Im Söhltal
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Vorsitzender : Leo Wintgens, Moresnet-Kapelle, Aachener Straße 12
Sekretärin : Frl. Georgette Xhonneux, Neu-Moresnet, Lütticher Straße, 168
Tel. 59.467
Leo: : Alfred Bertha, Hergenrath, Bahnhofstraße 20 b
Schriftleiter : Fr. Darcis, Pfarrer i. R., Moresnet-Kapelle, Kloster.
Kassierer : Fritz Steinbeck, Kelmis, Lütticher Straße, 39
Bankkonto 251.251 der Societ& Generale. de Banque, Verviers (P.S.K. 695)
Die Beiträge verpflichten nur ihre Verfasser, }
Alle Rechte vorbehalten.
Fahr des Titelblattes : Frau Pauquet - Dorr, Kelmis,
Diese Skizze zeigt den Moresneter Göhlviadukt sowie die Hergenrather
Hammerbrücke in ihrer ursprünglichen Form.
Druck : J. Aldenhoff - Gemmenich.
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Im Göhltal
ZEITSCHRIFT der }
VEREINIGUNG
für
Kultur, Heimatkunde und Geschichte
im Göhltal
N+:2
Lezember 1967
Inhaltsverzeichnis,
Ren€ Jongen, Löwen
(Moresnet) Sind unsere Mundarten Sprachen? 3
L. Kohl, (Nades), Kelmis De Moddersprok 8
Peter Zimmer, Kelmis Entstehung und Tätigkeit des Alten-
berger Bergmannsvereins 9
Frau J. Pauquet-Dorr,
Kelmis Geschichten um Oma Marjännchen 13
Hermann Heutz, Hauset Der Iesbär 15
Leo Wintgens, Moresnet Vergessene Zeugen der Vergangen-
heit, Steinkreuze an unsern Wegen 16
Josef Bindels, Kelmis Missiunsjedanke 24
Firmin Pauquet, Kelmis Die älteste Besiedlung im Gebiet der
ehemaligen Herrschaft Kelmis 25
Robert Creutz, Lontzen Lontzen 36
Gerard Tatas, Gemmenich Märchen im Schnee 38
Josef Franck, Aachen Cesar Franck, ein Schaffender
zwischen den Nationen 39
Alfred Bertha, Hergenrath Auf dem Büchermarkt 47
Neue Vorteile für unsere Mitglieder 48
Gerard Tatas, Gemmenich Erster Jahresbericht 49
3
Sind unsere Mundarten Sprachen ?
Rene Jongen, Assistent an der Universität Löwen.
Das auch eine Mundart als Sprache bezeichnet werden kann, müß-
te eigentlich für jeden selbstverständlich sein. Denn eine Mundart ist
nur dann keine Sprache, wenn man hiermit den Begriff ”Hochsprache,
Kultursprache” meint. Und dies ist ein sehr besonderer Gebrauch des
Wortes ”Sprache”. Zudem enthält er leider meistens ein sehr relatives
Werturteil : Sprache = Hochsprache = das Gute, im Gegensatz zu
. Mundart = das Schlechte, das zu Verlernende. Der so Denkende sollte
sich wenigstens der Beschränktheit des Kriteriums bewußt sein, das
er dabei anwendet. Im Grunde ist’er zu vergleichen mit jenem Men-
schen, der, auf Grund eines sozial bedingten Werturteils, ”nein” ant-
worten würde auf die Frage, ob arme Leute auch Menschen seien.(1)
Das Phänomen ”Sprache” 1äßt sich kaum von nur einer Seite her
erfassen. Man muß versuchen, es als ein zumindest doppelseitiges Et-
was zu sehen : einerseits, als das, wozu es dient (funktionelle Beschrei-
bung), andrerseits, als das, zu dem es geworden ist (historische Be-
schreibung). Wir befassen uns hier mit der funktionellen Beschreibung.
Funktionell kann man die Sprache definieren als ein durch Kon-
vention fixiertes System von Zeichen, dessen der Mensch sich bedient,
um eigene Gedanken und Gefühle mitzuteilen und die Gedanken- und
Gefühlsäußerungen anderer zu interpretieren und verstehen. Sie ist
also ein blosses Werkzeug, ein Kommunikationsmittel, äußerst system-
haft und wirksam. Sie ist überindividueller, sozialer Natur : sie ist ein
gemeinschaftliches Gut, an das jeder einzelne sich zu halten hat, will
er verstanden werden ; das Kind ersinnt sich nicht seine eigene Sprache,
es eignet sie sich an, als etwas, das bereits vorhanden ist. Im wesentli-
chen ist sie ein systematisch aufgebauter Code von Zeichen, von kon-
ventionellen Form-Bedeutungseinheiten. Denn jedes Zeichen besteht
aus einer Form, an der es erkannt werden kann (formaler Aspekt)
und einer Bedeutung, die konventionell mit der Form verbunden wird
(semantisch-geistiger Aspekt). So wie dem formalen Aspekt eines Ver-
kehrszeichens (etwa dem Rot der Verkehrsampel) eine durch Abkom-
men fixierte Bedeutung zugemessen wird, so werden auch mit den sich
in mancherlei Gestalt realisierenden sprachlichen Formen bestimmte
Bedeutungen und Funktionen verbunden. Die Form ist also das Bedeu-
tende, das Bedeutungstragende : ihr wird von all denen, die der betref-
fenden Sprachgemeinschaft angehören, eine gleiche Bedeutung oder
Funktion zugemessen.
Der Mensch lebt aber mitten in einer äußeren und inneren Welt, in der
er alltäglich auf tausende und abertausende verschiedene Bedeutungsinhalte
stößt. Hätte nun jede dieser Bedeutungen ihre spezifische, nicht weiter analy- S
sierbare Form, so müßte es ebensoviel verschiedene und sich deutlich von ein-
ander abhebende Urformen geben : dies würde sowohl die Kapazitäten des
(1) Die in diesem Beitrag angeführten mundartlichen Beispiele sind der Mores-
neter Mundart entnommen. Bis auf eventuelle lautliche Einzelheiten dürften
sie wohl für das gesamte Göhlgebiet zutreffen.
4
menschlichen artikulatorischen und auditiven Apparates wie die seines Gedächt-
nisses überschreiten. Die kleinsten, nicht weiter zerlegbaren Formelemente sind
die Laute (etwa [a] oder [t]). Nicht aber diese einzelnen Laute als solche sind
Bedeutungsträger, sondern Kombinationen einer beschränkten Anzahl solcher
N Elemente. Ein deutsches [n] hat keine Bedeutung, noch ein langes [aa]; die Kom-
bination [naa] jedoch ist ein selbstständiges Zeichen, ein Wort (”nah”). Keiner
der Laute [n], [aa], [z], [e] ist eine Form-Bedeutungseinheit, die Kombination
in der angegebenen Reihenfolge jedoch bedeutet ”Nase”,
Im Rahmen der soeben gegebenen funktionellen Sprachdefinition
läßt sich der Begriff ”verschiedene Sprachen” sehr wohl handhaben,
um den Tatbestand in Worte zu fassen, daß es auf Erden nicht eine
Sprache gibt, sondern eine Vielzahl von verschieden aufgebauten
sprachlichen Zeichensystemen. Zu bemerken ist jedoch, daß diese Ver-
schiedenheit nicht nur — wie oft angenommen wird — auf der forma-
len Ebene zum Ausdruck kommt (2), sondern auch auf der geistig-se-
mantischen Ebene.
Extrem gesehen bedeutet dies folgendes : wir sagten bereits, daß der Mensch
in seinem Dasein in der Weit und mit sich selbst auf vielerlei Bedeutungsinhalte
stößt, denen er versucht, eine sprachliche Gestalt zu verleihen. Er analysiert
also die äußere und innere Wirklichkeit und verleiht den dabei gefundenen In-
halten und Kategorien sprachliches Leben, indem er sie zu Form-Bedeutungs-
einheiten macht. Diese Analyse der Wirklichkeit geschieht jedoch keineswegs
auf universell-einförmige Weise, Im Gegenteil, jede Sprache vollzieht eine eigene
und vielleicht einmalige Weltanschauung. Jede Sprache gliedert die Natur in
eigener, spezifischer Weise auf, so daß, umgekehrt, kein Individuum Freiheit
hat, die Welt auf beliebige Weise zu sehen : ich kann die Welt nur in den Kate-
gorien und Schemen sehen, die mir von meinem sprachlichen Hintergrund auf-
erlegt sind. Auch die Bedeutungen also sind von Sprache zu Sprache verschieden.
Am deutlichsten werden derartige Unterschiede evident, wenn man zivilisato-
risch weit voneinander entfernte Sprachen miteinander vergleicht. Unsere euro-
päischen Sprachen etwa — und somit auch die Gebraucher dieser Sprachen —
teilen die Welt auf in die Kategorien der Dinge und der Vorgänge : die einen
werden durch sog. Verben (Zeitwörter) bezeichnet (”laufen, sitzen”), die anderen
durch sog. Substantive (Hauptwörter) ("das Haus, der Blitz”). Zunächst muß da-
rauf hingewiesen werden, daß die Natur selbst nicht so ”polarisiert” ist und daß
wir uns unter ”Vorgang” nur das vorstellen, was die Sprache zu sehen glaubt
(und also nicht unbedingt, was wirklich ist : im Grunde ist ”sitzen” etwa weniger
Vorgang als ”Blitz” !). Die Nootke-Sprache dagegen, eine nordamerikanische In-
dianersprache, verkörpert ein Weltbild, dem alles als Vorgang erscheint : es
gibt also keine Substantive , die Erscheinung ”Haus” etwa wird als zeitlich
dauerndes Ereignis (= Vorgang) gesehen und kann nur bezeichnet werden als
(in wörtlicher Übertragung ins Deutsche) : ”es haust”. ”Die Zigarette lag auf
dem Tisch” würde etwa heißen : es zigarettete dort wo es tischt.
Nach dieser theoretischen Einführung wollen wir es nun wagen,
einzugehen auf einiges Spezifische -am Sprachsystem unserer Mundar-
ten. Es hat keinen Sinn, nach einer möglichst vollständigen Beschrei-
bung zu trachten. Einmal, weil der Raum dazu fehlt ; zweitens, weil
der übergrosse Teil unserer Darstellung sich decken würde mit dem,
was ebenfalls vom Deutschen und anderen unseren Mundarten nahe-
stehenden Sprachsystemen zu sagen wäre. Wir wollen uns ausschließ-
lich mit einigen jener Merkmale befassen, die unsere Mundarten spe-
zifisch kennzeichnen. Wir wenden uns zunächst dem formalen Bereich
zu, dann dem geistig-semantischen.
(2) Wäre dem so, so wären alle Sprachen nichts anderes als Nomenklaturen von
verschiedenen Formen für gleiche Bedeutungen,
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Ein Merkmal unserer Mundarten, das sie wohl am stärksten in
ihrer Eigenart kennzeichnet und das dem Fremden immer wieder auf-
fällt, ist die sog. "Rheinische Akzentuierung”. Am besten sehen wir
uns diese Erscheinung vom Vorhergesagten her an. Die sprachliche
Form ist nur da, um als Bedeutungsträger zu fungieren. Nicht alles an
dieser Form ist von Belang, nur einige wesentliche Merkmale sind
wichtig (im gleichen Sinne, wie etwa nicht alles an der Verkehrsampel
für die Zeichenfunktion wesentlich ist : essentiell ist die rote Farbe,
unwichtig und freier Variation ausgesetzt ist etwa die geometrische
Form, ob rund oder oval). So kann die deutsche Wortform ”Saal” auf
verschiedene Weisen ausgesprochen werden, ohne daß das Wort verloren
ginge : das [aa] kann mehr oder weniger lang sein (nicht zu kurz je-
doch, denn es soll von einem kurzen [a] unterschieden bleiben); es ist
mir erlaubt, die Intonation (oder den Grundton) beliebig zu variieren
(hohe oder tiefe Stimmlage, hoch ansetzende oder abrupt fallende In-
tonation usw...). Dies alles sind freie Gestaltungsmöglichkeiten, die
nichts an der aa-Form ändern. Im Chinesischen dagegen können die
Wortformen nicht mit beliebiger Intonation ausgesprochen werden :
”feng” etwa bedeutet ”Wind”, wenn man es mit ebenem Ton realisiert,
”dienen” wenn der Ton fallend ist. Mit anderen Worten : auch die Ton-
höhe gehört in diesem System zu den essentiellen Bausteinen, derer
die Sprache sich bedient um Zeichenformen zu gestalten. Deswegen
nennen die Sprachwissenschaftler das Chinesische eine Tonsprache.
Die rheinische Akzentuierung nun ist eine dem chinesischen Ton ähn-
liche Erscheinung : das lange [aa] von [zaal] etwa darf nicht gleich-
wie ausgesprochen werden. Je nach Prägung und Gestaltung von Ak-
zent (Energie) Tonhöhe (gemächlich ablaufende oder schroff abgebro-
chene Intonation) und Zeitdauer (Tendenz zur Länge oder Tendenz
zum Einkürzen) bekommt man zwei ganz verschiedene Wortformen :
[zaa.l] (Saal) - [zaa:l] (Sattel) (3). Andere Beispiele ähnlicher Oppo-
sitionspaare sind : [hoo.t] (Holz) - [hoo:t] (Hut); ([(lii.s] (Liste) -
[li:s] (dünne Haut, etwa auf der Milch) ; [h’o’o.s] (Hals) - [h’o’o:s]
(Strumpf) ; [mo’o’.s] (Moos) - [mo’o’:s] (Gemüse) ; [vaa.s] (fest) -
[vaa:s] (Vase) ... Auch mit kurzem Vokal : [ke.s] (Kiste)- [k6:s] (Kies);
[mo’.t] (Motte) - [mo’:t] (er muß); [jü.pke] (der kleine Jupp) - [jü:p-
ke] (Hühnchen) ; [e z&.t] (er sitzt) - [e ze:t] (er säht) ... Die beiden
Gestaltungsmöglichkeiten heißen in der Fachliteratur : Trägheitsakzent
(zB. [zaa.l]) bzw. Schärfung (zB. [zaa:l]). I
Wenden wir uns nun kurz der inhaltlich - semantischen Seite der
Sprache zu und versuchen wir zu sehen, wie auch hier das Sprachsystem
(3) Unsere Transkription der mundartlichen Formen trägt allen essentiellen Laut-
unterschieden Rechnung. Die meisten Zeichen haben den in deutscher Schrift--
sprache üblichen Lesewert (etwa [sch], wie in Schule). Besondere Zeichen sind :
1. [6&/6’/0'] = geschlossene Vokale, wie in deutsch geben, böse, rot 2.[&’6/’0]
= offene Vokale, wie in frech, Löcher, Loch 3. [e] = Murmellaut, wie in
böse 4. Länge wird bezeichnet durch Verdoppelung des Vokals, dh. [aa] =
langes ”a”, zB. [zaa.l] = Saal 5. Trägheitsakzent (siehe weiter im Text) wird
bezeichnet durch nebengesetzten Punkt, zB. [zaa.l] = Saal 6. Schärfung durch
nebengesetzten Doppelpunkt, zB. [zaa:l] = Sattel 7. «» vor einer Silbe deutet
an, daß die folgende Silbe betont ist zB. [’ba:vejaan], Bavian (= Pavian).
6
unserer Mundarten sich den allgemeinen Gesetzen nicht entzieht, und
sich ein eigenes, an sich wertvolles, weil vom Menschen geschaffenes,
Weltbild aufbaut. Dieses Weltbild ist, in seinen allgemeinen Zügen,
dem anderer europäischer und namentlich germanischer Sprachen sehr
ähnlich, denn es handelt sich ja um im Ursprung identische und von
den gleichen zivilisatorischen Gegebenheiten geformte Sprachen. Das
inhaltlich-geistige Gerüst unterscheidet sich deshalb nicht wesentlich
vom gesamten europäischen Sprachdenken. Jedoch auch innerhalb des
engeren Rahmens des germanischen Sprachgebietes unterscheidet sich
jedes einzelne Sprachsystem dadurch, daß es ganz eigene Bedeutungs-,
Denk- und Gefühlsinhalte ins Leben ruft.
Dies geschieht zunächst einmal überall dort, wo der Mundart-
sprecher in seinem eigenen dörflichen oder beruflichen Lebenskreis
tagtäglich mit Gegebenheiten und Ereignissen in Berührung tritt, die
es nur hier gibt und die er aus eigener Kreativität zu nennen hat. (Die
heutige Mechanisierung jedoch bringt eine Art Nivellierung hervor,
bei der sich sowohl die althergebrachten Daseinsformen (Arbeitsfor-
men, Sitten und Gebräuche ...) wie auch die menschlichen Begriffe
ändern : mit den Sachen verschwinden. auch die dazugehörigen Wörter.
Die schönsten Beispiele solcher unserer Mundarten eigenen Bedeu-
tungsinhalte und Begriffe sind wohl im bäuerlichen Lebenskreis zu fin-
den. Charakteristisch für unser Ländchen ist etwa das dichte Hecken-
netzwerk : die Scherhercken, die alljährlich mit der ”haa:ch-schier ge-
sch’o’o:re ” werden, und die ”hue:ch haa:ge”, in deren Schatten das
Vieh Schutz findet gegen Sonne oder strömenden Regen und die all-
jährlich ”getü:ngt” werden (dh. ursprünglich : gezäunt, eingefriedigt);
nur im Deutschen ist die urspr. Bedeutung von Zaun = Einfriedigung
beibehalten; in den anderen germ. Sprachen bezeichnet das Wort heute
den Raum, der eingefriedigt, umzäunt ist, es sei als (ummauerte) Stadt
im englischen ”town” oder als Garten im niederländischen ”tuin”. Im
Juni - Juli wird überall geheut : das Gras wird ”geme:jt, geschpre:jt, op
be:tschere (= kleine Betten) getro’.ke, geki:et”; es werden ”kaschi:el-
schere” (= kleine Castella) gemacht ; das Heu wird ”op bö’.k” oder
”hö’:pele geza.t” und schließlich ”&.jevaa:re”.
Eventuell kommt es dann später noch zum ”gro’:met” (dh. urspr. ”grü-
ne Maht”, Mittelhochdeutsch gruon-mät).
Ferner etwa die Milchwirtschaft, als noch überall ” ’makai.” und
Butter gemacht wurde : der ”ro’o’:m”” (Sahne) wurde im Keller in
”baa:re” aufbewahrt (dh. in Steintöpfen, urspr. das Getragene, vergl.
Eimer = ein-bar-=an einem Henkel getragen ; siehe auch engl. to bear
= tragen und er ist geboren = urspr. : getragen worden) und einmal
in der Woche verbuttert. Oder auch die ”mää:germ66.lek” wurde in
”Bahren” gefüllt und ”beva:nge” (= man setzte ihr Käselab zu); war
der ”waa.i” (die Molke) abgesondert, so wurde der ”kn’o’0:” in ”be-
ke” gefüllt (= viereckige Formen, die ringsum durchlöchert sind),
damit die geronnene Milch zum Makai werden konnte ...
Jedoch auch die meist universellen Inhaltsfelder können vom ein-
zelnen Sprachsystem auf ganz eigene Weise analysiert und aufgeteilt
7
werden. Ein klassisches Beispiel ist die verschiedene Behandlung des
Bedeutungsfeldes ”laufendes Wasser” im Französischen und Deut-
schen : während der Franzose zwischen dem ruisseau und dem fleuve
auch eine riviere, einen nicht unmittelbar ins Meer mündenden Fluß
unterscheidet, kennt der Deutsche nur Bach und Fluß. Auf ähnliche
Feststellungen würden wir für unsere Mundarten stoßen, gäben wir
uns die Mühe, einige Bedeutungsfelder systematisch zu untersuchen.
Ich denke etwa an den Begriff ”werfen”, den wir ja aufteilen in ”w@e&.-
repe, - brü:je - kl&&:ne” oder gar ”fl&&:re”. Auch das Bedeutungsfeld
”sprechen” ist reich konstitutiert : schpröe.ke - ka:le - mu:le - ba:bele
usw.; oder ”weinen” : gringe - krii.sche - juu.nke - bö’e.ke - bö’e.le..
und stehlen : schtö:le - klau:we - p6.ke - schtri,tse - mö.pse ...
Ferner sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen : alle jene
Wortformen, denen, auf Grund etwa eines ihnen anhaftenden lautsym-
bolischen oder -expressiven Gehalts, ein besonderer Gefühlswert zu-
kommt. Auch hier ließen sich hunderte Beispiele anführen. Denken
wir an Reihen wie ba:bele - kaa.kele - faa.zele - bröe.zele - wa:schele -
wau.wele (für das leere Schwatzen), wie ram@6&.nt - radau.w - schpek-
"tää.kel - schtendaa:1 (für Lärm und dgl.), oder schtel - lii:s - höi:sch (für
leise, nicht laut). Die vielen Bezeichnungen für den flegel- oder lüm-
melhaften Straßenjungen : ene lö’mel - 1öö’.res - lö:bes - schtro’.p -
bö:ngel - vl&:gel - pi:zel - n&:les - do’:mgro’o’:f; für den nicht allzu
schlauen, ungeschickten Menschen : ene do’:me tsö8’.1 - schtöö.ltes -
schtöö’.rekel - fla:p - klüü’.tekl’oo:s - e dö.pe ...; für den etwas sonder-
baren Menschen : ene bä.traa:f - bä:vejaa.n - tüe:n - küe:p - hä.lko’ti -
’hu:veju.p - ’baa.b&&:r - ko’.m’sa - föö.enes - ’ha.mpelemaa.n - e tu.pes-
sche:n’00:s - bäa.k’oo.f - küü.ke ...
Schläge bekommen kann heißen : ze verpi:zelt, vermöö’:belt, ver-
z’oo.te, ää:fgekamez’oo:lt kri:je ; ze me.ter pra:ng, pre.nkel, kü:l, knö.-
pel kri:je &:ng dro’.p kri:je; ze r&&.ets &.n 16&.nks la:nzen uu:re, 0’.pter
kri.spii:nes, o’.pter bluu:ete wa:mes, 0’.pti k&.tsch, 0’.pti bletsch, o’.pene
za.k kri:je; en uu:rvie, en ta.chel, schma:gge kri:je; der wi.kes jeköö‚:rt
kri:je ... Jemand, der zuviel Komplimente schneidet oder Umschweife
macht ma.kt beschuu:re, behaa.i, fizemate&.ntschere, v’öö:ltrala., v’öö:1
derh6€: ... Er ist ene we€.nkbü.l, ene waa.ibü:l, ene baa.zelemanes ...
Die Liste ließe sich ins Unendliche ergänzen ! Interessant wäre
ferner auf die Etymologie, den Ursprung solcher Wendungen und Wort-
formen und somit auch die menschlich - geschichtliche Dimension ein- z
zugehen : dies jedoch gehört zum zweiten, historischen Aspekt der
Sprache.
8
De Moddersprok.
1.
Et schönste Geschenk, wat vör hant op de Welt,
Dat es, wat os Modder os jejäve ;
Dat lot vör net vahre, nee, vör je Jeld,
. Behaue-n-et esö lang wie vör läve.
Denn wat os de Modder als Keng hat jeliet,
Dat schätz vör huech, dat wät jeihet
E Vröjd en Leed, be Kummer of Plag,
Dröm hüet, wat ech öch sag :
Refrain.
Denkt an de Moddersprok, hott se en Ihre !
Ech jäv öch hej der Rot : Dött se net quittiere !
Denn wat öch de Modder
Jeschenkt, dat sodder,
Jo merkt öch dat,
Stets drage en ühr Hat!
2.
De Moddersprok es der schönste Schmuck,
Do kann je Minsch dra wanke ;
En wä sie Modder noch spräeke hüet,
Dä sow der leve Jott danke.
Nemmt och der Duet os Modder ens met,
Wat se jesproeke verjäete vör net.
Sölang wie mie Hat noch schleet en de Brost,
Sag ech ut voller Lost : (Refrain).
3
Wu dör och stött, of wu dör och jött,
Ming levste Häere en Dame,
Spräekt wie ühr Modder,’ geniert öch net,
Dovör brukt dör öch niemals te schame.
Es och ühr Modder jebrechlech en oht,
Jong blitt doch ömmer de Modder hör Sprok.
Dröm hott se en Ihre, betracht et als Pflecht,
Dat jelt vör mech wie vör dech, (Refrain).
NADES
(Leonhard Kohl, Kelmis)
9
Entstehung und Tätigkeit des Altenberger Bergmannsvereins,
von Peter Zimmer
Man schrieb das Jahr 1893. Der Zinkerz-Bergbau im Göhltal hatte
seine Blütezeit erreicht. Aus den Stollenmundlöchern an der Hammer-
mühle und im Emmaburgerwald rollten kleine Wagen, beladen mit
den Bodenschätzen der Gruben : Fossey, Lindengraben, Prester, Esch-
broich und Schmalgraf.
Eine Pferdebahn brachte, den Göhlbach und Emmaburgerwald
entlang, Erz und Gestein zur alten Wäsche nach Kelmis. Dieselbe ist
heute noch teilweise äusserlich erhalten und dient der Zementblockfa-
brikation, wozu die Asche der ehemaligen Zinkoxydhütte verwendet
wird, welche im Jahre 1929 in Betrieb gesetzt wurde.
Die jetzt fast Ruinenhaft aussehende Turmuhr dieses Gebäudes,
trägt heute noch als stummer Zeuge vergangener Zeiten das Bergmanns-
symbol : Schlägel und Eisen und erinnert an jene Männer, die dieses
Symbol als Gezähe benutzten und am 30. Juli 1893 den Altenberger
Bergmannsverein für die Gruben- und Bohrarbeiter der Gesellschaft
Vieille-Montagne gründeten.
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Bevor die erste Dampflokomotive die mit Zinkerz gefüllten Kipp-
wagen fauchend von der Schachtanlage Mützhagen, ab Weißes Haus
längs der Lütticherstraße, nach Kelmis zog, wurden die Statuten des
Vereins am 30. September 1893 von Bürgermeister Schmetz zu Neu-
tral-Moresnet genehmigt und mit dem Gemeindestempel versehen.
Noch ehe die Seilbahnförderung über die grünen Auen und Täler
10
zwischen dem Lontzener Bergwerk und dem neuen Aufbereitungsbe-
trieb (Wäsche) zu Preußisch-Moresnet in Tätigkeit war, entfachte der
Verein im Göhltal bereits eine bemerkenswerte soziale Aktivität. Die-
selbe bestand zum Teil darin, die infolge eines Unglücks arbeitsunfähig
gewordenen Mitglieder zu unterstützen und ihnen nach Möglichkeit
beizustehen. Ein einmaliges Beitrittsgeld zum Verein in der Höhe von
75 Centimen, sowie ein regelmäßiger Monatsbeitrag von 25 Centimen
wurden zu diesem Zwecke erhoben.
Wenn uns diese Beiträge heute vielleicht niedrig vorkommen, so
waren sie den damaligen Verhältnissen und dem Einkommen entspre-
chend hoch, denn der Tagesverdienst eines Bergmanns betrug zu dieser
Zeit etwa drei Franken im Durchschnitt. Deshalb wohl auch konnte
im Armutsfalle ein Mitglied durch den Vorstand von der Beitragszah-
Jung entbunden werden, wenn es dem Verein seit wenigstens 6 Monaten
als Mitglied angehörte. Der Vorstand verpflichtete sich, über den Na-
men des betreffenden Mitgliedes Stillschweigen zu bewahren.
Jedes Mitglied war außer zur Beitragszahlung verpflichtet, an den
Vereinsversammlungen teilzunehmen, welche an jedem zweiten Sonn-
tag des Trimesters stattfanden. Wurde dasselbe von einem Unfall be-
troffen, so erhielt es vom ersten Tage an einschließlich Sonn- und
Feiertagen, zwanzig Pfennige oder fünfundzwanzig Centimen pro Tag
von seiten des Vereins, sobald es demselben seit 6 Monaten als Mit-
glied angehörte.
Ein Mitglied, welches volle 6 Monate diese Unterstützung bezogen
hatte, aber noch nicht vom Unfall genesen war, erhielt keine Unter-
stützung mehr, wurde aber bis zur Arbeitsaufnahme von der monatli-
chen Beitragszahlung entbunden. Erlitt ein Mitglied nach 6 Monaten
einen neuen Unfall, so erhielt es wieder die vorgesehene Unterstützung.
Starb ein Mitglied, so zahlte der Verein an dessen Angehörige oder
Rechtsnachfolger 30 Mark Sterbegeld, solange der Kassenbestand die
Zahlung dieser Summe zuließ. Wer eine ehrlose Handlung beging oder
mit der Beitragszahlung 3 Monate im Rückstand blieb, ging der Mit-
gliedschaft verlustig.
Ebenfalls vom Verein ausgeschlossen wurde derjenige, welcher
die bürgerlichen Ehrenrechte verlor. Sogar wer Streit suchte oder an-
fing, musste im ersten Falle der Vereinskasse eine Mark Strafe zahlen
und im zweiten Falle wurde er aus der Vereinsgemeinschaft entlassen.
Gelegentlich der Generalversammlung vom 11. März 1895 be-
schloß man, daß pensionierte Mitglieder ohne Beitragszahlung Mitglied
des Vereins bleiben konnten ; ebenfalls beschlossen wurde, das Sterbe-
geld für dieselben auf die Hälfte zu reduzieren.
Diese Vereinsgründung beweist, daß die Bergleute an der Göhl
damals schon von einem wahren Solidaritätsgeist beseelt waren, aber
12
Kelmiser Bergleute aber, die seit den zwanziger und dreißiger
Jahren im Lütticher Kohlenbecken beschäftigt waren und ihren eigenen
Verein hatten, feierten zu dieser Zeit gemeinsam mit dem Altenberger
Bergmannsverein, dem ja nur Bergleute des Altenbergs beitreten konn-
ten, das Sankt Leonardusfest.
Nachdem im Juli 1938 der letzte Untertagebetrieb im Göhltal
die Zinkförderung eingestellt hatte, übergaben die alten Bergleute des
Altenbergs, gelegentlich dieses Festes den jüngeren Bergleuten der
Kohlenzechen ihre Vereinsfahne und sonstige Utensilien und stellten
ihre Vereinstätigkeit ein.
Gleichzeitig äußerten sie die Bitte, man möge Fahne und Vereins-
tätigkeit als Erbstück übernehmen und nie unterlassen, bergmännisches
Brauchtum im Göhltal zu pflegen. Dieser Bitte kam man nach, und
die Kelmiser Bergleute treffen Vorbereitungen, im kommenden Jahr
das 75-jährige Vereinsjubiläum zu feiern, wenn auch kein Bergwerks-
glöcklein im Göhltal mehr zur Schicht ruft, keine Bergleute mehr dort
vor der Einfahrt in der Waschkaue knieend mit unbedeckten Häuptern
die Gebete verrichten, die am 25. Dezember 1895 von Victor Joseph,
Bischof zu Lüttich mit einem vierzigtägigem Ablass versehen wurden,
heute aber noch von den Kelmiser Bergleuten vor und nach jeder Vor-
stands- oder Vereinsversammlung gebetet werden :
Mit Dir, Allmächtiger, fahr ich an, Ich lege sie in Deine Hand:
und voll Vertraun auf Dich, Du wirst ihr Vater sein.
nicht schreckend ist die dunkle Bahn, Dir ist kein Unfall unbekannt,
denn Du begleitest mich. der plötzlich bricht herein.
Ein jeder Schritt auf steiler Fahrt So komme denn die letzte Schicht
erinnert an den Tod. auf meiner Pilgerbahn.
Ich wandle hin, von Dir bewahrt, Glück-Auf, Glück-Auf, ich zage nicht;
getrost und froh, mein Gott. Du nimmst Dich meiner an. Amen.
Dein Wille war, daß meine Hand
oft schmerz- und wundevoll,
und nahe an des Todes Rand,
mein Brot mir suchen soll. *
Bis jetzt verließ Dein Schutz mich nicht
Re
gesund vo! dr CC Ich meine ıcht, L G
A een an En
So sei auch ferner noch bei mir, Oh getreuer Gott,
auf meinem Arbeitspfad, "Laß die Engel uns bewahren;
mit Deiner Hülfe, die von Dir Beschütze uns vor aller Not.
an Re Laß uns deinen Segen finden,
Fahr ich zur Grube froh heraus, den Du allhier verborgen hast,
dann dank ich Dir, daß Du in der Tiefe Erdengründen,
mich zu den Meinen bringst nach Haus darin Gutes eingefaßt.
SR OS Rt Wenn die Arbeit ist geschehen,
Doch sollt ein widriges Geschick Laß uns fröhlich fahren aus,
mir in der Tiefe droh’n, Alle aus an des Tages Licht
so bist Du Herr der Meinen Glück, und führ uns wieder gesund nach Haus.
ihr Trost, ihr Schild, ihr Lohn. Amen.
13
Geschichten um Oma Marjännchen
Frau J. PAUQUET - DORR
1. Auf dem Schulweg.
Der Unterricht in der Hergenrather Schule war zu Ende. Lachend
und balgend lief die kleine Schar auseinander. Nur Marjännchen hatte
heute keine Eile. Es war anstrengend gewesen in der Schule, aber der
Herr Lehrer hatte gelobt, denn auf der Schiefertafel stand sauber hin-
gemalt : Den 18. September 1876 und eine lange, lange Geschichte
vom Josef, der von seinen Brüdern verkauft wurde, Schreiben macht
hungrig. In der blauleinenen Schultasche waren noch ein Äpfelchen und
ein Butterbrot vom Mittagessen übriggeblieben. Die holte Marjännchen
nun hervor und biß hinein, und ehe sie sich’s versah, waren alle Kinder
verschwunden. Marjännchen mußte sich allein auf den Heimweg ma-
chen. Schön war das grade nicht, denn bis zum Schnellenberg war es
weit. Aber schließlich wurde man 9 Jahre im Januar ! Warum der Weg
zur Schule aber auch so lang sein mußte !
Hätte sie doch nur in die neue Schule nach Kelmis gehen dürfen,
zu den Schwestern. Schön wär das schon gewesen, aber leider unmög-
lich. Schnellenberg gehörte zu Preußisch-Moresnet, und Preußisch-
Moresnet bildete mit Hergenrath einen Schul- und Pfarrverband. So
machte Marjännchen täglich den langen Weg vom Schnellenberg zur
Hergenrather Kirche und zurück.
Kauend und sinnend war das kleine Mädchen am Kirchhof an-
gekommen. Da fielen ihm alle die Gruselgeschichten ein, die man
nachts an diesen Orten erleben kann, und obschon di: Sonne hoch am
Himmel stand, machte die Angst dem Marjännchen lange Beine und es
lief. Die Einsamkeit im Hergenrather Feld war nicht dazu angetan, ihm
den Mut zurückzugeben. So lief es denn den Weg entlang durch Wiesen
und Haferfelder, bis zwischen den Büschen das Wasser des Kasino-
weihers blinkte. Über den Gipfeln der Bäume schaute das Türmchen
der Evangelischen Kirche hervor, etwas weiter der Turm der großen
Pfarrkirche von Kelmis und dicht daneben das Dach der Schule. Das
Marjännchen spürte wieder etwas wie Neid im Herzen, aber dann mel-
dete sich ihr Stolz. Die Kelmiser waren Neutrale und wußten nicht so
recht, wohin sie gehörten. Dagegen war man auf dieser Seite der Land-
straße Untertan des allergnädigsten Körizs von Preußen. So hatte
sie es in der Schule gelernt.
Da waren ja schon die ”Oßetrappe”. Marjännchen turnte das
eiserne Geländer entlang, damit auf den nassen, glitschigen Stiegen die
neuen Schuhe keinen Schaden leiden sollten. Zwei Frauen mit geschürz-
ten Röcken verließen grade den Oßeborn (de 3 Piepe), am Fusse der
Treppen. Sie gingen schwatzend den Weg hinauf den schweren Hahm
(Schultertrage) auf den Schultern. Aus den Eimern schwappte ab und
zu das Wasser. Der Brunnen plätscherte so lustig einladend, daß das
kleine Mädchen nicht widerstehen konnte. Auf zwei Steinen stehend,
das Röckchen mit beiden Händen zum Rücken hin aufgerafft, ließ es
14
das erfrischende Wasser über ihre runde Wange in den Mund laufen,
dann und wann schlurfte sie, um mehr zu erhaschen. Hu! war das
kalt ! Marjännchen sprang zurück, schüttelte sich, zog ihr blaues Ta-
schentuch hervor und fuhr damit über ihr nasses Gesichtchen ; und
auch einmal über die Schuhe, die einige Spritzer abbekommen hatten.
Dann trollte sie sich weiter den Hügel hinauf. Marjännchen war stolz
auf ihre schönen Schuhe. Der Onkel Colas hatte sie ihr geschenkt, als
er ”op den Dag van os Herrjott klemm op”( Christi Himmelfahrt) zu
Besuch gekommen war. Der Onkel sprach immer so komisch, ein rich-
tiges Kauderwelsch, woran Neffen und Nichten ihre Freude hatten.
Kein Wunder auch, er war Wallone.
In Gedanken an den lustigen Onkel war die Kleine am Kasino
vorbei und trippelte nun dem Penning zu. Links glänzte der Weiher,
rechts oben auf dem Tüljeberg stand, ganz nah jetzt, die Evangelische
Kirche,
Am Penning war reges Leben. Ein Fuhrmann, der eben mit schwer
beladenem Fuhrwerk die Chaussee hinauf fuhr, trieb seine Pferde mit
lautem Peitschenknall an. Drüben auf der Plaine gingen Männer hin
und her; die im blauen Kittel, das waren die Arbeiter; die andern
mit Spazierstock und Hut, das waren die Herrn Ingenieure, die ”Here
va jene Berech”. Pferde zogen mit Erz beladene Förderwagen quer
über die Straße zur alten Wäsche. Leere Wagen wurden von Arbeitern
über die Schienen zurückgeschoben. Da, plötzlich ein schriller Pfiff.
Unten vor den Verwaltungsgebäuden gab die Lokomotive mit viel
Dampf und Lärm das Signal zur Abfahrt. Das war ein Ereignis, wel-
ches das Marjännchen immer noch in Angst und Staunen setzte, ob-
wohl die Eisenbahn nun schon seit vier Jahren in Betrieb war. Mit
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A A DD TE.
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wehenden Röcken und fliegenden Zöpfen lief es vorbei an Halden und
Fabrikgebäuden, um das Schauspiel dort unten mitzuerleben. Ganz
atemlos lehnte es unten am Zaun, auf der anderen Straßenseite, um ja
nicht dem Ungeheuer zu nahe zu sein. Aber ach, schon verschwanden
15
die letzten Wagen in der Biegung unter dem Brückenbogen. So eine
Eisenbahn fuhr furchtbar schnell !
Irgendwie enttäuscht schlenderte Marjännchen den Pfad zur Göhl
hinab, und weil es vom Laufen ermüdet war, setzte es sich am Bach-
ufer hin und ließ seine Beine über das Wasser baumeln. Ein Fußbad
war gar zu verlockend. Kaum war der Gedanke aufgekommen, schon
waren Schuhe und Strümpfe ausgezogen und das Wasser sprang leise
plätschernd über Marjännchens Zehen hin. Erstaunlich was hier alles
zu sehen war! Drüben fuhr die kleine Dampfbahn zum Stollen am
Lontzener Bach ”in jen Honn”.Dort oben bei der Eyneburg grasten
die Kühe von ”Tant Tres ejen Dörep”. Da stieg auch der Vetter mit
Bello, dem Hund, hinauf, um die-Tiere zum Melken abzutreiben. Oh
weh ! so spät war es also schon ! Hastig sprang Marjännchen auf und
schon war das Malheur geschehen. Ein Schuh fiel mit leisem Aufklat-
schen ins Wasser und ehe das Marjännchen sich vom Schreck erholte,
segelte er wie ein kleines schwarzes Boot die G&hl hinab.
Ich habe nie erfahren, wie Marjännchen an dem Tag zum Schnel-
lenberger Hof gekommen ist. Aber sooft ich in ihren alten Tagen als
kleines Mädchen mit Oma Marjännchen dorthin gepilgert bin, mach-
ten wir kurz vor dem Steg an Linzenshof halt, und in ihrer alten Stimme
war noch immer etwas von dem Schreck von damals, wenn sie dann
sagte : ”Und hier war es, wo mein schöner Schuh die Göhl hinabge-
schwommen ist”.
Der Iesbär.
(Eine - wahre - Begebenheit in Hauseter Platt)
Met de Schötze nojene Rhien
vor der Köb en dronk völ Wien.
Se hauwe allemol völ Spass,
denn alles blächde hüj de Kass.
Se jonge ajene Rhien spazere
en losse sech do fotegrafere
met ene Iesbär, dä opräet en braaf
stong do bejene Fotograaf.
Ooch der Köb sooch dat Hanteer
en sprong op emol op dat Deer.
Häe sprong hem huech bes ejene Nack
en hong sech op hem huckepack.
Du sonk dä Iesbär ejen Kneje
en vong erbärmlech aan ze schreie.
Uus dat Väl do kroch ene Maan,
dä hauw dat Iesbärväl merr aan.
Du saat der Köb : «Entschüldecht, Här,
ech daat, där wüed ne rechteje Bär».
Hermann Heutz
16
Vergessene Zeugen der Vergangenheit
Steinkreuze an unsern Wegen
Leo Wintgens
Ostbelgien, insbesondere unsere engere Heimat, die Göhlgegend,
ist äußerst reich an Steinkreuzen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert.
Dies zeugt - kurz gesagt - einerseits vom tiefen Glauben und Gottver-
trauen unserer Vorfahren, andererseits von der Härte und Wetterbe-
ständigkeit des verwendeten Kalksteins (im Volksmund auch Blaustein
genannt), der es uns nach Jahrhunderten größtenteils sogar noch er-
möglicht die Schriftzeichen zu entziffern.
Die Frömmigkeit der Bewohner ist gewiß auch einer der Gründe,
weshalb manches alte Kreuz erhalten geblieben ist, doch überdies dien-
ten diese Denkmäler oft als Anhaltspunkte (noch heute auf topogra-
phischen Karten), manche werden sogar in Aktenstücken als Grenz-
steine erwähnt. Dennoch sind im Laufe der Zeit viele Kreuze spurlos
verschwunden. Zahlreiche Ortsbezeichnungen, welche im Volksmund
erhalten blieben, erinnern noch heute an ihre vormalige Existenz, so
zum Beispiel die Flurnamen ”Kreuzchen” (Krützke) in Astenet, Wal-
horn, Eynatten, Raeren und Neudorf, ”(am) Kreuz” in Lontzen, As-
tenet, Walhorn, Gemehret, Kettenis und Raeren, ”Kreuzdriesch” in
Raeren, ”Kreuzergasse” in Eynatten. Hier ist jedoch zu bemerken, daß
solche Flurnamen auch von Familiennamen wie ”Creutz” oder ”Kreut-
zer” herrühren können (*).
In der heutigen, äußerst baufreudigen Epoche sind die Wegkreuze
natürlich sehr gefährdet. Aus diesem Grunde faßten wir den Entschluß,
die Öffentlichkeit auf den kunsthistorischen Wert dieser meist unschein-
baren Denkmale hinzuweisen.
Die Bestätigung, daß unsere Befürchtungen gewiß nicht unbe-
gründet sind, lieferte uns ein Herr, dem eines unserer ältesten Kreuze
beim Bau hinderlich gewesen war. ”Auf ein Haar hätte ich es zerschla-
gen und mit anderen Steinbrocken verarbeitet”, so erklärte er aufat-
mend. Die Warnung der Gemeindeverwaltung traf buchstäblich in letz-
ter Minute ein.
In einem ersten Teile, der nun folgenden Abhandlung, berichten
wir über sechs der ältesten steinerhen Wegkreuze unserer Gegend. Sie
befinden sich an den alten Verkehrsachsen oder an Leichenwegen der
früheren limburgischen Banken Walhorn, Montzen und Baelen. Gewiß
steht keines mehr an seinem ursprünglichen Errichtungsort und wurde
manches nur durch Zufall wiedergefunden oder vor der Zerstörung
bewahrt. Damals, wie noch heute in manchen Ländern, konnten sich
natürlich.nur Angehörige begüterter Familien einen Gedenkstein leisten.
Mehrere der Namen auf unseren ältesten Kreuzen findet man immer
* M. Kohnemann «Flurnamen des Walhorner Landes»
17
wieder in den Gudungsbüchern der Bank Walhorn oder den Lehens-
registern der Mannkammer Aachen.
Ob es sich bei den Wegkreuzen um eigentliche Friedhofskreuze
handelt, welche nach dem Verfall der Grabstätten verpflanzt wurden,
oder ob diese Kreuze als Gedenksteine am Fundort eines Gestorbenen
errichtet wurden, ist bei den ältesten Kreuzen nicht zu ergründen, da
die Sterberegister der ältesten Pfarren unserer Gegend erst im zweiten
Viertel des 17. Jahrhunderts einsetzen. Das eine oder andere zu be-
weisen ist auch praktisch unmöglich, da Form und (gegebenenfalls)
Inschrift der Weg- und Grabkreuze in der damaligen Zeit vollkommen
gleichartig gestaltet wurden.
Das älteste steinerne Wegkreuz unserer Gegend befindet sich in
Hergenrath, in der Asteneter Straße etwas oberhalb des Mühlenteiches
am Rande der alten Limburger Straße nach Aachen. Im Juni 1937
wurde es auf Geheiß des damaligen Pfarrers von Hergenrath, Hoch-
würden Piepers, aus einem Pfuhl gezogen und daselbst am Straßenrand
neuerrichtet.
. Unsere Steinkreuze wurden fast ausnahmslos aus bodenständigem
Material verfertigt. So auch dieses Denkmal : es besteht aus hellgrauem,
beinah weiß scheinendem Kalkstein. Auf beigefügter Photographie ist
das Gestein dunkler als in
{ Wirklichkeit, da es des Reliefs
{ wegen benetzt wurde. Dieses
unbeschriftete Blausteinkreuz
ES mit einer Gesamthöhe von et-
ha At wa 75 cm., den breiten be-
Sr schwerenden Fuß einbegrif-
ES X #| fen, ragt heute noch ca. 20
RE RT] cm aus dem Erdboden. Der
& SAN Querbalken ist 45 cm. lang.
EN SEN Stamm und Arme sind 12,5
AR Ba EN cm stark und 18 cm. breit.
x ER EL Während es von vorn gesehen
CASE ÖE ziemlich s trisch..er-
ES 5 ul ‚ymmetrisc) er-
Os Bez & °E scheint,, bemerkt man von der
ie 7 ARE V X flachen Rückseite her, daß
Pc. CB 5. Fuß und Kopf rund 2,5 cm
NA VERS verschoben übereinander ste-
ZN AN hen
SS SD LTR es
A NS R: Nur die Ecken der Vor-
SE derseite sind abgeflacht (ca.
4,5 cm) sodaß das Kreuz
scheinbar achtkantig, in Wirklichkeit aber nur sechskantig ist. Auch
sind vorne die vier Winkel keilförmig ausgekehlt. Die Vorderfläche
zeigt einen in Relief (in einem Graben) ausgemeißelten Lebensbaum, der
Foto : A, Janssen
18
sich über Stamm und Arme erstreckt. Diese symbolische Darstellung
des Erlösers wurde besonders auf Holzkreuzen der Gotik angewandt.
Aus den abgeflachten Ecken dieses Kreuzes (ähnliche stehen auf den
Friedhöfen von Baelen, Aubel und Homburg) (1) könnte man sogar
schließen, daß die Steinmetze die Stämme der Holzkreuze nachahmen
wollten.
All diese Merkmale besagen, daß ursprüngliche, unbeschriftete
Kreuze dieses spätgotischen Typs spätestens aus der Mitte des 16. Jahr-
hunderts stammen können.
Die folgenden fünf ebenfalls gotischen Kreuze gehören - abgesehen
von einigen besonderen Merkmalen - alle demselben Typus an, der von
ca. 1580 bis ca. 1620 in unserer Gegend blühte. Die nun aufkommende
Beschriftung dieser Denkmale außerhalb der Gotteshäuser weist darauf
hin, daß auch manche einfachere Leute zu jener Zeit schon etwas lesen
und schreiben konnten. Die Irrtümer in den Inschriften - übrigens in
der Regel die einzige Verzierung dieser Kreuze - beweisen jedoch auch,
welche Schwierigkeiten die Steinmetze selbst noch dabei empfanden.
Das Entziffern mancher der sich ähnelnden gotischen Minuskeln (z. B.
t,f,s /e,c,r) wird dadurch dermaßen erschwert, daß man für die Namen
manchmal mehrere Möglichkeiten in Betracht ziehen muß.
So zögern wir z. B. schon in dem Namen des Raerener Kreuzes
aus dem Jahre 1581, welches bei dem alten Leichenwege nach Walhorn
(Ecke Merolser Straße/Neustraße), in der Raerener Mundart ”Fies-
jais”, steht. Mehrere Autoren sind der Ansicht, daß dieser ”willem kule”
lautet. Mit Dr. Belonje (2) vertreten wir die Meinung, daß es sich beim
letzten Buchstaben um ein ”f” handelt. (vergl. Kreuz 4) Hier noch die
von links lesbare +- 3 mm aus dem Graben vorstehende Inschrift
auf dem Stamm : ”hinrich son 1581” (Sohn des Heinrich).
Von ”Kulf” zum bodenständigen Namen Kalf ist nur ein Schritt.
Diesbezüglich versicherte uns der erfahrene Heimatforscher Dr. Koh-
nemann, daß er den Namen ”Kulf” weder in den Gudungsbüchern der
Bank Walhorn noch in den Lehensregistern der Mannkammer Aachen
gefunden habe. Die Namen Willem und Heinrich Kalf, Angehörige der
angesehenen Töpferfamilie kommen dort mehrfach vor. Könnte es
sich nicht um einen Gedenkstein zur Erinnerung an den Tod eines
Fremden namens Kulf handeln ? - Daß der Name des Vaters angegeben
wird, zeugt von dessen Ansehen, und gewiß auch von der Möglichkeit
einer Verwechslung wegen des allzu häufig vorkommenden Familien-
namens !
(1) R. Jeuckens ”Die alten Steinkreuze im Aachener Grenzland”
(2) Siehe Anhang des ”Genealogische en Heraldische Gedenkwaardigheden...”
in ”Publications...” 1960-61.
N.B.: Die Luthersche ”Deutsche Bibel” (1534) förderte besonders in den Jah-
ren 1577-78 im Limburgischen mit dem Protestantismus auch den Lese-
drang der breiteren Bevölkerungsschichten. Das Konzil von Trient (1545-
63) trägt in den katholisch gebliebenen Gegenden dazu bei. Im Jahre 1585
wurden die dort beschlossenen Richtlinien durch Nuntius Bonomi im Bis-
tum Lüttich veröffentlicht.
20
# ad EN cc Rand sind ähnlich gestaltet.
2 Sa Dieses Kreuz trägt waagerecht
2 Dan IR den Namen ”domas schen”
> (Thomas Scheen); senkrecht
var rest OO (unregelmäßig auf 68 cm ver-
ET keit) die Jahreszahl 1584.
2 Me AA Wörter und Ziffern werden
DO A hier durch kleine Vierecke ge-
7 2 en trennt. Auch dieses Denkmal
A E Sn 2 7%.“ Steht am Rande eines alten
a 9 9 Leichenweges nach Walhorn
2 X. und zwar halbwegs zwischen
A a0 Eynatten und dem Johberg.
SH 2 Bis zum Sommer 1966 stand
on 2 ZA 3 es ungefähr 3 m vom Wegrain
£ ZEN u MO SW entfernt in einer Wiese des
&% EN 22 Gutes Kerresbusch unter einer
ARURNA eE EN 2 alten Linde. Bei einem Un-
SA DU wetter wurde dieser uralte
u BO Baum (ca. 2,50 m Umfang)
A Sn bE 2 9 umgerissen und vom Bauer
Ü A EN “"”* beseitigt. Gleichzeitig wurde
das nun ungeschützte Kreuz vor dem Zaun eingesetzt.
Geschichtlich weiß man auch von diesem Kreuz weder Ursprung
noch Zweck zu deuten, doch der Volksmund erzählt, es sollen hier
zwei Hirten einander grausig erschlagen haben,
An der Lütticher Straße (Ge- | % A ER
meinde Lontzen), dem Weg Bam- a N .
busch. der von Moresnet einbiegt, AM BO
gegenüber steht mitten in der Mauer RM 5
einer Stallung des Bauernhofes ”Aje 2a 2 2
Krütz” (Am Kreuz) ein altes Stein- 8 a
kreuz aus dem Jahre 1597. Wann 38
und wieso es dort eingemauert wur- U
de, wird wohl nie geklärt werden WO 7 N
können. Gewiß stand es dort am!” se 2
Rande des alten Herzogenweges, | ; 2 A
welcher von Limburg über Welken- ae EZ a
raedt, Moresnet und Vaals weiter Wa
nach der großen Abtei Klosterrath 8 5 S A
führte, und wurde beim Bau des? 2A 2
Stalles mit eingemauert. Zu bemer- 2 En
ken wäre hier noch, daß dieses Ge- A 9 3 RM
biet bis zum 26. Juni 1816 (Aache- 5
ner Grenzvertrag) zu Montzen ge- 5
hörte. SA
Im Gegensatz zum vorigen trägt dieses Kreuz senkrecht die Be-
23
men, u.a. den nächstliegenden ”Kannebecker” ersetzt wurde. Auch
ist dieser Thewis Kannebecker wahrscheinlich identisch mit dem
Vater der ”Maria” unseres Steinkreuzes vom Jahre 1609. In den
Lehensregistern der Mannskammer Aachen wird der ”...Hof der Er-
ben des Thewiss Kannebecker” im Jahre 1613 als Anhaltspunkt an-
gegeben.
Auf dem abgebröckelten Kopfende soll überdies ebenfalls das
Zeichen ” AO ” gestanden haben; der Stamm weist unterhalb der
Schrift die Jahreszahl 1609 auf und zwar noch in senkrechter Posi-
tion.
Vom Abschluß der Zahl bis zur Oberkante des Querbalkens
mißt dieses Kreuz ca. 20 cm, die Arme sind 13 cm lang und ca. 16
cm breit. Der Stamm ist gleichfalls 15,5 cm dick. Der beschwerende
Fuß wurde bei der Umpflanzung ebenfalls abgeschlagen, sodaß die
Feuchtigkeit nun von unten wie oben in das rissige Gestein eindrin-
gen kann. Gewiß wird die Gemeinde, auf deren Gebiet dieser wert-
volle Gedenkstein sich befindet für dessen Restaurierung Sorge tra-
gen.
Literatur und Quellennachweis.
L. Arntz ”Wegekreuz und Wegebild” in Zeitschrift für christliche Kunst
25 (1912)
J. Belonje ”Genealogische en Heraldische Gedenkwaardigheden in en uit de
Kerken der Provincie Limburg, met een supplement betreffende
de belgische en duitse grensgebieden” (Publications, Maastricht
1960-61)
H. He!lebrand und O. E. Mayer ”Raerener Steinzeug” 1967, Ausgabe 4 der Aa-
chener Beiträge für Baugeschichte und Heimatkunst.
R. Jeuckens "Die alten Steinkreuze im Aachener Grenzland” 1938,
Veröffentlichungen des Bischöflichen Diözesanarchivs Aachen
(Ausgabe 6)
M. Kohnemann ”Personenbezeichnung in Eupen von 1537 bis 1545” (Zeit-
schrift des Eupener Geschichtsvereins 1951 J.I. Nr 1)
M. Kohnemann ”Flurnamen des Walhorner Landes” 1961
A. Puters "Croix de Pierre en Pays Mosan” 1957
W. Wattenbach "Anleitung zur lateinischen Paläographie” 1878
24
Missiunsjedanke.
Jott sei Dank, esö kann me sage,
Jett et ömmer Missionare,
Die et noch vör nüedeg venge,
Vremde Minsche Hölp te brenge ;
Vadder, Modder, Kamerote,
Söster, Brur än Hus verlote,
Vör no de Vremde äntejue,
Än do de Örmste betestue,
Die va Hungersnuet jekwällt,
Wu Jesslich än och Dokter fällt,
Wu der unbarmherzege Dued,
Täglich no sing Opfer luet.
Wu utjehöngert wie Skelette,
1000 Ärm sich no hön strecke,
Bedde öm e Stöckske Bruet,
In de allerjrödste Nuet.
An obschon häe alles deet,
Wat mär en sing Kräfte steht,
Wätt häe der Wettloop doch verspäle,
Weil de nüdige Meddele fäle .
Machtlos stehte en de Vremde,
Machtlos, weil met leere Hände,
Jlöcklich würe heje dat,
Wat be us schande wätt jemakt.
Vör denke mär a Jeld te erve,
Tiet dat va Honger Minsche sterve.
Jeld, Pläsir, Bekwemlechkeet,
Dat eset, wu et us dröm jeet.
Wenn vör die Örm jesammelt wätt ;
Da jäv vör och at ömmer jätt,
Weil vör schliesslech Chreste sönd,
Än minge wondesch, wat vör dönt.
Wenn vör Chreste welle sie,
Döet je Minsch mie Honger lie.
Et es os Pflicht, dovör te sörge,
At va hüj an, net va mörje.
Vör mote endlich wacker wäede,
Vör dat et Ordnung jet op Äede.
Ohne dat se vroge kome,
Mot vör plane än berone,
Sälver Mölegkete venge,
Alles Nüdege do te brenge,
Wu der Minsch noch Honger hat,
AÄn der Missionar drop wat.
Wenn vör spieder könne sage,
Vör hand met dobej jedrage,
Et jrödste Elend vut te krie,
Da könn vör da och stoot drop sie.
BINDELS Josef.
25
Die älteste Besiedlung im Gebiet
der ehemaligen Herrschaft Kelmis
PAUQUET Firmin, Inspektor für Volksbildung.
XII. Jh. Bei der ersten Erwähnung der Ortschaft Kelmis im Jahre 1280
vernehmen wir, daß der Aachener Patrizier Wilhelmus de Roza dort
eine Erbrente von 3 Schillingen und 2 Kapaunen - beschnittene Hähn-
chen - jährlich einzog (1). Diese Rente ist nur als Abgabe eines land-
wirtschaftlichen Gutes denkbar : ein solcher Hof bestand also damals
in Kelmis. Ich möchte ihn in der Nähe des Weilers Hoff und des Gutes
Hof suchen. Durch die Grenzziehung vom 26. Juni 1816 wurde dieser
Weiler geteilt : die reizenden Fachwerkbauten im nordwestlichen Teil
gehören seitdem zur Gemeinde Moresnet, die beiden Bauernhöfe im
südöstlichen Teil stehen auf Kelmiser Gemeindegebiet. Davor und seit
Gründung der Herrschaft Kelmis im Jahre 1650 gehörte der ganze
Weiler zu dieser königlichen Herrschaft und Gemeinde ; die Grenze
gegen Moresnet verlief dicht dahinter, dem Y'serentantsbächlein von
seiner Einmündung in die Göhl bachaufwärts folgend, am kleinen Bam-
busch entlang (2).Wenn ich Hoff als den ursprünglichen Kelmiser Hof
ansehe, so ruht dies sowohl auf dieser Ortsbezeichnung als auf der Er-
klärung, welche die ältesten Kelmiser Bewohner vor dem Schöffenge-
richt dortselbst am 15. September 1651 ablegten : die zu den von Lyns
Franck und Gerart Promper bewohnten Häusern ”op de straet” —
jetzt Gut Hirtz — gehörenden Ländereien stammen zum Teil ”vuijt
t’ goet in den hoff tot Kelmis”. Ebenfalls erklärt der 46-jährige Dierich
Jacqmin ”Cat sijn goet spruijt vuijt den goede op den hoff tot Kelmis
ende dat hij ende sijne moeder thuijs op den Smaergraeff hebben ge-
bouwen” (3). Dem Kelmiser Hof gehörten also ursprünglich sehr aus-
gedehnte Ländereien westlich der Göhl in einer Entfernung von ca.
1000 m. -- Hirtz -- bzw. 1500 m. -- Schmalgraf -- vom jetzigen Weiler.
Aus welcher Zeit die alten Fachwerkbauten im Hoff stammen mögen
ist schwer zu sagen : das Fehlen der für die gotische Bauweise typi-
schen kleinen Strebekreuze läßt kaum an einen Bau vor dem 17. Jh.
denken (4).
Ob der Name des Aachener Patriziers de Roza noch im Flurna-
men Rosengarten — Gemarkung Kelmis, Flur VII, Grundstücke 121
-125,133- an der Ecke von Krickelstein und Hagenfeuer — weiter
lebt, scheint mir zweifelhaft.
XIV. Jh. Unter den 46 ”laesse van Einenberch” - d.s. die Hüfner oder
Bauern, welche die zur Grundherrschaft gehörenden Ländereien be-
wirtschaften - die noch rückständige Gefälle zur landesherrlichen Schat-
zung - Steuer - vom Jahre 1375 schuldig sind, befindet sich auch
”Kkijndsgoet va kelmys”, das 14 Gulden schuldet (5). Insgesamt schul-
den die Eynenberger Hüfner dem Herzog 91 Gulden 100 Groschen
(6). Das Kelmiser Gut, das bei weitem den höchsten Anteil bezahlen
28
mußte, war demzufolge auch eine bedeutende Hufe. Ob noch andere
Eynenberger Hüfner in Kelmis wohnten bleibt unsicher, scheint aber
wahrscheinlich, vor allem für ”lemke de moelner”, der nur 8 Groschen
schuldet.
XV. Jh. Bei der Erhebung einer weiteren Schatzung von 3000 Kronen
im Jahre 1445 wurde vom herzoglichen Rentmeister ein vollständiges
Verzeichnis der Kelmiser Steuerpflichtigen aufgestellt, das uns über-
liefert ist (7). Hieraus lesen wir, daß der Weiler Kelmis sich an der
Grenze dreier Pfarreien entwickelt hat : nämlich Walhorn, südlich der
Scheidelinie Hornbach - Göhl - Tüljebach ; Montzen, zwischen Horn-
bach und Eselbacherbächlein - heute Grünstraßerbach - westlich der
Göhl ; Moresnet, nördlich der Linie Eselbacherbächlein - Hornbach -
Göhl - Tüljebach (8). Diese Kelmiser Steuerpflichtigen sind :
unter Walhorn unter Montzen unter Moresnet
1. die olies moet 1. Alart 1. Henken kelmengrever
2. der cremer 2. Tijs Monber 2. Henken Oeslinger
3. der bruwer 3. Erken Kock 3. Frederick molner
4. Tijsgen 4. Hallers guet 4. Persche
5. Mareijken 5. Heijnen guet 5. Wijnken Vloedergans
6. Stick 6. Heijn Zilien son 6. Gobbelgen
7. Corner 7. Johan Husch
8. Heintgen 8. Drude in den hoff
9. Hengen Voesgen guet 9. Erken hair eijdem
10. Tijske in den broike 19. Der douve
11. Merthen 11. Hantz Drude son
12. Roesen wiff
13. Lentzken Roesen son
Diese Aufstellung läßt auf das Vorhandensein von ca 30 Häusern
schließen. Von zwei Höfen werden die Namen überliefert : der Hof und
der Bruch. Die Erwähnung des ersten Ortnamens bekräftigt meine
oben angeführten Äußerungen. Der zweite lebt ebensfails weiter, ob-
schon der bebaute Ortsteil ”im Bruch” nördlich der alten Walhorner
Grenze liegt. Für die Bedeutung der Ortschaft in der Nähe des wirt-
schaftspolitisch wichtigen Altenberges spricht auch die Anwesenheit
eines Brauers, eines Müllers und besonders eines Krämers (= Händler).
;Der Beiname ”Roesen” zweier Steuerpflichtiger dürfte vielleicht im
-Flurnamen Rosengarten der Kelmiser Gemarkung - Ecke Hagenfeuer -
“Krickelstein - weiter leben. N
Kaum ein Vierteljahr später, im Jahre 1469, meldet der limbur-
gische Rentmeister Jan de Hertoge in einem Verzeichnis der Feuer-
stellen, daß der Weiler Kelmis unter Montzen 11 Häuser zählt. Unter
Moresnet registriert er für Kelmis mit Stein, Alensberg und Schymper
17 Häuser ; das sind wohl 11 für Kelmis allein, rechnet man 2 Häuser
für jeden anderen Weiler, da in 2 derselben wohl Burg und Hof anzu-
nehmen sind. Unter Walhorn, für Kelmis mit dem Schloß Eynenberg,
10, also ca 9 für Kelmis. Insgesamt ergibt dies 31 Feuerstellen. Merk-
würdig im Vergleich mit dem Jahre 1445, daß 4 Feuerstellen weniger
29
unter Walhorn, dagegen 5 mehr unter Montzen angegeben werden.
Von den Bauten der damaligen Zeit mag wohl nichts übrig geblieben
sein : es handelt sich um Fachwerkhäuser mit Strohdach, die sehr oft -
besonders bei kriegerischen Ereignissen - ein Raub der Flammen wur-
den, dafür aber auch wieder schnell ”aufgezimmert” waren.
XV(I. Jh. In einer Urkunde vom 20. September 1558 melden die Mont-
zener Schöffen, daß ihr Mitstuhlbruder Johann Cloet der Montzener
Kirche verschiedene Erbrenten gestiftet hat, darunter 5 Erbgulden auf
”Heijnnrijchs goijt tzo Kelmys” und 7 Aachener Mark auf dem ”Ro-
sennbennt tzo Kelmys”, welchen die Erben des Jacob Momber halten.
Dieser Rosenbend mag wohl in Zusammenhang mit dem oben erwähn-
ten Rosengarten stehen (9). *
Der Florentiner Ludovico Guicciardini (10) berichtet, daß die
Pächter des Altenberges im Jahre 1567 für den Abbau und die Auf-
bereitung des Erzes soviel Leute unter größter Aufsicht und Ordnung
beschäftigten, daß es fast wie eine kleine Republik aussehe. Sicher
wohnten die 24 beschäftigten Bergleute (11), sowie die Fuhrleute und
die anderen bei der Aufbereitung - Sortieren, Waschen, Rösten, Wie-
gen - beschäftigten Arbeiter wenigstens teilweise in der nächsten Um-
gebung des Altenberges.
XVII Jh. Aus dem Anfang des 17. Jhs. ist uns das älteste bekannte
steinerne Denkmal erhalten geblieben : ein 35 x 36,5 cm. großer be-
hauener Quader aus Kalkstein. Es ist leider nur ein Bruchstück eines
größeren Wappensteins ; dieser mag 56 x 60 cm. gemessen haben. Die
unvollständige Schrift und das sprechende Wappenschild lassen doch
den Namen des Bauherrn erraten : Carlo Ruelli oder Rouelli, der am
13. Juni 1595 mit dem Aachener Kupferschlägermeister Christoffel
Speckheuer Pächter des Altenberges wurde (12). Der Pachtvertrag mit
Rouelli wurde durch den Brüsseler Finanzrat mehrmals, jeweils für 3
Jahre, verlängert, bis die Regierung sich nach Unterzeichnung des 12-
jährigen Waffenstillstandes mit Holland - 1609 - entschloß, das Berg-
werk ab dem 1. Juli 1611 in eigener Regie zu betreiben. Carlo Rouelli,
ein bekannter Antwerpener Kaufmann und Finanzmakler, stammte aus
Castelnuovo - Piemont in Norditalien. Er wird auch als Edelmann im
kaiserlichen Hausdienst bezeichnet (13). Die unvollständige Jahres-
zahl 160. (1600 bis 1609) paßt genau zur Zeit der erwähnten Pacht-
U verträge. Der Wappenstein mag als
Schlußstein über einem Türsturz bzw.
CARLO R einem Torbogen an einem Gebäude ge-
ODYS dient haben, das Rouelli am Altenberge
)S NM aufrichten ließ. Nach Abbruch desselben
& wurde der abgehauene Teil wieder ver-
N (| wendet : er wurde, auf der linken Seite
N liegend, oben an der vorderen Kante
za des östlichen Giebels eines im vorherr-
(/ ” schenden Stil des 18 Jhs. gebauten Hau-
NO ZB) ses eingemauert - Gemarkung Kelmis,
> Flur VI, dem Grundstück 188 angren-
zende und einverleibte Parzelle -. Später
30
erwarb die AG Vieille Montagne dieses Gebäude, das als Stallung
für die um 1843 auf dem angrenzenden Grundstück 188 gebaute
Direktorwohnung diente. Die Kelmiser Gemeindeverwaltung erwarb
es am 31. August 1955 mit dem Park. Beim Abbruch eines
Anbaues im Jahre 1959 kam der Wappenstein wieder zum Vor-
schein. Die Gemeinde veräußerte das Gebäude in öffentlicher Verstei-
gerung am 24, August 1966 ; der neue Eigentümer, Herr Aloys Dum-
bruck, ließ es abbrechen, um an seiner Stelle moderne Geschäfts-
räume errichten zu lassen. Er versicherte sowohl der Gemeindeverwal-
tung, wie auch mir persönlich, daß der älteste Kelmiser Wappenstein
an gebührender Stelle wieder eingemauert würde.
Ein zweiter Wappenstein ist seit den vierziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts von Kelmis nach Angleur gesiedelt, wo er oberhalb der
Eingangstür zum Vorzimmer des Generaldirektors der AG Vieille
Montagne einen Ehrenplatz einnimmt. Dieser Stein trägt die Jahres-
zahl 1662 und das Wappen des Erzherzogs Albrecht von Österreich,
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des Gemahls der Infantin Isabella, Generalgouverneur der spanischen
Niederlande von 1596 bis 1621. Die Jahreszahl 1662 entspricht dem
Wiederaufbau des Königlichen Hauses am Altenberge, der Residenz
des königlichen Kontrolleurs (14), nach der Plünderung der Anlagen
durch die französische Besatzung aus Diedenhofen in Lothringen am
15. November 1658 (15). Es scheint aber unwahrscheinlich, daß man
bei dieser Gelegenheit das Wappenschild des vor 40 Jahren verstor-
benen Generalgouverneurs damals angebracht hätte, Bei einer genaue-
ren Betrachtung der Inschrift fällt auf, daß die Ziffern 62 mit weniger
3
Sorgfalt und auch in einer Vertiefung eingemeißelt sind, als ob dort
früher vorhandene Ziffern zuerst ausgemetzelt worden wären. Ich ver-
mute, daß der Wappenstein aus der Bauzeit des Königlichen Hauses
stammt, d.h. kurz nach der Übernahme des Altenberger Betriebes durch
die königliche Regie - 3. Mai 1611 -. Beim Wiederaufbau von 1662
wäre dann die Jahreszahl dementsprechend geändert worden. Als das
ehemalige Königliche Haus, damalige Direktorwohnung, in den Ta-
gebau des Altenbergs um 1843 teilweise einstürzte und anschließend
abgebrochen wurde, rettete man den Wappenstein, der in Angleur si-
chergestellt wurde.
Vom 12. September 1651 stammt das älteste mir bekannte aus-
führliche Verzeichnis der Häuser von Kelmis : 24 derselben liegen auf
Moresneter Pfarrgebiet und 13 gehören zur Pfarre Montzen (3). Die
auf Grundlage dieses Verzeichnisses gezeichnete Karte veranschaulicht
die noch dünne Besiedlung der Kelmiser Gemarkung. In zwei Jahr-
hunderten ist die Anzahl der Häuser vermutlich um 7 gewachsen, d.s.
ca. 23%; von einer Ausdehnung auf Walhorner Pfarrgebiet ist keine
Rede mehr, im Gegensatz zum Jahre 1445, wo die meisten Steuer-
pflichtigen gerade im Walhorner Teil verzeichnet wurden. Dagegen
stehen mindestens 16 Privathäuser östlich der Göhl, in der sogenannten
Kelmiser Heide, aber noch immer unweit der Talsohle und westlich
vom Bergwerk.
Das hübsch verzierte Glöcklein im Dachreiter der Rochuskapelle
trägt die Inschrift ”1651 + S. MARIA. ORA. PRO. NOBIS.” Von
der Kapelle selbst wissen wir, daß die Erbrente von einem Müd, die
Claes Wolf ihr zugunsten stiftete, bis zum Jahre 1646 regelmäßig aus-
bezahlt wurde (16) : wir haben also hier einen Terminus, vor welchem
die Kapelle bestimmt errichtet worden ist. In der schon erwähnten Er-
klärung der ältesten Kelmiser Bewohner vom 12. September 1651, be-
haupten dieselben, daß ”de voorschreven van Snellenberch t° Cappel-
Ieken tot Kelmis met helpen t’herbouwen hebben”. Der Bau der Ro-
chuskapelle scheint demzufolge höchstens einige Jahrzehnte zurückzu-
liegen. Vermutlich ist er in Zusammenhang mit einer der gefürchteten
Pestepidemien zu bringen, die das Limburger Land in der ersten Hälfte
des 17. Jhs. heimsuchten (17). Bei Umbauten im Innern der Kapelle
im Juli 1967 wurde unter dem schlichten hölzernen Barockaltar ein
ca 30 cm-mächtiger Altarstein von 74 x 89 cm. neuentdeckt. Diese
Kalksteinplatte scheint noch der gotischen Bauperiode anzugehören ;
sie ist durch eine einfache rechteckige Umrandung mit 4 Kreuzchen,
je eins in jeder Ecke, verziert. Ich hatte den Vorschlag gemacht, den
alten Altarstein wieder für den Kult zu gebrauchen oder wenigstens als
Kredenztisch zu benutzen. Wegen angeblichen Platzmangels entschloß
man sich aber bedauerlicherweise, ihn aufrecht einzubauen, was ‚dem
Sinn einer Tischplatte gar nicht entspricht. Das Vorhandensein dieses
Altarsteines könnte auch für eine frühere Bauzeit einer ersten Kapelle
sprechen. (17a)
Im 17. Jh. wurden Kelmis und das Altenberger Bergwerk mehr-
mals durch die Franzosen geplündert : im Jahre 1658, wie schon ge-
meldet, im Mai 1688, im Jahre 1678 und noch im Januar 1684, In der
32
Nacht vom 12. zum 13. überschritt eine 600 Mann starke französische
Heeresabteilung der Garnison Luxemburg das beschneite Hohe Venn
und zog brennend und sengend quer durch das Limburger Land : in
Astenet wurden 14 Häuser eingeäschert, in Walhorn 4, in Hergenrath
4, in Hauset 25, in Rabotrath die sämtlichen. Am folgenden Tag zer-
störten die Franzosen die Anlagen des Altenberges und brandschatzten
das Dorf Kelmis ; sie zogen dann weiter plündernd nach Gemmenich,
wo 57 Häuser den Flammen preisgegeben wurden und in das Herzo-
genrather Land (18).
Durch diese kriegerischen Zeiten wäre die Stiftung zugunsten der
Rochuskapelle verloren gegangen, wenn der Montzener Pfarrer Johann
Birven der Sache nicht im Jahre 1695 ernstlich nachgegangen wäre.
In diesem Jahr wird die ”ganze ruinierte” Kapelle wieder instand ge-
setzt, der Pfarrer läßt ”turmgen, theur, traben, taach und alles repa-
reren” (19). Der jetzige Barockbau aus Bruchsteinen mag wohl aus
dieser Zeit stammen.
Aus denselben Jahren stammen auch die beiden unweit der Ka-
pelle ”int döärp” liegenden Bauernhöfe : Der Langbau rechts vom
Schnellenbergerweg, Nr 225 - Gemarkung Neu-Moresnet, Flur IV,
Grundstück 188 - trägt die Inschrift 1696 in einem schlichten Wappen-
schild am Schlußstein einer rundbogigen jetzt vermauerten Tür.
Das Gebäude links an der Wegecke Schnellenberg - Kelmiser-
mühle, Nr 231, Flur IV, Grundstück 202, stammt aus dem Jahre 1695
und wurde 1843 neu aufgebaut. Wer Erbauer, DI-OH, und später
Besitzer, HM-GS, gewesen sind, habe ich noch nicht bestimmen kön-
Et 16 5
A0:)684 DISH
LFD HM GS
HA Vf aA AA af
Grundsbück 206 [Flur # Grundstück 208] Flur # Grundshüch 8 Yehr 4
nen. Die Inschrift befindet sich wieder an einem rundbogigen Türsturz
- heutige Hintertür. Diese Form des Türsturzes ist kennzeichnend für
den Stil der Maasländischen Renaissance, der im Limburgischen von
1602 bis 1768 angewandt wurde, aber besonders von 1650 bis 1675
vorherrschte (20). In Kelmis ist dieser einheimische Stil an den nach
den Eroberungskriegen Ludwigs XIV. neu aufgebauten Häusern an-
gewandt worden : die aus dieser Zeit erhaltenen Bauten wurden ent-
weder ganz aus Bruchstein, oder doch mindestens mit einem steiner-
nen Untergschoß errichtet.
Türstürze in Rundbogenform sind noch an zwei weiteren Bauernhöfen
erhalten, die zum Kern der alten Kelmiser Siedlung im Göhltal gehö-
ren : - Haustür vom Gut Hof, Hof Nr 9, Gemarkung Kelmis, Flur VII.
34
Stockwerks und auf den Dachboden läßt leider die Zukunft dieses
schönsten Kelmiser Gebäudes als bedenklich erscheinen. Der Keilstein
des Torbogens trägt die Jahreszahl 1684 mit den Buchstaben L.F. und
C.W. Er ist somit der älteste sich noch an ursprünglicher Stelle befin-
dende beschriftete Stein. Er fällt noch ins Jahr der letzten französi-
schen Plünderung ; der Bauherr ist bestimmt ein Mitglied der Familie
Franck, da der Moresneter Schöffe Lambert Franck das Gut ”inde
hirtz onder Kelmis op de straet” vor 1756 besaß (22). Nach den in
der Familie Franck üblichen Vornamen zu urteilen, könnte es ein
Lambert oder Lyns = Laurentius sein. In der mehrmals erwähnten
Erklärung vom 15. September 1651 wird ja vermerkt, daß Lyns Franck
ein Haus ”op de straet” bewohnt, das wahrscheinlich vor dem heute
noch erhaltenen Bau da stand. Dieser Lyns Franck war auch Meyer
des Eynenberger Grundhofes und während 28 Jahren ”Rotmeester oft
Commandant der schutten ende wachter over Kelmis gheweest” (23).
Er mag wohl ein Verwandter der königlichen Kontrolleure am Alten-
berg Lambert Franck (1605 + 1623) und Jan Franck (der jüngere)
(1623 - 1680) gewesen sein. Lambert Franck hatte eine Tochter des
Steven Raermecker van Kelmis ”uijten Hof” geheiratet, welche einen
Teil der Ländereien vom Gut Hof an die Familie Franck brachte (24).
Die Bezeichnung Gut Hirtz rührt von einem Schild mit einem Herzen,
her, daß eine sich hier im 18. Jh. befindliche Herberge kennzeichnete
(25) und nicht, wie Kriescher behauptete, vom Familiennamen der
von der Hirtz. (26)
(1) Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Abtei Altenkamp, Urkunde 193,
Im Herzogtum Limburg wurde in Aachener Währung gerechnet : die Aache-
ner Mark zählt 12 Schillinge zu 12 Denaren oder Pfennigen. Ende des 14.
Jh. wurde eine einspännige Tagesfuhre mit 12 bis 16 Schillingen bezahlt.
S 260 BB J., Aachener Stadtrechnungen aus dem 14. Jh., Aachen, 1866,
(2) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Conseil de Gouvernement general, 595
Grenzbeschreibung der Herrschaft Moresnet vom. 29. August 1787.
(3) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Fiskalamt von Brabant, 264/2309,1
(4) PUTERS Albert, L’architecture privee de la region vervi6toise, 2° partie,
La renaissance mosane, in Bulletin de la Societ& vervietoise d’arch&ologie et
d’histoire, Bd. 36, Verviers, 1949, S. 18-19.
(5) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungsrollen, 2999,
Laut Artikel 61 des limburgischen Landrechts schuldeten die Untertanen dem
Herzog den Schatz (die Schatzung, de beede, li schatmens) ”soe wanneer hij
jerst t’lant ontfenckt, ende soe wanneer hij een vrouwe kricht, ten derden soe
wanneer hij gevangen waere, dat Goedt behuede”, Letzterer Fall mag der Grund
für die Erhebung der Schatzung von 1375 sein, nach der brabantischen Nieder-
lage von Baesweiler am 22. August 1371 und der Gefangennahme Wenzels
durch den Herzog von Jülich Wilhelm VI., der ihn nur nach Vermittlung Kaiser
Karls IV., Wenzels Bruder, am 27. Juni 1372 frei gab.
(6) Es handelt sich hier wahrscheinlich um den rheinischen Goldgulden der
vier Kurfürsten, der im Jahre 1393 4 Mark Aachen und 2 Schillinge wert
war. (Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungskammer Brabant, 2436)
Der Groschen (grossus) ist eine Silbermünze.
(7) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungskammer Brabant, 45778, f.18,
Eupener Geschichtsvereins : Die Besiedlung des Herzogtums Limburg im 15.
Dh Vv“, 30. Diesbezüglich mein Aufsatz in der diesjährigen Zeitschrift des
(8) Die Angebe der Grenzen ruht auf Erklärung des 18. Jhs. Es besteht aber
kein Grund, daß die Grenzen irgendwie im Laufe der Jahrhunderte verscho-
35
ben wurden, da sie Wasserläufen folgen. Sieh Note (2).
(9) Dekanatsarchiv Montzen, Urkunde auf Pergament.
(10) CISELET et DELCOURT, Belgique 1567, La description de tout le Pays-
Bas par Messire Ludovico Guicciardini, Bruxelles, Office de Publicite, 1943
BUCHET Arsöene, Le duche de Limbourg et les pays d’Outre-Meuse au
XVI" siecle, Verviers, 1950.
(11) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Rechnungskammer Brabant, 140, f° 86ff.,
Verpachtungsurkunde vom 29. Mai 1562.
(12) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Finanzrat, 86, 87, 1197; Rechnungs-
kammer Brabant 2479, A° 1610-1611, f° 58 v*.
(13) Stadtarchiv Antwerpen, Schöffenbriefe, 417, 382 r° - Freundliche Mittei-
lung des Herrn Stadtarchivars Dr J. Van Roey. Sowohl in Antwerpen, wie
auch in Castelnuovo Don Bosco, Provinz Asti, konnte weder Wappen noch
Hauszeichen der Familie Rouelli bis jetzt ermittelt werden.
(14) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Finanzrat, 87, 1194-1197.
AG Vieille-Montagne, Angleur, Archiv, Cr 21, Dr 60, Stück 2 - Nach
freundlicher Mitteilung der Generaldirektion,
(15) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Finanzrat 86.
(16) Dekanatsarchiv Montzen, Rentenregister 1700, Aktenstoß 1.
Das Lütticher sowie das Aachener Müd mißt 245,61 1. und enthält 8 vaet.
(17) In Aachen herrschte die Pest 1578-1579, 1605, 1623, 1636 (Geschichte
Aachens in Daten, Aachen, 1960). Der Walhorner Pfarrer Voets berichtet,
daß vom 18. Juli 1635 bis zum 1. Februar 1537, 230 Personen an der Pest
starben (GIELEN Viktor, Geschichtliche Plaudereien über das Eupener
Land, Eupen, 1964, S. 142). Eine Rochuskapelle entstand in Ruif bei Henri-
Chapelle zwischen 1530 und 1534 (PAUCHENNE L6on, Histoire de la
Franchise et Paroisse de Henri-Chapelle, Dison, 1955, S. 130). In Thimister
wurde ebensfalls im Jahre 1615 die Rochuskapelle an der Kreuzung Aachen-
Lütticherstraße - Weg nach Dison gebaut, da zn diesem Ort die Heilige
Messe im Jahre 1612 wegen der Pest gelesen worden war. (GRONDAL
Guillaume, Historique de la paroisse de Thimister, Aubel, 1963, S. 190)
(17a) GRONDAL Guillaume, Walhorn, Notices historiques, in Bulletin de la
Societ& vervietoise d’Archeologie et d’Histoire, Bd. 45, Verviers, 1958, S.14
meldet, daß der gotische Altarstein von Walhorn die Jahreszahl 1504 trägt.
(18) GIELEN Viktor, Die Mutterpfarre und Hochbank Walhorn, Eupen, 1963,
S. 41.
GRONDAL Guillaume, Walhorn, Notices historiques, Bulletin de la So-
ci&te Vervietoise d’Arch6ologie et d’ Histoire, Bd 45, Verviers, 1958, S.99.
Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Finanzrat, 87,
(19) Sieh (16) - Eine solche ”Trabes” - Apostelbalken - besteht noch in den
Kirchen von Gülke (Go) und Kapell (Henri-Chapelle) (BUCHET Ars@ne,
Monographie historique de Go&-!ez-Limbourg, 1, Verviers, 1941, S. 90.)
(20) PUTERS Albert, L’architecture prive&e de la region vervietoise, 2° partie,
La renaissance mosane, in Bulletin de la Socie&t& Vervietoise d’Archeologie
et d’ Histoire, Bd. 36, Verviers, 1949, S. 23 ff.
(21) PUTERS Albert, idem, 4° partie, Le style Louis XIV, S. 29 f.
(22) Staatsarchiv Lüttich, Notar Schever C.M., Schulderklärung seines Sohnes
Johann Lambert
(23) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Fiskalamt Brabant, 264/2309
(24) Allgemeines Reichsarchiv Brüssel, Finanzrat, 86, 87, 1196, 1197
Staatsarchiv Lüttich, Herzogtum Limburg, 224
GOOSSENS W., Aanteekeningen over de familie Heyendael uit het jaar
1715, in "De Maasgouw”, 26. Jg., Maastricht, 1904, Sp. 62-64, 67-70.
J.v.V., Stamboom Franck, in ”Heem”, 9. Jg., Halle, 1965, Nr 5-6, S. 15 ff.
(25) Königliche Bibliothek Brüssel, Kabinettskarte der Österreichischen Nieder-
Jande, aufgenommen durch General Graf Ferraris um 1770, Blatt 115
Oberes rechtes Viertel.
(26) KRIESCHER Josef, Moresnet, Eine geschichtliche und politische Darstel-
lung, Nordwest-Reihe, Folge 9, Aachen, 1942, S. 59,
36
Lontzen
von Robert Creutz
1. Folge.
In dieser Artikelserie über das Dorf und die Pfarre Lontzen stell-
ten wir uns als erste Aufgabe, einen allgemeinen geschichtlichen Leit-
faden abzufassen, um dann später die grosse Reihe heimatkundlicher
Schätze, die Lontzen aufzuweisen hat, in diesem Rahmen eingehend
zu studieren.
Dieser Teil am Webstuhl der Geschichte stützt sich vornehmlich
auf Angaben von Pater F, Schauff, Kaplan in Lontzen von 1936 bis
1942.
In dieser Ausgabe berichten wir vom Verfall der Karolingerzeit
bis zur heutigen Zeit.
Karls Nachfolger erben Krone und Reich, welches Ludwig der
Fromme (814 - 840) zwar noch in seiner Hand zu halten vermag, nicht
aber seine Grösse. 843 wird im Vertrag zu Verdun das Reich in drei
Teile unter die Söhne Ludwigs geteilt. Lontzen gehört zum Mittelrei-
che Lothars, des Trägers der Kaiserkrone. Dieses ”Lotharingien” wird
870 im Vertrag zu Meersen wiederum unter Ost- und Westfranken
geteilt. Die Bildung der Staaten Deutschland und Frankreich auf der
Grundlage der Grenze der sprachlichen Verschiedenheit kündigt sich
an. Das Lontzener Gebiet kommt zum Ostreich Ludwigs des Deut-
schen, das später Deutsches Reich genannt wird. Von 925 an bis 1920
wird Lontzen, von der Franzosenzeit abgesehen, zum Deutschen Reich
gehören.
925 - 1794/95. Freie Reichsherrlichkeit Lontzen,
Für diese Zeit gibt die Geschichtswissenschaft auf Grund alter
Urkunden und dauernder späterer Zeugnisse das Folgende an : ”Lont-
zen und Busch bildeten die Reichsherrschaft oder Reichsherrlichkeit
Lontzen. Es war eine selbstständige Herrschaft des Deutschen Reiches,
unterstand nur dem Kaiser und gehörte nicht wie später das umliegende
Eupener Land, zum Herzogtum Limburg ” (Jeuckens S. 107). Das Ge-
biet dieser alten Lontzener Herrlichkeit war natürlich nicht so groß
wie das der heutigen Bürgermeisterei. Es gehörten damals zu ihr :
”Gut. Appelder” und ”Bockendriesch” und wahrscheinlich auch ”Ho-
nien”; ferner Busch mit Gut ”Im Bau” und Mordang, aber ohne
”Gut Wau”, ”Heistern” und ”Grünstrasse”,
Schon zur Karolingerzeit, vor 888, muß in Lontzen eine königliche
Pfalz oder Königsbrirg bestanden haben ; denn unter den 40 Königs-
höfen, die um 888 zur Zeit Kaiser Lothars im Gebiete Eupen-Malmedy
aufgezählt werden, wird auch der in Lontzen genannt. 1076 schenkt
Kaiser Heinrich IV. die Herrlichkeit Lontzen samt der Vogtei daselbst
der Lehen- oder Mannkammer der Propstei der Aachener Kaiserpfalz,
auch Krönungs-, Münster und Marienstift genannt. (Reiners S. 152).
1226 bestätigt Kaiser Friedrich II. dem Marienstift diesen Besitz- |
37
”Lontzen unterstand dem Marienstift völlig und für immer” (Jeuckens
S. 61). Zwar haben später die Herzöge von Limburg versucht, ihre
Gerichts- und Steuerhoheit in Lontzen aufzurichten, allein auf die
Dauer konnte das Krönungsstift die Herrschaft Lontzen als reichsun-
mittelbaren Besitz behaupten” (Reiners S. 6). Allerdings verpfändete
um die Mitte des 14. Jahrhunderts der Kaiser die Propstei Lontzen
und mit ihr seine Rechte daselbst an die Markgrafen, späteren Herzöge,
von Jülich. Nach dem Erlöschen des Jülicher Fürstenhauses (1609)
gingen diese Rechte, da ihre Verpfändung nicht eingelöst wurde, im
Westfälischen Frieden (1648) an die Nachfolger der Jülicher, die Häu-
ser von Preußen und Kurpfalz-Bayern, über, Unmittelbar vor Anbruch
der französischen Fremd- und Gewaltherrschaft erlebte Lontzen die
sehr glückliche österreichische Herrschaft unter Maria-Theresia, dieser
wahrhaft grossen, katholischen, mütterlichen Frau, die der Lontzener
St. Hubertus-Schützengesellschaft den Schützenplatz oberhalb des heu-
tigen ”Bergwerks” geschenkt hat.
1794/95 - 1814/15 Lontzen ”Mairie” der franz, Republik.
Wie dem Fürstbistum Lüttich, der Fürstabtei Malmedv-Stablo
(= Stavelot), der Abtei Klosterrath (= Klosterrode, Rolduc) und den
alten Rechts- und Besitzverhältnissen überhaupt, so ward auch der
Grundherrlichkeit Lontzen durch die französische Revolution (1789)
ein Ende bereitet. Über das Vordringen der französischen Revolutions-
armeen in der Lontzener Gegend erzählt Rutsch (S. 56) : ”Am 17.
Dezember 1792 zeigten sich in Walhorn die ersten französischen Trup-
pen, die bis an die Roer (= Ruhr) vorrückten und dort ihre Winterquar-
tiere bezogen. 1793 zurückgedrängt, rückten sie 1794 wieder vor. Nach-
dem am 23. 9. 1794, einem Sonntage, morgens 7 Uhr die letzten kai-
serlichen - österreichischen Truppen durch Walhorn gezogen waren,
zeigte sich eine Stunde später schon ein Piquet französischer Drago-
ner. Im Gegensatz zu früher begann diese Vorhut schon zu plündern.
Am 24. September biwackierte die französische Armee im Walhorner
und Lontzener Felde. Ihr Kommandant, General Lef&vre, gestattet
eine 24-stündige Plünderung, bei der nichts verschont blieb, sodaß
es bald an Lebensmitteln gebrach”. An diesem schwarzen Tag ist
auch das wertvolle, alte Lontzener Pfarrarchiv den plündernden Fran-
zosen zum Opfer gefallen. Das Lagerbuch vom Jahre 1825 bestätigt
dies auf S. 71. - Durch das Gesetz vom 1. Oktober 1795 wurde das
ganze Rheinland der französischen Republik einverleibt. Lontzen wur-
de Mairie des Kantons Walhorn, von 1804 an ein Teil des Kantons
Eupen und gehörte mit diesem zum ”Departement de l’Ourthe”, des-
sen Hauptort Lüttich wurde.
wurde.
1815 - 1920 Lontzen im preußisch - deutschen Staate,
Im Januar 1815 verlassen die letzten Franzosen das Rheinland,
gefolgt von den verbündeten Österreichern, Preußen und Russen. Die
Leidenszeit des republikanischen Frankreichs, die Drangsale durch den
und zweiten (1815) Pariser Frieden wird mit dem linken Rheinufer
auch Lontzen der Krone Preußens zugesprochen. Am 5. April 1815
korsischen Eroberer, Napoleon I., sind vorbei. Im ersten (30. 5. 1814)
|
38
ergreift dessen König von unserem Lande Besitz. Lontzen wurde dem
Großherzogtum Niederrhein zugeteilt. Am 26. Juni 1816 kam zwi-
schen der preußischen und niederländischen Regierung vertraglich
eine Grenzregelung zustande, der gemäß Herbesthal von Welkenraedt,
Heistern von Henri-Chapelle und Grünstraße von Montzen abgetrennt
und zur Gemeinde Lontzen geschlagen wurden. Also vergrößert bil-
dete Lontzen eine Bürgermeisterei des Landkreises Eupen, des Regie-
rungsbezirks Aachen im Verbande der Rheinprovinz. 1889 wurde der
Sitz des Bürgermeisteramtes von Lontzen nach Herbesthal verlegt, der
Name - ohne Herbesthal - blieb.
1920 bis heute : Lontzen im belgischen Staatsverbande,
Der Ausgang des Weltkrieges (1914 - 1918) brachte 1918/19 zu-
nächst die Besatzungszeit. Am 10. Januar 1920 nachmittags um 4 Uhr
trat Generalleutnant Baron Henri Baltia sein Amt im Gebiete Eupen-
Malmedy an. Am 20. September 1920 beschloß der Völkerbundsrat
die endgültige Einverleibung der Gebiete in das Königreich Belgien.
Am 1. Juni 1925 endigt die Regierung Baltia. Das Gebiet wird auch
verwaltungsmäßig angegliedert. Seitdem, mit der Unterbrechung des
zweiten Weltkrieges, gilt Lontzen als Bürgermeisterei des Kantons
Eupen, des Arrondissements (Regierungsbezirks) Verviers, im Ver-
bande der Provinz Lüttich.
A tz Märchen im Schnee.
NV Görard Tatas
— Schneeflockenreigen
a \ Bunt hin und her
A Über den Zweigen
AAN) Wintertraumschwer,
Dorten in Kirchlein
Schneeüberdacht,
Rotgelber Lichtschein
Fällt in die Nacht,
Weihnachtsgesänge
Aus dem Portal,
Klingende Hänge,
Echo im Tal.
Glockengeläute
Schwingt weit und breit
Über verschheite
Waldeinsamkeit,
Fern am gefrornen
Blinkenden See
Lauscht mit verlornen
Blicken ein Reh.
Spät noch zur Krippe
Pilgert ein Greis.
Welkende Lippe
Lächelt ganz leis.
Leis’ wie der Wind heut
Aus ferner Höh’
Bringt uns der Kindheit
Märchen im Schnee.
39
Cesar Franck
ein Schaffender zwischen den Nationem.
(Folge von Heft N° 1) von Josef Franck
Im Übrigen bietet die Oper ”Gisela” auch noch aktuelle geschicht-
liche Bedeutung insofern, als sie in Paris spielt zu einer Zeit, wo die
* merowingische Königin von Neustrien für ihren minderjährigen Sohn
Chlotar IT (564-628) die Herrschaft führte. Die Franken hatten damals
zur Aufrechterhaltung ihrer Freiheit - denn frank heißt frei - sich am
Niederrhein über das Land zwischen Maas und Schelde ausgedehnt
und zu einem grossen Bunde vereinigt. Die Merowinger waren die
Stifter des Frankenreiches oder Frankreichs. Chlodwig (Ludwig) aus
der Königsfamilie der Merowinger wurde 496 am Weihnachtstage zu
Reims durch Bischof Remigius feierlich getauft und zum König der
Franken gesalbt. Er wurde vom Papste Zacharias als der erstgeborene
Sohn der Kirche, auch der allerchristlichste König genannt, ein Titel
der auf seine Nachfolger überging.
Am 28. 1. 1967 fand nunmehr in Aachen das geschichtliche Er-
eignis statt, der Verschwisterung (Jumelage) der Städte Reims, als Krö-
nungsstadt der Könige und Geburtsstätte des christlichen Glaubens in
Westeuropa, und Aachen als Bischofsstadt, wo die Abgesandten der
Völker dem großen Karl als abendländischem Kaiser huldigten. So
sagt es jedenfalls die gemeinsam unterzeichnete Urkunde,
Selbst der Sender Hilversum beteiligte sich und strahlte am 28. 2.
und 3.3.1967 unter dem Titel ”Beeldverhaal van de Kerk” eine Fern-
sehsendung mit zahlreichen Aufnahmen und Berichten aus Aachen
über die Bedeutung Karls des Großen für die Christianisierung aus.
Zu erläutern wäre, daß der Vater Karls des Großen, den Deutsche und
Franzosen ”unseren gemeinsamen Kaiser nannten”, Pipin der Kurze
war und als fränkischer major domus se. regie (Hausmeier der Mero-
winger) das Haus der Karolinger begründete, nachdem er 751 in Sois-
sons zum König ausgerufen worden war und mit Childerich die Herr-
schaft der Merowinger geendet war. (Welters Lehrbuch der Weltge-
schichte S. 32 ff).
Auch das sind ”Schätze der Vergangenheit”, die Rostok durch
sein Vorhaben mitheben und dazu beitragen konnte, Grenzen zu besei-
tigen und sei es nur durch die Erinnerung in der Oper an die Epoche
der gemeinsamen Geschichte, die Frankreich und Deutschland durch
den großen Frankenkaiser verbindet. Man braucht an keinen Zufall
der phonetischen Lautähnlichkeit zu glauben, wenn man annimmt, daß
auch die Vorfahren Cesar Francks von diesen Franken abstammen und
so frank und frei waren sich danach zu benennen.
Aus heimatkundlichem Interesse darf erwähnt werden, daß Cesar
Franck nicht nur durch die Geburt und Heirat seiner Mutter und den
Tod seines Vaters in Aachen sondern auch durch seine Konzerte in
Aachen am 18. 4. 1835 und 31. 8. sowie 12. 9. 1843 mit dieser Stadt
40
verbunden ist. In dem Amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt Aachen
v. 12. 12. 55 ist aus dem ”Canticum Novum” von Prof. Rehmann er-
wähnt : ”Mit dem reichbewegten Musikleben dieser Zeit kamen zu
Beginn ihres künstlerischen Werdegans in Berührung zwei Männer, die
einmal einen geschichtlichen Namen bekommen sollten : Albert Lort-
zing und Cesar Franck”, Nach ihnen sind neben anderen bedeutenden
Musikgrößen wie Händel und Lisz nicht ohne besonderen Grund in
einem neuen Stadtviertel nahe der Landesgrenze Belgien und Nieder-
land zwei Straßen benannt worden.
Diese Ehrung soll Veranlassung sein, über das, was zur Verbrei-
tung der Werke Cesar Francks geschehen ist, einen kurzen interessan-
ten Blick in die Vergangenheit seit dem letzten Weltkriege zu werfen.
Als die Initiatoren des Eifeler Musikfestes 1945 daran gingen, im
kriegszerstörten Grenzgebiet von der aufrichtenden Kraft der Kunst
und von der Schönheit der Musik zu künden, war es Domkapellmeister
Prof. Rehmann, der begann, dafür zu sorgen, daß die Orgelmusik und
Orgelchormusik von Cesar Franck geflegt wurde. Der alte Streit, wohin
cr gehört, sollte begraben sein. Franck hat ihn, wie Kemp damals
schrieb, ”selbst geschlichtet durch seine Kompositionen, in denen wal-
lonische, französische und deutsche Wesenzüge unverwechselbar zu-
sammenfließen : Bachsche Polyphonie mit französischer Klangimpres-
sion, schwerblütiger Gehalt mit Anmut der Sprache, deutsche Tiefe
und westische Geschmeidigkeit”. Auch hier sei noch einmal auf den
wertvollen Beitrag Norbert Webers in ”Aachen, Bilder und Berichte”
hingewiesen. Im ”Land ohne Grenzen” war es denn auch möglich dank
der unermüdlichen Anstrengungen von Prof. Rehmann die deutsch-
sprachige Erstaufführung des Oratoriums ”Rebekka” mit dem herrli-
chen Chor ”Capella Carolina” nicht nur 1961 im Aachener Dom und
1962 in Kloster Steinfeld sondern auch vom Geist der Landschaft er-
füllt auf dem Festival von Flandern in der Basilika Tongern und in der
St. Servatiuskirche Maastricht zu inszenieren, woran das Limburgische
Symphonieorchester maßgeblich beteiligt war. Der Westdeutsche Rund-
funk und Radio Brüssel übertrugen die Aufführung und nahmen sie
auf Ausgabe. Es waren die geeigneten Plätze, um dem Sohn des ”Landes
ohne Grenzen” eine künstlerische Heimstätte zu bieten. Hier in dem
Schmelztiegel, wo die Elemente der belgisch-französischen, der nieder-
ländischen und deutschen Kultur sich treffen und begegnen und ein
reger musikalischer Austausch zwischen den Städten Lüttich-Maastricht
und Aachen stattfindet, konnte er als Repräsentant für die Verschmel-
zung wallonischen, niederländischen, französischen und deutschen Geis-
tes angesehen werden und über die politischen Grenzen hinauswachsen.
Das bestätigt auch das Zusammenwirken Prof. Rehmanns mit dem
Leiter des Limburgischen Symphonieorchesters und Dirigenten Andre
Rieu, für den es keine nationalen Barrieren gibt, wie Wolfgang Richter
es treffend in einem Interview im Oktober 1966 kennzeichnete. Sein
Chor ”Capella Aquensis” genannt, ging nach dem Tode Prof. Rehmanns
aus dem Domchor hervor und bildet eine Kirchenchorgemeinschaft in
St. Nikolaus. Auch dieser Chor hat in Fortsetzung der Tradition der
41
C. C. durch Konzerte und Schallplattenaufnahmen im deutsch-nieder-
ländisch-belgischen Grenzraum eine starke Resonanz gefunden. Höhe-
punkt seiner bisherigen Leistungen und Musikbegeisterung war die
Konzertreise nach Paris im November 1965, die zu einem beispielhaf-
ten Erfolg führte. Andre Rieu wie Prof. Rehmann, der mit dem flä-
mischen Komponisten Arthur Meulemans Freundschaft geschlossen
hatte, brachten sowohl mit ihren Konzertprogrammen als auch Schall-
plattenaufnahmen nicht ohne Bedacht den jüngeren flämischen Meister
van Nuffel zu Cesar Franck in Beziehung. Bereits im Programm des
33. Niederrh. Musikfestes vom 8. - 11. 6. 1946 in Aachen unter Prof.
Rehmann, Dr. Raabe und Wilh. Pitz sowie der Grand Liege unter dem
Zeichen Europas ”E” im Mai 1952, unterstrichen sie damit ihre Geis-
tesverwandtschaft, deren Merkmale harmonische Originalität, Größe
des Wurfs und sinnvolle Formeinkleidung sind.
Fernsehaufnahme und -übertragung sowie die Aufnahme Reh-
manns in die Königliche Flämische Akademie der Wissenschaften,
Literatur und schönen Künste als Ehrenmitglied - eine Berufung, die
nur selten einem Ausländer zuteil geworden ist und auf die er mit
Recht stolz war -, wurden zu Höhepunkten seines Lebens. Sein er-
klärtes Ziel war es bereits vor fast 30 Jahren, wie er in einem Brief an
den Verfasser am 14. 4. 39 schrieb, ”nach Fertigstellung der neuen
Orgel im Dom dafür zu sorgen, daß systematisch die Orgelmusik und
Orgelchormusik Cesar Francks im Dom dargebracht wird.” Hiermit
wollte er, der selbst bereits dem europäischen Kulturkreis angehörte,
u. a. eine europäische Aufgabe erfüllen, ähnlich dem großen Wegbe-
reiter der deutsch-französischen Verständigung Romain Rolland.
Diesem Weg nach Europa sollte auch eine bereits im einzelnen
geplante Reise nach Spanien dienen, wo in mehreren Bischofsstädten
das Oratorium ”Rebecca” aufgeführt werden sollte. Leider verhin-
derte der Tod Rehmanns dieses Unternehmen ebenso wie die geplante
und mit Pfarrer Nyssen bereits vorbesprochene Gedenkfeier für Cesar
Franck in Gemmenich, wo die ”sazenhafte Messe” bei dem letzten
Aufenthalt C6sar Francks im Jahre 1856 noch heute unvergessen ist,
wo ”die Tasten der Orgel unter den Händen des Erzengels zu singen
schienen”,
In memoriam Rehmanns wurde auch ihm zu Ehren nach seinem
Tode in Aachen eine Strasse nach seinem Namen benannt, die in un-
mittelbarer Nähe der Frankenburg, einem Jagdschloß Karls des Gros-
sen (Fastrada - Sage) liegt, der am Aachener Dom die erste Schola
cantorum gegründet hat und den Rehmann den wahren Vater des
Abendlandes nannte.
Auch die ”Seligpreisungen”, denen Rehmanns nächste Bemühun-
gen galten, sollten Cesar Francks Werke in deutscher Sprache verbrei-
ten helfen. Die erste Aufführung hatte in Köln am 22. 10. 95 unter
Wüllner stattgefunden und in Aachen wurden sie erstmalig auf dem
23. Niederrheinischen Musikfest unter Hofkapellmeister D, Richter
aus Wien und Musikdirektor Eb. Schwickerath vom 6.- 8. 6. 1897
42
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Die Kirche in Gemmenich, wo Cesar Franck im Jahre 1856 die
”cagenhafte Messe” ertönen ließ,
dargeboten. Nachdem 1939 Lodevik de Vocht mit dem Antwerpener
Cäcilienchor und dem Brüsseler Philharmonischen Orchester das Werk
in Brüssel aufgeführt hatte, löste 1940 diese große Aufgabe Eugen
Papst mit dem Gürtzenichchor und -orchester in Köln und zwar in freier
Übersetzung von G. F. Reihs. Mit 300 Ausführenden begeisterte 1965
in Notre Dame Illuminee zu Paris das Werk die Kunstwelt unter Mit-
wirkung des grossen ”Orchestre Symphonique de la Radiodiffusion-
Television Belge” und ”les Chanteurs de Saint-Eustache et les Petits
Chanteurs de Chaillot”. Rehmann selbst blieb der Wunsch einer Auf-
führung unter seiner Leitung leider unerfüllt.
Man hat Cesar Franck gerade im Hinblick auf dieses Werk den
"heiligen Franziskus” oder einen ”Pater seraphicus der Musik” genannt,
weil er ein tiefgläubiger, frommer Mensch war und die ”Seligpreisun-
gen” inhaltlich in der heiligen Schrift wurzeln. Um sich zur Komposi-
tion seiner Oper ”Hulda” zu inspirieren, spielte er sich aus seinen ”Se-
ligkeiten” vor (Mohr S. 46). Doch darf man keinesfalls seine leiden-
schaftlich glühende Seele über der so oft genannten ”seraphischen Zart-
heit und Klarheit” übersehen bezw. überhören. Und wer Ohren hat
zu hören, schreibt auf Seite 201 Mohr, dem klingt dieses glühende
Temperament auch aus seinen beiden Opern hinreißend entgegen. Bie-
tet sich da etwa eine Parallele zu Arnold Franck, dem Gründer der
Gnadenkapelle in Moresnet an ? Die Dokumentenforschung reicht hier
43
nicht aus, um die vielverzweigten Verwandtschaftsgrade aufzuzeigen,
die eine Verbindung hierzu schaffen könnten.
Hier sei auf die Ausführungen von Eberhard Quadflieg in der
Kölnischen Zeitung vom 8. 6. 1942, N° 286 über die Schöffenge-
schlechter im Reichsherzogtum Limburg hingewiesen, wo nicht nur
die Verwandschaft Arnolds mit Cesar Franck, sondern auch die Stif-
tung der Kapelle zum Heiligen Antonius von Padua in Gemmenich
durch Stefan Josef Franck im Jahre 1736 erwähnt ist — eine weitere
Analogie für den ”pater seraphicus”.
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Die Kapelle mit dem Gnadenbilde Arnold Francks (+ 1801)
Inzwischen ist es, seit dem Tode des großen Interpreten von Cesar
Franck, Prof. Rehmann, merklich still geworden um die so erfolgreich
begonnene Verbreitung der Werke Cösar Francks in deutscher Sprache.
Ein gelegentliches ”Panis angelicus” oder ein Orgelchoral im Rund-
funk, der kürzlich selbst in der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche Ber-
lin gespielt wurde, genügen dazu nicht. Bemühungen wie Kirchenkon-
44
zerte des Kantors Alfons Jansen an St. Severin Eilendorf mit aus-
schließlich Werken von Cesar Franck sind zwar sehr erfreulich und
durchaus lobenswert, leiden aber bei unzulänglichen Orgeln mit nicht
gegebenen Registriermöglichkeiten an Wirkung besonders bei nur klei-
nem Zuhörerkreis in einer großen Kirche, Dabei wäre es oft so leicht
bei offiziellen Anlässen wie z. B. letzthin der Jumelage der Krönungs-
stadt Reims ein in sich geschlossenes passendes und wirkungsvolles
Werk (z.B. Krönungsmarsch aus der Oper Hulda) in das Programm
einzubeziehen.
Mögen die Vorfahren Cesar Francks, deren Stammhaus seit 350
Jahren in Völkerich steht, und die einst Bürgermeister in Gemmenich
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350 Jahre alter Stammhof der Familie Cesar Francks in Völkerich.
und Moresnet sowie Mitglied des Hohen Rates von Limburg waren,
nun aus Niederland oder Belgien, von flämischen oder wallonischen
Malern stammen, oder aus Österreich eingewandert sein, oder von den
Merowingern aus Frankreich herrühren, eins ist gewiß, daß der Ton-
schöpfer selbst in nächster Nähe des Eupener Landes, heute Ostbel-
gien, das Licht der Welt erblickte (Siehe Grand Larousse encyclope-
dique 1962 und Jean Gallois 1966).
Ein Lichtblick in dieser so schnell vergeßlichen Zeit war die gros-
se Ausstellung über den Frankenkaiser Karl den Großen und seine
Kaiserpfalz im Jahre 1965 im Krönungssaal des Aachener Rathauses,
die von hunderttausenden Interessenten fast aller Länder der Welt
besucht wurde. Auch während dieser Zeit - kein größeres Werk von
Cesar Franck, was nahegelegen hätte und von Rehmann gewiß nicht
versäumt worden wäre !
Die Tatsache, daß am 31. 1. 67 Oberbürgermeister Heusch der
Stadt Aachen,als der Stadt des Internationalen Karlspreises, zum Eh-
45
rengast der Pan-Europäischen-Bewegung in Brüssel auf dem 10. ”Di-
ner Charlemagne” erwählt wurde, ist als ein bedeutungsvolles Omen
anzusehen. Er sprach hier zu dem Thema ”Europa und der Karlspreis”,
der ihm selber für seine uneigennützigen Leistungen und seine aufop-
fernde Tätigkeit für das werdende Europa und die fortwährende har-
monische Zusammenarbeit zwischen Aachen-Lüttich-Maastricht-Reims
bei nächster Gelegenheit zustehen würde. Dies wäre gleichzeitig eine
Anerkennung und Ehrung der gesamten Bevölkerung des von ihm so
benannten ”Landes ohne Grenzen”.
Das wird bekräftigt durch die Verleihung des Kommandeurkreu-
zes des Ordens von Oranje-Nassau durch den niederländischen Bot-
schafter Baron Dr. van Ittersum im Auftrage der Königin der Nieder-
lande Juliana am 5. 1. 1967 an Oberbürgermeister Heusch als dem
”Homme de bonne volonte” wegen seiner besonderen Verdienste um
die Verständigung zwischen den Nachbarländern Holland und Deutsch-
land.
Der niederländische Außenminister Josef Luns hat für das Jahr
1967 den Internationalen Karlspreis erhalten, weil er ein ebenso Kon-
sequenter Verfechter der Europa-Idee ist, wie sein 1951 auf gleiche
Weise ausgezeichneter Landsmann Prof. Brugmanns, der Rektor des
Europa-Kollegs in Brügge. Also der 2. ausgezeichnete Niederländer in
der Reihe der ”15 unentwegten Europäer”.
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Die Kirche St. Clothilde in Paris, wo Cesar Franck lange Jahre das Amt
des Organisten innehatte.
47
Auf dem Büchermarkt.
von Alfred BERTHA
Eine interessante Neuerscheinung aus dem Markus Verlag, Eupen,
möchten wir Ihnen, verehrte Leser, heute vorstellen. In der Reihe
”Das Bild der Heimat” erschien dort als 4. Ausgabe aus der Feder von
Viktor Gielen :
”Raeren und die Raerener im Wandel der Zeiten”, 212 S., reich
illustriert, Leinen 185 Frs., Halbleder 275 Frs..
(für unsere Mitglieder : Vorzugspreis, siehe folgende Seite.)
Wir brauchen den als Pfarrer in Raeren wirkenden Autor nicht
mehr vorzustellen. Allen Freunden unserer engeren Heimat ist er durch
seine geschichts- und heimatkundlichen Forschungen bestens bekannt.
Sein früher erschienenes Werk über die Mutterpfarre und Hochbank
Walhorn, seine ”Geschichtlichen Plaudereien über das Eupener Land”
sowie das Heimatbuch ”Aus Eupens Vergangenheit” haben einen gros-
sen Leserkreis gefunden.
Durch die Geschichte Raerens von den Anfängen bis zum heutizen
Tage führt uns Viktor Gielen in seinem neuen Werk. Dabei ist es ver-
ständlich, daß der Besiedlungsgeschichte, der Römerzeit und den Wech-
selfällen der Polotik weniger Raum gegeben wird als dem, was Raerens
Ruhm bis weit über die Grenzen hinaus begründete : der Töpferei.
Raeren und die Töpferkunst : durch Jahrhunderte waren dies zwei
untrennbar verbundene Begriffe. Seit wann wurde in Raeren getöpfert ?
Warum gerade in Raeren ? Wie waren die ”Kannebäcker” organisiert ?
Warum ging das Töpferhandwerk unter ? Das sind nur einige von den
vielen Fragen, auf die V, Gielen uns Antwort gibt.
Kloster Brandenburg und seine Geschichte leiten über zur Pfarr-
geschichte. Wir erfahren, wie Raeren sich von der Mutterpfarre Wal-
horn trennte und als selbständige Pfarre aufblühte (1670). Ein Kurio-
sum in der Pfarrgeschichte möchten wir erwähnen : von 1670 bis 1805
(Napoleon) hatte der Raerener Gemeinderat das wohl seltene Privileg,
selbst den Pfarrer wählen zu dürfen.
Die Zeiten wandelten sich. Zu Anfang des 19, Jh. stand fest,
daß das Töpferhandwerk in Raeren keine Zukunft mehr hatte. So muß-
ten die Raerener sich umstellen. Das Baugewerbe wird in Raeren bis
ins 20. Jh. hinein die Haupterwerbsquelle bleiben.
Den Raerener Schulen widmet der Autor eines der interessantes-
ten Kapitel (*). Das Bild Raerens rundet er ab mit Untersuchungen
über die Geschichte des Marienhospitals, das Vereinswesen, das
Brauchtum und die Raerener Mundart. Dem Nicht-Raerener will schei-
nen, als ob die Kapitel über Brauchtum und Mundart etwas zu knapp
geraten wären. Gerne hätte man z.B. erfahren, wo ein so seltsamer
* Siehe Vorabdruck in "Im Göhltal””, 1967, Nr 1.
48
Brauch wie das ”bajeeren” herrührt. Den Raerener Dialekt genauer zu
untersuchen sprenge, so meint der Autor, den Rahmen seines Werkes.
Wir finden jedoch, daß gerade ein Werk, das eine Art Gesamtschau
über Raeren vermitteln will, eine so wichtige Einzelheit wie die täg-
liche Umgangssprache nicht auf zwei oder drei Seiten abtun sollte.
Eine zweite, erweiterte Auflage gäbe vielleicht Gelegenheit auch
solche Punkte besser zu durchleuchten. Vermerken wir noch, daß ein
Quellen- und Literaturverzeichnis sich anschließt, und daß dem Markus
Verlag Lob und Anerkennung gebühren für die wirklich hervorragende
verlegerische Arbeit. Ein Buch zum Lesen und zum Schenken,
Neue Vorteile
für unsere Mitglieder :
Y* Das soeben im Markus Verlag erschienene vierte Buch von
Pfarrer Viktor Gielen erhalten Sie zum Vorzugspreis von
160 Frs. (statt 185) in Leinen
240 Frs. (statt 275) in Halbleder.
“ Auch die beiden anderen Werke der Reihe ” Das Bild der
Heimat, ”Die Mutterpfarre und Hochbank Walhorn” und
”Aus Eupens Vergangenheit” können Sie durch uns zu ermäs-
sigten Preisen (15%) beziehen.
— Natürlich gelten diese Ermäßigungen nur für ein
Exemplar pro Mitglied.
— Bestellungen schriftlich oder telephonisch bei der
Sekretärin unserer Vereinigung :
Frl. Xhonneux, Lütticher Sraße 168, Neu-Moresnet
Tel. 087/59.467.
X Im Laufe des Jahres 1968 ‘werden überdies bei Rätseln, Wett-
bewerben, usw., mehrere heimatkundliche Bücher als Preise zu
gewinnen sein.
49
Erster Jahresbericht
von Gerard Tatas
Die Vereinigung für Kultur, Heimatkunde und Geschichte im
Göhltal wurde auf Initiative des Herrn Leo Wintgens am 13. Dezember
1966 im Restaurant Bauens in Hergenrath gegründet.
Ihre Tätigkeit besteht in der Erfassung aller kulturellen und geis-
tigen Werte, im Studium der Geschichte, in der Pflege von Mundart,
Sprache und Brauchtum im ganzen Göhlgebiet.
Zur Erfüllung dieser Mission -sind folgende Mittel vorgesehen :
Herausgabe einer Zeitschrift mit dem Titel ”Im Göhltal”, Veranstal-
tung von Vortragsabenden über lokale Geschichte und Kultur, von Hei-
matdichterabenden und von Theater- und Gesangaufführungen in Zu-
sammenarbeit mit den Ortsgesellschaften. Ferner werden Rundfahrten,
Besichtigungen, Wanderungen, Photo-Ausstellungen, usw. organisiert.
Ein größeres Projekt sieht auch die Errichtung eines Heimatmuseums
und einer heimatkundlichen Bibliothek vor.
Die Ämter des engeren Vorstandes sind wie folgt besetzt : Vor-
sitzer : L. Wintgens, Beisitzer : P. Zimmer, J. Brandt, Sekretärin :
Frl. G. Xhonneux, Protokollführer : G. Tatas, Kassierer : F. Stein-
beck, Lektor : A. Bertha, Schriftleiter : Pfarrer i. R. F. Darcis. Der
Verwaltungsrat setzt sich aus ca. 25 Herren aus den verschiedenen
Ortschaften des Wirkungskreises der Vereinigung zusammen. Kultur-
inspektor Pauquet tritt der Vereinigung als Berater bei.
Nach einer gemeinschaftlichen Wanderung mit dem Eupener Eifel-
Ardennenverein durch das Göhltal, am 26. Dezember und einer Ver-
sammlung des Verwaltungsrates am 16. Januar im Hotel Vandegaar in
Moresnet-Kapelle, bei der Pfarrer i. R. Darcis, Frl. Xhonneux und
die Herren Wintgens, Steinbeck, Bertha, Tatas, Aldenhoff, Hamacher,
Zimmer, Ahn und Demonthy anwesend waren und über Kostenan-
schläge für den Druck der Zeitschrift, die nächsten Veranstaltungen,
die Festlegung der Statuten und die Ergänzung des Verwaltungsrates
berieten, trat die Vereinizung mit der Einführungsversammlung vom
20. Januar 1967 in Kelmis erstmals an die Öffentlichkeit.
Rund 50 Interessenten aus der Göhlgegend ließen sich im Kultur-
zentrum vom Vorsitzenden Ziel und Zweck der Vereinigung erläutern
und folgten anschließend interessiert einem Vortrag des Kulturinspek-
tors Pauquet über den Preußwald. Anhand von vielen Lichtbildern,
Landkarten, geschichtlichen Dokumenten und philologischem Beweis-
material schuf der Referent eine viele Einzelheiten ausleuchtende Rück-
blende auf die Vergangenheit dieses in früheren Zeiten zum sogenann-
ten ”Reichswald” gehörenden und zeitweilig von den umliegenden Kö-
nigshöfen Pfalz Aachen, Walhorn und Geminiacum genutzten Waldes
und seiner angrenzenden Ortschaften.
Am 14. Februar hielt Herr Alfred Bertha im ”Kulturraum” von
Hergenrath vor 60 Zuhörern einen Vortrag über die Eyneburg (Em-
maburg).
50
Der dreiteilige Vortrag behandelte den architektonischen Gesichtspunkt,
die Inneneinrichtung und die Herren der Burg. Das geschichtliche Ex-
pose (West- und Oströmische Reiche, Epoche der Hausmeier, das
Karlsreich) war dem eigentlichen Referat voraufgegangen. Leo Wint-
gens trug die bekannte Sage ( Liebesgeschichte der Emma, Tochter
Karls) in eigener neuer Fassung vor.
Vor einem kleinen, aber interessierten Zuhörerkreis lasen die Hei-
matdichter Jos. Bindels, G. Tatas und Peter Zimmer am 11. März in
der Gemeindeschule in Neu-Moresnet und am 18. März in der Patro-
nage von Gemmenich Mundartgedichte vor. Beiträge lieferten auch
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Unsere Heimatdichter unter der Leitung des Herrn
Jules Aldenhoff, Gemmenich.
der Komiker Nades (L. Kohl) und der Karnevalist H. Errens. Einfüh-
rende und verbindende Worte sprach Jules Aldenhoff, der die kul-
turelle Bedeutung der Dialektdichtung hervorhob.
Zweck und Ziel der Vereinigung wurden der breiten Öffentlich-
keit bekannt durch ein Interview des Reporters J. Keil mit dem Präsi-
denten und verschiedenen Verwaltungsratsmitgliedern im deutschspra-
chigen Rundfunk am 5, April.
Der am 25. April im Saal ”Zur Göhl” in Hauset wiederholte Hei-
matdichterabend hatte seine Anziehungskraft bis über die Grenzen
hinaus ausgeübt. Unter den Zuhörern, die den Saal bis auf den letzten
Platz füllten, befanden sich Delegationen des Öcher-Platt-Vereins, der
Vereinigung ”Veldeke” aus Heerlen, des Geschichtsvereins ”Zwischen
Venn und Schneifel”, des Eupener Geschichtsvereins und der Göhl-
freunde aus Valkenburg und Hauset. Die Heimatpoesie fand in Hauset
starke Bemerkung und gute Aufnahme. In der Reportage über diesen
großen erfolgreichen Abend, welche am 3. Mai im deutschsprachigen
51
Rundfunk auf die Antenne kam, wurde ein Gespräch mit dem Vor-
sitzenden Leo Wintgens und Kulturinspektor Pauquet sowie Lieder
und Gedichte von G. Tatas und P. Zimmer übertragen. Joseph Steins
hatte sie mit vollendetem Vortrag zur Gitarre gesungen.
Den Pfingsmontag benutzten rund 40 Mitglieder der Vereinigung
und des Volksbildungskreises Kelmis, um per Sonderbus das Töpferei-
Museum in Raeren zu besuchen. Auf der Hinfahrt war in Hauset Halt
gemacht und die private Sammlung des Herrn H.J. Gatz besichtigt
worden. -
Viel Erfolg und guten Publikumszuspruch erzielte die große
Photoausstellung, die am 24. - 25. Juni und 1. - 2. Juli in Kelmis, am
8. und 9. Juli in Moresnet-Kapelle gezeigt wurde. J. Demonthy und
P. Zimmer hatten viel Material von heimatkulturellem Interesse zu-
sammengetragen.
Im Juni erschien auch die erste, 43 Seiten umfassende Nummer
der Zeitschrift ”Im Göhltal”, die in der Tagespresse als gut redigierte
und inhaltlich wertvolle Publikation gelobt wurde.
Am 21. Juli fand im Lokale Reinartz in Neu-Moresnet die 2. Ver-
waltungsratssitzung mit folgenden Beschlüssen statt : Festsetzung des
Verkaufspreises der Zeitschrift auf 55 Fr., Kauf eines Projektors für
Lichtbildervorträge, Veranstaltung eines Familienabends in Hauset und
Wiederholung der Photo-Ausstellung in Eynatten. Zu dem Punkt Göhl- |
fest 1968 wurde kein konkreter Beschluß gefaßt. Wegen der Urlaubs-
zeit waren nur 7 Mitglieder anwesend : L. Wintzens, P. Zimmer, Frl.
Xhonneux, F. Steinbeck, Pfarrer Olbertz, Bgm. Esser, J. Demonthy.
Durch die Mitwirkung des Musikvereins ”Cercle Musical” von
Kelmis erhielt der am 29. September im Saale Gatz ”Zur Göhl” in
Hauset veranstaltete Konzert- und Unterhaltungsabend wohl den größ-
ten Rahmen aller bisherigen Veranstaltungen. Wieder wurden Vor-
träge unserer Heimatdichter, zu welcher ein Mandolinenquintett die
musikalische Kulisse schuf, von dem sehr zahlreichen Publikum be-
geistert applaudiert. Der Abend war mit der Unterstützung des Kultur- S
ministeriums (Dienst für die deutschsprachige Gegend) und unter der
Schirmherrschaft der Gemeindeverwaltung Hauset organisiert worden.
Die ersten Lorbeeren auf internationaler Ebene holte sich die Ver-
einigung beim großen Vortragsabend Veldeke, am 13. Oktober im
Stadttheater von Heerlen, wohin sie die Heimatdichter Bindels, Heutz,
Tatas und Zimmer delegiert hatte. Als Verkünder der Eigenart und
Eigenständigkeit des Göhltaldialektes in der Kunstform wurden die
Mundartpoeten freundlich in den Kreis ihrer Kollegen aus Holland und
Deutschland aufgenommen und ihre Vorträge ernteten starken Applaus.
Herr Jongen aus Moresnet, Dialektologe und Assistent an der Univer-
sität Löwen, hatte die Heimatdichter nach Heerlen begleitet. Ä
Das ”Last but not least” in der langen Reihe der Veranstaltungen
im ersten Lebensjahr der Vereinigung war die Wiederholung der Photo-
Ausstellung in Eynatten am 14. und 15. Oktober. Die integrale Schau
(1500 Bilder aus der Gegend) mit verschiedenen Zeitkulissen bot wie
ein Diarium des Göhltals, einen Einblick in alle Lebensbereiche unserer
EN K
Samstag, 6. Januar 1968
. AUS BÜCHERN und ZEITSCHRIFTEN )/
»Im Göhltal«, Ausgabe 2, mit einer Fülle von interessanten Beilagen -
| Im Juni vergangenen Jahres erschien erst- schüldecht, Här, ech daat, där wüed ne rechte- |
malig die Zeitschrift der Vereinigung für Kul- je Bär«, 4
tur, Heimatkunde und Geschichte im Göhl- Leo Wintgens lässt die Steinkreuze an un-
tal unter dem Titel »Im Göhltale, Die Ver- seren Wegen als Zeugen der Vergangenheit
öffentlichung fand viel Anklang und Interes- auftreten, die aus dem 16., 17. und 18. Jahr-
se, auch weit über ihren Verbreitungskreis hundert stammenden Bausteine, deren Schrift- |
hinaus. Ein halbes Jahr später, d. h. vor ” zeichen man heutzutage noch grossenteils ent-
einigen Tagen, bringt nun die Vereinigung ziffern kann. Dann folgt ein Gedicht von
bereits den zweiten Ausgabe heraus. Die Fülle Josef Bindels über den »Missiusjedanke«,
an interessanten Beiträgen, die uns dieses 52 Inspektor Firmin Pauquet befasst sich in
Seiten starke Heft vermittelt, gibt der im »Ge. seinem zweiten Beitrag (der erste hatte von
leit« zur ersten Auflage aufgestellten Behaup- Fluss- und Ortsnamen gehandelt) mit der
tung recht: »Unsere engere Heimat bildet »Aeltesten Besiedlung im Gebiet der ehemali.-
- wirklich eine unerschöpfliche Quelle für den gen Herrschaft Kelmis«, Anhand eines zahl-
Heimatforscher ...«. In derselben ge- reichen Quellenmaterials und einer Karte
schmackvollen, keineswegs überladen wirken- zeichnet er die Besiedlungsgeschichte ab dem
den Aufmachung wie das erste Heft, ist das 13. Jahrhundert (Kelmis wurde 1280 erstmalig
jetzt erschienene etwas umfangreicher gewor- erwähnt) auf,
den. Man erkennt die gleiche Sorgfalt der Eine Artikelserie über Lontzen beginnt in
Gestaltung. Präsident Leo Wintgens und sein diesem Heft Robert Creutz, Der erste Teil
Mitarbeiterstab haben in diesem Ausgabe eine bringt uns einen geschichtlichen Abriss über
gut ausgesuchte Vielfalt von Beiträgen und das Dorf und die Pfarre Lontzen von 925 bis
Bildern zusammengestellt. Die Artikel lesen heute. Nach einem Gedicht »Märchen im
sich gut — das Plattdeutsche ist sogar für Schnee« von Gerard Tatas setzt Josef Franck
den Angehörigen einer anderen Dialekten- seine eingehende Studie über Cesar Franck.
gruppe. sehr gut verständlich, den »Schaffenden ziwschen den Nationen«
Rene Jongen, Assistent an der Kath. Uni- A A a
yon Ten unlersapbt die Frame, O5 UM. Alfred Bertha berichtet über Neuerschei“ ||
A lraishe A nungen auf dem Büchermarkt, und dann er-
;eicher und gut ausgewähl- GE Talka: den. Jahresbericht
ter Beispiele zu einer bejahenden Antwort. 5t@itet Gerard Tatas den ersten Jahresberich
9 - der Vereinigung, der erkennen lässt, dass die-
»Nades«, alias Leonhard Kohl aus Kelmis, A il
EEE. N 5 ß ” ser ein gutes Jahr bestehende Geschichtsver-
stellt hierzu in einem zweiten Beitrag in Vers- *- ‚ger 3
form (»De Moddersprok«) das Beispiel ein bereits vieles geleistet hat, 3
N Dank der höheren Auflage war es mög-
In das Jahr 1893 führt uns die Unter- lich, den Einzelpreis der Zeitschrift von 55
suchung von Peter Zimmer über die Entsthe- auf 50 Fr. zu senken. Das Heft wird in allen
| hung des Altenberger Bergmannsvereins, seine ostbelgischen Buchhandlungen sowie in
Versammlungen und geselligen Veranstaltun- Aachen und im niederländischen Grenzge-
gen, seine für damalige Zeiten ungewöhnli- biet zum Verkauf angeboten, Mitglieder er-
chen sozialen Leistungen und schliesslich sein halten — neben anderen Vorteilen — die
Ende, das notgedrungen mit der Einstellung Zeitschrift kostenlos;
der Zinkförderung unter Tage im Göhltal Die Mitgliederbeiträge sind für 1968 un-
(1938) kam. verändert geblieben: einfaches Mitglied 100
Aus »Oma Marjännchens« Zeiten berich- Fr., Gönner ab 200 Fr., Jugendliche SO Fr.
tet uns Frau J. Pauquet-Dorr mit einer Ge- Anmeldungen und Bestellungen werden ent-
schichte vom Schulweg. Alte Bräuche und alte gegengenommen bei Frl. Georgette Xhon-
Bezeichnungen werden hier geschildert. Her- neux, Neu-Moresnet, Lütticher Strasse 168,
mann Heutz bringt in Hauseter Platt die Ge- Tel. (abends) 087/594 67 oder durch Einzah-
schichte von den Schützen, die sich am Rhein lung auf das Konto Nr. 251251 bei der So-
mit einem »echten« Eisbär photographieren ci&t€ Generale de Banque in Verviers (PSK
— liessen, und wo es zum Schluss heisst: »Ent- 695),
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