerz, Kieselgalmei) zunächst im Tagebau
abgebaut. Auch die Hütte Karls des Großen unter Alkuin
verwendete wahrscheinlich Erz aus diesem Raum. Erst viel
später, als der Altenberg ausgebeutet war, etwa gegen 1850
suchte man Erz in Tiefen bis zu 300 m. Von 1837 bis 1884
wurden aus der Grube Altenberg insgesamt 1.414.328 Tonnen
Galmei gefördert.
11
Die Rundreise führte zunächst in Richtung Hauset nach
Fossey, einer Grube, die (nach Bohrungen und Versuchsschäch-
ten um 1875) 1878 in Betrieb genommen werden konnte. In
diesem Gebiet gab es zunächst vier Galmeilager, die teils im
Tagebau, später dann unter Tage abgebaut wurden. Besonders
das Grundwasser bereitete viele Schwierigkeiten. So mußte auf
der 36-Meter-Sohle ein 633 m langer Tunnel angelegt werden, um
hier 1881 bis 1884 Abhilfe zu schaffen.
1883 entdeckte man 200 m weiter nordöstlich ein fünftes
Galmeilager (’’Prester’’), das mit Fossey verbunden wurde.
Bohrungen bis zu einer Tiefe von 50 m mußten wegen zu großer
Wassereinbrüche abgebrochen werden. Ein breiter Schacht und
der Einsatz einer kräftigen Pumpe erlaubten schließlich den
Abbau der vorhandenen Erze.
Südwestlich von Fossey auf der Flur ”’Lindengraben”” stieß
man um 1900 auf weitere Galmeivorkommen, die eine ausge-
zeichnete Qualität aufwiesen. Zwei Schächte wurden bis auf 84 m
abgeteuft. Ein 3. Schacht führte auf die Sohlen 104, 126 und
schließlich 146 m. Die Erze von ”Lindengraben” wurden durch
den sogenannten ”Luisenstollen’” bei Hammer ausgebracht, dort
aufgekippt und später dann mit einer Pferdebahn nach Kelmis
befördert.
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Abb. 1 Lindengraben
12
”Lindengraben” mußte im Dezember 1918 wegen Kohlen-
mangels die Arbeiten einstellen. Die noch vorhandenen Erzvor-
kommen lohnten eine spätere Wiederaufnahme der Tätigkeit
nicht. Es sei noch erwähnt, daß diese Grube - hochwertiges
Galmei (mit einem hohen Anteil an Willemit) lieferte; auch die
Blende war außergewöhnlich rein und schwefelarm. (s. Abb. 1).
Von der 4S-jährigen Grubenarbeit blieben nur Weiher,
Hügel und das Ausgangstor des Luisenstollens übrig, die heute
diese Landschaft prägen. Die Grube wurde 1923 endgültig
geschlossen. Herr Homburg, langjähriges Mitglied des Verwal-
tungsrates unserer Vereinigung, führte die Gruppe durch Fossey
‚und berichtete aus eigenen Erinnerungen an diese Grube. (1)
Die Besichtigung von Rabotrath, einer Zinkgrube, die bereits
im 15. Jh. und später unter der Kaiserin Maria-Theresia, etwa
um 1737, in Betrieb war, hinterließ nur durch verschiedene
Hügelbildungen und ein in ein Bauernhaus umgebautes Verwal-
tungsgebäude Spuren der Zinkerzgewinnung, die hier intensiv von
1751 bis 1766 und 1848 bis 1852 betrieben wurde. Der Bau eines
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Abb. 2: Die Anlagen der Grube Rabotrath
Lithographie von A. Maugendre 1850 - Reprod. A. Jansen
13
Lagers und die Anstellung eines Kontrolleurs erfolgte 1751. Neue
Versuchsschächte und die Anlage einer Erzwäsche entstanden um
1848. Die größte Teufe betrug hier 24 m. In allernächster Nähe
befand sich ein aufschlußreicher Kohlenkalksteinbruch, über den
Dr. Schmitz ausführliche Erklärungen abgab. (S. Abb. 2) (2)
Auf einem Hügel, fast in geradliniger Fortsetzung zu Rabot-
rath, befand sich die ehemalige Zinkerzgrube Poppelsberg. (S.
Abb. 3) Diese Grube wurde bereits 1499 als ”’Bleiberg’’ erwähnt.
Erste Bohrungen erfolgten 1849. 1851 konnte hier vor allem viel
Schalenblende (ZnS Sphalerit, Zinkblende, Typ Schalenblende)
gewonnen werden. In der Zeit von 1858 bis 1867 betrug der
Erzabbau etwa 18.000 Tonnen. Das Erz wurde bis zu einer Teufe
von 37 m gewonnen. Heute verweisen nur frühere Stallungen und
das ehemalige Verwaltungsgebäude, jetzt in einen Hühnerstall
umgebaut, auf die vergangene Bergwerksgeschichte. (3) Die
Grube Lontzen ’’Am Berg’’ war dann das nächste Besichtigungs-
ziel.
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Abb. 3: Der Poppelsberg
Foto: A. Jansen
Bereits 1475 bis 1521 kann man über Streitigkeiten über das
Bergrecht in der Vogtei Lontzen lesen. Erst 1850 wurde ein
Versuchsschacht angelegt, Bohrungen in größerem Ausmaß folgten
1878. Jedoch erst 1900 konnte die Inbetriebnahme der Lontzener
14
Grube erfolgen, die dann bis 1935 wertvolles Zinkerz lieferte. (3)
In 35 Betriebsjahren wurde auf fünf Sohlen, und zwar in 3 m,
40 m, 80 m, 112 m und 118 m, Erz gewonnen. Die Ausbringung
des Erzes erfolgte durch einen Schacht; zur Aufbereitung wurde
das Erz zunächst mit einem Fuhrwerk und ab 1908 mit einer
Seilbahn - 3,15 km - nach Kelmis transportiert. Etwa 60
Bergleute waren hier ständig beschäftigt. Das Gebäude im
Jugendstil hoch auf dem Berg läßt noch deutlich das frühere
Hauptgebäude der Grube Lontzen erkennen. (4)
Über die Grünstraße führte die Exkursion nach Roer, eine
Grube, die aufgrund von Bohrungen um 1918 und von 1926 bis
1938 auf drei Sohlen, u.a. in 30 und 80 m Tiefe, Erz erbrachte. .
Mit dem Fuhrwerk wurde das Zinkerz zur weiteren Aufbereitung
nach Kelmis befördert. In den 12 Betriebsjahren waren in der
Grube Roer etwa 26 Bergleute ständig bei der Arbeit. Roer war
die letzte Grube, die von der Vieille-Montagne erschlossen
wurde. (5)
In der Vogelfluglinie Roer und Poppelsberg befinden sich
noch heute in Tiefen bis zu 300 m Zinkerzvorkommen. Unweit
hinter dem ehemaligen Grubenfeld von Roer konnte jetzt eine
Bohranlage der Gesellschaft der Vieille-Montagne beobachtet
werden, die nun die Tiefe der Zinklagerstätten neu festgelegt. (S.
Abb. 8)
Prozentuale Zusammensetzung des Haufwerks
der Altenberger Gruben. ;
EAERAEE AH EE EURER REF RUE MEERE AAN RME LE EST SENSE EA ERSTER EEE OA ey ga)
4 Schmalgruf | Eschhruch Mützhapgon | Fonsoy
A DE 31,6 32,1 23,0 | 81,8
POS SL 3,8 N 15
CE 19,5 24,8 21,8 6,2
KO 2,6 1,6 43 3
A 27,5 20,8 Spuren ! 5,9
ME L A Seyr 4 Spuren » i 1,8
Alı0s,MnsO0s. . . 4,2 5,6 5,1 | 2,8
BO A 5,6 8,4 41,4 |. 440
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Ahbhildung 4.
N.
5 d Erläuterung.
Concessionsfeld Sr ut Transpontbahnen
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Mulzhagen - Moresnet. Dampflocomotiv Betrieb
Vieille Monta gne. Schmalgraf -Moresneh Benzin-Locomotiv-Beirieb
Fossey -Moresnet: Pferde-Betrieb
Lonkzen - MoreSnek Drahtseilbahn-Betrieb
M._1:125000, wusssem06 Unberirdische Verbindungen,
Ss + +++ + Elochrische Kraftleitur,gen.
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Mit der Besichtigung dieser Anlage verließ man die soge-
nannte ”’Moresneter Agentur” und begab sich zum Konzessionsfeld
Welkenraedt mit den Gruben La Bruy@re, Heggen, Heggelsbrück,
Pandour und Dickenbosch ...
Dickenbusch befand sich dort, wo heute die Fabrikanlagen
der ”’Ceramique Nationale’’ stehen. Nach Streitigkeiten zwischen
der Vieille-Montagne und dem Baron de la Rousseliere 1862-1867
konnte die Vieille-Montagne ab 1872 allein das Recht des
Erzabbaues hier erwerben. Bis 1880 wurde hier Zinkerz gefördert.
Die größte Teufe betrug 83 m. (6)
In der Nähe der Autobahn und der Eisenbahnlinie sind heute
noch Spuren der ehemaligen Grube Heggelsbrück (Heggen)
erkennbar. Bereits 1434 wurden Heggen und Pangeren als
Gruben beim Luyker Weg erwähnt.
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Abb. 5: Alte Ansicht von ”Heggelsbrück” Welkenraedt
Die Grube Heggelsbrück war von 1882 bis 1888 in Betrieb
(7). Ein in ein Wohnhaus umgeändertes Verwaltungsgebäude
bleibt als sichtbares Zeichen jenes Bergwerks.
17
In den ehemaligen Nachbargruben Saint-Paul und La Bru-
yere wurde das Galmeierz von 1850 bis 1884 abgebaut. (8) (S.
Abb. 6)
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Abb. 6: Die Anlage in Bruyere in Welkenraedt, das Haus an der linken Seite steht
noch.
Stich von A. Maugendre 1850 - Reprod. A. Jansen
Von La Bruyere steht noch die mit einem Zinkdach
versehene Direktorwohnung. Auf der Grube Pandour (auf dem
Gebiet der ehemaligen Gemeinde Henri-Chapelle gelegen) be-
gann der Erzabbau i.J. 1887, nach Versuchsbohrungen i.J. 1885.
Man ging bis zu einer Teufe von 45 m. Die Galmeivorkommen
erstreckten sich über eine Länge von 350 m. (9)
An der Einmündung der Rue Mitoyenne, der Neutralstraße,
in die Lütticher Straße befand sich die Grube Mützhagen.
Nachdem 1891 hier erstmals nach Erz gebohrt wurde, konnte von
1900 bis 1935 auf drei Sohlen (28, 45 und 81 m) Erz abgebaut
werden. Bis zu 30 Bergleute waren hier ständig tätig. Durch einen
Schacht wurde das Erz herausgebracht und mittels einer werksei-
genen Eisenbahn, die auch unter dem Namen ’”Bimmelbahn”
bekannt war, gelangte es nach Kelmis. Von der ehemaligen
18
Schachtanlage ist nur noch eine kleine bewachsene Halde übrig-
geblieben. (S. Abb. 7) (10)
Abb. 7 : Schachtanlage von Mützhagen
Reprod. A. Jansen
Von Mützhagen ging die Fahrt in Richtung Lontzen-Busch
über den Herzogweg, vorbei an der Grube Eschbruch oder
Eschbroich. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist diese Grube mit
der Grube Comborn identisch, die bereits 1471 bis 1481 Erz
förderte. Eschbroich war Zinkerzabbaustätte von 1882 bis 1931.
(11) Auf der Sohle in 142 m Tiefe führte ein Stollen nach
Schmalgraf. Unweit von Eschbruch ist durch eine Tannengruppe
die ehemalige Zinkerzgrube Eselbach gekenntzeichnet. Bereits
19
1433 wurde hier durch Hermann Pael die Erzgewinnung aufge-
nommen. Die Anlage eines neueren Versuchsschachtes erfolgte
1942. Wegen Unrentabilität wurde er aber nach dem Kriege nicht
abgebaut.
Vom Herzogsweg erreichte man die Grube Schmalgraf mit
dem sog, Klousterschacht. (S. Abb. 8) Diese wohl größte Grube
konnte 1867 in Betrieb genommen werden, nachdem 1858 ein
Versuchsschacht und 1862 der Oskarstollen in 42 m Tiefe
angelegt worden waren. Von 1867 bis 1932, also über 65 Jahre,
lieferte Schmalgraf wertvolles Zinkerz, das auf den Sohlen in 7 m,
42 m, 92 m, 132 m, 155 m, 210 m, 255 m, 290 m und 300 m
abgebaut wurde. Über den Oskarstollen im Hornbachtal wurde
das Erz mit einer Bahn, die mit einem Benzinmotor angetrieben
wurde, zur weiteren Aufbereitung nach Kelmis gebracht. Die
Wasserhaltung bereitete den Bergleuten manche Schwierigkeit.
Die Zahl der Beschäftigten über Tage betrug ständig etwa 30,
während unter Tage 120 Bergleute nach Erz schürften. Nur noch
kümmerliche bauliche Überreste sind Zeugen der größten Zink-
erzgrube. Der Oskarstollen, verständlicherweise zugemauert,
trägt noch heute die Initialen der Vieille-Montagne. (12)
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Abb. 8 : Mauerreste auf Schmalgraf
Foto: A. Jansen
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22
Eine zusammenfassende Darstellung über die Zinkaufberei-
tung durch Herrn Dr. Gussone beendete die Exkursion. An dieser
Stelle gilt Herrn Kulturhauptinspektor Pauquet für die geschicht-
lichen Ausführungen über den Erzbergbau des Altenberger
Grubenfeldes unser Dank. Viele bisher unveröffentlichte ge-
schichtliche Begebenheiten sind in diese Arbeit eingewoben
worden. Manches Wissen über den Zinkabbau unserer Gegend
verdanke ich unserem Präsidenten, Herrn Peter Zimmer, der mir
so manchmal seine Erlebnisse als Zinkerz-Bergmann berichtete.
Auf dem Wege nach Heggen fuhr man an Lantzenberg
vorbei, das bereits 1389 als Zinkerzabbaustätte Erwähnung
findet. 1519 regelt eine Verordnung Karls V. die weitere Erzge-
winnung, jedoch erst 1766 konnte mit dem Bau eines Lagers,
nachdem man diese Stätte 1765 neu entdeckt hatte, begonnen
werden. 1848 führte ein Versuchsschacht bis zu einer Tiefe von
51 m. 1850 bis 1875 konnte hier Zinkerz (größte Teufe bei 106 m)
gefördert werden.
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Abb. 8 : Bohrungen a.d. Grünstraße im Frühjahr 1980
Foto: A. Jansen
23
Anmerkungen : Fördermengen der einzelnen Gruben :
(1) Fossey lieferte von 1878 bis 1918 143.067 T. Galmei; 22.453,7 T. Blende und
1.327,6 T. Bleiglanz. (Fossey - Prestert und Lindengraben)
(2)In Rabotrath hat im 18. Jhr. nur auf noch einzelnen vorhandenen Nestern ein
sogenanntes Ausputzen stattgefunden und kein regulärer Abbau,
(3) Poppelsberg von 1858 bis Februar 1867 :
222 T. Galmei, 5.507 T. Blende, 89 T. Bleiglanz. (Förderung : insgesamt 17.907 T.
schwefelhaltiges Haufwerk).
(4) Lontzen von 1900 bis 1935 :
66.641 T. Blende, 5566,8 T. Bleiglanz und 2.942 T. Schwefelkies.
(S) Grube Roer förderte von August 1931 bis Dezember 1936 1.108 T. Galmei,
9.955 T. Blende, 1.277 T. Bleiglanz und 630 T. Schwefelkies.
(6) Dickenbusch von 1868 bis 22. Dez. 1880 : 10.977 T. Galmei, 2913 T. Blende und
2.833 T. Bleierz.
(7) Heggelsbrück von 1882 bis 1888 : 10.861 T. Roh - Galmei.
(8) Saint Paul - Bruyere (Welkenraedt) von 1850 bis 1884 : 150.900 T. Galmei,
24.078 T. Blende und 8.954 T. Bleierz
(9) Pandour von 1887 bis 1902 : 59.913 T. Galmei
(10) Mützhagen von 19.00 bis 1927 3.674,1 T. Galmei, 34.243,6 T. Blende, 4.869,7 T
Bleiglanz und 5.957,6 T. Schwefelkies.
(11) Eschbruchseit 1882 bis 1. Okt. 1931 : 35.412,8 T. Galmei, 70.032,7 T. Blende,
4.514,7 T. Bleiglanz und 14.027,9 T. Schwefelkies.
(12) Schmalgraf von 1867 bis 1. Mai 1932 : 22.641,5 T. Galmei, 333,654 T. Blende,
21.188,9 T. Bleiglanz und 29.295,8 T. Schwefelkies.
Aus der Grube Altenberg wurden seit 1837 bis 9. Sept. 1884 613.492 T. Fels-Galmei
und 800.836 T. gewaschener Galmei, insgesamt 1.414.328 T. Galmei gewonnen.
|
24
Die ”Herrlichkeit’”” Eynatten
(FORTSETZUNG)
von Walter Meven
Der Wunsch, einen männlichen Nachkommen zu haben, der
nach der Übereinkunft mit der Familie Schuyl das Erbe und die
Nachfolge als Herr der ”Herrlichkeit’” Eynatten und Hauset
antreten sollte, erfüllte sich leider nicht. Die einzige Tochter
Clara Anna, die vielleicht aus der ersten Ehe des Arnold Huyn
von Amstenraedt entstammte, kam also für die Nachfolge nicht in
Betracht. Erst ihre Heirat mit Gerart von Dieden Malatesta, der
genau wie sein Schwiegervater Rittmeister in spanischen Diensten
war und einem alten italienischen Fürstengeschlecht entstammte,
löste das Problem auf besondere Weise. Durch den Kauf der
Herrschaft Walhorn im Jahre 1665 vereinigte von Dieden Mala-
testa die Herrschaftsrechte von Eynatten und Hauset sowie
diejenigen über die neuerworbene Herrlichkeit Walhorn auf sich.
Die Quellen aus der Zeit der Herrschaft des Arnolt Huyn von
Amstenraedt fließen eher spärlich. Um so interessanter ist eine
Eintragung in einem Rechnungsbuch der Brabanter Rechnungs-
kammer, aus der hervorgeht, das Huyn von Amstenrath durch
Beschluß derselben Kammer vom 27. August 1656 die Genehmi-
gung erhält, ”in der Hauseter Heide innerhalb der Herrlichkeit
Eynatten in der Bank von Walhorn, eine Windmühle zu bauen,
um dort das Korn der gesamten Gemeinde mahlen zu können.”
Die Erlaubnis wurde an die Bedingung geknüpft, daß der Herr
von Eynatten und dessen Nachfolger jährlich einen Zins von 18
Pfund an die Kammer zu entrichten haben. Eventuell daraus
entstehende Rechtsstreitigkeiten müsse Huyn von Amstenraedt
auf eigene Kosten austragen.
Sowohl für die Orts- wie auch für die Pfarrgeschichte
bedeutsam ist das Testament, das die Gattin des Arnold Huyn
von Amstenraedt, Anna Maria von Merssen, am 29. August 1662
vor einem Notar niederschreiben läßt.
In der Gewißheit, daß nichts sicherer sei als der Tod, nichts
unsicherer jedoch, als dessen Stunde, verfügt sie über ihre
25
zeitlichen Güter, die der allmächtige Gott ihr auf dieser Welt
verliehen; nach reiflicher Überlegung bestimmt sie als Testament
und letztwillige Verfügung unter anderem :
”” ... Desgleichen hinterlasse ich 1200 Pattacons zur Stiftung einer
Kaplan- oder Frühmeßnerstelle zu Eynatten; die jährlichen
Zinsen sollen demselben ausgezahlt werden, und als Gegenleis-
tung soll der Kaplan verpflichtet sein, an allen Sonn- u.
Feiertagen in der Kirche von Eynatten die Messe zu lesen, und
zwar anderthalb Stunden bevor der Pfarrer das Hochamt beginnt,
damit die Pfarrgenossen von Eynatten mit um so größerem Eifer
dem Gottesdienst beiwohnen können.
Darüber hinaus wird der ”Unterpastor’” verpflichtet, jede
Woche zwei Seelenmessen zur Erlösung meiner Seele zu lesen; so
der allmächtige Gott dieselbe noch in Pein oder Qualen zurück-
halten sollte - was ich jedoch nicht hoffe -, bitte ich ihn um
Vergebung aller meiner Sünden.
Außerdem soll derselbe Unterpastor gehalten sein, jeden Sonn-
tagnachmittag vom letzten ’Fastenabend’ bis zum heiligen
Pfingstfest sowie vom 1. September bis 15. November jährlich
kontinuierlich und ewig in der Kirche von Eynatten Katechismus
oder Christenlehre zu halten, und dies zur Ehre Gottes, sowie zur
guten und heilsamen Unterweisung der Jugend.
Auch wird der vorgenannte Kaplan verplichtet sein, Schule
zu halten, den Armen ’um Gottes Willen’, den Reichen für Geld.
Sollte sich jemand finden, der die Jugend in allem unterrichtet, so
mag der Collator den Kaplan vom Schuldienst dispensieren, ohne
das dessen Einkommen dadurch geschmälert würde.
Desgleichen hinterlasse ich dem Kaplan eine jährliche Natu-
ralrente von 10 Faß Roggen Aachener Maß, wofür derselbe
gehalten sein soll, als Jahrgedächtnis für meinen verstorbenen
Neffen Jo. Leonard Christophel Merssen am Tage nach Maria
Geburt eine Singmesse zu halten. Zur Vermehrung der Renten
des Pastors von Eynatten stifte ich 100 Pattacons, wovon derselbe
den Nutzen gemäß königlichem Plakat erhalten soll, und dafür zu
Ehren des Namens Jesu, der heiligen Jungfrau Maria, der heiligen
Mutter Anna und des heiligen Johannes Baptist 4 Singmessen zu
den vier Quatembertagen oder unmittelbar danach zu meinem
Gedächtnisse als Jahrmesse und das von Jahr zu Jahre lesen muß.
Der Kaplan ist verpflichtet, dem heiligen Opfer beizuwohnen
und den Pfarrer beim Gesang zu unterstützen.
|
|
|
26
Umgekehrt soll der Pastor bei den heiligen Messen, die der
Kaplan für meinen verstorbenen Neffen zu feiern hat, anwesend
sein und dieselben am vorhergehenden Sonntag verkündigen.
Auch hinterlasse ich den Armen von Eynatten und Hauset für
ewig und alle Zeiten eine jährliche Fruchtrente von 12 Aachener
Faß sauberen Roggen. Davon soll nach jeder der vorgenannten
Singmessen 1/5 zu Brot verbacken und unter die Armen von
Eynatten und Hauset gerecht verteilt werden.
Die 1200 Pattacons sowie die jährlichen Zinsen derselben
und die Stiftung einer Kaplanei, die genannten 10 Faß Roggen
Aachener Maß als Stiftung für das Jahrgedächtnis meines Neffen,
die 100 Pattacons und der Zinsertrag daraus zur Aufbesserung ;
des Einkommens des Pfarrers von Eynatten, die 12 Faß Roggen
für die Armen von Eynatten und Hauset sollen von nun an und
für alle Zeiten meine Güter, Haus und Hof zu Eynatten, genannt
das Reuschenberg Lehen, belasten. Dasselbe Lehen soll mit
allem, was dazugehört, den Rechten und Gerechtsamen, als
Sicherheit vorgenannter Stiftungen dienen, und der durch mich
zu benennende Erbe sowie dessen Nachkommen sollen gehalten
sein, jedes Jahr ohne irgendeinen Widerspruch die genannten
Summen pünktlich auszuzahlen.
Außerdem soll mein Erbe zum Neubau eines Chores der
Kirche zu Eynatten eine Mindestsumme von 300 Pattacons zur
Verfügung stellen.
Unter diesem Chorraum soll eine Gruft angelegt werden, wo
ich später beigesetzt werden möchte.
Ferner soll man nach meinem Tode den Armen von Eynatten und
Hauset einmalig die Summe von 100 Gulden auszahlen.
Da das Vorstehende Ausdruck meiner Meinung, meines letzten
Willens und meiner Absicht ist, habe ich es heute, den 29.
August 1662, eigenhändig unterzeichnet.”
Das Sterbedatum der Erblasserin ist uns bis heute nicht bekannt,
jedoch entnehmen wir einer Eintragung in den Lehnsregistern der
Propsteilichen Mannkammer, daß sie 1676 nicht mehr unter den
Lebenden weilte.
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29
So reifte der Plan, die evangelischen Gläubigen Neutral- und
Preußisch-Moresnets sowie die des Bleyberger Gebietes zu einer
selbständigen Pfarrgemeinde zusammenzuschließen. In diesem
Zusammenhang ist noch erwähnenswert, daß die evangelischen
Christen von Neutral-Moresnet und Bleyberg keiner Pfarre ange-
hörten.
Bei der Bergwerksgesellschaft war damals auch ein Oberinge-
nieur namens Max Braun beschäftigt. Dieser evangelische Beam-
te stellte Anfang 1855 als Hauslehrer für seinen ältesten Sohn den
Hilfsprediger und Lizenziaten der Theologie, Pfarramtsanwärter
Eduard Lekebusch aus Kaiserswerth ein. Dieser stand kurz vor
der Ordination und nahm nun in Preußisch-Moresnet die pfarr-
amtlichen Geschäfte wahr.
Mit dem 3. Januar 1855 wurde Ed. Lekebusch als Gehilfe
des Eupener Pfarrers in Preußisch-Moresnet angestellt. Bei Max
Braun hatte er freie Station und 100 Reichstaler, wofür er nicht
nur die Kinder Brauns, sondern auch andere schulwillige Kinder
unterrichten mußte.
Für die Gottesdienste stellte die Gesellschaft des Altenberges
einen Saal zur Verfügung, der gewöhnlich der Bergwerkskapelle
zum Proben diente. Der erste Gottesdienst in Preußisch-Moresnet
wurde unter reger Beteiligung der Gemeinde am Sonntag, dem
14. Januar 1855, gefeiert.
Die Grubengesellschaft stellte der evangelischen Gemeinde
auch ”ein geräumiges, schönes, Iluftiges Schullokal’” in den
früheren Stallungen zur Verfügung. Am 10. Juni 1855 wurde die
Schule «eröffnet. Als erster Lehrer wurde Peter Classen aus
Kronenburg, der das Moerser Seminar mit der Note ”’vorzüglich
bestanden” durchgemacht hatte, von der Gesellschaft angestellt
und besoldet. Dem von der Gesellschaft gezahlten Gehalt von 200
Talern fügte die Gemeinde noch 50 Taler hinzu, welche vom
Schulgelde bestritten werden mußten. Der Lehrer hatte freie
Wohnung. Der Oberkirchenrat hatte der Schule 60 Taler jährlich
bewilligt; sie wurden zur Beschaffung der notwendigen Schuluten- |
silien verwandt. Etwa 25 schulpflichtige evangelische Kinder
zählte man 1855 in Preußisch- und Neutral-Moresnet, 10 in
Bleyberg. Ende 1856 besuchten 33 Kinder die evangelische
30
Schule; es waren 24 evangelische und 9 katholische. 5 Kinder
kamen aus Bleyberg. (1)
Pfarramtsanwärter Lekebusch hatte schon kurz nach seinem
Amtsantritt beim Oberpräsidenten der Rheinprovinz um die
Genehmigung nachgesucht, eine Kollektenreise zur Finanzierung
eines Kirchenneubaus unternehmen zu dürfen. Der Eupener Land-
rat von Harenne (1849-1866) befürwortete den geplanten Bau aufs
wärmste, setzte jedoch hinzu, daß derselbe nur durch freiwillige
Spenden finanziert werden könne, da die 600 Seelen zählende
Zivilgemeinde erhebliche Schulden habe. Der Oberpräsident
genehmigte eine Kollekte in den Regierungsbezirken Aachen und
Trier. ;
Im Juni 1855 lag der Plan des projektierten Kirchenbaus
schon dem Regierungspräsidenten in Koblenz zur Begutachtung
vor. Er trug die Unterschrift ”’Classen’”’, ohne weitere Bezeich-
nung. Der Landrat vermutete, daß es sich dabei um den auf dem
Altenberge beschäftigten Maurer dieses Namens handelte, dem die
Regierung am 20.5.1855 das Qualifikationsattest ausgestellt
hatte. Er stellte sich auch die Frage, ob dieses Attest genüge. (2)
Der Bau war auf 150 Sitzplätze angelegt, S0 Fuß lang, 20
Fuß breit und 30 Fuß hoch. Er sollte massiv in Ziegelsteinen
erstellt und mit einem Zinkdach überdeckt werden. Die Regie-
rung zu Aachen erteilte dem Plan am 3. Januar 1856 die
Genehmigung.
Bereits am 16. Juni 1856 wurde auf einem von der Gesell-
schaft der ”’Vieille Montage”’ zur Verfügung gestellten Platze mit
dem Bau der Kirche begonnen. Die Ziegelsteine überließ die Gesell-
schaf zum geringen Preis von 2 2/3 Taler pro Tausend Stück. Die
Bauarbeiten wurden dem Aachener Bauunternehmen Prevot
übertragen, die Bauaufsicht hatte der Aachener Civil-Ingenieur
Friedrich Wittfeld übernommen. Noch vor Einbruch des Winters
1856 konnte der Rohbau unter Dach gebracht werden. Von
äußeren Arbeiten fehlte nur noch das Türmchen.
(1) Die Schule war konfessionslos, doch wurde den evangelischen Kindern weniger
Schulgeld abverlangt.
(2) Theodor Wilhelm Ludwig Claessen hatte nach bestandener Meisterprüfung
"die Berechtigung zum selbständigen Betrieb des Maurergewerbes” erlangt.
82
1. Private Spenden :
- Die Altenberger Gesellschaft ................... 533 Tlr, 10 Sgr
- Herr Ernest Andre (Paris) .................... 933 Tlr, 10 Sgr
Herr Des Arts (Pan) de ee 200 Tr
- Herr Courvoisier (Hamburg) ................... 53 Tlr, 10 Sgr
- Generaldirektor Schmieder (Breslau) ........ 26 TlIr, 20 Sgr
- Herr Lekebusch, Kaufmann in Barmen ..... 10 TIr
- Herr Lehrer Lekebusch in Kaiserswerth ..... 10 Tlr
2. Die verschiedenen Gustav-Adolph-Vereine .... 850 Tlr
3. Die Kollektenreise
a) im Reg: = Bez. Aschefi ee) O22 TIr 5 Spt .
b) im Reg: Bez. Te areas. 156 TIr; 4 Sgr
c) in der Freien Stadt Frankfurt ..............4. 73 Tlr, 23 Sgr
Spesen der Kollektenreise : 62 Taler, 7 Silbergroschen und 6
Pfennige.
Somit blieb als Reinertrag der Kollektenreise die Summe von 789
Tlir, 26 Sgr, 4 Pf.
4. Die Pfarrgemeinde bringt etwa 300 Taler auf.
Folglich standen Ende 1856 3.706 Taler und 16 Silbergroschen
zur Verfügung. Lekebusch hoffte, die noch fehlenden Mittel
(rund 800 Taler) durch eine schon bewilligte Kollektenreise im
Reg. - Bez. Düsseldorf aufbringen zu können. Diese Kollekte
wurde später sogar auf Rotterdam und Den Haag ausgedehnt.
Aus einem Schreiben des Ministers der Geistlichen, Unter-
richts- und Medicinal-Angelegenheiten vom 9. Juni 1857 ersehen
wir, daß noch immer 500 Taler ungedeckt waren. Die Kgl.
Regierung zu Aachen hatte Bedenken, diesen Fehlbetrag aus der
Staatskasse zu decken. Das Berliner Ministerium teilte diese
Bedenken, ”’da die Kirche, obwohl auf diesseitigem Gebiet (d.h.
auf preußischem Territorium) belegen, doch meist nur von
Ausländern, namentlich Belgiern, besucht werden wird, und das
Bedürfnis zur ihrer Errichtung zunächst durch den Geschäftsver-
kehr der ausländischen anonymen Gesellschaf des Alten Berges
herbeigeführt worden ist. (1)
(1) Wir wissen, daß die evangelische Gemeinde sich vorwiegend aus deutschen
Grubenangestellten und deutschen ”’Grenzaufsehern”” (Zöllnern) zusammensetzte,
auch wenn viele dieser Gemeindemitglieder auf neutralem Gebiet oder in Bleyberg
wohnten,
33
”Die von dieser Gesellschaft bisher bewiesene rühmliche
Sorge für die sittlichen und religiösen Interessen ihrer Arbeiter
und die sichtbare Bestätigung dieser Fürsorge auch bei dem in
Rede stehenden, dem eigenen Bedürfnisse der Beamten der
Gesellschaft entgegenkommenden Kirchenbau läßt mit Zuversicht
erwarten, daß die Gesellschaft auch zur Beschaffung der noch
fehlenden 500 Reichstaler im Wege freundlicher Unterhandlung
sich bereit finden lassen wird. Die Regierung hat daher diese
Unterhandlung in unserem Namen einzuleiten und von dem
Ergebnisse zu seiner Zeit Anzeige zu machen.”
Der Oberkirchenrat hatte seinerseits nach einer von ihm
aufgemachten Rechnung einen Fehlbetrag von 600 Reichstalern
errechnet und in einem Brief an den Minister von Raumer vom
26. Sept. 1856 auf Antrag des Kgl. Konsistoriums um die
Bewilligung dieser Summe von Sr Majestät dem König als
”Allerhöchstes Gnadengeschenk”’ ersucht. ’’Das Bedürfnis der
dauernden Gründung einer Kirchenanstalt in Altenberg”, so
schrieb der Oberkirchenrat, ”’welches sich in dem raschen Auf-
blühen dieser jungen Gemeinde documentiert, müssen wir aner-
kennen. Die Anstrengungen der kleinen Gemeinde, der Gesell-
schaft sowie einiger Mitglieder derselben, sind der vollen Aner-
kennung würdig.” (1)
Ende 1856 war die Zahl der in Preußisch- und Neutral-
Moresnet ansässigen Evangelischen auf etwa 120 Seelen ange-
wachsen. Auf dem Bleyberg zählte man 45-50 evangelischen
Gläubige, in Hergenrath und Astenet ca. 10, im ganzen also
175-180.
Ed. Lekebusch erhielt, wie schon erwähnt, als Hauslehrer bei
Oberingenieur Max Braun freie Station und 100 Taler jährlich.
Aus dem Kollektenfonds legte die Kirche 100 Taler dazu, die
Gemeinde selbst nochmals 25 Taler. Die Altenberger Grubenge-
sellschaft gab dem Geistlichen keinen Gehaltszuschuß, doch
(1) Der Gesamtbetrag der zur Verfügung stehenden Gelder belief sich letztendlich
auf fast 18.000 Mark, die Baukosten waren auf 13.500 Mark angestiegen. Die
verbleibenden 4.500 Mark wurden zum Stammkapital für Pfarrhaus und Schule
bestimmt.
3
3. Der Arzt Bleissner
4. Obersteiger Kern
5. Bierbrauer Scheur
6. Ingenieur Venator
7. Ingenieur Sachs
8. Zolleinnehmer Lüdke
9. Lehrer Classen
10. Grenzaufseher Wohlfahrt
11. Der Musikus Kölling
12. - 15. : die Bergleute Rausch, Bierberg, Jungbluth und
Oschmann
16. Der Nachtwächter Grundgeiger
Nur der Oberingenieur Braun gehörte in die obere Steuer-
klasse, die unter 2. - 9. aufgeführten waren in der mittleren, die
restlichen in der unteren Steuerklasse.
Am 2. September 1857 konnte die junge evangelische Ge-
meinde ihr neues Gotteshaus beziehen. Generalsuperintendent
Schmidtborn hielt die Weiherede, Pastor Michels aus Eupen die
Liturgie und Pfarrvikar Lekebusch (er war am 18. Juni ordiniert
und zum Pfarrvikar ernannt worden) hielt die Festpredigt.
Zwischendurch hatte der Berliner Oberkirchenrat am 23.
April die Erhebung der Gemeinde zu einem selbständigen Pfarr-
. bezirk verfügt.
Hohen Besuch auf dem Altenberg verzeichnete man i.J.
1856 : die spätere Königin und Kaiserin Augusta, Gemahlin
Wilhelms I., besuchte Kelmis. Im folgenden Jahr schenkte sie der
evangelischen Pfarrgemeinde eine Bibel für die Abendmahlsfeier,
eine Patene und einen Kelch, beide vergoldet, eine kristallene
Kanne sowie ein Kruzifix mit zwei Leuchtern.
Eduard Lekebusch, der sich so sehr für den Aufschwung der
jungen Gemeinde eingesetzt hatte, verließ dieselbe kurz nach der
Vollendung des Kirchenbaus, im Oktober 1857. (1) Sein Nach-
folger wurde der Predigtamtskandidat Max Döring aus Elberfeld,
in dessen Amtszeit am 26. Juni 1858 der evangelische Friedhof
hinter der Kirche seiner Bestimmung übergeben wurde.
(1) Er wurde Gesandtschaftsprediger in Neapel
36
Die Bitte um Genehmigung des Friedhofes, der anfangs auf
etwa 8 Quadratruten (1) angelegt war, hatte die Gemeinde am 4.
September 1857 eingereicht. Man rechnete in Preußisch-
Moresnet mit einer Höchstzahl von etwa 140 Seelen; das würde
einer durchschnittlichen Zahl von 3 Sterbefällen im Jahr ent-
sprechen. Der projektierte Friedhof hätte diesen Berechnungen
nach für 10 Jahre ausgereicht.
Die Platzwahl (auf einer Anhöhe, dicht neben der neuen
Kirche) schien glücklich getroffen zu sein. Aus hygienischer Sicht
gab es keinerlei Bedenken. Auch die Pfarrer der Nachbarpfarren
Aachen und Eupen hatten gegen die Anlage eines evangelischen
Friedhofes in Moresnet nichts einzuwenden. Daraufhin erteilte i
die Regierung die erbetene Genehmigung am 2. Oktober 1857.
In den Jahren 1857-1877 wurden 34 Personen auf dem neuen
Friedhof beigesetzt. Dieser wurde in der Folgezeit vergrößert und
auf ein Fassungsvermögen von 160 Grabstätten gebracht. Er
gliederte sich in Erwachsenengräber, Kindergräber und Privatgrä-
ber. Eine Privatgrabstätte für die Dauer von 40 Jahren, was dem
auch für die anderen Gräber gültigen Turnus entsprach, kostete
25 Mark an die Kirchen- und Armenkasse sowie ein Geschenk
von 15 Mark für Wohltätigkeitszwecke an die Ortsarmenkasse.
Max Döring verließ Kelmis/Neu-Moresnet nach genau einem
Jahr, im Oktober 1858. Unter seinem Nachfolger, dem Lizenzia-
ten Theodor Hossbach, wurde im Frühjahr 1859 die staatliche
Anerkennung der Gemeinde beantragt und der Bau eines Pfarr-
hauses ins Auge gefaßt. Die beantragte staatliche Anerkennung
wurde 1862 zugestanden, doch die Pfarrstelle als ”’feste’” wurde
erst nach Bewilligung eines dauernden Staatzuschusses zum
Pfarrergehalt i.J. 1866 genehmigt. Unterdessen hatte Hossbach
die Gemeinde verlassen. (2) Sein Nachfolger, Walter Vielhaber,
war der erste ”’Pfarrer’” der evangelischen Kirchengemeinde von
Moresnet. Unter Pfarrvikar Vielhaber konnte 1864 mit dem Bau
eines Pfarrhauses begonnen werden. Dasselbe war im Herbst 1865
bezugsfertig.
Die zu diesem Bau notwendigen Mittel herbeizuschaffen, war
keine leichte Aufgabe. Wie im Falle des Kirchenneubaus wollte es
(1) Etwa 113,5 m2
(2) Er übernahm das Predigeramt in Berlin an der Jerusalems- und Neuen Kirche.
37
die Gemeinde zuerst auch mit einer von der Regierung genehmig-
ten Kollekte versuchen. In einem Brief an den Superintendenten
der Synode Aachen, Pfarrer Rosshof, beschrieb Pfarrer Vielhaber
die Lage seiner Gemeinde. Es heißt da :
”Die Mehrzahl der erwachsenen Männer ernährt sich not-
dürftig durch ihre Arbeit in der Grube des Bergwerkes. Ein
kleines Contingent liefern die Grenzaufseher. Nur wenige Gemein-
deglieder haben ein gutes Einkommen, tragen aber auch im
Verhältnis umso mehr zur Kirchensteuer bei. Diese ist bisher
freiwillig und zwar in der Weise entrichtet worden, daß das
evangelische Familienhaupt und jedes selbständige Mitglied der
Gemeinde 50% der Einkommensteuer resp. Klassen- und Grund-
steuer zur Kirchensteuer beitrug. Bei gemischten Ehen gibt der
protestantische Teil 25% der eben genannten Steuern.
Auf diese Weise beläuft sich die Einnahme der Gemeinde
aus der Kirchensteuer auf ungefähr 150 Taler, wovon ich selbst
100 Taler als Beitrag zu meinem Gehalt bekomme, während der
evangelische Beamtenlehrer 20 Taler für den Organistendienst
bekommt. Das übrige erhält z.T. der Küster, z.T. fließt es in die
Sparkasse und wird zu den laufenden Ausgaben an Reparaturen
usw. verwandt.
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Kirche und Pfarrhaus (Vorderansicht) |
Foto : A. Jansen |
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38
Zu dem Pfarrhausbau haben wir bis jetzt erst 50 1/3 Taler
bekommen, welche ein Wohltäter der Gemeinde schenkte. Außer-
dem werden wir von der uns durch die hochlöbliche Königliche
Regierung in einer Verfügung vom 12.5. d.J. erteilten Erlaubnis
Gebrauch machen, einen Teil unseres Pfarrlandes öffentlich in
Parzellen zu verkaufen, woraus wir gegen 600 Taler zu lösen
hoffen. Endlich werden wir auch das Geld, das wir augenblicklich
auf der Sparkasse haben, zu dem Bau verwenden, so daß wir im
Ganzen etwa 1000 Taler haben würden ...”
Da man aber mit Baukosten in Höhe von etwa 2.500 Talern
rechnete, bat Pfarrer Vielhaber um die Vermittlung der Aachener
Regierung beim Oberpräsidenten der Rheinprovinz, damit dieser
eine Kollekte in den drei Regierungsbezirken von Düsseldorf,
Köln und Aachen genehmige.
Oberpräsident von Pommer Esche teilte unter dem 23.7.1963
mit, er könne angesicht der vielen schon bewilligten Kollekten der
evangelischen Gemeinde von Preußisch-Moresnet' eine solche nur
im Regierungsbezirk Aachen zugestehen.
Noch im Herbst des gleichen Jahres begannen Pfarrer
Vielhaber und Küster Adolph Jungbluth, der als Grubenaufseher
bei der Gesellschaft des Altenbergs fungierte, mit der Kollekte,
die insgesamt rund 470 Taler einbracht. Als besonders spenden-
freudig erwiesen sich die Kreise Aachen-Land (53 T), Aachen-
Stadt (202 T), Düren (72 T) und Eupen (91 T).
Am 19. September 1864 legte das Presbyterium der evangeli-
schen Kirchengemeinde Preußisch-Moresnet den Plan nebst Kos-
tenvoranschlag des projektierten Pfarrhauses vor. Der Plan war
von dem Aachener Bauunternehmer und Maurermeister Reisdorff
angefertigt worden. Der Kgl. Kreisbaumeister Castenholz in
Eupen hatte denselben revidiert und einige Abänderungen daran
vorgenommen.
Die veranschlagte Bausumme lag bei 3.500 Taler. Reisdorff
sah nicht nur eine Wohnung für den Pfarrer, sondern auch ein
Schullokal und eine Lehrerwohnung vor. Man befürchtete näm-
lich, früher oder später würde die ”’Vieille Montagne”’ die private
Schule, die sie bis dahin unterhalten hatte, auflösen.
Der notwendigen Summe von 3.500 Talern stand ein tatsäch-
lich vorhandenes Kapital von 1.500 Talern gegenüber. Die Bitte
34
der Gemeinde, die Regierung möge eine Unterstützung aus
Staatsmitteln, ein sog. allerhöchstes Gnadengeschenk gewähren,
wurde abgeschlagen. Die Regierung bemängelte nicht nur, daß
der Bau "mit Raum Verschwendung’ projektiert sei, sondern
auch, daß man mit dem Bau begonnen habe, ohne sich vorher
mit der Zivilgemeinde ins Benehmen zu setzen. Auch wollte es der
Regierung nicht einleuchten, daß sie zum Bau eines Pfarrhauses
beitragen solle, wo doch hauptsächlich Bewohner des neutralen
Gebietes und aus dem Bleyberger Raum davon den Nutzen hätten,
die belgische Regierung aber nicht dazu beitrage.
Die Argumente der evangelischen Gemeinde, 102 Evange-
lischen auf preußischem Gebiet stünden nur 80 auf neutralem
(und belgischem) gegenüber; die Neutralen seien nicht ”’wirkliche
Gemeindeglieder”” sondern ’”’Gäste’” in der evangelischen Ge-
meinde, welche eine rein preußische Gemeinde sei; auch seien die
Neutralen durchgängig Untertanen des preußischen Staates und
sie kämen ihren staatsbürgerlichen Pflichten demselben gegenüber
nach : alle diese Argumente vermochten nicht, die Regierung
umzustimmen; sie blieb bei ihrer starren Haltung. |
Indessen waren die Arbeiten am Pfarrhausneubau weiterge- |
gangen, und im Herbst 1865 war der Bau bezugsfertig. Es blieb
eine Schuldenlast von 1700 Talern, wovon 200 durch eine Spende |
des Gustav-Adolph-Vereins abgetragen werden konnten. Zur
Tilgung der Restschuld sah sich die Gemeinde schließlich ge- |
zwungen, eine Kapitalaufnahme zu 4 1/2 % zu tätigen. |
|]
Wie schon erwähnt, war Pfarrer Walter Vielhaber der erste
evangelische Geistliche in Preußisch-Moresnet, der sich zu Recht |
”Pfarrer”” nennen durfte. Mit der Pfarrstelle war 1866 folgendes |
Einkommen verbunden : |
1. Freie Benutzung der Pfarrwohnung in dem hierzu errichteten |
Gebäude; die für Schulzwecke vorbehaltenen Räumlichkeiten |
werden ihm gleichfalls zur freien Benutzung gestellt, solange das |
Presbyterium nicht zu Schulzwecken darüber verfügt.
Für die baulichen Reparaturen des Pfarrhauses sorgt das Presby-
terium.
40
2. Nutznießung des Gartens und Pfarrlandes der Gemeinde.
3. Gehalt :
a)l\aus. der Staatskasse UL Re 131. Taler; 7 Spe, 6 Pf
b) aus der Kirchenkasse ................... 139 Taler, 15 Sgr
c) aus der Kirchensteuer .................. 100 Taler
d) Zuschuß der Bergwerksgesellschaft ... 53 Tlr, 10 Sgr, 6 Pf
Züsammen ih 2102. 7424 Taler, 2 Sgr 6 Pf
Stolgebühren wurden keine erhoben.
Es ist erstaunlich, in wie kurzer Zeit die zahlenmäßig doch
schwache evangelische Gemeinde all dies leisten konnte. Groß
war der Opfersinn der Gläubigen, nicht minder beachtenswert die
Solidarität der verschiedenen evangelischen Kirchengemeinden |
des In- und Auslandes.
Die materiellen Schwierigkeiten hatten so verhältnismäßig
schnell überwunden werden können. Doch in der Folgezeit war
der Bestand der evangelischen Gemeinde mehr als einmal gefähr-
det. Hilfsprediger Karl Angermünde aus Duisburg (1872-1876)
erlebte den Wegzug von Max Braun nach Aachen, was zum
Wegfall der Hälfte der bisherigen Kirchensteuer führte. Doch der
Verlust wurde zum großen Teil durch einen höheren Zuschuß der
Bergwerksgesellschaft ausgeglichen.
Unter Pfarrer Wilhelm Lohman (1877-1878) kam es zu einer
Krise, die durch Streitigkeiten innerhalb der Beamtenschaft
ausgebrochen war. Das führte zum Weggang mehrerer Familien ...
Pfarrer Karl Furck (1878-1882) mußte erleben, wie verschie-
dene evangelische Gemeindemitglieder zur katholischen Kirche
übertraten.
Sein Nachfolger, Ferdinand Hermanns, amtierte von Anfang
1883 bis Ende 1887 in Preussisch-Moresnet. In dieser Zeit
schrumpfte die Gemeinde erheblich, was auf den Rückgang der
Grube zurückzuführen war. Der spätere Gemeindepfarrer Her-
mann List schreibt in der Gemeindechronik, man habe für den
Bestand der Gemeinde und des Ortes gefürchtet.
Nur 2 Jahre blieb Pfarrer Max Heinrich Brost in Preussisch-
Moresnet. Er starb 31-jährig im Jahre 1890.
Ihm folgte, wie Julius Boehmer schreibt, ”’der letzte Pfarrer
von Preußisch-Moresnet, der zugleich am längsten im Dienste
der Gemeinde gestanden und fast die Hälfte ihres Bestandes
41
ausgefüllt hätte, wäre er nicht vorzeitig aus der Gemeinde
verdrängt worden : Hermann List. Er hat genau 30 Jahre das Amt
geführt : vom 26. August 1891 bis zum 31. August 1920, und mit
seiner Gemeinde die allerschwersten Zeiten durchlebt.””
Pfarrer List sah die Seelenzahl auf 100 zurückgehen. Viele
der älteren Gemeindemitglieder starben oder verzogen, die neu
Zuziehenden waren zumeist Grenzbeamte, die selten lange blie-
ben. Die Belegschaft des Bergwerks setzte sich mehr und mehr
aus belgischem Personal zusammen, das durchweg katholisch
war. Nun war aber das Bergwerk von jeher eifie mächtige Stütze
der evangelischen Gemeinde gewesen. Durch die Besetzung der
Beamtenstellen mit Katholiken lockerten sich die Bindungen
zwischen der Gesellschaft und der Kirchengemeinde immer mehr.
Pfarrer List mußte zusehen, wie die frühere Eigenart der
evangelischen Gemeinde Preussisch-Moresnet, die einheitliche
Beamten- und Arbeitergemeinde, allmählich schwand. Es gab
(1902) nur noch wenige fest ansässige Familien, die Grenzbeamten
kamen und gingen, neue Stände und Berufe waren aufgekom-
men. Der Abfall von der Kirche war beachtlich und in der
Gemeinde sah der Pfarrer wenig Bruder- und Schwestersinn.
Doch dieses Tief konnte überwunden werden. Die Kirchenvi-
sitation vom 22. Dezember 1909 durch Superintendent Anger-
münde konnte ein ”’trotz mancher Gebrechen im ganzen blühen-
des Gemeindeleben”’ feststellen. (J. Böhmer)
Das Fest des 50-jährigen Bestehens feierte die Gemeinde am
27. Oktober 1907. Es war der letzte Höhepunkt im Leben der
selbständigen evangelischen Pfarre Preussisch-Moresnet.
eG RIO RO RR
Als im Februar 1919 das Gerücht sich verbreitete, der Kreis
Eupen werde an Belgien kommen, sah man den Untergang der
evangelischen Gemeinde als gewiß an. Als dann am 10. Januar
1920 der Friedensvertrag in Kraft trat, zogen die preußischen
Zollbeamten ab, die evangelische Schule wurde geschlossen und
die belgische Verwaltung tat alles, der evangelische Gemeinde das
Leben zu erschweren.
Dem Pfarrer wurde zum 1. April 1920 das Gehalt gesperrt;
weil, wie man sagte, die geringe Seelenzahl keinen eigenen
42
Pfarrer mehr erfordere. Daraufhin verließ Pfarrer List die Ge-
meinde am 31. August 1920.
Die Folge dieser Verwaisung war, daß die evangelische
Gemeinde sich wieder Eupen zuwandte. Mit dem 1. September
1920 übernahm der dortige Pfarrer wieder die Gemeinde Neu-
Moresnet (ehemals Preußisch-Moresnet).
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Pfarrer Hansruedi Amann, seit 1969 Pfarrer der evangelischen Gemeinde Eupen/
Neu-Moresnet
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Seit 1964 residiert Wilhelm Flückiger in Neu-Moresnet. Er ist seit 1975 vollamtlicher
Religionslehrer und Hilfspfarrer der Gemeinde Eupen/Neu-Moresnet.
Quellen : |
Staatsarchiv Düsseldorf, Zweigstelle Kalkum, Reg. Bez. Aachen, Kirchen- und |
Schulwesen, 8603, 8604, 8766/A 193, 5115, 5116, 5117. |
"Chronik der evangelischen Gemeinde Preußisch-Moresnet, zusammengestellt |
nach vorhandenen Aufzeichnungen der Pfarrer der Gemeinde vom Jahre 1855 an |
und weitergeführt von dem derzeitgen Pfarrer Hermann List 1897-1920”. |
Julius Böhmer, "Evangelium und Evangelisch in Eupen-Malmedi””, Aachen 1937,
S. 259-269.
Pfarrarchiv Neu-Moresnet. ||
|
|
|
45
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3/ Dieselbe bildet ein Glied der Kreis-Synode Aachen ... Ab-
schließend heißt es : ”’Wir fertigen derselben diese Gründungs-
Urkunde mit dem Wunsche aus, daß sie unter dem Schutze des
dreieinigen Gottes nach Innen und Außen wachsen und gedeihen
und Alles in ihr zum Preise seines heiligen Namens, zur Förderung
seines Reiches und zum Heile der unsterblichen Seelen immerdar
gereichen möge.”
3. Bekanntmachung der Errichtung der neuen Pfarre
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4. Vertrag über die Lieferung einer Kanzel
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Dir Aachener Schreinermeister N. Balck verpflichtet sich, ”nach einer von beiden
Theilen begilligten Zeichnung eine Kanzel nebst Treppe und Stuhl aus gutem
‘rockenem fehlerfreien Eichenholz” anzufertigen.
5. Vierter Jahresbericht 51
des
Altenberger Gustay-Adolf-Vereins
zu
Preuss-Moresnet
pro 1890 u, 1891.
Eine traurige Zeit liegt hinter unsrer kleinen Diaspora-
Gemeinde: Im Juli 1890 wurde ihr nach längerm Leiden
der Pfarrer M. Brost durch den Tod entrissen Sein An-
denken steht bei allen Gliedern der Gemeinde in Segen. Er
hat trotz schwerer Krankheit für die Förderung unserer
Gustav-Adolph-Sache gesorgt. Bei seinem "Tode belief‘ sich
die Zahl der einheimischen Mitglieder auf etwa 20, die der
auswärtigen auf annähernd 70.
In den langen 13 Monaten der Pfarrvakanz sind
manche der auswärtigen Mitglieder uns untreu geworden,
auch hat die Einsendung der Beiträge fast ganz gestockt,
was wohl vielfach darin seinen Grund hatte, dass im letzten
Jahre kein ‚Jahresbericht verteilt werden konnte.
Denjenigen Freunden unsrer Sache, die auch in den
letzten beiden Jahren uns durch ihre Peiträge unterstützt,
sprechen wir an dieser Stelle unsern besten Dank aus.
Den neugewonnenen Mitgliedern danken wir für ihre
bisher geleisteten Beiträge und hoffen, dass sie unserm Verein
treu bleiben.
__ Veranlasst durch die oben geschilderten Verhältnisse bitten
wir die verehrl. Mitglieder dringend, ihre noch fälligen Beiträge
nunmehr an den unterzeichneten einsenden zu wollen, (Die
Gustav-Adolph Blätter werden fortan wieder regelmässig allen Mit-
gliedern übersandt.)
Es steht noch offen für
der Jahresbeitrag pro 189 ä AM. 2.60, in Summa:
Preuss.-Moresnet, im Jan. 1892.
Pfarrer List.
52 Die einheimischen Mitglieder, zahlten ihre Beiträge
regelmässig und beläuft sich die Zahl derselben z. Z. auf 27,
dA. i. über ein Viertel der Seclenzahl unsrer Gemeinde.
Laut Kassabuch belief‘ sich der Bestand unsrer Kasse
nebst. den Einkünften im Jahre 1890 auf:
701.38 Ab
Ausgaben 516.45 „
blieben 184.93 Mb.
Bestand und Einnahmen im Jahre 1891:
219.78 Mb
Ausgaben 31T
blieben 183.61 Mo.
Die grossen Ausgaben im ‚Jahre 1890 entstanden durch
Ratenzahlungen an, die Herren Simmler ‚und Venator, für
gelieferte, Fenster. Ihre Rechnung belief sich insgesammt
auf 410 Mark. |
Wenn wir nun an unsere verehrl. Mitglieder mit der
Bitte herantreten, auch fernerhin unsere Sache zu unter-
stützen, so, bedarf es wohl einer kurzen Begründung dieser
Bitte: In den letzten ‚Jahren ist es uns gelungen, unser
kleines Gotteshaus im Innern einfach aber würdig auszu-
schmücken, der Chor konnte ausgemalt, drei gemalte Glas-
fenster im Schiff‘ eingesetzt werden.
Was wir noch für erstrebenswert halten. ist folgendes:
Die Wände des Schiftes sind in sehr verwittertem Zustande,
ein, wenn auch einfacher Oelanstrich würde nicht nur zur
Verschönerung beitragen, sondern wird mit der Zeit auch
notwendig werden Kin rechtes Schmerzenskind ist unsere
Orgel, eine Reparatur derselben (von einer Neuanschaffung
ganz zu schweigen) wird bald unumgänglich sein, wenn nicht
der Gottesdienst leiden soll, Sollten dann die Mittel es ge-
statten, so dürften wir daran denken, die Jetzten Fenster in
Uebereinstimmung mit den übrigen zu bringen,
Das sind. viele Wünsche in Hinsicht auf die, geringen
Mittel, die uns augenblicklich zu Gebote stehen. Aber wir
hoffen zuversichtlich, dass uns durch die Hülfe der Glaubens-
genossen von nah und fern auch das jetzt Unmögliche
möglich gemacht wird,
Es ist ja nichts unberechtigtes, was wir erstreben,
Gilt doch unser Bemühen der Stätte, wo uns allsonntäglich
das Evangelium erschallt, dem Kirchlein, das als ein Wahr-
zeichen evang. Glaubens von der Höhe hineinschaut ins
katholische Land.
Für dieses treten wir denn wiederum vor unsre Freunde
und bitten sie:
Helfet uns!
PREUSS.-MORESNET, im ‚Januar 1892.
Mit frdl. Gruss
Hermann List.
Pfarrer.
5
Alles hat seinen Ort und seine Zeit
von Leonie Wichert-Schmetz
Nichts, was du denkst,
Und nichts, was du tust,
Fällt werklos ins Leere.
Auch wenn du ruhst,
Geschieht, was du lenkst
Oft an der Kehre.
Nach dem Gesetze
Sind wir geformt
In der Seele;
Ohne Zeitdruck und Hetze,
Und nicht genormt
Ohne Fehle,
Dir kommt es zu,
Was dir begegnet,
Richtig zu wählen,
Ohne Rast, ohne Ruh’
Wirst du gesegnet,
Statt dich zu quälen.
Sorge dich nicht;
Sei nur bereit,
Immer zu spüren,
Daß alle Zeit
Vom Dunkel ins Licht
Gute Geister dich führen.
54
Deutsch-belgischer Grenzverkehr im
Spätherbst 1939
von Leo Homburg
Nach Beginn des Polenfeldzuges am 1. September 1939
wurden hier im Westen unsere Grenzkarten durch neue ersetzt.
Diese waren nur noch für den Stadtkreis Aachen gültig, welcher,
im Gegensatz zu vorher, durch einen offiziellen Grenzübergang Ö
betreten werden mußte. Auch die bestehenden Devisenbestim-
mungen wurden jetzt schärfer gehandhabt.
Am 5.10.39 stellte ich bei der belgischen Paßbehörde in
Eupen den Antrag auf die neue Grenzkarte; am 13.10 wurde
dieselbe dem Ausländeramt beim Polizeipräsidium in Aachen vor-
gelegt und am 21.10 wurde sie mir zugestellt. Dem Paß war ein
Beiblatt des Grenzpolizeikommandos Aachen, das auf Bildchen
in schwarzer SS-Uniform Dienst tat, beigefügt. In dieses Beiblatt
wurde jede Ein- und Ausreise mit Stempel und Uhrzeit eingetra-
gen.
Es durften damals pro Person nur 3 RM nach Deutschland
eingeführt werden. Belgisches Geld mußte bei der Einreise
angegeben werden und durfte, soweit noch übrig, mit zurückge-
bracht werden. Der offizielle Kurs lag bei 8,50 Fr pro Reichs-
mark, während man sie hier für 3-4 Fr kaufen konnte.
Schon am Zustellungstag der neuen Grenzkarte fuhr ich mit
meinem Motorrad nach Aachen. Der Beamte stempelte mir ins
Beiblatt : ”Eingereist 21. Okt. 1939, 14, 20, Grenzpolizeiposten
Bildchen.’”” Dann befahl er mir, mit dem Motorrad einem der
Polizeiwagen zu folgen. Die Fahrt endete in einer Garage in
Aachen. Dort wurden vom Motorrad die Reifen abmontiert,
Lenkstange und Lampen auseinandergenommen, der Soziussitz
genauestens untersucht und der Tank geleert. Als sie nichts
fanden, bauten sie alles wieder zusammen, wünschten mir gute
Weiterfahrt und ließen mich gehen. Da ich für die Stallarbeit
wieder zuhause sein mußte, fuhr ich sofort wieder zur Grenze, wo
sie den Ausreisestempel mit der Uhrzeit 18,10 ins Beiblatt
drückten.
es
Einige Tage später versuchte ich es wieder, diesmal mit dem
Fahrrad. Nachdem der Beamte mir den Einreisestempel gegeben
hatte, befahl er mich in einen Nebenraum, wo ich mich entkleiden
mußte. Er wies mir eine Liege an, warf mir eine Decke zu und zog
mit meiner Kleidung und meinen Schuhen ab.
Ich hatte ein gutes Gewissen, hatte ich doch vorher meine
Taschen geleert und außer etwas belgischem Geld nur 3 RM und
meine Grenzkarte bei mir. Natürlich auch Pfeife, Tabak und
Streichhölzer! Als der Beamte zurück kam, hielt er mir einen in
Französisch ausgestellten Viehbegleitschein unter die Nase (einen
”passe avant’””) den er irgendwo in meiner Kleidung gefunden
hatte, und er fragte, was das sei.
Obschon ich versuchte, es ihm zu erklären, blieb er miß-
itrauisch. Er holte einen zweiten Beamten herbei, um sich mit
demselben zu beraten. Als sie mich laufen ließen, schienen sie
doch festgestellt zu haben, daß das Dokument nur als Viehbe-
gleitschein dienen konnte.
Ich hatte nun die Nase voll von diesem Polizeikommando
und wäre gerne auf dem kürzesten Wege nach Hause gefahren.
Um mich nicht verdächtig zu machen, fuhr ich geradewegs nach
Köpfchen und atmete auf, als der dort tätige Beamte mir den
Stempel ”Ausgereist 28. Okt. 1939 Grenzpolizeiposten Köpfchen
11 Uhr” ins Beiblatt gedrückt hatte.
Früher zogen viele Bauern am Mariä Lichtmestag, dem 2.
Februar, zum Aachener Dom. Um 11 Uhr war dort ein Hochamt
und vor der Muttergottesstatue beteten die Bauern für die
Fruchtbarkeit des Viehs. Von Hergenrath aus gingen manche
gruppenweise durch den Wald. Nun mußte ein offizieller Grenz-
übergang genommen werden.
Ich hatte meine Mutter alljährlich seit 1930, seitdem ich
verheiratet war, auf den Pilgergang nach Aachen begleitet. 1940
aber wäre ich bestimmt nicht mit ihr gegangen, wenn das
Grenzkommando Bildchen nicht auf Veranlassung eines Nach-
barn versetzt worden wäre. Wie es dazu gekommen war, möchte
ich kurz schildern.
Der Nachbarn war führend im Verein für Auslandsdeutsche
tätig, er war auch einer der Hauptverbindungsmänner der
hiesigen Heimattreuen Front und der NSDAP des Gaues Köln-
57
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Grenzpolizeipöston | En 2 FEB. 1940 ER
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Aachen. Auch im Kriegerbund war er Mitglied, und wenn in der
Umgebung ein Kriegsteilnehmer 1914-18 beerdigt wurde, hielt er
die Grabrede und ließ den Verstorbenen eingehen in die große
Armee.
Meistens fuhr er mit dem Zug nach Aachen, doch ausnahm-
weise reiste er eines Tages über Bildchen ein. Als die Beamten
seinen Paß sahen, sagte einer : ”Aha, auf Sie haben wir schon
lange gewartet, Sie sind vorläufig festgenommen.” (Der Nachbar
trug nämlich zu seinem Unglück denselben Namen wie ein von
den Deutschen gesuchter Devisenschieber.)
Sich seiner Macht bewußt, beteuerte der Angeschuldigte,
nicht mit dem Gesuchten identisch zu sein und er drohte den
Beamten, wenn sie ihn nicht unverzüglich freiließen, würden sie
ihr schönes Kommando auf Bildchen verlieren und in Polen
eingesetzt.
58
Die Beamten scheinen nicht sehr intelligent gewesen zu sein,
sonst hätten sie es sich gewiß zweimal überlegt, ehe sie den
Verdächtigten zusammenschlugen und nach Aachen antranspor-
tierten. Einige Tage später wurde er wieder - noch ziemlich
angeschlagen - freigelassen, das Grenzkommando abgezogen und
durch ein anderes ersetzt.
Auch jetzt, am Lichtmestag 1940, kontrollierten SS-Männer
unsere Pässe, stempelten sie wie gewohnt, stellten aber keine
Fragen. Der Beamte warf nur einen vielsagenden Blick auf die
alte ”rückständige’’ Frau, die in der einen Hand den Rosenkranz,
in der anderen den Grenzausweis hielt. Auch als wir mit der
Elektrischen zurückkamen und auf Bildchen (damals Endstation)
ausstiegen, stempelten sie ohne Frage : ”Deutsche Grenzpolizei
Aachen-Bildchen, A (= ausgereist) 2. Feb. 1940, 15.40”.
59
Die salomonische Antwort
Eine Schmunzelgeschichte vom Dreiländereck
von Gerard Tatas (t)
Obwohl mein Vater kein dürres, zappeliges. ziegenbärtiges
Männlein. war, übte er doch den zu seiner Zeit so gängigen
Beruf eines Schneidermeisters aus.
Am rentabelsten führte er Schere und Nadel in den zwanzi-
ger Jahren, als viele Deutsche und Holländer über die nahe
Grenze nach Gemmenich kamen - wo mein Vater als Marchand-
Tailleur in der Bahnhofsstraße ansässig war - um sich hier
preiswertere Anzüge machen zu lassen.
Als Avantgardisten der sich erst in unserer Zeit zur Verwirk-
lichung hinschleppenden Idee einer europäischen zollfreien
Union, kamen sie in Vogelscheuchenaufmachung, die in den
Lumpensack der Schneider wanderte, zum Abholen ihrer neuen
Anzüge und stolzierten in der funkelnagelneuen Kluft wieder
nach Aachen oder Vaals zurück. So sorgten sie dafür, daß die
Zöllner ihre sitzende oder horizontale Stellung ihretwegen nicht zu
wechseln brauchten.
Außer meinem Vater gab es noch zwei Schneider in dem
belgischen Ort am Dreiländereck : Pierre Barbay, der einen «Ich
hab’s erreicht» - Schnurrbart trug und Doktor Barbay genannt
wurde, weil er sich zur Erhöhung seiner Anziehungskraft auf das
andere Geschlecht mit akademischen Federn geschmückt und
sich bei einem Flirt mit einer netten Dame in Lüttich als Doktor
vorgestellt hatte, und den nur einen Katzensprung vom Grenz-
übergang wohnenden Anton Vanberg. Dieser schmunzelte ver-
gnügt : An der Quelle saß der Knabe.
Jedoch geschah es oft, daß die profitlichen Grenzgänger mit
dem Nützlichen auch das Angenehme verbanden und nach einer
eingehenden Information über Preise und Qualität beim erstgele-
genen Schneider talwärts zum malerischen hingestreckten Dorf
wanderten, um das weite Panorama bis zur Höhe des Herverlan-
des zu bewundern, das sich zur rechten Hand bietet. Da man
einmal da war, wurde dann auch den beiden andern Kleider-
machern im Zentrum des Ortes zwecks Vergleichsmöglichkeiten
der Laden umgekramt.
60
So kam denn auch eines schönen Sonntags ein Aachener zu
meinem Vater ins Geschäft, ließ sich Stoffe zeigen, erkundigte
sich nach den Preisen und sagte dann : «Ich war zuerst bei
Vanberg, der sagte mir, Tatas (mein Vater also) und Barbay
verstehen beide nichts von ihrem Fach. Als ich darauf zu Barbay
kam, meinte dieser, Vanberg und Tatas seien nur Stümper. -
Was sagen Sie denn dazu, Herr Tatas?»
Mein Vater war ein sehr gemütlicher und gutmütiger
Mensch. Er konnte sich kaum über den Steuerbescheid ärgern.
Wenn er ein böses Gesicht machen wollte, gelang ihm das
meistens daneben, da ein halbes Lächeln den strengen Ausdruck
sogleich wieder entschärfte. Auch wußte er, daß die Worte seiner S
Kollegen - sofern sie überhaupt von diesen stammten und nicht
von dem Städter erfunden waren, um den Dorfschneider hoppzu-
nehmen - keine maliziöse Verleumdung, sondern eher ein Witz
waren, da er mit seinen Konkurrenten auf freundschaftlichem
Fuß stand.
Deshalb ärgerte sich mein Vater nicht; er bewahrte seine
unerschütterliche Bonhomie und erwiderte :
«Ja, mein Herr, wenn ich jetzt noch behaupten würde,
Barbay und Vanberg seien Pfuscher und Stümper, dann könnten
Sie nur nach Aachen zurückkehren und sagen : In Gemmenich
gibt es keinen Schneider, der was kann. Sie haben es mir
bestätigt.»
An diese Antwort habe ich oft denken müssen, wenn in der
Wahlkampagne jede politische Partei den andern die Fähigkeit
zu regieren abspricht. Ein Überparteilicher kann da nur zu der
Feststellung gelangen : Im ganzen Land taugt keine einzige
Partei.
Jedenfalls gefiel die salomonische Antwort auch dem Aache-
ner so gut, daß er sich sofort einen Anzug bestellte und bis zum
Lebensende meines Vaters dessen tieuer Kunde blieb. Die
Zollangelegenheit aber wurde immer so geregelt, als ob schon
damals die Europäische Union existent gewesen wäre.
61
In memoriam Gerard Tatas
DONE Jahrzehntelang hat G6e-
. 2 rard Tatas das kulturelle Le-
2 ben des Gemmenicher Rau-
as KO mes mitgestaltet. Nun ist er
) 0 KO von uns gegangen. Er starb
am 23. Mai d.J. Am 28. Mai
% BO = wurde er in Gemmenich zu
Grabe getragen.
Sn A Gerard Tatas wurde am
A 15.7.1918 als Sohn eines
A Schneiders und Frisörs gebo-
4 ren. In seinem Heimatort
U Gemmenich besuchte er die
4 Volksschule und ging an-
schließend in die Frisörlehre
nach Kelmis. Schon früh
zeigte sich bei dem Jungen
eine bemerkenswerte schau-
spielerische Begabung. Bei der katholischen Arbeiterjugend
(J.O.C.) stand er schon mit 13-14 Jahren auf der Bühne der
”Patronage”’. In der Zeitschrift der J.O0.C. erschienen auch seine
ersten Verse.
Der Frisörberuf war keine ”’Berufung””. Gerard .Tatas fühlte
sich innerlich nicht ausgefüllt. So sah er seine große Chance
gekommen, als er in den Kriegsjahren am Theater in Diedenho-
fen (Lothringen), wo sein Freund und Schwager Franz Straet
arbeitete, eine künstlerische Laufbahn beginnen konnte. Das
Kriegsende zerstörte diesen Traum, doch Gerard Tatas blieb dem
Theater verbunden. Zusammen mit einigen Gleichgesinnten
gründete er die Theatergruppe ”Neue Bühne”. Mit Komödien
und Schwänken (’””Tante Jutta aus Kalkutta””, ”’Hurrah, ein
Junge”) errang die Truppe anfangs große Erfolge. Doch beim
Versuch, auch ernstes Theater zu machen (”’Kabale und Liebe”)
blieb das Publikum fern. Die ”Neue Bühne” löste sich zu Beginn
der fünfziger Jahre auf.
62
Gerard Tatas sah man aber weiterhin im kulturellen Leben
engagiert. Beim ”’Cercle les 21°” trat er als Conferencier und
Vortragender auf und gab Proben seines hintergründigen
Humors.
Als Leo Wintgens im Jahre 1966 die Initiative zur Gründung
eines Geschichtsvereins im Göhltal ergriff, erklärte sich Gerard
Tatas spontan zur Mitarbeit bereit. Die Gründungsversammlung
bestimmte ihn zum 2. Schriftführer und übertrug ihm die
Aufgabe, die Sitzungsprotokolle zu verfassen und die jährlichen
Tätigkeitsberichte zu erstellen.
Zu der periodisch erscheinenden Zeitschrift ”Im Göhltal’”” ,
steuerte Gerard Tatas regelmäßig Gedichte bei. Meist waren es
Verse in Gemmenicher Mundart. Diesen heimatlichen Dialekt
beherrschte er wie kaum ein zweiter in all seinem Nuancenreich-
tum und seinen feinen Schattierungen. Alle Möglichkeiten dieser
bodenständigen Sprache wußte er dichterisch auszuschöpfen.
Die Mundartgedicht zeigen uns eine Seite des Wesens von
Gerard Tatas. Sie zeigen seinen manchmal tiefsinnigen Humor, der
in der Beobachtung des Menschen wurzelt, einen Humor, der
niemals bissig oder gar verletzend wirkt und der sich meist zu einer
überraschenden Pointe steigert, die beim Leser ein gelöstes Lachen
hervorruft.
Doch dies war nur die äußere Hülle des Wesens von Gerard
Tatas. Er war, wie schon gesagt, vor allem dem Theater
verpflichtet. Auch das Weltgeschehen betrachtete er als ein
Schauspiel, in dem er, der Poet, manches absurde Verhalten
seiner Mitmenschen registrieren mußte. Und er kam dabei zu
dem Schluß des römischen Dichters Juvenal: ”’Es ist schwierig,
nicht satirisch zu sein’”’. (Difficile est, satiram non scribere). In
einem längeren, nicht veröffentlichten Gedicht mit dem bezeich-
nenden Titel ”’Die beste aller Welten’ hat Gerard Tatas seine
Sicht der Weltgeschichte von der Erschaffung der Erde bis
Hiroschima dargelegt. Die letzten Verse dieses Gedichtes geben
etwas von der verzweifelten Seelenstimmung des Dichters wieder,
der unter der Sinnlosigkeit des Lebens litt, aber in der Maske des
Clowns seine Mitmenschen zum Lachen brachte.
63
”Unter der Maske des Clowns,
Der skurillen,
Schlug mein Herz und litt
An Weltschmerz.
Den müden Körper
Ans Kreuz geschlagen,
Suchte mein Geist
Sinn und Zweck des Lebens
Mit Zweifelsqualen,
Suchte die Wahrheit,
Suchte Inhalt 2
Und fand nur Leere,
Ein Vakuum ...”
Einen so vielseitig begabten Menschen zu würdigen, fällt
schwer. Gerard Tatas liebte die Musik, spielte Mandoline und
komponierte Melodien zu eigenen Texten. Als Zeitungsberichter-
statter schrieb er vielbeachtete Kritiken zu Musik- und Theater-
aufführungen in der jetzigen Großgemeinde Bleyberg. Als Mit-
glied der Provinzialjury für Laienbühnen wußte er stets ein
sachkundiges Urteil abzugeben. Er begnügte sich auch nicht, bei
solchen Gelegenheiten seine Punktwertung zu geben. Mit dem
Text in der Hand sah man ihn im Anschluß an die Aufführung
den Laienspielern praktische Hinweise geben: ”’So hätte ich diese
Szene gebracht ...”
Der Tod Gerard Tatas’ hat eine schmerzliche Lücke gerissen.
Das Kulturleben im Göhltal ist ärmer geworden. Die Göhltalver-
einigung im besonderen ist ihrem treuen Mitarbeiter zu tiefem
Dank verpflichtet. Ehre seinem Andenken.
64
Hergenrather Schulchronik (1. Forts.)
von Alfred Bertha
Vergrößerung der Schule an der Altenberger Straße
1869-70 mußte zur Vergrößerung des Schulhauses geschritten
werden. Die öffentliche Verdinggabe erfolgte am 11. August
1869. ”Der Kostenanschlag betrug mit Ausschluß der Steine, A
welche die Gemeinde stellte, 2.443 Thaler. Die Ausführung dieses
Baues wurde dem Mindestfordernden, Jakob Schiffer, Steinhauer- ;
meister zu Raeren, für sein Abgebot von 11,5% übertragen.
Schiffer begann mit den Arbeiten am 26. August und brachte den
Rohbau noch vor Schluß des Jahres unter Dach. Die Errichtung
einer dritten Schulklasse wurde inzwischen dringendes Bedürfnis,
so daß noch vor Beendigung des Vergrößerungsbaues des Schul-
hauses das Bürgermeistereilokal als Schulsaal hergerichtet
wurde.”
Es steht nicht geschrieben, ob die Verwaltung anderswo un-
tergekommen ist, oder ob sie nur einen von mehreren ihr zur Ver-
fügung stehenden Räume für die Schule geleert hat. (1)
An dieser neuen Klasse nahm am 5. Juli 1869 die Schul-
amtskandidatin Sybilla Beuss ihre Tätigkeit auf. Nach Fertigstel-
lung des Vergrößerungsbaues wurde am 25. Oktober des folgen-
den Jahres an Stelle der Sybilla Beuss der aus Eupen stammende
und bisher in Klinkum tätig gewesene Lehrer Jakob Ludwigs (2)
in Hergenrath angestellt.
Anna Gertrud Beck verließ Hergenrath am 1. März 1873,
um eine Stelle in Stolberg anzutreten. Am 16. April nahm ihre
Nachfolgerin im Amt den Unterricht an der Mädchenklasse hier
auf. Es war die aus Sistich stammende Anna Preckel (3), die zu-
erst eine provisorische Anstellung erhielt. Das Dreigespann
Schmetz, Ludwigs und Preckel arbeitet eine Reihe von Jahren zu-
sammen im Dienste der Hergenrather Jugend. Ludwigs erhielt
(1) Der Neubau, mit Ausnahme der Bürgermeisterei, des Sitzungssaales und des
dritten Schulraumes,wurde zur Wohnung des Bürgermeisters.
(2) Geb: zu Eupen, 4.3.1834.
(3) Geb. 1845 zu Warendorf; Ausbildung zu Karthaus bei Trier (1868), gest. 1906
in Eupen,
65
1878 seine definitive Anstellung. Im selben Jahr muß Lehrer
Schmetz, seit 1847 hier tätig, wegen Krankheit einen vierwöchi-
gen Urlaub nehmen. Dies scheint dem Chronisten der Erwäh-
nung wert. Er litt unter rheumatischen Beschwerden und Kurzat-
migkeit. Während dieser Zeit erteilt Ludwigs vormittags in der
Ober- und nachmittags in der Unterklasse Unterricht.
Anna Preckel wurde am 13. Dez. 1880 endgültig angestellt,
”unter der Bedingung, daß dieselbe nach den bestehenden und
noch zu erlassenden Vorschriften die mit ihrer Stellung verbun-
denen Obliegenheiten erfüllen, besonders aber durch Unterricht
und eigenes Beispiel dahin wirken werde, die ihr anvertrauten
Schulkinder zur Gottesfurcht, zur Treue gegen Se Majestät den
König, zur Anhänglichkeit an das Vaterland und seine Verfas-
sung anzuleiten, dieselben zu einsichtsvollen gesitteten Mitgliedern
der Gesellschaft und in allem zu rechtschaffenen und glücklichen
Menschen zu erziehen”. (1)
Das Gehalt der Lehrerin betrug 675 Mark. Hergenrath zähl-
te zu den ”’billigen’”” Orten, wo die Lehrerstellen weniger gut do-
tiert waren als in anerkannt ”’teuren” Orten.
1881 zählte die Unterklasse (1. - 3. Schuljahr), die von
Lehrer Ludwigs unterrichtet wurde, 106 Kinder. In den nach Ge-
schlechtern getrennten beiden Oberklassen unterrichteten Lehrer
Schmetz und Lehrerin Preckel. Die Schülerzahlen lagen hier bei
65 Knaben und 75 Mädchen, was eine Gesamtzahl von 246 Schul-
kindern ergab.
1882 mußte Lehrer Schmetz, der seit 1847 fast ununterbro-
chen hier tätig gewesen war, sich zum zweiten Male wegen
Krankheit beurlauben lassen. In seinem Gesuch um Dispensie-
rung vom Unterricht schreibt er, sein Zustand sei so schlimm,
daß er es in der Schule nicht mehr aushalten könne. Durch das
Sprechen und den Aufenthalt daselbst sei er nach dem Unterricht
derart hinfällig und von Husten geplagt, daß er das Bedauern der
Seinigen und aller, die ihn dann sähen, errege.
Nach kurzer Ruhepause konnte Lehrer Schmetz seine Arbeit
wieder aufnehmen. Erst Ende 1890 ging er in den Ruhestand.
Lehrer Ludwigs hatte schon vorher wegen Krankheit beur-
laubt werden müssen und war am 9. Juli 1890 durch Verfügung
der Kgl. Regierung wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand
versetzt worden.
(1) Staatsarchiv Düsseldorf-Kalkum, Schulwesen Hergenrath, 11856
66
Mehrere Schulamtskandidaten folgten sich in schnellem
Rhythmus : Carl Kopp aus Büsbach, Karl Willms aus Aachen,
Joseph Weber (1) aus Ripsdorf. Letzterer trat seine Stelle in Her-
genrath am 15. September 1890 an. Es folgte nach dem Abgang
von Joseph Schmetz als neuer Hauptlehrer der von Hauset hierher
versetzte Georg Klein (2) aus Schiffweiler (Kreis Ottweiler/
Saarland).
Das Wohl älteste Hergenrather Schulfoto, - leider stark verblichen - , entstand
vermutlich 1893 und zeigt Lehrer Joseph WEBER mit den Kindern der drei ersten
Schuljahre. Man zählt 34 Jungen und 41 Mädchen.
Schon 1895 erweisen die vorhandenen Schulräume sich er-
neut als ungenügend, da man eine zweite Mädchenklasse errich-
ten möchte. Durch bauliche Änderungen im Inneren der Schule
gewinnt man einen zusätzlichen Klassenraum und am 21. Oktober
1895 tritt die Junglehrerin Therese Koep (3) aus Eupen die neu
errichtete Stelle an. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts waren
also vier Lehrpersonen an der Hergenrather Schule tätig :
Georg Klein war Hauptlehrer und unterrichtete in der Oberklasse
der Jungen;
Joseph Weber hatte die Unterklasse für Jungen;
(1)-Geb. in Ripsdorf am 7.5.1867, Ausbildung in Kornelimünster (1890).
(2) Geb. 3.4.1862
(3) Geb. 1875 in Eupen; Ausbildung in Münstereifel (1894).
67
Die Schüler dieser Klasse (mit Lehrer Weber, inzwischen mit Bart) gehören zum
Jahrgang 1888. Die Aufnahme entstand um 1896. Unter der Lupe erkennt man
die genagelten Schuhsohlen der Kinder.
Es deutet manches darauf hin, daß dieses Bild am selben Tag wie das vorhergehende
entstanden ist. Die Kinder dürften die des 3. Schuljahres sein.
69
hier und definitiv angestellt. Verheiratet, ein Kind,
Schulkinder 1. bis 3. Jahrgang : 64. Alle katholisch.
Schulbesuch : ziemlich regelmäßig. Durchschnitt der Abwesen-
den : 8,37%. Der Lehrer arbeitet fleißig, er besitzt ganz befrie-
digendes Lehrgeschick.
Gesamteindruck : Recht befriedigend.”
Klein Georg, 33 Jahre, 1. Prüfung 1882, 2. 1886. Definitiv
angestellt. Unverheiratet.
Einkommen 1150 Mark bar und 100 Mk Dienstalterszulage.
Klasse 4. - 8. Schuljahr : 63 Kinder
Schulbesuch : ziemlich regelmäßig.
Durchschnittlich abwesend (1895), 7,5%
Der Lehrer ist fleißig, er besitzt ganz befriedigendes Lehrgeschick.
Gesamteindruck : Ganz befriedigend.”
Anna Preckel, 51 Jahre, 1. Lehrerprüfung 1868. Ist seit 27
Jahren im Amt, seit 23 Jahren in Hergenrath. Einkommen 930
Mk und 280 Mk Dienstalterszulage.
Klasse : Schuljahre 4. - 8. : 59 Mädchen
Schulbesuch im Ganzen regelmäßig.
Der Lehrerin fehlt infolge chronischer Halsleiden und körperli-
cher Schwäche die Kraft zu rüstiger Arbeit. Ihr Lehrgeschick ist
genügend.
Gesamteindruck : genügend.’
Therese Koep, 21 Jahre, 1. Lehrerprüfung 1895, im 1. Jahre
im Amt, seit 3/4 Jahr hier und provisorisch angestellt.
Klasse : 1. - 3. Schuljahr : 48 Mädchen.
Gesamteindruck : Gut.”
Über Therese Koep heißt es in einem Bericht aus dem Jahre 1900,
sie sei eine gut befähigte, recht fleißige Lehrerin.
Lehrer Georg Klein wurde 1902 nach Aachen versetzt. Die
vakant gewordene Stelle wurde von dem bis dahin in Heppenbach
tätig gewesene Lehrer Peter Theissen besetzt. 1903 verließ Lehrer
Weber Hergenrath. Er wurde nach Düsseldorf versetzt. An seine
70
Diese beiden Aufnahmen mit Lehrer Johann Grein entstanden in den Jahren
1903/04. Lehrer Grein wirkte in Hergenrath von 1903 bis 1906.
A
Stelle trat der bis dahin in Büllingen angestellte Lehrer Johann
Grein. (1) Schon Ende 1903 übernahm Lehrer Theissen eine Stelle
in Mülheim / Rhld. Seine Stelle nahm Christian Kranz (2) ein,
der in Obermaubach im Kreise Düren angestellt gewesen war.
Es ist erstaunlich zu sehen, wie mobil der Lehrkörper in
jener Zeit war. Es ist die Ausnahme, wenn jemand eine Stelle an-
tritt und dieselbe bis zu seiner Pensionierung nicht mehr verläßt.
Lehrerin Anna Preckel war eine solche Ausnahme. Von 1873 bis
1905 wirkte sie unermüdlich und trotz schwacher Gesundheit zum
Wohle der Hergenrather Schuljugend. Wegen Erkrankung ging
sie am 1. Oktober 1905 in den Ruhestand. Sie starb überra-
schend am 18.5.1906 in Eupen, wo sie sich auf Besuch befand.
Für Anna Preckel fand sich bis zum Schluß des Sommerse-
mesters eine Vertretung (Maria Ackermann). Es meldete sich
jedoch keine Bewerberin auf die ausgeschriebene Stelle. Bis März
1906 waren nur 3 Lehrpersonen hier tätig, und zwar Christian
Kranz, Johann Grein und Therese Koep.
Im März 1906 übernahm Josephine Stein aus Monreal die
zweite Lehrerinnenstelle. Sie verließ Hergenrath aber schon zwei
Jahre später, um in Koblenz eine Stelle anzutreten. Er
Johann Grein blieb in Hergenrath bis 1.1.1907. Seine Stelle
übernahm der aus Lontzen-Busch kommende Josef Mennicken.
Die durch den Weggang von Josephine Stein vakant gewordene
Stelle wurde von der Schulamtsbewerberin Josephine Krückel
besetzt. Dieselbe stammte aus Aachen.
(1) Geb. 1874 in Millen, Ausbildung in Kornelimünster (1897)
(2) Geb. 1868 in Effeld, Ausbildung in Linnich (1888)
73
Abtrennung Preußisch-Moresnets vom Schulverband Hergenrath
Schon 1904 findet sich in der Gemeindechronik die kurze
Eintragung : ”’Die Schulen in beiden zur hiesigen Bürgermeisterei
gehörenden Gemeinden (= Hergenrath und Hauset) sind über-
füllt und sollen deshalb in beiden Gemeinden neue Schulsäle
beschafft werden.”
102 Knaben und 105 Mädchen drängten sich 1904 in den
Räumen der Hergenrather Schule. Diese Überbelegung ließ keinen
” geregelten Schulunterricht mehr zu. Eine Vergrößerung des
Schulbaues war unumgänglich. Dies aber bedeutete, daß die
Gemeinde Preußisch-Moresnet, die zum Schulverband Hergen-
rath gehörte, ihren Beitrag zu den Schulkosten erheblich steigern
mußte.
Preußisch-Moresnet, das heutige Neu-Moresnet, zählte da-
mals beinahe 80 schulpflichtige Kinder. Es bestand dort zwar
eine private Schule der Bergwerksgesellschaft ”’Vieille Montagne”’,
die jedoch von den katholischen Kindern Schulgeld erhob. Wenn
diese Schule zur Gemeindeschule würde bzw. wenn die Berg-
werksgesellschaft für eine Gemeindeschule die erforderlichen
Räume zur Verfügung stellte, so wäre nach Meinung der Hergen-
rather und Neu-Moresneter Gemeindeväter eine Entlastung der
Hergenrather Volksschule möglich und bauliche Veränderungen
oder gar eine Vergrößerung dieser Schule vorerst nicht mehr
unumgänglich.
‚In einer Eingabe von 68 Haushaltsvorständen der Nachbar-
gemeinde vom 29.4.1905 wird zum ersten Male der Wunsch nach
einer eigenen Schule ausgesprochen. Am 7. Juni 1905 fand eine
gemeinsame Sitzung der Gemeinderäte von Hergenrath (15) und
Preußisch-Moresnet (7) statt. 19 Ratsmitglieder waren erschie-
nen; sie sprachen sich einstimmig für eine Abtrennung von
Preußisch-Moresnet aus. Die Regierung gab ihr Einverständnis
zu diesem Beschluß, nachdem die Bergwerksgesellschaft die
nötigen Klassenräume zur Verfügung gestellt hatte. Die bis dahin
bestehende Privatschule wurde zur Gemeindeschule von Preus-
sisch-Moresnet.
Für die Gemeindekasse von Hergenrath war die Abtrennung
von Preußisch-Moresnet eine schwere finanzielle Belastung. Die
Gemeinde mußte nämlich eine Entschädigung von 4.572,74 Mark
74
zahlen, wozu eine Anleihe von 4.000 Mark bei der Kreis- und
Darlehenskasse in Eupen aufgenommen werden mußte.
Schulneubau an der Altenberger Straße
Die erhoffte Entlastung der Hergenrather Schule trat aller-
dings nicht ein. Der gewonnene Raum wurde augenblicklich
wieder belegt, und zwar durch Fremdarbeiterkinder. Zu jener
Zeit waren nämlich viele Ausländer, vor allem Italiener, mit der
Verlegung der Eisenbahnstrecke Aachen-Herbesthal beschäftigt.
Diese Linienverlegung, die das starke Streckengefälle bei Ron-
heide ausschalten sollte und deren Spuren, wie z.B. Tunnels und
Bahndämme, noch zu sehen sind, ist wegen ungünstiger Boden- 5
verhältnisse (Laufsand) nie zu Ende geführt worden. Durch
Gemeinderatsbeschluß vom 23. September 1908 wurde für Her-
genrath die Erhebung von Schulgeld von nicht einheimischen
Kindern eingeführt.
Es belief sich auf 12 Mark jährlich pro Kind. Der Beschluß
wurde durch die Regierung in Aachen genehmigt. In Hauset hatte
man errechnet, daß jedes Kind die Gemeinde jährlich mehr als 26
Mark koste. Die Schulgelderhebung sollte den Zuzug fremder
Kinder stoppen.
Daß die Gemeindeväter sich in dieser Erwartung getäuscht
hatten, beweisen die Schülerzahlen jener Jahre : 1907 zählte die
Hergenrather Volksschule 269 Kinder, 1908 waren es 283 und
1909 gar 294!
In einem Gemeinderats-Sitzungsprotokoll vom 19. August
1908 steht zu lesen, an der 4-klassigen Volksschule zu Hergenrath
werde in der Mittel- und Unterklasse nur Halbtagsunterricht
erteilt, so daß tatsächlich 6 Klassen mit 4 Lehrern vorhanden
seien.
Der Schulinspektor berichtete der Regierung, die Anstellung
einer weiteren Lehrkraft und die Errichtung wenigstens einer
neuen Klasse seien ”’unabwendbares Bedürfnis”.
Der Gemeinderat beschloß einen Schulhausneubau, wozu er
- ein Grundstück aus der Hauswiede des hiesigen Armengutes ent-
nahm; bezüglich der Ausführung des geplanten Neubaus bat er
um Erteilung von Ratschlägen seitens der Regierung. Letztere
ordnete'an, den Bauplan ”’gemäß Par. 17 des Volksschulunterhal-
tungsgesetzes’’ aufstellen zu lassen. Daraufhin wurden Bauplan
75
und Kostenanschlag dem Bausachverständigen Leonard Palm
(Hergenrath) übertragen.
Am 10. Dezember 1908 reichte der Landrat den von Palm
ausgearbeiteten Plan ein, welcher jedoch in der vorliegenden
Form abgelehnt wurde. Die Beanstandungen waren so zahlreich,
daß die Regierung den Vorschlag machte, duch den Kreisbau-
meister einen neuen Plan ausarbeiten zu lassen.
Auch der zweite Entwurf von Palm war nach Ansicht des
Kreisarztes so mangelhaft, daß ”eine Neubearbeitung erforder-
lich” war.
Schließlich wurde das Kreisbauamt in Eupen mit dem
Entwurf neuer Pläne beauftragt. Am 30. November 1909 wurden
dieselben mit Erläuterungsbericht, Trinkwasseranalyse, Gutach-
ten des Kreisarztes und Gemeinderatsbeschluß vom 16. Novem-
ber 1909 eingereicht. Die Regierung genehmigte die Pläne am 29.
Dezember 1909.
Am 12. April 1910 wurde der Neubau in 6 Losen ausgegeben
und am darauffolgenden Tage verschiedenen Unternehmern zu-
geschlagen. Bedingungsgemäß mußte der Bau bis zum 1. Okto-
ber unter Dach gebracht werden.
Am 25. Oktober 1910 konnte der Landrat der Regierung
mitteilen, daß der Rohbau seit einiger Zeit fertiggestellt und mit
einem Asphaltdach überdeckt sei.
Am 10. April 1911 meldete der Bürgermeister dem Landrat,
der Schulhausneubau sei so weit gediehen, daß das Gebäude” zu
Beginn des kommenden Wintersemesters’” seiner Bestimmung
übergeben werden könne. Die Kosten seien auf 39.200 Mark
veranschlagt.
1/3 der Baukosten wurden durch den Staat getragen. Bänke
und Turngeräte, die neu angeschafft werden mußten, schlugen
mit 2000 Mark zu Buch. Zur Deckung der Kosten nahm die
Gemeinde eine Anleihe von 30.000 Mark auf, mit 4 1/8%
jährlich zu verzinsen und mit 1 3/4% jährlich abzutragen.
Der Bitte der Gemeinde an die Regierung, einen Zuschuß
zur Deckung der Beschaffungskosten zu gewähren, gab die
Regierung gerne nach, unter der Bedingung jedoch, daß auch der
Kreisausschuß sich bereit erkläre, aus dem Kreisfonds einen
Zuschuß zu gewähren. Beide Seiten bewilligten 500 Mk.
76
Am 25. September 1911 zogen die ersten Kinder in die neue
Schule an der Altenberger Straße ein. Der Landrat machte der
Regierung Mitteilung von den Gesamtkosten des Neubaus, die
sich ohne Grunderwerb und innere Einrichtung auf 43.882,25 Mk
beliefen, wovon die Regierung 13.870,47 Mk übernahm.
An der neuen Schule wurde eine weitere Klasse errichtet;
Lehrer Peter Stommen aus Gey übernahm dieselbe am 16.9.1911.
Am 25. September 1911 wurde der Neubau durch Pfarrer
und Landdechant Aloys Mertz feierlich eingesegnet.
Im Jahre 1913 unterrichteten die fünf Lehrpersonen Krückel,
Koep, Kranz, Mennicken und Stommen 262 Schulkinder in den .
beiden Schulen an der Aachener und Altenberger Straße. Im
Durchschnitt kam so jede Lehrperson auf mehr als 50 Kinder!
Mit dem Jahre 1913 enden die Eintragungen des Chronisten
betreffend die Schulverhältnisse in Hergenrath.
Fortsetzung folgt.
7
Aushebung in Raeren und Neudorf
von Walter Meven
Man schrieb das Jahr 1702. Das Schicksal unserer Heimat
war infolge der Auseinandersetzung zwischen den mächtigen
Nachbarn im Osten und im Westen wieder einmal sehr ungewiß.
Sollte die Kriegsfurie auch jetzt wieder mit all ihrem
Schrecken über unser Land kommen? Entbehrungen war man
gewohnt, denn es war selbstverständlich geworden, den eben im
Dorfe lagernden oder durchziehenden Truppen von dem Weni-
gen, was einem geblieben, den größten Teil abzugeben.
Am 2. Februar des gleichen Jahres versammelten sich gemäß
Aufruf durch einen Plakatanschlag Seiner Majestät, die ”’Naebe-
ren” (d.h. die Einwohner) von Neudorf mit den Junggesellen des
gleichen Ortes, um durch Losentscheid zwei wehrfähige junge
Männer zu einem dreijährigen Dienst in der Armee des Souveräns
zu bestimmen, unbeschadet dessen, daß Raeren und Neudorf
zusammen einen weiteren Rekruten stellen mußten.
Das Quartier Neudorf war verpflichtet, den beiden Männern,
auf die das Los gefallen war, einmalig eine Entschädigung von 80
Pattacons zu zahlen. Davon erhielten sie ein Zehrgeld in die Hand
ausbezahlt.
Den größten Teil der Entschädigung sollten sie auf Verlan-
gen oder nach Ableistung der Dienstpflicht erhalten. So wollte es
die Absprache mit den Naeberen. Für den Fall aber, daß sie im
Dienste Seiner Majestät ihr Leben ließen, mußten die Naeberen,
vertreten durch die Bürgermeister Jacob Schonmecker und Len-
nert Mennicken bots, den Eltern oder den nächsten Verwandten
die versprochene Summe auszahlen.
Diese Art der Rekrutenwerbung wurde noch bis in unser
Jahrhundert hinein praktiziert. Von unsern Großeltern hörten wir
oft: ”Der hat sich freigezogen.’”” Vermögende Bürger verstanden
es häufig, sich durch Zahlung einer Ablösungssumme an einen
Ersatzmann freizukaufen. Die Rekrutenaushebung fiel in die Zeit
des spanischen Erbfolgekrieges (1701-1713).
Kaum waren die Eroberungskriege König Ludwigs XIV. von
Frankreich durch den Frieden von Rijswijk am 25. September
1697 beendet, so gab der Tod König Karls II. von Spanien, der
kinderlos starb, Anlaß zu neuen kriegerischen Auseinanderset-
78
zungen, die sich an der Nachfolge auf den spanischen Thron
entzündeten. Ludwig XIV. von Frankreich und der deutsche
Kaiser versuchten, den spanischen Thron mit Kandidaten ihrer
Gunst zu besetzen - ein Umstand, der später noch einmal, im
Jahre 1870, Anlaß zum Krieg zwischen Frankreich und Preußen
sein sollte. - Ein hartes Ringen um den Sieg entspann sich unter
den rivalisierenden Nationen; Niederländer, Franzosen, Englän-
der und Kaiserliche bekämpften sich in zahllosen Treffen, bis es
den Engländern gelang, den Franzosen eine schwere Schlappe
beizubringen. Doch erst der vereinigte Einsatz kaiserlicher Trup-
pen unter Prinz Eugen führte die Entscheidung herbei. Fast 14
Jahre sollte der spanische Erbfolgekrieg dauern. Durch den N
Frieden von Utrecht am 11. April 1713 werden die Habsburger
und damit Österreich die neuen Herren im Lande.
Die Stimmung unter den Teilnehmern der Naeberversamm-
lung war sicherlich gedrückt. Wer möchte, wenn überhaupt, in
solchen schlimmen Zeiten Soldat werden? Diese Männer erwarte-
ten genau wie die Bevölkerung schwere Zeiten der Strapazen und
der Entbehrungen. Nicht selten sah man seine Lieben nicht
wieder oder kam als Krüppel aus dem Felde zurück. Diese und
andere Gedanken haben gewiß damals die Menschen bewegt.
Wen wird das Los treffen? Nun, es mußten, wie wir gesehen
haben, von Raeren und Neudorf insgesamt 3 Männer sein. Dabei
ist interessant, daß sich nur Junggesellen zur Wahl stellen
mußten.
Der Name eines Betroffenen, der infolge des Krieges sein
Leben ließ, ist uns überliefert.
In einem Beschwerdebrief an den Drossard und den Schöffen
der Bank Walhorn bittet ”Mareycken weduwe van Monschen
Hendrich””, als Mutter ihres gefallenen Sohnes Lennert Hen-
drichs, die Herren um ihre Hilfe bei der Eintreibung der bei der
Auslosung ihres Sohnes versprochenen Entschädigung von 40
Pattacons. Sie erklärte, daß sie sich des Öfteren vergeblich
bemüht habe, in den Besitz des ihr zustehenden Geldes zu
kommen. Untertänigst bittet sie den Drossard und seine Schöf-
fen, die Naeberen aufgrund des Vertrages, der seinerzeit durch
die Herren Bürgermeister Jacob Schonmecker und Lennert Men-
nicken bots beglaubigt wurde, zur baldigen Auszahlung aufzu-
fordern.
79
Hier der Bericht der ’’Vergaedering”” im Wortlaut: A
”Op huyden den 10. february 1702: Syn die naeberen van
nuydorp veraccordeert mette jongesellen desselffs Dorps Volgens
Syne Mats. placcaten moeten lotten om t’gaen in dienste van Seine
Mat. den tyt van dry jaeren, sonder preiuditie van eenen jongesell
die sy met Raren saemen naer rato moeten doen, dat sy
aendeselve twee daer het Lot op vallen sal, sullen geven eens voor
all tachentich pattacons, waeraf sy hun sulden teergelt op de
Handt geven, ende meerest sullen sy hun geven als sy sullen
begehren, oft wel als sy sullen wederomcomen naer expiratie van
dry jaeren samen, ofte in cas sy souden comen doot t'bleiven
sullen die naeberen de voorscr. beloffte Somme geven aen hunne
ouders ofte naeste verwanten alles onder obligatie als naer recht,
ter oirconde hebben die gesworen in naeme der naebern dit op
dagh ende dato onderteeckend, was geteeckend Jacob Schon-
mecker ende Lennert Mennicken bots, onderstond concordat cum
originali quod attestor was geteeckent L. Roemer Leonards
Notaris.
Quelle: Stadtarchiv Aachen, Hochbank Walhorn, Bündel Nr. 4.
80
Ein altes Haus erzählt
Walhorn, Dorfstraße ...
von Albert Janclaes
Staunend stehen wir vor der Bautätigkeit der letzten dreißig
Jahre, führt sie uns doch den relativen Wohlstand der Bevölke-
rung vor Augen. Viele junge Ehepaare beginnen heute den
gemeinsamen Lebensweg in eigenen vier Wänden. Für viele
Jahrzente werden sie dieses Haus bewohnen. Sie fühlen sich wohl
darin und es sei ihnen auch von Herzen gegönnt. Jeder dieser
Hausbesitzer ist stolz auf sein Lebenswerk. Da man sich bekannt-
lich über Geschmack nicht streiten sollte, möchte ich dies hier
auch nicht tun, obschon ich viele Häuser wirklich nicht besonders
originell noch schön finde. Vor allem fehlt all’ den modernen
Häusern das, was alten Häusern eigen ist : ihre Geschichte.
Sicher, eines Tages werden auch sie ihre Geschichte zu erzählen
haben. Ich jedenfalls bin verliebt in alte verwinkelte Häuser mit
ihren An- und Umbauten, ihren ächzenden Balken, ihren mit
Hohlziegeln gedeckten Dächern und nicht ganz lotgerechten
Wänden. Das Bewußtsein, in einem Haus zu leben, wo Genera-
tionen vorher geboren und gestorben sind, geliebt und gelitten
haben, vermittelt Wärme und Geborgenheit. Alte Häuser könn-
ten wundervolle Geschichten erzählen, - wenn sie nur könnten.
Manchmal hat man die Möglichkeit, die Geschichte solcher
Häuser über viele Jahrzente zu verfolgen. Alte Akten und
Zeitungsberichte geben mitunter beredte Auskunft.
Ich möchte hier die Geschichte des Geburtshauses meines
Vaters erzählen. Meine Mutter hat die dazu gehörenden Daten
und Fakten in mühevoller Kleinarbeit gesammelt. Wertvolle
Hilfestellung bekam sie, außer von alten Akten, durch die
gebundenen Ausgaben des ”’Korrespondezblattes’”” aus dem ver-
gangenen Jahrhundert.
Nun handelt es sich bei besagtem Haus nicht nur um ein
Privathaus, nein, in den Räumen dieses Hauses vollzog sich ein
€ 81
Teil des öffentlichen Lebens meines Heimatdorfes. Lassen Sie
mich die letzten 170 Jahre dieses Hauses erzählen. Wann es
erbaut wurde, entzieht sich meiner Kenntnis, auch die Namen der
früheren Besitzer sind mir unbekannt. Dem Baustil des Kernge-
bäudes nach zu urteilen, hat das Haus sicher eine über dreihun-
dertjährige Geschichte. Sicher war es auch vor den 170 Jahren,
die ich überblicken kann, eine Gaststätte, eine Anlaufstelle für
das ganze Dorf. Heute heißt die Gaststätte sinnigerweise ”Zur
alten Post”” und es ist tatsächlich anzunehmen, daß sich zu
früheren Zeiten dort eine Poststation befand, daß dort die
Postkutschen mit ihren Fahrgästen haltmachten und sich Mensch
und Tier von den Strapazen der Reise erholten. Vor 170 Jahren
werden in dem alten Cassa-Buch der St. Stephanus Schützen
Herr Theodor Jungbluth und Söhne als Eigentümer des Gasthau-
ses und der Bäckerei laufend erwähnt. Der große langgestreckte
Bau im Ortszentrum genau gegenüber der Kirche beherbergte
demnach eine Gaststätte une eine Bäckerei, eine Kombination
übrigens, wie sie noch vielfach auf den Dörfern anzutreffen ist.
Besagter Theodor Jungbluth muß eine ortsbekannte und beliebte
Persönlichkeit gewesen sein, denn das Korrespondenzblatt vom
Jahre 1838 erwähnt ihn laufend als ”’Wirt, Bäcker und Organist-
Küster”. Zudem betrieb er auch noch eine kleine Landwirtschaft,
denn bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts befand sich vor dem
eingentlichen langgestreckten Altbau ein kleiner Viehstall. Von
dem eigentlichen Altbau ist heute nur an zwei Stellen etwas zu
sehen, nämlich die zurückliegende Fassade des Gebäudeteiles
”Bäckerei”” und gegenüber dem Eingang der heutigen Wirtschaft
die Fenster der ehemaligen Front. Hinter dieser alten Front liegt
noch heute die ursprüngliche Gaststätte, im Volksmund immer
noch ”Postkämerke” genannt. Der Vorbau der heutigen Wirt-
schaft, wie auch der Vorbau der ehemaligen Bäckerei, bestanden
1838 beide noch nicht.
Damals bestand, wie gesagt, nur der langgestreckte Hinter-
bau. Darin befanden sich, links die Bäckerei und der Lebensmit-
telladen und rechts das ’’Postzimmer”’, die uralte Gaststätte. Man
stelle sich einmal den Tagesablauf des Theodor Jungbluth vor. In
aller Hergottsfrühe mußte Brot gebacken werden, zu hohen
Festtagen sicher noch Fladen und ”’Platz’’. Anschließend mußte
er die Orgel beim Gottesdienst spielen und als Küster die Kirche
zurecht machen. Dann mußte das Vieh versorgt werden. Wäh-
82
renddessen bediente die Frau die Kundschaft hinter der Laden-
theke, versorgte den Haushalt und gemeinsam wurde abends die
Gaststätte geführt. Auch muß ein Tanzsaal vorhanden gewesen
sein, denn 1838 werden laufend Tanzfeste angekündigt und
Schützenfeste abgehalten. Auch öffentliche Verkäufe finden dort
häufig statt. Man kann mit Recht sagen, daß das öffentliche
Leben des Ortes z.T. in diesen Räumen stattfindet, und der
Inhaber und Besitzer kann sich über mangelnde Arbeit gewiß
nicht beklagen. Sicher kann er sich bei all der Arbeit auf die
tatkräftige Unterstützung seiner beiden Söhne Heinrich und Theo
verlassen. Rund vierzig Jahre seines Wirkens haben wir über-
schauen können. ;
1847 ist er tot. Seine Söhne teilen das Anwesen unter sich
auf. Sohn Heinrich Jungbluth bekommt den rechten Gebäudeteil
und sein Bruder Theo Jungbluth den linken, die Bäckerei. Im
gleichen Jahr noch 1äßt der Gastwirt Heinrich in einem öffentli-
chen Verkauf das Mobilar der beiden Erben Jungbluth (hier
handelt es sich wohl um die Wirtshauseinrichtung) verkaufen,
denn er beabsichtigt nicht, die Gastwirtschaft fortzuführen. Er
verkauft nämlich seinen Gebäudeteil gleich mit. Mit dem Ver-
kauferlös seines Hausanteils übernimmt er ein landwirtschaft-
liches Anwesen von 46 Morgen auf der Walhorner Heide. Die
Landwirtschaft muß ihn jedoch auch nicht befriedigt haben, denn
er verkauft den Hof fünf Jahre später wieder und zieht nach
Eupen.
Das Haus unserer Geschichte ist nun getrennt. Käufer der
Gastwirtschaft war ein Herr Nicolaus Timmermann. Fünf Jahre
später, also 1852, verkauft nun auch der Bäcker Theo seinen
Hausanteil an Nicolaus Timmermann. Das alte Haus ist damit
nach fünfjähriger Trennung wieder in einer Hand vereint. Was
aus den Gebrüdern Jungbluth geworden ist, wissen wir nicht.
Der neue Besitzer muß mittleren Alters gewesen sein, als er
das Haus kaufte, denn er hat erwachsene und heranwachsende
Söhne. Er betreibt nur die Gaststätte und hat das Handwerk des
Bäckers offenbar nicht erlernt, wohl aber versieht er das Amt des
Küsters und Organisten. Dieser Nicolaus Timmermann hat mit
seiner Frau Anna geb. Lambertz 5 Söhne. Einer dieser Söhne hat
das Bäckerhandwerk erlernt. 1856 zieht der Vater mit seinem
Sohn Victor Franz Emanuel in den Gebäudeteil der Bäckerei und
überläßt dem Sohn Heinrich die Gastwirtschaft. Er ist es, der
83
vermutlich den heutigen, für damalige Verhältnisse kostspieligen,
vorderen, neuen Gaststättengebäudeteil anbauen läßt. Hat er sich
dabei finanziell übernommen oder was ist sonst passiert? Wir
wissen es nicht mit Sicherheit. Jedenfalls erzählt man sich
seitdem, daß sich an diesem Haus jemand ”’Kaputt gebaut hat”.
Von Heinrich Timmermann jedenfalls hören wir nichts mehr. Hat
er aus Walhorn ausziehen müssen, ist er gestorben oder fiel er im
Kriege von 1866 (Preußen-Dänemark)? 1866 jedenfalls taucht
der Vater für kurze Zeit wieder als Wirt auf. Im Herbst 1866 wird
ein anderer Sohn, nämlich Ferdinand August, Wirt der ge-
schichtsträchtigen Gaststätte.
Eben haben wir gesehen, daß der Vater mit seinem Sohn
Victor Franz Emanuel ab 1856 im Gebäudeteil der Bäckerei
wohnte und wirtschaftete. Ab 1863 jedoch versucht der Vater
vergeblich, die Bäckerei zu verkaufen. Sehr sonderbar. Sind die
Zeiten so schlecht? Gehen die Geschäfte nicht mehr, oder
bereiten ihm seine 5 Söhne Sorgen?
Die ganze Familie scheint sich jedenfalls nicht wohl zu
fühlen, denn noch im gleichen Jahr, also 1863, wird das ganze
Anwesen, Gastwirtschaft und Bäckerei zum Verkaufe angeboten.
1866 steht das Ganze immer noch zum Verkaufe an. Es müssen
offenbar sehr schlechte Zeiten gewesen sein. Wahrscheinlich hat
die politische Lage (der Krieg zwischen Preußen und Dänemark)
tiefgreifende Spuren hinterlassen, bzw. sind schwere Zeiten dem
vorangegangen. Nach dem Krieg scheint es wieder bergauf zu
gehen. Es werden viele Feste gefeiert. Der jetzige Wirt, der Sohn
Ferdinand August Timmermann, baut im Garten des Anwesens,
hinter dem Teil der Bäckerei, einen Saal mit Kegelbahn. Den-
noch wird immer wieder versucht, das ganze Anwesen zu
verkaufen. Dies gelingt erst im Jahre 1871. Der Vater ist
inzwischen, wir wissen nicht wann, gestorben. Die Erben, die
Söhne Timmermann, finden endlich einen Käufer. In diesem Akt
wird der Sohn Heinrich nicht erwähnt. Was wurde wohl aus ihm?
Der Akt spricht von folgenden vier Söhnen : vom Wirt Ferdinand
August, vom Bäcker Victor Franz Emanuel, vom Redemptoris-
tenpostulanten Hubert Joseph und vom Soldaten beim 25.
Regiment in Straßburg Dominikus Leo. Am 27. September 1871
verkaufen diese vier Söhne das Anwesen des Vaters an Dominikus
Kerres, Landwirt und Bürgermeister von Walhorn. Der Wirt
84
Ferdinand August übernimmt alsbald eine Gastwirtschaft in
Eupen. Von den anderen Brüdern hören wir nichts mehr.
Der neue Besitzer, Dominikus Kerres, ein wohlhabender
Landwirt, bewirtschaftet das erworbene Anwesen jedoch nicht
selber. Es ist anzunehmen, daß er Wirtschaft und Bäckerei
getrennt verpachtet. Allerdings trachtet auch er bald danach, das
Anwesen wieder zu verkaufen. Am 16. Juli 1876 kauft der
Bäckergeselle Joseph Laschet mit seiner Ehefrau Elise geborene
Zegels die Bäckerei. Das geschichtsträchtige Haus ist nunmehr
nach 24 Jahren zum zweitenmal geteilt. Die Gastwirtschaft geht
vier Jahre später, nämlich 1880, in neue Hände über. Eigentümer
wird nun ein Mathias Croe. Für rund hundert Jahre werden nun
beide Gebäudeteile getrennte Wege gehen.
Der Bäcker Joseph Laschet und seine Frau Elise scheinen
sehr fleißig und erfolgreich in ihrer Backstube zu wirken, denn
schon nach sechs Jahren, am 7.11.1883, kaufen sie ein weiteres
Haus, ein kleines Bauernhaus, das Haus, in welchem ich heute
lebe und dieses schreibe. Wir haben zu Beginn unseres Artikels
gesehen, daß vor der Bäckerei zur Straße hin sich ein kleiner Stall
und eine kleine Mistgrube befanden. Der Bäcker Joseph Laschet
betrieb also nebenbei noch erfolgreich die Landwirtschaft. Im
Laufe der Zeit kauft er noch verschiedene Wiesenparzellen. An
dem 1883 gekauften kleinen Bauernhaus läßt er neue Stallungen
errichten und modernisiert gründlich das Wohngebäude, welches
er verpachtet. Nun, da er neue Stallungen besitzt, kann er
darangehen, auch die Bäckerei zu vergrößern und zu modernisie-
ren. 1907 läßt er den Stall vor der Bäckerei abreißen und baut
dort einen schönen modernen Vorbau im Stil der Zeit mit großer
Geschoßhöhe. Im Erdgeschoß erhält er einen geräumigen Laden
und im Obergeschoß befinden sich zwei geräumige Zimmer,
ebenfalls mit hoher Geschoßhöhe und Stuckarbeiten an der
Decke. Gleichzeitig läßt er einen neuen Königswinter Backofen
installieren.
Was geschah in der Zwischenzeit mit der Gastwirtschaft?
Nun, genaueres wissen wir nicht. Offenbar betreibt Mathias Croe
seit 1880 auch recht erfolgreich seinen Gaststätten- und Saalbe-
trieb. Sein Wirken dauert genau dreißig Jahre, denn 1910 kauft
Albert Schumacher die Wirtschaft, die er 1920 an den Gastwirten
Paul Homburg-Stickelmann verkauft. Dieser kann sich aber nur
knapp ein Jahr an seinen Besitz erfreuen, denn nach seinem Tode
85
wird sein Schwager Peter Stickelmann-Duiardin neuer Besitzer
der Gaststätte. Wir schreiben das jahr 1921. Was macht nun
Peter Stickelmann mit seinem Besitz? Er vergrößert den Saal und
legt in den dreißiger Jahren eine neue, heute nicht mehr
vorhandene Kegelbahn an. Da keine männlichen Nachkommen
vorhanden sind, geht der Besitz an die Familie Aussems-Stickel-
mann über. Der Gaststättenbetrieb sieht von jetzt ab nur noch
Pächter. 1967 geht der Besitz in die Hände von Richard
Pesch-Aussems, der vor allem neue sanitäre Installationen anbau-
en läßt.
Kehren wir nun zur Bäckerei zurück. Wir stellten eben fest,
daß das Bäckerehepaar sehr erfolgreich wirtschaftete. Am
12.4.1883 wird ihnen die einzige Tochter geboren, ebenfalls eine
Elise. Die Mutter befällt jedoch bald darauf ein schweres Leiden.
Sie wird gelähmt und bleibt für die letzten drei Jahrzente ihres
Lebens auf die Hilfe anderer angewiesen und an ihren Lehnstuhl
in der Backstube gefesselt. ;
Die Tochter Elise heiratet am 13.9.1911 Joseph Peter Jan-
claes. Den beiden war bestimmt, die erfolgversprechende Bäcke-
rei fortzuführen. Am 4.10.1914 wird ihnen im Hause der Bäckerei
der einzige Sohn, Joseph, - mein Vater -, geboren. Joseph
Janclaes senior, stammte von dem großen schönen Bauernhof auf
dem Walhorner Feld. Er hatte noch einen Bruder und zwei
Schwestern. Doch das Schicksal schlägt 1914 zweimal hart zu.
Sein einziger Bruder, Stephan, fällt im ersten Weltkrieg vor
Löwen auf dem Felde der Ehre. Im gleichen Jahr verunglückt die
Schwester Gertrude im elterlichen Kuhstall tödlich. Die zweite
Schwester heiratet und zieht mit ihrem Mann auf dessen elter-
liches Gut in Kettenis.
Mein Großvater kann nun nicht, wie vorgesehen, die Bäcke-
rei übernehmen, seine Hand wird dringend auf dem elterlichen
Hof gebraucht. Seine Mutter will nicht wahrhaben, daß ihr Sohn
Stephan gefallen ist. Sie glaubt fest an seine Rückkehr. So
kommt es, daß mein Großvater mit seiner Frau die Bäckerei
bewohnt, seine Frau auch die Bäckerei noch einige Zeit
bewirtschaftet und er tagsüber den elterlichen Bauernhof ver-
sorgt. Am 31.12.1923 erben meine Großeltern die Bäckerei. Sie
ziehen endgültig zum Bauernhof und die Bäckerei sieht von nun
an nur noch Pächter. Peter Burtscheid und Frau Anni versorgten
40 Jahre die Bevölkerung mit dem lebenswichtigem Brot. Ganz
86
besonders während des Krieges, als Ihr Mann eingezogen war,
hat Frau Burtscheid durch ihre Arbeit vielen Familien über den
Hunger der Kriegsjahre hinweggeholfen. Meine Großeltern be-
wirtschaften gemeinsam und mit Knecht und Magd den Bauern-
hof und mein Großvater betätigt sich erfolgreich während vieler
Jahre bis zu seinem Tode im Walhorner Gemeinderat. Der
einzige Sohn, Joseph, mein Vater also, heiratet am 3.11.1938
Huberta Teller und übernimmt gleichzeitig den elterlichen land-
wirtschaftlichen Betrieb. Als am 7.1.1943 meine Großmutter
plötzlich stirbt, erbt mein Vater die Bäckerei.
Das Ehepaar Joseph Janclaes-Teller, also meine Eltern,
bekommen drei Söhne. Der erste Sohn, Rudolf, stirbt jedoch .
1940 im Alter von vier Monaten. Ich, der zweitälteste Sohn,
bekomme von meinem Vater 1977 den kleinen Bauernhof ge-
schenkt, den mein Urgroßvater 1883 von Peter Hodiamont
kaufte. Der dritte Sohn, mein Bruder Raymond, bekommt am
13.12.1976 die Bäckerei geschenkt. Da mein Bruder statt des
Bäckerhandwerks das des Druckers erlernte, ließ er den Backofen
entfernen und richtete dort eine Druckerei ein.
1978 verkaufte Richard Pesch-Aussems die Gastwirtschaft
mit Saalbetrieb an Gerard Renardy-Küpper. Gerard Renardy, der
bisher recht erfolgreich mit seiner großen Familie ein großes
Bauerngut bewirtschaftet hat und auch weiter noch bewirtschaf-
tet, hat große Pläne mit seinem neuen Besitz. Vor allem der Saal
ist in einem hoffnungslosen Zustand. Er entschließt sich, den Saal
vollkommen neu und größer wieder aufzubauen. Natürlich sind
gewisse baupolizeiliche Auflagen zu erfüllen und ein neuer
großzügiger und separater Eingang .für den Saal wäre auch
wünschenswert. Doch davor liegt die (Bäckerei) - Druckerei
meines Bruders. Es kommt zu ersten Gesprächen, der Familien-
rat tritt hier wie dort zusammen, am Ende ist mein Bruder bereit,
sein Haus an Gerard Renardy zu verkaufen. Er möchte nicht im
Wege stehen, wenn es darum geht, der Dorfgemeinschaft von Wal-
horn wieder einen repräsentativen Saal zu verschaffen. Auch sieht er
ein, daß man die Privatinitiative des neuen Wirtes und dessen
enormes finanzielles Engagement unterstützen sollte. Am
9.2.1979 ist der Vertrag unter Dach und Fach. Nun sind die
beiden geschichtsträchtigen Häuser im Zentrum Walhorns wieder
vereint, nachdem sie zweimal auseinandergerissen wurden und
zuletzt hundert Jahre getrennte Wege gingen.
87
Der neue Besitzer und seine fleißige Frau Emma haben den
Saalneubau inzwischen vollendet, die Inbesitznahme durch die
Walhorner Bevölkerung hat längst stattgefunden. Ganz Walhorn,
vor allem die vielen hiesigen Vereine sind stolz, einen so schönen
und modernen Saal zu besitzen. Mit dem guten Willen aller
a] Beteiligten und der Bereitschaft zum Engagement ist doch etwas
herrlich Neues geschaffen worden. Das Haus, Walhorn Dorf-
straße ..., das Restaurant ’”’Zur alten Post” ist, wie schon vor 170
Jahren, das Begegnungszentrum schlechthin geblieben. Ja, es ist
heute schöner denn je.
Hiermit endet vorläufig die Geschichte dieses interessanten
Walhorner Hauses. Möge es noch für viele Generationen ein Ort
der Begegnung sein und mit dem öffentlichen Leben des Ortes
verbunden bleiben. Möge der große Baumeister es vor Feuer und
Unglück bewahren.
Walhorn, den 13.1.1980
88
Ein zweiter Diogenes
Eine Schmunzelgeschichte vom Dreiländereck von G. Tatas (T)
Als sich der weise und äußerst genügsame Diogenes einst zu
Korinth vor seiner Tonne sonnte, erhielt er den Besuch des
großen Alexanders, der, von einem prächtigen Zuge begleitet, zu
ihm gekommen war, um ihm auf den Weisheitszahn zu fühlen.
Der Asket antwortete auf die wohlwollende Frage des mazedoni-
schen Königs, ob er ihm eine Gunst erweisen können : «O ja, geh
mir ein wenig aus der Sonne!»
Wer in der Schule dumm genug war, das nicht zu verstehen
und nicht zu behalten, ist vielleicht in späteren Jahren ein reicher,
wer es aber verstand und beherzigt, ein glücklicher Mann
geworden.
In Gemmenich hat es nun einen Nachfolger dieses Diogenes
gegeben, der um dieses klassische Beispiel gar nicht wußte und
doch an Wunschlosigkeit, worin das Glück der Erdenkinder zu
wurzeln scheint, sein großes Vorbild fast überragte. Jedenfalls
entbehrte er sogar noch der Tonne als schützendes Dach und
schlief oft unter freiem Himmel den Schlaf des Gerechten.
Tagsüber war er - wenn möglich noch eifriger als der Philosoph -
auf der Suche nach Wahrheit, die er in geistigen Getränken,
gleich den alten Römern nach ihrem Spruch «In vino veritas» zu
finden hoffte. Wie Diogenes trug er mit philosophischer Würde
und Verachtung aller Ansprüche schäbige, zerrissene Kleider und
einen schwarzen Stoppelbart, den er sich, darin von seinem
griechischen Urbild abweichend, einmal in der Woche von seinem
Friseur abrasieren ließ. n
Der Figaro, dem noch als unverändertes Erbstück väterli-
cherseits eine Schneiderseele innewohnte, flickte dann nach der
wöchentlichen Rasur gewöhnlich die längsten Risse und größten
Löcher im Gewand des Diogenes, alias Judesche Stäve, damit
dieser nicht mit dem Sittengesetz, das ein öffentliches Auftreten
im Adamskostüm untersagt, in Konflikt geriet und womöglich
eingesperrt würde, womit er - der Figaro - um die Einkünfte des
sonntäglichen Bartscherens eines seiner Kunden gekommen wäre.
89
An einem kalten Dezembertag geschah es nun, daß sich in
der Brust des Mantelflickers außer zwei Seelen, der Barbier- und
Schneiderseele, auch noch eine dritte, nämlich die menschliche
Seele regte, als er noch einmal am Paletot des Genügsamen nähen
sollte, der kaum noch Stoff für die Nadel bot. In sein Herz schlich
ein Humanitätsgefühl, er nahm seinen eigenen Mantel vom Kleider-
haken und sagte, den Stäve vorsichtig zum Kauf anregend :
«Diesen Mantel hier könnte ich entbehren und ihn für 100 Fr.
Verkaufen, wenn ihn jemand nötig hätte. Zieh ihn mal an, Stäve,
ob er dir etwa paßt!» Der Stäve zog den Überzieher, der noch in
fast neuwertigem Zustand war, etwas widerstrebend an, schaute
an sich hinunter und meinte : «Tja - ein schöner Mantel, und er
ist auch sehr billig - direkt geschenkt!» Dann entschlüpfte - um
mit Homer zu sprechen, da wir einmal bei den Großen der Antike
sind - dem Gehege der Zähne ein Wort, das des großen Diogenes
würdig gewesen wäre und wonach der Stäve auch in dieser
Geschichte dessen Namensvetter wurde : «Eine gute Gelegenheit
für denjenigen, der einen Mantel nötig hat - ich brauche ihn nicht
- ich habe ja noch einen!» Damit zog er ihn wieder aus und hing
ihn an den Haken. Als er dann unbeweglich gegen das Sonnen-
licht stand, das durch das Fenster der Barbierstube fiel und auf
das abermalige Flicken seines zerfezten Mantels wartete, sah er
mit seinem wetterharten Gesicht und dem langen ungepflegten
Haar wie eine Statue des berühmten Tonnenbewohners aus. Wer
über dieses Wunder an Bedürfnislosigkeit zu Beginn einer Zeit
des hektischen Wetteiferns um Wohlstand und Prestige ungläubig
das Haupt zu schütteln geneigt ist, dem kann Glaubwürdigkeit
verschafft werden, indem sich der Erzähler mit der barmherzigen
Schneiderseele dieser Geschichte identisch erklärt.
90
Das Amt des Henkers in alter Zeit
von Walter Meven
Mit der Inbesitznahme der Rheinlande durch die preußische
Krone wurde die Verwaltung nach preußischem Muster reorgani-
siert und ausgebaut.
Im Bereiche der Justiz, von der wir aus einem Teilgebiet, *
namentlich über das Amt des Scharfrichters, in diesem Aufsatz
berichten, behielt der Code Civil Napoleons im wesentlichen bis
zum Ende des 19. Jh. seine Gültigkeit.
Die Skala der körperlichen Strafen für Verbrecher reichte
noch sehr lange von mittelalterlichen Foltermethoden und das an
den Prangerstellen bis hin zur Todesstrafe. Der Mann und seine
Gehilfen, denen dieses Amt oblag, waren stets mit einer geheimen
Furcht umgeben und wurden mit zitternder Neugier beobachtet.
Es drängt sich die Frage auf : ’’Wer waren diese Männer, die ein
so schreckliches Handwerk ausübten?”
Viele Einzelheiten, auch über die Person derselben, können
wir dem Schriftverkehr des ”Geheimen Ober-Revisions Rath und
Ersten General-Advokat”” mit dem ”’königlichen Oberprocurator
zu Aachen” entnehmen. Man beschäftigte sich mit der Anstel-
lung eines Nachrichters, - so nannte man den Henker -, der
eventuell sogar für zwei Assisenhofgerichtsbezirke (1) zuständig
sein sollte.
In einem Brief vom 18.11.1819 werden dem königl. Oberpro-
curator in Aachen folgende Fragen zur Stellungnahme und
Beantwortung vorgelegt :
1. Ob und von wem für den Bezirk des dortigen Assisengerich-
tes ein Nachrichter angestellt, und wie derselbe besoldet ist, oder
was er für die zu vollstreckenden Exekutionen erhält.
2. Ob eventualiter demselben ein Gehilfe beygeordnet ist, ob
solcher Besoldung aus der Staatskasse bezieht und wie hoch sich
diese beläuft.
3. In wie fern die Anordnung eines Nachrichters und Gehilfen
9%
für jeden künftigen Bereich der einzelnen Assisengerichte durch-
aus notwendig ist, oder ob es vielmehr hinreichend und mithin
zweckmäßiger seyn würde, für zwey und zwey angrenzende
Assisengerichtsbezirke nur einen Nachrichter anzustellen, wel-
chem dann für beyde Gerichtsbezirke die Executionen übertragen
werden könnten.
Endlich
4. Wollen Sie sich darüber gutachtlich äußern, ob dem anzu-
stellenden Nachrichter die gesetzlich verwilligte Besoldung zuzu-
erkennen oder ob auch eine geringere Besoldung und wie viel
hinreichend seyn möchte; oder ob es nicht zweckmäßiger seyn
möchte, von aller fixen Besoldung zu abstrahieren und viel mehr
nur Emolumente (2) nach einer festen Taxe zu bewilligen.
Sollten wirklich in Ihrem Amtsbezirke dergleichen Nachrichter
bereits angeordnet seyn, oder Wartegeld beziehen, so beauftrage
ich Sie, deren Patente oder Anstellungs-Rescripte einzufordern
und dieselbe bey Erstattung Ihres Berichts zur geeigneten Verfü-
gung Urschrift oder vidimirter (3) Abschrift mir vorzulegen.
Cöln den 18. November 1819
Der Geh. Ober-Revisions Rath und Erster-General-Advokat
In seinem Antwortschreiben berichtet der Oberprocurator
über den Aachener Scharfrichter Nicolaus Hammel, der bereits
im Jahre 1779 dieses Amt übernahm und auch während der
Franzosenzeit diesen Dienst verrichten mußte.
Die Preußische Verwaltung schlug ebenfalls den nun mittlerweile
60-jährigen zum Scharfrichter vor, der, wie bereits erwähnt, an 2
Assisenhöfen tätig sein sollte.
Der aufschlußreichen Details wegen, bringen wir den ungekürz-
ten Originalwortlaut des Schreibens :
Aachen, den 23. November 1819
Zur gehorsamsten Erledigung des mir mit dem verehrlichen Erlaß
vom 18. hujus (4) ertheilten Auftrags, die bei den Assisenhöfen
angestellten Nachrichter betreffend, ermangele ich nicht, Euer
Hochwohlgeboren folgende Auskunft und gutachtliche Äuße-
rung zu überreichen.
ad 1. Ist bei dem hiesigen Assisengerichte der bereits. im
Jahr 1779 dahier als Scharfrichter angestellt gewesene Nicolaus
Hammel als Nachrichter angestellt. Es war derselbe, wie der
abschriftlich hierbeiliegender Beschluß der Central-Verwaltung
nachweist, in dieser Eigenschaft von dieser Behörde bei dem
WE
vormahligen Criminal-Gerichte in Cöln angestellt, und ist bei der
Auflösung dieses Gerichts dem hier errichteten Criminal-Gerichte
gefolgt. In dem erwähnten Beschlusse war ihm ein Gehalt von 1800
Franken jährlich angewiesen; doch hat seit Errichtung des
Criminal-Gerichts/1803/auf den Grund des Gesetzes vom 13. Juni
1793 Art. 3 einen jährlichen Gehalt von 2400 Franken bezogen.
Außer den in dem Beschlusse des Groß-Richters vom 4. März
1813 festgesetzten Entschädigungen hat er für die Vollstreckung
der Urtheile sonst nichts erhalten.
ad 2. Es sind dem Nachrichter in Gemäßheit des Gesetzes vom 3.
Frimaire Jahr 2/23. November 1793/ zwei Gehülfen, Joseph
Hammel und Arnold Honnof, beigeordnet, wofür er jährlich 1600 ;
Franken, 800 Franken nämlich für jeden, aus der Staatskasse
erhält.
ad 3. Halte ich es für hinreichend und zweckmäßig, für zwei und
zwei angrenzende Assisen-Gerichtsbezirke nur einen Nachrichter
anzustellen, vorausgesetzt, daß bei jedem Assisen-Gerichte zwei
Gehülfen angestellt würden, welche bei Vollstreckungen der
Todesstrafe unentbehrlich sind, weil in den meisten Fällen der
Patient durch die Todesangst in einen solchen Zustand der
Ohnmacht versetzt ist, daß er auf das Schaffot fast gehoben
werden muß, auch zum Vorschieben der Bretter, worauf der
Patient gebunden wird, zwei Menschen nöthig sind, dabei aber der
Nachrichter selbst nicht mit Hand anlegen kann, weil er das
ganze Geschäft zu dirigieren hat, und darauf bedacht sein muß,
im Augenblick, wo der Hals unter die Maschine kömmt, schnell
das Beil fallen zu lassen. Die Exekution muß zwar innerhalb der
auf den Empfang des Urtheils, wodurch das Cassations-Gesuch
verworfen worden / jetzt auf den Empfang des Allerhöchsten
Bestätigungs-Rescripts / folgenden 24 Stunden geschehen / Art.
375 der K.P.O. /; indessen würde wenn dieselbe auch später statt
hätte, die Allerhöchste Bestätigung dem Delinquenten aber erst
24 Stunden vor der Exekution bekannt gemacht würde, der
Zweck des Gesetzes, welcher wohl darum besteht, daß der
Delinquent nicht länger, als durchaus nöthig ist, in der schreckli-
chen Erwartung des gewiß bevorstehenden Todes verbleibe,
erreicht werden.
Der Nachrichter würde sich auch nur Behufs der Vollstreckung
der Todesurtheile, und allenfalls der Brandmarkung zu deponie-
ren haben, da die Ausstellung an den Pranger und Vollziehung
93
der Contumaciale-Urtheile (5) durch die Gehülfen geschehen
könnte.
ad. 4. Könnte die Besoldung von 2400 Franken für einen
Nachrichter zu stark scheinen, wenn man mit diesem Amte die Idee
der Verworfenheit der dasselbe wahrnehmenden Person, so wie
sie in der alten Gesetzgebung lag, verbinden dürfte. Nach der hier
bestehenden Verfassung aber ist das Amt des Nachrichters kein
unehrliches Gewerbe; es genießt derselbe vielmehr das Bürger-
recht in seinem ganzen Umfange; und das Geschäft selbst gehört
zu den beschwerlichsten rücksichtlich der auf das Gefühl des
dasselbe ausübenden Menschen so schmerzhaft einwirkenden
Verrichtungen. Es scheint mir demnach, daß dem Nachrichter
die gesetzlich verwilligte Besoldung unbedenklich zuzuerkennen
seyn möchte; und ich bin, unvorgreiflich, nicht der Meinung, daß
von der Besoldung zu abstrahieren und nur Emolumente nach
einer festen Taxe zu bewilligen seyn möchten; da der Nachrichter,
bei dem immer bestehenden Vorurtheil gegen dieses Amt, ein
Nebengewerbe wohl nicht mit Erfolg betreiben kann, auch keine
andere Emolumente, z.B. von Bestellung der Wasenmeister (6)
etc. mehr genießt, und der Betrag der Exekutions-Taxen ein zu
sehr prekäres Einkommen darbietet; es übrigens auch den
moralischen Gefühlen wiederstreben würde, einen Menschen in
den Fall zu setzten, seiner eigenen Subsistenz (8) wegen die
Vervielfältigung der Exekutionen wünschen zu müssen.
Das Patent des Nachrichters Hammel, vom 14. July 1799,
und den Beschluß der vormahligen Central-Verwaltung vom 2.
Frimair Jahr 7; so wie ein Attest des Commissars des Vollziehen-
den Direktorii 24. Brumaire nämlichen Jahres habe ich befohle-
ner Maaßen eingezogen, und füge davon eine vidimirte Abschrift
in der Anlage mit der Bemerkung gehorsamst hierbei, daß der N.
Hammel den in dem Beschlusse vom 2. Frimaire bezogenen
Ernennungs-Beschluß vom 7. Germinal Jahr 7 beim ehemaligen
Criminal-Gerichte zu Cöln hinterlegt zu haben vorgiebt, wie
dieses auch aus dem Atteste des Commissars des Direktorii zu
schließen ist.
eo RER
Nicolaus Hammel gehörte einer alten hessischen Scharfrich-
terfamilie an, wie wir einer Arbeit von Joh. Glenzdorf und Fritz
94
Treichel mit dem Titel Henker, Schinder, arme Sünder” ent-
nehmen können. Dort sind die Namen von ca. 5000 Nachrichtern
aufgeführt, die gebietsweise zusammengestellt sind. Für unser
Gebiet sind folgende Namen ausgewiesen : Pons, Pontz, Ponz;
Eichholz; Johann Knops (1670); Gregorius von Anhalt (1719);
Nicolaus von Dillenbourg (1734); Nicolaus Hamel (8) (1779);
Joseph Hamel, ein Sohn des Nicolaus; Moitzfeld. Den Scharfrich- ”
tern blieb früher das Bürgerrecht versagt. So können wir in den
Listen der Bürgerrechtsverleihungen, die Dr. Wilhelm Mummen-
hoff einmal für Aachen zusammengestellt hat, keinen Scharfrich-
ter finden.
Heiraten konnten sie auch nur innerhalb ihres Standes. Grund N
für diese eigentümliche ”’Erbfolge”” war die vollkommene Abge-
schlossenheit, in welcher die einzelnen Scharfrichtersippen infolge
ihrer ”Unehrlichkeit”” notgedrungen leben mußten.
In den Ausgabelisten der Reichsstadt Aachen, wird lediglich die
Entlohnung des Nachrichters, ohne Namensnennung, mit 800 gld
(= Gulden) erwähnt.
Erst in den Einwohnerlisten der Franzosenzeit wird Nicolaus
Hammel als ”’Executeur en chef”” mit seiner Familie erwähnt. Er
war katholischer Konfession und seine Ehefrau war eine Madale-
na Spohr, ebenfalls eine Tochter seines Standes. Ein Sohn Joseph
findet als ”’fils executeur’”’ Erwähnung. Josef heiratete später eine
Albertine Eichholz, wiederum eine Tochter eines Nachrichters,
wie wir oben sahen.
Die Familie Hammel wohnte laut Einwohnerliste von 1802 in der
Nähe der heutigen Krackaustraße.
Die Angabe seiner Konfession veranlaßte uns, die Kirchen-
bücher der Stadt Aachen in Augenschein zu nehmen. Leider
finden sich keinerlei Eintragungen, die seine Familie betreffen.
Auch hier können wir nur annehmen, daß sie von der Kirche
wegen ihres ”unehrenhaften Gewerbes” nicht toleriert wurden.
Aus der Eulenspiegelstadt Mölln, ist uns der Platz des Nachrich-
ters in der Kirche, abseits von allen anderen und hinter einer
Säule befindlich, überliefert. Die Listen der Beamteneide
Aachens führen allerdings den jeweiligen Scharfrichter, der
seinen Eid in die Hand eines Bürgermeisters leisten mußte,
namentlich an ...
”Ihr sollt Einem Ehrbaren Rath zu Aach wie auch den Herren
Bürgermeisteren gehorsamb, treu und hold sein, euren Dienst
‚ 95
treulich verwalten, alle geheime Sache so in der acht (9) oder
sonst erfahren, und hören möcht in geheimb halten, und Euch
außerhalb der Stadt und Reich Aach ohne der Herren Bürger-
meisteren auch Vogts und Meyers oder Stadthalters Verlaub nit
begeben ohne argelist.
1779. 5. Juni Juravit (10) Nicolaus Hammel zu Händen Herren
1 Bürgermeistere v. Richterich et v. Thimus.‘ Mit Erlaubnis seiner
Vorgesetzten durfte er auch außerhalb Aachens sein Amt verrich-
ten. So z.B. wissen wir aus Prozeßakten, daß er auch im
ehemaligen Herzogtum Limburg auf Verlangen tätig wurde. (Vgl.
unser Heft Nr. 23, S. 79 ff.)
Ein Verzeichnis der verschiedenen Foltern und die dafür zu
entrichtenden Gebühren war folgendermaßen zusammengestellt :
Vor einen Kerl auf die tortur zu bringen (Folter) rthl.
Darzukommen ohne anzurechen (dabei sein ohne 212
anzufassen)
Vor einen Kerl zu visitieren, ob er ein Brandmirk
(Brandmal) habe 2 rthl.
Vor einen Kerl auszustreichen (zu peitschen) Srthl.
Vor einen zu brandmirken (brandmarken) Srthl.
Vor einen zu strangulieren (aufhängen) 10 rthl.
Vor einen zu enthaubten 15 rthl.
Vor das leichnam auf ein ratt (Rad) zu legen (flechten) 5 rthl.
Den kop (Kopf) auf ein Stang zu setzen Srrthl.
Vor einen rabrechnen (radbrechen) 15 rthl.
Vor einem den kop mit dem beyl abzuhawen 5 rthl.
Soll selbiger gewürgt werden Srthl.
Vor einen die hand abzuhawen 5 rthl.
Soll auch einer verbrant werden (11) 25 rthl.
Ein weiteres wichtiges Detail erhellt aus den Stadtrechnungen.
Dort sind mehrere Posten für den bei einer Tortur anwesenden
Arzt vermerkt. Wir bringen hier auszugsweise 2 Eintragungen im
Wortlaut, die uns die Grausamkeit der Peinigungen durch den
Scharfrichter verdeutlichen sollen : ”’21.1.1777 Auf Ersuchen des
Herrn Bürgermeistere von Wilre habe ich zweymahl der Tortur
des Christian Müller beygewohnt, ersten 21.1.1777, zweytens
27.May 1777, wofür begehren 2 Ducaten, darneben noch 4
Visiten gethan bey denen Gefangenen 8 gulden aix - C. Barden-
heuer Medicus.””
‘Von weitaus schlimmeren Verletzungen berichtet die zweite
9% x
Eintragung :
”,.. per Ordre Herren Bürgermeistere v. Thymus habe ich
endesbenannter 1779 den 29. July die Tortur des inquisiten
Müllers beygewohnt wofür 18 gld.
Ferner denselben durch den spanischen Stiefel übel zugerichteten
und offenen Beinen verbunden, und desfals gethan 46 Verbin-
dungsvisiten, auch mit Medicamenten, Kräuter, Umschlägen,
Lumpen und Töpf versehen 46 gld.”
Chirurgio Malherbe
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Zu den unrühmlichen Verirrungen auch des rheinischen Ge-
richtswesens gehört die blutige Verfolgung von angeblichen Hexen
und Zauberern. Besonders bei Prozessen dieser Art wird häufig die
Folter angewandt, um Geständnisse der Beschuldigten zu erpres-
sen. Erschreckende Zeugnisse der Torturanwendung bietet ein
Buch des Hermann Löher, Schöffe und Bürgermeister zu Rhein-
bach/Rhein-Sieg-Kreis, von 1676. Der Kupferstich zeigt einen De-
linquenten auf dem ‚Peinstuhl‘ festgebunden. Um den Hals trägt er
ein innen mit Spitzen versehenes Eisenband, das mittels Stricken
an den Ecken des Raums befestigt ist. Der Folterknecht rüttelt den
Stuhl, während andere mit Stöcken auf die Seile schlagen. Außer-
dem ist unter dem Stuhl ein Feuer entzündet. Im linken Seitenge-
mach wird währenddessen ein Schmaus des Gerichts auf Kosten
des Beschuldigten gehalten
97
Wie und wo konnte man nun dieses Handwerk erlernen?
Das Fallbeil, die Guillotine und der früher in Amerika gebräuch-
liche elektrische Stuhl erforderten kein besonderes Geschick
mehr. Dort, wo aber noch das Beil oder das Richtschwert
verwandt wurde, war ein Erlernen unbedingt notwendig.
Im mittelalterlichen Hamburg, wo die Hinrichtung von Seeräu-
bern sehr häufig vorkam, hatte sich so eine Art Hochschule für
Henker gebildet. Hier kamen die Söhne der Scharfrichter zusam-
men, um ihre Studien zu machen.
Manche verdingten sich sogar als einfache Henkersknechte, um
die Prozedur aus der Nähe miterleben zu können. Ein solcher
Entschluß kam einer Degradierung gleich, denn die alten Hen-
kersfamilien besaßen ein ausgesprochenes Standesbewußtsein,
das fast dem Adelsstolz gleichkam.
Wie in vielen anderen Sparten hatten auch die Scharfrichter eine
überlieferte Fachsprache.
Das Auspeitschen hieß ganz einfach ”’fegen’’; ”’Zierlich zeich-
nen” bedeutete brandmarken; ”’vernünftig die Glieder versetzen”
hieß auf der Streckbank foltern; ”einen feinen Knoten schlagen”
stand für hängen; ”rasch absetzen’’ für enthaupten; ”’artlich mit
dem Rade spielen’”” hieß rädern; ”nett tranchieren’”” bedeutete
vierteilen; "einem die Hitze abjagen’” war eine Umschreibung für
verbrennen ...
Gelegentlich kam es bei Enthauptungen zu schlimmen, für den
Scharfrichter bedrohlichen und lebensgefährlichen Zwischenfäl-
len. Gelang ihm nämlich beim ersten Henkerschlage die Ent-
hauptung nur unvollkommen, so geriet das neugierig zuschauen-
de Publikum in Rage und forderte das Blut des Scharfrichters. In
einer alten Chronik heißt es : ”’Es mißhandelten den Scharfrichter
Simon zu Zellerfeld, dem fünfmal der entscheidene Hieb mißlun-
gen war, die aufgeregten Bergleute in seiner eigenen Fronfeste,
zerrten ihn dann auf die Straße und zerhackten ihn in unmensch-
licher Wut.”
Die Behörden ahndeten ebenfalls die Untüchtigkeit eines Hen-
kers. ”’... Im alten Berlin wurde ein solcher Pfuscher pädagogi-
scherweise mit 32 Hieben, ausgeführt mit einer grünen, manns-
daumendicken Eichenrute, zur Achtsamkeit gebracht.”
In diesem Zusammenhang ist der nachfolgend sehr lebendig
geschilderte Bericht einer Hinrichtung in Zeitz aus dem Jahre
1840 erwähnenswert. Hier wird uns die Mentalität und die
Psysche der mit diesem Amte Betrauten recht deutlich :
98
... ”Kaum hatte der Delinquent seinen Kopf auf den Richtblock
gelegt, da blitzte das erhobene Beil nieder, und ein dumpfer
Schlag wurde hörbar, und der Kopf war vom Rumpf getrennt.
Der Scharfrichter aber wandte sich, das Beil in die Höhe hebend,
mit der lauten Frage an die Menge : ”’Habe ich recht gerichtet?” -
während Kopf und Rumpf des Gerichteten noch in Zuckungen
und zitternder, pulsierender Bewegung dalagen und über dem
verzerrten Gesicht sich die Haare nach und nach in die Höhe
richteten. Mit ruhiger prüfender Miene, ohne ein Gefühl des
Mitleids, nahmen der Scharfrichter und seine Umgebung den
Kopf zur Hand, um die gute Durchführung des Hiebes zu
beurteilen, und wohlgefällig legten sie ihn wieder hin, da der Hieb |
gelungen war.”
Von der Ausbildung wird uns berichtet, daß meist auch der
Vater seinen Sohn unterrichtete : ”’... Zunächst lernte der Novize
den schnellen entscheidenden Schlag an einem Kohlkopf, so auf
einer Stange stack. Dann kamen hölzerne Teller an die Reihe.
Doch ist nicht recht ersichtlich, wie diese eigentlich verwandt
wurden. Schließlich aber durfte er an lebendigen Tieren den
ersten, gewichtigen Meisterhieb erproben.’”
Nun, wir können uns vorstellen, daß der Novize einen flach
aufliegenden Teller genau zwischen Auflager und Tellerfluß
treffen mußte. Womöglich durfte der Teller in Folge des schnel-
len Hiebes nicht vom Auflager fallen?
Kommen wir jetzt zurück zum eingangs erwähnten Schriftver-
kehr. Im Jahre 1821 war immer noch keine devinitive Anstellung
eines Scharfrichter erfolgt und in einem Schreiben vom 27. März
1821 richtete die vorgesetzte Kölner Behörde einen erneuten
Fragenkatalog mit folgendem Wortlaut an den Aachener Ober-
procurator ”’... Die Königliche Immediat - Kommission zur Justiz
Organisation in den neuen Provinzen wünscht den jetzigen
Dienstumfang der Scharfrichter und deren Gehülfen näher ken-
nen zu lernen, der sich, seitdem Prangerstrafe bei weitem seltener
erkannt wird, bedeutend verringert haben muß. Gedachte hohe
Behörde hat daher verfügt, daß eine Zusammenstellung nach den
jetzigen Bezirken angefertigt werden soll, aus welcher diese
Übersicht zu entnehmen ist. Das Tableau muß die Arten der
Strafen. genau sondern und ist daher nach folgenden Rubriken
aufzustellen :
99
I. Bezeichnung der Strafen.
a. Todesstrafe,
b. Brandmarkung,
c. Pranger und der-gleichen
II. Art der Vollstreckung
a. durch den Scharfrichter allein,
b. durch denselben und zwei Gehülfen.
JI1. Ort der Vollstreckung.
IV. Tag der Vollstreckung.
Es hat ferner zweckmäßig geschienen, daß die Executionsge-
bühren beibehalten werden, da dieselben zum Theil die Vergü-
tung baarer Auslagen enthalten und dadurch an dem festen
Gehalt kaum erspart werden. Sie haben sich demnach über neue
festzustellende Taxe zu äußern und den Entwurf davon einzurei-
chen.
Ich erwarte Ihren Bericht, Herr Oberprocurator! über diesen
Gegenstand vor dem 15. des nächst künftigen Monats April
Cöln den 17. März 1821
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Dieser Nürnberger Flugblattholzschnitt von 1589 zeigt die
Marter und Hinrichtung eines Bauern aus Bedburg/Erftkreis. der
angeblich als Werwolf gewütet hatte. Oben links der einen Men-
schen anfallende Werwolf. unten die Marter und die Hinrichtung.
Aus dem Scheiterhaufen oben rechts geht klar der Zusammenhang
mit der Hexenverfolgung hervor.
In seinem Antwortschreiben empfiehlt der Oberprocurator die
von dem französischen Justiz-Minister am 4. März 1813 erlassene
Regelung als eine so billige und sachgemäße Taxe zu überneh-
100
men, und fügt als Anlage folgende interessante Tabelle für unser
Gebiet bei :
Bezeichnung der Strafe E der Vollstreckung
Ort der
Durch den durch den-| Vollstrek-| Tag der Vollstreckung
Jahr Todes- Brand- Pranger |Scharfrich- selben und| kung
strafe markung terallein 2 Gehülfen
1817 1 Ja Aachen | 1. Merz
1818 2 idem idem 7. Merz 19. Mai
1819| 1 1 2 idem idem 11. Januar und 20. September]
dito 3, idem Cleve 22. Dezember
dito 13 allein idem Aachen | 8. Dezember sämtl. Contu-
maciale Urtheile .
1820 1 idem Aachen |17. August
dito 1 allein idem Aachen [{10. Februar, 14. Mai, 7 Sep-|
tember. 24. Juni sämtl.
Contumacial-Urtheile
Mit dem Ministerial-Beschluß vom 26.8.1822 des Justizmi-
nisters, kam die Anstellung eines Scharfrichters in die entschei-
dende Phase.
Die Kölner vorgesetzte Behörde teilte dem Oberprocurator in
Aachen mit, daß ein Scharfrichter, welcher seinen Wohnsitz in
Köln nehmen müßte, angestellt werden könnte, und deshalb
umgehend Vorschläge eingereicht werden sollten. Man veranlaßte
ihn, den in Aachen wohnenden Nicolaus Hammel ”’schleunigst
vorfordern zu lassen” und ihn zu fragen, ob er die Scharfrichter-
stelle für die Rheinprovinz annehmen wolle. Für den Fall, daß er
dazu bereit sei, solle man pflichtgemäßig berichten, ob er zur
Ausübung dieses Amtes, noch die erforderliche körperliche Rüs-
tigkeit und Gewandtheit besitze. Der Beschluß des Justizministers
hat folgenden Wortlaut :
L
Es soll fortan für die Rheinprovinzen nur ein Scharfrichter
angestellt und demselben zwey von ihm selbst zu erwählende
Gehülfen beygegeben werden.
2a
Der anzustellende Scharfrichter ist gehalten, seinen Wohnsitz in
Köln zu nehmen.
101
3
Sein jährliches Gehalt wird auf 400 Reichstaler und das Gehalt
eines jeden Gehülfen auf 200 Reichstaler festgesetzt.
4.
Bey der Feststellung der Unkosten, welche aus der Vollstreckung
peinlicher Urtheile entspringen,- soll die dem gegenwärtigen
Beschlusse beigefügite Taxe zum Grunde gelegt werden.
Ka
Die gegenwärtig bestehenden mehrern Scharfrichterreyen, werden
aufgehoben.
In wie weit die aufgelösten Scharfrichter in den verschiedenen
Departements bis zu ihrer anderweitigen Anstellung, auf Beibe-
haltung ihres bezogenen Gehaltes oder auf Wartegeld Anspruch
haben, darüber soll, mit Hinsicht auf die Allerhöchste Kabinetts-
ordre vom 1. August 1817, eine besondere Verfügung erfolgen.
6.
Die von den gedachten Scharfrichtern angenommenen Gehülfen,
sind zu keinem Entschädigungsanspruch berechtigt, ‚da sie mit
dem Gouvernement in keiner unmittelbaren Beziehung stehen,
noch mit besonderer Bestallung versehen sind.
To
Die obige Einrichtung nimmt mit dem 1. Oktober dieses Jahres
ihren Anfang.
Berlin, den 26. August 1822.
Der Justizminister / : gez. : / Kircheisen
Dem Beschlusse des Ministers war eine tabellarische Übersicht
angefügt, woraus man die aufzuwendenden Kosten für die jeweils
anstehende Prozedur ersehen konnte, die stets von dem Orte
getragen werden mußte, in dem die Vollstreckung vorgenommen
wurde :
Taxe über die Unkosten wegen Vollziehung der peinlichen
Urteile.
Die Unkosten wegen Vollziehung der peinlichen Urteile in den
Rheinprovinzen, sollen bezahlt werden, wie folgt :
1. Für den Transport des großes Blutgerüstes zur Vollziehung
der Todesurteile in der Stadt, wo der Assisenhof seinen Sitz
hat. 3rt.
2. Für den Transport der kleinern Schandbühne in der Stadt wo
der Assisenhof seinen Sitz hat lt.
102
3. Für den Transport des großen Blutgerüstes, zur Vollziehung
der Todesurteile und den Transport der kleinen Bühne zur
öffentlichen Ausstellung außer der Stadt, wo der Assisenhof
seinen Sitz hat :
Für eine einspännige Fuhre und per Tag Zt
Für eine zweispännige Fuhre und per Tag Irte
Für eine dreispännige Fuhre und per Tag 4rt.
Endlich für eine vierspännige Fuhre und per Tag Art.
4. Für den Transport eines Verurteilten, sowohl an den Gerichts-
platz als an die Stelle der Beerdigung. So oft, als mehr als ein
Verurteilter gefahren wird, soll für jeden von ihnen ein Zusatz 7
von ....... bewilligt werden. 16 sg.
5. Für die Aufschlagung und Abschlagung des großen Schaffots
und der Kopfmaschine Kr
6. Für die Aufstellung und Wegräumung des kleinen
Schaffots 211.
Artikel 2
Dem Nachrichter soll gezahlt werden :
1. Für die Vollziehung eines Urteils, das wegen ungehorsamer
Nichterscheinung wider einen Verurteilten erlassen worden ist,
mit Inbegriff der Schrift, des Leims und der Nägel 6sg.
2. Für die Exekution eines Verurteilten ohne Brandmal :
Für Schrift, Leim und Nägel 6sg.
Für Seile um den Verurteilten an den Pfahl zu befestigen 6 sg.
3. Für die Execution eines Verurteilten mit Brandmarkung :
Für Schrift, Leim und Nägel 6sg.
Für Seile um den Verurteilten an den Pfahl zu befestigen 6 sg.
Für Kohlen 3 sg.
Für Salbe oder Schießpulver auf das Brandmahl des Verurteil-
ten zu tun 6sg.
4. Für die Execution eines zum Tode-Verurteilten :
Für Kleyen, Sand oder Segemehl und Stroh 8 sg.
Für Fett oder Seife 4sg.
Für die Schlingen oder Pfannriemen um die Beine zusammen
zu heften 6sg.
Für Kehrbesen und Wasser 3 sg.
So oft mehrere Verurteilte als Einer sind, sollen zwölf
Groschen Zusatz für jeden bewilligt werden. 12sg.
5. Für die Execution eines Vatermörders :
Für die Kleyen, den Sand oder das Segmehl und Stroh 8sg.
103
Für Fett oder Seife 4sg.
Für die Schlingen oder Pfannriemen 6sg.
Für Kehrbesen und Wasser 3 sg.
Für das Hemd Zgt.
Für den schwarzen Schleyer 1rt.
& Artikel 3
Wenn der Nachrichter verpflichtet ist, sich außer dem Orte zu
begeben, wo der Assisenhof seinen Sitz hat; so sollen ihm die
Transportkosten zu drei Thaler per Tag gezahlt und gar keine
andere Entschädigung für diese Ortsverwechselung so-wohl für
ihn selbst, als für seine Gehülfen bewilligt werden;
Artikel 4
Im Falle, daß die Vollziehung der peinlichen Urteile außerordent-
liche und durch den gegenwärtigen Tarif nicht vorgesehene
Unkosten erforderte; so können dieselben nicht anders als mit der
motivierten Ermächtigung der General-Procuratoren oder ihrer
Substituten gemacht werden.
Artikel 5
Die gegenwärtige Taxe soll vom 1. Oktober dieses Jahres an,
vollzogen werden.
Berlin den 26. August 1822
Der Justiz-Minister/gez. /Kircheisen.
Am 16. September 1822 erschien der Scharfrichter Nicolaus
Hamel vor dem Oberprocurator in Aachen und erklärte sich mit
dem Zusatz bereit, daß er kein anderes Gewerbe habe, er um so
mehr berücksichtigt zu werden hoffe, als er die Stelle des
Nachrichters bereits seit 45 Jahren bekleide und seine zahlreiche
Familie einzig mit deren Auskommen ernähre.
Da er seinen Wohnsitz, wie bereits gesagt, nach Köln verlegen
mußte, wurden ihm die Tagessätze für die Reisen zu den
verschiedenen Assisenhöfen bekannt gemacht :
Für die Reise nach Düsseldorf ä 5 1/4 Meilen 2 Tage für Hin-
und Rückreise
Für die Reise nach Cleve ä 15 3/4 Meilen 5 Tage für Hin- und
Rückreise
Für die Reise nach Aachen ä 9 1/4 Meilen 3 Tage für Hin- und
Rückreise
Für die Reise nach Coblenz ä 11 1/2 Meilen 3 Tage für Hin- und
Rückreise
104
Für die Reise nach Trier ä 26 1/2 Meilen 8 Tage für Hin- und
Rückreise.
Es wurde hierbei vorausgesetzt, daß der Scharfrichter 5 Meilen je
Tag zurücklege, gleichviel, ob er sodann die Reise zu Fuß
machte, oder sich dazu, - und zwar, wie sich von selbst versteht,
ohne Entschädigung - eines Fuhrwerkes bediente.
Außer den Tagegeldern erhielt er für den jeweils erforderlichen
Aufenthalt am Exekutionsorte eine besondere Entschädigung.
Nach seinem Tode übernahm sein Sohn Josef Hammel, der ihm
bis dahin als Gehilfe gedient hatte, dieses Amt. Letzterer war
Scharfrichter bis zum 23. November 1856. 3
Er war es sicherlich, der die letzte öffentliche Hinrichtung um
1850 in Aachen durchführte. Der Richtplatz befand sich auf dem
Gelände der heutigen Technischen Hochschule.
Bei dieser letzten öffentlichen Hinrichtung auf dem damals
so genannten Templerbend, handelte es sich gleich um zwei
Missetäter : ein gewisser Plum und ein gewisser Mertens sollten
vom Leben zum Tode befördert werden, weil sie gemeinsam einen
Mord begangen hatten. Mit der Einrichtung des Richtplatzes auf
dem Templerbend waren die Anwohner keineswegs einverstan-
den. In ihren Beschwerdebriefen an die Verwaltung argumentier-
ten sie hauptsächlich mit der zu befürchtenden Wertminderung
ihrer Häuser und Gründe.
Der bis dahin für diesen Zweck genutzte Platz, der 1818 in
der Nähe des Vaalsertores dicht bei der Wallmauer in Richtung
Jakobstor eingerichtet worden war, war aus baulichen Gründen
unbenutzbar geworden.
Durch die Aufhebung der Exekutionen in der Öffentlichkeit,
die man bis dahin aus Gründen der besonderen Abschreckung an
einem jedem Bürger zugänglichen Orte durchführte, wurde die
Sorge der Anwohner des Templerbends gegenstandlos.
Unter Ausschluß der Öffentlichkeit fanden Hinrichtungen
von nun an im Gefängnishof statt. Zwölf achtbare Bürger der
Gemeinde wurden entweder bestimmt, es konnten sich aber auch
Freiwillige melden, um Zeuge des Geschehenes zu werden. ...”Es
versteht sich, daß man den Platz auf dem Hofe so gewählt hat,
105
daß man sein Haupt bei der schrecklichen Verrichtung abwenden
kann.”
Die Anwesenden wurden zur strengsten Geheimhaltung ver-
pflichtet und hatten Gewähr dafür zu bieten, daß über ihre
Wahrnehmung nichts in die Presse gelangen könnte.
Bei der Hinrichtung des Fürsorgezöglings Wilhelm Schily,
am 9.3.1907, war sogar ein Sohn unserer näheren Heimat
zugegen. Dr. med. Classen hatte für sich und seinen Freund, den
Schriftsteller Josef Ponten aus Raeren, die Erlaubnis erhalten, bei
der Hinrichtung zugegen zu sein.
Die allerletzte öffentliche Hinrichtung in Deutschland fand
1864 in Mitteldeutschland statt. Scharfrichter war Emanuel Hamel,
seines Zeichens Abdecker und wohnhaft in Sangerhausen.
* Anmerkungen
1) Die Assisengerichte entsprachen unseren heutigen Schwurgerichten.
2) Emolumente = (Neben-Jeinkünfte
3) Vidimirt = beglaubigt.
4) Hujus = diesen Monats.
5) Contumacial - Urteil = im Abwesenheitsverfahren gefälltes Urteil.
6) Wasenmeister = Abdecker. Der Text ist unklar.
7) Subsistenz = Unterhalt, Auskommen.
8) Der Name kommt sowohl in der Form ”Hammel” wie Hamel” vor.
9) Gerichtsgebäude auf dem Katschhof.
10) Juravit = leistete den Eid.
11) Aus ”Rur-Blumen” 1938.
Quellen
Stadtarchiv Aachen, Beamteneide, HS 33/34
Stadtarchiv Aachen, Einwohnerverzeichnis 1802/1813
Stadtarchiv Aachen, Kirchenbücher St. Foillan
St. Jacob
St. Peter
St. Adalbert
St. Michael, Burtscheid
Stadtarchiv Aachen, Stadtrechnungen Bd. 44, S. 243
Bd. 45, S. 73
Rur-Blumen 1938
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Nebenstelle Kalkum : Staatsanwaltschaft Aachen,
23/103.
106
Auf dem Büchermarkt
von Alfred Bertha
”1000 Jahre Nachbarschaft Lüttich - Aachen - Maastricht”
Dies ist der Titel eines neuen Buches von Viktor Gielen, das .
am 14.3.1980 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Im maasländischen Städtedreieck, dem ”’Dreiländereck’”
Lüttich-Aachen-Maastricht, hatte letztere Stadt ursprünglich die
besseren Chancen, die bedeutendste Metropole zu werden.
Maastricht lag nicht nur an der wichtigen Römerstraße Köln-
Tongern-Bavai, sondern war auch Flußübergang (””Trajectus ad
Mosam’”’). Somit waren alle Voraussetzungen für eine günstige
Entwicklung des an diesem wichtigen Verkehrspunkt gelegenen
Ortes gegeben. Hinzu kam noch der Umstand, daß i.J. 382 der
Sitz des Maasbistums in Angleichung an die römischen Provinz-
grenzen durch Bischof Servatius von Tongern nach Maastricht
verlegt worden war. Die Grenze zwischen den Bistümern Köln
und Tongern bildete im großen ganzen die Wurm, die schon zur
Römerzeit die Stammesgebiete der Ubier und Tungrer geschieden
hatte.
Trotz dieser günstigen Ausgangsposition sollte das etwa 30
Km flußaufwärts gelegene Lüttich Maastricht den Rang ablaufen.
Diesen Aufschwung verdankt Lüttich, das um 700 noch ein
unbedeutender Ort war, einem tragischen Ereignis : hier wurde
der Bischof von Maastricht, Lambertus, i.J. 706 (?) ermordet.
Sehr bald entstand an seinem Grabe eine Wallfahrtsstätte, die
zum Aufschwung Lüttichs nicht unerheblich beitrug. Im Jahre
721 verlegte dann der Nachfolger Lambertus’, Bischof Hubertus,
den Sitz des Bistums von Maastricht nach Lüttich. Die Folge
davon war eine Schwächung der alten Bischofsstadt Maastricht
und ein schnelles Aufblühen von Lüttich.
Die spätere Kaiserstadt Aachen hätte wohl in diesem Drei-
ländereck nur eine untergeordnete Bedeutung erlangt (Aachen
107
wäre vermutlich eine Bäderstadt ähnlich Spa geworden), wenn
nicht der Wille eines großen Herrschers, der Wille Karls des
Großen, die kleine Siedlungsoase Aachen zum Zentrum des
christlichen Abendlandes gemacht hätte.
794 ließ sich Karl in Aachen nieder, das nun nicht nur
geographischer, sondern auch kultureller Mittelpunkt seines
Reiches wurde. Hier legte er das geistige Fundament einer aus
germanisch-antiken und christlichen Bausteinen bestehenden Kul-
tur, die das Werk sowohl der romanischen wie der germanischen
Sprachgemeinschaft war. So wurde das Dreiländereck zu einem
einheitlichen Lebens- und Kulturraum, dessen Glanz über ganz
Westeuropa strahlte.
Ein Dichter der karolingischen Zeit nannte Karl den Großen
”Leuchtfeuer Europas’’. Damit meinte er nicht die große politi-
sche Leistung dieses Mannes, sondern die Idee, das geistige
Element, gleichsam die ”’Seele”’, die dieser Herrscher der mittelal-
terlichen Kultur gegeben hatte, die einzigartige Verbindung
antiker und christlicher Lebensanschauung, die die Einheit des
Abendlandes prägte.
Viktor Gielen untersucht nun in seinem neuen Buch, welche
Querverbindung zwischen den drei Städten im Maasdreieck über
die Jahrhunderte bestanden haben und im besonderen, welche
Spuren die gegenseitige kulturelle Befruchtung hinterlassen hat.
Vor allem die vielfältigen Wechselbeziehungen Aachen-Lüttich
werden eingehend untersucht. Das beginnt bei der Zugehörigkeit
Aachens zum Bistum Lüttich (bis 1802) und Notkers Verbindun-
gen zu Aachen (er ließ die Kirche St. Jean nach dem Plan der
Aachener Pfalzkapelle errichten), führt über die Ausstrahlungs-
kraft Lüttichs als Kunst- und Bildungszentrum, die Einheit in der
Liturgie in den Kirchen Lüttichs, Aachens und Maastrichts, die
Verbundenheit Aachens mit der Universität Löwen (Löwen gehör-
te zum Fürstbistum Lüttich und seine Universität hat bis zum
Ende des Ancien Regime eine starke Anziehungskraft auf die
Aachener Studenten ausgeübt), die Metallverarbeitung (Messingin-
dustrie) und Baukunst (JJ. Couven war Hofarchitekt des Lütticher
Fürstbischofs), bis hin zur Rolle der Wallfahrten (Aachen, Maas-
tricht, Scherpenheuvel, St. Hubert, Kevelaer) als völkerverbin-
dendes Element. Die Aachener Bürgerrechtsverleihungen nach
1656 zeigen, daß die alte Kaiserstadt auf das nahe Lütticher und
Maastrichter Land wie ein Magnet gewirkt hat.
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Viktor Gielen hat an die 120 Namen mit Herkunft und
Berufsangabe aus der von Dr. Mummenhoff zusammengestellten
Liste (in ZAGV, Bd. 68, S. 192 ff) herausgegriffen und kommt zu
dem Schluß, daß man in jener Zeit in Aachen nicht nur
Hochdeutsch und Aachener Platt, sondern auch Französisch und
Niederländisch hören konnte.
Mit der Franzosenzeit begann die politische Entfremdung,
ihr folgte die kirchliche. Zwar haben auch im 19. Jh. Künstler
und Gelehrte ”’Brücken geschlagen”, Lütticher wurden zu
Schrittmachern der industriellen Revolution in Aachen, die
Eisenbahnverbindung Köln Antwerpen sollte den ”’Streit der S
Regierungen mildern durch die Freundschaft der Völker’””, doch
der wachsende Nationalismus führte zu einer immer größer
werdenden Entfremdung der Menschen im Maasdreieck.
Bei allen in den letzten Jahrzenten unternommenen Versu-
chen, bei allen lobenswerten und nicht zu unterschätzenden
Leistungen auf dem Wege der politischen und wirtschaftlichen
Einigung Europas muß abschließend mit Viktor Gielen darauf
hingewiesen werden, daß Europa mehr als einheitliche Butter-
und Obstpreise braucht. Es braucht wie zu Kaiser Karls Zeiten
ein geistiges Fundament.
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